Happy Birthday! Wohnen - Wohlfühlen im neu sanierten Guggi - Viva Luzern
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viva! Das Magazin für Lebensfreude im Alter. | Mai 2020. Happy 5 Jahre Viva Luzern. Birthday! Wohnen. Traumjob. Standpunkt. Wohlfühlen im neu Langweilige Langzeitpflege? Übergänge, Brüche sanierten Guggi. Von wegen! und Wandel.
Editorial. 5 Jahre Viva Luzern. Ein besonderer Geburtstag. Liebe Leserinnen, liebe Leser Wir feiern fünfjähriges Jubiläum. Seit 2015 bieten wir als Viva Luzern in neuer Organisationsform Bewohnerinnen und Bewohnern, Miete rinnen und Mietern sowie temporären Gästen ein Zuhause. Erfahren Sie in dieser Ausgabe, wie der Übergang zur Aktiengesellschaft verlief, wie weit unsere Geschichte zurückreicht und wie bereits unsere Vorgänger institutionen an und mit Herausforderungen gewachsen sind. Mitten im Jubiläumsjahr dürfen wir einen Neuanfang zelebrieren: Per 1. Mai 2020 übernahm Andrea Wanner die Funktion der Geschäfts führung von Beat Demarmels, der in Pension geht. Andrea Wanner verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in unterschiedlichen Führungs funktionen von Alters- und Pflegeheimen, zuletzt als Leiterin der Be triebe Ost von 14 Pflegezentren der Senevita-Gruppe. Wir freuen uns, gemeinsam mit ihr Viva Luzern weiterzuentwickeln. Ein besonderer Geburtstag auch mit Hinblick auf die aktuelle Situation. Der Schutz der Gesundheit, insbesondere von Seniorinnen und Senioren, steht im Zusammenhang mit dem Coronavirus auf der ganzen Welt im Zentrum. Diesen zu gewährleisten und weiterhin Pflege und Betreuung von höchster Qualität zu bieten, hat für uns erste Priorität. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen in dieser bewegten Zeit eine gute Lektüre – bleiben Sie gesund. Beat Däppeler Andrea Wanner Verwaltungsratspräsident Viva Luzern Geschäftsführerin Viva Luzern 3
Inhalt. 18 viva! 5 Jahre Viva Luzern. Die Luzerner Bevölkerung stimmte im Mai 2014 mit 61 % dem Antrag zur Verselbstständigung der Abteilung Heime und Alterssiedlungen zu. Damit war der Weg frei für eine gemeinnützige Aktien gesellschaft. Bereits am 1. Januar 2015 nahm Viva Luzern den Betrieb auf und feiert dieses Jahr sein fünfjähriges Bestehen. Die Geschichte der Betagtenbetreuung in Luzern ist aber schon viel älter. Wir geben einen Rück- und einen Ausblick. 4
14 Wohnen. 6 Nachhaltigkeit. Glücksmomente. 17 Wohlfühlen im komplett Kleine Massnahmen. Bewohnende berichten, neu sanierten Guggi. Grosse Wirkung. was ihr Leben reicher macht. 31 Galerie. 26 Frag viva! 34 Mitarbeitende. Eine Bewohnerin zeigt uns ihre Aus dem Alltag einer viva! fragt: «Und wie Lieblingsplätze und -dinge. geriatrischen Pflegeexpertin. zelebrieren Sie Übergänge?» Impressum. Herausgeberin Viva Luzern AG | Schützenstrasse 4 | 6003 Luzern | Redaktion Corina Beccarelli | Redaktionelle Mitarbeit Beat Demarmels | Sylvie Eigenmann | Daniel Schriber| Andrea Wanner | Reto von W artburg | Thomas Wirth | Artdirektion und Grafik vonwartburg.ch | Fotos Beat Demarmels | Sandra Fischer | Michael Orlik | Gilbert Stadelmann | Reto von Wartburg iStockPhoto | Druck Brunner Medien AG | Korrektorat korrigiert.ch | Auflage 6000 Exemplare | Erscheinung Zweimal jährlich viva! abonnieren Telefon 041 612 70 00 | kommunikation@vivaluzern.ch | www.vivaluzern.ch 5
Bei Viva Luzern geht es um weit mehr als um das Anbieten von Wohnraum und Dienstleistungen. Es geht um das Gefühl, im Alter zuhause zu sein. Früher gestaltete sich das Wohnen im Alter rela- netzung und Einbettung? Wo hört Individualität tiv gleichförmig: Normierte Anstalten, in denen und Selbstständigkeit auf und beginnt Isolation alte Menschen untergebracht wurden. Auch der und Vereinsamung? Wie lässt sich dem entge- Alltag folgte einem fixen Zeitplan. Heute stehen genwirken? Was passiert bei gesundheitlichen nicht Räume und Pläne im Zentrum, sondern Beeinträchtigungen? Welche Organisationen und Lebensräume und Werte. So hat sich Viva Luzern Institutionen lassen sich sinnvoll einbinden, um primär auf die Fahne geschrieben, Menschen im eine verbesserte Lebensqualität zu bewirken? Alter ein Zuhause zu bieten. Also mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu geben. Zuhause als “ emotionaler Zustand – genährt aus Gefühlen und grundlegenden Bedürfnissen wie Geborgenheit, Unser Versprechen ‹Im Alter zuhause› Sicherheit, Zugehörigkeit, Nachbarschaft. erinnert uns immer wieder daran, was das Unterstützer von Lebensqualität im Alter. Ziel unserer Arbeit ist: Dass Menschen nicht Aus dieser Überlegung heraus entstehen bei nur betreut und gepflegt werden, sondern Viva Luzern die Angebote und Dienstleistungen: sich auch zuhause fühlen – d. h. sicher, ” Zum einen ambulant und unterstützend – damit ältere Menschen so lange wie möglich in ihren geborgen, zugehörig, wertgeschätzt. eigenen vier Wänden und in ihrem angestammten Quartier wohnen können. Zum anderen stationär Beat Demarmels, ehem. Geschäftsführer Viva Luzern. – möglichst so gestaltet, dass sich auch am neuen Ort ein Gefühl von «zuhause» einstellen kann. Das jüngste Beispiel einer Form von «im Alter Zuhause immer wieder neu denken. zuhause» feiert voraussichtlich in der zweiten Das Gefühl von «zuhause» kann auf unterschied- Jahreshälfte 2020 seine Eröffnung: Die Alters- lichste Arten gefördert werden und sich mit der siedlung Guggi mit dem Wohnen mit Dienst- Zeit auch wandeln. Beim Ausgestalten von am- leistungen inklusive Quartiercafé. Im Sommer bulanten oder stationären Angeboten müssen 2015 startete die Stadt Luzern die Planung der deshalb viele Fragen geklärt werden. Was bedeu- Siedlung. Viva Luzern vermietet die Wohnungen tet Selbstständigkeit im Alter und wie kann sie im Auftrag der Stadt. Die ersten Mieterinnen und gefördert werden? Wie steht es um die Mobilität? Mieter werden nach zweijähriger Bauzeit die Wie nah ist das Quartierleben, wie ist die Ver- frisch sanierten Wohnungen beziehen. Die Bauarbeiten am neuen Guggi sind in vollem Gange. 7
