Heimat und Geschichte - Zeitschrift für Mitglieder und Freunde des Heimat- und Geschichtsvereins Troisdorf e. V - Geschichtsverein Troisdorf
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Heimat und Geschichte HGT 1986 Zeitschrift für Mitglieder und Freunde des Heimat- und Geschichtsvereins Troisdorf e. V. Ausgabe 70 · Dezember 2020
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 „Ein bunter Strauß schöner Themen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Troisdorf und seine kurze Kaufhausgeschichte: Vor 50 Jahren eröffnete HERTIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Geschichte|n einer Stadt für das MUSIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Vom Klingeldraht zur Glasfaser-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 25 Jahre Pro BiBi in der Bibliothek des Schulzentrums Sieglar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Fahrradtour entlang historischer Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Troisdorfer Zeitläufe – Eine kleine Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Neumitglieder und Verstorbene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Einblicke in Schul-Chroniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Was geschah vor 50 Jahren in Troisdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Titelseite Die Burg Wissem im Herzen Troisdorfs in weihnachtlichem Glanz. Foto: Werner Dücker Impressum: Herausgeber: Heimat- und Geschichtsverein Troisdorf e.V. Kölner Straße 176 (Rathaus), 53840 Troisdorf Redaktion: Petra Dahlmann, Werner Dücker, Beate von Berg, Waltraud Boss, Antje Winter, Norbert Königshausen Layout: Axel Heckner, Layout · Satz · Druckvermittlung, Troisdorf-Sieglar Druck: Bayleydruck, Bonn-Küdinghoven Verantwortlich: Werner Dücker, Troisdorf Internet: www.geschichtsverein-troisdorf.de 2 Heimat und Geschichte 3 / 2020
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder, das Jahr 2020 war für uns alle eine schwierige Zeit! Auch der Vorstand des HGT hatte sich vieles vorge- nommen. Unter anderem wollten wir in Kooperation mit den bestehenden Einrichtungen Veranstaltungen für Mitglieder anbieten, den Verein in der Öffentlichkeit noch bekannter machen und auch jüngere Menschen ansprechen. Es gab Ideen und erste Planungen, die wir dann leider durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pan- demie erst verschieben und dann für dieses Jahr ganz aufgeben mussten. Auch die für November geplante Mitgliederversammlung 2020 fiel den nochmals verschärften Maßnahmen zum Opfer. Um die Interessen und Themen unserer Mitglieder noch besser kennenzulernen, haben wir eine Mitglieder- befragung zum Troisdorfer Jahresheft durchgeführt. Unsere Vorstandskollegin Antje Winter hat die Ergebnisse für Sie in dieser Ausgabe zusammengefasst. Wir sind auch weiterhin dankbar für Ihre Ideen und Hinweise. Sozusagen „im Stillen“ wurden die in der Mitgliederversammlung 2019 vorgestellten Förderprojekte mit finan- zieller Unterstützung des HGT umgesetzt, z. B. die Aufarbeitung und Neuaufstellung der Stelen von Giovanni Vetere anlässlich seines 80. Geburtstags, die sehenswerte Ausstellung „Moritz Kellerhoven – ein Altenrather am bayerischen Königshof“ im Heideportal, die Fahrradtour entlang der historischen Grenze der Fischerei- bruderschaft Bergheim und der Museumskatalog für das M U S I T-Museum für Stadt- und Industriegeschichte Troisdorf, der noch im Dezember 2020 erscheinen wird. Weitere Projekte, wie die Germanengruppe an der Römerstraße und das Glasfenster aus dem ehem. Rathaus der alten Stadt Troisdorf an der Burg Wissem, sind in Abstimmung mit den beteiligten Stellen. Gelungen ist die Herausgabe des Troisdorfer Jahresheftes 2020, die 50. Ausgabe und damit ein echtes Jubi- läumsheft. Wir haben viele positive Rückmeldungen bekommen, die wir an dieser Stelle mit einem herzlichen Dank an die Autorinnen und Autoren weitergeben! Für das Troisdorfer Jahresheft 2021 liegen uns schon erste Entwürfe und Beiträge vor. Wenn Sie selbst Ideen oder Anregungen hierfür haben, sprechen Sie uns gerne an. Ihnen und Ihren Familien wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute zum neuen Jahr! Bleiben Sie gesund! Ihr Vorstand Claus Chrispeels Werner Dücker Waltraud Boß Norbert Königshausen Beate von Berg Antje Winter Heimat und Geschichte 3 / 2020 3
Antje Winter „Ein bunter Strauß schöner Themen“ Auswertung der Umfrage zum Troisdorfer Jahresheft Die Mitglieder des Troisdorfer Heimat- und Denn: Die Troisdorfer Jahreshefte sind und bleiben Geschichtsvereins e. V. wurden im April 2020 ein Gemeinschaftswerk Vieler und sie profitieren von aufgerufen, an einer Umfrage teilzunehmen. Die der ausgewogenen Mischung interesseweckender Verfasserin dieses Beitrags bat dafür um Unterstüt- Themen, Formate und viel Lokalcolorit. Und diese zung. Ausgangspunkt der Umfrage war das 50. Melange kommt auch in den Umfrageergebnissen Troisdorfer Jahresheft und der damit verbundene zum Ausdruck. Rückblick auf die Entwicklung der Reihe. Beabsich- tigt war, ein aktuelles Stimmungsbild einzufangen, Ob diese Umfrage, die ein taugliches Instrument für neben neuen Themen auch neue Autoren zu fin- die Evaluation und Weiterentwicklung der Jahres- den, aber auch die Bedürfnisse und Interessen der hefte darstellt, regelmäßig wiederholt werden wird, Rezipienten besser ergründen und berücksichtigen bleibt noch zu entscheiden. zu können. Die Umfrage wurde am 7. April 2020 an die Mit Fragen an die Leser glieder versandt. Bereits Ende Juli konnte die Autorin 30 Rücksendungen verzeichnen, davon erfolgten 27 1. Wie bewerten Sie per E-Mail, drei per Brief. den Aufbau/das Layout der Hefte? a) Auswahl und Proportionen Ein herzlicher Dank gilt den auskunftsfreudigen Mit- von Texten und Bildern/Illustrationen? gliedern des Vereins, vor allem auch mit Blick auf Insgesamt erschien es stimmig, manchmal war den die zahlreichen konstruktiven, aber auch kritischen Lesern der Text zu lang, gute Mischung aus Text und Anmerkungen und Anregungen. Bild, die Bildqualität war manchen verbesserungs- würdig, eine Bildbeschreibung ist wichtig Im Folgenden finden Sie eine Auswertung der Rück- meldungen, herausstechende und exemplarische Ant- b) Schriftgröße/Schriftart/Lesbarkeit? worten resp. Vorschläge werden in diesem Rahmen Mehrheitlich gut lesbar, auch im Vergleich zu älteren zitiert. Ein umfassenderes Bild wird in Kürze auf der Heften (dreispaltig) keine kleinere Schriftgröße, Fuß- Homepage des Vereins zugänglich gemacht, indem noten eher gefettet oder am Ende des Beitrages dort eine anonymisierte Übersicht aller eingegange- nen Antworten zu finden sein wird. c) Design (Cover, Farben etc.)