Forschung im Blick 2015|2016 - Bund.de
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Impressum Herausgeber © 2015 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Deichmanns Aue 31–37 53179 Bonn www.bbsr.bund.de Redaktion Christian Schlag Layout und Satz KOMBO MedienDesign Rainer Geyer Bestellung selbstverlag@bbr.bund.de Druck Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Bildnachweis: Titel: Powell83/fotolia.com; Vorwort: Milena Schlösser S. 9: Jürgen Hohmuth/zeitort.de;S. 10: Carsten Frenzel/flickr.com (CC BY-SA 2.0); S. 11: Frerk Meyer/flickr.com (CC BY-SA 2.0); S. 13: abbilder/flickr.com (CC BY-SA); S. 15: Jürgen Hohmuth/zeitort.de; S. 16: ChenPG/fotolia.com; S. 18 u. 19: Lars-Christian Uhlig; S. 24: Jürgen Hohmuth/zeitort.de; S. 27: Ian Prince, skuawk.com (CC0 1.0); S. 28: geralt/pixabay.com (CC0 1.0); S. 31: Fabian Dosch; S. 32: Reymer Wulf; S. 36: Rolf Handke/pixelio.de; S. 43: Mar- co2811/fotolia.com; S. 45: bluedesign/fotolia.com; S. 47: Jörg Sabel/pixelio.de; S. 48: I. Rasche/pixelio.de; S. 49: M. Fisch; S. 51: Tiberius Graccus/fotolia.com; S. 56: ABT Immobilien GmbH; S. 57: Jürgen Hohmuth/zeitort.de; S. 59: Mathias Metzmacher; S. 61: Mathias Metzmacher; S. 63: Friedberg/fotolia.com; S. 65: Wolf- gang Reier; S. 67: Andreas Meichsner; S. 71: ZEBAU GmbH/Jens Gebhardt; S. 72: Helga Kühnhenrich; S. 75: Milena Schlösser Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor- sicherheit. Es berät die Bundesregierung bei Aufgaben der Stadt- und Raumentwicklung sowie des Wohnungs-, Immobilien- und Bauwesens.
Forschung im Blick 2015 |16 Jahresbericht des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Bonn 2015
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, unser Land steht unter besonderem Eindruck der Zuwan derung. In diesem Jahr werden Schätzungen zufolge mehr als eine Million Menschen nach Deutschland kommen. Die Experten sind sich darin einig, dass wir auch künftig mit vergleichbaren Zahlen rechnen müssen. Das wird unsere Städte und Gemeinden verändern. 2014 hatte jeder fünfte Einwohner Deutschlands einen Migrationshintergrund. Dieser Anteil wird steigen. Das erhöht den Integrationsdruck in den Kommunen, vor allem in den Großstädten. Im öffentlichen Diskurs und in der politischen Diskussion werden zwar die Potenziale von Zuwanderung für die Volkswirtschaft durchaus wahrge- nommen. Andererseits werden auch vermutete Überfor- derungen diskutiert, wenn es beispielsweise um die Sozialsysteme, die regionalen Arbeits- oder auch die Wohnungsmärkte geht. spielt dabei eine große Rolle. Darüber hinaus braucht es die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern. Gelingt es uns, die Zuwanderung nach Deutschland durch Anreize räumlich zu lenken? Wie können wir in kurzer Die aktuelle Ausgabe soll Ihnen wiederum einen Einblick Zeit neue Wohnungen in ausreichender Zahl auch dort in unsere Forschung und Politikberatung zu „Bau, Stadt schaffen, wo schon jetzt dringend benötigter Wohnraum und Raum“ bieten. Bereits absehbar freilich ist, dass fehlt? Auf welche Weise können wir Integration nicht nur sich unser Aufgabenspektrum durch drei sogenannte in den sozial benachteiligten Stadtquartieren erleichtern Zukunftsinvestitionsprogramme erheblich erweitern und wie kann das die Städtebauförderung unterstützen? wird: Im Fokus stehen dabei Nationale Projekte des Städtebaus, die Sanierung kommunaler Einrichtungen im Für die Aufgabe „Integration“ kann raumwissenschaft- Bereich Sport, Jugend und Kultur sowie Modellvorhaben liche Forschung keine Blaupause liefern, aber sehr wohl nachhaltiges Wohnen für Studenten und Auszubildende. Hinweise auf die Weiterentwicklung von Förderprogram- men und -instrumenten geben. Die fachliche Begleitung Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. des Leitprogramms der Städtebauförderung „Soziale Stadt“ sowie Forschungsprojekte und Modellvorhaben im Experimentellen Wohnungs- und Städtebau bieten schon jetzt erfolgversprechende Beispiele, wie Städte Ihr Harald Herrmann und Gemeinden diese Aufgabe schultern. Auch privates Direktor und Professor des Bundesinstituts für Engagement – etwa von Unternehmen und Stiftungen – Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
BBS | INHALT INHALT Vorwort Einleitung Bauen und Wohnen, Stadt und Raum: Zur Unteilbarkeit eines inneren Zusammenhangs....................................................................................... 8 FOKUS: Stadt- und Regionalentwicklung............................................................ 14 Förderprogramm für national bedeutsame Städtebauprojekte: ein Ansatz mit Potenzial..........................................................................................17 Potenziale von Kleinstädten in peripheren Lagen..............................................21 Smart Cities – Mitgestalten!.................................................................................. 25 Grün in der Stadt..................................................................................................... 29 Monitoring der Städtebauförderung schafft Transparenz ............................... 33 Europa ist voller Unterschiede – und hat dennoch vieles gemeinsam...........37 Neue Wege in der Visualisierung von Verkehrsströmen...................................41 FOKUS: Wohnen/Immobilien................................................................................ 46 BBSR-Wohnungsmarktprognose 2030................................................................ 50 Wohnungsbestände im Wandel ........................................................................... 54 Verwahrloste Immobilien....................................................................................... 58 FOKUS: Bauwesen.................................................................................................. 64 Nachhaltig und umweltgerecht Bauen ............................................................... 66 Effizienzhäuser Plus – vom Praxistest zur Breitenanwendung........................ 70 Wie das Bauwesen digital wird – Building Information Modeling (BIM)...... 74 Interview „Wir brauchen mehr Kooperation“ – Harald Herrmann, Direktor und Professor des BBSR, im Gespräch............................................... 78 Anhang...................................................................................................................... 83 BBSR | 7