Wohnen. Im Quartier zuhause. Wie im sanierten Guggi die Strategien der Stadt Luzern und Viva Luzern zusammenkommen. Paolo Hendry, Sie sind Leiter der Abteilung Wie ist die Stadt Luzern dabei involviert? Alter und Gesundheit der Stadt Luzern und Als Bauherrin stellen wir sicher, dass die Strategie waren am Rande am Projekt Alterssiedlung realisiert wird. Die Umsetzung übertragen wir, wie Guggi beteiligt. Bezüglich «Wohnen im Alter» das Bauen selbst auch, anderen Organisationen. verfolgen Sie eine konkrete Strategie. Welche Im Fall vom Guggi ist es die Viva Luzern AG. Sie Problematik liegt ihr zugrunde? bietet «Wohnen mit Dienstleistungen» an und be- Das Kernproblem in Bezug auf die Quartiergestal- treibt das Café | Restaurant in unserem Sinn. Wir tung ist die zunehmende «Vereinzelung». Immer bieten auch Hand bei der weiteren Vernetzung, mehr Menschen leben alleine, insbesondere hoch- zum Beispiel mit der Organisation Vicino, bei altrige Frauen. Die Stadt Luzern setzt sich deshalb welcher Viva Luzern auch Mitglied ist, oder dem dafür ein, dass sie in gesundheitlicher und sozialer Quartierverein Obergrund. Hinsicht Unterstützung erhalten und Kontaktmög- “ lichkeiten geschaffen werden. Welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Strategie? Mit dem Café | Restaurant Guggi Es geht darum, dass hochaltrige Menschen mög- ergibt sich eine schöne Möglichkeit, sich lichst lange in ihrem angestammten Quartier leben für das Quartierleben zu öffnen und der ” können. Also dort, wo sie andere Menschen ken- nen, ihr Café haben, ihre Apotheke, ihre Ärztin Vereinsamung entgegenzuwirken. resp. ihren Arzt, ihr Lädeli. Das muss nicht zwin- gend heissen, dass sie in der gleichen Wohnung Paolo Hendry, Leiter Abteilung Alter und Gesundheit. bleiben, die mit der Zeit vielleicht zu gross gewor- den ist. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit Welche Massnahmen sieht die Strategie vor? zwischen der Stadt Luzern und Viva Luzern? Wir versuchen unter anderem, die Vernetzung Hierzu muss man wissen, dass Viva Luzern bis vor innerhalb des Quartiers zu fördern – also das wenigen Jahren noch eine Dienstabteilung der Zusammenwirken von Nachbarschaftshilfe, Frei- Stadt Luzern war, die 2015 in eine eigenständige willigenarbeit, professionellen Dienstleistungen Aktiengesellschaft ausgelagert wurde. Die Zusam- und Behörden. So unterstützen wir schon lange menarbeit beruht auf bestens eingespielten Ab- die ambulante Pflege zuhause, hauswirtschaft läufen und einem gemeinsamen Verständnis der liche Dienstleistungen, Entlastungsdienste für Sache. Wir freuen uns, dass nun mit dem neuen pflegende Angehörige, Mahlzeitendienste und Guggi ein weiteres Projekt realisiert werden konn- die Sozialberatung. Seit zwei Jahren führen wir te, und sind gespannt, wie sich das Quartiercafé zudem die «Anlaufstelle Alter». und die erhoffte Quartierdurchmischung entwi- ckeln wird. Wie schlägt sich das nun konkret auf die Siedlung Guggi und ihr Quartiercafé nieder? Hier ging es in erster Linie um eine bauliche Massnahme. Die Stadt Luzern ist Eigentümerin dieser Alterssiedlung. Die Wohnungen waren sanierungsbedürftig. Im Zug der Renovation haben wir auch die Situation im Quartier ana- lysiert und festgestellt, dass ein Quartiertreff- punkt sinnvoll wäre. Entsprechend wollten wir ein Angebot realisiert s ehen, das nicht nur einen Paolo Hendry. reinen Mittagstisch für die Mieterinnen und Leiter Abteilung Alter und Gesundheit Mieter von Viva Luzern vorsieht. der Stadt Luzern. 8
Gedächtnisspeicher und Erzählcafé im Guggi. Das neue Café | Restaurant Guggi liegt ideal, um zu e inem Ort der Identifikation mit dem Quartier zu w erden. So hat der Quartierverein Obergrund gemeinsam mit Viva Luzern das Projekt «Gedächtnisspeicher» entwickelt. Das Guggi als ein Ort, an dem Geschichten ausge- tauscht, Erinnerungen deponiert, Erlebtes erzählt werden. Es wird dafür ein Briefkasten und eine kleine Bibliothek eingerichtet oder ein Buch auf- gelegt, in dem die alten Geschichten und Bilder gesammelt werden können. Ausserdem sollen in regelmässigen Abständen Erzählcafés statt- finden – Erzählabende, die moderiert beginnen, wo Lebensgeschichten und Erfahrungen der Teil nehmenden im Zentrum stehen, um anschliessend in einen informellen Teil überzugehen, wo man sich ungezwungen austauschen kann. Zusätzlich werden die Teilnehmenden dazu er- muntert, ihre eigenen Geschichten aufzuschreiben und Fotos mitzubringen, sodass der Gedächtnis- speicher gefüllt und bestaunt werden kann. Wir sind gespannt, wie sich diese Projekte entwickeln, und freuen uns über eine rege Beteiligung! 9
Wohnen. Man trifft sich im Guggi. Wie das neue Café | Restaurant der Alterssiedlung Guggi auch das umliegende Quartier zu sich einlädt. Bereits in der Planungsphase wurde klar, dass das lanciert. Es ist vorgesehen, dass Pro Senectute Café | Restaurant im Guggi nicht nur einen Mit- als wichtige Partnerin von Viva Luzern auch eine tagstisch für die Mieterinnen und Mieter anbieten Rolle im Guggi spielt und regelmässig Veranstal- sollte, sondern gleich zu einem Quartiertreffpunkt tungen durchführt. Der Verein Nachschub wird, für die umliegende Bevölkerung werden soll. analog dem Migroswagen von einst, wöchentlich Jan Kees Kram verantwortet als Leiter Hotellerie vor dem Guggi auffahren und Lebensmittel anbie- und Wohnen bei Viva Luzern unter anderem alle ten; auch das Café | Restaurant wird mitziehen und Standorte von Wohnen mit Dienstleistungen, da so entsteht ein kleiner Wochenmarkt im Quartier. runter auch das Guggi. Für ihn führt der Weg vom “ Wunsch zur erhofften Wirklichkeit über Partner- schaften: «Wir haben es mit einer neuen Situation Mit vereinten Kräften stärken wir die und spannenden Herausforderungen zu tun. In Quartierstrukturen im Obergrund und den Restaurants in unseren Betagtenzentren liegt der Fokus in der Bewirtung der Bewohnenden, machen es noch mehr zu einem gemein ” ihrer Angehörigen und unserer Mitarbeitenden samen Zuhause – darauf freue ich mich. – Externe sind natürlich auch willkommen, aber nicht die Hauptzielgruppe. Im Guggi sind unsere Jan Kees Kram, Leiter Hotellerie und Wohnen Mietenden Teil des Quartiers, deshalb liegt unser bei Viva Luzern. Hauptaugenmerk auf Gästen des Quartiers. Das Café | Restaurant Guggi soll sich zu einem beleb- ten Quartiertreffpunkt entwickeln. Dafür arbeiten Der Schachklub Luzern trifft sich einmal in der wir mit verschiedenen Partnern zusammen.» Woche zum Schachspiel. Mit der Pauluskirche un- ter Einbezug des Quartiervereins ist Viva Luzern Vernetzung als Schlüssel. im Gespräch, gemeinsam die Quartierstrukturen Voller Enthusiasmus und Vorfreude fährt Jan Kees weiter zu stärken. Und auch mit umliegenden Be- Kram fort und beschreibt den bunten Strauss an tagtenheimen ausserhalb von Viva Luzern laufen Aktivitäten und Ideen, der im Guggi am Entstehen Gespräche. ist: Mit dem Quartierverein Obergrund werden Erzählcafés und das Projekt Gedächtnisspeicher Thomas Wirth. 10
