Heller schneller stärker - Fraunhofer IAF
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ISBN 978-3-8167-7403-7 GaAs - AlGaAs - GaSb - AlGaSb - InP - GaInAs - InAs - GaN - AlN - GaInN - CdHgTe 1957 – 2007 heller JAHRE stärker schneller
Die schnellsten MMICs der Welt kommen aus dem Fraunhofer IAF: InAlAs/InGaAs-Transistor mit 50 nm Gatelänge und 380 GHz Grenzfrequenz.
Günter Weimann Institutsleiter Fraunhofer IAF heller – schneller – stärker Unser Jubiläumsmotto beschreibt, chronologisch zwar etwas ungenau, die folgenreichen Erfin- dungen und Entwicklungen, die unsere Welt noch immer verändern. Als der Transistor 1947 erfunden wurde, er- reichte er das hohe C und verstärkte Wechsel- stromsignale bis zu einigen Kilohertz. Unsere heutigen Transistoren am IAF haben Grenzfre- quenzen von einigen hundert Gigahertz: 100 000-mal schneller. Die ersten – und sehr dunklen – Leuchtdioden hatten eine Lichtaus- beute von 0,1 Lumen/Watt, heute erreichen LEDs 100 Lumen/Watt: 1 000-mal heller. Unsere GaN-Transistoren haben heute Leistungsdichten von 10 Watt/mm Gateweite: 10-mal stärker als die auf GaAs basierenden Vorgänger. Als das IAF 1957 gegründet wurde, waren die III/V-Verbindungshalbleiter gerade fünf Jahre alt, der Halbleiterlaser sollte erst fünf Jahre später erfunden werden. Das damals gegründete Insti- tut für Elektrowerkstoffe hatte den Auftrag, Materialentwicklung für wehrtechnische Anwen- dungen zu betreiben. Das zuständige Verteidi- gungsministerium erwies sich übrigens als viel weitsichtiger, als die amerikanischen Militärs seinerzeit: nach der Erfindung des Transistors hielten sie diesen weder für geheimhaltungs- noch förderungswürdig – letzteres sicherlich 50 Jahre Fraunhofer IAF
Überall verfügbar und sauber – netzunabhängige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien noch enttäuschender für die Erfinder. Das Insti- Einige Beispiele seien hier genannt: Im wehrtech- tut für Elektrowerkstoffe wurde jedoch bald an- nischen Bereich setzten Infrarotdetektoren mit gehalten, sich mit den modernen Halbleitern zu höchster thermischer Auflösung und bispektrale beschäftigen, damit war sein Weg vorgezeichnet. Detektoren neue internationale Maßstäbe, eben- so wie Millimeterwellenschaltungen mit höch- Diese Ausrichtung wurde erfolgreich fortgesetzt sten Frequenzen. Im zivilen Sektor gehören GaN- mit den vom Bundesministerium für Bildung und Leistungsverstärker für die Mobilkommunikation, Forschung (damals noch BMFT – Forschung und Quantenkaskadenlaser und Leistungslaser zu den Technologie) geförderten Verbundprogrammen herausragenden Ergebnissen. auf dem Gebiet der III/V-Halbleiter, mit Vernet- zung der Forschungslandschaft und ausgepräg- Das IAF war und ist erfolgreich, gestützt durch ten Industriekooperationen. Das IAF konnte da- die Finanzierung und Förderung von BMVg und mit seine zivile Vertragsforschung ausbauen und BMBF – aber auch durch das Vertrauen unserer wurde zu einem führenden Forschungsinstitut in- und ausländischen Industriepartner. Dafür für Mikro- und Optoelektronik auf der Basis von danken wir. Galliumarsenid und seinen Verwandten. Messlatte für unsere Erfolge sind auch wissen- Es war ein erfolgreicher Weg mit den III/V-Halb- schaftliche Preise und erfolgreiche Ausgründun- leitern und der gesamten Kette von Materialent- gen. Entscheidend für Erfolg und Innovationen – wicklung, Prozesstechnologie, Bauelementen in fünfzig Jahren immer wieder erreicht – sind und integrierten Schaltungen. Das IAF hat die aber Wissen, Können und Fleiss der Mitarbeiter- bahnbrechenden Fortschritte in der Halbleiter- innen und Mitarbeiter des IAF. Dafür bedanke technologie mitgemacht, oft vorangetrieben. ich mich und wünsche dem IAF, für das ich Entwicklungen wie die Molekularstrahlepitaxie zwölf Jahre arbeiten durfte, weiterhin Erfolg für das atomlagengenaue Kristallwachstum von und gute Ideen. Halbleiterstrukturen und die Lateralstrukturie- rung im Nanometerbereich haben neue Bau- Ihr elemente – auch Quanteneffektbauelemente – ermöglicht, diese gehören schon seit vielen Jahren zum Portfolio des Fraunhofer IAF. Prof. Günter Weimann 50 Jahre Fraunhofer IAF
50 Jahre Fraunhofer IAF
Inhaltsverzeichnis Grußworte 2 Ein halbes Jahrhundert Halbleiter 50 Jahre Fraunhofer IAF 8 Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik im Kontext der bundesdeutschen Forschungs- und Innovationsgeschichte: Ein zeithistorischer Essay Helmuth Trischler 29 Kundenlösungen 68 Menschen am Fraunhofer IAF 75 Die Zukunft ist hell 89 50 Jahre Fraunhofer IAF –1
Hans-Jörg Bullinger Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Öffnung – der Schlüssel zu Innovationen Grundlegende technologische Durchbrüche bil- den die Voraussetzung für neue Schlüsseltech- nologien, deren Beherrschung für eine Volks- wirtschaft erfolgskritisch ist, weil sie viele Tech- nologiegebiete und Wirtschaftsbranchen radikal verändern. Die meisten Innovationen sind aber »inkrementelle« Verbesserungen; Produkte oder Verfahren werden entlang bestimmter »techno- logischer Pfade« schrittweise verbessert. Früher ging man davon aus, dass Innovationen in einer linearen Abfolge entstehen: Grundlagenfor- schung – Angewandte Forschung – Experimen- telle Entwicklung – Markteinführung – Markt- durchdringung. Heute wissen wir, dass einzelne Phasen vielfach miteinander rückgekoppelt sind. Und so stellt sich auch das Zusammenwirken von verteidigungsbezogener Forschung und ziviler Anwendung heute in einem anderen Bild dar. Die Geschichte des IAF zeigt die ganze Band- breite der großen technologischen Fortschritte, der kleinen Sprünge und der mühsamen Schritte »Die Wissenschaft braucht Zusammenarbeit, in die Anwendung. Die Flüssigkristalle, eines der in der sich das Wissen des einen durch die frühen Forschungsgebiete des IAF, haben Jahr- Entdeckung des anderen bereichert.« zehnte gebraucht, bis sie sich aus der Nische Ortega y Gasset befreien konnten und in die Massenanwendung überführt wurden. Heute haben die flachen Nach der anfänglichen Euphorie gehen neue LCD-Bildschirme nicht nur die Büros, sondern Forschungsansätze durch ein langes Tal der Er- auch die Haushalte erobert. Doch in Zeiten des nüchterung und brauchen oft mehr als ein Jahr- Booms kündigt sich bereits der Technologie- zehnt, bis sie sich am Markt durchsetzen und wechsel auf OLEDs oder andere noch neuere bewähren können. Zunächst eröffnen neue Displaytechnologien an. Das unerbittliche Gesetz Technologien ein unüberschaubares Potenzial an der Innovation demonstriert auch hier, dass auf Möglichkeiten. Die Leistung von Innovatoren dem Höhepunkt bereits der Abstieg beginnt. besteht darin, diese Vielfalt auf die erfolgsver- sprechenden Anwendungsfelder zu reduzieren. Den III/V-Halbleitern mit ihrem überragenden So gehören Durchhaltevermögen, Anpassungs- Potenzial für Hochgeschwindigkeitsschaltungen fähigkeit und Orientierung am Kunden zu den und Optoelektronik blieb bisher der Durchbruch entscheidenden Erfolgsfaktoren. Ohne langfristi- in den Massenmarkt versagt. Im Jahr 1989 kün- ge Strategie und kapitalkräftige Partner sind digte Hans S. Rupprecht, Leiter des IAF, gemein- viele Inventionen nicht umsetzbar. sam mit Roland Diehl in der Titelgeschichte von 2–50 Jahre Fraunhofer IAF