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Das BBSR berät und unterstützt das und erarbeitet Analysen, Berichte und Bundesbauministerium und andere Prognosen. Ihm obliegt die Betreuung Ressorts in einem breiten Spektrum von und Umsetzung der einschlägigen Grundsatzfragen. Dabei ist es von beson- Ressortforschungsprogramme sowie derer Bedeutung, dass die Themen des das Management von Geschäftsstel- Bauens und der Architektur, der Stadt- len und Initiativen. Darüber hinaus und Raumentwicklung, des Wohnungs- vertritt es die Ressortinteressen des und Immobilienwesens tiefgreifende Bundesbauministeriums und teilweise Wechselwirkungen und Rückkopplungs- auch anderer Ministerien in Gremien. effekte mit anderen Politikfeldern haben. Brücken zwischen Mit eben diesem Bewusstsein arbeitet den Politikfeldern bauen das BBSR. Zum einen sieht es seine Aufgabe darin, die Politik der Bundes- Allerdings muss man sehen, dass die regierung durch die Bereitstellung einzelnen Politikfelder zwar untereinan- statistischer Informationen von der der vielerlei Berührungspunkte haben, Quartiers- bis zur europäischen Ebene, sich indes als weitgehend getrennte durch Ad-hoc-Beratung sowie kurz- bis Sphären im fachöffentlichen Diskurs mittelfristig angelegte Forschung auf den meist nur distanziert begegnen. Auch Gebieten der Stadt- und Regionalent- sind ihre Handlungs- und Entscheidungs wicklung zu unterstützen. Im Mittelpunkt logiken andere; die jeweiligen gesell- steht dabei die Modell-, Fallstudien- und schaftlichen Wirkungen sind ebenfalls Pilotvorhabenforschung. Es geht darum, höchst unterschiedlich. Das BBSR sieht Lösungsansätze vor Ort immer gemein- u. a. seine Aufgabe darin, hier verstärkt sam mit den Städten und Gemeinden zu Brücken zu bauen und „zusammen zu entwickeln. Freilich geht es auch um die bringen, was zusammen gehört“. Frage der regionalen Daseinsvorsorge sowie die Sicherung der Lebensqualität Die zentrale Frage lautet: Wie schafft im Zusammenhang mit dem Demogra- man es, die bau- und raumwirksamen fischen Wandel. Zum anderen verzahnt sektoralen Politikfelder, die Fachpolitiken das BBSR wissenschaftliche, analyti- und Fachplanungen so zu koordinie- sche und bautechnische Kompetenzen ren, dass gesellschaftspolitische Ziele und erbringt Forschungs- und wissens- erreicht werden? Das BBSR fühlt sich basierte Dienstleistungen für die Bau-, der Kultur des Interessenausgleichs Wohnungs- und Immobilienpolitik. Es verpflichtet; seine grundsätzliche Her- analysiert den Erkenntnisbedarf für die angehensweise ist eher planerisch als relevanten Themen und Politikziele; es normativ. Wie beispielsweise im Metier berichtet zu ausgewählten Fachfra- der räumlichen Planung üblich, werden gen, erstellt Beiträge zur Regelsetzung alle für das jeweilige Thema relevanten 8 | BAUEN UND WOHNEN – STADT UND RAUM
BBSR | EINLEITUNG Das System „Stadt“ ist komplex. Gesichtspunkte, Erfordernisse, Zwän- unsichtbaren (weil oft mittelfristigen Forschung muss verschiedene ge und Ziele analysiert, gewichtet und oder indirekten) Effekte von paralle- Fachpolitiken und deren Wech- gegeneinander abgewogen. Dabei wird len Fachpolitiken ins Visier nimmt. selwirkungen berücksichtigen. insbesondere auch die jeweilige Um- setzbarkeit im gesellschaftspolitischen Ein beredtes Beispiel stellt aktuell das Kontext gewürdigt. Sich im Dickicht Thema des städtischen Wohnens dar. konkurrierender Ansprüche einen Weg Hier gilt es, die komplexen Entwicklun- zu bahnen, wird kaum je gelingen, indem gen auf den Wohnungsmärkten zeitnah man unabhängig von topographischen und differenziert zu analysieren und Gegebenheiten eine starre Schneise der Politik in einem emotionalisierten, schlägt. Mit anderen Worten: Es geht öffentlichkeitsrelevanten Themenfeld mit nicht darum, ein wünschenswertes faktenbasierten, belastbaren Auswer- Globalziel abstrakt zu definieren, daraus tungen solide Entscheidungsgrundlagen dann einzelne Schritte abzuleiten und – zu liefern. Die binnen kurzer Zeit deutlich sei es per Zwang – umzusetzen. Verbes- angestiegenen Versorgungsdefizite in serungen sukzessive umzusetzen, darum dynamischen Wachstums- und Universi geht es – das basierend auf Partizipation, tätsstädten mit kräftig steigenden Mie- Kompromiss und Machbarkeit. Dabei ten und Preisen, mittelfristig weiterhin sind nicht nur Synergien mit Fachpoli- zunehmende Haushaltszahlen, Zuwan- tiken wie Wirtschaft, Bildung, Verkehr, derungen aus dem Ausland, demografie Integration usw. zu suchen. Vielmehr bedingte Strukturverschiebungen auf ist ein Selbstverständnis zu entwickeln, der Nachfrageseite und gleichzeitig anhand dessen man sich als überwöl- verschärfte energetische Qualitätsan- bende und gestaltende Zusammenschau forderungen bei parallel steigenden etabliert, die gerade die tendenziell Leerständen in strukturschwachen BAUEN UND WOHNEN – STADT UND RAUM | 9
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Mit dem starken Gewicht der Ballungsräume für die Entwicklung Regionen setzen die Wohnungs- und Schicksal ganzer Volkswirtschaften an der Bundesrepublik sollte auch ein Immobilienmärkte Deutschlands unter den Erfolg eines einzigen Ballungsraums Bedeutungszuwachs der Stadt- Druck. In Verbindung mit der Energie- geknüpft: so erwirtschafteten etwa entwicklung auf Bundesebene wende und verstärkten Umweltschutz- Stadtregionen wie Dublin, Kopenhagen einhergehen. Metropole Hamburg. anstrengungen steigen vielerorts die oder das niederländische Randstad Kosten des Wohnens deutlich und jeweils allein mehr als die Hälfte des drohen die Zahlungsfähigkeit vieler Bruttoinlandprodukts (BIP) ihres Landes. Bürgerinnen und Bürger zu überfordern. Doch obwohl die Bedeutung der (Groß-) Das kann die soziale Stabilität im Land Stadtregionen durch eine Vielzahl an gefährden. Als einzige in diesem Bereich Studien eindrucksvoll untermauert wissenschaftlich arbeitende Institution ist, hat sich „Stadtentwicklung“ als des Bundes ist das BBSR gefordert, die prioritärer Gegenstand professioneller Wirkungen aktueller politischer Maßnah- Expertise und politischen Engagements men auf Wohnen und Stadtentwicklung auf Bundesebene bislang kaum entspre- (u. a. Mietpreisbremse, Mietenpaket II, chend etablieren können. Zwar lancierte Klimaschutzsofortprogramm 2020, das damalige Bundesbauministerium KfW-Förderungen) zu evaluieren. 2007 als Konsequenz der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt Bundespolitische Bedeutung eine Nationale Stadtentwicklungspoli der Stadtentwicklung tik, aber nach wie vor wird von vielen Beteiligten räumliche Entwicklungspoli- Nicht minder kompliziert ist die Frage der tik (Raumordnung) immer noch mehr als weiteren Stadt- und Raumentwicklung. Politik für ländliche Regionen verstanden. Ein breites Spektrum wissenschaftlicher Untersuchungen belegt, dass Städte Ende März 2015 haben die Staatssekre die Motoren gesellschaftlicher und täre einen ressortübergreifenden wirtschaftlicher Entwicklung sind, dass Beschluss zur nachhaltigen Stadtent- von ihnen Wachstum und Innovation wicklung gefasst, der neue Dynamik in ausgehen, mit Auswirkung auf ganze das Politikfeld auf Bundesebene bringen Regionen, ja Staaten oder den Globus wird. An der Umsetzung wird sich auch insgesamt. Nicht selten ist sogar das das BBSR beteiligen. Stichworte sind 10 | BAUEN UND WOHNEN – STADT UND RAUM
