522/9 Qualität der Arbeit, Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit im Wechselspiel von Technologie, Organisation und Qualifikation ...
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FORSCHUNGSBERICHT 522/9 Qualität der Arbeit, Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit im Wechselspiel von Technologie, Organisation und Qualifikation – Querschnittsanalyse – Projektabschlussbericht – September 2021 ISSN 0174-4992
Impressum Herausgeber Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Steinplatz 1 10623 Berlin Tel.: +49 30 310078-0 E-Mail: info@iit-berlin.de www.iit-berlin.de Autorinnen und Autoren Wenke Apt Marc Bovenschulte Gina Glock Kerstin Goluchowicz Ernst A. Hartmann Stefan Krabel Robert Peters Heike Strach Bildnachweise © Tartila/Adobe Stock (Titel) © Andrey Apoev/Adobe Stock (S. 56, 58, 60) Layout VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Berlin, Mai 2021
Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund und Ziel der Studie....................................................................................................................... 5 2 Methodik und Daten......................................................................................................................................... 7 3 QuaTOQ-Branchen im Profil.............................................................................................................................. 9 4 QuaTOQ-Branchen im strukturellen Vergleich.............................................................................................. 17 5 Ausgewählte Querschnittsthemen................................................................................................................. 22 5.1 Thema I: Psychische Belastungsmuster........................................................................................................................... 22 5.2 Thema II: Künftiger Wandel von Berufsbildern zu Kompetenzbildern............................................................................. 33 5.3 Plattformökonomie und Plattformarbeit........................................................................................................................ 40 Fallstudie A: Cloudworking-Plattform für Designdienstleistungen.................................................................................. 46 Fallstudie B: Microtasking zum Aufbau von KI-Trainingsdaten........................................................................................ 48 Fallstudie C: Zwischenbetrieblicher Kollaborationsraum durch Produktionsdatenmanagementsysteme........................... 49 Fallstudie D: B2B-Plattform im Maschinenbau................................................................................................................ 50 6 Aggregierte Trendbetrachtung und Gestaltungsfelder................................................................................ 53 6.1 Aggregierte Roadmap................................................................................................................................................... 53 6.2 Trendbetrachtung Technologie: Modularisierung – Taylorismus 2.0 oder selbstorganisierte Kollaboration?..................... 53 6.3 Trendbetrachtung Organisation: Dezentralisierung von Verantwortung und Prozessen................................................... 57 6.4 Trendbetrachtung Organisation: Neue regionale und überregionale Kooperationen erschließen..................................... 59 Anhang.................................................................................................................................................................. 61 Branchenanalysen in der QuaTOQ-Reihe.............................................................................................................................. 61 Literaturverzeichnis.............................................................................................................................................. 62
Hintergrund und Ziel der Studie 5 1 Hintergrund und Ziel der Studie Die Arbeitswelt ist seit der ersten industriellen Revolution von Produzierende Gewerbe: einem stetigen Wandel sozialer Verhältnisse, Arbeitsbedingun- ff Automobil gen und Anforderungen geprägt. Megatrends wie Digitalisie- ff Baugewerbe rung, Globalisierung und demografischer Wandel leiten die ff Chemie- und Pharmaindustrie stetigen Umgestaltungen des Arbeitsalltags ebenso wie verän- ff Maschinen- und Anlagenbau derte Wertvorstellungen und damit verbundene Ansprüche an das individuelle Erwerbsleben. Dienstleistungsgewerbe: ff Einzelhandel und Handelslogistik Die OECD (2019) schätzt, dass rund 14 % der bestehenden Ar- ff Finanzen und Versicherungen beitsplätze innerhalb der kommenden 15 bis 20 Jahre entfal- ff Pflege und Versorgung len könnten, während zusätzlich 32 % der Beschäftigten mit ff Verlags- und Medienwirtschaft teils starken Veränderungen ihrer Arbeitsplätze aufgrund von Automatisierungstendenzen rechnen müssen. Einer etwaigen Die resultierenden Branchenanalysen (Übersicht im Anhang) Verschärfung von Ungleichheiten – entlang der Dimensionen haben sowohl die methodische Herangehensweise als auch die Alter, Geschlecht oder weiterer sozioökonomischer Parameter – inhaltliche Orientierung an den Analyseebenen Technologie, ist im Zuge von technologischem Wandel und Globalisierung Organisation und Qualifikation gemein. Der vorliegende Qua- aktiv entgegenzuwirken. TOQ-Abschlussbericht strebt an, die gewonnenen Erkenntnisse auf Branchenebene querschnittlich aufzubereiten und in Bezug Die wissenschaftliche Erkenntnislage zum Wandel der Arbeits- auf ausgewählte Schwerpunktthemen strukturell zu verglei- welt gestaltet sich vielfältig und heterogen, jedoch auch lücken- chen. Ziel dieser Analyse ist es, systemische Effekte zu erfassen, haft. Viele Studien beleuchten Teilaspekte der Veränderung von um eine Differenzierung von Geschwindigkeit und Qualität der Arbeitsumfeldern und Berufsprofilen oder fixieren die techni- Änderungs-/Transformationsprozesse zwischen den Branchen sche Automatisierbarkeit von Berufen inklusive möglicher Sub- vorzunehmen. stitutions- oder Komplementäreffekte. Die integrierte Betrach- tung des Einflusses struktureller und digitalisierungsbedingter Im Folgenden werden zunächst die acht QuaTOQ-Branchen Wandlungstendenzen fehlt insbesondere auf Branchenebene. profilartig skizziert (Kapitel 4), um die gemeinsame Ausgangs- basis zu beschreiben. Dieser Schritt umfasst sowohl die Darle- An dieser Stelle setzte das Forschungsprojekt „QuaTOQ – Qua- gung der Beschäftigungs- und Wertschöpfungsentwicklung der