Der Expertenbrief - ecostra

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Der Expertenbrief - ecostra
EXPERTENBRIEF

     August 2014
                   Der Expertenbrief
                      Value Center. Eine Nachnutzungsalternative für Shoppingcenter und Retail
                       Parks in gesättigten Märkten?
                      Die aktuelle Grafik: „Darf´s a bisserl mehr sein?“ - LEH-Kaufkraft in
                       Deutschland und Österreich
                      Lage, Lage, Lage - und das richtige Konzept!
                      Das Stadtprofil: Einzelhandelsstandort Heilbronn
                      Shoppingcenter-Awards für Deutschland und Österreich übergeben
                      Zwischen großer Strenge und Laissez-faire. Der bauplanungsrechtliche Rahmen
                       bei Outlet Centern in Deutschland
                      Frisch aus der Ablage
                      Das (Aller-)Letzte: Radius-Klauseln in der Marktwirtschaft

                                                    Märkte verstehen | Risiken bewerten | Chancen erkennen
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Impressum
Herausgeber:
ecostra GmbH
Wirtschafts-, Standort- und
Strategieberatung in Europa

Luisenstrasse 41
D-65185 Wiesbaden
Tel. +49 (0)611 71 69 57 5 0
Fax +49 (0)611 71 69 57 5 25

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info@ecostra.com

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Value Center. Eine Nachnutzungsalternative für
Shoppingcenter und Retail Parks in gesättigten
Märkten?
Handelsstandorte und –immobilien unterliegen vielfältigen Einflüssen in
einem sich verändernden Umfeld. Bei diesen Einflüssen handelt es sich um
soziökonomische Entwicklungen wie z.B. eine wachsende oder
schrumpfende Bevölkerung im Einzugsgebiet oder Veränderungen der
regionalen Wirtschaftskraft und damit der Kaufkraft der Verbraucher. Eine
zusätzliche, nicht geringe Wirkung besitzen Neuansiedlungen oder
Erweiterungen von Wettbewerbsstandorten. Aber bereits infrastrukturelle
Maßnahmen, wie z.B. der Bau einer Umgehungsstraße, können zu einer
Auf- oder Abwertung von Standortlagen führen. Nicht zuletzt sind auch die
Einzelhandelsimmobilien selbst einem steten Wandel unterworfen und
erfordern kontinuierliche Anpassungs- und Attraktivierungsmaßnahmen.

Diese Triebkräfte der Handels- und          einem gesättigten Markt Mangelware.
Standortentwicklung      führen    immer    Damit werden auch Nischenprodukte
wieder auch dazu, daß eine Nach-            interessant.
belegung leerfallender Flächen durch
andere Nutzungen – jedenfalls solche,       Die Lösung: „Wir machen ein Outlet
welche eine gewisse Wirtschaftlichkeit      Center“
der Immobilie erwarten lassen – nicht
mehr möglich ist. Am Ende eines solchen     Eines dieser Nischenprodukte, welches in
immobilienwirtschaftlichen Lebenszyklus     den letzten 20 Jahren die Phantasie von
stehen die Eigentümer dann häufig vor       Eigentümern und Entwicklern immer
der Frage, ob in dem Objekt eine            wieder beschäftigt hat, sind Factory
Champignonzucht eröffnet oder gleich        Outlet Center (FOC). Doch hierbei wurde
über einen Abriss nachgedacht werden        häufig übersehen, daß gerade FOC ganz
sollte. Es ist davon auszugehen, daß in     besondere     Anforderungen    an    die
den nächsten Jahren eine stark steigende    Standortfaktoren stellen und – da diese
Zahl von Einkaufs- und Fachmarktzentren
mit genau dieser Frage konfrontiert sein    Inhalt
wird. Dies gilt im Übrigen bereits heute
                                                                                     Seite
auch für Geschäftsflächen in manchen
innerstädtischen Einkaufslagen.             Value Center. Eine Nachnutzungs-
                                            alternative für Shoppingcenter und
Flächen, die zu keinem Preis mehr           Retail Parks in gesättigten Märkten?        1
zu vermieten sind
                                            Die aktuelle Grafik: „Darf’s a bisserl
                                            mehr sein?“ - LEH-Kaufkraft in
Somit besteht aufgrund veränderter          Deutschland und Österreich                  7
Rahmenbedingungen - völlig losgelöst
von irgendwelchen Maßnahmen der             Lage, Lage, Lage - und das richtige
Mietpreisgestaltung oder Incentivierung -   Konzept!                                    8
für    verschiedenste   Standorte    und
                                            Das Stadtprofil: Einzelhandelsstandort
Objekte keinerlei Nachfrage: weder von      Heilbronn                                  21
Seiten des Handels, den Dienstleis-
tungen, des Handwerks noch durch            Shoppingcenter-Awards für Deutschland
Logistiker. Auch als Büro-, Lagerflächen    und Österreich übergeben              26
oder für Wohnnutzungen sind die
                                            Zwischen großer Strenge und Laissez-
meisten dieser Flächen nicht am Markt       faire. Der bauplanungsrechtliche
unterzubringen.                             Rahmen bei Outlet Centern                  27

Wirtschaftlich attraktive Nachnutzungs-     Frisch aus der Ablage                      35
möglichkeiten für notleidende oder
                                            Das (Aller-)Letzte: Radius-Klauseln
leerfallende Handelsimmobilien sind in      in der Marktwirtschaft                     35

www.ecostra.com                                                                              1
Der Expertenbrief - ecostra
geeignete        Standort-
                                                                       faktoren, sondern eine
                                                                       spezifische „Unique Selling
                                                                       Proposition“ (USP).

                                                                       Positionierung in
                                                                       einem gesättigten
                                                                       Markt

                                                                     Aber wie kann eine solche
Mit dem A2 Outlet Center wurde im Jahr 2005 versucht, einen Teil-    USP aussehen? Wie kann
bereich des notleidenden EKZ „Elbe Park“ (bei Magdeburg) einer neuen man sich von anderen
Nutzung zuzuführen. Das FOC wurde im Jahr 2012 wieder geschlossen.
                                                                     Angebotsformen        des
                                                                     Einzelhandels abgrenzen
Vertriebsform schließlich ein über-                 und     eine     möglichst   eigenständige
regionales Einzugsgebiet ausbilden soll –           Positionierung in einem Markt erreichen?
ein Management erfordert, das vertiefte             Eine Möglichkeit bietet sich hier für
Kenntnisse und Erfahrungen mit dieser               verschiedene solche Standorte durch ein
Vertriebsform besitzt.                              neues Immobilienkonzept, das Elemente
                                                    bereits    vorhandener      Handelsformen
Hohe Havariequote bei FOC                           aufnimmt und zu einer eigenständigen
                                                    Vertriebsform verdichtet. Es handelt sich
Es ist ein Irrtum davon auszugehen, ein             hierbei letztlich um eine Hybridform der
FOC würde auf jeder „sauren Wiese“                  Outlet Center, welche an einzelnen
funktionieren. Ein Irrtum, dem schon                Standorten bereits unter dem Begriff
eine ganze Reihe von Entwicklern und                „Value Center“ bekannt geworden sind.
Investoren aufgesessen sind. Eine Zahl
von zwischenzeitlich (Stand: Juni 2014)             Wildwuchs der Outlet-Standorte
24 geschlossenen und leerstehenden
oder umgenutzten Outlet Centern in                  Was ist die Grundidee hinter diesem
Europa spricht hier in Anbetracht einer             neuen Konzept? Dem aufmerksamen
Gesamtzahl von aktuell 158 in Betrieb               Beobachter (nicht nur) der deutschen
befindlichen     FOC    eine     eindeutige         Handelslandschaft wird nicht entgangen
Sprache. Damit mündet durchschnittlich              sein, daß in den vergangenen 10 bis 15
jede 6. bis 7. FOC-Entwicklung in Europa            Jahren - und mit in jüngerer Zeit deutlich
in einen meist längerfristigen Leerstand.           zunehmender Tendenz – Fachmarkt-
Aus keinem anderen Einzelhandels-                   standorte realisiert wurden, welche sich
segment      ist   eine    ähnlich    hohe          gleichzeitig durch folgende Merkmale
„Havariequote“ bekannt.                             auszeichnen:

FOC nur in den seltensten Fällen
eine geeignete Lösung

Insofern kann eine Umnutzung in ein
FOC zwar für das eine oder andere
„notleidende“ oder leerstehende Ein-
kaufs- oder Fachmarktzentrum eine
attraktive Nachnutzungsoption darstellen,
insbesondere auch dann, wenn liberale
B-Plan-Festsetzungen eine solche Um-
nutzung unproblematisch erscheinen
lassen. Für die meisten Problemstandorte
dürfte dies allerdings keinen gangbaren
Weg darstellen. Dabei ist die Heraus-
forderung, vor der Eigentümer und
Entwickler stehen, bei all diesen
Standorten meist dieselbe: in einem
                                                    Im bayerischen Piding, unmittelbar an der Autobahn A8 vor Salzburg, hat
gesättigten    Markt    erfordert   jedes           sich eine kleinere Agglomeration von Outlet Stores angesiedelt.
Vorhaben     nicht    nur    grundsätzlich

2                                                                                 www.ecostra.com
Der Expertenbrief - ecostra
    Bei den Mietern bzw. Betreibern                    Entsprechend       bedienen     diese
                               handelt es sich um Markenhersteller                 Standorte    kein     überregionales,
                               bzw. Lizenznehmer dieser Marken,                    sondern bestenfalls ein regionales
                               welche an diesen Standorten ein                     Einzugsgebiet. Verschiedentlich parti-
                               Fabrikverkaufskonzept      („Outlet                 zipieren diese Objekte durch eine
                               Stores“) umsetzen, indem Marken-                    verkehrsgünstige Lage an dem am
                               waren der Vorsaison, 2. Wahl etc.                   Standort vorbeifließenden Verkehr.
                               stark rabattiert an Endverbraucher                 Diese Standorte haben einen mehr
                               abgesetzt werden.                                   oder weniger ausgeprägten räum-
                              Bei diesen Mietern handelt es sich                  lichen Abstand zu den Hauptein-
                               nicht (!) um sog. Premium- oder A-                  kaufslagen der größeren Städte, so
                               Marken (z.B. Versace, Gucci, Prada),                daß von einer gewissen „retail
                               sondern um Marken des niedrig- und                  sensitivity“ auszugehen ist.
                               mittelpreisigen Segments. Teilweise
                               finden sich hier auch Filialisten des           Outlets am Produktionsstandort
                               klassischen Einzelhandels, welche an            bekannter Marken
                               diesen Standorten eine Lager- und
                               Sortimentsbereinigung für ihre Full-            Beispiele für solche Standorte sind
                               Price-Stores vornehmen.                         verschiedene traditionelle Fabrikverkaufs-
                                                                               standorte an den Firmensitzen bekannter
                                                                               Markenhersteller, in deren Standortum-
                                                                               feld sich sukzessive weitere Outlet Stores
                                                                               angesiedelt haben. Zu nennen wären hier
                                                                               u.a.

                                                                                  Herzogenaurach (u.a. Adidas, Puma,
                                                                                   s.Oliver, Nike, Mahr-Schuhe)
                                                                                  Rottendorf (u.a. s.Oliver, Comma,
                                                                                   Gerry Weber, Tamaris, Depot,
                                                                                   Kneipp, McTrek, Schiesser)
                                                                                  Ratingen (u.a. Esprit, s.Oliver, Tom
                                                                                   Tailor, Benetton, Replay, Lucky Star,
                                                                                   Uncle Sam) oder auch
                                                                                  Herrieden    (u.a.   Barutti,  Betty
Fabrikverkauf aus der Baracke: Outlet Store einer bekannten Bekleidungsmarke       Barclay, Eterna, Gerry Weber, House
am Kirchheimer Dreieck (BAB A7 / A5)                                               of Sportswear, Schiesser, Tamaris).

                              Die Ansprüche an Architektur und
                                                                               Outlet-Aggomerationen in diversen
                               Markenumfeld sind nicht sehr hoch
                                                                               Standortkonstellationen
                               ausgeprägt.
                              Die Flächenmietpreise sowie die                 Beispiele sind auch kleine Outlet-
                               betrieblichen Nebenkosten sind an               Agglomerationen ohne einen solchen
                               diesen Standorten vergleichsweise               Bezug zu einem traditionellen Produk-
                               günstig.                                        tionsstandort; diesbezüglich wären u.a.
                              Die Standorte verfügen meist über
                               kein einheitliches Centermanage-                   Piding (Adidas, Jack & Jones, Vero
                               ment. Falls doch vorhanden, ist                     Moda, Nike, Hammerschuh, Trigema)
                               dieses weitgehend auf das Aufgaben-                Kirchheim (u.a.     Trigema,     Puma,
                               spektrum eines Facility-Managements                 Lloyd Shoes) und
                               reduziert.
                                                                                  Parsdorf (u.a. s.Oliver,       Palmers,
                              Es findet nur in seltenen Fällen ein                Inntaler    Trachtenwelt,        Esprit,
                               gemeinsames Marketing statt. Meist                  Hallhuber, Gerry Weber)
                               werden die Marketingmaßnahmen
                               durch den jeweiligen Mieter selbst
                                                                               zu nennen. Aber auch entlang der
                               durchgeführt. Die Streuung im
                                                                               Ausfallstraßen einer Vielzahl von Städten
                               Marketing ist auf das regionale
                                                                               und dort z.T. auch selbst in eher diffusen
                               Umfeld gerichtet.

                          www.ecostra.com                                                                                3
Der Expertenbrief - ecostra
Gewerbegebietslagen finden sich Solitär-             Objekt- und den Standortkriterien, den
standorte oder kleine und kleinste                   Marktanforderungen, dem Nutzungs-
Standortagglomerationen,     an  denen               konzept, dem Management und dem
diese und vergleichbare Anbieter einen               Marketing.
solchen Abverkauf betreiben.
                                                     Als Objektkriterien (Säule 1) können
                                                     folgende   Bedingungen     abgesteckt
                                                     werden:

                                                        Neubau oder Re-Use vorhandener
                                                         Immobilien, wobei niedrige Investi-
                                                         tionskosten Voraussetzung sind.
                                                        Schaffung eines gewissen einheit-
                                                         lichen baulichen Konzepts, damit der
                                                         Verbraucher den Standort in seiner
                                                         Gesamtheit wahrnimmt.
                                                        Als sog. „kritische Masse“ einer
Abverkauf eines bekannten Schuh-Filialisten in           Mindestgröße sind ca. 2.000 m² GLA
Wiesbaden. Der Standort befindet sich in 2. Reihe
in einem Gewerbegebiet an der Stadtausfahrt.
                                                         bzw. etwa 8 – 10 Ladeneinheiten
                                                         anzusetzen.
Markenhersteller suchen auch
günstige Standorte

Die logische Erkenntnis aus dieser
Marktbeobachtung        ist,    daß     es
offensichtlich einen Bedarf auf Seiten der
Markenhersteller     und     verschiedener
Retailer nach Standorten gibt, welche
eine kontrollierte Sortimentsbereinigung
der Full-Price-Stores ermöglichen und die
gleichzeitig vergleichsweise günstige
Flächenmietpreise bieten. Die Anmietung
von Flächen in Outlet Centern ist aber
vergleichsweise teuer. In der Hybridform
des Value Centers wird nun versucht,
diese     erkennbare     Flächennachfrage
professionell zu organisieren und in einer
Immobilienform für den Markt nutzbar zu
machen.
                                                     Dead Malls: Nicht zuletzt auch durch den Boom des Online-Shoppings nimmt
                                                     die Zahl der notleidenden und leerstehenden Shoppingcenter laufend zu. Für
                                                     die Eigentümer stellt sich die Frage: Wie können diese nachgenutzt werden?

                                                        Bevorzugt eingeschossige Ausfüh-
                                                         rung (Erdgeschoss), grundsätzlich
                                                         sind aber bis zu 3 Verkaufsebenen
                                                         möglich.
                                                        Architektursprache einer Handelsim-
                                                         mobilie, d.h. der Verbraucher sollte
Trittbrettfahrer: direkt an der Zufahrt zum
bekannten       Designer  Outlet    Center     von
                                                         sofort erkennen: hier findet Handel
McArthurGlen im französischen Troyes hat sich eine       statt: es ist keine Lagerhalle, kein
„Verhüttelung“ mit Outlet Stores gebildet, die von       Büro und auch keine Garage!
den Frequenzen des FOC profitieren wollen.
                                                        Parkierung möglichst ebenerdig im
Konzept mit 6 Säulen                                     Vorfeld des Objektes sowie kostenlos
                                                         bzw. sehr günstig (ggf. auch
Das Grundkonzept eines Value Centers                     Refundierung der Parkplatzgebühren
basiert auf insgesamt 6 Säulen: den                      beim Einkauf).