Zahlen Die neue Alters & Fakten. siedlung Guggi. Baujahr. Gesamtinvestition. 1972. 13 Mio. Franken (durch Stadt Luzern). Adresse. Eröffnung. Taubenhausstrasse 14. Zweite Jahreshälfte 2020. Wohnungen. Bauherrschaft. 25 frisch umgebaute Stadt Luzern, Baudirektion, Immobilien. 2,5- bis 3,5-Zimmer- Wohnungen mit 53 Architekt. bis 92 m2 Wohnfläche. Gut Deubelbeiss Architekten AG. Restaurant. Attribute. 5 Tage pro Woche geöffnet. Zeitgemäss, komfortabel, 47 Sitzplätze. Lauschige modern, hell, barrierefrei Aussenterrasse. und energieeffizient. 11
Gesundheit. Stärken Sie Ihr Immunsystem. Ein kleiner, scharfer Ingwer-Shot stärkt Ihr Immunsystem. Kalt gepresst behält er seine stärkenden Inhaltsstoffe wie Eisen, Magnesium, Natrium und Kalzium sowie Kalium und Vitamin C. Wir wünschen beste Gesundheit. Zutaten. Saft einer Zitrone Eine geschälte Ingwerknolle Agavendicksaft oder Honig Zubereitung. Alle Zutaten mit einem Stabmixer pürieren und fertig ist die kleine Wunderwaffe. 12
“Der Stadtrat gratuliert. Danke für eure Arbeit zugunsten der älteren Bevölkerung.” Martin Merki. Stadtrat / Sozial- und Sicherheitsdirektor
Nachhaltigkeit. Kleine Massnahmen. Grosse Wirkung. Steht bei Viva Luzern ein Sanierungs- oder Neubau projekt an, achtet das Unternehmen auf eine mög lichst energieeffiziente Umsetzung. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch fürs Portemonnaie. Im vergangenen Sommer war es so weit: Nach lagen der Häuser Pilatus und Rigi jährlich rund zweieinhalb Jahren konnte die Totalsanierung und 120 000 kWh/a Strom. «Die erzeugte Energie Erweiterung des Gebäudes Pilatus im Betagten- fliesst direkt in den Betrieb», erklärt Gilbert Sta- zentrum Viva Luzern Dreilinden abgeschlossen delmann. Der Leiter Immobilien bei Viva Luzern werden. Im Zuge des Projekts wurden die Kapazi- ist überzeugt von den Vorteilen der hauseigenen tät des Gebäudes erhöht und die Infrastruktur den Stromversorgung: «Mit den Solaranlagen leisten wachsenden Pflegeansprüchen angepasst. Auf wir nicht nur einen Beitrag an die Umwelt – sie dem neusten Stand ist das Haus auch in Sachen machen uns auch unabhängiger.» Energieeffizienz. Davon zeugt unter anderem die Fotovoltaikanlage, die auf dem Dach des Gebäu- Frischluft in den Räumen – des realisiert wurde. auch ohne Fensterlüftung. Die Förderung erneuerbarer Energien ist nur eines Damit wurde im Dreilinden eine bewährte Strate- von vielen Beispielen für die nachhaltige Energie- gie fortgeführt: Bis im kommenden Sommer steht strategie von Viva Luzern. «Unsere Energieeffizi- in fast jedem Betrieb von Viva Luzern mindestens enz befindet sich auf einem hohen Niveau», betont eine Fotovoltaikanlage im Einsatz. Diese sind für Stadelmann. Damit dies so bleibt, setzt das Unter- das Unternehmen mehr als nur «nice to have». nehmen bei neuen Bauprojekten konsequent auf Allein im Dreilinden produzieren die beiden An- den Minergiestandard. Dieser setzt unter anderem 14
eine bessere Dämmung der Gebäudehülle voraus. Zudem verfügen alle neu sanierten Gebäude über eine Hygienelüftung, über welche kontrolliert Praktische Energie Frischluft in die Räume geführt wird. Davon profi- tiert das Unternehmen auch finanziell. «Durch den tipps für den Alltag. Verzicht auf die Fensterlüftung kann besonders während der Winterzeit massiv Wärmeenergie ge- Ob in der Küche, im Bad oder im Wohnzim spart werden», sagt Gilbert Stadelmann. Darüber mer: In den eigenen vier Wänden gibt es hinaus bringen die modernen Lüftungssysteme zahlreiche versteckte Energie- und Strom einen weiteren Vorteil: «Dass die Zuluft jeweils ge- fresser. Unsere Energietipps helfen Ihnen, filtert wird, kommt besonders Allergikern zugute.» Ihren täglichen Energieverbrauch zu senken und Kosten zu sparen. Für die Zukunft hat sich Viva Luzern bezüglich Energieeffizienz konkrete Ziele gesetzt. So will das • Heizen: In vielen Haushalten ist die Raum Unternehmen in den kommenden zehn Jahren mit temperatur zu hoch. Dabei lassen sich pro verschiedenen Massnahmen jährlich zwei Prozent gesenktem Grad rund 6 Prozent Heizener- Energie sparen. Die vorliegenden Potenziale zur gie sparen. Die optimale Temperatur variiert Effizienzsteigerung werden pro Standort durch je nach Wohnbereich. Als Richtwert gilt: einen Energiespezialisten gemeinsam mit den Lei- 23 °C im Bad, 20 °C im Wohnbereich, 17 °C tern Technik und Unterhalt analysiert. Ausgehend in Schlafräumen und im Gang. Hauseigen- von dieser Analyse wird ein Umsetzungsplan für tümer sind zudem gut beraten, fossile Hei- die kommenden Jahre erstellt. Im Vordergrund zungen durch ein System mit erneuerbaren stehen dabei insbesondere folgende Massnahmen: Energien zu ersetzen. • Strom: Trennen Sie elektrische Geräte mit • Ersatz von alten Umwälzpumpen und Stand-by-Funktion bei Nichtgebrauch vom Lüftungsmotoren Stromnetz. Achten Sie bei Neuanschaf- • Optimierung von Heizungs- und fungen auf die Energieetikette. Grosses Lüftungsanlagen sowie von Beleuchtungen Potenzial liegt zudem bei der Beleuchtung. • Verbesserte Abwärmenutzung durch Wer auf LED- statt Glühlampen setzt, spart einen optimierten Betrieb und /oder Energie und Geld. zusätzliche Wärmerückgewinnungsanlagen • Küche: Wer mit geschlossenem Pfannen- • Überprüfung der Einsparerfolge mit einem deckel kocht, spart bis zu 25 Prozent Strom regelmässigen Energieverbrauchsmonitoring und Zeit. Wenn Gemüse oder ein Stück Fleisch in der Pfanne brutzelt, dann am bes- Viva Luzern fördert ÖV-Nutzung. ten aus der Region. Und wenn Sie schon in Viva Luzern legt aber nicht nur bei grossen Bau der Küche sind, können Sie auch gleich Ihren projekten, sondern auch im Alltag Wert auf eine Tiefkühler abtauen. Wer das regelmässig tut, nachhaltige Energienutzung. So erhalten zum spart bis zu 30 Prozent Energie. Beispiel Mitarbeitende, die mit dem öffentlichen • Wasser: Sind Sie ein Dusch- oder eine Bade- Verkehr zur Arbeit pendeln, einen Beitrag an ihr wanne-Typ? Fakt ist: Wer duscht statt badet, ÖV-Abonnement. spart bis zu 67 Prozent Energie und Wasser. Ausserdem lohnt es sich, Geld in moderne Darüber hinaus nehmen die Mitarbeitenden Spardüsen zu investieren. des Bereichs Technik und Unterhalt regelmässig • Quellen: Energietipps ewl, energie schweiz, an Weiterbildungen teil. «Sie leisten damit einen TopTen.ch, hausinfo.ch. wichtigen Beitrag bei der Sensibilisierung ihrer Kollegen sowie der Bewohnerinnen und Bewoh- ner», sagt Gilbert Stadelmann. Es seien denn auch längst nicht immer spektakuläre Massnah- men, die zu einem besseren Energiehaushalt führen würden: «Wenn ein Fenster den ganzen Tag in Kippstellung ist, wird unnötig viel Wärme- energie verbraucht», nennt Stadelmann ein Bei- spiel. «Viel sinnvoller ist es, ab und zu eine Stoss- lüftung durchzuführen.» Für den Leiter Immobilien Fabian Grüter. ist klar: «Kleine Massnahmen können eine grosse Wirkung haben.» Fabian Grüter ist Energieberater bei ewl energie wasser luzern. Daniel Schriber. 15