lität der Arbeit, Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit im jüngeren Vergangenheit als auch branchenspezifische Digitali- Wechselspiel von Technologie, Organisation und Qualifikati- sierungs- und Wandlungstrends, die entscheidenden Einfluss on“ an. Das in den Jahren 2017 bis 2020 durchgeführte For- auf die künftige Entwicklung der jeweiligen Branche haben schungsvorhaben zielte darauf ab, zukünftige Arbeitsformen können. und -inhalte vor dem Hintergrund einer weiterhin zunehmen- den Technisierung, vor allem der Digitalisierung von Leistungs- Auf diese Skizzierung der Branchenprofile folgt ein struktureller erbringung und Wertschöpfung, zu betrachten und diese mit Vergleich (Kapitel 1) des Vorbereitungsgrads der Branchen auf Fragen von Beschäftigungs- und Wandlungsfähigkeit quanti- künftige Veränderungen auf technologischer, organisatorischer tativ wie qualitativ zu verbinden. In der Betrachtung wird der und qualifikatorischer Ebene sowie die vergleichende Analyse Stand heutiger Arbeitsverhältnisse reflektiert und im Sinne ei- ausgewählter Wandlungstreiber. Ergänzend wird auf den ge- nes Foresights um mögliche Entwicklungspfade der Arbeitswelt genwärtigen Stand von Arbeitsbedingungen und -umgebun- bis zum Jahr 2030 ergänzt. gen eingegangen, um strukturelle Unterscheide und Gemein- samkeiten der Branchen darzulegen. Insgesamt wurden acht ausgewählte Branchen im Rahmen von QuaTOQ analysiert. Die Auswahl erfolgte auf Basis ihrer Das Kernelement dieses Abschlussberichts bildet die vertiefen- beschäftigungs- oder wertschöpfungsseitigen Bedeutung und/ de Querschnittsanalyse (Kapitel 6) auf Basis der Erkenntnisse oder ihrer hohen Betroffenheit von der Digitalisierung: aus den QuaTOQ-Branchenberichten und darauf aufbauender Entwicklungspfade. Insgesamt werden drei ausgewählte Quer-
6 Projektabschlussbericht QuaTOQ schnittsthemen behandelt, die sich im Verlauf des QuaTOQ- Projekts und seiner empirischen Ergebnisse als besonders zu- kunftsweisend für die betrachteten Branchen erwiesen haben: I. Psychische Belastungsmuster Exkurs: Empirische Befunde zu zeitflexibler und mobiler Arbeit II. Künftiger Wandel von Berufsbildern zu Kompetenzbildern III. Plattformökonomie und Plattformarbeit Die Analyse der drei genannten Querschnittsthemen komple- mentiert eine aggregierte und auf den acht Branchenanalysen basierende Roadmap, die auf den Ebenen Technologie, Organi- sation und Qualifikation wesentliche Erkenntnisse zusammen- fasst. Anhand dieser Roadmap erfolgt eine verallgemeinerte Trendbetrachtung (Kapitel 7) für die Arbeitswelt bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus. Drei zentrale Entwicklungsszenarien werden mithilfe beispielhafter Personas auf mögliche Ausprä- gungen in der heutigen Arbeitswelt übertragen. Die Betrach- tung schließt mit einem Ausblick (Kapitel 8) auf künftige For- schungsschwerpunkte und weitergehende Fragestellungen.
Methodik und Daten 7 2 Methodik und Daten Für ein umfassendes Bild der vergangenen Entwicklungen und agentur für Arbeit ergänzten die Analysen beider Datenbasen, zukünftigen Trends beim komplexen Zusammenspiel zwischen um insbesondere die Erkenntnisse auf qualifikatorischer Ebene den Ebenen Technologie, Organisation und Qualifikation integ- quantitativ zu untersetzen. rierte das Projektdesign der QuaTOQ-Branchenberichte sowohl qualitative (a) als auch quantitative (b) Methoden in einem ite- Mit den Delphi-Befragungen wurden branchenspezifische rativen Prozess: Im ersten Schritt wurden auf Grundlage eines Trends zu Technologie, Organisation und Qualifikation durch Horizon-Scannings (a) und quantitativer Analysen ausgewähl- Expert:innen der jeweiligen Branche konkretisiert und validiert. ter Datenbasen (b) branchenspezifische Trends und Szenarien Die Delphi-Methode wird vor allem dann angewandt, wenn abgeleitet. In einem zweiten Schritt wurden diese Szenarien in einem bestimmten Erkenntnisfeld nur unsichere oder keine jeweils auf Basis einer Delphi-Befragung (a) validiert und ange- belastbaren Daten existieren und der Einfluss externer Fakto- passt und in praxisbezogenen Fallstudien (a) weiter vertieft. Die ren auf meist langfristige Entwicklungen wahrscheinlich ist. Kernszenarien und Themen wurden schließlich in einer synthe- Innerhalb des QuaTOQ-Projekts wurde auf ein zweistufiges tisierten Roadmap (a) visualisiert und vertiefend diskutiert. Delphi-Verfahren zurückgegriffen, mit dem Fachleute nach branchenspezifischen Entwicklungen und hypothesenbasier- Die QuaTOQ-Branchen wurden anhand der Klassifikation der ten Trends bis zum Jahr 2030 auf Basis des vorangegangenen Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008, Destatis, 2008) wie folgt Horizon-Scannings befragt wurden. Die softwaregestützten definiert: Online-Befragungen erfolgten anonym. Die zugrunde liegen- ff Automobil: 29 „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwa- den Delphi-Fragebögen umfassten sowohl offene als auch ge- genteilen“ schlossene Frageformate und wurden im Verlauf des Projekts ff Baugewerbe: 41 „Hochbau“, 42 „Tiefbau“, 43 „Vorbe- weiterentwickelt, sodass vereinzelte Themen nur in ausgewähl- reitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges ten Branchen erhoben wurden. Ausbaugewerbe“ ff Chemie- und Pharmaindustrie: 20 „Herstellung von che- Die Zahl der befragten Expert:innen variierte je nach betrach- mischen Erzeugnissen“, 21 „Herstellung von pharmazeuti- teter Branche: schen Erzeugnissen“ Branche Delphi1 Delphi2 ff Einzelhandel und Handelslogistik: 47 „Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen), Apotheken, Versand- und Automobil 23 10 Internet-Einzelhandel“ Baugewerbe 32 14 ff Finanzen und Versicherungen: 64 „Erbringung von Finanz- dienstleistungen“, 65 „Versicherungen, Rückversicherun- Chemie- und 27 12 gen und Pensionskassen (ohne Sozialversicherung)“, 66 Pharmaindustrie „Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbunde- Einzelhandel und 44 20 ne Tätigkeiten (Makler, Risiko- und Schadensbewertung)“ Handelslogistik ff Maschinen- und Anlagenbau: 28 „Maschinenbau“ Finanzen und ff Pflege und Versorgung: 86 „Gesundheitswesen“, 87 „Hei- 26 7 Versicherungen me (ohne Erholungs- und Ferienheime)“ ff Verlags- und Medienwirtschaft: 58 „Verlagswesen“, 59 Maschinen- und 51 15 „Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernseh- Anlagenbau programmen; Kinos; Tonstudios und Verlegen von Musik“, Pflege und 60 „Rundfunkveranstalter“ 64 39 Versorgung Verlags- und Die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung sowie der DGB-Index 22 - Medienwirtschaft Gute Arbeit 2016 bis 2018 bildeten den Kern der quantitati- ven Analysen im Rahmen des Projekts QuaTOQ. Aktuelle Son- Summe 289 117 derauswertungen der Beschäftigungsstatistiken der Bundes-