4                                                                                  www.ecostra.com
Der Expertenbrief - ecostra
Dead Malls: Auch verschiedene relativ neu gebaute Handelsimmobilien verströmen bereits einen deutlichen
„Leichengeruch“. Ist hier eine „Champignonzucht“ die einzige noch denkbare Nachnutzungsmöglichkeit?

Als Standortkriterien (Säule 2) gelten:                   Es sollte – obwohl das Konzept nicht
                                                           identisch ist – möglichst noch kein
    Am Standort sollte Baurecht für                       dominierendes Outlet Center inner-
     Einzelhandelsnutzungen - möglichst                    halb des regionalen Umfeldes vor-
     ohne     detaillierte Sortimentsfest-                 handen      sein.  Shopping-   oder
     setzungen - bereits vorhanden oder                    Fachmarktzentren haben demgegen-
     vergleichsweise leicht herstellbar                    über keinen nennenswerten Einfluss.
     sein.
    Eine gute verkehrliche Erreichbarkeit            Das Nutzungskonzept (Säule 4) läßt
     v.a. für den motorisierten Individual-           sich wie folgt skizzieren:
     verkehr sollte gegeben sein; ein
     ÖPNV-Anschluss ist von Vorteil.                      Der eindeutige Angebotsschwerpunkt
    Als Standortlagen kommen v.a. das                     liegt    im    modischen    Bereich
     Umfeld    von Großstädten bzw.                        (Bekleidung, Schuhe, Lederwaren,
     Metropolen in Betracht. Geeignet                      Sportartikel,  Accessoires,  Mode-
     sind aber auch Innenstadtrandlagen                    schmuck) ergänzt durch diverse
     von Städten ohne ausgeprägten                         weitere Branchen bis hin zu
     Markenbesatz bzw. sogar Innenstadt-                   Lebensmitteln.
     lagen    von     Kleinstädten      mit               Bei den Mietern handelt es sich
     besonderer touristischer Funktion.                    nahezu ausschließlich um Marken-
    Nach    Möglichkeit   sollte eine                     hersteller und Retailer aus dem
     Einsehbarkeit von den Hauptver-                       niedrig- bis mittelpreisigen Segment,
     kehrsachsen gegeben sein.                             welche durch Dienstleister (Reise-
                                                           büro, Reparaturen etc.) und Gastro-
    Als Grundstücksgröße wäre eine
                                                           nomie (nur Grundversorgung) er-
     Fläche von mindestens ca. 10.000
                                                           gänzt werden.
     m² möglichst mit Erweiterungs-
     potenzial anzusetzen.                                In allen Mietverträgen ist u.a. eine
                                                           Mindestrabattierung     auf     den
                                                           empfohlenen Ladenverkaufspreis von
Das Value Center-Konzept ist nur in der
                                                           mindestens 25 % sowie eine
Lage    ein    regionales  (und    kein
                                                           durchgängige doppelte Preisaus-
überregionales) Einzugsgebiet auszu-
                                                           zeichnung an jedem einzelnen
bilden. Die diesbezüglichen Marktan-
                                                           Produkt fixiert.
forderungen (Säule 3) sind:

    Mindestens ca. 300.000 Einwohner                 Anders als bei den diversen Outlet-
     innerhalb eines Umkreises von ca. 30             Agglomerationen wird sich ein gewisses
     PKW-Fahrminuten. Ein geringerer                  Centermanagement nicht vermeiden
     Wert kann hier nur dann angesetzt                lassen bzw. ist sogar erforderlich.
     werden, wenn der Standort eine                   Gleichwohl stehen auch hier optimierte
     besondere touristische Positionierung            Kostenstrukturen   im    Fokus.    Die
     und (möglichst) auch Sonntags-                   Anforderungen    an    das    Center-
     öffnung hat.                                     management (Säule 5) sind:

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Der Expertenbrief - ecostra
   Kein komplettes Centermanagement              ähnlich wie bei einem Shopping-
    vor Ort. Steuerung im Wesentlichen            center auf das regionale Einzugs-
    durch das Head-Office des Betreibers          gebiet (d.h. Schwerpunkt Print-
   Kein permanenter Wachdienst.                  werbung in der Regionalpresse,
                                                  Flyer, Beilagen, Sponsoring).
   Eine effiziente Reinigung erfolgt
    durch die Schaffung entsprechender
    baulicher Voraussetzungen.

Im Bereich des Marketings (Säule 6) ist
zu differenzieren zwischen der Ansprache
möglicher Mieter (B2B-Marketing) und
möglicher Kunden (B2C-Marketing):

   Im B2B-Marketing von zentraler
    Bedeutung sind niedrige Flächen-
    mietpreise, jedenfalls soweit es sich
    auf die Basismiete bezieht. Selbst-
    verständlich wird auch hier parallel
    zur Basismiete eine Umsatzmiete
    sowie die sog. „ratchet clause“ (d.h.
    Anpassung der Basismiete an die
    Umsatzentwicklung)         vereinbart.
    Ebenfalls von hoher Bedeutung in
    der Mieteransprache sind niedrige
    Betriebskosten, welche sich aus den       Ein Value Center-Konzept könnte ggf. auch ein Ansatz zur Revitalisierung und
    oben dargestellten günstigen Kosten-      Neupositionierung von innerstädtischen Geschäftslagen mit hoher Leerstands-
    strukturen (u.a. bei der sog. „service    problematik sein.
    charge“ und der Marketingumlage)
                                              Value Center: Planungen laufen,
    ergeben. Beides zusammen führt
                                              aber eine Objektbesichtigung ist
    dann zu einer optimierten Ertrags-
                                              derzeit noch nicht möglich
    situation für den Mieter. Nicht zuletzt
    ist hier auch das im Value Center
                                              In der Praxis umgesetzt wurde ein
    geschaffene „positive Umfeld“ im
                                              solches Value Center-Konzept bislang
    Sinne einer Vermeidung ungewollter
                                              noch nicht. Allerdings befinden sich erste
    „Nachbarschaften“, der Schaffung
                                              Projekte bereits in einem fortge-
    gegenseitiger    Kundenzuführeffekte
                                              schrittenen Entwicklungsstadium. Dabei
    durch die Agglomerationswirkungen
                                              wurde v.a. eines deutlich: es gibt gerade
    und der gemeinsame Marktauftritt
                                              auf dem Mietermarkt eine klar erkenn-
    innerhalb eines einheitlichen bau-
                                              bare Nachfrage nach solchen Objekten,
    lichen Rahmens zu nennen.
                                              da diese ein hohes Ertragspotenzial für
   Im B2C-Marketing steht die Preis-         die Mieter bieten. Und es bestehen wenig
    würdigkeit des Angebots in einem          Zweifel, daß der Verbraucher bei einer
    konsumigen        Markenbereich    im     attraktiven Umsetzung an geeigneten
    Fokus; d.h. anders als bei einem FOC      Standorten auf ein solches Konzept
    wird bei einem Value Center keines-       „anspringt“. Innerhalb eines gesättigten
    falls auf ein Angebot von hoch-           Einzelhandelsmarktes     können     Value
    preisigen Designer- oder Premium-         Center eine spezifische USP zwischen
    marken abgehoben, da sich solche          klassischen Vertriebsformen (Shopping-
    Marken in diesem Objekt auch gar          center, Fachmarktzentren, Fachmarkt-
    nicht finden. Es wird vielmehr auf die    agglomerationen etc.) einerseits und
    Möglichkeit abgehoben, attraktive         Outlet Centern andererseits einnehmen.
    „Schnäppchen“ bei guten Marken in         Dabei ist das Value Center-Konzept in
    einer    vergleichsweise    günstigen     Bezug     auf    den    Branchen-     und
    Preislage machen zu können. Eben-         Markenmix, die Standortlagen, die
    falls anders als bei einem FOC erfolgt    Objektansprüche, die Managementkom-
    die Vermarktung nicht überregional        petenz und das erforderliche Einzugs-
    (z.B. durch Radiospots), sondern          gebiet weitaus flexibler als ein Outlet
    man zielt hier in der Mediaplanung

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Der Expertenbrief - ecostra
Center-Konzept. Entsprechend ist –           laufen derzeit konkrete Planungen zur
anders als im Nischenmarkt FOC – eine        Umsetzung dieses Konzeptes in einigen
merklich    höhere     Multiplizierbarkeit   historischen Innenstädten. Hier hat eine
gegeben und damit ein größeres               grassierende        Leerstandsproblematik
Marktvolumen erschließbar. Insofern          kommunale       Entscheidungsträger    im
können Value Center gerade für               Verbund mit lokalen Immobilienbesitzern
notleidende Shoppingcenter und Retail        veranlasst, den Versuch zu wagen über
Parks eine geeignete Nachnutzungs-           eine     solche   Thematisierung    einer
alternative sein und eine Chance             Geschäftslage eine Trendumkehr und
darstellen, mit vertretbaren Mitteln         eine nachhaltige Belebung herbeizu-
verlorene    Buchwerte     wieder      zu    führen. Insofern kann dieses Konzept
gewinnen. Aber die Phantasie ist bereits     ggf. auch für manche Innenstadt neue
auch an anderer Stelle geweckt: so           Impulse setzen.