BBSR | EINLEITUNG Baustelle Stadt: Verschiedene hier die soziale, inklusive und chancen- Maßnahmen etc. Die Aufzählung wäre Nutzungsansprüche in Einklang gerechte Stadt, die ressourceneffiziente, leicht zu verlängern. Eine gemeinsame zu bringen, verlangt Pragma- grüne Stadt oder die Smart City. In der Wirkung lässt sich aber weder abschät- tismus. Hafencity Hamburg. „Innovationsplattform Zukunftsstadt“ zen noch unter Kontrolle bringen. werden diese Themen – auch mit Unter- stützung des BBSR – zusammengedacht. Wenn bauliche und räumliche Entwick- lungsstrategien auf einer (zu) hohen Abs- Als politikberatende Einrichtung arbeitet traktions- und Maßstabsebene formuliert das BBSR getreu dem Bismarck’schen werden, dann mangelt es ihnen notge- Diktum, dass Politik die Kunst des drungen an tagtäglichen Kollisionen mit Möglichen darstellt. Es entwickelt der politischen bzw. fachlichen Wirklich- seine Inhalte und Themen pragmatisch, keit. Die aber brauchen sie, um in ihrer Schritt für Schritt, flexibel und korri- Relevanz gleichsam „entdeckt“ zu wer- gierbar – ohne indes auf eine länger- den. Sich baulich-räumlich niederschla- fristige Perspektive zu verzichten. Es ist gende Entwicklungsprobleme können nur geprägt von der Einsicht, dass zahlreiche gelöst werden, wenn sie pars pro toto an Akteure unterschiedlichste Ansprüche einer Stelle gebündelt, in ihren Voraus- an Bau und Raum formulierten. Diese setzungen, Maßnahmen und Wirkungen äußern sich beispielsweise in unter- gegeneinander abgewogen werden, nehmerischen Standortentscheidungen, beispielsweise Wohnungsbedarfe gegen Logistikkonzepten von Großverteilern, Umwelterfordernisse. Weil es bei Fragen bodenrechtlichen Spezifikationen, des Planen-Bauen-Wohnens kaum je verkehrsinfrastrukturellen Vorhaben, ein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt, regionalplanerischen Leitbildern, wohn- sind geeignete Antworten zumeist nur im soziologischen Präferenzen, Arbeits- dialektischen Sowohl-als-auch zu haben. marktentwicklungen, energetischen Kontakt Dr. Robert Kaltenbrunner Leiter der Abteilung II Bau- und Wohnungswesen Tel.: +49 228 99401-2500 robert.kaltenbrunner@bbr.bund.de BAUEN UND WOHNEN – STADT UND RAUM | 11
Stadt- und Regionalentwicklung
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 FOKUS Stadt- und Regionalentwicklung Dr. Markus Eltges Wie werden sich unsere In seiner Forschung zur Stadt- und bereitungen zum Raumordnungsbericht Städte in den nächsten zehn Regionalentwicklung unterstützt das 2016, der seinen inhaltlichen Schwer- oder zwanzig Jahren verän- BBSR die Bundesregierung durch punkt im Politikfeld „Daseinsvorsorge“ dern? Welche Auswirkungen statistische Analysen von der Quar- finden soll. Aber auch hier müssen die wird Zuwanderung durch tiers- bis zur europäischen Ebene, räumlichen Folgen aus den steigenden Flüchtlinge auf unsere Städte durch Modellvorhaben, Fallstudien Flüchtlingszahlen untersucht werden. und Regionen haben? Werden und Pilotprojekte. Hinzu kommt die sich die Stadtgesellschaft und Konzeption von Berichten der Bundes- Die Forschung des BBSR zur Stadt- innerstädtische Strukturen regierung wie dem Raumordnungs- und und Raumentwicklung richtet sich verändern? Wie gehen wir mit dem Stadtentwicklungsbericht. derzeit an folgenden Clustern aus: schrumpfenden Regionen um? Wie verändern neue Technolo- Zu Beginn des Jahres 2014 wurde nnSoziale, inklusive und chancen gien das Leben in den Städten der Nationalbericht Habitat III für gerechte Stadt. Das Thema Integrati- und auf dem Land? Das Deutschland im Entwurf verfasst. Bis on von Zuwanderern und Flüchtlingen BBSR widmet sich in seiner zur Habitat-Konferenz in Quito 2016 wird hier im Zentrum stehen. Es sind Forschung zur Stadt- und Regi- wird die Entwicklung und Mitarbeit an langfristige Strategien und Antworten onalentwicklung diesen und der „New Urban Agenda“ ein Schwer- gefragt, die auch eine stadtentwick- weiteren Fragen. punkt sein. Denn nationale Themen lungspolitische Komponente haben der Stadtentwicklung müssen mit müssen. Denn Integration findet vor europäischen und weltweiten in eine Ort statt. Für das Programm Soziale Balance gebracht werden, um Gehör auf Stadt stehen die Schlussfolgerungen der internationalen Bühne zu finden. aus der Zwischenevaluierung der res- sortübergreifenden Strategie auf der In der Raumordnung stehen die For- Tagesordnung. Beides Meilensteine, schung zur Sicherung der regionalen die ihren Widerhall in der Weiterent Daseinsvorsorge sowie die Sicherung wicklung des Leitprogramms der der Lebensqualität des ländlichen Rau- Städtebauförderung finden müssen. mes durch die digitale Infrastruktur im nnGrüne Stadt. Das BBSR hat ein Grün- Mittelpunkt. Ein weiterer Schwerpunkt buch „Grün in der Stadt – Für eine sind die Modellvorhaben „Lebendige lebenswerte Zukunft“ mit zahlrei- Regionen“. Darin werden die Regionen chen Partnern erarbeitet, in dessen aufgefordert, die Konsequenzen aus Mittelpunkt die integrierte Sichtweise den fiskalischen Veränderungen durch des Grüns steht. 