Freiwilligenarbeit. Sie können gut zuhören? Prima! Dies ist nur eines von vielen verschiedenen Talenten, das Sie bei Viva Luzern einbringen können. Als Freiwillige/n heissen wir Sie herzlich willkommen. Menschen brauchen Menschen. Kontakt, Interesse und Gemeinschaft: Diese Be- «Nach dem Tod meiner Mutter, die am dürfnisse sind unersetzbar. Viele Bewohner/-innen Ende ihres Lebens in einer Pflegeinstitution bekommen aber nicht so oft Besuch, wie sie es lebte, wollte ich weiterhin etwas für andere sich wünschen. Darum suchen wir Menschen, die Menschen tun. Bei den Besuchen meiner Zeit schenken möchten. Mutter habe ich jeweils Mitbewohnende gesehen, die selten Besuch erhielten. Diese Was Sie beitragen wollen und wie oft, bestimmen Erfahrung und meine generelle Haltung Sie. Ob Sie sich gerne zu gemeinsamen Spa- zum Thema Wohltätigkeit haben mich ziergängen oder einem Kaffeeschwatz treffen, bewogen, freiwillige Arbeit zu leisten. Es Bewohner/-innen zu einem Termin begleiten, eine kostet mich nichts, Zeit zu schenken und Spielrunde anbieten, aus der Zeitung vorlesen damit Freude zu bereiten. oder Ihren Hund mitbringen möchten: Ihre Idee zählt – und wird von uns unterstützt. Wir führen Zudem erfahre ich selber für die Zuwen Sie professionell ein und stellen Ihnen eine Kon- dung bei den zahlreichen Begegnungen im taktperson vor Ort zur Verfügung. Viva Luzern Wesemlin immer wieder grosse Dankbarkeit und viel Wertschätzung. Das «Wertschätzung erleben.» – «In die Welten ande- bereichert und berührt mich und entschädigt rer eintauchen.» – «Sinnvolles tun.» – «Menschen mein Engagement auf vielfältige Weise.» kennenlernen.» – Dies sind nur einige der Gründe, warum sich seit Jahrzehnten Freiwillige für ältere Elisabeth Häfliger. Menschen bei Viva Luzern engagieren. Haben auch Sie Interesse? Kontaktieren Sie uns unter Freiwillige Mitarbeiterin 041 612 70 00 oder unter freiwilligenmitarbeit@ im Viva Luzern Wesemlin. vivaluzern.ch. 16
Glücksmomente. “Was unser Leben reicher macht.” Kleine Alltagsbegebenheiten, unvergessliche Momente, eine schöne Geste, ein besonderer Augenblick … Auf dieser Seite berichten Bewohnende von Viva Luzern von ihren ganz persönlichen Glücksmomenten. Kathrin Schürch-Wermelinger. Oskar Schürch-Wermelinger. Bewohnerin im Viva Luzern Wesemlin Bewohner im Viva Luzern Wesemlin «Das grösste Glück: die Besuche unserer «Das Abendrot ist immer anders. Wir beiden lieben Söhne. Unsere Familie bewundern es von unserem Balkon aus, versteht sich sehr gut untereinander, das meist mit einem Aperitif dazu. Wir ist unendlich wertvoll.» geniessen es, gut zu essen und zu trinken.» «Nach vielen Operationen an Rücken «Wenn wir den Zirkus besuchen, weckt das und Hüfte ist ein Tag ohne Schmerzen Erinnerungen an früher, als ich mit meinem für mich ein ganz besonderer Tag.» Bruder an Anlässen auch gezaubert habe.» 17
Dossier. Happy Viva Luzern feiert den 5. Geburtstag. Birthday. Viva Luzern wird fünf Jahre alt. Die Geschichte der Betagtenbetreuung in Luzern ist natürlich schon viel älter. Welche Geschichte hat sie in den letzten paar hundert Jahren durchlaufen, und wohin geht der Trend? Ein Rück- und ein Ausblick. Wohnzentren, die speziell auf die Bedürfnisse be- «Altersasyl» nannte sich dieses Angebot und tagter Menschen ausgelegt sind, sind geschichtlich wurde nur wohlhabenden, in der Stadt heimatbe- gesehen ein relativ neues Phänomen. Wer vor ein rechtigten Bürgerinnen und Bürgern zugestanden, paar hundert Jahren in Luzern älter wurde und die sich mit einem Geldbetrag in die Institution Schutz oder Betreuung brauchte, ging dafür noch einkaufen konnten, um dort später eine lebens- ins Spital. längliche Versorgung zu erhalten. Wer dafür zu wenig Mittel oder nur den Einwohnerstatus, aber «Altersasyl». nicht das Heimatrecht besass, musste sich anders 1660 eröffnete das Spital zum Heiligen Geist, das arrangieren. Die Frage des Ortsbürgertums war sich beim Westflügel des heutigen Regierungs- lange Zeit für viele Vorrechte in der Gesellschaft gebäudes befand. Es nahm nicht nur Kranke auf, ausschlaggebend. sondern auch mittellose Reisende (für jeweils eine Nacht) – und ältere Menschen, die wegen Armut, Die Vorrechte der Ortsbürger/-innen. körperlicher Gebrechen oder fehlender Angehöri- Die Ortsbürgergemeinde der Stadt Luzern wurde gen keine Möglichkeit hatten, sich daheim pflegen am 13. November 1798 geboren: Damals verab- und medizinisch versorgen zu lassen. Sofern sie es schiedete der helvetische Senat das «Gesetz über sich leisten konnten. die provisorische Organisation der Gemeinden», 18
das den Rahmen der künftigen Gemeindeordnung meinwesens wie Armen- und Vormundschaftswe- festlegte. So sollten innerhalb der gleichen Ge- sen, Krankenbetreuung und Altersasyl in den Hän- meinde zwei Gemeinwesen bestehen, nämlich die den der Verwaltungsräte der Ortsbürgergemeinde. Bürger- und die Einwohnergemeinde. Vom Heimat- zum Wohnsitzprinzip. Die Einwohnergemeinde wurde als die eigentliche 1891 bestimmte ein Bundesgesetz, Vormund- politische Gemeinde geschaffen; alle Einwoh- schaftsangelegenheiten seien nicht mehr von der ner waren nach einer Wartefrist von fünf Jahren Heimatgemeinde der Betroffenen, sondern von stimm- und wahlberechtigt. Die Ortsbürgerge- ihrer Wohnortgemeinde zu regeln. Damit ersetzte meinden hingegen waren sogenannte Anteilhaber- gemeinden, die aus Rücksicht auf das Eigentums- “ recht der ehemaligen «Burgerschaften» an den Gemeindegütern entstanden waren. Nur wer in der Da die Menschen heute viel länger Gemeinde heimatberechtigt war und die finanziel- zu Hause leben als früher, gibt es ” len Mittel hatte, um Anteilhaber an den Gemeinde- gütern zu sein, gehörte zur Ortsbürgergemeinde praktisch keine Wohnheime mehr. und hatte dort das Stimm- und Wahlrecht. Wer das Ortsbürgertum allerdings erwerben konnte, Beat Demarmels, ehem. Geschäftsführer Viva Luzern. war eine Frage der Privilegien: Einbürgerungen waren den Vermögenden vorbehalten. So erhielten nur wenige Schutz und Fürsorge. das Wohnsitzprinzip erstmals das Heimatprinzip. Die Ortsbürgergemeinde war auf einen Schlag im Die Ortsbürgergemeinde und das Sozialwesen. Vormundschaftswesen für alle Einwohner/-innen Die Ortsbürgergemeinde behielt ihre Vor- der Stadt zuständig, bis sie es 1915 den Einwohner- machtstellung in der lokalen Politik und im Ge- gemeinden übergeben musste. Ab 1924 erhielten meinwesen durch verschiedene geschichtliche alle Kantonsbürger, die seit mindestens 20 Jahren Entwicklungen hindurch. 1800 gingen soziale in der gleichen Gemeinde wohnten, unentgeltlich Institutionen wie das Bürgerspital, die Senti und deren Ortsbürgerrecht. Somit vergrösserte sich die das Waisenhaus im St. Jakobs-Spital in ihren Besitz Bürgergemeinde von einem Tag auf den andern über. 1814 lagen alle Aufgaben des städtischen Ge- rasant. Mit dem Wohnsitzprinzip musste sie sich 19
