IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz

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IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
51. Jahrgang · Jahresheft 2014
                                                                                                             ISSN 0940-6638

                                                                    IM LAND
                                                                    S A C H S E N - A N H A LT

                                                      NATURSCHUTZ
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. Jahresheft 2014

                                                                             SACHSEN-ANHALT
                                                                               Landesamt für Umweltschutz
                                                                            Landesamt für Umweltschutz
IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
Strukturreiche Calluna-Heide der Optimalphase in der Woltersdorfer Heide. Im Hintergrund      Oben: Zwei Fransenfledermäuse (Myotis nattereri), eine davon markiert, und ein Großes Mausohr (Myotis myotis)
Besenginstergebüsch und Birken-Pionierwald, welche im Sukzessionsverlauf die Heide ablösen.   gemeinsam in einem Felsloch in der Höhle Heimkehle im NSG „Gipskarstlandschaft Heimkehle".
Foto: S. Ellermann (2002).                                                                    Unten: Markiertes Großes Mausohr am Hangplatz ortend kurz vor dem Abflug im NSG „Stollensystem
                                                                                              Büchenberg bei Elbingerode". Fotos: B. Ohlendorf.
IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
Naturschutz
im Land Sachsen-Anhalt
51. Jahrgang • 2014 • ISSN 0940-6638

Inhaltsverzeichnis                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Seite
Aufsätze
Stefan Klein               Feuereinsatz zur Heidepflege im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“.  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                                                                                                      3
Andreas Regner             Empfehlungen für die Anlage von Auengehölzen an der Elbe.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                            11
Lutz Reichhoff &           Walleichen an Deichen bei Wörlitz und ihre Besiedlung
Volker Neumann             durch xylobionte Käferarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Volker Neumann &           Zum Monitoring von Heldbock, Eremit und Hirschkäfer in Referenzgebieten
Andreas Rössler            des Landkreises Anhalt-Bitterfeld.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                              35

Informationen
Hermann Behrens &          Bewahrung und Aufarbeitung ostdeutscher Naturschutz-, Landschafts-
Jens Hoffmann              und Umweltgeschichte .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                             55
Rudolf Ortlieb             Zur Geschichte des Fledermausquartieres der Alten Schule in Ahlsdorf                                                                                                                                                                                           .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .     60
Inge Haslbeck              Übersicht der im Land Sachsen-Anhalt nach Naturschutzrecht
                           geschützten Gebiete und Objekte .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                               62
Ralf Hennig                Nachweis des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) im Landkreis Wittenberg .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                                                                                  64
Ralf Hennig                Nachweis des Segelfalters (Iphiclides podalirius) im Landkreis Wittenberg. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                                                                  67

Mitteilungen
Ehrungen                   Mechthild und Christoph Kaatz zum 75. Geburtstag.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                70
                           Ehrennadel des Ministerpräsidenten für Peter Ibe .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                      73
                           Bundesverdienstkreuz an Dr. Uwe Wegener verliehen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                    74
Veranstaltungen            Bundestreffen der Junior-Ranger am Kühnauer See in Dessau .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                                75
                           Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes
                           der Freiberuflichen Forstsachverständigen (BvFF) in Wörlitz                                                                                                                                                       .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .     76
                           Naturschutzkonferenz des Landes Sachsen-Anhalt am 11. Oktober 2014 . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                                                                                                                  77

Schrifttum                 ...............................................................................................................................                                                                                                                                                                                                           79

Mitteilung der Redaktion   ...............................................................................................................................                                                                                                                                                                                                           83

Impressum                  ...............................................................................................................................                                                                                                                                                                                                           84

                                                                            SACHSEN-ANHALT
                                                                                    Landesamt für Umweltschutz
IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
Geschützte und gefährdete Pflanzen, Tiere
und Landschaften des Landes Sachsen-Anhalt
Zu den Abbildungen der 2. und 3. Umschlagseite

Zwergstrauchheiden                                              Das Große Mausohr (Myotis myotis) in
                                                                Sachsen-Anhalt
Wahrscheinlich waren Zwergstrauchheiden über Jahrtau-           Das Große Mausohr ist unsere größte heimische Fleder-
sende in großen Teilen Westeuropas sowie im nördlichen          mausart. Das Gewicht der Tiere im Sommer beträgt 25 bis
Mitteleuropa landschaftsprägend. Übermäßige Holznutzung,        28 Gramm. Mit dem Eintritt in den Winterschlaf erreichen
Viehweide, später auch der Plaggenhau, bei dem Heidepflan-      sie zwischen 28 und 36 Gramm. Männchen sind im Durch-
zen einschließlich der Humusschicht entfernt wurden, um         schnitt etwa drei Gramm leichter. Die Art bildet im Zeitraum
Stalleinstreu zu gewinnen, haben die ursprünglich vorhande-     zwischen April und September Wochenstuben in Dachräu-
nen Wälder zurückgedrängt und auf nährstoffarmen, sauren        men. Das sind auch die Orte, wo Weibchen ihr Junges gebä-
Böden zur Entstehung der Heiden geführt. In Deutschland,        ren. Das FFH-Gebiet „Mausoleum bei Meisdorf “ ist jedoch
besonders im durch subkontinentales Klima geprägten Ost-        eine Ausnahme, denn hier befindet sich die Wochenstube in
teil, tritt in diesen Heiden nahezu ausschließlich die Besen-   einem Tonnengewölbe im Berg. Die Größe der Wochenstu-
heide (Calluna vulgaris) bestandsbildend auf. In wintermilden   ben schwankt zwischen 30 und 2.000 Individuen (Alt- und
und niederschlagsreichen Regionen kommen verschiedene           Jungtiere). Die größte bekannte Wochenstube beherbergt das
Erica-Arten und weitere Zwergsträucher, wie die Schwarze        FFH-Gebiet „Alte Schule Ahlsdorf“ (siehe Beitrag von R. Ort-
Krähenbeere (Empetrum nigrum) hinzu. Bereits vor zwei Jahr-     lieb in diesem Heft). Die bedeutendsten bekannten Über-
hunderten gab es Bestrebungen, die großen, wenig produkti-      winterungsquartiere befinden sich in Altbergbaustollen am/
ven Heideflächen in Wald zurück zu verwandeln. Besonders        im Harz mit 164 Individuen im Gipsabbau Drohndorf (2013),
die Pflanzung oder Ansaat der anspruchslosen Waldkiefer         mit 124 Individuen im NSG „Stollensystem Büchenberg bei
(Pinus sylvestris) erwies sich dabei als erfolgreich. In Ost-   Elbingerode“ (2013) und mit 48 Individuen im FFH-Gebiet
deutschland waren Ende des 19. Jahrhunderts praktisch alle      „Laubwaldgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg“
ehemaligen großen Heideflächen von Kiefernforsten bedeckt.      mit der Grube „Braunesumpf“ (2014).
Großbrände und Schädlingskalamitäten sowie insbesondere         Gegen Ende des Winters sammeln sich die Großen Mausoh-
die Umwandlung der Forste in Militärübungsplätze bewirkten      ren in Eingangsnähe des Quartiers. Erstmals wurden Mitte
andererseits im 20. Jahrhundert das Wiederentstehen großer      April 2013 im NSG „Bielsteinhöhlengebiet bei Rübeland“ und
Calluna-Heiden. Mit der Aufgabe der Nutzung vieler dieser       im NSG „Gipskarstlandschaft Heimkehle“ je 100 Individuen
Übungsflächen ab 1990 setzte eine spontane Wiederbewal-         angetroffen.
dung ein und der Flächenumfang der Heiden schrumpfte            Zwischen Winter- und Sommerquartier legen die Tiere in
abermals bedeutend. Da Zwergstrauchheiden einer Vielzahl        nur wenigen Tagen Entfernungen von bis zu 300 Kilometern
spezialisierter Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten       zurück.
und europaweit erhebliche Flächenverluste zu verzeichnen        Die Jagdgebiete des Großen Mausohrs befinden sich insbeson-
sind, wurden unter anderem die „Trockenen europäischen          dere bei großen Wochenstubengesellschaften wie in der „Alten
Heiden“ als zu schützender Lebensraum (LRT 4030) in den         Schule in Ahlsdorf“ im Umkreis von 30 Kilometern. Sie sind
Anhang I der FFH-Richtlinie (Lebensraumtypen) aufgenom-         Bodenjäger und ernähren sich überwiegend von Laufkäfern
men. Aktuell werden in Sachsen-Anhalt umfangreiche An-          in Laubwaldgebieten. Der Kot der Großen Mausohren ist ein
strengungen unternommen, Heideflächen durch geeignete           wertvoller Naturdünger. Durch den hohen Anteil an Phosphor
Pflegemaßnahme zu erhalten oder wiederherzustellen. Neben       und Kalium ist dieser bei Kleingärtnern begehrt.
Entbuschung, Pflegemahd und Beweidung kommt dabei auch          Der Bestand des Großen Mausohrs ist in Sachsen-Anhalt sta-
eine Pflege durch Brennen infrage (siehe Beitrag von S. Klein   bil mit leichtem Zuwachs. In 29 Wochenstuben werden 7.000
in diesem Heft). Letzteres wird in Sachsen-Anhalt gegenwär-     Individuen geschätzt. In kühlen und nassen Jahren kann es
tig besonders auf noch militärisch genutzten Heideflächen       durch Verknappung der Nahrung zu Totalausfällen bei den
praktiziert.                                                    Jungtieren kommen.