2015 startet der die Schuldenbremse ab 2020 in ihren Weißbuch-Prozess, an dessen Ende Entwicklungsstrategien zu berücksich- konkrete Ziele und Handlungsinstru- tigen. Planung und Finanzen sollen darin mente für Bund, Länder und Gemein- enger zusammengeführt werden. Hierbei den stehen sollen. Ab 2016 sollen stehen auch Wachstumsregionen im Fo- über Modellvorhaben und Fallstudien kus. Schließlich beginnen in 2015 die Vor- Lösungsmöglichkeiten bei Konflikten 14 | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG Den Perspektiven von Klein im Falle der Nachverdichtung gemein- nnPeriphere Kleinstadt. Das for- städten widmet sich ein aktuelles sam mit den Städten und Gemeinden schungspolitische Augenmerkt gilt Forschungsvorhaben im Experimen- erarbeitet werden. Eine Studie soll den Potenzialen von Kleinstädten tellen Wohnungs- und Städtebau. zudem die Frage reflektieren, ob das in peripheren Lagen. Diese Städte städtebauliche Leitbild der Garten- sind in der Mehrheit durch Schrump- stadt auf die heutige Zeit übertragen fung gekennzeichnet. Es geht um werden kann. Im Kern geht es um die Frage, welche Potenziale diese die Frage, wie „Gartenstadt“ im Städte jenseits des Fremdenverkehrs hochverdichteten Bestand aussehen oder freier (Gewerbe-)Flächen haben und gelebt werden kann und soll. und wie es gelingt, diese Kleinstädte nnSmarte Stadt. Es gilt, einen Hand- für gut ausgebildete Zuwande- lungsrahmen für die Städte und rer attraktiv zu machen. Auch die Gemeinden zu entwickeln und zu Entwicklungschancen durch Digitali- untersuchen, wie sich die zunehmen- sierung sollen untersucht und durch de Digitalisierung auf den Verkehr, gute Beispiele hinterlegt werden. auf den Stadtraum aber auch auf das Regieren in Städten auswirkt Als wissenschaftliche Einrichtung sieht und auswirken kann. Die Smart-City- das BBSR in diesem neuen Programm Forschung ist nur eine Facette der eine einmalige Chance, die Aufgaben Forschung unter der Marke „Stadt im Bereich des Städtebaus zu vertiefen von übermorgen“. Wie werden wir und zu erweitern. Zu einer inhaltlichen künftig arbeiten und wohnen? Sind Perspektive für das Programm gehört unsere Städte für das Klima der auch, dass das Instrument der Ressort Zukunft angepasst? Setzen sich neue forschung für die Vorbereitung von Mobilitätskonzepte durch? Dies sind Investitionsprojekten genutzt werden grundlegende Fragen einer Natio- muss, um den Projekten einen nationalen nalen Stadtentwicklungspolitik. Vorbildcharakter durch konzeptionell gute Vorarbeiten zu ermöglichen. STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG | 15
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Die Digitalisierung verändert das Leben in den Städten – wie gut Fachwissenschaftliche Begleitung Mit der interaktiven Anwendung „INKAR sind wir darauf eingestellt? Ein von Investitionsgrammen ergänzen online“ geht das BBSR neue Wege in der neues Forschungscluster des das Aufgabenportfolio Visualisierung regionaler Statistiken. Die BBSR soll einen Handlungsrah- Anwendung ist kostenfrei und steht men für Kommunen entwickeln. Mit dem Nachtragshaushalt 2015 Interessierten unter www.inkar.de zur legte das Bundesbauministerium ein Verfügung. Dieses Angebot wird nach Zukunftsinvestitionsprogramm für die und nach ausgebaut. Gleiches gilt für das Städte und Gemeinden für die Jahre Transportstrom-Visualisierungs-Modell 2016 bis 2018 auf, um einerseits das (TraViMo) – ein Instrument für die schon bestehende Programm „Natio- Visualisierung von Verkehrsströmen. Mit nale Projekte des Städtebaus“ um 100 ihm lassen sich erstmals regionale Millionen Euro aufzustocken und um die Schwerpunkte des Güter- und Personen- Sanierung kommunaler Einrichtungen verkehrs veranschaulichen. Die Kombi- im Bereich Sport, Jugend und Kultur nation mit weiteren Datengrundlagen mit einem Fördervolumen von 140 Mil- und wissenschaftlichen Modellen erlaubt lionen Euro zu unterstützen. Davon eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, werden 100 Millionen Euro dem BBSR darunter die Notfallplanung im Falle übertragen. Das BBSR hat hier vor allem eines Verkehrsträgerausfalls, die die Aufgabe übernommen, gemeinsam Bewertung von verkehrspolitischen mit den Städten und Gemeinden Projekte Maßnahmen und die Abschätzung von zu qualifizieren und investiv umsetzen. Investitionseffekten in den Regionen. Kontakt Dr. Markus Eltges Leiter der Abteilung I Raumordnung und Städtebau Tel.: +49 228 99401-2001 markus.eltges@bbr.bund.de 16 | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG THEMA Förderprogramm für national bedeutsame Städtebauprojekte: ein Ansatz mit Potenzial Lars-Christian Uhlig Das Bundesministerium für Im Koalitionsvertrag der Bundesregie- tionale Wahrnehmbarkeit und Wirkung Umwelt, Naturschutz, Bau rung wurde Ende 2013 vereinbart, die besitzen sowie einen überdurchschnitt- und Reaktorsicherheit hat Städtebauförderung als Erfolgsmodell lichen Qualitätsanspruch hinsichtlich ein neues Programm „Natio gemeinsamer Anstrengungen von Bund, Bürgerbeteiligung, Städtebau und nale Projekte des Städtebaus“ Ländern und Kommunen weiterzuentwi- Baukultur aufweisen. Da die Mittel den eingerichtet, für das jährlich ckeln. 2014 hat der Bund die Finanzhilfen Kommunen über einen Zeitraum von bis 50 Millionen Euro zur Förde- auf 700 Millionen Euro (2013: 455 Millio- zu fünf Jahren zur Verfügung gestellt rung von herausragenden nen Euro) aufgestockt. Darin enthalten werden, gibt es genügend Raum, um Städtebauprojekten zur ist ein neues Bundesprogramm zur För- größere und anspruchsvollere Projekte Verfügung stehen. Das BBSR derung von „Investitionen in Nationale zu realisieren. Die Themenschwerpunkte ist mit der Umsetzung und Projekte des Städtebaus“ im Umfang des Programms wurden bereits im Zuge der fachlichen Begleitung der von 50 Millionen Euro. Im Unterschied der parlamentarischen Beratungen Projekte beauftragt zu den Bundesmitteln der Städtebauför- verbindlich festgelegt. Für die Jahre derung handelt es sich hierbei um ein 2014 und 2015 sind dies insbesondere Investitionsprogramm, bei dem der Denkmalensembles von nationalem Rang, Bund den Kommunen direkt und unmit- die energetische Erneuerung im Quartier telbar projektbezogene Zuwendungen sowie Grün in der Stadt. Im Bundeshaus- gewährt, um damit gezielt Investitions- halt 2015 stehen gleichfalls 50 Millionen schwerpunkte im Städtebau zu setzen. Euro für das Programm zur Verfügung, die sich durch das Zukunftsinvestiti- Das Bundesbauministerium hat das onsprogramm der Bundesregierung für BBSR mit der Umsetzung und fachlichen das Jahr 2015 um weitere 100 Millionen Begleitung des Programms beauftragt. Euro erhöhen. Für die Jahre 2016 und Dabei kann das BBSR nicht nur auf seine 2017 sind jeweils wieder 50 Millionen Expertise durch die wissenschaftliche Euro vorgesehen, so dass dann insge- Begleitung der Städtebauförderung samt über 100 Nationale Projekte des zurückgreifen, sondern auch auf die Städtebaus vom BBSR inhaltlich und Erfahrungen bei der Umsetzung des administrativ zu betreuen sein werden. Investitionsprogramms bei nationalen Projekten des UNESCO-Welterbes, die Teilnahmewettbewerbe 2014 und das Referat „Baukultur und Städtebauli- 2015 fanden großen Widerhall cher Denkmalschutz“ seit 2009 begleitet. Um die fachlichen Ansprüche deutlich Inhaltlich verfolgt das neue Bundespro- zu machen, wurde jeweils ein Wettbe- gramm einen umfassenden Ansatz, mit werb um die Aufnahme von Projekten dem herausragende städtebauliche Pro- in das Bundesprogramm vorangestellt. jekte von nationaler Bedeutung gefördert Im Jahr 2014 gingen beim BBSR – trotz werden sollen. Dementsprechend sollen knapper Antragsfristen – 270 Projekt- die Projekte eine nationale und interna- anträge ein. 2015 konnten 168 Bewer- NATIONALE PROJEKTE DES STÄDTEBAUS | 17