Dossier. nun in verschiedenen sozialen Aufgaben um alle cherheit wie den städtischen; andererseits liess es Einwohner/-innen der Stadt kümmern. den Senioren /-innen die Wahlfreiheit, in welches Betagtenzentrum sie eintreten wollen. Gleichzeitig Die Bürgergemeinde baut Alterszentren. wurden pflegerische Dienstleistungen und Betreu- 1948 wurde die AHV eingeführt, die die Ortsbür- ungsangebote vermehrt von Privaten angeboten. gergemeinde stark entlastete. Nun aber war sie in Damit bewegte sich die Altersfürsorge in Richtung einem anderen Bereich herausgefordert: dem Bau Markt und Konkurrenz. Es zeigte sich dabei schnell, von Alterswohnungen und -siedlungen, Pflegehei- dass die privaten Heime durch ihre unternehmeri- men und einer Jugendsiedlung. Aus der «Ortsbür- sche Freiheit flexibler auf neue Anforderungen und gergemeinde» wurde 1964 die «Bürgergemeinde», sich verändernde Bedürfnisse in der Alterspflege reagieren konnten als die städtisch verwalteten. “ Diese waren nämlich in komplexere, oft langwieri- ge Verwaltungsabläufe eingebunden. Wir werden künftig neue Dienstleistun gen anbieten müssen, die ein gutes Leben Wunsch nach mehr Flexibilität. im Alter ermöglichen und die über den rein So wurden 2013 Forderungen seitens des Stadt- ” rats und der Mehrheit des Parlaments laut, diese gesetzlichen Pflegeauftrag hinausgehen. Dienststelle aus der städtischen Verwaltung herauszulösen und in ein eigenständiges Unter- Martin Merki, Stadtrat / Sozial- und Sicherheitsdirektor. nehmen zu überführen. «Wir werden künftig neue Dienstleistungen anbieten müssen, die ein gutes Leben im Alter ermöglichen und die über den und im selben Jahr eröffnete sie die Alterssiedlung rein gesetzlichen Pflegeauftrag hinausgehen», so Eichhof. Der steigende Anteil an älteren Menschen Stadtrat und Sozialdirektor Martin Merki gegen- stellte in der Stadtbevölkerung in den kommenden über dem Luzerner Stadtmagazin vom Februar Jahren eine Herausforderung dar: Die Bürgerge- 2014. «Bleiben die Heime und Alterssiedlungen meinde musste Geld und Bauland für die Bauten innerhalb der Stadtverwaltung, sind solche neuen bereitstellen. In den nächsten 20 Jahren baute Modelle nur sehr schwer zu verwirklichen, weil die Bürgergemeinde zahlreiche Alterszentren und die Entscheidungswege zu lang sind und sich die Pflegeheime, um der steigenden Nachfrage ge- Stadt in finanziell knappen Zeiten auf den gesetzli- recht zu werden. chen Pflegeauftrag beschränken muss. Wir müssen unsere Entscheidungswege anpassen und weniger Städtische Dienststelle unter Druck. kompliziert werden.» Im Jahr 2000 erfolgte in Luzern die Fusion der Bürger- und der Einwohnergemeinde. Die Be- Der Weg zur Aktiengesellschaft. tagtenzentren wurden ab da von der städtischen Die Überführung der städtischen Dienststelle in Verwaltung als Dienststelle «Heime und Alterssied- eine gemeinnützige Aktiengesellschaft im Ei- lungen» (HAS) geführt. Das neue Pflegefinanzie- gentum der Stadt schien der geeignetste Weg, rungsgesetz von 2011 stellte die Stadt vor neue He- wettbewerbsfähig zu bleiben, eine zukunftsgerich- rausforderungen: Einerseits garantierte das Gesetz tete Finanzierung zu sichern und eine schnellere privaten Alterszentren die gleiche Finanzierungssi- Einführung von neuen Angeboten zu ermöglichen. 1798: Das System von Ortsbürger- 1948: Die Einführung der 2000: Die Bürger- und die Einwohnerge- Mai 2014: Die Stimmbe- gegenüber Einwohnergemeinde AHV entlastet die Orts- meinde in Luzern fusionieren. Die Betag- rechtigten stimmen der entsteht in der Schweiz. Fürsorge bürgergemeinde. Der tenzentren werden von der städtischen Umwandlung der HAS leistungen wie das «Altersasyl» sind Bau von Alterssiedlun- Verwaltung als Dienststelle «Heime in eine gemeinnützige nur für Ortsbürger/-innen bestimmt. gen steht im Zentrum. und Alterssiedlungen» (HAS) geführt. Aktiengesellschaft zu. 1924: Kantonsbürger, die seit 1964: Aus der «Orts- Dezember 2013: Oktober 2014: mindestens 20 Jahren in der bürgergemeinde» wird Dem Grossen Stadtrat Wahl des Verwal- gleichen Gemeinde wohnen, die «Bürgergemeinde». Luzern wird der Antrag tungsrates und der erhalten nun ebenfalls deren zur Verselbstständigung Geschäftsleitung Ortsbürgerrecht. Die Bürgerge- der HAS vorgelegt. von Viva Luzern. meinde vergrössert sich rasant. 20
So sollten die Stadt und die privaten Anbieter von Betagtenzentren nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch bei ihrer Aufgabenerfüllung gleich «Die Welt der Jungen tut uns gut.» lange Spiesse erhalten. «Durch die Schaffung einer gemeinnützigen AG werden die Entscheidungswe- ge kürzer und der Handlungsspielraum für die Auf- gabenerfüllung grösser. Zudem können Verantwort- Dass es die heutige soziale Lehre im Bereich lichkeiten und Kompetenzkonflikte geklärt werden», Betagtenbetreuung gibt, ist einer Initiative so die Medienmitteilung der Stadt Luzern vom des Bundes vor rund 20 Jahren zu verdan 18. Mai 2014. Da die neue AG als Tochtergesellschaft ken. In früheren Zeiten sagte man sich, man der Stadt Luzern in deren Eigentum verbleiben könne ja keine Sechzehnjährigen für eine würde, würde die strategische Ausrichtung des Un- Ausbildung ins Altersheim schicken. Irgend ternehmens weiterhin von der Stadt mitbestimmt. wann aber wollte man nicht mehr zuwarten, «Diese Aktiengesellschaft ist dem Gemeinwohl und bis die Jungen, die als Krankenschwestern dem Service public verpflichtet, sie ist nicht gewinn ausgebildet waren, auf die Alterszentren zu orientiert und die Aktien bleiben zu 100 Prozent im kamen und Interesse signalisierten. Eigentum der Stadt. Die AG bleibt damit unter der Kontrolle der Stadt Luzern», fährt die Stadt in ihrer Der gesamte Bürgerrat befand, der Ausbil- Medienmitteilung fort. Die Pflegequalität werde neu dungsauftrag des Bundes sei wichtig und in Leistungsverträgen vereinbart. sinnvoll. «Mach du das», sagten meine Kolle- gen/-innen also zu mir – ich war zu dieser Zeit Viva Luzern – am Puls der Zeit. auch Mitglied der Ausbildungskommission. Im Dezember 2013 war dem Grossen Stadtrat So starteten wir ein