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51. Jahrgang · Jahresheft 2014 ISSN 0940-6638 IM LAND S A C H S E N - A N H A LT NATURSCHUTZ Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. Jahresheft 2014 SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz Landesamt für Umweltschutz
Strukturreiche Calluna-Heide der Optimalphase in der Woltersdorfer Heide. Im Hintergrund Oben: Zwei Fransenfledermäuse (Myotis nattereri), eine davon markiert, und ein Großes Mausohr (Myotis myotis) Besenginstergebüsch und Birken-Pionierwald, welche im Sukzessionsverlauf die Heide ablösen. gemeinsam in einem Felsloch in der Höhle Heimkehle im NSG „Gipskarstlandschaft Heimkehle". Foto: S. Ellermann (2002). Unten: Markiertes Großes Mausohr am Hangplatz ortend kurz vor dem Abflug im NSG „Stollensystem Büchenberg bei Elbingerode". Fotos: B. Ohlendorf.
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 51. Jahrgang • 2014 • ISSN 0940-6638 Inhaltsverzeichnis Seite Aufsätze Stefan Klein Feuereinsatz zur Heidepflege im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“. . . . . . . . 3 Andreas Regner Empfehlungen für die Anlage von Auengehölzen an der Elbe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Lutz Reichhoff & Walleichen an Deichen bei Wörlitz und ihre Besiedlung Volker Neumann durch xylobionte Käferarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Volker Neumann & Zum Monitoring von Heldbock, Eremit und Hirschkäfer in Referenzgebieten Andreas Rössler des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Informationen Hermann Behrens & Bewahrung und Aufarbeitung ostdeutscher Naturschutz-, Landschafts- Jens Hoffmann und Umweltgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Rudolf Ortlieb Zur Geschichte des Fledermausquartieres der Alten Schule in Ahlsdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Inge Haslbeck Übersicht der im Land Sachsen-Anhalt nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Ralf Hennig Nachweis des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) im Landkreis Wittenberg . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Ralf Hennig Nachweis des Segelfalters (Iphiclides podalirius) im Landkreis Wittenberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Mitteilungen Ehrungen Mechthild und Christoph Kaatz zum 75. Geburtstag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Ehrennadel des Ministerpräsidenten für Peter Ibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Bundesverdienstkreuz an Dr. Uwe Wegener verliehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Veranstaltungen Bundestreffen der Junior-Ranger am Kühnauer See in Dessau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes der Freiberuflichen Forstsachverständigen (BvFF) in Wörlitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Naturschutzkonferenz des Landes Sachsen-Anhalt am 11. Oktober 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Schrifttum ............................................................................................................................... 79 Mitteilung der Redaktion ............................................................................................................................... 83 Impressum ............................................................................................................................... 84 SACHSEN-ANHALT Landesamt für Umweltschutz
Geschützte und gefährdete Pflanzen, Tiere und Landschaften des Landes Sachsen-Anhalt Zu den Abbildungen der 2. und 3. Umschlagseite Zwergstrauchheiden Das Große Mausohr (Myotis myotis) in Sachsen-Anhalt Wahrscheinlich waren Zwergstrauchheiden über Jahrtau- Das Große Mausohr ist unsere größte heimische Fleder- sende in großen Teilen Westeuropas sowie im nördlichen mausart. Das Gewicht der Tiere im Sommer beträgt 25 bis Mitteleuropa landschaftsprägend. Übermäßige Holznutzung, 28 Gramm. Mit dem Eintritt in den Winterschlaf erreichen Viehweide, später auch der Plaggenhau, bei dem Heidepflan- sie zwischen 28 und 36 Gramm. Männchen sind im Durch- zen einschließlich der Humusschicht entfernt wurden, um schnitt etwa drei Gramm leichter. Die Art bildet im Zeitraum Stalleinstreu zu gewinnen, haben die ursprünglich vorhande- zwischen April und September Wochenstuben in Dachräu- nen Wälder zurückgedrängt und auf nährstoffarmen, sauren men. Das sind auch die Orte, wo Weibchen ihr Junges gebä- Böden zur Entstehung der Heiden geführt. In Deutschland, ren. Das FFH-Gebiet „Mausoleum bei Meisdorf “ ist jedoch besonders im durch subkontinentales Klima geprägten Ost- eine Ausnahme, denn hier befindet sich die Wochenstube in teil, tritt in diesen Heiden nahezu ausschließlich die Besen- einem Tonnengewölbe im Berg. Die Größe der Wochenstu- heide (Calluna vulgaris) bestandsbildend auf. In wintermilden ben