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Speisehaus der Nationen im ehemaligen Olympischen Dorf bungen in die Bewertung einbezogen tigen. Als sehr konstruktiv hat sich in Wustermark. werden. Alle Anträge wurden fachlich dabei die Einbeziehung der Bundesbau- geprüft und für die Auswahl durch eine verwaltung in den Ländern im Hinblick Expertenjury aufbereitet. Die Jury aus auf baufachliche Fragen erwiesen. Mitgliedern des Deutschen Bundestags, Vertretern von Ländern und Kommunen Investitionsprogramm stärkt inte sowie unabhängigen Fachleuten wählte grierte Stadtentwicklungspolitik unter der Leitung des Parlamentari- schen Staatssekretärs Florian Pronold Während der deutschen EU-Ratspräsi für 2014 21 Projekte und 2015 46 Pro- dentschaft 2007 unterzeichneten die jekte aus allen Bundesländern aus. für Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Minister die „Leipzig In einer sehr intensiven Arbeitsphase Charta zur nachhaltigen europäischen galt es, aus den noch konzepthaften Stadt“. Sie zielt darauf ab, Ansätze einer Projektanträgen qualifizierte Förder- integrierten Stadtentwicklungspolitik bescheide zu machen. Dabei war die stärker zu nutzen. Die Initiative der Aufteilung der Fördermittel gemäß den Nationalen Stadtentwicklungspolitik Haushaltsvorgaben und den Schwer- unterstützt Städte und Regionen darin, punktsetzungen durch die Experten- ökonomische, ökologische und soziale jury zu berücksichtigen. In der Regel Herausforderungen erfolgreich zu bedeutete das eine Teilförderung und bewältigen und lebenswerte Orte für alle entsprechende Anpassungen der Bevölkerungsgruppen zu schaffen. So beantragten Einzelmaßnahmen in enger sind beispielsweise integrierte städte Abstimmung zwischen den Kommunen bauliche Entw icklungskonzepte eine und dem BBSR. Eine besondere Heraus- Voraussetzung für die Aufnahme in eines forderung lag darin, die städtebaulichen der Programme der Städtebauförderung. Ziele jedes einzelnen Projekts und die Weit über 100 vom BBSR betreute Pilot- des Gesamtprogramms zu berücksich- 18 | NATIONALE PROJEKTE DES STÄDTEBAUS
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG Kassel: Allee und Bergpark Wilhelmshöhe. projekte haben innovative konzeptionelle Städtebauförderung ermöglicht das Ansätze in der Stadtentwicklung verfolgt. Bundesprogramm die Umsetzung von größeren Projekten, die im Rahmen einer Das neue Bundesprogramm „Nationale städtebaulichen Gesamtmaßnahme Projekte des Städtebaus“ geht einen nicht zu finanzieren wären. Gleichwohl Schritt weiter, denn es können sowohl können damit auch städtebauliche konzeptionelle als auch investive Maß Projekte realisiert werden, für die es nahmen gefördert werden. Das schafft keine entsprechende Gebietskulisse gibt. die Möglichkeit einer integrierten Herangehensweise − vom Konzept bis Die ersten Nationalen Projekte des zur baulichen Umsetzung. Der Bund Städtebaus werden ab 2017 fertig ge- stellt den Kommunen dafür erhebliche stellt sein. Der Anspruch an besonders Mittel zur Verfügung (in der Regel zwei gute Ergebnisse wurde von Seiten des Drittel der Projektkosten); und das über Ministeriums bereits mit dem Projektauf- einen Zeitraum, der genügend Raum ruf formuliert („Premiumqualität“). Vor- für die Erarbeitung und Umsetzung gesehen ist eine begleitende Evaluierung, komplexer städtebaulicher Projekte um frühzeitig Erkenntnisse für die Quali lässt. Damit werden die Kommunen tätssicherung und Weiterentwicklung in die Lage versetzt, selbst aktiv zu des Programms zu gewinnen. Durch eine handeln und ihre städtebaulichen Ambi vorausschauende Festsetzung zukünfti- tionen zu realisieren. In Ergänzung zur ger Themenschwerpunkte besteht damit NATIONALE PROJEKTE DES STÄDTEBAUS | 19
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 DK Flensburg Stralsund Rostock Lübeck Hamburg Mölln Bremen Lüneburg Bernau PL bei Berlin Wustermark Porta Rüdersdorf Westfalica bei Berlin Berlin NL Alfeld (Leine) Goslar Dessau- Herford Höxter Roßlau Paderborn Osterode am Harz Bottrop Lutherstadt Gelsenkirchen Quedlinburg Wittenberg Bad Muskau Oberhausen Bochum Bad Göttingen Karlshafen Krefeld Hoyerswerda Kassel Bad Frankenhausen Leipzig Köln Bebra Gotha Weimar Kerpen Gera BE Bendorf Koblenz VG Loreley Thurnau CZ Bamberg LU Fürth Saarbrücken Mannheim Herrieden Regensburg Aalen Berching FR Ulm Burghausen Freiburg im Breisgau AT Wagen im Allgäu Kempten CH 100 km © BBSR Bonn 2015 Projektstandorte (Stand: 31.07.2015) Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR www.bmub.bund.de/N52065/ (Aufruf vom 23.07.2015) Projekt des Städtebaus aus 2015 (46) www.bmub.bund.de/N51324/ (Aufruf vom 08.04.2015) Geometrische Grundlage: BKG, Gemeinden, 31.12.2012 Nationale Projekte des Städtebaus. Projekt des Städtebaus aus 2014 (20) Bearbeitung: R. Schmell die Möglichkeit, dass sich Deutschland perimentellen Wohnungs- und Städtebau bei der nächsten EU-Ratspräsidentschaft oder durch Pilotprojekte der Nationalen im Jahr 2020 mit Projekten in einem Stadtentwicklungspolitik vorstellbar. internationalen Rahmen präsentieren Dies würde eine frühzeitige Festlegung kann, die einerseits auf der Basis der der Förderschwerpunkte durch die Poli- Internet Leipzig Charta beruhen und andererseits tik erforderlich machen. Gelingt es, diese Überblick der Projekte: Antworten auf die städtebaulichen Fra- neue Art der Förderung über das Jahr www.bmub.bund.de/N52065/ gen von morgen geben können. Im Sinne 2017 hinaus zu verstetigen, sollten solche Kontakt einer effektiven Qualifizierung von Pro- konzeptionell vorbereitenden Arbeiten in Lars-Christian Uhlig Referat I 7 – Baukultur und jekten wäre auch eine frühzeitige kon- die Überlegungen zur Weiterentwicklung Städtebaulicher Denkmalschutz zeptionelle Vorbereitung durch den Ex- des Programms einbezogen werden. Tel.: +49 228 99401-1614 lars-christian.uhlig@bbr.bund.de 20 | NATIONALE PROJEKTE DES STÄDTEBAUS