Pilotprojekt mit der Lehre Luzern der Antrag zur Verselbstständigung der direkt in den Betagtenzentren. Ich weiss noch, Abteilung Heime und Alterssiedlungen vorgelegt wie wir die ersten Lehrabgänger/-innen auf worden. Die Vorlage wurde am 18. Mai 2014 mit einer Schiffsfahrt feierten. Heute bietet Viva 61 % Ja-Stimmen angenommen, und der Weg für Luzern rund 15 verschiedene Ausbildungen an; eine gemeinnützige Aktiengesellschaft war frei: unter anderem das Studium zur diplomierten Die Viva Luzern AG wurde geboren. Am 1. Januar Pflegefachperson HF und die Berufslehren 2015 nahm sie ihren Betrieb auf. Fachfrau /-mann Gesundheit sowie das Be- rufsattest Assistent /-in Gesundheit & Soziales. Von Anfang war es Viva Luzern wichtig, die sich Der Aufwand, Lernende auszubilden, ist natür- verändernden Bedürfnisse und Anforderungen lich gross und war erst mal eine Herausforde- in der Alterspflege aufzunehmen und lösungs rung für die Heimleitungen. Sie erzählten aber orientiert zu reagieren. Ein erstes Handlungsfeld auch, wie viel sie dadurch gewannen, im Sinne stellte die Infrastruktur dar: Komplexer werdende von: «Für uns ist das eine neue Realität. Wir Pflegesituationen machen Modernisierungen nötig. kommen mit der Welt der Jungen in Kontakt, So hat Viva Luzern begonnene Sanierungsprojekte und das tut uns gut.» Auch von den Bewoh- weiter- und durchgeführt, um die weitgehend in ner/-innen kamen immer nur positive Rück- den 70er-Jahren erstellten Betagtenzentren an die meldungen. Sie freuen sich natürlich, so junge veränderten Anforderungen an die Pflege und das Leute um sich zu haben, die dazu noch einen guten Job machen. Januar 2015: Juni 2016: Juli 2019: Die Viva Luzern Der neue Bereich Neueröffnung des AG wird operativ «Pflege und Gesund- sanierten Hauses tätig. heit» wird geschaffen. Pilatus im Viva Luzern Dreilinden. Vreni Moser. Januar 2016: November 2017: Herbst 2020: Vreni Moser war von Einweihung des Der Bereich «Hotel- Viva Luzern erneu- 1996 bis 2000 Bürgerrätin Neubaus Haus lerie und Wohnen» ert das Haus West und Vorsteherin der Rigi im Dreilinden. wird neu geschaffen. des Betagtenzen trums Rosenberg. Direktion Heime in Luzern. 21
Dossier. Wohnen anzupassen. Im Betagtenzentrum Dreilin- ge wie möglich zu Hause wohnen möchten. «Wir den wurde auch ein kompletter Neubau realisiert. haben im Prinzip nur noch Pflegeheime. Unsere ehemaligen Wohnheime haben wir so saniert, dass Die Heimbranche im Wandel: man besser pflegen kann; dadurch muss man auch Blicke in die Zukunft. nicht nochmals umziehen.» Die Lebensentwürfe betagter Menschen und ihre Bedürfnisse bezüglich Pflege und Betreuung Wenn Menschen immer später ins Pflegeheim verändern sich weiter: «Traditionell hatten unsere einziehen, sind sie dadurch oft auch bereits stark Zentren jeweils ein Wohn- und ein Pflegeheim. Ins pflegebedürftig. Auch das ist eine Herausforde- Wohnheim zogen die Leute oft schon früh nach rung: «Denn wenn Leute später eintreten, ist die der Pensionierung, also relativ rüstig ein. Wenn Pflege häufig auch komplexer», so Beat Demar- mels. Deshalb nimmt Viva Luzern am Pilotprojekt “ Intercare teil, in dem zusammen mit der Universi- Die Betagtenzentren der Viva Luzern AG tät Basel eine Ausbildung zur geriatrischen Pfle- geexpertin resp. zum geriatrischen Pflegeexper- sollen sich künftig in Richtung von Quartier- ten entwickelt wird. Diese Pflegeexpertinnen und und Gesundheitszentren entwickeln. ” -experten können die Pflegeteams in besonders komplexen Situationen beratend unterstützen. Beat Demarmels, ehem. Geschäftsführer Viva Luzern. Ein grösseres ambulantes Angebot. Um die Bedürfnisse von Leuten, die möglichst lan- sie pflegebedürftig wurden, zogen sie ins Pflege- ge zu Hause wohnen möchten, besser abzuholen, heim um», erzählt Beat Demarmels, ehemaliger sind neue Wohn- und Pflegemodelle gefordert. Geschäftsführer von Viva Luzern. In seiner 20-jäh- So baut Viva Luzern auch ambulante Angebote rigen Tätigkeit prägte Demarmels die Entwicklung wie Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtschaftsleis- massgebend und kennt die Geschichte wie kein tungen laufend aus, um so eine individualisierte anderer. Diese Art von Wohnheim gebe es heute «integrierte Versorgung» bieten zu können. «Dazu aber kaum noch, da die Menschen vermehrt so lan- wollen wir vermehrt in Richtung Verbundlösungen Gemeinschaft. Genuss. Lebensfreude. 22
gehen und mit anderen Institutionen und Anlauf- Offene Altershilfe. stellen zusammenarbeiten, sodass wir alles wie «Wir wollen stärker noch ein Kompetenzzentrum aus einer Hand anbieten können», so Beat Demar- für Wohnen und Leben im Alter sein, also schon mels. Sich besser mit anderen Leistungserbrin- vor dem Pflegeheim Angebote machen», so Beat gern, Anlauf- und Beratungsstellen zu vernetzen, Demarmels. So sollen sich die Betagtenzentren in gehört deshalb zu den grossen Strategiezielen von Richtung von Quartier- und Gesundheitszentren Viva Luzern für die nächsten Jahre. entwickeln. Auch das in den städtischen Alters- siedlungen von Viva Luzern betriebene Angebot «Wohnen mit Dienstleistungen» versteht sich in Zukunft immer mehr als Dienstleistungszentrum Umzug mit kreativen für die im Quartier lebenden älteren Menschen. So geht der Blick von einer stationären hin zu einer Massnahmen. bedarfsorientierten «offenen Altershilfe». Temporärplätze für Übergangspflege. Frau S. lebte seit vielen Jahren in der Nebst komplexerer Pflege im Heim und individua- Alterssiedlung Eichhof in einem Einzim lisierten, ambulanten Dienstleistungswünschen hat merappartement, war aber wegen einer der Trend, so lange wie möglich zu Hause zu woh- zunehmenden Altersdemenz nicht mehr nen, eine weitere Folge: Nämlich, dass der Entscheid imstande, den Haushalt zu führen. für einen Heimeintritt oft plötzlich, immer häufiger während eines akuten Spitalaufenthalts, gefällt Es kam auch vor, dass sie in der Stadt den werden muss. Viele Menschen kommen direkt vom Heimweg nicht mehr fand und von der Polizei Krankenhaus ins Pflegeheim. Dadurch sind immer nach Hause gebracht wurde. Die Körper mehr Pflegeplätze immer kürzer ausgelastet – sei hygiene und eine einigermassen geregelte es, weil die Lebenserwartung zum Zeitpunkt des Nahrungsaufnahme waren nicht mehr ge- Eintritts entweder nur noch kurz ist oder weil sich währleistet. Ambulante Dienste lehnte sie ab, die Leute nach der Genesung entscheiden, wieder die Hilfebringenden liess sie meist gar nicht nach Hause zu gehen. Auch auf dieses Phänomen in die Wohnung. Zunehmende Verwahrlosung hat Viva Luzern reagiert: «So haben wir im Rosen- machte den Verbleib in der Wohnung nicht berg eine Abteilung für Übergangspflege, spezia- mehr verantwortbar. Doch jede Anregung lisiert auf Leute, die aus dem Spital kommen und zum Wechsel ins Pflegeheim stiess bei ihr auf dank spezieller Therapiemassnahmen nach durch- taube Ohren. Was konnte man tun? schnittlich 20 Tagen wieder nach Hause gehen können», so Beat Demarmels. Allgemein verstärke Ein ungewöhnlicher Weg führte zum Erfolg: sich der Trend Richtung Temporäraufenthalte. Die gesamte Einrichtung der Wohnung wur- de möglichst unverändert in ein Zimmer des Flexible Entlastung und Sofortaufnahme. Pflegeheims gezügelt, die Möbel, das Bett Ein weiteres mögliches Modell, das Viva Luzern mit dem Bettüberwurf und vor allem auch anbietet, ist die Möglichkeit, nur einzelne Tage oder der alte Teppich. Tatsächlich fühlte sich Frau Nächte in einem Pflegeheim zu verbringen – ein- S. so zu Hause. Nach einigen Wochen wurde malig oder regelmässig. So soll eine flexible Ent- sie auch zugänglicher. Die alte Couch konnte lastungsmöglichkeit geschaffen werden, die auch sogar durch ein Pflegebett ersetzt werden. betreuenden Angehörigen zugute kommt. Denn: «Einen Menschen zu Hause zu pflegen, stellt hohe körperliche und seelische Anforderungen an die Angehörigen», sagt Beat Demarmels. Und prog- nostiziert: «In Zukunft werden solche Modelle mehr Bedeutung haben.» Auch für den Fall, dass pfle- gende Angehörige plötzlich und unvorhergesehen ausfallen – etwa aufgrund eines Spitalaufenthalts –, bietet Viva Luzern Hand. «Im Betagtenzentrum Eichhof haben wir eine Sofortaufnahme bei Not- Felix Baumann. fällen, wenn die pflegebedürftige Person zu Hause Dr. med. Felix Baumann nicht mehr versorgt ist. Der Eintritt ist rund um die war von 1980 bis 2005 Uhr innerhalb einer Stunde möglich», so der ehe- als leitender Arzt im malige Geschäftsführer Beat Demarmels. So wird Betagtenzentrum Eichhof tätig. es für die Betroffenen möglich, eine stabile und tragfähige Nachsorgelösung zu koordinieren. 23
Dossier. Anpassungen innerhalb des Unternehmens. Somit sind die Betagtenzentren von Viva Luzern Optimale Bedingun gut für eine Zukunft gerüstet, in der sich Be gen für die Zukunft. dürfnisse von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen immer weiter differenzieren. Am Puls zu sein, ist wichtig. «Wir stellen Thesen Die Überführung der städtischen Heime auf, wie sich Dinge in den nächsten Jahren in eine gemeinnützige AG war umstritten, weiterentwickeln und verändern werden», so und die Zeit vor der Abstimmung war eine Beat Demarmels. Diese Thesen schlagen spannende und herausfordernde. Viele sich in der Unternehmensstrategie nieder. Mitglieder der SP waren dagegen und die So entstehen bei Bedarf auch neue Bereiche Personalverbände waren gespalten, von innerhalb des Unternehmens, wie 2016 der sehr skeptisch bis zustimmend. Würde das Bereich Pflegeentwicklung. Angebot teurer? Würden die Arbeitsbe dingungen der Mitarbeitenden schlechter? Grösste Dienstleisterin in der Zentralschweiz. Könnte das Parlament noch genügend mit Heute betreibt die Viva Luzern AG Betagtenzen bestimmen? tren an sechs Standorten in Luzern (Dreilinden, Eichhof, Rosenberg, Staffelnhof, Wesemlin und Obwohl ich langjähriger Gewerkschafter und Tribschen) und beschäftigt rund 1200 Mitarbei- Rot-Grüner war und bin, setzte ich mich ge- tende. Ausserdem bietet sie 200 Alterswoh- stützt auf die Erfahrungen als Sozialdirektor nungen mit Dienstleistungen an. Mit rund 900 für diese Überführung ein, weil ich den Bedarf Bewohner/-innen ist die Viva Luzern AG die der Heime nach mehr Handlungsspielraum als grösste Leistungserbringerin für Langzeitpflege sehr wichtig empfand. Die wichtige Mitspra- in der Zentralschweiz. Beat Demarmels schaut che der Stadt war ja durch den Leistungsver- mit Zufriedenheit auf die ersten fünf Jahre des trag und das strategische Beteiligungscon Unternehmens zurück: «Wir sind gut auf Kurs. trolling seitens des Stadtrats und des Grossen Es ist uns auch gelungen, mit Viva Luzern eine Stadtrats gesichert. Die Finanzierung würde Marke zu definieren, die immer bekannter wird.» durch die Gemeinnützigkeit nachhaltig gestal- Herausforderungen gibt es natürlich trotzdem. tet. Und was die Arbeitsbedingungen betraf, «Eine davon, die uns schon immer begleitet hat, entstand gemeinsam mit den Personalver- ist, genügend diplomierte Pflegefachpersonen bänden ein Gesamtarbeitsvertrag, der in der mit höherer Fachausbildung (HF) zu finden. Region und in der Deutschschweiz wegwei- Ausserdem haben wir immer mehr Bewohnende senden Charakter hat. Als die Abstimmung mit kognitiven und psychischen Problemstellun- angenommen wurde, traf sich unser Komitee gen und brauchen entsprechendes Wissen in «Gemeinnützige Heime – Ja» zu einem Bier. diesen Bereichen», schildert Beat Demarmels. Ich war froh, dass sich die Heime auf dieser Basis weiterentwickeln konnten. Das bleibt ja Darum ist die Viva Luzern AG auch im Ausbil- auch weiterhin eine grosse Aufgabe; beispiels- dungsbereich engagiert. «Per Bildungsverord- weise in Richtung Wohnen mit Unterstützung, nung müssten wir 25 Leute im HF-Bereich je nach Bedarf. Aber Viva Luzern ist sehr dy- ausbilden können. Das schaffen die meisten namisch. Ich bin sehr zufrieden, wie sich alles Heime nicht. Wir haben aber kontinuierlich bisher entwickelt hat. ausgebaut und bilden derzeit insgesamt 160 Lernende aus, davon 35 im HF-Bereich. Auf diesen Zuwachs bin ich am meisten stolz», so Beat Demarmels. Sylvie Eigenmann. Ruedi Meier. Quellen. Scheunpflug, V. (1998). Ich bitte Sie, Hochgeehrte Ruedi Meier ist Mitglied der Herren, das Herz auf zu tun. 200 Jahre Grünen der Stadt Luzern und Bürgergemeinde Luzern. war von 2000 bis 2012 Stadtrat Viva Luzern AG. Verschiedene Medienmitteilungen. Das Stadtmagazin (2014). Lebensqualität und Würde. und Sozialdirektor. Ausgabe 1. Das Stadtmagazin (2014). Mobilität. Ausgabe 2. 24
“Alt und Jung leben gesünder, wenn sie miteinander verbunden bleiben. Viva Luzern fördert diesen Glücksbringer.” Angelica Ferroni. Präsidentin Forum Luzern60plus 25
Galerie. “Was mir guttut …” Monika Odermatt-Planzer zeigt uns ihre Lieblingsplätze und -dinge in ihrem Zuhause im Viva Luzern Dreilinden. 26
Die Kapelle im Haus ist einer meiner Lieblingsplätze. Hier schöpfe ich Kraft und Zuversicht.
Galerie. “Was mir guttut …” Zwischendurch ein Gläschen Traubensaft oder auch mal einen Prosecco. Meine zwei Lieblingsbäume vor dem Fenster. In meinem Lieblingssessel die Zeitung lesen. Die traumhafte Aussicht aus meinem Zimmer.