schwankt zwischen 30 und 2.000 Individuen (Alt- und und niederschlagsreichen Regionen kommen verschiedene Jungtiere). Die größte bekannte Wochenstube beherbergt das Erica-Arten und weitere Zwergsträucher, wie die Schwarze FFH-Gebiet „Alte Schule Ahlsdorf“ (siehe Beitrag von R. Ort- Krähenbeere (Empetrum nigrum) hinzu. Bereits vor zwei Jahr- lieb in diesem Heft). Die bedeutendsten bekannten Über- hunderten gab es Bestrebungen, die großen, wenig produkti- winterungsquartiere befinden sich in Altbergbaustollen am/ ven Heideflächen in Wald zurück zu verwandeln. Besonders im Harz mit 164 Individuen im Gipsabbau Drohndorf (2013), die Pflanzung oder Ansaat der anspruchslosen Waldkiefer mit 124 Individuen im NSG „Stollensystem Büchenberg bei (Pinus sylvestris) erwies sich dabei als erfolgreich. In Ost- Elbingerode“ (2013) und mit 48 Individuen im FFH-Gebiet deutschland waren Ende des 19. Jahrhunderts praktisch alle „Laubwaldgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg“ ehemaligen großen Heideflächen von Kiefernforsten bedeckt. mit der Grube „Braunesumpf“ (2014). Großbrände und Schädlingskalamitäten sowie insbesondere Gegen Ende des Winters sammeln sich die Großen Mausoh- die Umwandlung der Forste in Militärübungsplätze bewirkten ren in Eingangsnähe des Quartiers. Erstmals wurden Mitte andererseits im 20. Jahrhundert das Wiederentstehen großer April 2013 im NSG „Bielsteinhöhlengebiet bei Rübeland“ und Calluna-Heiden. Mit der Aufgabe der Nutzung vieler dieser im NSG „Gipskarstlandschaft Heimkehle“ je 100 Individuen Übungsflächen ab 1990 setzte eine spontane Wiederbewal- angetroffen. dung ein und der Flächenumfang der Heiden schrumpfte Zwischen Winter- und Sommerquartier legen die Tiere in abermals bedeutend. Da Zwergstrauchheiden einer Vielzahl nur wenigen Tagen Entfernungen von bis zu 300 Kilometern spezialisierter Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten zurück. und europaweit erhebliche Flächenverluste zu verzeichnen Die Jagdgebiete des Großen Mausohrs befinden sich insbeson- sind, wurden unter anderem die „Trockenen europäischen dere bei großen Wochenstubengesellschaften wie in der „Alten Heiden“ als zu schützender Lebensraum (LRT 4030) in den Schule in Ahlsdorf“ im Umkreis von 30 Kilometern. Sie sind Anhang I der FFH-Richtlinie (Lebensraumtypen) aufgenom- Bodenjäger und ernähren sich überwiegend von Laufkäfern men. Aktuell werden in Sachsen-Anhalt umfangreiche An- in Laubwaldgebieten. Der Kot der Großen Mausohren ist ein strengungen unternommen, Heideflächen durch geeignete wertvoller Naturdünger. Durch den hohen Anteil an Phosphor Pflegemaßnahme zu erhalten oder wiederherzustellen. Neben und Kalium ist dieser bei Kleingärtnern begehrt. Entbuschung, Pflegemahd und Beweidung kommt dabei auch Der Bestand des Großen Mausohrs ist in Sachsen-Anhalt sta- eine Pflege durch Brennen infrage (siehe Beitrag von S. Klein bil mit leichtem Zuwachs. In 29 Wochenstuben werden 7.000 in diesem Heft). Letzteres wird in Sachsen-Anhalt gegenwär- Individuen geschätzt. In kühlen und nassen Jahren kann es tig besonders auf noch militärisch genutzten Heideflächen durch Verknappung der Nahrung zu Totalausfällen bei den praktiziert. Jungtieren kommen. Jens Peterson Bernd Ohlendorf (Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt) 2
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 51. Jahrgang • 2014: 3–10 Feuereinsatz zur Heidepflege im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“ Stefan Klein 1 Aufgabenstellung und Rahmen FFH-Gebietes „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“ bedingungen überwiegend gut für den Einsatz von Feuer geeignet. Recherchen und Akteneinsichten ergaben zudem, dass Im Jahr 2011 beauftragte das Landesamt für Umwelt- im Plangebiet bereits in den Jahren 1998 und 2000 Feu- schutz Sachsen-Anhalt (LAU) das Planungsbüro RANA ereinsätze zur Heideverjüngung als Pflegemaßnahmen mit der Managementplanung für das FFH-Gebiet „Kel- durchgeführt wurden. lerberge nordöstlich Gardelegen“ (FFH0080LSA). Im Rahmen der Anlaufberatung zur Aufstellung des Vor Beginn der aktuellen Bearbeitung konnte bereits Managementplanes wurde der Projektbegleitenden auf Kartierungs- und Bewertungsergebnisse zu den Arbeitsgruppe (PAG) der Einsatz von Feuer zur Hei- FFH-Lebensraumtypen (LRT) und Biotoptypen des Ge- depflege vorgeschlagen. Diese Pflegemaßnahme wurde bietes, insbesondere zur Altersstruktur der Heidekraut- auch seitens der Vertreter der Stadt Gardelegen, als dem Heiden (LRT 4030) zurückgegriffen werden (RANA Flächeneigentümer, der Unteren Naturschutzbehörde 2006). Sie waren die Grundlage der Erfassungen und des Altmarkkreises Salzwedel sowie des Landesamtes Bewertungen im Zuge der Managementplanung. Der für Umweltschutz (LAU) begrüßt und schließlich durch Vergleich der Daten von 2006 mit dem aktuellen