Die aktuelle Grafik: „Darf’s a bisserl mehr sein?“ - LEH-
Kaufkraft in Deutschland und Österreich
Verkehrte Welt: in Österreich ist die Marktkonzentration ebenso wie auch
die Verkaufsflächenausstattung im Lebensmitteleinzelhandel deutlich
höher als in Deutschland. Dies würde eigentlich nahelegen, daß in der
Alpenrepublik der Preiskampf weitaus intensiver ist als bei den „Piefkes“
und somit von den Verbrauchern pro Kopf auch weniger ausgegeben wird.

Dem ist aber nicht so, wenn auch nun         mensionierten SB-Warenhäuser gibt.
sicher nicht behauptet werden kann, daß      Auch die Marktbedeutung der Verbrau-
der österreichische LEH keine Preis-         chermärkte hält sich mit einer überschau-
schlachten kennen würde. Aber trotz der      baren Zahl an INTERSPAR- und Merkur-
höheren Flächenausstattung werden in         Standorten durchaus im Rahmen. Öster-
„felix austria“ auch noch höhere Flächen-    reich ist das Land der Supermärkte. Da-
produktivitäten erwirtschaftet. Ein Grund    bei liegt die jährliche Pro-Kopf-Kaufkraft
mag sein, daß das Preisniveau höher ist.     im LEH in Österreich nur leicht über jener
Dieses höhere Preisniveau wird aber          in Deutschland, auch wenn sich der Ab-
wiederum durch die bessere Produkt-          stand in den letzten Jahren wieder etwas
qualität gerechtfertigt. Ein weiterer        vergrößert hat: der Verbraucher gibt hier
Grund ist, daß es – abgesehen von den 7      halt a bisserl mehr aus… und bekommt
Maximarkt-Standorten – keine großdi-         vielleicht auch a bisserl mehr!

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Der Expertenbrief - ecostra
Lage, Lage, Lage - und das richtige Konzept!
von Silke Rumetsch, KPMG AG, Frankfurt am Main (www.kpmg.de)

Der Einzelhandel verdient sein Geld nicht nur in, sondern auch mit der
Immobilie. Objekte, die der Einzelhandel nutzt, sind demzufolge
Managementimmobilien. Eine aktuelle Analyse von KPMG untersucht am
Beispiel von Deutschland und Großbritannien die Entwicklung der
Handelsstrukturen und ihre Bedeutung für Einzelhandelsimmobilien.
Hierbei ist insbesondere hinterfragt worden, was den Einzelhandel in
beiden Ländern ausmacht, welche Chancen und Risiken bestehen und wer
die Gewinner auf den jeweiligen Märkten sind. Für diese Zwecke wurden
nach der Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen und demografischen
Rahmenbedingungen die drei Dimensionen von Handelsimmobilien
„Branche“, „Betriebstyp“ und „Immobilientyp“ näher beleuchtet.

Einzelhandelsimmobilien stehen einer            Qualität, sondern gleichermaßen von der
zunehmenden Dynamik der Einzel-                 konzeptionellen Stärke des Nutzers ab.
handelsstrukturen gegenüber. Der Einzel-        Eigentümer, Nutzer und Investoren
handel selbst ist geprägt durch eine hohe       müssen sich diesen verändernden
Konzentration. E-Commerce, Flächen-             Rahmenbedingungen stellen.
wachstum sowie hybrid agierende
Konsumenten sorgen für starken Wett-            Unterschiedliche Dynamik
bewerb. Die weitgehend gesättigten
Märkte führen dazu, dass sich der               Struktur und Entwicklungsdynamik des
stationäre Handel mehr denn je über die         Einzelhandels in den Ländern Deutsch-
Immobilie und ihr handelsbezogenes              land    und     Großbritannien    weichen
Umfeld positioniert.                            aufgrund unterschiedlicher Rahmenbe-
                                                dingungen deutlich voneinander ab.
                                                Online-Handel      und     Multi-Channel-
                                                Vertrieb sind in beiden Ländern auf dem
                                                Vormarsch. Gewinner im aktuellen
                                                Marktumfeld sind diejenigen Akteure,
                                                denen es gelingt, den stationären Handel
                                                und den rasant wachsenden E-Commerce
                                                am besten miteinander zu vernetzen.

                                                Erlebnisorte für Konsumenten

                                                Der hybride Konsument kauft stationär,
                                                online und mobil. Dennoch wird der
                                                stationäre Handel auch in Zukunft die
                                                wichtigste     Anlaufstelle   für     den
                                                Konsumenten bleiben. Handelsunter-
                                                nehmen richten ihre Vertriebswege daher
                                                zunehmend an zukunftsträchtigen Einzel-
                                                handelsstandorten mit attraktivem Markt-
                                                umfeld aus. Gefragt sind Flächen mit
                                                hoher Qualität in stark frequentierten
                                                Lagen, da diese Standorte auch künftig
Silke Rumetsch, MRICS / CIS Hyp Zert (F), ist   von      einem     überdurchschnittlichen
Senior Manager im Bereich Corporate Finance /   Wachstum profitieren werden. Folglich
Real Estate bei der KPMG AG Wirtschafts-
prüfungsgesellschaft in Frankfurt am Main
                                                müssen Einzelhandelsimmobilien zu-
                                                nehmend den steigenden Anforderungen
Konzeptionelle Stärke                           der Händler und Konsumenten gerecht
                                                werden. Insbesondere innerstädtische
Der langfristige Erfolg einer Einzel-           Immobilien werden sich von Versor-
handelsimmobilie hängt dabei nicht mehr         gungs-     zu   Erlebnisorten    wandeln
nur vom Standort und der baulichen              müssen.