Jens Peterson                                                   Bernd Ohlendorf
                                                                (Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt)

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IM LAND SACHSEN-ANHALT - SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt
51. Jahrgang • 2014: 3–10

Feuereinsatz zur Heidepflege im FFH-Gebiet
„Kellerberge nordöstlich Gardelegen“

Stefan Klein

1    Aufgabenstellung und Rahmen­                          FFH-Gebietes „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“
     bedingungen                                           überwiegend gut für den Einsatz von Feuer geeignet.
                                                           Recherchen und Akteneinsichten ergaben zudem, dass
Im Jahr 2011 beauftragte das Landesamt für Umwelt-         im Plangebiet bereits in den Jahren 1998 und 2000 Feu-
schutz Sachsen-Anhalt (LAU) das Planungsbüro RANA          ereinsätze zur Heideverjüngung als Pflegemaßnahmen
mit der Managementplanung für das FFH-Gebiet „Kel-         durchgeführt wurden.
lerberge nordöstlich Gardelegen“ (FFH0080LSA).             Im Rahmen der Anlaufberatung zur Aufstellung des
Vor Beginn der aktuellen Bearbeitung konnte bereits        Managementplanes wurde der Projektbegleitenden
auf Kartierungs- und Bewertungsergebnisse zu den           Arbeitsgruppe (PAG) der Einsatz von Feuer zur Hei-
FFH-Lebensraumtypen (LRT) und Biotoptypen des Ge-          depflege vorgeschlagen. Diese Pflegemaßnahme wurde
bietes, insbesondere zur Altersstruktur der Heidekraut-    auch seitens der Vertreter der Stadt Gardelegen, als dem
Heiden (LRT 4030) zurückgegriffen werden (RANA             Flächeneigentümer, der Unteren Naturschutzbehörde
2006). Sie waren die Grundlage der Erfassungen und         des Altmarkkreises Salzwedel sowie des Landesamtes
Bewertungen im Zuge der Managementplanung. Der             für Umweltschutz (LAU) begrüßt und schließlich durch
Vergleich der Daten von 2006 mit dem aktuellen Zu-         die PAG befürwortet. Die organisatorischen Vorberei-
stand offenbarte die Pflegebedürftigkeit größerer Flä-     tungen des Feuereinsatzes wurden durch Mitarbeiter
chen der vorhandenen Heiden aufgrund der Überalte-         des Bauamtes der Stadt Gardelegen übernommen. Die
rung der Bestände (siehe RANA 2012).                       naturschutzfachlichen und abfallrechtlichen Abstim-
Als Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen werden die             mungen erfolgten durch das Büro RANA.
Heiden im Gebiet in Hütehaltung durch die ortsansäs-
sige Schäferei Gaudian beweidet. Traditionell sind dabei
auch Maßnahmen zur Verjüngung der Heidekrautbe-            2    Projektgebiet und Maßnahmenflächen
stände notwendig, auch wenn die Beweidung hier zuver-
lässig und fachgerecht ausgeübt wird. Zur Verjüngung       Das Projektgebiet ist identisch mit dem FFH-Gebiet
wurden die Heiden bisher motormanuell gemäht und           „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“. Es befindet sich
das Mahdgut abgeharkt. Dabei war aber regelmäßig die       im Norden Sachsen-Anhalts, nördlich von Kloster Neu-
Entsorgung des Mahdgutes mit finanziellem Aufwand          endorf in der Nähe von Gardelegen. Die für den Feuer-
verbunden, der für den Eigentümer eine zunehmende          einsatz vorgesehenen Flächen liegen im nordwestlichen
Belastung darstellt. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist   und zen­tralen westlichen Teil des Projektgebietes (siehe
der Zustand einiger Mahdflächen nur mittelmäßig, da        Abb. 1).
aufgrund der Schnitthöhe von fünf bis zehn Zentimeter      Die Maßnahmeflächen sind vorwiegend von Heide-
keine nennenswerten Rohbodenaufschlüsse erzielt wer-       kraut (Calluna vulgaris) bewachsen, wobei mosaikartig
den und eine starke Vermoosung und abschnittsweise         auch Sandmagerrasen, Landreitgrasbestände und of-
Vergrasung der Flächen resultiert. Traditionell wurden     fene Mineralbodenflächen eingestreut sind. Das Land-
bei der Heidebewirtschaftung im Winter mittels Feuer       schaftsbild lässt sich damit als großflächiger Komplex
die von den Weidetieren nicht verwertbare Biomasse         aus Heidekraut-Heiden und Sandmagerrasen mit Ein-
abgebrannt und die Heiden verjüngt (Lütkepohl &            zelgehölzen charakterisieren. Als Baumarten kommen
Stubbe 1997). Aufgrund der Lage, Struktur und der          zumeist Kiefer (Pinus sylvestris), Birke (Betula pendula)
angrenzenden Biotoptypen sind die Heideflächen des         und Eiche (Quercus robur) vor.

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Abb. 1: Maßnahmeflächen der Feuereinsätze im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“.

Die drei Maßnahmeflächen vom 7.3.2012 sind in Ta-             • Belaubung der Triebe auf weniger als einem Drittel
belle 1 beschrieben (vgl. a. Abb. 1).                           der Trieblänge
Die Heidekrautbestände sind zumeist recht dicht, wei-         • Blütenansatz nur noch an den obersten Triebenden
sen jedoch teilsweise lückige Abschnitte auf. In der          • zentrale Verkahlung und Verholzung der Horste.
Streuschicht wird ein hoher Deckungsanteil durch
Laubmoose erreicht. Von der Altersstruktur des Hei-
dekrauts wirken die Flächen recht homogen, das Alter          3     Feuereinsatz
wird anhand der Wuchshöhe und Stämmchendicke
der ältesten Individuen auf ca. 15 bis maximal 20 Jahre       3.1 Meteorologische Rahmenbedingungen
geschätzt. Viele Pflanzen zeigen die typischen Zeichen        Der Feuereinsatz fand in einer spätwinterlichen,
der Überalterung, die sich durch folgende Merkmale            schneefreien Trockenphase Anfang März statt. Der
beschreiben lassen:                                           Einsatztag war frostfrei und lufttrocken (8 °C, ca. 40 %

Tab. 1: Charakteristik der drei Maßnahmeflächen.

Flächen-Nr. und -größe   Lage und Beschreibung
                         • ebene Plateaufläche der Kellerberge
    1        2,8 ha
                         • überwiegend dicht geschlossener Heidebestand, Einzelbäume und Baumgruppe
                         • südwestlich geneigter Hang der Kellerberge
    2        2,9 ha      • dichter bis abschnittsweise aufgelockerter Heidebestand mit Silbergrasrasen, Einzelbäumen und
                           größerer Gehölzinsel, die vom Feuereinsatz ausgeschlossen wurde
                         • Ebene am Fuße der Kellerberge
    3        2,0 ha
                         • zumeist lockerer bis stellenweise dichterer Heidebestand, verstreut Einzelgehölze

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Luftfeuchte). Dazu wehte ein mäßig starker Wind (2 bis
4 m/s) relativ stabil aus Ost bis Südost. Im Gebiet hatte
es seit der Schneeschmelze kaum Niederschläge gege-
ben, so dass sich eine sehr geringe Streufeuchte und ein
geringer Wassergehalt der Biomasse eingestellt hatten.