Zu- die PAG befürwortet. Die organisatorischen Vorberei- stand offenbarte die Pflegebedürftigkeit größerer Flä- tungen des Feuereinsatzes wurden durch Mitarbeiter chen der vorhandenen Heiden aufgrund der Überalte- des Bauamtes der Stadt Gardelegen übernommen. Die rung der Bestände (siehe RANA 2012). naturschutzfachlichen und abfallrechtlichen Abstim- Als Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen werden die mungen erfolgten durch das Büro RANA. Heiden im Gebiet in Hütehaltung durch die ortsansäs- sige Schäferei Gaudian beweidet. Traditionell sind dabei auch Maßnahmen zur Verjüngung der Heidekrautbe- 2 Projektgebiet und Maßnahmenflächen stände notwendig, auch wenn die Beweidung hier zuver- lässig und fachgerecht ausgeübt wird. Zur Verjüngung Das Projektgebiet ist identisch mit dem FFH-Gebiet wurden die Heiden bisher motormanuell gemäht und „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“. Es befindet sich das Mahdgut abgeharkt. Dabei war aber regelmäßig die im Norden Sachsen-Anhalts, nördlich von Kloster Neu- Entsorgung des Mahdgutes mit finanziellem Aufwand endorf in der Nähe von Gardelegen. Die für den Feuer- verbunden, der für den Eigentümer eine zunehmende einsatz vorgesehenen Flächen liegen im nordwestlichen Belastung darstellt. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist und zentralen westlichen Teil des Projektgebietes (siehe der Zustand einiger Mahdflächen nur mittelmäßig, da Abb. 1). aufgrund der Schnitthöhe von fünf bis zehn Zentimeter Die Maßnahmeflächen sind vorwiegend von Heide- keine nennenswerten Rohbodenaufschlüsse erzielt wer- kraut (Calluna vulgaris) bewachsen, wobei mosaikartig den und eine starke Vermoosung und abschnittsweise auch Sandmagerrasen, Landreitgrasbestände und of- Vergrasung der Flächen resultiert. Traditionell wurden fene Mineralbodenflächen eingestreut sind. Das Land- bei der Heidebewirtschaftung im Winter mittels Feuer schaftsbild lässt sich damit als großflächiger Komplex die von den Weidetieren nicht verwertbare Biomasse aus Heidekraut-Heiden und Sandmagerrasen mit Ein- abgebrannt und die Heiden verjüngt (Lütkepohl & zelgehölzen charakterisieren. Als Baumarten kommen Stubbe 1997). Aufgrund der Lage, Struktur und der zumeist Kiefer (Pinus sylvestris), Birke (Betula pendula) angrenzenden Biotoptypen sind die Heideflächen des und Eiche (Quercus robur) vor. 3
Abb. 1: Maßnahmeflächen der Feuereinsätze im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“. Die drei Maßnahmeflächen vom 7.3.2012 sind in Ta- • Belaubung der Triebe auf weniger als einem Drittel belle 1 beschrieben (vgl. a. Abb. 1). der Trieblänge Die Heidekrautbestände sind zumeist recht dicht, wei- • Blütenansatz nur noch an den obersten Triebenden sen jedoch teilsweise lückige Abschnitte auf. In der • zentrale Verkahlung und Verholzung der Horste. Streuschicht wird ein hoher Deckungsanteil durch Laubmoose erreicht. Von der Altersstruktur des Hei- dekrauts wirken die Flächen recht homogen, das Alter 3 Feuereinsatz wird anhand der Wuchshöhe und Stämmchendicke der ältesten Individuen auf ca. 15 bis maximal 20 Jahre 3.1 Meteorologische Rahmenbedingungen geschätzt. Viele Pflanzen zeigen die typischen Zeichen Der Feuereinsatz fand in einer spätwinterlichen, der Überalterung, die sich durch folgende Merkmale schneefreien Trockenphase Anfang März statt. Der beschreiben lassen: Einsatztag war frostfrei und lufttrocken (8 °C, ca. 40 % Tab. 1: Charakteristik der drei Maßnahmeflächen. Flächen-Nr. und -größe Lage und Beschreibung • ebene Plateaufläche der Kellerberge 1 2,8 ha • überwiegend dicht geschlossener Heidebestand, Einzelbäume und Baumgruppe • südwestlich geneigter Hang der Kellerberge 2 2,9 ha • dichter bis abschnittsweise aufgelockerter Heidebestand mit Silbergrasrasen, Einzelbäumen und größerer Gehölzinsel, die vom Feuereinsatz ausgeschlossen wurde • Ebene am Fuße der Kellerberge 3 2,0 ha • zumeist lockerer bis stellenweise dichterer Heidebestand, verstreut Einzelgehölze 4
Luftfeuchte). Dazu wehte ein mäßig starker Wind (2 bis 4 m/s) relativ stabil aus Ost bis Südost. Im Gebiet hatte es seit der Schneeschmelze kaum Niederschläge gege- ben, so dass sich eine sehr geringe Streufeuchte und ein geringer Wassergehalt der Biomasse eingestellt hatten. 