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www.ecostra.com   9
Einzelhandelsstrukturen in Deutsch-                   einzelhandelsbezogene Ausgaben daher
land und Großbritannien                               weniger Geld zur Verfügung. Demgegen-
                                                      über führte die jahrelange Expansion der
Mit welcher Geschwindigkeit und in                    Verkaufsflächen zu deutlichen Überkapa-
welchem Umfang sich die Vertriebswege                 zitäten mit der Folge langfristig sinkender
zukünftig verändern, wird wesentlich                  Flächenproduktivitäten.
durch die Struktur und Entwicklung der
Bevölkerung, der vorhandenen Kaufkraft                Boom des Online-Shoppings
in der Region, aber auch die lokale
Wettbewerbssituation am Handels- und                  Da das Wachstum im gesamtdeutschen
Immobilienmarkt sowie die Infrastruktur               Einzelhandel zu einem sehr großen Teil
und Erreichbarkeit des Handelsstandortes              aus dem nicht stationären Handel
bestimmt.                                             resultiert, wird der Abwärtstrend der
                                                      durchschnittlichen    Flächenproduktivität
Schrumpfende Bevölkerung                              nach Bereinigung des Einzelhandelsum-
                                                      satzes um den Umsatzanteil des Ver-
                                                      sandhandels (Katalog- und Onlinehandel)
         In Deutschland muss sich der                 noch deutlicher. Trotz positiver Entwick-
Einzelhandel neben der zunehmenden                    lung des Einzelhandelsumsatzes in
Verschiebung der Bevölkerung hin zu                   jüngerer Vergangenheit kann der Ab-
wirtschaftsstarken Ballungsräumen mit                 wärtstrend nicht aufgehalten werden.
ihrer Alterung und Schrumpfung ausein-                Zudem wächst der Onlinehandel weiter-
andersetzen. Obwohl kurzfristig Bevölke-              hin überdurchschnittlich und führt zur
rungszuwächse verzeichnet werden, wird                stärkeren Substitution des stationären
die Bevölkerung im Jahr 2030 voraus-                  Vertriebs. Im Jahr 2020 werden
sichtlich nur noch 77,4 Millionen Ein-                schätzungsweise 10 bis 15 Prozent des
wohner betragen. Für das Jahr 2060 wird               deutschen Einzelhandelsumsatzes online
ein weiterer Rückgang auf eine Band-                  verkauft. Dennoch liebt der Konsument
breite zwischen 64,7 Millionen und 70,1               die reale Einkaufswelt.
Millionen Einwohner vorausberechnet.1
                                                      Preiskampf und hohe Konzentration
Anteil des Einzelhandels an den                       im LEH Deutschlands
Verbrauchsausgaben sinkt
                                                      Der Einzelhandel in Deutschland wird
Das      gesunkene       Vertrauen     der            durch     den     Lebensmitteleinzelhandel
Konsumenten in die Finanzwirtschaft und               dominiert. Er ist ein sehr reifer Markt und
die niedrige Arbeitslosenquote führen                 somit durch hohe Marktkonzentration,
aktuell zu einer geringeren Sparneigung               Wettbewerb und eine immense Preis-
und stützen den privaten Konsum als                   orientierung des Konsumenten in den für
einen der entscheidenden Wachstums-                   die Grundversorgung relevanten Seg-
treiber der Wirtschaft und somit des                  menten sowie ein geringes Wachstum
Einzelhandels. Wenngleich sich der                    gekennzeichnet. Wachstumsimpulse sind
Einzelhandelsumsatz positiv entwickelt,               lediglich durch das gestiegene Gesund-
sinkt der Anteil der für den Einzelhandel             heitsverhalten, die fortschreitende Nach-
aufgebrachten Konsumausgaben kontinu-                 frage nach Bio, Frische und Qualität bei
ierlich auf derzeit unter 30 Prozent. Auch            Lebensmitteln, dem Wunsch nach ein-
in Zukunft wird der Einzelhandel wegen                facher und unkomplizierter Zubereitung
des überdurchschnittlichen Ausgabenan-                oder dem sofortigen Verzehr von
stiegs für Wohnen und Gesundheit nur                  Nahrungsmitteln gegeben. Bei diesen
unterproportional an steigenden Konsum-               Artikeln tritt die Preisorientierung in den
ausgaben partizipieren können. Relativ                Hintergrund. Der wichtigste Vertriebsweg
betrachtet steht dem Endverbraucher für               im Food-Bereich (Lebensmitteleinzel-
                                                      handel) - der Discounter - befindet sich
1
     Statistische Ämter des Bundes und der Länder     in der Phase der Marktkonsolidierung.
     (Hrsg.), Demografischer Wandel in Deutsch-       Demgegenüber erfahren Supermärkte
     land, Heft 1, Wiesbaden 2011, S. 21; Statisti-
     sches     Bundesamt    (Hrsg.),   Bevölkerung    mit einer Verkaufsfläche bis 2.500 m²
     Deutschlands bis 2060, 12. Koordinierte Bevöl-   derzeit das höchste nominale Umsatz-
     kerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2011, S.      wachstum.
     46

10                                                                               www.ecostra.com
Ausdifferenzierter Non-Food-Handel                   wohnern im Jahr 2010 steht eine – durch
                                                                           den Anstieg der Geburtenrate – prog-
                      Der Non-Food-Bereich wird geprägt                    nostizierte Zahl von rund 67,0 Millionen
                      durch den Fachhandel mit branchenab-                 Einwohnern im Jahr 2050 gegenüber. 1
                      hängig    ausdifferenzierten    Vertriebs-           Folglich wird die Zahl potenzieller Kunden
                      wegen. Zum Beispiel agieren groß-                    im britischen Einzelhandel langfristig
                      flächige Baumärkte mit breitem und                   leicht ansteigen.
                      tiefem Sortiment, spezialisierte Möbel-
                      fachgeschäfte mit hoher Servicequalität              Verbraucherstimmung trübt ein
                      sowie Mitnahme- / Discountmärkte mit
                      klarer   Produkt-     und   Preisstrategie           Die konjunkturelle Lage Großbritanniens
                      überaus erfolgreich. Großflächige Fach-              und die negative Verbraucherstimmung
                      märkte in Branchen mit hohem Online-                 wirkten sich bis Ende 2011 vergleichs-
                      vertrieb haben die Sättigungsgrenze                  weise gering auf den Einzelhandels-
                      erreicht; traditionelle (inhabergeführte)            umsatz aus; die anteiligen einzelhandels-
                      Fachgeschäfte und kleinflächige (SB-                 bezogenen Konsumausgaben stiegen
                      )Warenhäuser stehen weiter unter Druck.              sogar. Doch 2012 konnte der britische
                                                                           Einzelhandel mit rund ein Prozent eine
                      Anpassung der Vertriebsstrukturen                    der niedrigsten Wachstumsraten der
                      erforderlich                                         letzten Jahrzehnte realisieren. Die nach
                                                                           wie vor angespannte gesamtwirtschaft-
                      Langfristig werden nur vom Kon-                      liche Situation wird sich mittelfristig auf
                      sumenten nachgefragte Vertriebswege                  den Einzelhandel und somit dessen
                      erfolgreich sein. Daher müssen Unter-                Umsatzentwicklung durchschlagen. Ent-
                      nehmen ihre Vertriebsstrukturen in                   sprechend wird sich die durchschnittliche
                      einem verschärften Wettbewerbsumfeld                 Flächenproduktivität deutlich verhaltener
                      stetig anpassen. Es kommt branchenab-                entwickeln.
                      hängig zu einer beschleunigten Ausdif-
                      ferenzierung der stationären Vertriebs-              Marktwachstum v.a. durch Online-
                      wege und der Entwicklung von Multi-                  Handel
                      Channel-       beziehungsweise       Cross-
                      Channel- oder Anywhere Commerce-                     Prägend für den britischen Einzelhandel
                      Konzepten. Damit einhergehend steigen                und europaweit führend sind der Online-
                      die Anforderungen an die Funktionalität              handel und der Multi-Channel-Vertrieb.
                      und Flexibilität der Verkaufsflächen.                Alle führenden britischen Unternehmen
                                                                           setzen gezielt auf die Ausdifferenzierung
                                                                           der stationären Vertriebswege und die
                                                                           Weiterentwicklung von Multi-Channel.
                                                                           Die Notwendigkeit hierfür verdeutlicht die
                                                                           Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes
                                                                           nach Bereinigung des auf den Online-
                                                                           handel entfallenden Anteils. Es lässt sich
                                                                           ableiten, dass das Wachstum im
                                                                           britischen Einzelhandel im Wesentlichen
                                                                           aus dem Onlinehandel resultiert. Nicht
                                                                           nur Elektronik- und Technikartikel,
                                                                           Schuhe, Bekleidung und Lederwaren
                                                                           sowie Bücher / Zeitschriften, DVDs und
Boomtown London (GB). Blick auf den Fluss Themse. Im Hintergrund ist die
                                                                           Musikträger werden online verkauft, auch
Tower Bridge erkennbar.
                                                                           im Food-Bereich etablierten die großen
                      Wachsende Bevölkerung                                Handelsunternehmen bereits E-Com-
                                                                           merce-Vertriebsmechanismen und sehen
                                                                           hierin ein weiteres Wachstumsfeld. Neue
                               In Großbritannien geht die Ver-             Entwicklungen werden daher zunächst
                      schiebung der Bevölkerung hin zu wirt-               am britischen Markt zu verzeichnen sein.
                      schaftsstarken Regionen mit einer                    Prognosen zufolge könnte 2020 bis zu
                      langfristig leicht steigenden Bevölkerung
                                                                           1
                      einher. Das stützt die aktuelle Bevölke-                 IGD, Country Presentation United Kingdom,
                                                                               2010
                      rungsprognose. 62,3 Millionen Ein-

                      www.ecostra.com                                                                                11
ein Drittel des Einzelhandelsumsatzes        zuletzt der Konsumenten. Das setzt bei
durch E-Commerce realisiert werden.          vielen Unternehmen die enge Ver-
                                             zahnung der strategisch orientierten
Qualitäts- statt Preisstrategien             Geschäftseinheiten mit den Immobilie-
                                             abteilungen voraus. Dabei geht es nicht
Die britischen Lebensmitteleinzelhändler     nur um die Erschließung und Ausstattung
konzentrieren sich vorrangig auf einen       der Standorte in geeigneter Lage mit
Produktqualitäts- statt Preiswettbewerb.     dem relevanten Vertriebskanal, sondern
Supermarkets / Superstores sind der          gleichfalls um die Untersuchung der
zentrale Betriebstyp und mit Umsatzzu-       langfristig wirtschaftlichen Tragfähigkeit
wächsen auch im Non-Food-Bereich die         der Investition. Immobilieneigentümer
Gewinner im gegenwärtigen Markt.             außerhalb der Handelssphäre müssen für
Convenience Stores profitieren trotz         ein erfolgreiches Management der Im-
verschärften Wettbewerbs durch andere        mobilien sowohl Kenntnisse der gesamt-
Betriebstypen von ihren gewachsenen          wirtschaftlichen     Rahmenbedingungen
Standorten sowie von Impulskäufen und        besitzen als auch über ihre Auswirkungen
der vermehrten Nachfrage nach Mit-           auf die örtlichen Einzelhandels- und
nahmeessen. Fachgeschäfte und Fach-          Immobilienmärkte Bescheid wissen.
märkte der Non-Food-Händler weisen als
Folge geringerer Sortimentsbreite und -
tiefe deutlich kleinere Verkaufsflächen
auf als ihre deutschen Pendants. Waren-
häuser haben in Großbritannien nach wie
vor eine Leitfunktion und prägen das
Stadtbild.