3.2 Ablauf des Feuereinsatzes
Der Feuereinsatz am 7.3.2012 wurde als vorgezogene
Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen
der Managementplanung vom Büro RANA durchge-
führt und vom Autor geleitet. Zur Zündung wurde ein
Diesel-Benzin-Gemisch (Verhältnis 3:1) mittels einer        Abb. 2: Schematischer Ablauf des Feuereinsatzes auf
Brennkanne (englisch: drip torch) linear und trop-          der Maßnahmefläche 1 am 7.3.2012.
fenweise appliziert. Die Sicherung des Feuers und die
Brandnachsorge übernahm die Freiwillige Feuerwehr
Gardelegen.
Gegen 12.00 Uhr wurde ein kleinflächiger Brennver-          sem Bereich war kein Sandstreifen, sondern nur ein ge-
such auf dem gemähten Randstreifen der Maßnahme-            mähter Streifen an der Flächenkante vorhanden, daher
flächen gestartet. Es zeigte sich schnell, dass aufgrund    mussten mehrfach Feuerpatschen und Wasser einge-
des Feuerverhaltens und der geringen Rauchentwick-          setzt werden, um eine ungewünschte Feuerausbreitung
lung optimale Brennbedingungen vorlagen. Daraufhin          in Windrichtung zu unterbinden (siehe Nr. 2 in Abb. 2).
informierte die Einsatzleitung die Feuerwehrleitstelle      Nachdem die „im Wind“ liegenden Kanten von brenn-
und das Ordnungsamt über den bevorstehenden Feu-            barer Biomasse weitgehend befreit und die Feuer erlo-
ereinsatz. Nach Eintreffen der Feuerwehr gegen 13.00        schen waren, konnte mit der Zündung auf der eigentli-
Uhr wurden die Kameradinnen und Kameraden ein-              chen Maßnahmefläche begonnen werden. Dafür zogen
gewiesen und den zu sichernden Bereichen zugeteilt.         sich zunächst alle Kameradinnen und Kameraden aus
Dabei standen Feuerpatschen, Wasserrucksäcke mit            der Fläche an die Ränder zurück. Von der südöstlichen
Pumpspritze sowie ein Löschfahrzeug vom Typ Tatra           Ecke ausgehend wurde entlang der südlichen und süd-
zur Verfügung.                                              westlichen Kante eine Feuerlinie entzündet. Der Brand
Zunächst wurde der nördlich und nordwestlich liegende       bewegte sich als zwei bis drei Meter breite Front in
Sicherungsstreifen zur Waldkante auf einer Breite von       Windrichtung nach Westen rasch über die Fläche (siehe
10 bis 15 Meter portionsweise ausgebrannt, um hier ein      Nr. 3 in Abb. 2 und Abb. 4).
Übergreifen des Feuers auf die angrenzende Kiefern-         Auf den Maßnahmeflächen 2 und 3 wurde in vergleich-
dickung zu verhindern (siehe Nr. 1 in Abb. 2). Durch        barer Weise vorgegangen. Gegen 16.30 Uhr waren die
die geringe Streufeuchte und die Nadelstreuauflage in       letzten Feuer erloschen. Noch vorhandene Glutnester
der nördlich angrenzenden Kieferndickung bestand            in Kantennähe wurden mit Wasser und Feuerpatschen
hier die größte Gefahr der unkontrollierten Feueraus-       abgelöscht. Die Brandleitstelle wurde über die gelösch-
breitung. Der drei Meter breite Sandweg zwischen der        ten Feuer und das Ende des Einsatzes informiert. Die
Maßnahmefläche und der Kieferndickung war unter             Nachsorge der Flächen erfolgte bis in die Abendstunden
diesen Bedingungen als Ausbreitungshindernis nicht          hinein. In der folgenden Nacht fielen Niederschläge im
ausreichend. Aufgrund des hohen Holzanteils der über-       Raum Gardelegen, so dass die brandtechnische Sicher-
alterten Heide und der geringen Feuchte der Biomasse        heit der Flächen gewährleistet war.
kam es zu einer starken Hitzeentwicklung über der Flä-
che, die mit dem Wind verdriftet wurde. Es bestand die
Gefahr einer rein hitzeinduzierten Entzündung der Na-       4    Flächenentwicklung und Heide­
delgehölze. Dies wurde durch das Brennen in schmalen             regeneration
Streifen verhindert, vorsorglich stand hier zudem ein
Löschfahrzeug bereit.                                       Für die Regeneration der Heide ist neben der Brand-
Zusätzlich zur „im Wind“ liegenden Grundlinie wurde         wirkung die Witterung der folgenden Vegetationsperi-
die nordwestliche Flanke in gleicher Weise behandelt,       oden entscheidend (vgl. Klein 2008). Das Feuer wurde
um auch hier die Sicherungslinie zu verbreitern. In die-    überwiegend als Mitwindfeuer gezündet, wobei die

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Abb. 3: Dichte Heidekraut-Heiden in fortgeschrittenem Altersstadium vor dem Feuereinsatz am 2.2.2012. (Fotos:
S. Klein).

Abb. 4: Zündung der Heideflächen entlang von Sandwegen nach Vorbereitung der Sicherungslinien am 7.3.2012.

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Abb. 5: Zustand der Heideflächen nach dem Feuereinsatz am 16.3.2012 , typischerweise ergibt sich eine heterogene
Biotopstruktur.

Abb. 6: Erfolgreiche Regeneration der Heidekrautbestände im Jahr des Feuereinsatzes, Zustand am 14.8.2012.

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Abb. 7: Phasen der Heideregeneration am Kellerberg im Verlauf des Jahres 2012. Links: 4. Mai 2012, Mitte: 7. Juni
2012, Rechts: 15. August 2012. Fotos: S. Klein.

Feuerausbreitung mit dem Wind zu einem raschen Vo-        und Mineralbodenkeimer ist. Neben den typischen
ranschreiten der Feuerfront führte. Dadurch ergab sich    licht- und wärmeliebenden (Pionier-)Arten der Flora
eine relativ kurze Verweildauer des Brandes vor Ort und   der Sandheiden profitieren von diesen Rohbodenstellen
die Biomasse verbrannte in etwa fünf bis zehn Zentime-    auch Offenland-Vertreter der Insekten, Reptilien und
ter Höhe über dem Boden. Aus derartigen Brandverläu-      Avifauna.
fen resultieren nur geringe Temperaturerhöhungen in       Die Regeneration der Heidekrautbestände erfolgte
den obersten Bodenschichten, weshalb Mitwindfeuer         rasch und gleichmäßig auf der gesamten Maßnahme-
auch als „kühle Feuer“ bezeichnet werden (Riess 1976).    fläche. Der Witterungsverlauf des Jahres 2012, mit ei-
An den Flächenrändern wurde auch Gegenwindfeuer           nem niederschlagsreichen und relativ kühlen Sommer,
eingesetzt, um die notwendigen Sicherungsstreifen         begünstigte die Heideregeneration. Bereits Anfang
(Brandlastfreiheit auf ca. 10 Metern Breite) anzulegen.   Mai war auf den dunkel gefärbten Brandflächen, das
Gegenwindfeuer gelten als „heiße Feuer“, da durch den     typische Grün der frischen Stockausschläge des Heide-
bodennahen und langsamer voranschreitenden Brand-         krautes sichtbar (Abb. 7). Mitte Juni waren die flächig
verlauf zumeist höhere Temperaturen in den oberen Bo-     austreibenden Stockausschläge des Heidekrautes schon
denschichten auftreten.                                   von weitem erkennbar, wobei die Trieblänge zwischen
Aufgrund des hohen Holzanteils und der ausreichen-        5 und 10 Zentimetern lag. Mitte August war die De-
den Trocknung der Biomasse in den überalterten Hei-       ckungshoheit des Heidekrautes, wie sie im Ausgangs-
debeständen auf den Maßnahmeflächen wurden durch          zustand vorhanden war, wiederhergestellt, wenngleich
die Strahlungswärme der Mitwindfeuer relativ hohe         die absolute Deckung der Heide verständlicherweise
Temperaturen in Bodennähe erzeugt. Dadurch konn-          deutlich unter dem Grad des Ausgangszustandes lag.
ten die Streu- und Moosdecken effektiv reduziert und      Überwiegend war an den 10 bis 15 Zentimeter langen
eine vielfache partielle Freilegung des Mineralbodens     Trieben ein Blütenansatz ausgebildet, welcher etwa
erreicht werden. Diese Stellen sind für die Keimung des   Anfang September voll zur Blüte kam. Die nicht mit
Heidekrauts bedeutend, da die Pflanzenart ein Licht-      Feuer gepflegten Heiden im Gebiet blühten etwa 14 Tage