Bild der Wissenschaft an: »Gallium-Arsenid: Auch für die Entwicklung des »blauen Lasers« Das Zeitalter der Superchips«. Doch noch immer lieferte das IAF wichtige Grundlagen. schlagen in den Herzen der Computer Chips aus Silizium den Takt der digitalen Revolution. So Zur langfristig größten Erfolgsgeschichte könnte wurde mit Siliziumchips die Taktfrequenz seit sich die Erfindung der weißen Leuchtdiode ent- 1989 um den Faktor 50 beschleunigt, die Zahl wickeln. LEDs haben inzwischen die Nischen- der Transistoren pro Chip stieg sogar auf das bereiche der kleinen Anzeigen verlassen und 500fache. Allerdings: In Mobiltelefonen, An- erobern Schritt für Schritt alle Domänen der lagen der Nachrichtenübertragung und im Ab- Beleuchtung. Schon heute sind sie in Ampeln standradar von Oberklassefahrzeugen haben und Autobremslichtern zur alltäglichen Erschei- sich Chips aus Galliumarsenid durchgesetzt. nung geworden. In wenigen Jahren werden sie Und die Verbindungshalbleiter werden noch die Glühbirnen und Halogenlampen in unseren weitere innovative Lösungen hervorbringen. So Büros und Wohnungen verdrängen. Und auch hat die Forschung zur Gallium-Nitrid-Leistungs- diese Innovationsgeschichte lohnt sich genauer elektronik am IAF zu einem großen Industrie- zu untersuchen. Denn wieder einmal zeigt sich, projekt geführt, in dem Leistungsverstärker für dass auch eine überlegene Technologie Zeit, energieeffiziente Mobilfunk-Basisstationen ent- Durchhaltevermögen und finanzstarke Partner wickelt werden. Günter Weimann, der seit 1995 braucht, um sich durchzusetzen. Fraunhofer- Institutsleiter ist, hat das Institut noch stärker an Forscher entwickeln Ideen und liefern die tech- den Bedürfnissen der Industrie ausgerichtet. nologische Basis für neue Produkte und Dienst- leistungen, doch zur Innovation werden sie erst, Ähnliche Erfolge im »dual use« zum zivilen wenn sie von einem Unternehmen erfolgreich in Markt konnte das IAF in der Infrarotsensorik, bei den Markt eingeführt und durchgesetzt werden. Halbleiterlasern und in der Herstellung von Dia- Deshalb sind langfristige Partnerschaften und mantschichten erreichen. IAF-Forschern gelang strategische Kooperationen, wie sie das IAF mit es weltweit erstmalig, einen zweifarbigen Detek- zahlreichen Unternehmen pflegt, so wichtig für torchip zu entwickeln, der in der Lage ist, gleich- die Stärkung der Innovationsfähigkeit der deut- zeitig Strahlung in verschiedenen Wellenlängen schen Wirtschaft. wahrzunehmen. Für die bildgebende Infrarot- technologie stellt die Entwicklung dieser neuen Zum Jubiläum würdigen wir die Leistungen des Wärmebildgeräte einen entscheidenden Quali- IAF der vergangenen 50 Jahre. Wir wünschen tätssprung dar: So können die extrem empfind- den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch in lichen Detektoren nicht nur bei Frühwarnsys- Zukunft genügend gute Ideen und vor allem temen der Luftfahrt eingesetzt werden, sondern Mut, Ausdauer und Entschlossenheit zur Erobe- auch im Klimaschutz, der Überwachung von rung von technologischem Neuland. Industrieanlagen und Raffinerien und zur besse- ren Diagnostik in der Medizintechnik. Für diese Ihr Arbeiten wurde kürzlich der Landesforschungs- preis Baden-Württemberg verliehen. Bereits im Jahr 2002 ging diese hohe Auszeichnung an das Prof. Hans-Jörg Bullinger IAF für die Entwicklung neuer Halbleiterlaser. Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft 50 Jahre Fraunhofer IAF –3
Peter Eickenboom Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung Grußwort Die Bundeswehr gratuliert dem Fraunhofer- Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF zu seinem 50-jährigen Bestehen. Wir möchten da- durch auch unsere Verbundenheit mit einem der ältesten Fraunhofer-Institute ausdrücken, die sich der angewandten Forschung verschrieben haben. Das Fraunhofer IAF geht auf das »Institut für Elektrowerkstoffe IEW«, damals das vierte Forschungsinstitut der Fraunhofer-Gesellschaft, zurück. Gegründet aus dem Institut für physikali- sche Chemie der Universität Freiburg, lagen die Forschungsschwerpunkte des damaligen Fraun- hofer IEW in der Infrarot-, Mikrowellen- sowie Halbleiter- und Lumineszenzphysik. 1970 erfolg- te die Umbenennung in das heutige »Institut für Angewandte Festkörperphysik«. Heute sind in der Fraunhofer-Gesellschaft über 56 Institute integriert. Die Fraunhofer-Gesell- schaft im Allgemeinen und das Fraunhofer IAF im Besonderen stellen ein sichtbares Zeichen er- folgreicher, international etablierter Forschungs- tätigkeit und deutscher Forschungsförderungs- politik dar. Mit seinen fast 200 Mitarbeitern ist das Fraunhofer IAF auch eine feste Größe für die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Das Fraunhofer IAF gehört zu den Gründungsmit- gliedern des Fraunhofer-Verbundes »Verteidi- gungs- und Sicherheitsforschung VVS«. Die mitt- lerweile sechs Fraunhofer-Institute des VVS sind mit besonderem Erfolg auch auf dem Gebiet der wehrtechnischen Forschung tätig. Der VVS liefert wertvolle, anwendungsnahe Forschungsergeb- nisse, um zur inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beizutragen. In den zurückliegenden 50 Jahren ist das Fraunhofer IAF zu einem in Deutschland und Europa führenden Forschungsinstitut im Bereich der Halbleitertechnologien geworden. Das Bundesministerium der Verteidigung und das 4–50 Jahre Fraunhofer IAF