? Gut bis sehr gut: keine römischen Ziffern ab 2021 Weiterhin wird eine Auswertung der drei Fragen auf Titel, ganzseitiges Bild ist gelungen, Wieder an die Autorinnen und Autoren Gegenstand der erkennung durch Farbe orange nächsten Ausgabe von „Heimat und Geschichte“ sein. 2. Wie schätzen Sie die vorkommenden Inhalte und Themen ein? Entscheidend wird sein, die Rückmeldungen und a) Attraktivität der behandelten Themen/Inhalte? ihre Quintessenzen im Vorstand umfangreich aus- Bemängelt wurden die Themen, die keinen direkten zuwerten, daraus Schlüsse zu ziehen und zugleich Bezug zu Troisdorf hatten, wie Uni Bonn, Denkmal in den Dialog mit den Mitgliedern über Anregungen Siegburg, Frauenwahlrecht etc.; Beiträge sind unter- und Vorschläge bewusst weiterzuführen. Sie sind schiedlich attraktiv, ältere Beiträge mit viel Recherche herzlich dazu eingeladen: Schreiben oder mailen erarbeitet, Themen Wunschliste, Themenmischung Sie uns, kommen Sie mit weiteren Ideen auf uns spannend, keine Bleiwüsten, gesunde Mischung zu! Diejenigen Mitglieder, die bereits konkrete An- aus historischen Berichten und Zeitzeugen Berichten, gebote unterbreitet haben, wird der Vorstand direkt Leserinteressen naturgemäß verschieden, gute Mi- ansprechen. schung 4 Heimat und Geschichte 3 / 2020
b) Ausgewogenheit der Themen (z. B. Politik, Kultur, b) Ist die Sprache verständlich? Wirtschaft, Persönlichkeiten, Vereinsleben)? Unisono: Ja; ggf. könnten Mundartbeiträge „über- Breites Spektrum und Mischung ist unisono begrü- setzt“ werden ßenswert und ausgewogen, Frage der persönlichen Interessen, Gesamtmischung ausbalanciert, „ … ist c) Gerne als Beispiel. schon verblüffend, welche verschiedenen Themen Nur eine Nennung: gut gefallen haben G. Störmer mit Troisdorf verbunden sind“ „Troisdorf gestern und heute“ und N. Klein „Tante Emma Laden“ c) Welche Themen möchten Sie in Zukunft (bevorzugt) behandelt sehen? 4. Wie schätzen Sie den Preis ein Aufzählung der genannten Themen in Kürze: Ge- (siehe Rückseite)? schichte Mittelalter und frühe Neuzeit, Persönlichkei- a) Zu hoch/zu niedrig/angemessen? ten, Blick in Zukunft, Corona, Umweltschutz, persön- Leider steht/stand der Preis nicht auf der Rücksei- liche Berichte/Zeitzeugen, Interviews mit Troisdorfern te der Hefte. Die Mehrheit hielt den Preis für an- ohne schriftstellerische Begabung, Austausch über gemessen, einigen wenigen war er zu niedrig, ein erschienene Berichte, Rubrik Vereinsleben, weniger Einzelner wollte einen Preis unter 10 €; Anmerkung: Industrie mehr Dienstleister, Industrie, Migranten, der aktuelle Preis beträgt 10 € und ist auch auf der Mischung aus Aktualität und zeitnahen allgemeinen Rückseite des aktuellen Heftes 2020 (wieder) nicht Artikeln, Themen/Serie aus 12 Ortsteilen, Denkmal- zu finden schutz, Bildung einer „Task Force“ für Themenfindung, Naturräume, möglichst unbekannte Themen, Beiträge 5. Bitte teilen Sie uns Ihre weiteren Wünsche auf Platt … und Anregungen mit! a) Vorschläge für kommende Themen d) Werden bestimmte Themen zu oft behandelt? Anbei eine Auswahl: Troisdorf mit Wirkung auf Bonn Mehrheitlich nein, aber auch genannt wurden: Ver und Köln, Medien, Musik, Autoren, Kulturkonzept der einsgeschichte(n), Biologische Themen, Gremium zu- Politik, Musikschulleiter Hilger, Industrie, Zeitzeugen/ sammenstellen, moderne Kunst, einzelne Zeiträume Kriegserlebnisse, Migranten, Vereine, Gebäude, jün- wie unmittelbare Nachkriegsgeschichte, ggf. zu viel gere Vergangenheit wie Wiedervereinigung, Persön- Mundart lichkeiten wie Virologin Prof. Addo oder andere, Platt bzw. Sprachentwicklung; „jedenfalls keine Beiträge, 3. Wie beurteilen Sie die Verständlichkeit die nur Familiengeschichte ausbreiten“ der Hefte? a) Sind die Artikel insgesamt zu wissenschaftlich b) Weitere Anregungen und Anmerkungen oder zu populär? Bitte keine gravierenden konzeptionellen Änderun- Die Meinungen waren hier eher gespalten. Die Hin- gen, klarere Unterscheidung zwischen „Heimat und weise reichten von „Beiträge können gar nicht zu Geschichte“ und TJH, Reihe über MUSIT, stärkere populär geschrieben werden“, über „weder zu wis- Einbringung Fotoclub, keine Beiträge wie Zusam- senschaftlich noch zu populär“ bis hin zu „wenn wis- menstellung der Ortsliteratur Rhein-Sieg-Kreis, fettes senschaftlich recherchieren in den Quellen bedeutet, Dankesschön an alle Autoren/innen, Ehrung Wilhelm kann es davon nicht genug geben“. Auch eine ge- Mülhens (Straßenbenennung?- hier bitte einen Bürge- wisse Verflachung sei festzustellen, früher habe es rantrag bei Stadt einreichen), Werbung und Beitritts- mehr wissenschaftliche Artikel gegeben, keinesfalls erklärung in jedem Heft, Verbesserung von Wikipe- sollte nur „leichte Kost“ angeboten werden dia Artikeln Heimat und Geschichte 3 / 2020 5
Dr. Petra Dahlmann Troisdorf und seine kurze Kaufhausgeschichte: Vor 50 Jahren eröffnete HERTIE „Qualität bedeutet, dass der Kunde und nicht die Ware zurückkommt.“ (HERmann TIEtz, Finanzier des ersten HERTIE-Warenhauses) Am 28. August 1970 konnten die Troisdorfer zum ne Troisdorf, sondern mit der Gemeinde Sieglar und ersten Mal in „ihrem“ HERTIE einkaufen. Das Wa- den Ortschaften Altenrath und Friedrich-Wilhelms- renhaus verfügte über eine Verkaufsraumfläche Hütte zur damals größten Stadt des Rhein-Sieg- von gut 11.000 Quadratmetern. Eine ansehnliche Kreises zusammengeschlossen worden und hatte Größe, auch wenn sie nicht an die ganz großen 48.837 Einwohner. Für die Bevölkerung musste Filialen heranreichte, die um die 20.000 Quadrat- eine moderne Infrastruktur geschaffen werden: So meter Verkaufsfläche hatten und ein Sortiment von wurde noch 1969 ein modernes Bahnhofsgebäu- 120.000 Einzelartikeln anboten. Allerdings über- de eröffnet, das heute schon wieder Geschichte rundete das Troisdorfer Haus die benachbarten in ist. Ein Jahr später fanden erstmals Veranstaltungen Bonn und Bad Godesberg. Auf vier Etagen konnte in der Rundturnhalle am Elsenplatz statt und das man einkaufen, ein Cafè-Restaurant oder einen Im- „Großkaufhaus HERTIE“ eröffnete. Im gleichen Jahr biss besuchen oder sich mit Lebensmitteln für zu weihte die evangelische Gemeinde mit der Markus- Hause versorgen. kirche ihre zweite Kirche in Troisdorf ein. Neue Kin- dergärten und Schulen wurden gebaut, aber auch Als HERTIE in Troisdorf öffnete, war die Stadt da- die Senioren bedachte man: Seit 1974 besteht das bei, sich den Herausforderungen, die sich durch Alfred-Delp-Altenzentrum. 1977 nahm das Agger- das Inkrafttreten der kommunalen Neuordnung vom stadion seinen Betrieb auf und 1978 wurde der 1. August 1969 ergeben hatten, zu stellen. „Trois- erste Teil der Fußgängerzone fertig, nun konnte dorf“ war nicht länger das 1952 zur Stadt erhobe- man endlich ganz in Ruhe an den Geschäften vor- 6 Heimat und Geschichte 3 / 2020