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eher als die in Regeneration befindlichen Bestände der      zieren. Entsprechend den aktuellen Flächenzuständen
Brandflächen. Dieser Umstand ist sehr wahrscheinlich        können notwendige Erhaltungsmaßnahmen zeitnah
auf die höhere energetische Leistung der erfolgreich ver-   und umsetzungsorientiert vorbereitet und bereits plan-
jüngten Heidekraut-Heiden zurückzuführen.                   begleitend oder -folgend umgesetzt werden. Dadurch
Neben der vegetativen Regeneration wurde auch die           wären folgende Synergieeffekte zu erzielen:
Keimung und Etablierung von Jungpflanzen festge-
stellt. Bei kleinflächiger Nachsuche wurden mehrfach        1.	 Bestehende Kontakte aller wichtigen Beteiligten
Jungpflanzen bzw. Triebe gesichtet, die aus dem Sa-             (Planer, Behörden, Nutzer, Eigentümer) können di-
menvorrat im Boden stammen müssen. Da hierzu keine              rekt genutzt werden.
entsprechenden Untersuchungen stattfanden, kann die         2.	 Die für eine Ausführungsplanung erforderlichen
Frequenz der generativen Regeneration nicht quantifi-           Orts- und Hintergrundkenntnisse sind aktuell vor-
ziert werden.                                                   handen.
                                                            3.	 Planerische Vorgaben und flächenkonkrete Mög-
                                                                lichkeiten können besser aufeinander abgestimmt
5    Fazit                                                      und harmonisiert werden.
                                                            4.	 Der jeweilige Managementplan kann durch die zeit-
Der Feuereinsatz im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöst-            nahe Umsetzung administrative Präsenz zeigen und
lich Gardelegen“ erfolgte um die periodisch notwendige          vor Ort Akzeptanz erlangen.
Verjüngung der Heidekrautbestände zu erzielen und
somit einen günstigen Erhaltungszustand des FFH-            Mit Blick auf den schlechten Biotopzustand der meisten
Lebensraumtyps „Trockene europäische Heiden“ (LRT           Heidekraut-Heiden (LRT 4030) in Sachsen-Anhalt, wie
4030) zu gewährleisten. Diesem Anspruch konnte die          auch generell in Deutschland, ist festzustellen, dass in
Maßnahme aus naturschutzfachlicher Sicht vollständig        den kommenden Jahren dringend Erhaltungsmaßnah-
gerecht werden.                                             men in einem erheblichen Flächenumfang notwendig
Für die anschließende Bewirtschaftung mit Schafen           sein werden. Dies stellt sich auf den Flächen besonders
waren keine negativen Auswirkungen festzustellen,           dringend dar, wo die militärische Nutzung, welche hier
so dass die Flächen im Rahmen der üblichen Hüte-            maßgeblich zur Schaffung und zur Erhaltung der Hei-
haltung beweidet werden konnten. Der Feuereinsatz           den beitrug, vor 20 Jahren aufgegeben wurde. Die halb-
stellt ein wichtiges ergänzendes Verfahren zur (Schaf-)     natürliche Lebensgemeinschaft ist stark durch Sukzes-
Beweidung dar und ist zudem durch seine gute Flä-           sion und Wiederbewaldung bedroht und zwingend auf
chenleistung in Bezug zum erforderlichen Mittel- und        eine kontinuierliche Nutzung oder periodische Pflege
Personaleinsatz sehr effektiv. Am Einsatztag konnten        angewiesen. Das gilt insbesondere für die großflächi-
ungefähr sechs Hektar von der überalterten Heide be-        gen Heidevorkommen in der „Glücksburger Heide“, der
freit werden, wobei keine zusätzlichen Maßnahmen und        „Woltersdorfer Heide“ und im „Zeitzer Forst“, aber auch
Mittel zur Entsorgung der Biomasse erforderlich waren.      für die reliktartigen Bestände in der „Kühnauer Heide“
Insgesamt wird der kontrollierte Feuereinsatz als er-       bzw. auch für wichtige Flächen außerhalb der Natura
folgreiche Umsetzung der abgestimmten Erhaltungs-           2000-Kulisse, z. B. für die ehemaligen Übungsplätze
maßnahmen des Managementplanes bewertet. Ange-              Scheeren (Landkreis Stendal) sowie Körbelitz und Ma-
sichts der Tatsache, dass das Kontrollierte Brennen in      del (Landkreis Jerichower Land).
Sachsen-Anhalt (noch) kein etabliertes Landschafts-         Als Erhaltungsmaßnahmen sind vor allem Gehölz­
pflegeverfahren darstellt, erwies sich die planbeglei-      entnahmen und die Verjüngung des Heidekrautes zu
tende Umsetzung als ausgesprochen effektiv, da ohne-        leisten. Die Gehölze sollten dabei möglichst einer ener-
hin die Nutzer- und Eigentümergespräche für den Ma-         getischen Verwertung (z. B. Hackschnitzel) zugeführt
nagementplan stattfanden und so die Vorbereitungen          und keinesfalls auf den Flächen verbrannt werden. Das
und Abstimmungen der Pflegemaßnahmen parallel               Kontrollierte Brennen stellt eine gut geeignete Maß-
erfolgen konnten. Außerdem wurden im Rahmen der             nahme dar, die Verjüngung des Heidekrautes auf gro-
Sitzungen der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe viele       ßen Flächen effektiv zu realisieren. Angesichts der ak-
Abstimmungen und Erläuterungen gebündelt und in             tuellen Gehölzdeckung und Altersstruktur der meisten
konstruktiver Atmosphäre durchgeführt.                      Heidekraut-Heiden ist ein baldiger Umsetzungsbeginn
Es ist zu empfehlen, eine derartige Vorgehensweise          der erforderlichen Maßnahmen für deren Erhaltung
grundsätzlich anzustreben und regelmäßig zu prakti-         entscheidend.

                                                                                                                  9
Danksagung                                                     Lütkepohl, M. & A. Stubbe (1997): Feuergeschichte in
                                                                  nordwestdeutschen Calluna-Heiden unter besonderer Be-
                                                                  rücksichtigung des Naturschutzgebiets Lüneburger Heide.
Die Aufgeschlossenheit der Stadt Gardelegen als
                                                                  – NNA-Berichte 10 (5): 105–114.
Flächen­eigentümer und zuständige Behörde auf der ört-         RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank
lichen Planungsebene und das besondere Engagement                 Meyer (2006): Kartierung und Bewertung der Biotope
bei der Umsetzung des Managementplanes erwiesen                   und Lebensraumtypen nach Anhang I der RL 92/43/EWG
sich als besonders günstige Rahmenbedingungen. Da-                (FFH-Richtlinie) im SCI Nr. 80 „Kellerberge nordöstlich
                                                                  Gardelegen“ (Altmarkkreis Salzwedel). – Landesamt für
für sei besonders Herrn Benecke vom Bauamt Gardele-
                                                                  Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). – Halle. –
gen gedankt. Großer Dank gilt den Kameradinnen und                Unveröff. Gutachten.
Kameraden und der Freiwilligen Feuerwehr Gardelegen            RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank
für die konstruktive Unterstützung und Brandsiche-                Meyer (2012): Managementplan für das FFH-Gebiet „Kel-
rung. Die Zusammenarbeit mit der Unteren Natur-                   lerberge nordöstlich Gardelegen“. – Landesamt für Umwelt-
                                                                  schutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). – Halle. – Unveröff.
schutzbehörde des Altmarkkreises Salzwedel und mit
                                                                  Gutachten.
dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt war              Riess, W. (1976): Der Feuereinsatz und seine Technik in der
hilfreich und angenehm, wofür hier herzlich gedankt               Landschaftspflege. – Natur und Landschaft 51: 284–287.
sei. Besonderer Dank gilt Herrn Frank Meyer für die
kritische Durchsicht des Manuskriptes und die zahl-
reichen Anregungen.
                                                               Anschrift des Autors