Bundesministerium für Bildung und Forschung Dem Fraunhofer IAF ist es in den zurückliegen- hatten hierfür mittel- bis langfristige Förderungs- den 50 Jahren gelungen, mit einem außeror- programme aufgelegt. Die IAF-Forschungsarbei- dentlich hohen Maß an Dynamik, Innovation, ten befassen sich mit der Material-, Bauele- Engagement und Eigeninitiative den Prozess der mente- und Schaltungsentwicklung und decken technologischen Weiterentwicklung entschei- alle Prozesse vom Entwurf bis hin zur Fertigung dend mitzuprägen und voranzutreiben. Für die von kleinen und mittleren Serien ab. Die Ver- Bundeswehr und insbesondere für den Bereich bindungshalbleiter des Fraunhofer IAF finden der Rüstung haben die IAF-Mitarbeiterinnen und Anwendung in der Nano-, Mikro- und Opto- -Mitarbeiter entscheidend zum Erhalt einer um- elektronik. Der Rüstungsbereich des Bundes- fassenden Urteils- und Beratungsfähigkeit auf ministeriums der Verteidigung kann davon dem Gebiet der Hochfrequenzschaltungen und unmittelbar profitieren. der optoelektronischen Bauelemente beigetra- gen. Die Leistungsfähigkeit des Fraunhofer IAF Im Bereich der militärischen Forschung & Tech- hat über 50 Jahre das Motto ihres Jubiläums ein- nologie wurden in den 80-er Jahren im Bereich drucksvoll hinterlegt: heller, schneller, stärker. von Gallium-Arsenid (GaAs) Forschungsarbeiten auf den Gebieten der Technologieentwicklung, In einem übergeordneten Zusammenhang lassen der Hochfrequenzelektronik und bei Infrarot- sich auch weiterhin neue Herausforderungen detektoren durchgeführt. Aufgrund ihres hohen identifizieren. Die bisherige strikte Trennung zwi- Dual-Use-Potenzials war die GaAs-Technologie schen wehrtechnischer und ziviler Forschung ist für viele Anwendungen attraktiv. In den letzten nicht mehr zeitgemäß, der politische Paradig- Jahren wurde darüber hinaus eine im europäi- menwechsel fordert einen verstärkten »Dual- schen Vergleich herausragende Stellung in der Use« in der Sicherheitsforschung. Das Fraun- Gallium-Nitrid (GaN)-Technologie für Leistungs- hofer IAF ist für den neuen Ansatz bestens auf- elektronik erzielt, die für den Einsatz in den gestellt. Zusammen mit den anderen Instituten Bereichen Mobilfunk und luftgestützte Radar- hat das Fraunhofer-Modell sogar Wissenschaft, systeme vorgesehen ist. Politik und Verwaltung überzeugt, die Bundes- wehr-eigenen Forschungsinstitute der FGAN zu- In der Infrarottechnik wurden immer hochleis- künftig unter das Dach der Fraunhofer-Gesell- tungsfähigere Infrarotdetektoren entwickelt. schaft in den Verbund VVS zu integrieren. Mitarbeiter des Fraunhofer IAF wurden dieses Jahr zum zweiten Mal in der Geschichte der Im Namen der Leitung des Bundesministeriums Fraunhofer-Gesellschaft mit dem »Landesfor- der Verteidigung und des Ministers gratuliere ich schungspreis Baden-Württemberg« ausgezeich- dem IAF besonders herzlich zum Geburtstag! net. Ihre weltweite Erstentwicklung einer »bi- spektralen Infrarot-Kamera« liefert hochauflö- sende Farbbilder bei Nacht. Die IR-Kamera findet Anwendungen in Flugzeugen als Detektor von Flugkörperwarnsystemen, als Sensor in Sicher- Dr. Peter Eickenboom heitssystemen, in der Medizintechnik und bei Staatssekretär im Bundesministerium der Klimaforschung. der Verteidigung 50 Jahre Fraunhofer IAF –5
Frieder Meyer-Krahmer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung Grußwort Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Fest- körperphysik hat in seinem 50-jährigen Wirken viele Erfolgsgeschichten von Innovationen »made in Germany« geprägt. Die Welterfolge von Halbleiterdioden aus Deutschland für Be- leuchtungsanwendungen sowie Laserdioden für Materialbearbeitung und Informations- und Kommunikationstechnologien wären ohne das IAF nicht denkbar gewesen. Das IAF hat die wis- senschaftlichen Grundlagen für energiesparende Leistungselektronik gelegt und damit den Weg zu erheblicher CO2-Einsparung gewiesen. Das zeigt, wie durch das Fraunhofer-Modell Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geschla- gen werden und sogar Aufholjagden im interna- tionalen Wettbewerb durch exzellente Forschung entschieden werden können. Die Exzellenz der Forschung am IAF ist mit den Namen vieler Wissenschaftler verbunden, aber besonders auch mit Herrn Professor Weimann als langjährigem Leiter. Mit dem Jubiläum in diesem Jahr wird Herr Professor Weimann seinen Ruhestand antreten. Ich bedanke mich für gute Zusammenarbeit und wünsche seinem Nach- folger ein ebenso innovationsförderndes Wirken. 6–50 Jahre Fraunhofer IAF
Überall verfügbar und sauber – netzunabhängige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien Auch für die Zukunft sehen wir das IAF gut auf- Logistik, die sichere Mobilität und die Gesund- gestellt. Die Forschungspolitik in den nächsten heit und Medizintechnik. Zusätzlich wird durch Jahren wird durch die Umsetzung der Hightech- Technologieverbünde branchenübergreifend die Strategie geprägt sein. In die Hightech-Strategie Technologieführerschaft in ausgewählten Tech- wird die Bundesregierung in den Jahren 2006 bis nologien ausgebaut. 2009 rund 14,7 Mrd € investieren. Das Signal ist klar: Vorfahrt für Innovation durch Forschung! Ich bin sicher: Das IAF wird zur erfolgreichen Ein zentrales Ziel ist, dass Forschungsergebnisse Umsetzung der Hightech-Strategie und insbe- schnell in die Anwendung gebracht werden. Der sondere des Programms IKT 2020 seinen Beitrag Fokus liegt auf 17 prioritären Innovationsfeldern. leisten. Ich wünsche dem IAF dabei weiterhin die Aus dem IAF sind Beiträge zu mindestens vier kreativen Ideen und deren konsequente anwen- dieser Prioritäten zu erwarten, nämlich zu den dungsorientierte Verfolgung, die wir für den Sicherheitstechnologien, den Informations- und Erfolg der Hightech-Strategie brauchen. Kommunikationstechnologien, der Nanotech- nologie und den Optischen Technologien. Die Informations- und Kommunikationstechno- Ihr logien sind mit rund 50 Mio € Projektförderung seit 1990 der gewichtigste Schwerpunkt am IAF aus Sicht des BMBF. Das BMBF hat die Förder- strategie in diesem Bereich mit dem Programm IKT 2020 neu ausgerichtet und auf die Ziele der Hightech-Strategie fokussiert. Durch Leitinnova- tionen werden ausgewählte Anwendungsfelder Prof. Frieder Meyer-Krahmer technologieübergreifend erschlossen. Dazu zäh- Staatssekretär im Bundesministerium len insbesondere die Automobilelektronik, die für Bildung und Forschung 50 Jahre Fraunhofer IAF –7
Ein halbes Jahrhundert Halbleiter 50 Jahre Fraunhofer IAF 26. März 1949: Gründung der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) in München. 1950 »Amt Blank« wird eingerichtet als Dienststelle des »Beauftragten für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen«. 1955 Gründung der Bundeswehr. »Amt Blank« wird zum Bundes- verteidigungsministerium (BMVg). 27. Mai: In einer Sitzung im Geologischen Institut der Universität Freiburg wird zwischen Universität, Landesgewerbe- amt Stuttgart, »Amt Blank« und Bundeswirtschaftsministerium die Gründung des Instituts für Elektro- werkstoffe IEW als Institut der Fraunhofer-Gesellschaft beschlossen. 1956 FhG übernimmt Verwaltungshilfe für Forschungsprojekte des BMVg. vor 1957 1952 erste Ge-Einkristalle 1954 erste Si-Einkristalle 1947 III/V-Halbleiter: 1953 erster Transistor 1948 Ge ist nicht rein genug, Prinzip der optischen Rechner mit (transfer-resistor) Feldeffekttransistor Si ist nicht billig genug Verstärkung 1000 Transistoren 8–50 Jahre Fraunhofer IAF