8 Projektabschlussbericht QuaTOQ Ausgangspunkt der praxisbezogenen Fallstudien waren leitfadengestützte Einzelinterviews mit Expertinnen und Exper- ten der jeweiligen Branchen; im Regelfall Vertreter:innen von Unternehmen. Ziel der Fallstudien war, identifizierte Trends der vorhergehenden Untersuchungen zu konkretisieren und schlaglichtartig zu vertiefen. Die Fallstudien wurden anonymi- siert in den vorliegenden Branchenberichten eingebunden. In Anlehnung an die Visual-Roadmapping-Methodik nach Kind, Hartmann und Bovenschulte (2011) erfolgte eine Trend analyse zur Identifizierung von Zeithorizonten neuartiger tech- nologischer Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation sowie Qualifikations- und Kompetenz anforderungen in Form von synthetisierten Roadmaps. Die Vorgehensweise eignete sich besonders für die Vorausschau und Bestimmung von Meilensteinen auf dem Weg vom „Heu- te“ hin zu möglichen Zukunftsszenarien in der Arbeitswelt. Die Visualisierung der synthetisierten Roadmap spiegelt die drei zentralen Betrachtungsebenen von QuaTOQ wider: Technolo- gie, Organisation und Qualifikation. Im Rahmen des Projekts QuaTOQ wurden insgesamt acht Branchenberichte publiziert, welche jeweils die beschriebene Projektmethodik verfolgen. Auf Basis dieser Einzelanalysen er- folgt innerhalb des vorliegenden Abschlussberichts eine Quer- schnittsbetrachtung der QuaTOQ-Branchen. Ausgehend von den branchenspezifischen, gewichteten Delphi-Ergebnissen werden Schwerpunktthemen, die im Verlauf von QuaTOQ iden- tifiziert wurden, strukturiert verglichen. Darüber hinaus werden ausgewählte Erkenntnisse aus der sekundären Datenbasis als Ergänzung herangezogen. Zudem werden neue Erkenntnisse zum Querschnittsthema „Plattformökonomie und Plattform- arbeit“ anhand ausgewählter Branchenfallstudien generiert. Schließlich mündet diese Analyse in einer aggregierten Trend- betrachtung in Form einer finalen Roadmap, die eine kurz-, mittel- und langfristige Betrachtungslinie umfasst. Beispielhaft gestaltete Personas veranschaulichen ausgewählte Entwick- lungsszenarien dieser aggregierten Trends. Somit vereint der QuaTOQ-Abschlussbericht ausgewählte Erkenntnisse aus den QuaTOQ-Branchenberichten, um ein Gesamtbild möglicher Entwicklungspfade der Arbeitswelt von morgen zu generieren.
QuaTOQ-Branchen im Profil 9 3 QuaTOQ-Branchen im Profil 3.1 Branchenprofil Automobil gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Bereich gering hoch Automobil Digitalisierungsgrad Mit Blick auf die technologischen Entwick- lungen in der Automobilbranche stehen die Automobilhersteller und -zulieferer vor der Herausforderung, nicht nur in die Optimie- rung des Verbrennungsmotors zu investie- ren, sondern gleichzeitig den Anschluss an gering hoch neue Technologien und Geschäftsmodelle zu halten und einen Wandel des Kerngeschäftes Dynamik der einzuleiten. technologischen Transformation Der vergleichsweise hohe Technisierungs- TECHNOLOGIE grad ermöglicht die schnelle Adaption neuer technologischer Entwicklungen. Zukünftige Schwerpunkte liegen hierbei vor allem auf den Antriebstechnologien, dem Leichtbau, den Energiespeichern, der Lade- und Tank- infrastruktur sowie dem Autonomen Fahren. schwach stark Neue digitale Geschäftsmodelle der Shared Economy und Mobility on Demand eröffnen zudem vielseitige Wachstumschancen für Auswirkung der die Automobilhersteller. Zudem werden technologischen verstärkt Assistenzsysteme, die das arbeits- Transformation prozessorientierte Lernen unterstützen, etwa durch Ausbildungs- und Trainings- systeme, portable Wissens- und Lernplatt- formen oder Augmented-Reality-basierte Unterstützungssysteme sowie unterschied- lichste Formen der Mensch-Roboter- gering hoch Kooperation eingesetzt. Vorbereitungsgrad auf technologische Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 1: Branchenprofil „Automobil“ (Priesack et al., 2018)
10 Projektabschlussbericht QuaTOQ 3.2 Branchenprofil Baugewerbe gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Baugewerbe gering hoch Aufgrund des bisher eher geringen Digitalisierungsgrads entsteht auf technologischer Ebene derzeit eine hohe Digitalisierungsgrad Dynamik mit BIM als prägendstem Wandlungstreiber. Die Planung, Abbildung und Steuerung des fragmentierten Bauprozesses mit einer Vielzahl beteiligter Akteure soll in allen Phasen eines Bauwerks entlang der Prozesskette – Planung, Bauausführung, Nutzung und Instandsetzung – in einem digitalen Datenmodell abgebildet werden. gering hoch Die Durchdringung neuer, digitaler Technologien verläuft in der Branche generell sehr unterschiedlich und ist abhän- Dynamik der gig von dem Tätigkeitsbereich und der Unternehmensgröße. technologischen Die Branche ist vor allem durch kleine und mittlere Unter- Transformation nehmen geprägt und mit vielen anderen Branchen TECHNOLOGIE und Handwerkszweigen eng verknüpft. Für die Umsetzung digitaler Planungsprozesse werden weitere Projektmanagement-Tools wie Dokumenten- management-Systeme und perspektivisch auch virtuelle Projekträume zum Einsatz kommen. Diese werden durch schwach stark Cloud Computing, Drohnen zur Zustandsermittlung und nach 2025 verstärkt durch den Einsatz von Mixed-Reality- und AR-/VR-Anwendungen ergänzt werden. Langfristig Auswirkung der werden sich auch in der Bauausführung und Instandsetzung technologischen derartige kognitiv unterstützende Anwendungen und Transformation physische Assistenzsysteme durchsetzen. In der Bauaus- führung sind mobile Endgeräte bereits weitestgehend verbreitet; diese werden künftig durch Cloud-Dienste, IOT-Lösungen für die Nachverfolgung und Predictive Maintenance von Baumaschinen ergänzt. gering hoch Neue Anwendungsfelder entstehen in den Themen Modulares Bauen, Fertigbau, Baurobotik-Anwendungen, Vorbereitungsgrad der Vollautomatisierung von Baustellen sowie Bauwerks- auf technologische monitoring und Smart Building. Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 2: Branchenprofil „Baugewerbe“ (Apt et al., 2019)