Literatur                                                      Dipl.-Ing. (FH) Stefan Klein
                                                               RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank
Klein, S. (2008): Untersuchungen zur Regeneration einer kon-
   tinentalen Zwergstrauchheide (LRT 4030) durch Einsatz
                                                               Meyer
   von kontrolliertem Feuer. – Hochschule Anhalt (FH) Bern-    Mühlweg 39 · 06114 Halle
   burg. – Dipl.-arb: 112 S.                                   E-Mail: stefanklein.kontakt@gmail.com

10
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt
51. Jahrgang • 2014: 11–21

Empfehlungen für die Anlage
von Auengehölzen an der Elbe

Andreas Regner

1    Einleitung                                             ab (vgl. Zuppke & Elz 2008: 83). Im Jahr 1555 ließ der
                                                            Kurfürst aus der „Großen Straube“ Holz für den Bau der
Man nehme einen etwa 20 Zentimeter langen Weiden-           Kirche in Seegrehna anfahren. Als letzter Zeuge dieser
steckling, stecke ihn in den Auenboden und innerhalb        Wälder fiel 1928 die „Große Eiche“ einem Sturm zum
kürzester Zeit gedeiht dort eine Weide. So lautet zumin-    Opfer (vgl. Kühne 1993). Sie hatte einen Umfang der
dest die Theorie. Tatsächlich funktioniert das aber nur     Baumscheibe von 13,5 Metern, was einem Durchmesser
im heimischen Garten, wo bedrängende Wildkräuter            von 4,3 Metern entspricht. Noch in einem Meter über
rechtzeitig entfernt werden und bei Bedarf die Gieß-        dem Boden betrug der Umfang neun Meter und ent-
kanne zum Einsatz kommen kann. In der Aue gelten            sprechend der Durchmesser 2,87 Meter.
andere Gesetze: sehr viel Wasser und Überflutung oder       Heute gehört das Gebiet zum Biosphärenreservat „Mit-
Trockenheit und knochenharter Boden. Hinzu tritt die        telelbe“, ist Teil des FFH-Gebietes „Elbaue zwischen
Konkurrenz einer stark in die Höhe wachsenden Kraut-        Griebow und Prettin (FFH0073LSA), liegt im Land-
schicht. Das schränkt die natürliche vegetative Verjün-     schaftsschutzgebiet (LSG) und grenzt im westlichen
gung von Weichholzauenarten ein, ohne sie gänzlich          Bereich an das NSG „Crassensee“ an.
zu verhindern. Natürliche vegetative Verjüngung der
Weiden in der Aue spielt durchaus eine große Rolle, aber
bei der künstlichen Anlage von Gehölzen oder der Be-        2    Von welchen Faktoren ist die erfolg­
gründung von Wald soll der Erfolg sicher sein.                   reiche Anlage von Weich- und Hartholz­
Seit Jahren dient die Elbeaue als Ausführungsraum                aue abhängig?
für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von Baupro-
jekten. Kein Wunder, freie Flächen außerhalb des            2.1 Die richtige Weidenart
Überschwemmungsgebietes sind für Ausgleichs- und            Die Sohle der Elbe liegt als Folge der Sohlerosion des
Ersatzmaßnahmen kaum noch zu finden. Naturschutz-           Flusses in manchen Bereichen ein bis zwei Meter tie-
projekte, die speziell der ökologischen Verbesserung der    fer als noch vor hundert Jahren. Gleichzeitig können
vorhandenen Auen gewidmet sind (Abb. 1), werden             sich vor allem an den Gleithängen meterdicke Auf-
ebenfalls durchgeführt (vgl. Eichhorn & Puhlmann            landungen am Flusslauf abgelagert haben. Besonders
1999, Puhlmann & Eichhorn 2002). Bei diesen Maß-            für Bäume und Sträucher hat sich die Erreichbarkeit
nahmen nimmt die Pflanzung von Weich- und Hart-             von Wasser durch den Höhenunterschied zwischen
holzauengehölzen eine vorrangige Stellung ein.              heutiger Elbesohle und der tatsächlichen Gelände-
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden entwickelte         höhe gravierend verschlechtert. Ehemalige Standorte
gemeinsam mit der Biosphärenreservatsverwaltung             der Mandel-Weide (Salix triandra) sind heute in den
Mittelelbe ab 2008 ein Projekt zur Begründung von           meisten Fällen schon Standorte der Korb-Weide (Salix
Auenwald an der Elbe linkselbisch bei Lutherstadt Wit-      viminalis). Lediglich noch nicht verlandete tiefe Kolke
tenberg (vgl. König 2014). Hier erstreckt sich als weite,   und Flutrinnen, die die meiste Zeit des Jahres Wasser
waldfreie Aue die „Große Straube“.                          führen, bieten der Mandel-Weide noch ausreichend
Das Gebiet war noch im 16. Jahrhundert bewaldet und         feuchte Wuchsräume.
lieferte „gutes eichenes Bauholz“ und der Wittenber-        Pflanzstandorte, die man heute ohne genauere Un-
ger Kurfürst hielt dort beste Hirsch- und Eberjagden        tersuchungen der Korb-Weide zuordnen würde, sind

                                                                                                                11
Abb. 1: Auenwaldbegründung / Aufforstungsfläche in der Kliekener Aue (EU-LIFE Projekt 1998–2001). Foto:
A. Regner.

hinsichtlich der vorhandenen Feuchtigkeit eher für          Wasserbedarf, der nur durch eine direkte Wurzelver-
die Strauchart Purpur-Weide (Salix purpurea) geeig-         bindung zu den Wasser führenden Schichten möglich
net. Diese benötigt von den drei Weidensträuchern           ist.
am wenigsten Feuchtigkeit. Natürlicherweise siedelt         Auch die Hartholzaue könnte bereits von den sich ver-
aber die Purpur-Weide hauptsächlich am Muldeufer,           ändernden Wasserverhältnissen betroffen sein, wenn-
wo eher kiesige Bodensubstrate vorherrschen, die nur        gleich hier die Wasserspeicherung im Auenlehm und
wenig Wasser speichern können. Das heißt allerdings         der kapillare Wasseraufstieg, wenn die Unterkante des
nicht, dass eine Purpur-Weide bei länger anhaltender        Auenlehms nicht vom Grundwasserspiegel abreißt,
Feuchtigkeit abstirbt. Deutlich empfindlicher sind da       wirksam werden (vgl. Abb. 3). Störungen des Wasser-
Mandel- und Korb-Weide, die bei unzureichender Was-         haushalts verursachen bei Baumarten wie Flatter-Ulme,
serversorgung früher oder später eingehen (vgl. Abb. 2).    Gemeiner Esche und Stiel-Eiche Stresssituationen. Das
Auch Silber- und Fahl-Weide (Salix alba und Salix x         macht sie gegenüber Krankheitserregern sehr anfällig
rubens) würden ebenso reagieren, wenn man sie an zu         (vgl. Reichhoff 1992). Besonders Alteichen scheinen
hoch gelegenen Standorten pflanzt (vgl. Jäger 2004).        die veränderten Grundwasserverhältnisse nicht tolerie-
Ob es einer Baumweide gelingt, ihr Wurzelwachstum           ren zu können.
durch die eventuell vorhandenen Auflandungen bis in         Abbildung 3 stellt die Bindung der verschiedenen stand-
die feuchte Schicht des Bodens voranzutreiben, ist aller-   örtlichen Ausbildungen des Hartholzauenwaldes an die
dings stark zu bezweifeln. Zunächst wird sie sich zwar      holozänen Auenterrassen dar.
entwickeln, doch mit dem Wachstum steigt auch ihr