Eine Erfolgsgeschichte nimmt ihren Anfang 1. Juli: Institutsgründung als Institut für Elektrowerkstoffe IEW, unterge- bracht im Institut für physikalische Chemie der Universität Freiburg. Reinhard Mecke ist Institutsleiter. 1. November: Beginn der Forschungs- arbeiten am IEW, erstes Projekt: »Entwicklung einer paramagnetischen Resonanzapparatur«. 5 Mitarbeiter/innen Einweihung des Institutsneubaus am 25. März 1959. 24. März: Grundsteinlegung für Drei Abteilungen für gemeinsamen Neubau von IEW und - Infrarot-Technik Ernst-Mach-Institut in der Eckerstraße - Mikrowellen in Freiburg, geplante Baukosten - Elektrolumineszenz 630 TDM. Betriebshaushalt: 400 TDM Investitionen: 300 TDM 20 Mitarbeiter/innen 1957 1958 1959 erster integrierter Schaltkreis Prinzip des Heterobipolar-Transistors Si-Solarzelle 50 Jahre Fraunhofer IAF –9
Projektfinanzierung des IEW wird durch BMVg-Grundfinanzierung abgelöst: Wirtschafts- und Stellenplan über 2,12 Mio DM und 61 Stellen. Forschungsthemen: - Festkörperphysik einschl. Kristall- - und Halbleiterphysik - Lumineszenz-, Infrarot- und - Mikrowelleneigenschaften - Analytik Reinhard Mecke scheidet als Fackelzug zum 70. Geburtstag von Reinhard Mecke. Institutsleiter aus. Forschungsinhalte: Verlagerung der Forschungsschwer- - IR-Detektoren punkte auf Halbleiter und deren - II/VI-Verbindungshalbleiter, z. B. ZnS Anwendungen (auf Drängen des - Mikrowelleneigenschaften BMVg: »... keine Zeit für Hobbys ...«). - von Halbleitern Erste Arbeiten zu Flüssigkristallen. Erstes ziviles Drittmittelprojekt: Gas-Chromatographie an Wein u. a. 1965 1966 1967 1960 planarer Transistor, MOSFET Rubin-Laser 1962 stimulierte Lichtemission aus GaAs p-n-Diode erster Halbleiter-Laser 1963 Konzept der Heterostruktur 1965 Moore'sches Gesetz 10–50 Jahre Fraunhofer IAF
Der neue Schwerpunkt: Halbleiter Erste Ionenimplantationsanlage für verschiedene Ionen in Deutschland wird am IEW in Betrieb genommen. Adolf Goetzberger übernimmt FhG wird in die institutionelle IEW wird in Fraunhofer-Institut für die Institutsleitung. Förderung des Bundes aufgenommen. angewandte Festkörperphysik IaFP umbenannt. Halbleitertechnologie, auch an Si/SiO2-Grenzflächen, wird Institut nimmt Mittelposition ein zwi- Forschungsschwerpunkt. schen Grundlagen- und angewandter Forschung auf dem Gebiet der Halbleiter- und Festkörperphysik. 1968 1969 1970 Doppelheterostrukturlaser im Dauer- Ga- und As2-Absorption: strichbetrieb bei 300 K und Glasfaser: Anfang der Molekularstrahlepitaxie reduzierte Dimensionalität: Beginn der optischen Nachrichtentechnik Quantenfilme, -drähte und -punkte Metallorganische Gasphasenepitaxie Liquid Crystal Display (LCD) von GaAs erste GaN-Schichten erster 1 kB-DRAM 50 Jahre Fraunhofer IAF –11
13./14. Dezember: Interministerielles Abkommen über gemeinsame Finan- zierung des Instituts durch BMVg und BMFT. Sieben Abteilungen: - Festkörperphysik - Festkörperchemie - Halbleiter - Ionenimplantation - IR-Technik - Mikrowellenphysik - Flüssigkristalle IAF-Trakt wird aufgestockt. Institutsleiter Goetzberger überwacht Baufortschritt. Forschungsthemen: - Gunn-Effekt - IR-Photokathoden aus PbSnTe - III/V-Halbleiter IaFP richtet 1. Infrarot-Kolloquium 29. Mai: Erste Sitzung des sowie 1. Freiburger Arbeitstagung Institutsleitungsausschusses (ILA). Inbetriebnahme der ersten SIMS »Flüssigkristalle« aus. (Secondary Ion Mass Spectrometry). Betriebshaushalt: 3,0 Mio DM, davon 92 % BMVg-grundfinanziert Investitionen: 0,6 Mio DM ca. 70 Mitarbeiter/innen, davon 40 Wissenschaftler/innen 1971 1972 1973 Niederdruck-CVD erste GaN-LEDs Theorie des Quantenkaskadenlasers DFB-Laser µ-Prozessor MOCVD für ternäre und quaternäre III/V-Verbindungen 12–50 Jahre Fraunhofer IAF
IAF wird größer: zivile Forschung Forschungsthemen: Betriebshaushalt: 5,2 Mio DM, Umbenennung in IAF. Gunn- und InP IMPATT-Dioden davon 75 % BMVg-grundfinanziert aus GaAs und InP. Investitionen: 2,0 Mio DM Herausgabe des ersten Tätigkeitsberichts. Forschungsthemen: - 90 GHz-Schottky-Mischerdioden - und InP-Gunn-Dioden - Fluoreszenz-aktivierte - Flüssigkristall-Displays (FLAD) 1974 1975 1976 erster Mikroprozessor von Intel »Intel 8080: the most important product of the 20th century« elektrischer Transport in Übergittern stimulierte Lichtemission aus GaN Molekularstrahlepitaxie für Bauelemente quantisierte Elektronenzustände im Potentialtopf: (AlGa)As-Quantenfilme QW-Laser-Emission 50 Jahre Fraunhofer IAF –13
Sonnenkollektoren werden entwickelt. Raumnot: 2000 m2 sind zu wenig für Kleinserienherstellung von PbSnTe Detektor- und FLAD-Techno- das wachsende Institut. Oberflächenwellenfiltern und logie werden an Industrie transferiert. Esaki-Dioden. IAF installiert erste MBE-Anlage. Betriebshaushalt: 6,4 Mio DM, Fraunhofer-Preis an davon 66 % BMVg-grundfinanziert Erster Fraunhofer-Preis R. Diehl, W. Jantz, W. Wettling: Investitionen: 1,4 Mio DM geht an IAF-Mitarbeiter »High-Intensity Brillouin Scattering 115 Mitarbeiter/innen, W. Greubel und G. Baur: from Parametrically Excited Phonons in davon 46 Wissenschaftler/innen »Fluoreszenz-aktivierte Displays FeBO3 and Vapour Growth of Bulk (FLAD)«. FeBO3 Single Crystals«. 1977 1978 1979 Heterostruktur mit zweidimensionalem Elektronengas Konzept des vertikal emittierenden erstes Glasfasernetz in Chicago Lasers 14–50 Jahre Fraunhofer IAF
IAF wird kleiner ... Gründung einer »Befristeten Goetzberger verlässt mit 20 Mitar- Materialentwicklungen zu HgCdTe. Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe für beiter/innen das IAF: Gündung des Mikrowellenkomponenten für Solare Energiesysteme« durch Adolf Fraunhofer-Instituts für Solare 40 – 140 GHz. Goetzberger. Energiesysteme ISE. Versuche zur Lösungszonenzüchtung Gerhard Meier wird kommissarischer von Kristallen (für Spacelab). Institutsleiter des IAF. Betriebshaushalt Fraunhofer-Preis an U. Kaufmann: und Investitionen: 10 Mio DM »Arbeiten über Defektanalyse in 123 Mitarbeiter/innen III/V-Halbleitern«. 1980 1981 HEMT (high electron mobility transistor) erster PC von IBM hohe optische Verstärkung in Quantenfilmen und -punkten GRINSCH-Laser 50 Jahre Fraunhofer IAF –15