3.2 Ablauf des Feuereinsatzes Der Feuereinsatz am 7.3.2012 wurde als vorgezogene Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen der Managementplanung vom Büro RANA durchge- führt und vom Autor geleitet. Zur Zündung wurde ein Diesel-Benzin-Gemisch (Verhältnis 3:1) mittels einer Abb. 2: Schematischer Ablauf des Feuereinsatzes auf Brennkanne (englisch: drip torch) linear und trop- der Maßnahmefläche 1 am 7.3.2012. fenweise appliziert. Die Sicherung des Feuers und die Brandnachsorge übernahm die Freiwillige Feuerwehr Gardelegen. Gegen 12.00 Uhr wurde ein kleinflächiger Brennver- sem Bereich war kein Sandstreifen, sondern nur ein ge- such auf dem gemähten Randstreifen der Maßnahme- mähter Streifen an der Flächenkante vorhanden, daher flächen gestartet. Es zeigte sich schnell, dass aufgrund mussten mehrfach Feuerpatschen und Wasser einge- des Feuerverhaltens und der geringen Rauchentwick- setzt werden, um eine ungewünschte Feuerausbreitung lung optimale Brennbedingungen vorlagen. Daraufhin in Windrichtung zu unterbinden (siehe Nr. 2 in Abb. 2). informierte die Einsatzleitung die Feuerwehrleitstelle Nachdem die „im Wind“ liegenden Kanten von brenn- und das Ordnungsamt über den bevorstehenden Feu- barer Biomasse weitgehend befreit und die Feuer erlo- ereinsatz. Nach Eintreffen der Feuerwehr gegen 13.00 schen waren, konnte mit der Zündung auf der eigentli- Uhr wurden die Kameradinnen und Kameraden ein- chen Maßnahmefläche begonnen werden. Dafür zogen gewiesen und den zu sichernden Bereichen zugeteilt. sich zunächst alle Kameradinnen und Kameraden aus Dabei standen Feuerpatschen, Wasserrucksäcke mit der Fläche an die Ränder zurück. Von der südöstlichen Pumpspritze sowie ein Löschfahrzeug vom Typ Tatra Ecke ausgehend wurde entlang der südlichen und süd- zur Verfügung. westlichen Kante eine Feuerlinie entzündet. Der Brand Zunächst wurde der nördlich und nordwestlich liegende bewegte sich als zwei bis drei Meter breite Front in Sicherungsstreifen zur Waldkante auf einer Breite von Windrichtung nach Westen rasch über die Fläche (siehe 10 bis 15 Meter portionsweise ausgebrannt, um hier ein Nr. 3 in Abb. 2 und Abb. 4). Übergreifen des Feuers auf die angrenzende Kiefern- Auf den Maßnahmeflächen 2 und 3 wurde in vergleich- dickung zu verhindern (siehe Nr. 1 in Abb. 2). Durch barer Weise vorgegangen. Gegen 16.30 Uhr waren die die geringe Streufeuchte und die Nadelstreuauflage in letzten Feuer erloschen. Noch vorhandene Glutnester der nördlich angrenzenden Kieferndickung bestand in Kantennähe wurden mit Wasser und Feuerpatschen hier die größte Gefahr der unkontrollierten Feueraus- abgelöscht. Die Brandleitstelle wurde über die gelösch- breitung. Der drei Meter breite Sandweg zwischen der ten Feuer und das Ende des Einsatzes informiert. Die Maßnahmefläche und der Kieferndickung war unter Nachsorge der Flächen erfolgte bis in die Abendstunden diesen Bedingungen als Ausbreitungshindernis nicht hinein. In der folgenden Nacht fielen Niederschläge im ausreichend. Aufgrund des hohen Holzanteils der über- Raum Gardelegen, so dass die brandtechnische Sicher- alterten Heide und der geringen Feuchte der Biomasse heit der Flächen gewährleistet war. kam es zu einer starken Hitzeentwicklung über der Flä- che, die mit dem Wind verdriftet wurde. Es bestand die Gefahr einer rein hitzeinduzierten Entzündung der Na- 4 Flächenentwicklung und Heide delgehölze. Dies wurde durch das Brennen in schmalen regeneration Streifen verhindert, vorsorglich stand hier zudem ein Löschfahrzeug bereit. Für die Regeneration der Heide ist neben der Brand- Zusätzlich zur „im Wind“ liegenden Grundlinie wurde wirkung die Witterung der folgenden Vegetationsperi- die nordwestliche Flanke in gleicher Weise behandelt, oden entscheidend (vgl. Klein 2008). Das Feuer wurde um auch hier die Sicherungslinie zu verbreitern. In die- überwiegend als Mitwindfeuer gezündet, wobei die 5
Abb. 3: Dichte Heidekraut-Heiden in fortgeschrittenem Altersstadium vor dem Feuereinsatz am 2.2.2012. (Fotos: S. Klein). Abb. 4: Zündung der Heideflächen entlang von Sandwegen nach Vorbereitung der Sicherungslinien am 7.3.2012. 6
Abb. 5: Zustand der Heideflächen nach dem Feuereinsatz am 16.3.2012 , typischerweise ergibt sich eine heterogene Biotopstruktur. Abb. 6: Erfolgreiche Regeneration der Heidekrautbestände im Jahr des Feuereinsatzes, Zustand am 14.8.2012. 7
Abb. 7: Phasen der Heideregeneration am Kellerberg im Verlauf des Jahres 2012. Links: 4. Mai 2012, Mitte: 7. Juni 2012, Rechts: 15. August 2012. Fotos: S. Klein. Feuerausbreitung mit dem Wind zu einem raschen Vo- und Mineralbodenkeimer ist. Neben den typischen ranschreiten der Feuerfront führte. Dadurch ergab sich licht- und wärmeliebenden (Pionier-)Arten der Flora eine relativ kurze Verweildauer des Brandes vor Ort und der Sandheiden profitieren von diesen Rohbodenstellen die Biomasse verbrannte in etwa fünf bis zehn Zentime- auch Offenland-Vertreter der Insekten, Reptilien und ter Höhe über dem Boden. Aus derartigen Brandverläu- Avifauna. fen resultieren nur geringe Temperaturerhöhungen in Die Regeneration der Heidekrautbestände erfolgte den obersten Bodenschichten, weshalb Mitwindfeuer rasch und gleichmäßig auf der gesamten Maßnahme- auch als „kühle Feuer“ bezeichnet werden (Riess 1976). fläche. Der Witterungsverlauf des Jahres 2012, mit ei- An den Flächenrändern wurde auch Gegenwindfeuer nem niederschlagsreichen