QuaTOQ-Branchen im Profil 11 3.3 Branchenprofil: Chemie- und Pharmaindustrie gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends in der Chemie- gering hoch und Pharmaindustrie Digitalisierungsgrad Die Digitalisierung in der Chemie- und Pharmaindustrie folgt eher einem evolutionären statt revolutionären Prozess und baut auf dem bereits bestehenden hohen Automatisierungsgrad der Prozessfertigung auf. Schon heute kommen in der Produktion mobile Endgeräte wie Tablet Computer oder Betriebspanel als technische gering hoch Assistenzsysteme regelmäßig zum Einsatz. Auch VR- und AR-Systeme werden künftig zunehmend eingesetzt, Dynamik der etwa zum Einblenden von Zusatzinformationen, der technologischen Darstellung von Arbeitsanweisungen oder für das Transformation Lernen in virtuellen Räumen. Neben personengebun- TECHNOLOGIE denen Technologien wird die Produktion immer stärker durch intelligente Sensorik geprägt sein, die nicht mehr nur Daten der Produktion erfassen, sondern mittels integrierter Datenauswertung weitreichendere Selbst- überwachungs- und -diagnosefunktionen in Echtzeit übernehmen. Die stärkere Modularisierung der Produk- schwach stark tionsanlagen ermöglicht eine flexiblere Produktion. In Laboren wird insbesondere die Bedeutung von fortge- schrittenen Simulationen unter Anwendung moderner Auswirkung der Datenanalyse- und Lernverfahren deutlich zunehmen; technologischen mit Konzepten der Künstlichen Intelligenz werden die Transformation immer größeren Datenmengen („Big Data“) der Branche in unterschiedlichen Kontexten genutzt. Zudem bietet ein zunehmender Technologieeinsatz trotz verfahrenstechnischer, sicherheitstechnischer, organisatorischer und rechtlicher Restriktionen, die in gering hoch der Chemie- und Pharmabranche wesentlich ausge- prägter sind als in anderen Branchen, in ausgewählten Vorbereitungsgrad Unternehmensbereichen neue Möglichkeiten für die auf technologische örtliche, zeitliche und inhaltliche Flexibilisierung der Veränderungen Arbeit. QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 3: Branchenprofil „Chemie- und Pharmaindustrie“ (Priesack et al., 2019)
12 Projektabschlussbericht QuaTOQ 3.4 Branchenprofil Einzelhandel und Handelslogistik gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Einzelhandel gering hoch und der Handelslogistik Digitalisierungsgrad Die branchenübergreifende Digitalisierung ent- wickelt auch innerhalb des Einzelhandels und der Handelslogistik eine erhebliche Dynamik. Hier- bei wird die klassische Trennung von Online- und stationärem Einzelhandel zunehmend aufgehoben, Omnichannel-Angebote gewinnen an Bedeutung. gering hoch Doch das stationäre Verkaufsgeschäft wird auch zukünftig die bedeutendste Schnittstelle zwischen Dynamik der Kundschaft und Einzelhandelsunternehmen bleiben. technologischen Für Handelslogistiker stehen zukünftig der Umstruk- Transformation turierungsprozess etablierter Vertriebswege und die TECHNOLOGIE Optimierung und Flexibilisierung der „Last Mile“ im Fokus, differenziert nach ländlichen und städtischen Gebieten. Der Ausbau regionaler Lieferketten garan- tiert die schnellstmögliche Anlieferung von Waren in den Verkaufsraum oder zum Endkunden. schwach stark Kurz- bis mittelfristig ist hier eine steigende Beschäf- tigung zu erwarten, bis langfristig auch die „Last Mile“-Logistik vollautomatisiert abgewickelt wird. Auswirkung der technologischen Der Digitalisierungsprozess der Branche wird vom Transformation Einsatz und der kontinuierlichen Weiterentwicklung verschiedener Technologietrends begleitet. Neben digitalen Verkaufsräumen sind dies vor allem System- innovationen: z. B. neue Service- und Dienstleis- tungskonzepte oder Logistik-Marketplaces, mobile Anwendungen wie mobile Bezahlmethoden, digitale gering hoch Beratungsservices oder Geo-Targeting und automati- sierte Warenwirtschaftssysteme. Vorbereitungsgrad auf technologische Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 4: Branchenprofil „Einzelhandel und Handelslogistik“ (Glock et al., 2019)
QuaTOQ-Branchen im Profil 13 3.5 Branchenprofil Finanzen und Versicherungen gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Bereich gering hoch Finanzen und Versicherungen Digitalisierungsgrad Insbesondere die Bankenbranche unterliegt seit Jahr- zehnten einem strukturellen Wandel, der sich durch die kontinuierliche Abnahme der Anzahl von Banken und Fusionen, rückläufige Beschäftigungs- und Ausbildungs- zahlen sowie gleichzeitige Tendenz zur Höherqualifizie- rung von Tätigkeiten und Berufen auszeichnet. In Teilen gering hoch des Finanzsystems hat sich der Wettbewerb durch neu entstandene Akteure und Start-ups wie Produkt- und Dynamik der Plattformanbieter oder FinTechs deutlich erhöht. technologischen Schwerpunkte sind hier die plattformbasierte Kredit- Transformation vermittlung, die Anlageberatung oder die Vermögens- TECHNOLOGIE verwaltung durch Robo-Advisors. In ähnlicher Form ist diese Entwicklung auch bei Versicherungsdienstleistern (InsurTechs) zu beobachten, die in direkten Wettbewerb zu Versicherungen treten. Algorithmen und technische Lösungen ersetzen mensch- schwach stark liche Arbeit in ausgewählten Bereichen – mit Blick auf den steigenden Kostendruck – und führen zu Effizienz- steigerungen. Besonders im Bereich der Finanz- und Auswirkung der Versicherungsdienstleistungen, der rund 70 % der technologischen Branchenbeschäftigung ausmacht, sind die Potenziale Transformation der Substituierbarkeit mit rund 48 % hoch. Die Verknüpfung von Daten durch Big-Data-Lösungen und Analytik, weitere Sicherheitstechnologien wie Biometrie, Blockchain-Technologien und der Einsatz Künstlicher Intelligenz helfen bei der Analyse von Kun- gering hoch denfeedback und Kundenpräferenzen, sollen Kosten- einsparungspotenziale heben, die Kundenzufriedenheit Vorbereitungsgrad steigern und eine langfristige Kundenbindung unter- auf technologische stützen. Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 5: Branchenprofil „Finanzen und Versicherungen“ (Glock et al., 2019)
14 Projektabschlussbericht QuaTOQ 3.6 Branchenprofil Maschinen- und Anlagenbau gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Maschinen- gering hoch und Anlagenbau Digitalisierungsgrad Der Maschinenbau nimmt innerhalb der produzieren- den Gewerbe eine Sonderrolle als Schlüsselanbieter und Anwender von Digitalisierungslösungen für die Industrieproduktion ein. Beschäftigte setzen daher bereits heute digitale Arbeitsmittel häufiger ein. Wesentliche Technologietrends werden im Maschi- gering hoch nenbau früh erprobt und adaptiert, mit Einschrän- kungen für kleinere Unternehmen. In den kommen- Dynamik der den zehn Jahren entwickeln sich die Tätigkeiten hin technologischen zu einem zunehmend komplexeren, technisierten Transformation und digitalisierten Arbeitsumfeld, jedoch wird die TECHNOLOGIE Umsetzungsgeschwindigkeit auch künftig stark variieren, abhängig von der Unternehmensgröße sowie vom Anwendungs- und Technologiesegment. Zukünftig sind vor allem additive Verfahren des 3D-Drucks relevant für die Erstellung von Prototypen schwach stark und den Musterbau mit großen Freiheitsgraden und die Flexibilität beim Design der Bauteilgeometrie, die softwaregestützte Entwicklung mittels 3D-CAD- Auswirkung der Modellen (Digital Prototyping), Digital Twin und technologischen digitale Fabrikplanung. Cloudcomputing, IoT- und Transformation Track & Trace-Systeme unterstützen zukünftig bei der Ermittlung des Bearbeitungs- bzw. Lieferzu- standes eines Objektes innerhalb physischer Lieferketten in Produktions- und Logistikprozessen. Weitere Themen sind zudem kollaborative und nicht-kollaborative Robotiksysteme sowie web- gering hoch basierte Trainings und Schulungen für Maschinen- anwender und den Remote-Support, unterstützt Vorbereitungsgrad durch AR- und VR-Anwendungen. auf technologische Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 6: Branchenprofil „Maschinen- und Anlagenbau“ (Peters et al., 2020)