... und wieder größer Ausrichtung des Instituts auf III/V- BMFT startet industrieorientierte 1. Mai: Hans S. Rupprecht wird Halbleiter und deren Anwendungen. Verbundforschung, so auch »GaAs- Institutsleiter. Elektronik«. Neugliederung mit Abteilungen für IAF koordiniert BMFT-Verbundpro- - Festkörperphysik Thematische Neuausrichtung auf III/V- gramm »GaAs-Elektronik«. IAF baut - Materialforschung Halbleiter wird durch Zukauf des damit zivile Vertragsforschung aus. - Prozesstechnologie Gebäudes Sonnenstraße 5 und dortige - IR-Bauelemente Reinraumeinrichtung flankiert. Betriebshaushalt: 11 Mio DM, - Mikrowellen-Bauelemente davon 70 % BMVg-grundfinanziert - Displaytechnik Inbetriebnahme der ersten Investitionen: 8 Mio DM Elektronenstrahllithographie-Anlage. 137 Mitarbeiter/innen Umfangreiche Investitionen in Ausrüstung (MBE, ESCALAB u. a.). IAF gehört zu den Fraunhofer-Preis an H. Ennen, Gründungsmitgliedern des A. Axmann, W. Haydl: »Lumineszenz Institut mit insgesamt 2447 m2 auf Fraunhofer-Verbunds Seltener Erden in III/V-Halbleitern und 7 Standorte in Freiburg verteilt. »Mikroelektronik«. Silizium«. 1983 1984 1985 Massenproduktion von Konzept QWIP (quantum well infrared photodetector) Al(Ga)As-Laser mit MBE 16–50 Jahre Fraunhofer IAF
Das Haus wird größer: Tullastr. 72 Verstärkte Kooperation mit Industrie IAF erwirbt Gebäude Tullastraße 72. Umbau des Gebäudes Tullastraße 72. im Verbund »GaAs-Elektronik«. Betriebshaushalt: 18 Mio DM IAF-Technologie basiert auf modernen hohe Investitionen von 15 Mio DM Quanteneffekt-Bauelementen wie im Rahmen des Schwerpunkts HEMTs und QW-Lasern. GaAs-Elektronik (12 Mio vom BMFT) 162 Mitarbeiter/innen, Fraunhofer-Preis an J. Windscheif und davon 63 Wissenschaftler/innen W. Wettling: »Infrarot-Topografie von Gallium-Arsenid-Substraten«. 1986 1987 1988 erster funktionsfähiger QWIP optisches Transatlantik-Kabel 50 Jahre Fraunhofer IAF –17
Erfolg durch Patente Patentanmeldung G. Baur, W. Fehrenbach, R. Kiefer, B. Weber, F. Windscheid: »Elektro- optisches Flüssigkristallschaltelement«. Dies ist das bislang erfolgreichste IAF-Patent. »Fertigungslinie« für GaAs-Elektronik QWIPs für 3 – 5 µm und 8 – 12 µm Beginn der BMFT-Verbundprogramme in der Sonnenstraße geht in Betrieb. am IAF realisiert. »Drei-Fünf-Elektronik« (1991 – 1995) und Photonik I (1991 – 1994). Koordi- Umbau des neuen Institutsgebäudes nation beider Programme durch IAF. Tullastraße 72 beendet, Gesamtkosten ca. 70 Mio DM. IAF verfügt jetzt über IAF begleitet Materialentwicklung bei 10 000 m2 Büro- und Laborfläche mit Freiberger Elektronikwerkstoffe GmbH. einem Reinraum von 1000 m2. Umzug aus der Eckerstraße beginnt. 1989 1990 1991 Quantenpunktlaser Nanotechnologie: Atome werden manipuliert 18–50 Jahre Fraunhofer IAF
Der Reinraum ist fertiggestellt, die Neue Forschungs- und Technologie- BMFT-Forschungsverbund zur Prozesstechnologie zieht aus der themen (FuT): Entwicklung »Blauer LEDs« Sonnenstraße in die Tullastraße. - GaN für kurzwellige Lichtemission (1994 – 1997). - und Leistungselektronik Betriebshaushalt: 23,4 Mio DM, - Sb-haltige Übergitter für IR-Technik Koordination des Leitprojekts davon 38 % BMVg-grundfinanziert LASER 2000 (1994 – 1997) durch IAF. Investitionen: 8,2 Mio DM IAF ist Veranstalter des »20th Inter- 190 Mitarbeiter/innen, national Symposium on GaAs and Die Abteilung Display-Technologie wird davon 67 Wissenschaftler/innen Related Compounds« in Freiburg. aufgelöst, neue Abteilungsstruktur: - IR-Technik Fraunhofer-Preis an M. Konstanzer: Zwei Fraunhofer-Preise für das IAF: - Bauelemente- und »Entwicklung neuer Verfahren und an W. Haydl, M. Schlechtweg, Schaltkreisentwicklung Geräte zum stromstoßfreien Ein- A. Hülsmann für »Koplanare Leitungs- - Prozesslabor schalten von Netztransformatoren«. technik und ihre Anwendung in - Explorative Technologie Mikrowellen- und Millimeterwellen- - Analytik Systemen« und an K.-H. Bachem, - Materialforschung W. Pletschen für »Der GaInP/GaAs- Hole-Barrier-Bipolartransistor«. 1992 1993 1994 Quantenkaskadenlaser Pentium-Mikroprozessor mit 3 Millionen Transistoren kommerzielle GaN-DH-LEDs 50 Jahre Fraunhofer IAF –19
Von der Technologie zur Anwendung ... 31. März: Hans S. Rupprecht scheidet als Institutsleiter aus, Manfred Berroth wird kommissarischer Institutsleiter. 1. Oktober: Günter Weimann wird Institutsleiter. Beginn BMBF-Verbundprogramm Photonik II (1995 – 1998). 1. Jahrestagung LASER 2000. In der IR-Technik werden 64 x 64- QWIP-FPAs realisiert. InAs/GaSb-Übergitter für Detektoren in der Entwicklung. Erfindung »Plasmareaktor« für die Abscheidung von CVD-Diamant von M. Füner, P. Koidl, C. Wild wird zum Patent angemeldet. Hans S. Rupprecht erhält Bundes- verdienstkreuz für seine Beiträge zur nationalen GaAs-Forschung. Fraunhofer-Preis an K.-H. Bachem, J. Winkler, J. Wiegert: »MOVPE- Reaktor für die Massenproduktion von III/V-Halbleitern«. 1995 blaue und grüne GaN-LEDs 20–50 Jahre Fraunhofer IAF
Veränderte Förderung des BMBF: GaAs-Linie wird auf 4"-Substrate »Anwendung statt Technologie«, umgestellt. verstärkte Industriekooperationen. IR-Laser für 2 – 5 µm werden entwickelt. QWIPs mit 256 x 256 Pixel. 256 x 256-QWIPs erreichen 13 mK InAs/GaSb-Übergitter erreichen Temperaturauflösung. Anwendungsreife. IAF koordiniert NOVALAS IAF richtet Internationalen Workshop (1997 – 2002), den Nachfolgeverbund EXMATEC (Expert Evaluation & Con- von LASER 2000. trol of Compound Semiconductor Materials & Technologies) in Freiburg Die Erfindung von H. Schneider und aus. M. Walther: »Halbleiterheterostruktur- Strahlungsdetektor für Wellenlängen Gemeinschaftserfindung mit Siemens aus dem infraroten Spektralbereich« AG (heute Osram Opto Semicon- wird zum Patent angemeldet. IAF arbeitet an Europas ersten blauen ductors) zu LUKO-LEDs wird zum Diodenlasern. Patent angemeldet. IAF-Miterfinder Fraunhofer-Preis an J. Schneider, Erste GaN-Leistungstransistoren. sind J. Schneider, P. Schlotter, P. Schlotter, R. Schmidt: »Weiße QWIPs mit 640 x 512 Pixel. R. Schmidt. Single-Chip LEDs«. IAF-QWIPs in kommerziellen IR-Kameras. Betriebshaushalt: 31,9 Mio DM Investitionen: 5,3 Mio DM Personal erreicht Höchststand mit 240 Mitarbeiter/innen. 1996 1997 1998 Tbit/s-Übertragung über Glasfaser MOS-Transistor mit 14 nm-Gate 50 Jahre Fraunhofer IAF –21
... mit Qualität, Preisen, Ausgründungen Sonderbriefmarke zum 50-jährigen Jubiläum der Fraunhofer-Gesellschaft. Laserbarren mit 200 W Ausgangs- Strategiediskussion am IAF führt zur leistung. Definition von fünf Geschäftsfeldern mit abteilungsübergreifender Struktur: Ausgründung von EpiNova GmbH zur - MMICs Herstellung von Halbleiterschichten. - Mischsignalschaltungen - Infrarot-Sensoren Fraunhofer-Preis an M. Füner, P. Koidl, - Laser und LEDs C. Wild: »Plasmaabscheidung großflä- - CVD-Diamant chiger Diamantwafer«. 1999 2000 Strukturen < 100 nm in Mikroelektronik-Produktion Nobelpreis in Physik für Herbert Krömer für Heterostruktur 22–50 Jahre Fraunhofer IAF