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG THEMA Die Lage entscheidet – ExWoSt- Forschungsfeld „Potenziale von Kleinstädten in peripheren Lagen“ Lars Porsche Besonders Kleinstädte in Die Diskussionen der letzten Jahre zu Sinkende Bevölkerungszahlen peripheren Lagen spüren Städten und Stadtentwicklung waren die Folgen des demografi- und sind stark durch „global cities“, Statistische Auswertungen des BBSR schen Wandels. Ein neues „megacities“, Großstadtagglomera zeigen, dass ein entscheidendes Krite Forschungsfeld des BBSR un- tionen und Großstädte geprägt. Aber rium für die Entwicklung einer Stadt tersucht, wie diese Kommunen auch die so genannten „secondary ihre Lage ist. Für Kleinstädte lässt sich ihre Zukunftschancen für eine cities“ sind Thema, da ihnen mindestens das am Beispiel der Bevölkerungs qualitätsvolle Stadtentwick- eine gewisse ökonomische Funktion ent w icklung veranschaulichen. lung nutzen können, obwohl zugesprochen wird. Kleinstädte haben die Rahmenbedingungen bisher in Forschung und Politik längst Es zeigt sich, dass Kleinstädte in zen schwierig sind. nicht die Aufmerksamkeit inne, die sie tralen Lagen, d. h. in der Nähe von verdienen. Die Debatten sind derzeit Großstädten und Agglomerationen, im auf Fragen der Attraktivität großer Durchschnitt Einwohner gewinnen. Städte und deren Herausforderungen Diese müssen vor allem auf den damit wie den Umgang mit Wohnungsknapp- einhergehenden steigenden Bedarf an heit und Integration konzentriert. Wohnraum und technischer wie sozia ler Infrastruktur reagieren. Peripher Dabei erfüllen Kleinstädte für sich gelegene Kleinstädte hingegen verlieren und ihr Umfeld eine wichtige Stabili- seit fast zehn Jahren zunehmend an sierungs- und Entwicklungsfunktion. Bevölkerung und müssen versuchen, Darüber hinaus tragen sie zur Auf- Infrastrukturen mindestens aufrecht zu rechterhaltung des polyzentrischen erhalten und altengerecht zu entwickeln. Städtenetzes bei. Die Bedeutung der Kleinstädte verdeutlichen wenige In den vergangenen Jahren wurde die Zahlen: Deren Anteil an den Stadt- und Annahme vertreten, dass eine Zunahme Gemeindetypen beträgt 58 Prozent. an Arbeitsplätzen der entscheidende 33 Prozent der Bevölkerung leben dort. Faktor sei, um Schrumpfung und Alte- rung zumindest zu bremsen. Dies trifft Die Energiewende wäre ohne die Klein- für Kleinstädte in peripherer Lage nicht städte mit den hier vorhandenen geeig- zu. Denn obwohl sie zwischen 2008 und neten Standorten für „flächenintensive“ 2013 auch vom konjunkturellen Beschäf Windkraft- und PV-Anlagen deutsch- tigtenzuwachs profitieren konnten, landweit nicht so weit fortgeschritten. sinkt die Bevölkerungszahl weiterhin. Aber Kleinstädte stehen auch vor großen Herausforderungen. Je nach Lage sind Für Kleinstädte in peripheren Lagen diese sehr unterschiedlich ausgeprägt. kommt erschwerend hinzu, dass das KLEINSTÄDTE IN PERIPHEREN LAGEN | 21
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 % 20 Groß Mittelstädte Kleinstädte Landgemeinden städte 15 10 5 0 zentral peripher zentral peripher zentral peripher Geschlechterverhältnis unausgeglichen 2000 bis 2013 2008 bis 2013 ist: Frauen von 18 bis 30 Jahre wandern Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR © BBSR Bonn 2015 häufiger als ihre männlichen Alters- genossen ab. Diese Entwicklung hin Bevölkerungsentwicklung nach Stadt- und Lagetypen. zu einem Männerüberschuss hat sich zwischen 2003 und 2013 verstärkt. Wo junge Mütter fehlen, werden weniger 1990=100 115 Kinder geboren. Hier wird es schwie- riger, Schrumpfung zu bremsen. 110 Herausforderungen 105 100 Im Wettbewerb der Kommunen werden die strukturellen Nachteile von Klein 95 städten in peripheren Lagen auch die Sicherung gleichwertiger Lebensbedin- 90 gungen erschweren. 85 92 95 98 01 04 08 11 13 Schrumpfung und Alterung schlagen sich Insgesamt Kleinstädte zudem in den Kommunalfinanzen nieder. Großstädte Landgemeinden Es verringern sich die Handlungsspiel- Mittelstädte räume der Stadtpolitik. Deshalb ist es 1990=100 115 notwendig, lokal spezifische Strategien für die Transformation von Stadt und 110 Stadtentwicklungszielen umzusetzen: Dazu zählen u. a. der Rückbau von außen 105 nach innen oder die Anpassung der 100 technischen und sozialen Infrastruktur. Daseinsvorsorgeeinrichtungen müs- 95 sen nicht nur an die sich ändernden 90 Anforderungen angepasst werden, sondern es stellen sich auch Fragen der 85 92 95 98 01 04 08 11 13 Finanzierung und neuer Trägerschaften Mittelstädte zentral gelegen sowie neuer Kooperationsformen mit Mittelstädte peripher gelegen der Bürgerschaft. Denn allein finan- Kleinstädte zentral gelegen zieren können die Kommunen diese Kleinstädte peripher gelegen Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR © BBSR Bonn 2015 Infrastrukturen meist nicht mehr. Eine Folge kann der Verlust (in-)formeller, Bevölkerungsentwicklung nach Stadt- und Gemeindetypen. (grund-)zentralörtlicher Funktion sein, 22 | KLEINSTÄDTE IN PERIPHEREN LAGEN
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG DK Kiel Rostock Hamburg Schwerin Bremen PL Berlin Hannover NL Potsdam Magdeburg Bielefeld Cottbus Essen Dortmund Halle/S. Düsseldorf Kassel Leipzig Erfurt Köln Dresden Chemnitz Bonn BE Frankfurt/M. CZ Wiesbaden Mainz LU Mannheim Nürnberg Saarbrücken FR Stuttgart Ulm München AT Freiburg i.Br. CH 100 km © BBSR Bonn 2015 Relatives, am bundesweiten Trend Betrachtete Entwicklungsindikatoren: gemessenes Wachstum/relativeSchrumpfung: Bevölkerungsentwicklung 2008–2013 Größere Kleinstädte stark wachsend Durchschnittlicher Wanderungssaldo der Jahre 2009–2013 Kleine Kleinstädte Entwicklung der Erwerbsfähigen 2008–2013 wachsend Lage Beschäftigtenentwicklung 2008–2013 stabil zentral Entwicklung der Arbeitslosenquote 2007/8–2012/13 Entwicklung der Gewerbesteuer 2007/8–2010/13 schrumpfend peripher Klassifizierung nach der Häufigkeit der Entwicklungsindikatoren im stark schrumpfend sehr peripher untersten (20% aller Werte) Quintil - stark schrumpfend: 3–6 Indikatoren im untersten Quintil - schrumpfend: 1–2 Indikatoren im untersten Quintil Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR - stabil: keine Indikatoren im untersten oder obersten Quintil Geometrische Grundlage: BKG, Einheitsgemeinden und Gemeindeverbände, 31.12.2013 - wachsend: 1–2 Indikatoren im obersten Quintil Bearbeitung: A. Milbert - stark wachsend: 3–6 Indikatoren im obersten Quintil Wachsende und schrumpfende Kleinstädte in Deutschland. KLEINSTÄDTE IN PERIPHEREN LAGEN | 23