QuaTOQ-Branchen im Profil 15 3.7 Branchenprofil Pflege und Versorgung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends im Bereich gering hoch Pflege und Versorgung Digitalisierungsgrad Der strukturelle Wandel in der Pflegebranche ist insbesondere von der wachsenden Ver- sorgungslücke geprägt. Der Personalmangel hemmt aktuell die Einführung und adäquate Auseinandersetzung mit technologischen Potenzialen und begründet hierdurch den gering hoch bisher vergleichsweise niedrigen Digitalisie- rungsgrad. Dynamik der technologischen Dabei bringen eine Reihe von Technologie- Transformation gruppen Optimierungs- und Entlastungs- TECHNOLOGIE potenziale mit sich. Hierzu gehören Infor- mations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wie EDV-Systeme, Krankenhausinfor- mationssysteme (KIS), Telekonsultation, elektronische Patientenakte und mobile Pflegedokumentation und -planung; ver- schwach stark netzte Assistenz- und Monitoringsysteme wie Wearables: z. B. Smart Clothing, Smart Watch, Aktivierungssysteme, Plattformen, Auswirkung der Telemonitoring; Sensorik wie Belastungs- technologischen oder Sturzsensorik, Ambient Intelligence, Transformation Lern- und Tutorsysteme (auch in Kombination mit Mixed, Virtual und Augmented Reality), Gamification-Ansätze, eLearning, autonome Robotik-Assistenzsysteme für Serviceangebote oder Rehabilitation, etwa Exoskelette, Tele- präsenz, Transport oder zur Mobilisierung. gering hoch Vorbereitungsgrad auf technologische Veränderungen QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 7: Branchenprofil „Pflege und Versorgung“ (Glock et al., 2018)
16 Projektabschlussbericht QuaTOQ 3.8 Branchenprofil Verlags- und Medienwirtschaft gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad auf Zukünftige arbeitsorganisatorische Wertschöpfungs- Veränderungen entwicklung gering hoch sinkt steigt Heterogenität Zukünftige Bedeutung ORGANISATION der Branche einer lernförderlichen Arbeitsumgebung Wesentliche Digitalisierungs- und Strukturtrends in der gering hoch Verlags- und Medienwirtschaft Digitalisierungsgrad Bereits heute kann von einem hohen Digitalisierungs- grad ausgegangen werden: Mobile Endgeräte, Nutzer- tracking, Streaming-Portale oder Audio-Contents sind zentrale Elemente des Vertriebs, der Verbreitung oder Generierung neuer medialer Inhalte. Die Konvergenz verschiedener Medien wird sich bis 2025 weiter ver- gering hoch stärken. Dynamik der Künftig wird es (weiterhin) einen starken, disruptiven technologischen Wandel hin zu datenbasierten Geschäftsmodellen und Transformation digitalen Medieninhalten mit zunehmender Bedeu- TECHNOLOGIE tung Künstlicher Intelligenz und künstlicher Kreativität geben. Auf der Technologieebene wird ein geringer Stan- dardisierungsgrad deutlich, er bietet eher niedrige Eintrittsbarrieren zur Generierung medialer Inhalte. schwach stark Der überwiegend einfache Zugang zu technologischen Tools ermöglicht, Inhalte in hoher Qualität zu erstellen. Mediale Inhalte werden durch eine steigenden Zahl Auswirkung der von Anbietern zur Verfügung gestellt; dies bildet eine technologischen neue Konkurrenzsituation zwischen professionellen Transformation Akteuren der Verlags- wie Medienbranche und Laien. Die Branche ist durch einen hohen Fragmentierungs- grad und eine Vielzahl von Klein- und Kleinstunterneh- men gekennzeichnet. Sie wird in vielerlei Hinsicht als Vorreiter für Innovativität und neuartige Formen der gering hoch Arbeit und Kollaboration bezeichnet. Die Zahl aktiver Unternehmen wird jedoch in den kommenden Jahren Vorbereitungsgrad weiter abnehmen. Der Anteil der selbstständig tätigen auf technologische Personen und Cloud- und Clickworker wird weiter Veränderungen deutlich steigen. QUALIFIKATION sinkt steigt gering hoch Zukünftige Qualifikationsniveau Beschäftigungs- entwicklung gering hoch sinkt steigt Vorbereitungsgrad Künftiger Anteil auf qualifikatorische Beschäftigter mit beruf- Veränderungen licher Ausbildung Abbildung 8: Branchenprofil „Verlags- und Medienwirtschaft“ (Glock et al., 2020)
QuaTOQ-Branchen im strukturellen Vergleich 17 4 QuaTOQ-Branchen im strukturellen Vergleich Mit Blick auf die Digitalisierung befinden sich die im Rahmen werbsumfeld und die Veränderung von Kund:innenbedürfnissen von QuaTOQ analysierten Branchen in äußerst heterogenen maßgebliche Treiber von Transformationsprozessen in den Ausgangslagen. Dennoch gleichen sich die Herausforderungen, meisten untersuchten Branchen sind (Abbildung 9). Branchen- vor denen sie derzeit stehen. So zeigt sich, dass bis 2030 ne- übergreifend zeichnet sich ein homogenes Bild bei der Ver- ben Fachkräfteengpässen auch ein sich verschärfendes Wettbe- änderung der Kund:innenbedürfnisse ab. Um den sich verän- In der Branche findet ein Strukturwandel statt, der getrieben wird durch ... … Fachkräfteengpässe/-mängel. 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % … zunehmenden Kostendruck. 30 % … (internationalen) Wettbewerb. 20 % 10 % … neue Kundenbedürfnisse. … neue Technologien/Digitalisierung. … Fachkräfte- … (internationa- Automobil … neue … neue Kunden- … und Einzelhandel zunehmenden Handelslogistik engpässe/-mängel. len) Wettbewerb. Technologien/ bedürfnisse. Kostendruck. BaugewerbeDigitalisierung. Maschinen- und Anlagenbau Chemie- und Pharmaindustrie Pflege und Versorgung Automobil - Finanzen und Versicherungen 78 % 91 % Verlags- und Medienwirtschaft 91 % - Baugewerbe 74 % - 66 % 78 % 63 % Chemie- und Pharmaindustrie - 88 % 81 % 78 % 92 % Finanzen und Versicherungen - 77 % 89 % 80 % 89 % Einzelhandel und Handelslogistik - 86 % 88 % 84 % 91 % Maschinen- und Anlagenbau 84 % 84 % 100 % 90 % 82 % Pflege und Versorgung 85 % 76 % 34 % 81 % - Verlags- und Medienwirtschaft 55 % 63 % 95 % 91 % 91 % Abbildung 9: Bedeutung ausgewählter Wandlungstreiber bis 2030; Delphi-Befragungen 2018 bis 2020. Aggregation der Antwortmöglichkeiten „trifft zu“ und „trifft eher zu“. n = 289.