12
KW = Korbweide (Salix viminals)
         PW = Purpurweide (Salix purpurea)
         E/Ei/U = Esche/Eiche/Ulme (Quercus/Fraxinus excelsior/Ulmus)
         BW = Baum- und Mandelweide (Salix rubens)

                          Höhe
                     6,0
                                   KW          PW         KW                   PW          E/Ei/U
                     5,0
                     4,0                                                                                              Deich
                     3,0
                     2,0
                                                                                                              Vor Deich- und Buhnenbau
                     1,0
          Flusslauf
                       0
                    -1,0
                    -2,0
                    -3,0           BW         KW          BW                   KW           PW      E/Ei/U Vor rund 200 Jahren brauchte
                                                                                                           die Mandelweide nur ca. 0,4m tief
                    -4,0                                                                                   wurzeln. Heute bei einer Auflandung
                                                                                                           von nur 0,5 m und einer Sohlerosion
                                                                                                           von 1,0 m bereits 1,90 m. Das Gleiche
                           Tiefe                                                                           gilt auch für alle anderen Gehölze
                                                                                                           in der Überschwemmungsaue.
                       in Meter

Abb. 2: Wasserverfügbarkeit für Gehölze in der Elbeaue. Zeichnung: A. Regner.

                                                                                               2.2 Die standörtliche Ansprache der Pflanzfläche
         (4)
                                                               Weichholzaue

 (3)
                                                                                               Im flussnahen Bereich ist die standörtliche Differen-
 obere Auentrasse      (2.3)                                                                   zierung nach Weich- und Hartholzaue wichtig. An der
                                (2.2)
 mittlere Auentrasse                        (2.1)                                              Elbe mit ihren ausgedehnten sommerlichen Niedrig-
                                                    (1)
 untere Auentrasse
                                                                                      MW       wasserperioden beschränkt sich die Weichholzaue auf
                                                                                               einen schmalen Streifen entlang des Flusses. Hier sind
                                                                                               die Böden deutlich von sandigen Schichtungen geprägt.
                                                                                               Oft sind als Uferwälle Rehnen ausgebildet. Die Hartholz­
                                                                                               aue tritt auf mächtigen Auenlehmablagerungen nahe an
 Eichen-Ulmen-Hartholzauenwald
 (Querco-Ulmetum minoris Issler 1914)                                                          den Fluss heran (vgl. Henrichfreise 2008).
                                                                                               Auf der Grundlage der Standortansprache sind detail-
 Subassoziationen                       Varianten                             Nummer
 Rohrglanzgras-Subassoziation                                                                  lierte Pflanzpläne zu erstellen, höhere und niedrigere
 (phalaridetosum)                                                             (1)              Bereiche sollen im Pflanzplan farblich gekennzeichnet
 Typische Subassoziation                                                                       sein. Die Baum- und Straucharten sind standortgerecht
 (typicum)                              Springkraut-Variante                  (2.1)            zu platzieren und die Form der Pflanzfläche ist auf den
                                        Typische Variante                     (2.2)
                                                                                               Pflanzplan zu übertragen.
                                        Flattergras-Variante                  (2.3)
 Hainbuchen-Subassoziation
 (carpinetosum)                                                               (3)              2.3 Das richtige Pflanzmaterial
 Linden-Subassoziation                                                                         Für die Anlage von Weichholzauenwald ist es zu em­
 (tilietosum)                                                                 (4)              pfehlen, einjährig vorbewurzelte Steckhölzer zu ver-
                                                                                               wenden. Die Anzucht ist unproblematisch. In einem
Abb. 3: Standörtlich-vegetationskundliche Gliederung                                           quadratischen Quartier mit einer Fläche von 25 Qua­
der Hartholzauenwälder an der mittleren Elbe (nach                                             dratmetern können innerhalb eines Jahres etwa zwei-
Warthemann & Reichhoff 2008).                                                                  tausend pflanzfähige Weiden herangezogen werden.

                                                                                                                                                    13
ist dann die Ursache von größeren Ausfällen auf der
                                                           Fläche.
                                                           Zu Ausfällen kann es jedoch auch kommen, wenn das
                                                           Frühjahrshochwasser unmittelbar nach der Pflanzung
                                                           einsetzt. Dann haben sich die Wurzeln noch nicht im
                                                           Boden verankert und es ist nicht auszuschließen, dass
                                                           die Pflanzen einfach fortgespült werden.

                                                           2.5 Der richtige Pflanzenschutz
                                                           Der Pflanzenschutz in der Aue ist die wohl größte
                                                           Herausforderung. Die klassische Methode der großen
                                                           Zäunungen, die durch die Forstverwaltung ausgeführt
                                                           wurde, ist auf Flächen, die mehr oder weniger regel-
                                                           mäßig überflutet werden, wo Eisschollen schwimmen
Abb. 4: Korb-Weiden nach einjähriger Stecklingsan-         und sich in Senken Eisdecken bilden, äußerst proble-
zucht. Foto: A. Regner.                                    matisch. Erschwerend kommt das Schwemmgut hinzu,
                                                           das sich in den Zäunen sammelt (Verklausung) und ent-
                                                           fernt werden muss. Bleibt der Zaun dicht, stellt er für
                                                           die Pflanze aber trotzdem den besten und effektivsten
Eine Korb-Weide erreicht in diesem Zeitraum eine           Schutz dar. Auch der Aufwand der Unterhaltung hält
Höhe von 1,0 bis 1,5 Meter (Abb. 4) und braucht in der     sich dann in Grenzen.
wüchsigen Aue kaum noch mit der Krautschicht um            Allerdings wird diese Methode in der Regel nur auf
Licht zu kämpfen. Mit Hilfe des vorhandenen Wurzel-        Flächen genehmigt, die über genügend Raum zwischen
systems treibt die Pflanze besser und schneller aus, die   Elbe und Hauptdeich verfügen. Der Abfluss bei Hoch-
Hauptwurzeln wachsen der schwindenden Feuchtigkeit         wasser muss gewährleistet sein. Folglich werden andere
im Boden hinterher. Ein Steckling müsste zunächst ein-     Methoden gegen Verbiss von Rehwild und Biber ange-
mal Wurzeln bilden.                                        wandt. So versucht man, die Pflanzen durch Einzel-
                                                           schutz mit Hilfe von Drahthose und Befestigungsstab
2.4 Die richtige Pflanzzeit                                zu sichern, was sehr aufwändig ist und sich in den tiefer
Grundsätzlich sollte die Pflanzung im Herbst erfolgen.     liegenden Regionen der Aue nicht bewährt hat (Abb. 5).
Das gilt für Weichholzaue ebenso wie für Hartholzaue.      Steigt das Wasser der Elbe in der Winterzeit, füllen
Es ist zu bedenken, dass nach einem Frühjahrshoch-         sich diese Bereiche. Bei entsprechenden Frostlagen
wasser die Flächen nicht sofort betret- bzw. bepflanzbar   entwickelt sich Eis, das hartnäckig und über einen län-
sind. Diese Verzögerung der Pflanzung nutzt aber die       geren Zeitraum am Ort verbleibt. Das unter dem Eis
auf der Pflanzfläche vorhandene Vegetation, um empor-      verbliebene Wasser strömt nun aber entsprechend dem
zuschießen und kann schon bevor die Pflanzen selbst        Wasserstand des Flusses in die Elbe zurück. So entste-
Fuß gefasst haben und der Höhenzuwachs beginnt eine        hen unter dem Eis Hohlräume. Das Eis sackt mit der
Höhe von 0,5 bis 1,5 Meter erreicht haben. Sie wird dann   Drahthose nach unten und bricht in der Regel auch die
zu einem echten Konkurrent in Bezug auf Wasser- und        Weide ab. Unter solchen Eisdecken sterben die Jung-
Lichtangebot.                                              pflanzen oft ab.
Während der Herbstpflanzung befindet sich die Ge-          Bei Pflanzungen von Weiden in der Aue sind die Größe
hölzpflanze in der Ruhephase. Im Winter verdichtet         der Fläche sowie der zu erwartende Wildverbiss in die
sich der Boden der Pflanzstelle. Ein eventuelles Aus-      Überlegungen einzubeziehen. Bei der Anlage von klei-
trocknen durch Hohlräume im Wurzelbereich wird             neren Weidenbiotopen (bis 500 Pflanzen) haben sich
dadurch ausgeschlossen. Ein mittleres Frühjahrshoch-       Einzelquartiere in einer Größe von fünf mal fünf Me-
wasser hinterlässt dann in der Regel auch keine nen-       tern bewährt. Ab einer Anzahl von 1.000 Pflanzen sollte
nenswerten Schäden. Bei Pflanzungen im Frühjahr,           man gänzlich auf einen Schutz verzichten. Dabei gilt als
zumal bei Verzögerung durch Hochwasser, verringern         grobe Regel: Es muss mehr Holz zuwachsen als verbis-
sich die Anwuchschancen der Gehölzpflanzen. Die            sen wird. Das bedeutet, dass nicht nach dem klassischen
schnelle Austrocknung des Oberbodens in Kombina-           Pflanzschema, z. B. einem Pflanzenabstand von zwei
tion mit eventuellen Hohlräumen am Wurzelsystem            mal zwei Metern, vorgegangen werden kann, sondern