und relativ kühlen Sommer, eingesetzt, um die notwendigen Sicherungsstreifen begünstigte die Heideregeneration. Bereits Anfang (Brandlastfreiheit auf ca. 10 Metern Breite) anzulegen. Mai war auf den dunkel gefärbten Brandflächen, das Gegenwindfeuer gelten als „heiße Feuer“, da durch den typische Grün der frischen Stockausschläge des Heide- bodennahen und langsamer voranschreitenden Brand- krautes sichtbar (Abb. 7). Mitte Juni waren die flächig verlauf zumeist höhere Temperaturen in den oberen Bo- austreibenden Stockausschläge des Heidekrautes schon denschichten auftreten. von weitem erkennbar, wobei die Trieblänge zwischen Aufgrund des hohen Holzanteils und der ausreichen- 5 und 10 Zentimetern lag. Mitte August war die De- den Trocknung der Biomasse in den überalterten Hei- ckungshoheit des Heidekrautes, wie sie im Ausgangs- debeständen auf den Maßnahmeflächen wurden durch zustand vorhanden war, wiederhergestellt, wenngleich die Strahlungswärme der Mitwindfeuer relativ hohe die absolute Deckung der Heide verständlicherweise Temperaturen in Bodennähe erzeugt. Dadurch konn- deutlich unter dem Grad des Ausgangszustandes lag. ten die Streu- und Moosdecken effektiv reduziert und Überwiegend war an den 10 bis 15 Zentimeter langen eine vielfache partielle Freilegung des Mineralbodens Trieben ein Blütenansatz ausgebildet, welcher etwa erreicht werden. Diese Stellen sind für die Keimung des Anfang September voll zur Blüte kam. Die nicht mit Heidekrauts bedeutend, da die Pflanzenart ein Licht- Feuer gepflegten Heiden im Gebiet blühten etwa 14 Tage 8
eher als die in Regeneration befindlichen Bestände der zieren. Entsprechend den aktuellen Flächenzuständen Brandflächen. Dieser Umstand ist sehr wahrscheinlich können notwendige Erhaltungsmaßnahmen zeitnah auf die höhere energetische Leistung der erfolgreich ver- und umsetzungsorientiert vorbereitet und bereits plan- jüngten Heidekraut-Heiden zurückzuführen. begleitend oder -folgend umgesetzt werden. Dadurch Neben der vegetativen Regeneration wurde auch die wären folgende Synergieeffekte zu erzielen: Keimung und Etablierung von Jungpflanzen festge- stellt. Bei kleinflächiger Nachsuche wurden mehrfach 1. Bestehende Kontakte aller wichtigen Beteiligten Jungpflanzen bzw. Triebe gesichtet, die aus dem Sa- (Planer, Behörden, Nutzer, Eigentümer) können di- menvorrat im Boden stammen müssen. Da hierzu keine rekt genutzt werden. entsprechenden Untersuchungen stattfanden, kann die 2. Die für eine Ausführungsplanung erforderlichen Frequenz der generativen Regeneration nicht quantifi- Orts- und Hintergrundkenntnisse sind aktuell vor- ziert werden. handen. 3. Planerische Vorgaben und flächenkonkrete Mög- lichkeiten können besser aufeinander abgestimmt 5 Fazit und harmonisiert werden. 4. Der jeweilige Managementplan kann durch die zeit- Der Feuereinsatz im FFH-Gebiet „Kellerberge nordöst- nahe Umsetzung administrative Präsenz zeigen und lich Gardelegen“ erfolgte um die periodisch notwendige vor Ort Akzeptanz erlangen. Verjüngung der Heidekrautbestände zu erzielen und somit einen günstigen Erhaltungszustand des FFH- Mit Blick auf den schlechten Biotopzustand der meisten Lebensraumtyps „Trockene europäische Heiden“ (LRT Heidekraut-Heiden (LRT 4030) in Sachsen-Anhalt, wie 4030) zu gewährleisten. Diesem Anspruch konnte die auch generell in Deutschland, ist festzustellen, dass in Maßnahme aus naturschutzfachlicher Sicht vollständig den kommenden Jahren dringend Erhaltungsmaßnah- gerecht werden. men in einem erheblichen Flächenumfang notwendig Für die anschließende Bewirtschaftung mit Schafen sein werden. Dies stellt sich auf den Flächen besonders waren keine negativen Auswirkungen festzustellen, dringend dar, wo die militärische Nutzung, welche hier so dass die Flächen im Rahmen der üblichen Hüte- maßgeblich zur Schaffung und zur Erhaltung der Hei- haltung beweidet werden konnten. Der Feuereinsatz den beitrug, vor 20 Jahren aufgegeben wurde. Die halb- stellt ein wichtiges ergänzendes Verfahren zur (Schaf-) natürliche Lebensgemeinschaft ist stark durch Sukzes- Beweidung dar und ist zudem durch seine gute Flä- sion und Wiederbewaldung bedroht und zwingend auf chenleistung in Bezug zum erforderlichen Mittel- und eine kontinuierliche Nutzung oder periodische Pflege Personaleinsatz sehr effektiv. Am Einsatztag konnten angewiesen. Das gilt insbesondere für die großflächi- ungefähr sechs Hektar von der überalterten Heide be- gen Heidevorkommen in der „Glücksburger Heide“, der freit werden, wobei keine zusätzlichen Maßnahmen und „Woltersdorfer Heide“ und im „Zeitzer Forst“, aber auch Mittel zur Entsorgung der Biomasse erforderlich waren. für die reliktartigen Bestände in der „Kühnauer Heide“ Insgesamt wird der kontrollierte Feuereinsatz als er- bzw. auch für wichtige Flächen außerhalb der Natura folgreiche Umsetzung der