18 Projektabschlussbericht QuaTOQ dernden Bedürfnissen der Kundschaft (auch Klient:innen- oder hoch relevant eingeschätzte Kostendruck im Bereich der Pflege Patient:innenbedürfnisse) gerecht zu werden, müssen sich vor allem aus systemischen Effekten einer Branche erklärt, die Unternehmen in allen untersuchten Bereichen künftig neu auf- zunehmend dem privaten Wettbewerb ausgesetzt ist, spielt bei stellen. Dass dieser Treiber trotz aller sektoraler Unterschiede den Branchen, für die dieser Faktor dezidiert abgefragt wurde, von Branchenstrukturen und Märkten hinweg konsistent ist, vor allem der zunehmende internationale Wettbewerbsdruck lässt sich am ehesten auf die Dominanz übergreifender Trends eine wesentliche Rolle. zurückführen, wie des zunehmenden Bewusstseins für Nach- haltigkeit, Individualisierung sowie eines steigenden Qualitäts- Die Ergebnisse1 zeigen, dass – aller öffentlichen Präsenz der The- bewusstseins beim Erwerb von Produkten und der Inanspruch- men Digitalisierung und Fachkräftemangel zum Trotz – künftige nahme von Dienstleistungen. Während sich der als ebenfalls Veränderungen in den untersuchten Branchen nicht auf die- Unternehmen der Branche sind vorbereitet auf zukünftige ... 100 90 % 90 80 78 % 77 % 71 % 70 67 % 65 % 60 % 61 % 60 55 % 52 % 50 % 50 50 % 42 % 43 % 40 37 % 35 % 31 % 32 % 30 31 % 28 % 27 % 25 % 21 % 23 % 20 … technologische … arbeitsorganisatorische ... Änderungen der Qualifikations- Veränderungen Anpassungsbedarfe und Kompetenzbedarfe Automobil Chemie- und Pharmaindustrie Finanzen und Versicherungen Maschinen- und Anlagenbau Baugewerbe Einzelhandel und Handelslogistik Pflege und Versorgung Verlags- und Medienwirtschaft Abbildung 10: Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen bis 2030; Delphi-Befragungen 2018 bis 2020. Aggregation der Antwortmöglichkeiten „trifft zu“ und „trifft eher zu“. n = 289. 1 Die zugrunde liegenden Befragungen sind vor bzw. in der Frühphase der Covid-19-Pandemie durchgeführt worden und bilden daher noch nicht mögliche Veränderungen in Folge des Pandemiegeschens ab.
QuaTOQ-Branchen im strukturellen Vergleich 19 se beiden Wandlungstreiber allein zurückzuführen sind. Damit Industriebranchen (Automobil, Chemie- und Pharmaindustrie, stellt sich die Herausforderung, der Unternehmen und Beschäf- Maschinen- und Anlagenbau) sind demnach – laut Aussagen tigte künftig begegnen, als außerordentlich komplex dar. Hinzu von Branchenexperten – besonders gut auf künftige Verände- kommt, dass die Diskussion von Fachkräfteengpässen und ihrer rungen von Technologien vorbereitet. Als einzige untersuchte Auswirkungen immer einer branchen- und regionalspezifischen produzierende Branche ist das Baugewerbe auf technologische Betrachtung bedarf. So kann gesamtwirtschaftlich nur in ein- Veränderungen weniger gut vorbereitet als auf neue arbeitsor- zelnen QuaTOQ-Branchen von Fachkräftemängeln gesprochen ganisatorische Anforderungen. werden – beispielsweise in der Pflege oder ausgewählten Be- rufen des Baugewerbes. Weitere Fachkräfteengpässe sind in Als deutlich schlechter auf eine bevorstehende Transformation der Regel regional heterogen ausgeprägt (Bundesagentur für vorbereitet werden erkennbar Branchen des Dienstleistungsge- Arbeit [BA], 2018). werbes eingeschätzt. Zwar kam in der Befragung zur Verlags- und Medienwirtschaft jeder und jede zweite Befragte zu der Während die auf Unternehmen und Beschäftigte einwirkenden Einschätzung, dass die Branche auf technologische Verände- Wandlungstreiber sich durch eine hohe Homogenität auszeich- rungen vorbereitet ist. Bei Arbeitsorganisation und Qualifika- nen, sind die QuaTOQ-Branchen keineswegs gleich gut vorbe- tion wird der Vorbereitungsgrad jedoch ähnlich niedrig einge- reitet auf daraus resultierende technologische, arbeitsorgani- schätzt wie in der Pflegebranche. satorische und qualifikationsbezogene Veränderungsbedarfe (Abbildung 11). Insgesamt wird deutlich, dass die QuaTOQ-Branchen über- wiegend besser auf technologische Veränderungen bis zum Dabei sind die meisten untersuchten Branchen auf techno- Jahr 2030 vorbereitet sind als auf arbeitsorganisatorische An- logische Veränderungen deutlich besser vorbereitet als auf passungsbedarfe sowie perspektivische Änderungen der Qua- Anpassungen der Arbeitsorganisation oder im Bereich von lifikations- und Kompetenzbedarfe. Gerade mit Blick auf den Qualifikation und Kompetenzen. Vor allem die untersuchten Vorbereitungsgrad für den Wandel von Qualifikation und Kom- DGB-Index Gute Arbeit 80 Beschäftigungssicherheit Gestaltungsmöglichkeiten 70 Betriebliche Sozialleistungen 60 Entwicklungsmöglichkeiten 50 40 Einkommen Betriebskultur Arbeitsintensität Sinn der Arbeit Körperliche Anforderungen Arbeitszeitlage Emotionale Anforderungen Produzierende Gewerbe Dienstleistungsgewerbe Abbildung 11: DGB-Index Gute Arbeit und Kriterien der Guten Arbeit nach Sektor, 2018, DGB-Index Gute Arbeit 2018. n = 2.732. Methodische Erläuterun- gen in Branchenanalysen der QuaTOQ-Reihe.