14
Abb. 5: Weidenpflanze mit Drahthose. Foto: A. Regner.      Abb. 6: Die Elbeaue ist Lebensraum des Bibers (Castor
                                                           fiber). Foto: A. Regner.

das Doppelte bis Dreifache an Pflanzenmaterial auf die     rechnen, dass genau dort der Biber dieses neue Nah-
gleiche Fläche gepflanzt werden muss. Es kommen dann       rungsangebot auch nutzen wird (Abb. 6 und 7).
zwar viele Pflanzen in den Boden, die Methode erspart      Ein Hartholzauengehölz oder -wald im Lebensraum des
aber jegliche Schutzaufwendungen inklusive des Rück-       Bibers zu entwickeln ist immer damit verbunden, dass
baus und zahlreicher nachfolgender Pflegeeinheiten.        es Abgänge von Bäumen durch Verbiss geben wird. Der
Bei Hochwasserereignissen können sich die Strauch-         Biber bevorzugt geradezu junge Eichen als Nahrung.
weiden entsprechend der Fließrichtung nach unten ver-      Auch diesem Aspekt muss bei forstlichen Planungen
biegen (vgl. Jährling 2003). Eine Drahthose schränkt       Rechnung getragen werden, denn der Wald hat hier
die Beweglichkeit einer jungen Weidenpflanze ein, die      auch eine komplexe Bedeutung für den Naturschutz.
dadurch Gefahr läuft, bei hoher Fließgeschwindigkeit       Erfolg und Nachhaltigkeit der Maßnahme sind von ver-
fortgespült zu werden.                                     schiedenen Faktoren abhängig. Besonders zweckmäßig
In der Hartholzaue ist es ratsam, auch mit kleineren       ist, dass, wenn möglich, in der Nähe jeder Hartholzau-
Quartieren zu operieren. Diese müssen entsprechend         enfläche ein entsprechender Weichholzauenbestand
den örtlichen Gegebenheiten angepasst sein. Hierbei        existiert, welcher dann auch später als „Ablenkfütte-
spielen die Fließrichtung und -geschwindigkeit sowie       rung“ fungiert (Abb. 7). Weichhölzer stellen die Haupt-
die Form des Quartiers und die Existenz von Flutrin-       nahrung des Bibers dar und treiben, wenn genug Wur-
nen eine entscheidende Rolle. So sollten Pflanzquartiere   zelmasse vorhanden ist, im Gegensatz zu Harthölzern
einschließlich der Pflanzreihen immer parallel zur Elbe    auch nach einem Kahlfraß wieder neu aus. Die Fläche
und an den Flutrinnen ausgerichtet werden. Zu beach-       des Weichholzauenbestandes sollte möglichst annä-
ten ist dabei, lange gerade Flügelseiten der Zäunung       hernd so groß sein wie die der Hartholzaue.
gegen die Fließrichtung zu vermeiden und stattdessen       Bevor die Zäunungen entfernt werden, muss auf der Flä-
Gassen einzurichten, Zäunungen in Strömungsrich-           che ein Einzelschutz der für einen Auenwald benötigten
tung anzuwinkeln bzw. gegen die Fließrichtung mit          Arten in ausreichendem Umfang installiert worden sein
dem Doppelten der Zaunsteiler und entsprechenden           (Abb. 8). Bei einer gut entwickelten Weichholzaue wird
Stützen zu versehen.                                       sich der Fraßdruck seitens des Bibers in Grenzen halten.
                                                           Sollte er allerdings trotzdem einmal den Wunsch nach
2.6 Nachhaltiger Schutz vor dem Biber oder                 harter Nahrung verspüren, geht er dabei nicht etwa
      Schutz des Bibers?                                   selektiv vor, sondern betreibt Flächenfraß, wodurch
Ist die Zäunung wieder abgebaut, sind die Pflanzen dem     großräumige Fehlstellen entstehen. Verbleibt dann auf
Biber schutzlos ausgesetzt. Gerade dort, wo noch wenig     diesen Flächen zehn Jahre später noch alle fünf bis zehn
natürlicher Bewuchs vorhanden ist, werden in der Regel     Meter ein Baum oder Strauch, ist dies bereits als Erfolg
Pflanzmaßnahmen durchgeführt und es ist damit zu           zu werten.

                                                                                                                15
Abb. 7: Biberfraß an Eichen bei fehlendem Schutz und        Abb. 8: Einzelschutz direkt am Katschbach in der Klie-
fehlender „Ablenkfütterung“. Foto: A. Regner.               kener Aue. Foto: A. Regner.

3    Praktische Umsetzung der                               3.2 Aktuelle Situation im Gebiet
     Empfehlungen                                           Die linksseitige Elbeaue zwischen der Elbebrücke
                                                            Wittenberg und dem Naturschutzgebiet „Crassensee“
3.1 Hintergrund                                             einschließlich der sogenannten „Große Straube“, weist
In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt       keine Waldstrukturen der Hart-und Weichholzaue
hat die Bundesregierung beschlossen, bis zum Jahr           mehr auf und ist auch insgesamt relativ strukturarm
2020 die Fließgewässer und ihre Auen in ihrer Funk-         (Abb. 9). Die einzigen „größeren“ Waldflächen befin-
tion als Lebensraum so weit zu sichern, dass eine für       den sich im Bereich Crassensee und flussaufwärts hinter
Deutschland naturraumtypische Vielfalt gewährleistet        der Elbebrücke, in der „Probstei“. Dazwischen befin-
ist. Dabei müssen notwendige Unterhaltungsmaßnah-           den sich rund 1.300 Hektar Auengrünland mit zum Teil
men an den bestehenden Wasserregulierungsbauwer-            intensiver Nutzung durch Milchvieh- und Schafbewei-
ken mit der Erhaltung des wertvollen Naturraumes in         dung. Die Auswirkungen zeigen sich dementsprechend
Einklang stehen.                                            auch am Zustand der wenigen verbliebenen Weichholz-
Aus der EG-Wasserrahmenrichtlinie und der Natio-            relikte: Strauchweiden sind durch Verbiss degradiert,
nalen Strategie zur biologischen Vielfalt leitet sich für   Baumgehölze durch Schälung eingegangen und umge-
die Wasser-und Schifffahrtsverwaltung ein ökologisch        brochen, Neuausschläge von Weiden bodeneben kurz
motivierter Handlungsauftrag ab. Unter diesem Vor-          gehalten.
zeichen müssen insbesondere Möglichkeiten zur öko-          Die Auenlandschaft der Mittelelbe weist trotz teils in-
logischen Verbesserung der Elbe und ihrer Flussufer         tensivem menschlichen Einfluss in vielen Bereichen
gefunden und umgesetzt werden.                              noch artenreiche Lebensräume auf. Eine wichtige Auf-
                                                            gabe des Naturschutzes ist es, in den ausgeräumten Be-
                                                            reichen der Aue wertvolle Lebensraumstrukturen und