abgestimmten Erhaltungs- 2000-Kulisse, z. B. für die ehemaligen Übungsplätze maßnahmen des Managementplanes bewertet. Ange- Scheeren (Landkreis Stendal) sowie Körbelitz und Ma- sichts der Tatsache, dass das Kontrollierte Brennen in del (Landkreis Jerichower Land). Sachsen-Anhalt (noch) kein etabliertes Landschafts- Als Erhaltungsmaßnahmen sind vor allem Gehölz pflegeverfahren darstellt, erwies sich die planbeglei- entnahmen und die Verjüngung des Heidekrautes zu tende Umsetzung als ausgesprochen effektiv, da ohne- leisten. Die Gehölze sollten dabei möglichst einer ener- hin die Nutzer- und Eigentümergespräche für den Ma- getischen Verwertung (z. B. Hackschnitzel) zugeführt nagementplan stattfanden und so die Vorbereitungen und keinesfalls auf den Flächen verbrannt werden. Das und Abstimmungen der Pflegemaßnahmen parallel Kontrollierte Brennen stellt eine gut geeignete Maß- erfolgen konnten. Außerdem wurden im Rahmen der nahme dar, die Verjüngung des Heidekrautes auf gro- Sitzungen der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe viele ßen Flächen effektiv zu realisieren. Angesichts der ak- Abstimmungen und Erläuterungen gebündelt und in tuellen Gehölzdeckung und Altersstruktur der meisten konstruktiver Atmosphäre durchgeführt. Heidekraut-Heiden ist ein baldiger Umsetzungsbeginn Es ist zu empfehlen, eine derartige Vorgehensweise der erforderlichen Maßnahmen für deren Erhaltung grundsätzlich anzustreben und regelmäßig zu prakti- entscheidend. 9
Danksagung Lütkepohl, M. & A. Stubbe (1997): Feuergeschichte in nordwestdeutschen Calluna-Heiden unter besonderer Be- rücksichtigung des Naturschutzgebiets Lüneburger Heide. Die Aufgeschlossenheit der Stadt Gardelegen als – NNA-Berichte 10 (5): 105–114. Flächeneigentümer und zuständige Behörde auf der ört- RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank lichen Planungsebene und das besondere Engagement Meyer (2006): Kartierung und Bewertung der Biotope bei der Umsetzung des Managementplanes erwiesen und Lebensraumtypen nach Anhang I der RL 92/43/EWG sich als besonders günstige Rahmenbedingungen. Da- (FFH-Richtlinie) im SCI Nr. 80 „Kellerberge nordöstlich Gardelegen“ (Altmarkkreis Salzwedel). – Landesamt für für sei besonders Herrn Benecke vom Bauamt Gardele- Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). – Halle. – gen gedankt. Großer Dank gilt den Kameradinnen und Unveröff. Gutachten. Kameraden und der Freiwilligen Feuerwehr Gardelegen RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank für die konstruktive Unterstützung und Brandsiche- Meyer (2012): Managementplan für das FFH-Gebiet „Kel- rung. Die Zusammenarbeit mit der Unteren Natur- lerberge nordöstlich Gardelegen“. – Landesamt für Umwelt- schutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). – Halle. – Unveröff. schutzbehörde des Altmarkkreises Salzwedel und mit Gutachten. dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt war Riess, W. (1976): Der Feuereinsatz und seine Technik in der hilfreich und angenehm, wofür hier herzlich gedankt Landschaftspflege. – Natur und Landschaft 51: 284–287. sei. Besonderer Dank gilt Herrn Frank Meyer für die kritische Durchsicht des Manuskriptes und die zahl- reichen Anregungen. Anschrift des Autors Literatur Dipl.-Ing. (FH) Stefan Klein RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank Klein, S. (2008): Untersuchungen zur Regeneration einer kon- tinentalen Zwergstrauchheide (LRT 4030) durch Einsatz Meyer von kontrolliertem Feuer. – Hochschule Anhalt (FH) Bern- Mühlweg 39 · 06114 Halle burg. – Dipl.-arb: 112 S. E-Mail: stefanklein.kontakt@gmail.com 10
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 51. Jahrgang • 2014: 11–21 Empfehlungen für die Anlage von Auengehölzen an der Elbe Andreas Regner 1 Einleitung ab (vgl. Zuppke & Elz 2008: 83). Im Jahr 1555 ließ der Kurfürst aus der „Großen Straube“ Holz für den Bau der Man nehme einen etwa 20 Zentimeter langen Weiden- Kirche in Seegrehna anfahren. Als letzter Zeuge dieser steckling, stecke ihn in den Auenboden und innerhalb Wälder fiel 1928 die „Große Eiche“ einem Sturm zum kürzester Zeit gedeiht dort eine Weide. So lautet zumin- Opfer (vgl. Kühne 1993). Sie hatte einen Umfang der dest die Theorie. Tatsächlich funktioniert das aber nur Baumscheibe von 13,5 Metern, was einem Durchmesser im heimischen Garten, wo bedrängende Wildkräuter von 4,3 Metern entspricht. Noch in einem Meter über rechtzeitig entfernt werden und bei Bedarf die Gieß- dem Boden betrug der Umfang neun Meter und ent- kanne zum Einsatz kommen kann. In der Aue gelten sprechend der Durchmesser 2,87 Meter. andere Gesetze: sehr viel Wasser und Überflutung oder Heute gehört das Gebiet zum Biosphärenreservat „Mit- Trockenheit und knochenharter Boden. Hinzu tritt die telelbe“, ist Teil des FFH-Gebietes „Elbaue zwischen Konkurrenz einer stark