bei flanieren. Auch die Gesundheit kam nicht zu kurz: 1979 eröffne- te das neue Troisdorfer Krankenhaus. Als kul- tureller Mittelpunkt der Stadt entstand1979 das Bürgerhaus, drei Jahre später lud das Bilder- buchmuseum erstmals zum Besuch ein. Kurz bevor die Kaufhausgeschich- mit rund 670 Einstellplätzen im Bereich der Kölner te in Troisdorf zu Ende ging, wurden die Fußgän- Straße/Kirchstraße/Bergstraße. gerzone fertiggestellt und etwas später die beiden „Stadttore“ aufgestellt. Um HERTIE ein entsprechend großes Grundstück an- bieten zu können hatte die Stadt zehn Flurstücke mit Planung und Bau einer Größe von knapp 3.000 Quadratmetern erwor- ben. Als Baubeginn war der 15. Juni 1969 vorgese- Am 24. April 1969 genehmigte der Rat der Stadt hen, tatsächlich begann man mit der Bauausführung Troisdorf in nicht öffentlicher Sitzung die Vorschläge am 21. Juli 1969. Zunächst mussten einige alte Häu- des Haupt- und Finanzausschusses zur Errichtung ser, darunter auch die ehemalige Schule, abgerissen des HERTIE-Warenhauses und eines Parkhochhauses werden. Am 21. Mai 1970 wurde Richtfest gefeiert Eine kleine Warenhausgeschichte Die meisten Kaufhäuser waren zunächst Spezialgeschäfte für Weiß-, Woll- und Kurzwaren. Schon bald ergänzten Haushaltswaren, vor allem Porzellan, das Angebot. Die Warenhäuser verkauften häufig Ge- schirr aus der II. Wahl, also in minderer Qualität, für das es bisher keine Absatzmöglichkeiten gegeben hatte. Nun konnten sich auch „ärmere“ Bevölkerungsschichten Porzellan für den Esstisch leisten. 1892 gab es in Berliner Warenhäusern erstmals Gemüsekonserven zu kaufen, zunächst Spargel in Dosen, weitere Gemüsesorten folgten. Um die Jahrhundertwende ergänzten Obst-, Fleisch- und Fisch- konserven das Angebot an haltbaren Lebensmitteln. Der Massenverkauf führte zur Massenproduktion, verminderte die Herstellungskosten und ermöglichte damit günstigere Verkaufspreise. Neben günstigen Preisen boten Warenhäuser eine große Auswahl. Man konnte nahezu „alles unter einem Dach“ erwerben. Allerdings wurden auch erstmals Festpreise eingeführt, die Ware trug ent- sprechende Auszeichnungen und es konnte nicht mehr über den Preis verhandelt werden. Neu war das Umtauschrecht für die Kunden. Mit Werbung wurden die Kunden auf die Angebote aufmerksam gemacht, Einkaufen wurde zum Erlebnis und jeder war eingeladen, sich selbst ein Bild von der Wa- renvielfalt zu machen. Heimat und Geschichte 3 / 2020 7
und ab August 1970 konnten Troisdorfer in „ihrem“ schritt weiter voran, was man auch im Lebensmittel- Kaufhaus einkaufen. Zur Eröffnung gab es, wie ein Angebot des Kaufhauses merkte. Diejenigen, die im Artikel im Anzeiger für Sieg und Rhein im Rückblick Ausland Urlaub gemacht hatten, wollten auch in der am 9. März 1982 berichtete „sensationelle“ Eröff- Heimat nicht auf das neu kennengelernte verzichten. nungsangebote: Damasttischdecken für 5 Mark, ein So richtete HERTIE immer wieder internationale Wo- 15-teiliges Kaffeeservice zu 12,90 Mark und einen chen aus und präsentierte in der Lebensmittelabtei- original englischen Herrenanzug für 85 Mark. lung kulinarische Spezialitäten. Quiche Lorraine und Ossobuco, Lasagne und Yorkshire Pudding, Edelzwi- „Alles unter einem Dach“ cker und Metaxa und vieles mehr hielten bald Einzug in die Küchen der Troisdorfer. Bei HERTIE wurde „alles unter einem Dach“ ange- boten. Die Konsumenten hatten beim Vollsortimenter Formlos suchte man auch um die Genehmigung zum die Qual der Wahl. Außerdem beantragte die Ge- Betrieb einer „Drogenabteilung“ nach, in der frei schäftsführung die Konzession für ein Café-Restau- verkäufliche Arzneimittel angeboten wurden. Hierfür rant, eine Cafeteria, einen Imbiss für den schnellen war ein besonders ausgebildeter Mitarbeiter zustän- Snack zwischendurch und ein Erfrischungsgetränk, dig. Ganz im Zeitgeist richtete HERTIE auch eine Ra- eine Abteilung für den Kleinhandel mit Wein und dio-Fernseh-Werkstatt im Haus ein. Zeitweise konnte Spirituosen sowie den Betrieb einer Abteilung für man im Haus sogar einen Schnellfotoautomaten nut- den Verkauf von Milch und Milchprodukten in ver- zen – damals eine Rarität. kaufsfertigen Packungen. Vor dem Kaufhaus war eine Zeitlang ein kleiner Biergarten eingerichtet. Für seine „Selbstschneidern ist groß in Mode“ Restaurants warb HERTIE: „In unseren komfortablen Restaurants lassen sich die Gäste gern verwöhnen. Andere Zeiten, andere Gewohnheiten. Ende der Wir legen besonderen Wert auf eine gepflegte Kü- 1960er Jahre schneiderte man gerne und viel noch che mit internationalem Niveau. Unsere Köche sind selbst. HERTIE hatte die Marktlücke erkannt und re- Meister ihres Fachs. Jedes Gericht, auch das kleinste, agiert. Kaum ein anderes Unternehmen erzielte hö- bereiten sie mit Liebe und Sorgfalt.“ Dabei wurde here Stoffumsätze. Im HERTIE-Stoffparadies fanden auch der Nachtisch nicht vergessen: „Die Krönung Hobby-Schneiderinnen alles, was das Herz begehr- eines gelungenen Menues ist ein gutes Dessert. Wir te, sie konnten „in den schönsten Stoffen schwelgen servieren köstliche Eisspezialitäten und Fruchtsalate in und ihrer Phantasie freien Lauf lassen.“ Das Kaufhaus vielen Variationen.“ Daneben gab es selbstverständ- veranstaltete nicht nur regelmäßig Wettbewerbe für lich eine umfangreiche Kuchen- und Tortenauswahl, Schneiderinnen, sondern zeigte auch die neuesten damit auch die Versorgung beim Kaffeeklatsch ge- Kreationen im Rahmen von Modenschauen. Dazu ge- sichert war und die Pause beim Warenhausbummel hörten auch Pelzmäntel und -jacken, die damals der sinnvoll gefüllt wurde. Traum vieler Frauen waren, egal ob aus Breitschwanz, Fuchs, Chekiang-Lamm, Saga-Nerz oder Persianer. Wer sich gerne selbst verköstigen wollte, bekam im „modernen Schlaraffenland“ einfach alles: „Von A HERTIE – eine endliche Geschichte wie Aquavit bis Z wie Zwetschgenwasser“. Viele Sor- ten Käse, ein großes Angebot an Frischfleisch oder Einige Jahre boomten die Kaufhäuser und auch HER- Fisch in der Fischhalle, ein bunter Gemüsemarkt, der TIE eröffnete zahlreiche neue Filialen. Ab ungefähr duftende Brotstand sowie die Wein- und Spirituosen- Mitte der 1980er Jahre gingen dann die Umsätze bar ließen keine Wünsche offen. HERTIE warb mit aber stark zurück und Filialen, die teilweise erst kurz dem Slogan: „In der Lebensmittel-Abteilung sind sie zuvor eröffnet worden waren, mussten wieder schlie- ausgestellt, die Leckerbissen aus aller Welt. Cham- ßen. Die wachsende Konkurrenz auf der „grünen pagner und Kaviar, Lachs, Pasteten und Hummer. Für Wiese“ machte den Kaufhäusern zu schaffen. Das moderne Gastgeber sind Partys kein Problem.“ Wer Ende einer Ära, die das Einkaufen revolutioniert hatte, dennoch lieber bei Einladungen auf Fachleute ver- war abzusehen. Das Troisdorfer Haus traf es schon traute, nutzte den Feinschmeckerservice, der „Hors früh: Die IHK Bonn genehmigte einen Räumungs d’oeuvres, Kalte Buffets und Delikatessen sowie Tor- verkauf vom 12. 6. bis zum 10. 7. 1984. Am 3. Juli ten und Gebäck aus eigener Konditorei zu jedem 1984 übergab HERTIE die Gewerbeabmeldung für gewünschten Termin ins Haus“ lieferte – und das die Filiale Troisdorf und 14 Jahre Kaufhausgeschichte schon ab zwei Personen! Die Internationalisierung in Troisdorf gingen zu Ende! 8 Heimat und Geschichte 3 / 2020