20 Projektabschlussbericht QuaTOQ petenzen scheint eine branchenübergreifende Annäherung stark ausgeprägte physische Gebundenheit der Arbeit an einen stattzufinden, die gleichzeitig auf das künftig bedeutendste konkreten Ort der Verrichtung begründet sein, z. B. in der Bau- Handlungsfeld für Unternehmen und Erwerbstätige hinweist. wirtschaft und der Pflege. Innerhalb der im Projekt QuaTOQ betrachteten produzierenden Gewerbe fällt bei der Verbreitung Ergänzend weist der DGB-Index Gute Arbeit 2016 mit dem digitaler Technologien auf, das robotische Systeme und auto- Schwerpunkt „Digitalisierung der Arbeitswelt“ (Institut DGB- matisierte Systeme in der Bauwirtschaft deutlich geringer ver- Index Gute Arbeit, 2016) auf weitere strukturelle Unterschiede breitet sind. zwischen den QuaTOQ-Branchen hin: So zeigt sich, dass die Verlags- und Medienwirtschaft verhältnismäßig stark von Di- Ein Vergleich der Ergebnisse des DGB-Index für Dienstleistungs- gitalisierung betroffen ist und bereits Erfahrungen aufgebaut sektor und produzierendes Gewerbe zeigt, dass sektorübergrei- scheinen, die einen höheren Grad der Partizipation der Be- fend eine ausgeprägte Homogenität bei der Ausprägung der schäftigten an der Gestaltung des Technologieeinsatzes ermög- Faktoren Guter Arbeit vorhanden ist. Wesentliche Unterschiede lichen. Beschäftigte fühlen sich daher technologischer Entwick- finden sich nur innerhalb des Teilindex Belastungen mit den Kri- lung weniger stark ausgeliefert. Welche digitalen Technologien terien Arbeitsintensität, körperliche Anforderungen, emotiona- besonders weit verbreitet sind, zeigt sich über sämtliche Bran- le Anforderungen und Arbeitszeitlage. Sektorübergreifend ist chen hinweg: Insbesondere digitale Kommunikationsmedien zu erkennen, welche dieser Kriterien gegenwärtig stärker zu sind in allen Branchen etabliert. Dabei variiert die Verbreitung einer Erhöhung des Gesamtindex beitragen und welche diesen komplexer Anwendungen stark, die etwa das kollaborative Ar- besonders negativ beeinflussen. So zahlten in der 2018 durch- beiten an gemeinsamen Projekten im digitalen Raum ermög- geführten Erhebung vor allem die Beschäftigungssicherheit und lichen – je nach Digitalisierungsgrad der jeweiligen Branche. ein ausgeprägter Sinn der Arbeit positiv auf den Gesamtindex Zusätzlich dürfte diese Varianz durch die in manchen Branchen ein. Negativ beeinflusst wird der Gesamtindex neben den Be- DGB-Index Gute Arbeit 90 Beschäftigungssicherheit Gestaltungsmöglichkeiten 80 70 Betriebliche Sozialleistungen Entwicklungsmöglichkeiten 60 50 40 Einkommen 30 Betriebskultur Arbeitsintensität Sinn der Arbeit Körperliche Anforderungen Arbeitszeitlage Emotionale Anforderungen Automobil Einzelhandel und Handelslogistik Maschinen- und Anlagenbau Baugewerbe Finanzen und Versicherungen Verlags- und Medienwirtschaft Chemie- und Pharmaindustrie Pflege und Versorgung Abbildung 12: DGB-Index Gute Arbeit und Kriterien der Guten Arbeit nach Branchen, 2018; DGB-Index Gute Arbeit 2018. n = 2.732. Methodische Erläuterungen in Branchenberichten der QuaTOQ-Reihe.
QuaTOQ-Branchen im strukturellen Vergleich 21 lastungen vor allem durch die Höhe von Einkommen und Sozi- Arbeitszeitlage und emotionale Anforderungen sind im alleistungen. Vergleich zu den übrigen untersuchten Branchen nur in der Pflege belastender. Dabei bietet keine der untersuchten Mit Blick auf die Einzelkriterien des DGB-Index Gute Arbeit Dienstleistungsbranchen so geringe Entwicklungsmöglich- 2018 zeigen sich weitere strukturelle Unterschiede auch inner- keiten wie der Einzelhandel und die Handelslogistik. halb der untersuchten Branchen des sekundären und tertiären Sektors (Abbildung 12): Unter den Dienstleistungsbranchen schneidet die Verlags- ff und Medienwirtschaft im Gesamtindex relativ stark ab. Für Automobilbranche, Maschinen- und Anlagenbau fällt ff Zwar wird der Sinn der Arbeit geringer bewertet und bei der DGB-Index vergleichsweise schwach aus, was sich der Arbeitszeitlage ist diese Branche gar das Schlusslicht – durch einige starke Ausschläge der differenzierten Faktoren doch die Gestaltungsmöglichkeiten sind hier am stärksten Guter Arbeit erklären lässt. In der Automobilbranche fallen ausgeprägt, verglichen mit allen betrachteten Branchen. vor allem die Faktoren Betriebskultur und Arbeitsintensität Zugleich herrschen verhältnismäßig geringe körperliche wie schwach aus. Auch verfügen Beschäftigte über vergleichs- emotionale Anforderungen. weise geringe Entwicklungsmöglichkeiten. Ähnliche Werte ergeben sich für den Maschinen- und Anlagenbau; dort Ein höchst ambivalentes Bild zeichnet der DGB-Index der ff zeigen sich die emotionalen Anforderungen jedoch stärker Branche Finanz- und Versicherungsbranche. Insgesamt ausgeprägt als im Automobilsektor. schneidet diese stark ab im Vergleich der QuaTOQ-Bran- chen, speziell bei Einkommen, betrieblichen Sozialleistun- Während in der Bauwirtschaft aufgrund des hohen Be- ff gen und der Arbeitszeitlage. Überdies sind die körperlichen schäftigtenanteils in der Bauausführung stark ausgeprägte Anforderungen am geringsten. Die emotionalen Anfor- körperliche Anforderungen vorherrschen, weist der DGB- derungen sind demgegenüber vergleichsweise hoch: Nur Index für diese Branche ein besonders hohes Niveau bei in der Pflege sind sie noch belastender. Dies mag in Teilen Entwicklungsmöglichkeiten, der Betriebskultur und beim auch durch die geringe Beschäftigungssicherheit in der Sinn der Arbeit sowie eine vergleichsweise geringe Arbeits- Branche erklärbar sein. Hier bilden Finanzen und Versiche- intensität aus. Als weitere Branche des produzierenden rungen das Schlusslicht aller QuaTOQ-Branchen. Gewerbes zeigt die Chemie- und Pharmaindustrie im DGB- Index ein in weiten Teilen von den übrigen Branchen des Abbildung 11 zeigt anschaulich, dass neben dem Gesamtindex sekundären Sektors verschiedenes Profil. Bei betrieblichen besonders bei den Kriterien