in die Höhe wachsenden Kraut- Griebow und Prettin (FFH0073LSA), liegt im Land- schicht. Das schränkt die natürliche vegetative Verjün- schaftsschutzgebiet (LSG) und grenzt im westlichen gung von Weichholzauenarten ein, ohne sie gänzlich Bereich an das NSG „Crassensee“ an. zu verhindern. Natürliche vegetative Verjüngung der Weiden in der Aue spielt durchaus eine große Rolle, aber bei der künstlichen Anlage von Gehölzen oder der Be- 2 Von welchen Faktoren ist die erfolg gründung von Wald soll der Erfolg sicher sein. reiche Anlage von Weich- und Hartholz Seit Jahren dient die Elbeaue als Ausführungsraum aue abhängig? für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von Baupro- jekten. Kein Wunder, freie Flächen außerhalb des 2.1 Die richtige Weidenart Überschwemmungsgebietes sind für Ausgleichs- und Die Sohle der Elbe liegt als Folge der Sohlerosion des Ersatzmaßnahmen kaum noch zu finden. Naturschutz- Flusses in manchen Bereichen ein bis zwei Meter tie- projekte, die speziell der ökologischen Verbesserung der fer als noch vor hundert Jahren. Gleichzeitig können vorhandenen Auen gewidmet sind (Abb. 1), werden sich vor allem an den Gleithängen meterdicke Auf- ebenfalls durchgeführt (vgl. Eichhorn & Puhlmann landungen am Flusslauf abgelagert haben. Besonders 1999, Puhlmann & Eichhorn 2002). Bei diesen Maß- für Bäume und Sträucher hat sich die Erreichbarkeit nahmen nimmt die Pflanzung von Weich- und Hart- von Wasser durch den Höhenunterschied zwischen holzauengehölzen eine vorrangige Stellung ein. heutiger Elbesohle und der tatsächlichen Gelände- Das Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden entwickelte höhe gravierend verschlechtert. Ehemalige Standorte gemeinsam mit der Biosphärenreservatsverwaltung der Mandel-Weide (Salix triandra) sind heute in den Mittelelbe ab 2008 ein Projekt zur Begründung von meisten Fällen schon Standorte der Korb-Weide (Salix Auenwald an der Elbe linkselbisch bei Lutherstadt Wit- viminalis). Lediglich noch nicht verlandete tiefe Kolke tenberg (vgl. König 2014). Hier erstreckt sich als weite, und Flutrinnen, die die meiste Zeit des Jahres Wasser waldfreie Aue die „Große Straube“. führen, bieten der Mandel-Weide noch ausreichend Das Gebiet war noch im 16. Jahrhundert bewaldet und feuchte Wuchsräume. lieferte „gutes eichenes Bauholz“ und der Wittenber- Pflanzstandorte, die man heute ohne genauere Un- ger Kurfürst hielt dort beste Hirsch- und Eberjagden tersuchungen der Korb-Weide zuordnen würde, sind 11
Abb. 1: Auenwaldbegründung / Aufforstungsfläche in der Kliekener Aue (EU-LIFE Projekt 1998–2001). Foto: A. Regner. hinsichtlich der vorhandenen Feuchtigkeit eher für Wasserbedarf, der nur durch eine direkte Wurzelver- die Strauchart Purpur-Weide (Salix purpurea) geeig- bindung zu den Wasser führenden Schichten möglich net. Diese benötigt von den drei Weidensträuchern ist. am wenigsten Feuchtigkeit. Natürlicherweise siedelt Auch die Hartholzaue könnte bereits von den sich ver- aber die Purpur-Weide hauptsächlich am Muldeufer, ändernden Wasserverhältnissen betroffen sein, wenn- wo eher kiesige Bodensubstrate vorherrschen, die nur gleich hier die Wasserspeicherung im Auenlehm und wenig Wasser speichern können. Das heißt allerdings der kapillare Wasseraufstieg, wenn die Unterkante des nicht, dass eine Purpur-Weide bei länger anhaltender Auenlehms nicht vom Grundwasserspiegel abreißt, Feuchtigkeit abstirbt. Deutlich empfindlicher sind da wirksam werden (vgl. Abb. 3). Störungen des Wasser- Mandel- und Korb-Weide, die bei unzureichender Was- haushalts verursachen bei Baumarten wie Flatter-Ulme, serversorgung früher oder später eingehen (vgl. Abb. 2). Gemeiner Esche und Stiel-Eiche Stresssituationen. Das Auch Silber- und Fahl-Weide (Salix alba und Salix x macht sie gegenüber Krankheitserregern sehr anfällig rubens) würden ebenso reagieren, wenn man sie an zu (vgl. Reichhoff 1992). Besonders Alteichen scheinen hoch gelegenen Standorten pflanzt (vgl. Jäger 2004). die veränderten Grundwasserverhältnisse nicht tolerie- Ob es einer Baumweide gelingt, ihr Wurzelwachstum ren zu können. durch die eventuell vorhandenen Auflandungen bis in Abbildung 3 stellt die Bindung der verschiedenen stand- die feuchte Schicht des Bodens voranzutreiben, ist aller- örtlichen Ausbildungen des Hartholzauenwaldes an die dings stark zu bezweifeln. Zunächst wird sie sich zwar holozänen Auenterrassen dar. entwickeln, doch mit dem Wachstum steigt auch ihr 12