Claus Chrispeels Geschichte|n einer Stadt für das M U S I T Im Dezember 2020 erscheint unter der Überschrift Einrichtung und die Arbeit des M U S I Tzu unterstüt- „Geschichte I n einer Stadt“ ein umfassender Ka- zen. talog zur Ausstellung des Museums für Stadt- und Industriegeschichte Troisdorf – MUSIT. Damit wird Der HGT, insbesondere unsere Mitglieder Peter Haas ein langgehegter Wunsch des HGT endlich Wirk- und Norbert Königshausen, hat sich daher intensiv lichkeit. für die Erarbeitung und Herausgabe eines Museums- katalogs eingesetzt und auch eine Förderung durch Schon den Gründern des Heimat- und Geschichts- den Verein in Höhe von 15.000 € ermöglicht, ins- vereins Troisdorf (HGT) im Jahre 1986 war gemäß besondere mit dem Ziel, das M U S I T noch bekann- Satzung „die Verwirklichung eines Stadtmuseums, ter zu machen und möglichst viele zu einem Besuch das die Geschichte unserer Stadt für Interessierte anzuregen. anschaulich und zugänglich macht,“ ein wichtiges Anliegen. Insbesondere die Vorsitzenden Matthias Nach einer allgemeinen Einführung unter der Über- Dederichs und Peter Haas hatten erkannt, dass ge- schrift „Vom Bauernhof zur größten Stadt im Rhein- rade für Troisdorf mit einer von Dynamik und Wan- Sieg-Kreis“ erfolgt unter den fünf thematischen Ka- del geprägten Stadtentwicklung die Präsentation der piteln „Ackern um Achtzehnhundert“, „Arbeiter Stadtgeschichte von besonderer Bedeutung ist, und gesucht“, „Häkelspitze und Pickelhaube“, „Gutschein sich – wie auch ihre Nachfolger – immer wieder für über 50 Millionen“ und „Wundertüte Troisdorf“ ein die Realisierung dieses Projektes eingesetzt. umfassender Überblick über die Ausstellung des M U S I T und über 200 Jahre Geschichte von Trois- Mit der Regionale 2010, dem Strukturprogramm des dorf und dem Raum. Landes Nordrhein-Westfalen für die Region Köln/ Bonn, eröffnete sich hierzu eine große Chance. Der Verkauf erfolgt über das M U S I T. Der Vorstand Nach dem Projektaufruf im Jahr 1999 wurde eine ist in Abstimmung mit dem Herausgeber über eine Gesamtperspektive für die Burg Wissem, dem kul- gesonderte Bestellaktion für unsere Mitglieder. So- turellen Schwerpunkt der Stadt Troisdorf, entwickelt. bald dies feststeht, informieren wir Sie gerne. Im Zuge eines umfassen- den Umbaus des ehe- maligen Verwaltungsge- bäudes wurde – neben Räumen für das Projekt „KennenLernenUmwelt“, das Heideportal und die Kreativwerkstatt – das M U S I T-Museum für Stadt- und Industriege- schichte Troisdorf – einge- richtet und im Mai 2012 eröffnet. Die Stadt Troisdorf, der HGT und namhafte Trois- dorfer Unternehmer ha- ben im Jahr 2012 die „Stiftung Stadt- und Indus- triegeschichte Troisdorf“ ins Leben gerufen, um die Heimat und Geschichte 3 / 2020 9
Werner Dücker Vom Klingeldraht zur Glasfaser-Technik Haben Sie sich schon mal gefragt, was Philipp Reis heute in Deutschland und auch in Troisdorf denken oder sagen würde zum derzeitigen Stand der Kom- munikationstechnologie? Wie würde er wohl stau- nen beim Vergleich „seiner“ Drähte mit den heutigen Glasfaserkabeln? Der am 7. Januar 1834 im hessischen Gelnhausen geborene Physiker gilt ja schlechthin als der Erfin- der der „elektrischen Sprachübermittlung, des Tele- fons, damals Telephon. Sein erstes Gerät war das Holzmodell einer Ohrmuschel, ausgestattet mit einem Stück Naturdarm und einem feinen Platinstreifen. Im Oktober 1861 stellte er als 27-jähriger Physiklehrer erstmals einen „Apparat“ der Öffentlichkeit vor, der Sprache mit Hilfe des elektrischen Stroms in die Fer- ne übertragen konnte. Und heute, rund 260 Jahre später? Ein Leben ohne (schnelles) Internet scheint gar nicht mehr möglich. Dabei musste man vor rund 50 Jahren einen Telefon- anschluss (nur zum Telefonieren) bei der Deutschen Post beantragen und, wenn man „Glück“ hatte und noch eine Leitung „frei“ war, bekam man den Wähl- scheiben-Apparat installiert – und war stolz. Die Entwicklung ging dann aber rasant weiter. Datex P war solch ein Zwischenschritt zum heutigen Inter- net: „Telefon“-Kasten mit kleinem Bildschirm; das „Rat- tern“ in der Leitung war gut zu hören. Heute funktioniert die Bewältigung der Datenflut nur noch mit Glasfaser, früher auch häufig als Lichtwel- lenleiter (LWL) bezeichnet. Im Vergleich zu herkömm- lichen Kupferkabeln bieten sie höhere Übertragungs- raten und Reichweiten. Auch in Troisdorf hat die Zukunft längst begonnen. Damit alle Unternehmen und Haushalte mit dem schnellen Internet ausgestattet werden können, sorgt die Troiline mit dem Jeti nahezu flächendeckendes Netz. „Home-Office, arbeiten und telefonieren über die Cloud, vernetzte Standorte und Arbeiten über Vi- deobesprechungen werden weiter zunehmen. Soft- warelösungen werden nicht mehr zentral auf einem 10 Heimat und Geschichte 3 / 2020
PC installiert, sondern liegen in der Cloud. Alle diese TatsacheAlle diese The- men bzw. Anforderungen machen schnel- les Internet unabdingbar“, sagt Hendrik Himmelmann, Geschäftsführer der SWT- Tochtergesellschaft Troiline GmbH, „DSL über Kupfer wird hier in den nächsten Jahren an seine Grenzen stoßen. Wir von der Troiline bauen hier vor und stellen den Gewerbekunden in Troisdorf das schnel- le Internet der Zukunft zur Verfügung und schaffen einen Standortvorteil.