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Kleinstädte übernehmen wichtige Versorgungsfunktionen für die um- liegenden Gemeinden. Historischer Stadtkern – Lübbenau/Spreewald. von dem auch die Umlandgemeinden Voraussetzung ist eine gründliche Ana- betroffen wären. Für diese erfüllen lyse der wirtschaftlichen, sozialen und Kleinstädte in peripheren Lagen Ver- demografischen Rahmenbedingungen. sorgungs-, Kommunikations-, Stabilisie- Modellvorhaben sollen ihre spezifischen rungs- und Entwicklungsfunktionen. Handlungsanforderungen und Entwick- lungspotenziale identifizieren. Eine Erhalt und Ausbau des Arbeitsplatz- wichtige Methode sind dabei Szenarien. angebots können den demografischen Trend in diesem Stadt- und Lagetyp kaum Die Ergebnisse sollen weitere Klein entgegenwirken. Daher gilt es genauer städte in peripheren Lagen dabei unter- zu untersuchen, welche Strategien und stützen, ihre zentralen Herausforderun- Maßnahmen erfolgversprechend sein gen besser zu bewältigen. Gleichzeitig können, um dem negativen Bevölke soll auch ein Beitrag zur Stabilisierung rungstrend und Funktionsverlusten und zukunftsfähigen Entwicklung des Veröffentlichung zu begegnen und eine qualitätsvolle gesamträumlichen Systems mit seinen BBSR (Hrsg.): Klein- und Mittel- städte in Deutschland – eine Be- Stadtentwicklung zu ermöglichen. unterschiedlichen Stadt- und Lagety- standsaufnahme, Analysen Bau. pen in Deutschland geleistet werden. Stadt.Raum, Band 10, Bonn 2012. Modellvorhaben sollen Entwick BBSR (Hrsg.): Wachsen oder lungspotenziale identifizieren Mit dem ExWoSt-Forschungsfeld schrumpfen? BBSR-Analysen KOMPAKT 12/2015, Bonn. will das Bundesbauministerium der Angesichts knapper kommunaler Res- Bedeutung der Kleinstädte in periphe Internet sourcen ist Ziel des Forschungsfelds, ren Lagen Rechnung tragen und www.exwost-kleinstaedte.de Handlungsspielräume und Freiräume gleichzeitig eine Lücke in der Stadt- Kontakt für Experimente zu erschließen, die die forschung in Deutschland schließen. Lars Porsche Referat I 7 – Architektur und aktuellen Fördermöglichkeiten wie die Das Forschungsfeld ist Bestandteil Städtebaulicher Denkmalschutz Städtebauförderung kreativ ergänzen. der „Initiative Ländliche Infras truktur“ Tel.: +49 228 99401-2351 des Bundesbauministeriums. lars.porsche@bbr.bund.de 24 | KLEINSTÄDTE IN PERIPHEREN LAGEN
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG THEMA Smart Cities – Mitgestalten! Dr. Peter Jakubowski Stadtforschung benötigt Das BBSR hat den Schwerpunkt z. B. im Bereich der städtischen Mobi strukturierte Analysen zu „Smart Cities“ in der von ihm betreu- lität oder der Urban Governance. denkbaren Ausprägungen von ten Ressortforschung definiert und Smart Cities – und vor allem untersucht, was die Digitalisierung Dabei laufen Digitalisierung und Data- dazu, wie die öffentliche Seite für die Städte bedeutet und wie Stadt- fizierung auf unterschiedlichen Ebenen der Stadtentwicklung heute entwicklung den Weg zu smarteren in schneller Abfolge sehr heterogen ab. Leitplanken auf dem Weg zu Städten gestalten kann. Zudem wer- Vielfach hängt die breite Nutzung neuer Smart Cities einziehen kann. den zum Thema Smart Cities verstärkt Datenservices, Verfahren und Produkte eigene Untersuchungen durchgeführt. von der marktbestimmten Nutzerakzep tanz ab. Diese bestimmt dann die „Smart cities use information and Geschwindigkeit und Ausprägung wieder communication technologies to be more neuer Trends. Die digitalen Entwick- intelligent and efficient in the use of lungen in unseren Städten lassen sich resources, resulting in cost and energy also nicht wie mit einem Bebauungsplan savings, improved service delivery and planen. Gestaltbar ist aber das Ob und quality of life, and reduced environmen- Wie des öffentlichen Engagements tal footprint – all supporting innovation auf dem Weg zu smarteren Städten. and the low-carbon economy“, sagt Stadtforscher Boyd Cohen. Der Ökonom Forschungsfragen Andrea Caragliu ergänzt: „We believe a city to be smart when investments in Auch wenn die Wirtschaft häufig den human and social capital and traditional Umwelt- und Ressourcenschutz als (transport) and modern communication Hauptargument für die Digitalisierung infrastructure fuel sustainable economic von Städten nennt, richtet das BBSR growth and a high quality of life, with a seine Arbeitsschwerpunkte im Bereich wise management of natural resources, Smart Cities zunächst auf folgende through participatory governance.” Fragen: Mit der Entwicklung und Einführung Welche neuen Formen der Berücksich digitaler Informations- und Kommuni- tigung von Bürgerpräferenzen und kationsnetze werden die unterschiedli- Bürger-Know-how können neue digitale chen städtischen Systeme miteinander Technologien und Analysemethoden für verknüpft. So eröffnen sich – technisch die Urban Governance von übermorgen induziert – neue Möglichkeiten der eröffnen? Zum einen werden heute schon künftigen Stadtentwicklung. Digitale beobachtbare Ansätze einer Stadtent- Technologien können Prozesse in den wicklung von unten untersucht, beispiels- Städten effizienter machen. Sie eröffnen weise Crowdsourcing oder Sharing-An auch völlig neue Handlungsoptionen, sätze zur Stärkung von Nachbarschaften. SMART CITIES | 25