16
Abb. 9: Elbeabschnitt zwischen Crassensee und Elbebrücke Wittenberg mit „Großer Straube“. Quelle: RGB-Luft-
bild 2012, Geobasisdaten © LVermGeo LSA | www.lvermgeo.sachsen-anhalt.de | 10008.

damit einen funktionsfähigen Biotopverbund entlang       meine Eschen. Durch Pflanzung dieser 9.611 Stecklinge
der Elbe zu schaffen. Auenwald ist ein bestimmendes      wurden bis jetzt etwa zwei Drittel des vorgesehenen
Element des Biosphärenreservates „Mittelelbe“ und        Pflanzprogramms realisiert. Die Gehölzbegründungen
seine Entwicklung ein zentrales Schutzziel. Die Wie-     werden fortgesetzt.
derbegründung von Auenwaldstrukturen ist Verpflich-
tung, insbesondere vor dem Hintergrund des Klima-        3.4 Beschreibung des Vorhabens an Beispielen
wandels.                                                 Diese Maßnahme zur Wiederherstellung von auen-
                                                         waldähnlichen Strukturen an einem ausgeräumten
3.3 Pflanzprogramm                                       Uferbereich der Elbe wurde als Kompensation anste-
Seit 2012 wurden uferbegleitende Pflanzungen linkssei-   hender Unterhaltungsmaßnahmen an wasserbaulichen
tig der Elbe zwischen Elbe-Kilometer 218,0 und 226,4     Regeleinrichtungen wie Deck- und Leitwerken sowie
im Rahmen eines Pflanzprogrammes ausgeführt. Da-         Buhnen durchgeführt und weist den Charakter eines
bei wurden 9 Quartiere mit je 25 m2, 22 Quartiere mit    Pilotprojektes auf. Eine Voraussetzung war das beste-
je 200 m2, 8 Quartiere mit je 400 m2 und 4 Quartiere     hende Eigentum an den benötigten Flächen seitens des
mit je 600 m 2 Grundfläche angelegt. Insgesamt wur-      Wasser- und Schifffahrtsamtes. Da die Flächen an ver-
den bisher 232 Fahl-, 213 Silber-, 5.370 Korb-, 2.080    schiedene landwirtschaftliche Unternehmen verpachtet
Purpur- und 1.040 Mandel-Weiden gepflanzt. Hinzu         waren, mussten sie aus den bestehenden Pachtverträgen
kamen 286 Stiel-Eichen, 182 Flatter-Ulmen und 208 Ge-    herausgelöst werden.

                                                                                                           17
Abb. 10: Zustand eines Pflanzquartieres des Pilotprojektes im Sommer 2014. Foto: A. Regner.

Des Weiteren durfte es als Folge von Bepflanzungen        Bei den im Jahr 2001 abgeschlossenen Pflanzungen im
nicht zur nachteiligen Einengung des Hochwasser-          Rahmen des EU-LIFE Projektes in Klieken konnte man
abflussprofiles der Elbe und der damit verbundenen        während des Hochwassers 2002 erste Erfahrungen sam-
Verringerung des Abflusses kommen. Es wurde ge-           meln. Damals wurden ganze Zaunstrecken von über
plant, Pflanzquartiere mit unterschiedlichen Größen       50 Meter Länge mit Zaunsteilen und Wildschutzzaun
zwischen 25 und 800 Quadratmetern in unmittelbarer        komplett weggespült, obwohl sich die Pflanzbereiche
Nähe der Elbe anzulegen. Gleichzeitig soll dadurch        noch nicht einmal im absoluten Prallbereich bzw. der
der Schifffahrt eine zusätzliche Orientierungshilfe bei   Strömung der Elbe befanden und zusätzlich Wald vor-
Hochwasser gegeben werden. Dabei war zu beachten,         gelagert war.
dass die Sicht auf vorhandene Schifffahrtszeichen und     Die Flächen der hier vorgestellten Maßnahme liegen
die Erreichbarkeit der vorhandenen Buhnen auf dem         zum großen Teil im Bereich des Prallhanges und es
Landweg gewährleistet bleiben. Nachdem die Bundes-        ist so gut wie keine Baum- und Strauchvegetation als
anstalt für Wasserbau geprüft hatte, dass die geplanten   Schutz vorhanden.
Bepflanzungen sich nicht negativ auf das Abflussverhal-   Bei allen drei Pflanzplänen (Abb. 11 bis 13) sind die
ten des Flusses auswirken und die einzelnen Standorte     Weiden die Hauptarten. Diese haben die Aufgabe, nach
der Quartiere festgelegt und eingemessen sowie Pacht-     Rückbau der Zäunungen als Ablenkfütterung für Reh-
verträge geklärt waren, wurde mit der praktischen Um-     wild und Biber zu fungieren und sollen gleichzeitig ein
setzung begonnen. Im Herbst 2012 wurden die ersten        zusätzlicher Anströmschutz für die mittig gepflanzten
Pflanzquartiere fertiggestellt.                           Stiel-Eichen, Flatter-Ulmen und Gemeinen Eschen bei
Bei dieser Pilotmaßnahme wurden rund 2.000 Korb-,         Hochwasser sein.
700 Purpur-, 360 Mandel- und 160 Baumweiden sowie         Außerdem sollte das nicht ausgewogene Geschlechter-
80 Stiel-Eichen, 60 Flatter-Ulmen, 30 Schwarz-Pappeln     verhältnis der verschiedenen Weidenarten zu Gunsten
und 80 Gemeine Eschen gepflanzt (Abb. 10).                der weiblichen Pflanzen verbessert werden, um die na-
In Abhängigkeit von der Flächenverfügbarkeit und den      türliche Vermehrung zu fördern.
standörtlichen Verhältnissen kamen drei verschiedene      Das Hochwasser 2013 stellte dann schon ein Jahr nach
Pflanzpläne zur Anwendung (Abb. 11 bis 13).               der Pflanzung für „Fort Knox“ eine riesige Bewäh-
Der gewählte Name „Fort Knox“ spielt im übertragenen      rungsprobe dar. Es standen zwar einige Holzsteiler
Sinn auf die Sicherheit und Stabilität der verwendeten    nicht mehr gerade, aber es waren noch alle Quartiere
Zäunungen an. Es wurde hier mindestens das Dop-           an Ort und Stelle vorhanden (Abb. 15).
pelte an Zaunsteilern und Stützen verbaut wie bei einer   Die gepflanzten Weiden verkrafteten die Überstauung
normalen forstlichen Pflanzung außerhalb des Über-        während der Vegetationsperiode mit rund 85 bis 90 Pro-
schwemmungsgebietes (Abb. 14).                            zent Weiterwuchs sehr gut. Bei den Hartholzbaumarten

18
Abb. 11: Pflanzplan „Fort Knox“ 1:
                                                                      Form und Fläche der Pflanzplanung,
                                                                      Flächengröße 25 m², reines Weiden-
                                                                      quartier. Zeichnung: A. Regner.

Abb. 12: Pflanzplan „Fort Knox“ 2: Form und Fläche der Pflanzplanung, Flächengröße mind. 200 m², Weide mit
geringem Anteil an Hartholzbaumarten in niedrig gelegenen Bereichen. Zeichnung: A. Regner.

                                                                                                       19
Abb. 13: Pflanzplan „Fort Knox“ 3: Form und Fläche der Pflanzplanung, Flächengröße mind. 200 m², Weide mit
hohem Anteil an Hartholzbaumarten in höher gelegenen Bereichen. Zeichnung: A. Regner.

war das Verhältnis ungünstiger. Mit einer Pflanzgröße   weiteren Verlusten bei den verschiedenen Baumarten.
zwischen einem und zwei Metern boten sie natürlich      Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass sich die Zäu-
der Strömung Angriffsmöglichkeiten, wodurch viele       nungen „Fort Knox“ bewährt und sogar die Herausfor-
Bäume dann einfach abbrachen. Durch Überstauung         derungen des überdurchschnittlichen Sommerhoch-
und dem damit verbundenen Sauerstoffdefizit kam es zu   wassers 2013 mit geringen Schäden überstanden haben.

Abb. 14: Kleines Pflanzquartier in den Ausmaßen von fünf mal fünf Metern. Foto: A. Regner.

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