Meine Engel-Sammlung. Diese Uhr – ein Andenken an meinen Mann. Ein Schwatz mit der Betriebsleiterin. Mein Lieblingsbuch – voll von Weisheiten. Mein runder Ausziehtisch – ich habe sehr oft Gäste bei mir.
Gesundheit. Rücken Geht Geht schonender auch im auch im im Sitzen. Sitzen. Sitzen. Rumpfdehnung Brust. Rumpfdehnung Seite. Strecken. Aufrichten, Brustkorb nach Der eine Arm geht nach oben, den Strecken Sie Ihre Arme so weit vorne schieben. Und anderen stützen Sie in die Hüfte. auseinander, wie es nur geht. Zuerst wieder zurück, einen runden Sanft zur Seite biegen, bis Sie seit- zur Seite, dann zur Decke. Dabei Rücken machen. lich eine Dehnung im Rumpf spüren. immer tief ein- und ausatmen. 6 einfache Übungen für jeden Tag. Bleiben Sie in Schwung. Auch mit Geht Rollator, auch im er Stöcken od Sitzen. lfs anderen Hi mitteln. Liegestütz an der Wand. Armkraft. Spazieren gehen. Lehnen Sie sich in einem Nehmen Sie zwei Gegenstände, Nach wie vor eine der leichten Winkel an eine Wand. die Sie gut halten können. Nun gesündesten Übungen: Beugen Sie sich nun in Richtung strecken Sie die Arme langsam Gehen Sie draussen spazieren. Wand, bis Ihre Nase fast die Wand aus und ziehen sie wieder zurück. Die frische Luft und Tageslicht berührt. Ganz langsam zurück. tun immer gut. 30
Frag viva! Unverhofft zum Traumjob. Andrea Martinovic gehört zu den ersten geria trischen Pflegeexpertinnen der Schweiz. Wie ihr Arbeitsalltag aussieht und welche Herausfor derung ihre neue Rolle mit sich bringt, erklärt die 27-Jährige bei unserem Besuch im Dreilinden. Andrea Martinovic ist immer auf Zack. Als geria Geschäftsführung ein Update verschickt. So soll trische Pflegeexpertin (GPE) übernimmt die der Kreis der Besuchenden in den Betagtenzen 27-Jährige eine wichtige Drehscheibenfunktion tren auf die «relevantesten Personen» beschränkt innerhalb des Betagtenzentrums Dreilinden. Einen werden. Zudem wurden aufgrund der Vorgaben starren Tagesablauf kennt die junge Frau nicht. Sie des Bundes diverse Anlässe abgesagt. «Unsere zirkuliert im Haus, nimmt an Visiten teil, tauscht Bewohnenden gehören zur Risikogruppe», sagt sich mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit der Lei- Martinovic. «Wir müssen sie schützen. Dazu ge- tung Pflege aus und steht bei unterschiedlichsten hört, dass wir unsere Bewohnerinnen, aber auch Situationen als Ansprechperson zur Verfügung. die Mitarbeitenden und die Besucher stetig über Zudem steht sie regelmässig mit den Pflegeteams die aktuelle Situation und die getroffenen Vorsor- in Kontakt – so auch beim Besuch des viva!-Ma gemassnahmen informieren.» Trotz des dominie- gazins an einem Freitag im März. Pünktlich um renden Themas kommt natürlich auch das Tages- 9.30 Uhr treffen sich der neue Wohnbereichsleiter geschäft nicht zu kurz. Nach und nach informieren Zlatko Wagenhofer, seine Stellvertreterin Stefanie die Mitarbeiterinnen über besondere Vorkomm- Bucher sowie fünf andere Kolleginnen zum Abtei- nisse auf der Abteilung. Eine Bewohnerin leidet lungsrapport. Auch Andrea Martinovic nimmt unter Atembeschwerden, eine andere kann und Platz und klappt ihren Laptop auf. will per se nicht schlafen. Diskutiert wird auch die Situation eines Ehepaars, bei dem sich die schwer Coronavirus dominiert Tagesgeschäft. kranke Frau in der sogenannten Terminalphase An diesem Morgen herrscht im Dreilinden vor al- befindet. «In dieser schwierigen Zeit müssen wir lem ein Thema: das Coronavirus. Soeben hat die nicht nur für die Frau, sondern auch für den trau- 31
Frag viva! ernden Mann da sein», betont Martinovic. Die Auf- sche Pflegeexperten übernehmen damit eine Art zählung könnte noch weiter fortgeführt werden – mobile Qualitätssicherung. «Damit dies gelingt, und so wird beim Zuhören schnell klar: Langeweile braucht es eine gegenseitige Vertrauensbasis», kommt in diesem Job garantiert keine auf. ist Andrea Martinovic überzeugt. Was ihr an ihrer Arbeit besonders gefällt, ist die Tatsache, dass sie «Vielseitig und extrem spannend.» auch in ihrer neuen Rolle nah dran ist an den Men- Martinovic ist eine von sechs Mitarbeiterinnen, die schen. «Zwar gehört auch Büroarbeit dazu, doch sich im Zuge des Projekts Intercare zur geriatri- “ schen Pflegeexpertin weiterbilden liessen. Zu ihrer Rolle kam sie eher unverhofft. Nach ihrer Ausbil- Das Wohl der Bewohnerinnen und ” dung zur Fachangestellten Gesundheit (FaGe) entschied sie sich 2016, das Studium zur Pflege- Bewohner kommt stets an erster Stelle. fachperson HF in Angriff zu nehmen. Noch bevor sie dieses abgeschlossen hatte, wurde sie von der Andrea Martinovic, geriatrische Pflegeexpertin Leitung Pflege auf das neu lancierte Projekt Inter- im Viva Luzern Staffelnhof. care angesprochen. «Nach der intensiven HF-Zeit wollte ich eigentlich nicht schon wieder eine neue Herausforderung angehen», erklärt Andrea Mar- meistens bin ich unterwegs auf den Abteilungen.» tinovic ihre anfängliche Skepsis. Dann aber über- Auch der Kontakt zur Pflege sei nach wie vor vor- wog die Lust, etwas Neues zu lernen. «Ich fand es handen. «Das Wohl der Bewohnerinnen und Be- spannend, aktiv bei diesem zukunftsträchtigen wohner kommt stets an erster Stelle», betont sie. Projekt mitwirken zu können.» Bereut hat sie ihren Entscheid nie. Im Gegenteil: «Meine Arbeit ist viel- Manchmal rattert der Kopf auch nach Feierabend. seitig und extrem spannend.» Andrea Martinovic gibt zu, dass es ihr zu Beginn nicht immer ganz leichtfiel, nach einem intensiven In ihrer neuen Funktion ist sie direkt der Leitung Arbeitstag abzuschalten. «Auch heute kommt es Pflege unterstellt. Das wiederum bedeutet, dass vor, dass der Kopf nach Feierabend rattert.» Die sie Weisungsbefugnis gegenüber den Wohnbe- Selbstreflexion gehöre zur Arbeit. «Zu verbessern reichsleitungen hat. An diese Rolle musste sich gibt es schliesslich immer etwas.» Mittlerweile ge- nicht nur Martinovic selbst, sondern auch ihre linge es ihr trotzdem immer besser, nach getaner Kolleginnen und Kollegen gewöhnen. Widerstand Arbeit herunterzufahren. Sie sei froh, dass sie sich hätte sie jedoch kaum gespürt. «Die verschiede- auf dieses Abenteuer eingelassen habe. Je länger nen Teams im Dreilinden haben sehr offen auf die sie als geriatrische Pflegeexpertin unterwegs ist, neue Rolle reagiert.» Als GPE gehe es ihr nicht da- desto sicherer ist sich die junge Frau: «Ich habe rum, den anderen auf die Finger zu schauen und meinen Traumjob gefunden.» Fehler zu suchen. «Meine Aufgabe ist es, das Per- sonal zu befähigen und zu unterstützen.» Geriatri- Daniel Schriber. 32
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