Treffpunkt Handelsimmobilie

Einzelhandelsimmobilien dienen nicht nur
dem Einkauf, sondern bei entsprechen-
der innerstädtischer Lage in einem archi-
tektonisch ansprechenden Umfeld als
freizeitorientierter Treffpunkt. Die Ent-
wicklung der Vertriebswege des Einzel-
handels und die Einzelhandelsimmobilien
bedingen sich gegenseitig.

Wissen um Immobilien und Märkte

Wichtig ist das Verständnis für die
Marktposition der Einzelhandelsimmo-
bilie, ihren Eigentümer / Nutzer und nicht

12                                                                     www.ecostra.com
märkte und Showrooms das Laden-
                                            geschäft nicht ersetzen werden.

                                            Anforderungen an die Immobilien
                                            ändern sich

                                            Im Ergebnis müssen die Einzelhändler
                                            zweigleisig fahren und ihre Vertriebs-
                                            wege entsprechend anpassen. Das wird
                                            Auswirkungen auf den Flächenbedarf und
                                            das Mietgefüge von Einzelhandelsimmo-
                                            bilien haben und höhere Anforderungen
                                            an die Funktionalität und Flexibilität der
                                            Baulichkeiten nach sich ziehen. Nicht nur
                                            der Einzelhandel, sondern auch die
                                            räumlichen und baulichen Strukturen der
                                            Städte und Kommunen in Deutschland
                                            und Großbritannien sind unabhängig
                                            voneinander entstanden und zeigen
                                            Unterschiede.

                                            Steuerung der Handelsentwicklung
                                            mit dem Ziel der Innenstadtbe-
                                            lebung
Online-Shopping führt in beiden
Ländern zu Anpassungsmaßnahmen
im stationären Handel                                 In Deutschland haben sich
                                            mehrere Großstädte (A-Städte) und
Der überproportional steigende Bedeu-       Metropolregionen       herausgebildet.   In
tungsgewinn des Onlinehandels hat           Deutschland wird, politisch flankiert, die
Auswirkungen auf die Nachfrage nach         Belebung der Innenstädte forciert. Einge-
Einzelhandelsfläche. Zum einen führen       denk der Wechselwirkung von Attrak-
die prognostizierten Marktanteilsgewinne    tivität der Städte und Innenbereiche der
in Deutschland und Großbritannien           Kommunen mit einem funktionierenden
zwangsläufig zu einer Verschiebung der      Einzelhandel arbeiten Vertreter von
Flächennachfrage in den hauptsächlich       Politik und Verwaltung sowie Eigentümer
hiervon betroffenen Branchen CE &           von Einzelhandelsimmobilien seit einigen
Elektro sowie Buch- und Textilhandel mit    Jahren zielgerichtet an der Wiederbe-
ihren Fachmärkten, Fachgeschäften und       lebung der zentralen Bereiche. Öffentlich
Branchenkaufhäusern.      Mietpreisanpas-   geförderte Programme sowie öffentlich
sungen, Verkleinerung der Verkaufs-         und privat finanzierte (Marketing-)
flächen, Untervermietung, Schließung        Initiativen zielen auf eine Zentrierung des
von Standorten und / oder Optimierung       Verkaufsflächenwachstums in den Innen-
der Sortimentsstruktur sind die Folge.      städten, Stadtteil- und Ortszentren ab.
                                            Insbesondere der 2009 im Baugesetz-
Online-Shops nutzen Flächen im              buch (BauGB) eingeführte Zentrenschutz-
stationären Handel                          B-Plan wird hierbei maßgeblich die bau-
                                            leitplanerische Entwicklung unterstützen
Auf der anderen Seite benötigen die         und das Bild zentraler Versorgungsbe-
Unternehmen durch die Multi-Channel-        reiche determinieren.
Ausrichtung und das mobile Internet
zusätzliche Flächen, zum Beispiel für       Besonderheiten von Einzelhandels-
Showrooms oder Abholflächen. Auch           immobilien
etliche, ursprünglich aus dem E-
Commerce stammende Unternehmen              Vor dem Hintergrund der Fragestellung,
(Pure Player) gehen zu Multi-Channel        inwiefern das hohe Angebot an Verkaufs-
über und erweitern den Vertrieb auf         fläche nachgefragt wird, hat KPMG die
Printmedien und den stationären Handel.     gesamtdeutsche Verkaufsfläche u.a. nach
Es steht fest, dass digitale Einkaufs-      regionaler Verteilung und Immobilientyp

www.ecostra.com                                                                     13
gegliedert. Diese Gliederung dient als   über 60 Prozent in Innenstädten und
Grundlage, um Besonderheiten von         Stadtteilzentren aus.
Einzelhandelsimmobilien näher darzu-
stellen.

                                         Toplagen boomen, Nebenlagen
                                         schwächeln

                                         Doch Innenstadtlage ist nicht gleich
                                         Innenstadtlage. Einzelhandelsimmobilien
                                         in Toplagen sind gefragt, während
                                         Flächen in Nebenlagen auf deutlich
                                         geringeres Interesse stoßen. Immobilien-
                                         eigentümer sowie Städte und Kommunen
                                         wirken den Trading-Down-Effekten in
                                         Seitenlagen ohne Magnetwirkung noch
                                         zu selten durch ein gezieltes, ganzheit-
                                         liches und abgestimmtes Flächenmana-
                                         gement entgegen. Mietanpassungen und
                                         Mietincentives sowie Fluktuation oder
                                         Leerstand sind die Folge.

                                         Einkaufszentren zieht es in die
                                         Innenstädte

                                         Daneben prägen Fachmarktzentren und
                                         Fachmarktagglomerationen Versorgungs-
                                         punkte am Stadtrand. In Klein- und
                                         Mittelstädten sind sie häufig sogar die
                                         Alternative zu Shoppingcentern und
Ergänzend zu der dargestellten regio-    erfüllen eine Grundversorgungsfunktion.
nalen Verteilung der Verkaufsfläche      Ihr Angebot umfasst in der Regel die
gehen Schätzungen des Handelsverbands    komplementären Sortimente von inte-
Deutschland (HDE), die auf der           grierten Discountern, Supermärkten und
Fortschreibung    der  Handels-   und    / oder SB-Warenhäusern sowie Drogerie-
Gaststättenzählung von 1993 basieren,    und Bekleidungsgeschäften. Jedoch sind
von einem Verkaufsflächenanteil von      auch in mittelgroßen Städten mit Ver-

14                                                                www.ecostra.com
sorgungsfunktion zunehmend innerstädt-       Aufgliederung der Verkaufsfläche
ische Shoppingcenter-Entwicklungen zu        nach Immobilientypen
verzeichnen. Hierdurch wird zunehmend
mehr Kaufkraft in den Städten zulasten       Die bedeutendste Aufteilung der Ver-
der Stadtrand- oder nicht integrierten       kaufsfläche - somit die Ablösung von der
Lagen mit unzeitgemäßer Betriebs-            Einzelhandels- und Abstellen auf die
konzeption abgeschöpft werden.               reine Immobilienebene - ist die Gliede-
                                             rung nach Immobilientypen. Dies ist
Leerstände auf der „Grünen Wiese“            wichtig, da Einzelhandelsimmobilien so-
                                             wohl Plattform für solitäre Betriebs-
Insgesamt     ist    festzustellen,   dass   formen als auch für Betriebsform-
dezentrale Einzelhandelsgeschäfte, unter     agglomerationen sein können. Die
anderem in nicht oder nur teilintegrierten   nebenstehende Abbildung zeigt auf, dass
Stadtlagen sowie auf der „Grünen             in etwa ein Viertel der Fläche auf
Wiese“, an Bedeutung verlieren und eine      Shoppingcenter und Fachmarktzentren /
erschwerte      Drittverwendung        und   -agglomerationen entfällt.
Vakanzen aufweisen.
                                             EKZ an wenig optimalen Standorten
                                             kommen unter Druck