H. Schneider, J. Fleissner, M. Walther erhalten gemeinsam mit Mitarbeitern von AIM Infrarot-Module GmbH den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft 2001: »Thermographie-Kamera höchster thermischer Auflösung«. Entwicklung von Quantenkaskaden- IAF ist Gründungsmitglied des Betriebshaushalt: 16,8 Mio € lasern beginnt. Fraunhofer-Verbunds für Verteidi- hohe Investitionen von 6,1 Mio € gungsforschung und Wehrtechnik, für Großgeräte Für gesamtes Institut wird Qualitäts- später Verbund für Verteidigungs- 214 Mitarbeiter/innen, managementsystem nach DIN EN ISO und Sicherheitsforschung (VVS). davon 83 Wissenschaftler/innen 9001:2000 eingeführt. FuT-Schwerpunkte sind IR-Detektoren M. Kelemen, M. Mikulla, R. Kiefer, Ausgründung der m2k-laser GmbH und GaN-Leistungselektronik. M. Walther erhalten den Landesfor- zur Herstellung von Hochleistungs- schungspreis Baden-Württemberg diodenlasern. für Angewandte Forschung 2002: »Höchstbrillante Diodenlaser«. 2001 2002 50 Jahre Fraunhofer IAF –23
Hohe Frequenzen, hohe Bitraten IAF greift Aufbau- und Modultechnik auf, um »Komplettlösungen« zu bieten. Das Institut geht enge Kooperation mit AIM Infrarot-Module GmbH ein auf dem Gebiet der IR-Technik. Ausgründung der Diamond Materials GmbH für Diamantprodukte. Heinrich-Hertz-Preis 2004 der EnBW- Stiftung an Günter Weimann für sein Lebenswerk »Beiträge zur Anwen- dung und richtungweisenden Weiter- entwicklung von III-V-Halbleiterstruk- turen für die Optoelektronik«. MMICs mit 220 GHz setzen weltweite Bestmarke. Mischsignalschaltungen auf Basis der InP-DHBTs für 100 Gbit/s. Kooperationsvertrag mit EADS Defence für verteidigungsbezogene Elektronik. IAF-Mitarbeiter gründen die Semimap GmbH für Waferanalytik. 2003 2004 Prescott-Prozessor mit 125 Millionen Transistoren 90 nm-Strukturen 24–50 Jahre Fraunhofer IAF
... und hohe Leistung ISCS 2005: Günter Weimann und Klaus von Klitzing bei der Tagungseröffnung Neues FuT-Thema: Die Forschungs- und Technologie- Betriebshaushalt: 15,5 Mio €, Großflächige CdHgTe-Epitaxie. bereiche des IAF werden in vier davon 41 % BMVg-grundfinanziert Abteilungen neu strukturiert: Investitionen: 3,8 Mio € GaN-Leistungsverstärker für - HF-Bauelemente und -Schaltungen 187 Mitarbeiter/innen, Basisstationen erreichen 100 W - Epitaxie und IR-Komponenten davon 68 Wissenschaftler/innen Ausgangsleistung. - Optoelektronische Module - III/V-Technologie Fraunhofer-Preis an C. Wild, IAF richtet »32nd International E. Wörner, D. Brink: »Hochpräzise Symposium on Compound Bisher größtes Industrieprojekt des IAF Diamant-Hohlkugeln für die Semiconductors ISCS 2005« in Rust (mit NXP und UMS) hat Kommerzia- Trägheitsfusion«. bei Freiburg aus. lisierung der GaN-Elektronik als Ziel. 2005 2006 Moore'sches Gesetz am Ende? 2- und 4-Kern-Prozessoren 50 Jahre Fraunhofer IAF –25
IAF wird 50! heller – schneller – stärker Günter Weimann und Oliver Ambacher mit den Kuratoren des IAF im Juni 2007. Oliver Ambacher wird auf eine Professur für Verbindungs- halbleiter und Mikrosysteme an der Universität Freiburg und als künftiger Institutsleiter des IAF berufen. IAF erhält zum zweiten Mal den Landesforschungspreis Baden-Württemberg für Angewandte Forschung: »Bispektrale hochauflösende Infrarot-Kameras – Farbbilder im Infraroten«. Preisträger sind M. Walther, R. Rehm, J. Fleissner, J. Schmitz. 2007 26–50 Jahre Fraunhofer IAF
Überall verfügbar und sauber – netzunabhängige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien Als Forscher sind wir gefragt – damals und heute. 50 Jahre Fraunhofer IAF –27
28–50 Jahre Fraunhofer IAF
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik im Kontext der bundesdeutschen Forschungs- und Innovationsgeschichte: Ein zeithistorischer Essay Helmuth Trischler Dieser Essay aus zeithistorischer Perspektive ordnet die Herausbildung und Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörper- physik (IAF) in Freiburg in einen doppelten Kon- text ein: erstens in die bundesdeutsche Zeit- geschichte seit dem Wiederaufbau der 50er- Jahre, die Forschungs- und Technologiepolitik des Bundes und der Länder und die Entwicklung des nationalen Innovationssystems, zweitens in die Entwicklung der 1949 gegründeten Fraun- hofer-Gesellschaft, in deren Verbund das IAF seit seiner offiziellen Gründung im Jahr 1957 agiert. Dabei werden auch markante Entwicklungen in den vom IAF jeweils vorrangig bearbeiteten Forschungs- und Technologiefeldern zu berück- sichtigen sein und damit Prozesse, die aus dem nationalen Innovationsraum herausführen. Der Essay ist in vier Perioden gegliedert, die die bundesdeutsche Forschungs- und Innovations- geschichte mit der Entwicklung des IAF verknüp- fen. Er endet mit einem resümierenden Blick auf aktuelle und künftige Perspektiven, die sich aus der Langzeitbetrachtung der Institutsent- wicklung ergeben. 50 Jahre Fraunhofer IAF –29
Primat der Verteidigungsforschung Das Freiburger Institut in den 50er- und 60er-Jahren (1949/57 – 1968) Publikationen war Deutschland in der Zwischen- Das bundesdeutsche Forschungs- und kriegszeit eine im internationalen Vergleich ein- Innovationssystem im Wiederaufbau malige Wissensgesellschaft. Hinzugefügt werden muss, dass der bereits im Ersten Weltkrieg geleg- In Deutschland bildete sich in den Jahrzehnten te Pfad der Autarkie, der durch die nationalsozia- zwischen der Reichsgründung von 1871 und dem listische Rüstungs- und Kriegswirtschaft breit aus- Ersten Weltkrieg ein nationales Innovationssystem gebaut wurde, einen Großteil dieses Innovations- heraus, das aufgrund seiner hohen wissenschaft- potenzials absorbierte.1 lichen Leistungsfähigkeit international viel beach- tet und vielfach nachgeahmt wurde. Die Universi- Der doppelte Aderlass der Vertreibung der jüdi- täten entwickelten sich durch den Ausbau der schen Wissenschaftler nach 1933 und der Ein- Seminare und den Aufbau moderner Labora- berufungen und Verluste des Zweiten Weltkriegs torien zu forschungsorientierten Institutionen führte das deutsche Innovationssystem in den weiter, die im Bereich der Natur- und Ingenieur- Niedergang. Als die Alliierten 1945/46 die deut- wissenschaften mit den sich herausbildenden sche Forschung mit umfassenden Verboten be- Technischen Hochschulen um die wachsende Zahl legten, einem formal bis zu den Pariser Verträgen von Studierenden