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Online- öffentliche Handel virtuelle & Fahrradverleih- Zentren & reale öffentliche systeme Verkehr Räume Stadtverkehr neues Wissen – von Games, Übermorgen Prognosen Smart-City- Sci-Fi-Cities Charta webbasierte Internationales Medien – Governance Digitale Spaltung Forschungscluster „Smart Cities“ des BBSR. Zum anderen werden Bewertungssys Chicago investiert in die Datafizierung teme für städtische Dienstleistungen seiner Stadt und schafft so eine kosten- sowie eine „Top-Down-Aktivierung“ los nutzbare innovative Rohstoffbasis für bürgerschaftlichen Engagements mittels völlig neue Wertschöpfungsbereiche. IuK-Technologien analysiert. Wie kann die breite Digitalisierung Inwieweit können durch den digitalen Akteure, Interessen und Machtkons- Strukturwandel und eine breite Data- tellationen in unseren Städten beein- fizierung der Stadt neue und tragfähige flussen? Neue Akteure gewinnen an Säulen der Stadtökonomie entstehen? Bedeutung für die Stadtentwicklung. Welche Bereiche der lokalen Wirtschaft Das können sowohl die heute diskutier- können im Zuge der Digitalisierung und ten Unternehmen wie Google, Yahoo, des Aufkommens neuer Geschäftsmo- Apple oder Uber sein, aber auch andere delle künftig unter Druck geraten? Zur Konstellationen der Datenökonomie, an Einordnung ein Beispiel: Chicago verfolgt die wir heute noch nicht denken. Auch seit 2011 eine Initiative zum Aufbau der Bereich der Predictive Analytics mit einer Open-Data-Ökonomie. Durch die seinen Vorhersage- und Empfehlungs- offene Bereitstellung möglichst gro- systemen hat das Potenzial, städtische ßer Teile des gesamten kommunalen Akteurskonstellationen zu verändern. Datenaufkommens soll „Rohmate rial“ für Entwickler und Entw icklungen Welche Ausprägungen und Auswir- zur Verfügung gestellt werden. Hierzu kungen kann eine digitale Spaltung werden u. a. datensammelnde Sensoren der Stadtgesellschaft von übermorgen im Stadtgebiet verteilt, die in kurzen haben? Wie kann man diesen Tendenzen Intervallen gigantische Datenmengen entgegenwirken und welche Akteure generieren und in Echtzeit für Forschung sollten dies tun? Die alleinige Konzent- und Entwicklung zur Verfügung stellen. ration auf digitale Systeme in zentralen 26 | SMART CITIES
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG Wie sieht die Stadt von übermorgen Bereichen des städtischen Zusammenle- Stadtverkehr der Zukunft deutlich zu aus? Die Smart-City-Forschung bens kann zu neuen Formen von Segre- verändern. Hieraus ergeben sich u. a. kann das Bild schärfen. gation, Stadt- und Politikverdrossenheit folgende Fragen: Welche Akteure be- und weiteren Problemen der Stadtge- stimmen die Mobilitätsangebote in den sellschaft führen. Wie wahrscheinlich nächsten 25 Jahren? Welche Techno- sind solche Entwicklungen und welche logien werden das Verkehrsverhalten Akteure können den Entwicklungen wie nennenswert beeinflussen (können)? entgegenwirken? Sind technologisch be- Sind die heutigen Visionen realistisch dingte „Spaltungen“ in Stadtgesellschaf- oder werden Sie durch die „Trägheit“ ten ein neues Phänomen? Wenn nicht, gebauter Infrastrukturen ausgebremst? was kann man aus bisherigen Erfahrun- Welchen Einfluss haben Design und die gen für eine vorausschauende Politik der Möglichkeiten datengestützter „Indivi- Digitalisierung unserer Städte lernen? dualisierung“ für den Stadtverkehr von übermorgen? Mit welchen Rahmen- Aktuell drängen viele mobile, internet- setzungen kann die öffentliche Hand basierte Dienste auf die Mobilitäts- innovative Entwicklungen fördern? märkte, die das Potenzial haben, den SMART CITIES | 27
BBSR | FORSCHUNG IM BLICK 2015|2016 Smart Citizens in Smart Cities? Unser Ziel – mitgestalten! Interessen weiterer Beteiligter einzu- speisen. Politik und Verwaltung haben Die Smart City-Diskussion erfolgt derzeit Saskia Sassen zufolge die Aufgabe, „die vorrangig technologieorientiert und kon Technologien zu urbanisieren“. Damit zentriert sich auf Ressourceneffizienz das gelingen kann, hat die praxis und die Entwicklung und Besetzung neu- orientierte Stadtforschung wichtige er Geschäftsfelder. Es ist aber dringend Aufgaben zu erfüllen: Sie muss verste- geboten, dass sich auch die öffentliche hen, was im Zuge der Digitalisierung Seite der Stadtentwicklung positioniert. auf unsere Städte zukommen kann und Es gilt, das Ziel einer integrierten und sie muss für die Stadtentwicklungs- nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik politik auf den verschieden Ebenen Veröffentlichung in die Diskussion einzubringen und die übersetzen, wo sie gestalten kann. BBSR (Hrsg.): Auf dem Weg zu Smart Cities – Stadtzukünfte mit neuen Technologien, BBSR-Analysen KOMPAKT 04/2014, Bonn. Kontakt Dr. Peter Jakubowski Referat I 5 – Verkehr und Umwelt Tel.: +49 228 99401-2150 peter.jakubowski@bbr.bund.de 28 | SMART CITIES
BBSR | STADT- UND REGIONALENTWICKLUNG THEMA Grün in der Stadt Dr. Fabian Dosch, Stephanie Haury, Juliane Wagner Die Initiative „Grün in der Urbane Freiräume erfüllen wesentliche auf Mehrfachnutzungen von Freiflächen, Stadt“ ist ein wichtiger Funktionen für die Stadtgesellschaft: begrünt Fassaden und Dächer und bietet Meilenstein zur Herstellung etwa als Erholungs- und Begegnungs- auch bei hoher Verdichtung ausreichend grüner Städte und erfordert ei- raum, für Klimaschutz, Lufthygiene grüne und blaue Strukturen für die nen langfristig ausgerichteten und Gesundheitsprävention. Die funk- vielfältigen Funktions- und Nutzungsan- Prozess. Sie soll den Stadt- tionierende Stadtgesellschaft braucht sprüche. Ein neues Leitbild einer grünen umbau und Strukturwandel qualitätsvolle Freiräume mehr denn je, Stadt von morgen ist die Gartenstadt des für eine lebenswerte Zukunft um mit den künftigen sozialen, klimatolo- 21. Jahrhunderts. Diese ist eingebettet in unterstützen, Kommunen neue gischen, ökologischen und ökonomischen das Quartier, gleichzeitig grün und ver- Ansätze für grüne Infrastruktur Herausforderungen umgehen zu können. dichtet, enthält viele gemeinschaftliche aufzeigen und bestehende Im Konkurrenzkampf von Städten um Ansätze und vereint generationsüber- Strategien und Programme zu Unternehmen und Einwohner, vor allem greifende Wohnformen mit dem Wunsch Stadtgrün zusammenführen. der Creative Class, aber auch hinsichtlich eines Lebens in grüner Umgebung. der Lebensqualität in nachverdichten- den Städten ist Stadtgrün essenziell. Reurbanisierung erfordert neue Grünkonzepte Grüne Infrastruktur bildet das Kom- plement zur gebauten Stadt und ist Durch Reurbanisierungsprozesse leben ein wesentlicher Teil zukunftsfähiger immer mehr Menschen in städtischen Städte (vgl. Abbildung). Sie durchzieht Räumen. Die meisten Großstädte in als grünes Netzwerk die Städte, setzt Deutschland wachsen wieder. Die hohen biologische Vielfalt und Ökosystem- Klima- Bildung leistungen anpassung und und Kultur Risiko- vorsorge Wert- grüne schöpfung Begegnung und Infrastruktur und Lebens- Integration qualität Ernährung Gesundheit und und Natur- Bewegung erfahrung Funktionen von grüner Infrastruktur (Quelle: Eigene Darstellung). GRÜN IN DER STADT | 29
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