                                             Dabei stehen Shoppingcenter nicht nur
                                             im Wettbewerb zu den innerstädtischen
                                             Einkaufslagen, sondern konkurrieren auf-
                                             grund der räumlichen Nähe in Ballungs-
                                             räumen auch untereinander. Langfristig
                                             werden sich ausschließlich zukunfts-
                                             trächtige Konzepte mit überwiegend
                                             kleinteiligem bis mittelgroßem Besatz und
                                             einem ausgewogenen Mieter- und
                                             Branchenmix in starken Einkaufslagen
                                             etablieren können. Zudem müssen die
                                             Flächen in Shoppingcentern flexibler
                                             nutzbar werden. Gerade die vom Online-
                                             handel betroffenen Fachmärkte der
                                             Elektro- und Unterhaltungselektronik, des
                                             Buchhandels oder des Bekleidungs-
                                             sektors sind feste Ankermieter und Fre-
                                             quenzbringer und werden künftig ver-
                                             änderte Flächenanforderungen stellen.
                                             Bereits heute zeichnet sich ab, dass
                                             Shoppingcenter in Nebenlagen und an
                                             schwächeren Einkaufsstandorten, die
                                             keine     zeitgemäße     Architektur  und
                                             Centerkonzeption aufweisen, Flächen-
                                             produktivitätsrückgänge und stagnier-
                                             ende bis negative Mietpreisentwicklungen
                                             erleben werden. Grund hierfür ist nicht
                                             die im europäischen Vergleich niedrigere
                                             Shoppingcenter-Dichte von 130 qm GLA
                                             (Gross Leasable Area) je 1.000 Ein-
                                             wohner, sondern die hohe Verkaufs-
                                             flächendichte insgesamt in Deutschland.
                                             Bei der Entwicklung von Shoppingcentern
                                             gewinnt – abhängig von ihrer integrierten
                                             Stadt-, peripheren und / oder solitären
                                             Lage – die planerische und konzeption-
                                             elle Qualität an Bedeutung.

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Bedeutungsgewinn der Fachmarkt-            Treffpunkt steht der Erlebniseinkauf im
zentren                                    Vordergrund und mit zunehmendem
                                           Multi-Channel werden sich Flächen unter
Fachmarktzentren sind im Gegensatz         anderem in Showrooms oder „Mobile
zum Shoppingcenter vom Grundsatz her       Rooms“ wandeln. Demgegenüber könnte
nicht auf Erlebnisshopping ausgelegt.      sich der Flächenbedarf von Immobilien in
Dennoch gewinnen sie an (baulicher)        peripheren Lagen mit Autokunden-
Attraktivität und bilden häufig Kristal-   orientierung, die vorrangig der Grund-
lisationskerne für Folgeansiedlungen von   versorgung dienen, durch eine zum
großflächigen solitären Lebensmittel-
einzelhandels- und Fachmärkten. Teil-
weise werden sie ebenso professionell
geleitet wie Shoppingcenter, was sich in
der positiven Umsatzentwicklung der
Zentren niederschlägt. Bei näherer
Betrachtung wird deutlich, dass der
führende Betriebstyp Fachmarkt den
Immobilientyp „Einkaufsmarkt klein“ bis
„Einkaufsmarkt sehr groß“ nutzt.

Integration in EKZ als Überlebens-
strategie der Warenhäuser

Warenhäuser werden häufig in inner-
städtische Shoppingcenter-Entwicklungen
integriert, wodurch der Fortbestand der
Immobiliennutzung     gesichert    wird.
Warenhäuser sowie Baumärkte sind           Erfolgsfaktor modernes und attraktives Ladendesign. In den Läden von gestern
Immobilien- und gleichzeitig Betriebs-     kann man den online-orientierten Kunden von heute nicht mehr begeistern.
typen.
                                           Beispiel überproportionale Erhöhung von
Lage-, Objektqualität und ergänz-          Drive in-Märkten reduzieren. Die Aus-
ende Serviceangebote                       wirkungen im Lebensmitteleinzelhandel
                                           werden eher gering sein, wohingegen die
Gewinner sind Einzelhandelsimmobilien in   onlinestarken Branchen den Kostenfaktor
bevorzugter Lage, die mehr als nur die     Fläche stärker im Blick haben werden.
Einkaufsmöglichkeit bieten. Das betrifft   Verlierer werden Objekte in struktur-
nicht nur die Flexibilität der baulichen   schwachen Regionen und nicht inte-
Anlage im Hinblick auf Grundrissver-       grierten Handelslagen sein, die nur unzu-
änderungen bei verändertem Flächen-        reichend an den Straßenverkehr ange-
bedarf, sondern auch die umfangreiche      bunden sind und denen es an der
Ausstattung mit IT-technischen Medien      richtigen Gebäudekonzeption mangelt.
für Internet- und Handyempfang. Vor        Ein Leerstand von Einkaufsmärkten in
allem junge Konsumenten – die mobile       Neben- sowie Streu- und peripheren
Internetgeneration, die sich über Smart-   Lagen – es sei denn sie haben sich
phones und Tablet-PCs definiert –          rechtzeitig   durch    ihre    Beratungs-
verknüpfen die reale mit der virtuellen    kompetenz auf eine Branche spezialisiert
Welt und erwarten auch von den             – wird häufig nicht mehr zu vermeiden
Händlern ein steigendes Serviceerlebnis.   sein. In diesem Falle ist das wirtschaft-
Insbesondere innerstädtische Immobilien    liche Potenzial durch eine Objekt- und
müssen sich von Versorgungs- zu            Standortanalyse      aufzuzeigen,     um
Erlebnisorten wandeln.                     Nutzungsalternativen,      gegebenenfalls
                                           außerhalb der Handelssphäre, abzuleiten.
Gewinner und Verlierer                     Wichtig ist, dass Überlegungen zu alter-
                                           nativen Nutzungen nicht losgelöst vom
Abhängig von Funktion und Lage wird        Gesamtstandort durchgeführt werden,
Einzelhandelsimmobilien künftig eine       um negativen Auswirkungen vorzu-
unterschiedliche Bedeutung beigemessen     beugen.
werden. In der Innenstadt als sozialem

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Drittverwendungsfähigkeit von               Kaum innerstädtische Fußgänger-
Handelsimmobilien                           zonen in GB

Insgesamt ist festzustellen, dass die       Eine regionale Lageklassifizierung der
Immobilientypen „Einkaufsmarkt klein bis    Verkaufsfläche erfolgt in Großbritannien
mittel“ bei gegebenen Standorten und        üblicherweise nach „Town-Center“, „Out-
Objekten die meisten alternativen           of-Town“ und „Neighbourhood“. Groß-
Nutzungsmöglichkeiten aufweisen. Je         britannien hat keine Innenstädte mit
spezifischer der Immobilientyp an die       ausgeprägten Fußgängerzonen. Gewach-
Anforderungen der Betriebskonzeption        sene Agglomerationen kleinflächiger Non-
und die Bedürfnisse des Händlers            Food-Spezialisten befinden sich nicht
angepasst ist, umso abhängiger ist er       selten entlang der High Street, inner-
von der wirtschaftlichen Stärke des         städtischer Hauptverkehrsstraßen oder in
Nutzers; der Grad an Drittverwendungs-      Stadtteillagen. Auch in London reihen
fähigkeit sinkt.                            sich die wichtigsten Geschäfte entlang
                                            der zentralen und begehrten Straßen wie
„Right Space, Right Place“ in               Oxford Street, Regent Street, New Bond
Großbritannien                              Street oder Piccadilly, die nicht originär
                                            als    Einkaufsstraße    beziehungsweise
                                            Fußgängerzone geschaffen wurden.
            In Großbritannien ist die
Bevölkerung stärker auf London und
wenige Metropolregionen konzentriert.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung
des Onlinehandels und dem bereits
vorhandenen Leerstand von im Durch-
schnitt 10 bis 15 Prozent findet landes-
weit eine sehr intensive Auseinander-
setzung zu Einzelhandelsflächen - „Right
Space, Right Place“ - statt. Insbesondere
werden Fragen nach Größe und Qualität
der Verkaufsfläche in Abhängigkeit vom
Standort sowie Möglichkeiten einer
alternativen Nutzung vakanter Flächen
diskutiert.