“ Seit Monaten sind überall offene Gräben zu sehen, in die dann die Glasfaserkabel verlegt werden. Geplant wurde ab 2017, ein Jahr später fiel die Entscheidung, und es gab die Freigabe. Seit dem Startschuss im Mai 2019 wurden 90.000 Meter Glasfaserkabel verlegt und so Troisdorfs Gewerbegebiete erstklassig mit Internet versorgt. Die Troiline-Marke JETI verspricht nicht nur Download-Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gigabit Das Glasfasernetz sollen allen Menschen in Trois- pro Sekunde, sondern möchte den Kunden auch ein dorf zur Verfügung stehen – Unternehmern genau stabiles Netz liefern. so wie Privatleuten. Infos dazu gibt es unter Tele- fon 0 22 41 / 888 53 84 oder im Internet www.jeti- Zum Jahresende 2020 können nun auch die ersten line.de. Privathaushalte mit Lichtgeschwindigkeit surfen: Bis Ende des Jahres sollen 1.200 Häuser mit 2.600 Haushalten in Sieglar, Oberlar und Rotter See ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Ende 2020 werden es ca. 25.000 Me- ter sein und Ende 2021 stehen nochmals 10.000 Meter an Glasfaserkabel in Trois- dorf für den schnellen Datentransfer be- reit. Verlegt werden Glasfaser vom Typ Singlemode. Singlemode-Fasern sind für Stadt- und Zugangsnetze optimiert. Hohe Geschwindigkeiten und Übertragungs- kapazität können dadurch sichergestellt werden. Um einen JETI Highspeed-Internet Tarif ab- schließen zu können, ist allerdings ein An- schluss der jeweiligen Immobilie an das JETI-Glasfasernetz nötig. Sie wohnen in einem Haus, einer Mietwohnung, die im Ausbaugebiet liegt und möchten mit der JETI Power surfen? Heimat und Geschichte 3 / 2020 11
Werner Dücker 25 Jahre Pro BiBi in der Bibliothek des Schulzentrums Sieglar „Nie zuvor hat sich das Kommunikationsverhalten so führer Alfons Bogolowski, die sie seit vielen Jahren schnell und grundlegend verändert, wie in den letz- unterstützen. Sie erwähnte aber auch gerne ihre ten 25 Jahren“, ist sich Hedwig Bäte sicher; die Vor- Sponsoren wie die Stadt Troisdorf, die Kreissparkas- sitzende der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der se, die VR-Bank Rhein-Sieg und den Ortsvorsteher Sieglarer Stadtbibliothek e. V. (kurz PRO BIBI) zielte Eschmar. damit in ihrem Grußwort zur „kleinen“ 25-Jahr-Feier des Vereins auf die Schnelllebigkeit der Zeit an, in PRO BIBI war 1995 gestartet einer Unterschrifte- der Pro BIBI dennoch seine Bedeutung unter Beweis naktion zum Erhalt der Bibliothek im Schulzentrum gestellt hat. Denn: Die Bibliothek war immer auf dem Sieglar: „6.000 Unterschriften haben wir binnen vier neuesten Stand, denn es wurden immer die „alten“ Wochen gesammelt.“ Durch gezielte Öffentlichkeit- Medien mit neuen harmonisch vernetzt. Bäte: „Und arbeit und kulturelle Veranstaltungen konnte man das so wurde jedem Nutzer sein individuelles Leseer- Interesse am Lesen wecken, aufrechterhalten und aus- lebnis geboten.“ Und, sie ergänzt, „Das ist gerade bauen. während der Corona-Pandemie besonders wichtig geworden.“ Als Highlight des Abends präsentierte Hedwig Bäte den Bestsellerautor Cay Rademacher, der aus sei- Sie dankte ihren Mitstreitern, besonders ihrem Stell- nem neuesten Krimi las. Den musikalischen Rahmen vertreter Wolfgang Högemann und dem Geschäfts- gestaltete Pascal Pohlscheidt. PRO BIBI-Vorsitzende Hedwig Bäte mit der Ersten Beigeordneten der Stadt Troisdorf, Tanja Gaspers, PRO BIBI-Geschäftsführer Alfons Bogolowski (rechts) und Jürgen Klütsch Foto: wed (vom Sponsor VR-Bank Rhein-Sieg). 12 Heimat und Geschichte 3 / 2020
Günter Engels Fahrradtour entlang historischer Grenzen Interessante Radtour der Fischereibruderschaft Ein Tipp für eine interessante Radtour ist die gera- de fertiggestellte Fahrrad-/Wandertour entlang der 1593 erstmals erwähnten historischen Grenze der Fischereibruderschaft zu Bergheim an der Sieg. Die rund 60 Kilometer lange Fahrradtour startet und en- det am Fischereimuseum Bergheim an der Sieg und führt über ausgesuchte Radwege durch die vier Städte Troisdorf, Niederkassel, Bonn und Sankt Au- gustin. Für diejenigen, die weniger sportlich ambiti- oniert sind, gibt es vier Alternativrouten, auf denen die Grenze in Etappen abgefahren werden kann. Die große Radtour führt zunächst zum nördlichsten Punkt der Grenze am „Rheidter Bann“, wendet sich dann rheinaufwärts und damit entlang der westlichen Grenze im Fluss bis zum südlichsten Punkt der Fische- reirechte der Bruderschaft an der Kennedybrücke. An der Burg Niederpleis erreichen die Radfahrer dann den östlichsten Punkt der Fischereigrenze. Die Planung der Radtour erfolgte durch die Fischerei- Trotz erschwerter Bedingungen in Corona-Zeiten ist bruderschaft. Hier ist es vor allem dem Engagement es der Fischereibruderschaft in den letzten Monaten von Wilfried Schell zu verdanken, dass eine opti- gelungen, zu den bereits vorhandenen sechs Grenz- mierte Wegführung gefunden wurde, um die Fahrt steinen mit weiteren neun Steinen und darüber hinaus zu einem entspannten Erlebnis, größtenteils abseits mit informativen Hinweistafeln, den Grenzverlauf zu viel befahrener Straßen, zu machen. Die Tafeltexte markieren. Die Grenzsteine stammen aus der Region verfassten Wilfried Schell und Günter Engels in Zu- und wurden von der Firma Natursteinwerk P. Engels, sammenarbeit mit der Museumsleitung. Die grafische Plaidt, angeliefert bzw. vom Brudermeister Günter Umsetzung lag in den bewährten Händen von Mi- Engels abgeholt. Die Gestelle für die Informationsta- chael Scholl (schollconcept). feln fertigte die Stocksiefen GbR, Troisdorf. Zu den Rad-/Wandertouren erscheint eine Broschüre mit einer Orientierungskarte, die sowohl die Strecken beschreibt als auch die am Weg liegenden Sehens- würdigkeiten erläutert. Zudem enthält sie eine kurze Geschichte der Fischereibruderschaft sowie Informa- tionen zum Museum. Sie kann im Museum zu den Öffnungszeiten zum Preis von 4,- Euro erworben wer- den. Alles das wäre aber nicht möglich gewesen, ohne die großzügige Unterstützung des Heimat- und Ge- schichtsvereins Troisdorf (HGT), der einen großen Teil der Finanzierung der Grenzsteine übernahm, und durch das Förderprogramm „Heimat-Scheck“ des Landes NRW. Die restlichen Kosten übernahmen die Fischereibruderschaft und der Förderverein des Fischereimuseums Bergheim an der Sieg. Heimat und Geschichte 3 / 2020 13
32 33 en r ab ng 662 hle 30 Mü 3 34 661,5 Rheidter Bann 4 35 Siegaue 661 2 RH 660,5 St. Lambertus EI 5 6 1 8 11 N 660 Fischereimuseum Kiek in de Mütz Dies 9 cho ll Fischerbrunnen l ol ch Unten auf 10 Besucher- parkplatz s ie Die Hütte den Letten D Oberste Deepe Loch An der Fa Fr na l 659,5 hr isc r- ka Wingertsfuhr h- se as w Bruderschaftsstück Aller 7 Auf dem Griend Heil Pfaffenmütz Siegaue 659 Sebbe Pöhl hle 12 Pö m m Da Siegfähre 658,5 Am alten Siegbett vor dem Damm Die Hütte Am alten 658 Siegbett g Sie 657,5 13 14 657 21 20 St.-Adelheidis-Stift 656,5 15 (ehem. Kloster) 16 Doppelkirche St. Maria und St. Clemens 656 17 Fischerei-Bruderschaft zu Bergheim an der Sieg Eigentümerfischereirechte 655 Selbstständige u. gemeinschaftliche Fischereirechte 18 Wiese-, Wald- und Uferflächen Fischereimuseum 654,5 Grenzstein Fischereirechte Grenzzeichen (historische Fischereigranze von 1593) 0 500 Meter 654 Kartographie: LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn Kartengrundlage: ©Land NRW (2017) Datenlizenz Deutschland - Namensnennung-Version 2.0 (www.govdata.de/dl-de/by-2-0) 653,5 14 Heimat und Geschichte 3 / 2020