Entwicklungsmöglichkeiten, Sinn Sozialleistungen und Einkommen sowie den Entwicklungs- der Arbeit, Arbeitszeitlage und – mit Ausnahme der Automo- möglichkeiten schneidet die Chemie- und Pharmaindustrie bilbranche – bei der Betriebskultur eine verhältnismäßig hohe stark ab und weist eine verhältnismäßig geringe Arbeitsin- Homogenität im Branchenvergleich vorherrscht. Daraus ergibt tensität auf; in puncto Beschäftigungssicherheit hingegen sich angesichts der eher schwachen Bewertung von Entfal- bildet sie das Schlusslicht der untersuchten Industriebran- tungsmöglichkeiten und Sinn der Arbeit, dass die untersuchten chen. Branchen in diesen Bereichen vermutlich vor ähnlichen Her- ausforderungen zur Gestaltung Guter Arbeit stehen. Bei den Auch innerhalb der untersuchten Dienstleistungsbranchen ff Kriterien Beschäftigungssicherheit sowie körperliche und emo- weisen die Ergebnisse des DGB-Index deutliche, strukturelle tionale Anforderungen zeigt sich hingegen eine deutlich größe- Unterschiede auf. Gerade die Ergebnisse für den Pfle- re Streuung. Da gerade die Frage emotionaler Anforderungen gebereich stechen heraus. Während sich dieser durch einen höchst komplex und im spezifischen Branchenzusammenhang außerordentlich ausgeprägten Sinn der Arbeit auszeichnet zu betrachten ist, wird dieser Aspekt im Rahmen eines eigenen und viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet, bildet er bei Querschnittskapitels (Kapitel 6.1) intensiver behandelt. Deutlich emotionalen Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten wird darüber hinaus, dass in allen Branchen Potenzial für die das Schlusslicht. Die Arbeitszeitlage ist im Vergleich zu den Stärkung der Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten meisten anderen QuaTOQ-Branchen ebenfalls ungünstig. vorliegt. Damit stehen alle untersuchten Branchen u. a. vor ähn- Beschäftigte beziehen vergleichsweise niedrige Einkommen lichen Herausforderungen bei der Gestaltung von Weiterquali- und betriebliche Sozialleistungen. fizierung. Hierauf wird in einem weiteren Querschnittskapitel näher eingegangen (Kapitel 6.2). Nur wenig geringer als im Pflegebereich ist die Arbeits- ff platzsicherheit im Einzelhandel und der Handelslogistik. Beim Einkommen bildet die Branche das Schlusslicht. Auch wird der Sinn der Arbeit im DGB-Index als gering bewertet.
22 Projektabschlussbericht QuaTOQ 5 Ausgewählte Querschnittsthemen Arbeitsverdichtung und -entfremdung im Verhältnis zu den ff 5.1 Thema I: Psychische Belastungs- Potenzialen von individualisierter Arbeit mit vielen Freiheits- muster graden, steigende Erwerbstätigkeit, speziell von Frauen, und darauf- ff Sündenbock Digitalisierung? folgende Konflikte bei der Vereinbarkeit von privater und Zwischen 2008 und 2018 nahm die Anzahl der Fehltage auf- beruflicher Lebenswelt, grund von psychischen Erkrankungen um 64 % zu (Badura, die Bedeutung von Care-Arbeit in Relation zu entlohnter ff Ducki, Schröder, Klose & Meyer, 2019). Im Durchschnitt rech- Erwerbsarbeit sowie nen nur 50 % der Beschäftigten damit, ihre Arbeitsfähigkeit bis die Chancen, aber auch neue Belastungsfaktoren, durch ff zur Rente erhalten zu können (Institut DGB-Index Gute Arbeit, zeitflexible und mobile Arbeit. 2019). Die Ausprägung der psychischen Belastung von Be- schäftigten verläuft dabei in vielen Branchen kongruent: Aus Beim Rückblick auf den DGB-Index Gute Arbeit 2016 mit der Beschäftigtenperspektive nimmt die Belastung – scheinbar un- Sonderauswertung „Die Digitalisierung der Arbeitswelt“ (In- abhängig von der jeweiligen Branche, dem spezifischen Beruf stitut DGB-Index Gute Arbeit, 2016) wird deutlich, dass die oder der ausgeübten Tätigkeit – deutlich zu. Auch Beschäftigte, Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung in allen QuaTOQ- die in Branchen mit primär physischer Beanspruchung oder in Branchen für bis zu 52 % der Beschäftigten gestiegen ist. Zu weniger digitalen Arbeitsumgebungen handeln, sind bei dieser erwarten wäre allerdings, dass Beschäftigte, deren Arbeit in be- Beobachtung einzuschließen. Auf welche Stressoren und Belas- sonders hohem Maß von der Digitalisierung betroffen ist, etwa tungsmuster ist diese Entwicklung zurückzuführen und welche in den Bereichen Finanzen und Versicherungen, Verlags- und Rolle spielen dabei Digitalisierung sowie digitales Arbeiten? Medienwirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau sowie Auto- mobil, auch deutlichere Belastungstendenzen aufzeigen. Tat- Im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs bildet das The- sächlich äußert sich zunehmende Arbeitsbelastung insgesamt ma der (psychischen) Belastung von Beschäftigten derzeit eine für alle QuaTOQ-Branchen in ähnlicher Intensität. Wechselwir- äußerst präsente Rolle. Theoretische und empirische Erkennt- kungen zwischen der Digitalisierung und veränderten Arbeits- nisse zu veränderten Belastungssituationen sind zwar vielfältig, prozessen werden jedoch bei der Betrachtung der zu bewälti- jedoch kaum über alle Branchen, Berufsgruppen und Tätigkeits- genden Arbeitsmenge sowie Parallelität von Arbeitsvorgängen profile zu vereinheitlichen. Häufig aufgeworfene Spannungsfel- deutlich: Beschäftigte, deren Arbeit in besonders hohem Maß der sind gekennzeichnet durch: von der Digitalisierung tangiert wird, klagen häufiger über er- höhte Arbeitsmengen und eine gestiegene Zahl gleichzeitig zu veränderte Anspruchshaltungen an die Qualität und Quan- ff bearbeitender Vorgänge. tität von Arbeit, Die psychische Arbeitsbelastung von Beschäftigten/Erwerbstätigen* … Insgesamt 21 % 51 % 24 % 4% Produzierende Gewerbe 19 % 56 % 21 % 5% Dienstleistungsgewerbe 23 % 47 % 27 % 3% Nimmt stark zu Nimmt zu Keine Veränderung Nimmt ab Nimmt stark ab *ohne Automobil. Delphi-Befragungen 2018 bis 2020. n = 266. Abbildung 13: Bis 2030 wird die psychische Arbeitsbelastung von Beschäftigten/Erwerbstätigen* …
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