konkurrierten. Sowohl auf der vom Mai 1955 dauernden Regime der Kontrolle Ebene der Einzelstaaten als auch des Reiches dif- unterwarfen, und mit den »Intellektuellen Re- ferenzierte sich eine breite Landschaft von außer- parationen« der teils freiwilligen, teils erzwunge- universitären Forschungseinrichtungen aus, aus nen Abwanderungen tausender Wissenschaftler der seit 1911 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, die und Ingenieure einem erneuten Aderlass unterzo- Vorläuferin der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), gen, hatte Deutschland in vielen Bereichen der herausragte. Parallel dazu entstand in der Indus- Naturwissenschaft und Technik bereits seine trie, ausgehend von den neuen Branchen der Spitzenstellung eingebüßt. Chemie und der Elektrotechnik, eine breite Infra- struktur von Forschungslaboratorien, die mit den Umso bemerkenswerter ist es, wie rasch es ge- Hochschulen und außeruniversitären Forschungs- lang, das tradierte Innovationssystem in seinen einrichtungen eng vernetzt waren. In Reaktion Strukturen wiederaufzubauen und um neue, der darauf entfaltete der sich ausdifferenzierende 1 Leistungs- und Interventionsstaat Instrumente der Aus der Fülle der Literatur vgl. bes. die resümierenden Artikel von Otto Keck: The National System for Technical Wissenschaftsadministration. Innovation in Germany, in: Richard R. Nelson (Hrsg.): National Innovation Systems. A Comparative Study. Oxford Dieses hoch leistungsfähige Innovationssystem u. a. 1993, S. 115-157, Margit Szöllösi-Janze: Wissensge- fächerte sich während und im Gefolge des Ersten sellschaft in Deutschland. Überlegungen zur Neubestim- mung der deutschen Zeitgeschichte über Verwissenschaft- Weltkriegs weiter aus, insbesondere durch die lichungsprozesse, in: Geschichte und Gesellschaft 30 (2004), Gründung der Notgemeinschaft für die Deutsche S. 275-311, und Ulrich Wengenroth: Die Flucht in den Wissenschaft, die sich 1932 in Deutsche For- Käfig. Wissenschaft und Innovationskultur in Deutschland 1900-1960, in: Rüdiger vom Bruch/Brigitte Kaderas (Hrsg.): schungsgemeinschaft (DFG) umbenannte. Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Bestandsauf- Gemessen an der Quantität und Qualität der nahmen zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten im Wissenschaftler und der von ihnen produzierten Deutschland des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 2002, S. 52-59. 30–50 Jahre Fraunhofer IAF
Primat der Verteidigungsforschung Das Freiburger Institut in den 50er- und 60er-Jahren (1949/57 – 1968) parlamentarischen, föderalistischen Demokratie für Datenverarbeitung und Mikroelektronik – auf- angepassten Institutionen zu erweitern. Schon legte, mündete 1969 in einer Grundgesetzände- vor Gründung der Bundesrepublik im Mai 1949 rung. Der neue Art. 91b zementierte die Domi- bildete sich die Max-Planck-Gesellschaft heraus, nanz des Bundes in der Forschungspolitik.2 ebenso der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die in Deutsche Forschungsge- Und doch blieben Leerstellen im nationalen meinschaft (DFG) umbenannte Notgemeinschaft Innovationssystem, die erst allmählich gefüllt für die Deutsche Wissenschaft und der von wurden. Die zwei markantesten Leerstellen bilden Werner Heisenberg gegründete Deutsche For- den Hintergrund für die spätere Gründung des schungsrat konkurrierten einstweilen um die Freiburger Instituts: die angewandte Forschung politische Akzeptanz als führende Selbstver- und die Verteidigungsforschung. Das Füllen die- waltungsorganisation der Wissenschaft, ehe sie ser beiden Lücken verlief als Doppelprozess, in 1951 zur neuen DFG fusionierten. Die Bundes- dem sich zwei Entwicklungen wechselseitig länder fanden im Königsteiner Staatsabkommen bedingten. vom 24. März 1949 zu einer rechtlich-admini- strativen Übereinkunft zur Finanzierung der Forschungs- und Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung. Die Gründung der Fraunhofer-Gesellschaft im Spannungsfeld von Verteidigungs- und Mit den 1954/55 eingerichteten Kernforschungs- Vertragsforschung zentren in Karlsruhe, München, Jülich und Geest- hacht bei Hamburg und der Wiedergründung Gerade einmal zwei Tage, nachdem sich die einer ganzen Handvoll von Forschungseinrich- Bundesländer in Königstein auf das grundlegen- tungen der Luftfahrt besetzte die Bundesrepublik de Abkommen zur Finanzierung der überregiona- noch vor dem offiziellen Ende der alliierten Ver- len Forschungseinrichtungen verständigt hatten, bote zudem zwei Forschungsfelder, die zeitge- wurden in München weitere Weichen für den nössisch als besonders zukunftsträchtig galten. Ausbau des deutschen Innovationssystems ge- Aus der Kernforschung und Luftfahrtforschung stellt. Am 26. März 1949 versammelte sich im heraus bildete sich schließlich die institutionelle großen Sitzungssaal des Bayerischen Wirtschafts- Innovation der Großforschung. Die Großfor- ministeriums eine illustre Runde, um die Fraun- schungseinrichtungen wurden im Verlauf der hofer-Gesellschaft für angewandte Forschung 60er-Jahre zur forschungspolitischen Hausmacht (FhG) zu gründen. Die neue Forschungsgesell- des Bundes, auf der er seinen Positionsgewinn schaft wählte den prominenten Physiker und gegenüber den Ländern gründete. Die Erweite- Rektor der Universität München, Walther Gerlach, rung des Bundesatomministeriums zum Bundes- zu ihrem Präsidenten. Sie verstand sich als dritte ministerium für wissenschaftliche Forschung Säule der bundesdeutschen Forschung neben der 1962, das den Ausbau der Raumfahrt- und Weltraumforschung betrieb und zum Ende der 2 Vgl. Margit Szöllösi-Janze und Helmuth Trischler (Hrsg.): 60er-Jahre ein ganzes Bündel von Förderpro- Großforschung in Deutschland. Frankfurt a. M. und New grammen für Neue Technologien – darunter auch York 1990. 50 Jahre Fraunhofer IAF –31