                                            Das ganze Geschäft als Geschenk verpackt. Cartier
                                            in der New Bond Street in London.

                                            Größere und günstigere Flächen an
                                            der Peripherie

                                            Out-of-Town-Standorte      zielen   auf
                                            motorisierte Konsumenten ab und liegen
                                            daher zumeist an verkehrstechnisch
                                            günstigen Standorten. Diese Verkaufs-
                                            flächen sind deutlich größer als bei
                                            vergleichbaren Formaten im Town-Center
                                            und weisen weitaus geringere Bewirt-
                                            schaftungskosten auf. Neighbourhood-
                                            Lagen befinden sich innerhalb von Wohn-
                                            gebieten oder, wie es der Name verdeut-
                                            licht, in ihrer unmittelbaren Nachbar-
                                            schaft.

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Extreme Unterschiede in den                            Shoppingcentern wurde bereits viel
Flächengrößen                                          früher begonnen, zunächst gezielt in den
                                                       Innenstädten    und    innenstadtnahen
Betrachtet man neben der Verteilung der                Lagen (Town-Center) und erst später an
Verkaufsfläche zusätzlich die Anzahl der               Out-of-Town-Standorten. In der jüngeren
Verkaufsstellen, stellt sich das Bild                  Vergangenheit sind      Shoppingcenter-
anders dar. Etwa 57 Prozent der                        Entwicklungen wieder vorrangig in den
Standorte / Geschäfte befinden sich in                 Town-Centern vorzufinden.
Town-Centern und rund 40 Prozent in
Neighbourhood-Lagen. Weniger als 5
Prozent sind somit den Out-of-Town-
Lagen zuzurechnen. Diese Verteilung
lässt auf eine durchschnittliche Größe der
Standorte in den Neighbourhood-Lagen
von weniger als 75 qm Verkaufsfläche
schließen, in den Town-Centern sind es
etwa 150 qm und in den Out-of-Town-
Lagen etwa 2.200 qm.

Town-Center First

Ungeachtet der Großflächenmärkte an
den    Out-of-Town-Standorten     finden
Einzelhändler den überwiegenden Teil
der Verkaufsfläche und das größte
Abschöpfungspotenzial in den Town-
Centern. Um die Attraktivität der Städte
und Stadtzentren zu sichern und zentrale
Bereiche durch einen funktionierenden
Einzelhandel wiederzubeleben haben
Community und Local Government unter
dem Leitgedanken „Town-Center First“
das „Planning Policy Statement 4 (PPS
4)“ verabschiedet und die Kommunen zu
großer Zurückhaltung beim Ausweis
neuer Baugebiete aufgefordert. Ziel des
PPS 4 ist insbesondere der Schutz von
Innenstadtlagen vor der Schädigung
durch immer großflächigere Out-of-
Town-Entwicklungen.1

Hohe Marktbedeutung der
Shoppingcenter

Die Gliederung der Verkaufsfläche nach                 Im britischen LEH dominieren nach
dem Immobilientyp zeigt auf, dass knapp                wie vor kleinteilige Strukturen
ein Viertel der Fläche und somit wesent-
lich mehr als in Deutschland auf                       Aufgrund der historisch gewachsenen
Shoppingcenter bei deutlich kleineren                  städtebaulichen     Strukturen     weisen
Märkten entfällt. Das ist nicht verwunder-             Einzelhandelsimmobilien in Großbritan-
lich, denn mit der Entwicklung von                     nien in der Regel kleinere durchschnitt-
                                                       liche Verkaufsflächen auf, die sich häufig
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     Wichtigste Regelung hierbei ist der „Sequential   in viktorianischen Reihenhäusern oder
     Approach“, in dessen Rahmen der Entwickler        mischgenutzten gewerblichen Objekten
     von Einzelhandelsimmobilien nachweisen muss,      befinden. Mithin existiert insbesondere
     dass es bei geplanten Out-of-Town-Entwick-
     lungen keinen geeigneten Standort im Town-
                                                       eine Vielzahl kleiner Lebensmittelläden
     Center gibt. Dies gilt zwingend für Nutzflächen   (Convenience Stores), die nicht nur
     über 2.500 qm, vereinzelt aber auch für klein-    innerstädtisch der schnellen Mittagsver-
     flächigere Entwicklungen.                         sorgung dienen, sondern auch vorrangig

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in der Neighbourhood liegen. Allein 20                  größere Verkaufsflächen mit sehr guter
Prozent des Umsatzes im Lebensmittel-                   Verkehrsanbindung nachgefragt. Ander-
einzelhandel wird im sehr kleinen                       seits sind einzelne solitäre Betriebstypen
Einkaufsmarkt    erwirtschaftet.  Daher                 des     Lebensmitteleinzelhandels     oder
können auch Standardshops und Flächen                   Warenhäuser fest in der Konsumland-
kleiner 500 qm in Nebenlagen gut                        schaft etabliert und werden nur durch
operieren. Einzelhandelsimmobilien sind                 konzeptionelle Innovationen ergänzt.
aufgrund     historisch     gewachsener                 Hinsichtlich der Anbieterstruktur im Do-it-
Strukturen kleinflächiger. Großflächige                 Yourself (DIY) und Möbeleinzelhandel ist
solitäre Immobilien wie in Deutschland                  es nicht auszuschließen, dass vereinzelt
sind kaum vorhanden.                                    Märkte aus der Marktlandschaft ver-
                                                        schwinden werden.

                                                        Ausbau der Randsortimente im LEH

                                                        Nachdem die spekulative Entwicklung
                                                        durch Investoren im Non-Food-Bereich
                                                        zum Stillstand gekommen ist, besteht für
                                                        die auf Lebensmittel ausgerichteten
                                                        Unternehmen zudem die Chance, den
                                                        Anteil an Non-Food-Artikeln von derzeit
                                                        16 Prozent am Umsatz zu festigen und
                                                        auszubauen.

                                                        Auch in GB: schwierige Drittver-
                                                        wendung für Spezialimmobilien im
                                                        Handel

                                                        Mit    Blick  auf    die   grundsätzliche
                                                        Drittverwendbarkeit der verschiedenen
                                                        Immobilientypen gilt festzuhalten, dass
                                                        die sehr kleinen und kleinen Einkaufs-
Kleinteilige Angebotsstrukturen in einer historischen   märkte bei gegebenen Standort- und
Einkaufspassage in der Regent Street in London          Objekteigenschaften die höchste alter-
                                                        native Nutzungsmöglichkeit und Dritt-
Handelsunternehmen haben bereits                        verwendungsfähigkeit     innerhalb    und
auf veränderte Flächenanforde-                          zwischen den Branchen aufweisen. Mit
rungen reagiert                                         steigender Spezifizierung der Immobilie
                                                        für einen bestimmten Betriebstyp sinkt
Die Expansionspolitik der Handelsunter-                 der Grad der Drittverwendungsfähigkeit.
nehmen unter Berücksichtigung der                       Erschwert wird er, wenn wie im DIY- und
strategischen   Ausrichtung     auf   E-                Möbeleinzelhandel für eine Folgenutzung
Commerce und Multi-Channel führt zu                     nur wenige Marktteilnehmer vorhanden
veränderten Anforderungen an die                        sind,    die   zudem      unterschiedliche
Einzelhandelsimmobilie in Bezug auf Lage                Konzeptansprüche haben. Insgesamt gilt
/ Standort sowie Objekt / Flächenaus-                   für Großbritannien festzuhalten, dass die
stattung. Einerseits haben die großen                   Frage nach dem nachhaltigen Bedarf an
Handelsunternehmen ihre Vertriebswege                   Einzelhandelsflächen und dem „Shop of
bereits den veränderten Anforderungen                   the Future“ seit mehreren Jahren im
an Funktionalität und Flexibilität der                  Mittelpunkt der Diskussion von Händlern
Flächen angepasst. Dabei geht es nicht                  und Immobilieninvestoren steht.
nur um eine Reduktion bei geringerem
Flächenbedarf, sondern auch um die                      Gemeinsame Gewinner in beiden
anderweitige Nutzung oder Erweiterung                   Handelsmärkten
der Flächen im Rahmen des Multi-
Channel-Vertriebs. Beispielsweise werden                Für beide Länder gilt, dass die Gewinner
vom Sektor Consumer Electronics, für                    multifunktionale Immobilientypen und
den die Präsentation einer Vielfalt von                 insbesondere Mietflächen zwischen 500
Artikeln notwendig ist, zunehmend                       und 1.500 qm in bevorzugter Handels-

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