31 29 27 28 26 25 22 24 23 19 Heimat und Geschichte 3 / 2020 15
Peter Sonnet Troisdorfer Zeitläufe – Eine kleine Chronik Das Corona-Jahr zeitanlagen durchgeführt hat, um die angeordneten Neuregelungen zu überprüfen, sind sehr positiv Die Stadt Troisdorf richtete seit März 2020 kon- verlaufen. Ordnungsamt und Polizei werteten ihren tinuierlich den dringenden Appell an Jung und Alt, Einsatz übereinstimmend als Erfolg. gemeinsam die Regelungen zur Vermeidung von Corona-Infektionen einzuhalten und sich immer wie- der bewusst zu machen, dass jeder für die eigene 1. April und die Gesundheit der Mitmenschen Verantwortung trägt. Die ständig wechselnden Regelungen der Co- Kein Aprilscherz: Für den gebotenen Abstand in rona-Schutzverordnung und ihre Auswirkungen auf Zeiten von Corona sorgten Bürgermeister Klaus- unsere Stadt, auf Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Werner Jablonski und seine neue Stellvertreterin wurden immer bekannt gemacht. in der Stadtverwaltung, Tanja Gaspers, als sie am 1. April ihre Urkunde als Erste Beigeordnete der Mit abgestuften Maßnahmen, je nach Entwicklung Stadt Troisdorf erhielt. Gaspers war neun Jahre der Infektionen, reagierte die Stadt rasch auf Verän- lang Beigeordnete und Stadtkämmerin in Dorma- derungen und Gefährdungen der Bürgerinnen und gen. Vorher war die gebürtige Troisdorferin viele Bürger, insbesondere das Ordnungsamt vor Ort auf Jahre leitend im Troisdorfer Rathaus tätig. Dort hatte Straßen und Plätzen und das Bürgeramt im Rathaus. sie 1988 ihre Ausbildung begonnen und die Fach- Mehrmals im Jahr fanden Kontrolltage von Polizei hochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich und Ordnungsamt statt, um die Einhaltung der Co- abgeschlossen. rona-Regelungen in der Öffentlichkeit zu überprüfen. 27. Mai 11. Februar Ein neues Element für das fahrradfreundliche Trois- Mehr Sichtbarkeit im Straßenverkehr: Damit auch dorf: Wo vorher ein Kiesweg zu 20 Fahrrad-Boxen kleine Kinder gut gesehen werden, finanziert das am Spicher Bahnhof führte, kommt man jetzt auf NRW Verkehrsministerium das Projekt der Landesver- gepflastertem Weg zu einer modernen Fahrrad-Ab- kehrswacht NRW für 300.000 re- flektierende Überwürfe mit 250.000 Euro, die in allen Kindertagesstätten landesweit verteilt werden. NRW Verkehrsminister Hendrik Wüst über- reichte die ersten Überwürfe in der städtischen Kita Kriegsdorfer Straße in Troisdorf-Spich. 20. März Im Rhein-Sieg-Kreis sind 248 Men- schen bestätigt an Corona erkrankt; In Troisdorf ist die Zahl der Erkrank- ten auf 21 Personen angestiegen. Kontrollen, die das städtische Ord- nungsamt mit der Polizei in der In- nenstadt, auf Spielplätzen und Frei- 16 Heimat und Geschichte 3 / 2020
stellanlage mit 40 abschließbaren Boxen. Sie wird Landrat Sebastian Schuster und Troisdorfs Bürger- ergänzt durch zwei überdachte Bereiche für jeweils meister Klaus-Werner Jablonski gaben gemeinsam sieben Räder. Die Bike & Ride-Anlage ist barrierefrei mit den JOBWÄRTS-Koordinatorinnen und Koordina- und gut beleuchtet. toren der beiden Verwaltungen den offiziellen Start- schuss – auf dem Fahrrad. 17. August Der Deutsche Schwerhörigenbund und der Verein der Schwerhörigen und Ertaubten Bonn und Rhein-Sieg- Kreis zeigen die Ausstellung mit dem Titel „BTHVN 250/16“ im Troisdorfer Rathaus, die auf das Beet- hoven-Jubiläumsjahr und auf den Anteil von 16 % der Menschen mit Hörbeeinträchtigungen an der Welt- bevölkerung hinweist. Für Troisdorf ergibt das einen Wert von 12.000 Menschen mit Hörproblemen. 1.Juli 20. August Das Jugendamt der Stadt Troisdorf setzt eine größe- Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski und der Leiter re Organisationsmaßnahme um. Konkret werden die der Troisdorfer Feuerwehr, Stefan Gandelau, über- Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche der bestehen- gaben den Mitgliedern der Löschgruppe Müllekoven den vier Stadtteilhäuser in Sieglar, Spich, Troisdorf- unter Leitung von Christian Zündorf das neue Feuer- Mitte und Friedrich-Wilhelms-Hütte neu zugeschnit- wehrgerätehaus an der Großen Heerstraße. ten. Wesentlich hierbei ist, dass zum 1. Juli 2020 im Stadtteilhaus in Sieglar ein Kinderschutzfachdienst Mit dem Feuerwehrbedarfsplan hat der Rat der Stadt für die ganze Stadt Troisdorf eingerichtet wird, zu- Troisdorf die Weichen für die Neuausrichtung und ständig vor allem für alle Erstmeldungen von Kindes- Weiterentwicklung der Feuerwehr in Troisdorf ge- wohlgefährdungen. stellt. Einige der bisherigen Gerätehäuser aus den 1950er und 60er Jahren sind einfach zu klein ge- Anfang Juli begannen bei der Kreisverwaltung in worden, vor allem für die großen Löschfahrzeuge der Siegburg und der Stadtverwaltung in Troisdorf die Löschgruppen in den Stadtteilen. Mobilitäts-Testwochen mit dem Projekt JOBWÄRTS. Neubauten sind geplant. Im Bau befindet sich bereits das Gerä- tehaus für die Löschgruppe Alten- rath, das im Frühjahr 2021 fertig sein soll. Voraussichtlich 2021 bekommt auch die Löschgruppe Friedrich-Wilhelms-Hütte ihr neu- es Domizil. Geplant sind weitere neue Gerätehäuser für die Lösch- gruppen in Bergheim, Oberlar, Eschmar und Kriegsdorf. 30. August Neue Ideen, neue Gestaltung, neue Urbanität: Das ehemalige „Hertie“- Gebäude an der Kölner Straße aus Heimat und Geschichte 3 / 2020 17
dem Jahr 1970, später umgebaut zum heutigen „Forum“, soll sowohl eine neue Außengestaltung als auch ein neues In- nenleben erhalten. Das Unternehmen, dem das Gebäude gehört, plant einen „Ort der Lebensfreude“ mit vielseitigen Angeboten, eine innovative Mischung aus Entertainment, Sport, Gastronomie, Shopping und Hotel. 2. September An der Siegauenschule, der Gemein- schaftsgrundschule in Troisdorf-Berg- heim, wurde der Schulhof saniert und grundlegend 7. September umgestaltet. Zusätzlich wurden große Sonnensegel installiert und defekte Asphaltflächen erneuert. Die Vertreterinnen und Vertreter aus Stadtrat und Verwal- Stadt hat 350.000 Euro investiert. Das Gelände tung informierten sich vor Ort: Die als Bürgerhaus ge- wurde durch Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski nutzte, denkmalgeschützte Veranstaltungshalle „Zur eingeweiht. KÜZ“ in der Nähe des alten Markplatzes in Troisdorf- Sieglar bildet den kulturellen Mittelpunkt des Stadt- teils. Die durch das Land NRW mit rund 700.000 4. September Euro aus Mitteln für „Soziale Integration im Quartier“ geförderte Baumaßnahme umfasst außer der geplan- Am vielbefahrenen Knotenpunkt von Hauptstraße/ ten barrierefreien Erschließung auch eine funktionale B8, Belgische Allee und Ranzeler Straße in Trois- Weiterentwicklung des Kulturstandortes, indem flexib- dorf-Spich baute die Stadt seit Sommer 2017 einen lere Nutzungsmöglichkeiten geschaffen werden. neuen Kreisverkehr. Der Bau trägt zur zukünftigen nachhaltigen Verkehrsentlastung für den Stadtteil Spich bei. Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski, 13. September Vertreterinnen und Vertreter des Stadtrats, der Stadt- verwaltung und der Baufirmen nahmen den Kreisel Bei der Kommunalwahl haben 49,97 % der offiziell in Betrieb. Wahlberechtigten (29.692 von 59.422 Wahlbe- rechtigten) in Troisdorf ihre Stim- men für die Wahl des Landrats, des Kreistages, des Bürgermeisters und des Stadtrates abgegeben. Hinzu kam die Wahl zum Integrationsrat. Das Wahlergebnis für den Stadt- rat: CDU 38,14 % 19 Sitze SPD 27,30 % 13 Sitze Grüne 17,78 % 9 Sitze Die Linke 3,43 % 2 Sitze AfD 3,71 % 2 Sitze FDP 3,98 % 2 Sitze Regenbogen 1,71 % 1 Sitz Volksabstimmung 1,11 % 1 Sitz Die Partei 2,85 % 1 Sitz Bei der Wahl für das Amt der Bür- germeisterin oder des Bürgermeisters 18 Heimat und Geschichte 3 / 2020
gab es folgendes Ergebnis bei einer Wahlbeteili- ist der Name und zugleich der Appell, um Familien gung von 49,98 Prozent: mit Kindern, die ihre Wohnung aus finanziellen oder Alexander Biber CDU 42,24 % anderen Gründen unfreiwillig verlassen müssen, vor Frank Goossens SPD 30,35 % der Obdachlosigkeit zu bewahren. Markus Hüsges Grüne 15,95 % Kashif Shaikh Die Linke 3,13 % Der Mietspiegel für das Troisdorfer Stadtgebiet wird Nadja Partanen FDP 3,22 % noch in diesem Jahr neu erstellt. Er hat in der Vergan- Leo Müller Regenbogen 2,16 % genheit wesentlich zur Transparenz des Troisdorfer Kai Huneke Die Partei 2,94 % Mietmarktes beigetragen und so Streitfälle um die Miethöhen vielfach von vornherein verhindern kön- Ebenfalls gewählt wurde der Integrationsrat. 19.608 nen. Bei der Aktualisierung wird die Hilfe der Trois- Menschen waren zur Wahl aufgerufen. Die Wahlbe- dorfer Bevölkerung benötigt, ohne deren Angaben teiligung lag bei 10,57 % (2.072 Wählerinnen und die angestrebte Transparenz des Mietmarktes nicht Wähler) mit dem Ergebnis: hergestellt werden könnte. Grüne Liste 55,04 % CDU Migranten in der Union 27,45 % Alternative Europa 17,51 % 29. Oktober Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski übergab nach 27. September 11 Jahren sein Amt an den neu gewählten Bürger- meister Alexander Biber (36). Die Stichwahl für das Amt des Bürgermeisters ergab folgendes Ergebnis bei einer Wahlbeteiligung von 39,39 % (23.407 Wählerinnen und Wähler): Alexan- 3. November der Biber erhielt 51,13 %, Frank Goossens 48,87 %. In seiner konstituierenden Sitzung hat der neu gewähl- te Troisdorfer Stadtrat seine Arbeit aufgenommen. In 5. Oktober der Stadthalle fand die erste Sitzung des 51-köpfigen Gremiums statt. Bürgermeister Alexander Biber wurde Die erfolgreiche Jazz-Session an jedem ersten Mon- vom dienstältesten Ratsmitglied Hans-Leopold Müller tag eines Monats, bislang im Kunsthaus, zieht vor- in sein Amt eingeführt und vereidigt. Zu stellvertreten- übergehend in das Bürgerhaus Zur Küz in Sieglar. den ehrenamtlichen Bürgermeistern wurden Erkan Zor- Denn in dem Saal können die Abstandsregeln besser lu, Angela Pollheim und Guido Menzenbach gewählt. eingehalten werden. 11. Oktober In der Mitmach-Ausstellung „Wie im Märchen …“ heißen Rotkäppchen, Rapunzel und Co alle kleinen und großen Gäste im Bilderbuchmuseum der Stadt Troisdorf willkommen. Trotz Corona bietet das kre- ative Team des Museums besonders den kleinen Besuchern eine spannende und attraktive Mitmach- Ausstellung. 5. November Oktober Im 20. Jahr seines Bestehens legte der Lions Club 10 Jahre Hilfsprojekt „Keine Kinder im Obdach“: Die Troisdorf bereits zum 15. Mal seinen von Künstler Stadt hatte das Projekt initiiert und der SKM Katho- und Lions-Mitglied Josef Hawle gestalteten Advents- lischer Verein für soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis kalender auf. Das Engagement des Troisdorfer Lions e.V. setzt es in die Tat um: „Keine Kinder im Obdach“ Clubs für soziale Projekte ist breit gefächert. Er hat Heimat und Geschichte 3 / 2020 19
16. November Mal wieder Corona: In Troisdorf mit seinen rund 77.000 Einwohnern gab es seit März 915 bestätigte Infizierte, sechs Troisdorfer sind an der Infektion verstorben. Am 16. No- vember gab es 150 aktuelle Fälle, auf Kreis ebene an dem Tag 975. seit seiner Gründung im Jahr 2000 bereits knapp 500.000 Euro an Projekte und Einrich- tungen in Troisdorf vergeben. 12. November Erster Spatenstich durch Bürgermeister Alexan- der Biber für eine neue Kindertagesstätte der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe GFO in der Marie-Lene-Rödder-Straße (Neu- baugebiet an der Roncallistraße) in Troisdorf- FWH. Hier entsteht eine Kita für 100 Kinder. Als neue Mitglieder begrüßen wir in unserem Verein Olaf Pohl Kurt Wildemann Markus, Barbara, 1. 1. 2021 seit 1. 12. 2020 Benedikt, Emelie, Hannah Braun seit 1. 12. 2020 Wir gedenken unserer verstorbenen Vereinsmitglieder: Roland Dittmar Heinz Görtz 10. 2. 2020 3. 9. 2020 (erst am 9. 9. bekannt geworden) Trude Brandinga Dieter Rodder 20. 8. 2020 11. 9. 2020 20 Heimat und Geschichte 3 / 2020
Antje Winter Einblicke in Schul-Chroniken Im Folgenden finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, Auszüge aus verschiedenen Schulchroniken des heu- tigen Troisdorfer Stadtgebietes. Sie behandeln jeweils Ereignisse rund um die Weihnachtszeit und Neujahr und werden hier mit passenden Fotoaufnahmen illustriert. Beginnend mit dem Jahr 1905 stoßen Sie auf „Miniaturen“ aus verschiedenen Chroniken, die ich für Sie zu- sammengestellt und transkribiert habe. Letzteres erfolgte nach der alten Rechtschreibung und zeilengenau. Aufschlussreiche Schilderungen beziehen sich beispielsweise auf das Hochwasser Neujahr 1925/26 und dies aus der Sicht von zwei Schulen. Ebenso finden Sie den kürzeren Bericht zur Weihnachtsfeier der Alten- rather Schule 1930/31. Auch ist eine Lebensmittelsammlung für die damalige „Ostzone“ im Jahr 1950 in der Spicher Chronik festgehalten. Die originalen Schulchroniken werden im Troisdorfer Stadtarchiv verwahrt und stehen allen interessierten Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung. Schulchronik Bergheim (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 998, S. 2) 1905 Dezbr. 