Primat der Verteidigungsforschung Das Freiburger Institut in den 50er- und 60er-Jahren (1949/57 – 1968) DFG und der MPG, die in den Worten ihres Präsi- naler Bedeutung auszufüllen, eine Vermittlungs- denten Aufgaben bearbeitete, »die in Gemein- stelle für Vertragsforschung aufzubauen, ging es schaftsarbeit zwischen Wissenschaft und Wirt- doch darum, das drohende Ausgreifen des ameri- schaft durchgeführt werden«.3 kanischen Battelle-Instituts auf den deutschen Forschungsmarkt zu verhindern. Meinungs- Tatsächlich aber hatte es der homo novus schwer, führende Kreise der Industrie, allen voran der seine Position gegenüber den etablierten Insti- Vorstandsvorsitzende der Metall-Gesellschaft tutionen durchzusetzen. Die in München ansässi- und Vorsitzende des Stifterverbandes, Richard ge Gesellschaft wurde als »weiß-blaue Extra- Merton, nahmen im Verein mit den Spitzen der wurst« tituliert und heftig angefeindet. Allen Forschung Battelle als Fortsetzung der intellek- voran der Stifterverband, dem die Konkurrenz tuellen Ausplünderung Deutschlands nach dem der FhG bei der Einwerbung industrieller Zweiten Weltkrieg wahr.5 Spendengelder ein Dorn im Auge war, und die DFG, die um ihre Position als Repräsentantin der Den Ausweg aus der Krise wies die 1954 einset- gesamten bundesdeutschen Forschung fürchtete, zende Kooperation mit der Stuttgarter Landes- versuchten, den Münchnern das Wasser abzu- regierung, die die traditionell starke Position des graben. Auf der Suche nach einer institutionelle Südweststaats in der angewandten Forschung Stabilität und Wachstum ermöglichenden Auf- weiter auszubauen anstrebte. Auf Stuttgarter gabenstellung fuhr die FhG im ersten Jahrzehnt Initiative hin verlegte sich die FhG nun darauf, ihrer Existenz einen Schlingerkurs, der sich auch eigene Institute aufzubauen bzw. zu betreiben. darin zeigte, dass sich Gerlach aufgrund heftiger Als erstes Institut wurde im Juli 1954 in Mann- Anfeindungen gegenüber seiner Linie einer fried- heim das Fraunhofer-Institut für angewandte lichen Koexistenz zu Stifterverband und DFG zum Mikroskopie, Photographie und Kinematographie Rücktritt veranlasst sah. (IMPK) gegründet. Ein Rettungsanker in ihrem Überlebenskampf war 3 Protokoll der ersten Senatssitzung der FhG am 6.5.1949, das Angebot des Bundeswirtschaftsministeriums, IfZ, ED 721/29; vgl. hierzu und zum Folgenden Helmuth an der Vergabe von Mitteln des European Re- Trischler und Rüdiger vom Bruch: Forschung für den Markt. covery Program (ERP) im Rahmen des Marshall- Geschichte der Fraunhofer-Gesellschaft. München 1999, Plans mitzuwirken. Im Unterschied zu den S. 30-83, sowie Helmuth Trischler: Problemfall – Hoffnungs- anderen westeuropäischen Staaten floss in der träger – Innovationsmotor: Die politische Wahrnehmung der Vertragsforschung in Deutschland, in: Peter Weingart und Bundesrepublik ein gewichtiger Teil der ERP- Niels C. Taubert (Hrsg.): Das Wissenschaftsministerium. Ein Mittel in die Förderung anwendungsorientierter halbes Jahrhundert Forschungs- und Bildungspolitik in Forschung, und die FhG partizipierte an deren Deutschland. Bielefeld 2006, S. 236-267. 4 Vgl. John Krige: American Hegemony and the Postwar Verteilung.4 Sie weitete damit nicht nur ihr wis- Reconstruction of Science in Europe. Cambridge und senschaftliches Netzwerk aus, sondern auch ihre London 2006, S. 36. 5 S. dazu auch Winfried Schulze: Der Stifterverband für Kontakte zu Bonner Regierungsstellen. Dennoch drohte ihr 1953/54 das forschungspolitische Aus, die Deutsche Wissenschaft 1920-1995. Berlin 1995, und Jürgen Lieske: Forschung als Geschäft. Die Entwicklung als sie es nicht vermochte, die ihr von Stifterver- von Auftragsforschung in den USA und Deutschland. band und DFG zugedachte Aufgabe von natio- Frankfurt a. M. und New York 2000. 32–50 Jahre Fraunhofer IAF
Primat der Verteidigungsforschung Überall Das Freiburger Institut in den 50er- und 60er-Jahren (1949/57 – 1968) verfügbar und sauber – netzun- Nach der Gründung des Bundesverteidigungs- schaft. In einer Phase, in der die DFG und die ministeriums und dem offiziellen Beginn des MPG penibel jeden Kontakt mit dem Verteidi- Aufbaus der Bundeswehr im Mai 1955 waren gungsministerium vermieden, war dies für Bonn die Karten neu gemischt. Nun bot sich der von besonderem Wert. Im Gegenzug sicherte die Fraunhofer-Gesellschaft die Option, sich durch ministerielle Finanzierung der vier Verteidigungs- die Kooperation mit der Hardthöhe einen festen institute der Fraunhofer-Gesellschaft ihre Platz im Innovationssystem zu sichern. Ihr Ge- Existenz, und die hohen durchlaufenden Mittel schäftsführer Norbert Hederer, der als ehemaliger der verteidigungsbezogenen Forschung vergrö- Referent im Reichsluftfahrtministerium über viel- ßerten ihren Spielraum, parallel dazu zivile fältige Kontakte zum Verteidigungsbereich ver- Institute aufzubauen und sich allmählich als fügte, schnürte Mitte des Jahres 1955 ein Paket, Einrichtung für Vertragsforschung zu etablieren. das die forschungspolitischen Interessen Baden- Württembergs und des BMVg mit dem Bedarf Diese symbiotische Beziehung löste die beiden von Fraunhofer an engen Beziehungen zur forschungspolitischen Außenseiten aus ihrer Stuttgarter Landesregierung und an einer Randstellung im nationalen Innovationssystem. bundespolitischen Ausweitung seiner Aktivitäten Freilich brachte diese Kooperation der Fraun- abstimmte. Geschickt brachte er die föderalen hofer-Gesellschaft den zweifelhaften Ruf ein, Vorbehalte Baden-Württembergs in Stellung, um vor allem Militärforschung zu betreiben. In der zu verhindern, dass »wieder ein Heeres-Waffen- reform- und friedensbewegten Phase der späten amt mit seinen bekannten unerfreulichen Er- 60er-Jahre sollte sich dieser Ruf als schwere scheinungen« entstehe; stattdessen regte er an, Bürde erweisen. in Freiburg einen regionalen Schwerpunkt prak- tisch orientierter Forschung zu bilden und »damit eine Dezentralisation sicherzustellen«.6 Das Institut für Elektrowerkstoffe Ab 1956/57 ging die Fraunhofer-Gesellschaft in der Ära Reinhard Mecke eine enge Kooperation mit dem BMVg ein. Erstens vergab sie im Rahmen der sogenannten Die Geschichte der Gründung und institutionellen »Verwaltungshilfe« Aufträge des Ministeriums an Etablierung des Freiburger Instituts ist im ersten Einzelforscher sowie akademische und außeruni- Jahrzehnt seiner Existenz von dem Physiker versitäre Einrichtungen; zweitens betrieb sie Reinhard Mecke (1895 – 1969) geprägt. Mecke Institute, die an verteidigungsbezogenen Auf- war es, der das Institut in einem Alter gründete, gabenstellungen arbeiteten, allen voran das 1957 in dem andere Wissenschaftler sich bereits auf gegründete Fraunhofer-Institut für Elektrowerk- ihre Emeritierung vorbereiten, und noch ein stoffe (IEW) in Freiburg; drittens erschloss sie dem volles Jahrzehnt lang leitete. Ministerium Kontakte zur Wissenschaftlergemein- In der Person Meckes spiegeln sich dabei jene 6 Brüche und Kontinuitäten wider, die so viele Hederer an Hipp vom 15.6.1955 (Archiv des Instituts für Zeitgeschichte (im Folgenden IfZ), ED 721/102); s. auch wissenschaftliche Karrieren Deutschlands in den Trischler/vom Bruch, Forschung, S. 71. ersten beiden Dritteln des 20. Jahrhunderts 50 Jahre Fraunhofer IAF –33
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