22 Zum erstenmale brennt das elektrische Licht. Schulchronik Sieglar Schulchronik Kriegsdorf (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 991, S. 86) (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 396, S. 106) 1910 1920/1921 Am 21. Dezember wurde vom Kreistage zu Sieg- In der Gemeinderatssitzung vom 17.12.20. wurde die burg der Bau einer elektrischen, weitspurigen Einrichtung der 2. Lehrerstelle an hiesiger Schule auf Eisenbahn genehmigt, ein Projekt, an welcher einstweilen 5 Jahre beschlossen. Nach den Weihnachtsfe- unser Bürgermeister Herr Lindlau mehr als rien soll der 2. Lehrer bereits seine Tätigkeit begin- drei Jahre mit zähem Eifer gearbeitet hat. nen. Der diesjährige Winter scheint trotz aller Prophezei- ungen der Wetterpropheten gelinde zu werden. Kriegsdorf, 20. Dezember 1920. Bis jetzt hat es an zwei Tagen gefroren, jedes M. Baeß. mal für einen Tag. Am 27. Dezember war alles weiß geschneit, doch vermischte derselbe sich schon bald mit Regen. In der Zeit vom 20.– 22.12.20. wurde gemäß Ministerialerlaß auch in hiesiger Schule eine Sieglar, in den Weihnachtsferien Sammlung zum Besten der „Kinderhilfe“ un- A. Müller ter den Schulkindern veranstaltet. Dieselbe Hauptlehrer brachte den Betrag von 220,91 M. ein. Viele Kinder hatten auch bei Verwandten und Nach- barn Geldbeträge gesammelt. (Vergl. anliegende Liste) Kriegsdorf, 22. Dezember 1920. M. Baeß. Heimat und Geschichte 3 / 2020 21
1921. Wegen Kohlenmangel wurden die Weihnachtsferien Eine Haussammlung für die „deutsche Kin- bis zum 10. Januar verlängert. derhilfe“ ergab in Groß Kriegsdorf 191,50 M. Haus Rott und Klein Kriegsdorf 118,00 M. Kriegsdorf, 10. Januar 1921. Summe 309,50 M. M. Baeß. dazu Sammlung der Schulkinder 220,91 M. Insgesamt 530,41 M. Kriegsdorf, 11. Januar 1921. M. Baeß. 22 Heimat und Geschichte 3 / 2020
Schulchronik Eschmar (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 3200, S. 91/92) 1925/1926 S. 91 Jahreswende 1925/26. Am Ende des Jahres 1925 steht das Reich ohne aktionsfähige Re- gierung. Mannigfache Aufgaben hat die neue Regierung zu lösen. Die schwierigste wird wohl die Befreiung von der wirtschaftlichen Not sein. Die Erwerbslosen in Deutschland betragen mindestens 1.300.000. In unserer Bürgermeisterei ist die Zahl der Erwerbslosen auch von Tag zu Tag gestiegen. Von der Erwerbslosenunterstützung kann eine Familie nicht leben. Vor Weihnachten wurde in unserer Pfarrei eine Haussammlung für die Notleidenden abgehalten. Es wurden Lebensmittel u. Bekleidungsstücke zusammengetragen. Die Not hat sich in unserer Heimat noch erschreckend vermehrt durch grausame Verheerungen einer Hochwasserflut, die am Abend vor Neujahr ausbrach. Seit 1882 hat das Wasser nicht mehr die Höhe erreicht, wie in diesem Jahre (1926). Nach amtlichen Berichten zeigte der Bonner Pegel: 1882 einen Wasserstand von 9.20 m, 1920 einen solchen von 8,98 m und 1926 stieg das Wasser auf 9,10 m. Der zweite Siegdamm in unserem Heimatgelände vermochte die Wassermassen nicht zu halten. Bei Müllekoven brach er in einer Breite von etwa 25 m durch. Abends wurden die Bewohner der Südseite des Ortes Eschmar durch ein unheimliches Rauschen herausgelockt. Ein heftiger Wind trieb die Wasserwogen in den Auel. In kaum einer Stunde war der Auel (mit 350 Morgen Acker- land) überschwemmt. In den Gärten südlich Eschmars stand das Wasser durchschnittlich 8 m aufwärts. Die Eschmarer Mühle war rings von Wasser umgeben. Das ganze Gebiet von Menden- Friedrich-Wilhelmshütte - Troisdorf - Sieglar - Meindorf - Eschmar siegabwärts bis Mondorf - Beuel - Bonn glich einem großen See. - Das entfesselte Element hat im ganzen Rheinland un- beschreibliche Verwüstungen und Millionen-Schäden verursacht. In Eschmar beschränkt sich der Schaden auf Verwüstungen der Ackerfelder, wie Ausspülen der Saaten u. Fortschwemmen S. 92 guten Mutterbodens.- Als Ursache der gewaltigen Hochwasserfluten ist wohl die milde Temperatur (+12–14° C) mit der dadurch hervor- gerufenen Schneeschmelze anzusehen. In der Nacht zum Dreikönigstag wurde fast im ganzen Rhein- land ein kurzer, heftiger Erdstoß verspürt. Besonders stark war der Erdstoß bei Koblenz, Bonn u. Köln u. in der Sieggegend. Nachts gegen 12.30 Uhr wurden fast alle Bewohner Eschmars durch eine star- ke Erschütterung aus dem Schlafe aufgeweckt. Man vernahm deutlich ein dumpfes Rollen durch die Erde. Die einen vermute- ten als Ursache dieser Erscheinung eine Explosion, andere glaub- ten ein schweres Lastauto fahre durch die Straßen. Einzelne jedoch erkannten die Erschütterung sofort als Erdbeben. Heimat und Geschichte 3 / 2020 23
Schulchronik Oberlar (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, B 990, S. 69) 1925 Dezbr. 23. Beginn der Weihnachtsferien. Während des Monats Dezember starker Schneefall, große Kälte bis –17°, vor Weihnachten Tau- wetter mit folgendem Hochwasser, das den Hochstand von 1784 übersteigt. Das Rheinwasser stand am Neujahrstage im Auel bis zur Gärtnerei Uhlig, von da ab am Kanienchenberg entlang bis zum Rheine eine große Wasserfläche. Schulchronik Altenrath (Quelle: Stadtarchiv Troisdorf, C 27, S. 112/113) 1930/1931 S. 112 Die Schule hatte am Neujahrstage Eltern und Gemeinde zu einer Weihnachtsfeier in den Conzen`schen Saal eingeladen. Der Schulleiter konnte S. 113 bei Beginn seiner Freude darüber Ausdruck geben, daß dem Rufe der Schule so rege Folge geleistet worden sei; füllten doch über 600 Men- schen den Saal bis auf den letzten Platz. Er deutete solche Beteili- gung als neues Zeichen des erfreulich guten Verhältnisses zwischen Schule und Elternhaus. Sodann traten zunächst die Oberschützen auf den Plan. Köstlich das alte Tiroler Hirtenliedchen, das sie mit lie- ben Kinderstimmchen sangen. Nach verdientem Beifall für die tapfern Kleinen hob sich der Vorhang zum „deutschen Weihnachtsspiel nach alter Art“ von Dürre (Bühnenvolksbundverlag.) Die darstellen- den Kinder spielten ihre Rolle mit gutem Geschick. Im ganzen ließ das ausgeglichene Spiel erkennen, daß es den Lehrenden gelungen war, die Kinder in den Geist der von ihnen dargestellten Perso- nen einzuführen. Mit einem lebenden Bild „Anbetung an der Krippe fand das Spiel sein Ende. Nach einem Kinderliederpotpourri des Ortsorchesters folgte die Aufführung des neuen Bühnenvolks- bundspieles „Waldmärchen“ von Wulff. Zwei Stunden lang ent- rückten die bunten Szenen, die Gesänge und Reigen, die Zuschauer ins Märchenland, und reiner Beifall lohnte, als der Vorhang fiel, das schöne Spiel. Der Schulleiter übermittelte in seinem Schlußwort allen, die sich um das gute Gelingen der Feier verdient gemacht hatten, besonders Herr Lehrer Rohde, Fräulein Lehrerin Mertz, so- wie dem Hausorchester den Dank der Zuschauer und schloß mit herzlichen Neujahrsglückwünschen an alle den sinnigen Feierabend. 4. Januar 1931. 24 Heimat und Geschichte 3 / 2020
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