KW = Korbweide (Salix viminals) PW = Purpurweide (Salix purpurea) E/Ei/U = Esche/Eiche/Ulme (Quercus/Fraxinus excelsior/Ulmus) BW = Baum- und Mandelweide (Salix rubens) Höhe 6,0 KW PW KW PW E/Ei/U 5,0 4,0 Deich 3,0 2,0 Vor Deich- und Buhnenbau 1,0 Flusslauf 0 -1,0 -2,0 -3,0 BW KW BW KW PW E/Ei/U Vor rund 200 Jahren brauchte die Mandelweide nur ca. 0,4m tief -4,0 wurzeln. Heute bei einer Auflandung von nur 0,5 m und einer Sohlerosion von 1,0 m bereits 1,90 m. Das Gleiche Tiefe gilt auch für alle anderen Gehölze in der Überschwemmungsaue. in Meter Abb. 2: Wasserverfügbarkeit für Gehölze in der Elbeaue. Zeichnung: A. Regner. 2.2 Die standörtliche Ansprache der Pflanzfläche (4) Weichholzaue (3) Im flussnahen Bereich ist die standörtliche Differen- obere Auentrasse (2.3) zierung nach Weich- und Hartholzaue wichtig. An der (2.2) mittlere Auentrasse (2.1) Elbe mit ihren ausgedehnten sommerlichen Niedrig- (1) untere Auentrasse MW wasserperioden beschränkt sich die Weichholzaue auf einen schmalen Streifen entlang des Flusses. Hier sind die Böden deutlich von sandigen Schichtungen geprägt. Oft sind als Uferwälle Rehnen ausgebildet. Die Hartholz aue tritt auf mächtigen Auenlehmablagerungen nahe an Eichen-Ulmen-Hartholzauenwald (Querco-Ulmetum minoris Issler 1914) den Fluss heran (vgl. Henrichfreise 2008). Auf der Grundlage der Standortansprache sind detail- Subassoziationen Varianten Nummer Rohrglanzgras-Subassoziation lierte Pflanzpläne zu erstellen, höhere und niedrigere (phalaridetosum) (1) Bereiche sollen im Pflanzplan farblich gekennzeichnet Typische Subassoziation sein. Die Baum- und Straucharten sind standortgerecht (typicum) Springkraut-Variante (2.1) zu platzieren und die Form der Pflanzfläche ist auf den Typische Variante (2.2) Pflanzplan zu übertragen. Flattergras-Variante (2.3) Hainbuchen-Subassoziation (carpinetosum) (3) 2.3 Das richtige Pflanzmaterial Linden-Subassoziation Für die Anlage von Weichholzauenwald ist es zu em (tilietosum) (4) pfehlen, einjährig vorbewurzelte Steckhölzer zu ver- wenden. Die Anzucht ist unproblematisch. In einem Abb. 3: Standörtlich-vegetationskundliche Gliederung quadratischen Quartier mit einer Fläche von 25 Qua der Hartholzauenwälder an der mittleren Elbe (nach dratmetern können innerhalb eines Jahres etwa zwei- Warthemann & Reichhoff 2008). tausend pflanzfähige Weiden herangezogen werden. 13
ist dann die Ursache von größeren Ausfällen auf der Fläche. Zu Ausfällen kann es jedoch auch kommen, wenn das Frühjahrshochwasser unmittelbar nach der Pflanzung einsetzt. Dann haben sich die Wurzeln noch nicht im Boden verankert und es ist nicht auszuschließen, dass die Pflanzen einfach fortgespült werden. 2.5 Der richtige Pflanzenschutz Der Pflanzenschutz in der Aue ist die wohl größte Herausforderung. Die klassische Methode der großen Zäunungen, die durch die Forstverwaltung ausgeführt wurde, ist auf Flächen, die mehr oder weniger regel- mäßig überflutet werden, wo Eisschollen schwimmen Abb. 4: Korb-Weiden nach einjähriger Stecklingsan- und sich in Senken Eisdecken bilden, äußerst proble- zucht. Foto: A. Regner. matisch. Erschwerend kommt das Schwemmgut hinzu, das sich in den Zäunen sammelt (Verklausung) und ent- fernt werden muss. Bleibt der Zaun dicht, stellt er für die Pflanze aber trotzdem den besten und effektivsten Eine Korb-Weide erreicht in diesem Zeitraum eine Schutz dar. Auch der Aufwand der Unterhaltung hält Höhe von 1,0 bis 1,5 Meter (Abb. 4) und braucht in der sich dann in Grenzen. wüchsigen Aue kaum noch mit der Krautschicht um Allerdings wird diese Methode in der Regel nur auf Licht zu kämpfen. Mit Hilfe des vorhandenen Wurzel- Flächen genehmigt, die über genügend Raum zwischen systems treibt die Pflanze besser und schneller aus, die Elbe und Hauptdeich verfügen. Der Abfluss bei Hoch- Hauptwurzeln wachsen der schwindenden Feuchtigkeit wasser muss gewährleistet sein. Folglich werden andere im Boden hinterher. Ein Steckling müsste zunächst ein- Methoden gegen Verbiss von Rehwild und Biber ange- mal Wurzeln bilden. wandt. So versucht man, die Pflanzen durch Einzel- schutz mit Hilfe von Drahthose und Befestigungsstab 2.4 Die richtige Pflanzzeit zu sichern, was sehr aufwändig ist und sich in den tiefer Grundsätzlich sollte die Pflanzung im Herbst erfolgen. liegenden Regionen der Aue nicht bewährt hat (Abb. 5). Das gilt für Weichholzaue ebenso wie für Hartholzaue. Steigt das Wasser der Elbe in der Winterzeit, füllen Es ist zu bedenken, dass nach einem Frühjahrshoch- sich diese Bereiche. Bei entsprechenden Frostlagen wasser die Flächen nicht sofort betret- bzw. bepflanzbar entwickelt sich Eis, das hartnäckig und über einen län- sind. Diese Verzögerung der Pflanzung nutzt aber die geren Zeitraum am Ort verbleibt. Das unter dem Eis auf der Pflanzfläche vorhandene Vegetation, um empor- verbliebene Wasser strömt nun aber entsprechend dem zuschießen und kann schon bevor die Pflanzen selbst Wasserstand des Flusses in die Elbe zurück. So entste- Fuß gefasst haben und der Höhenzuwachs beginnt eine hen unter dem Eis Hohlräume. Das Eis sackt mit der Höhe von 0,5 bis 1,5 Meter erreicht haben. Sie wird dann Drahthose nach unten und bricht in der Regel auch die zu einem echten Konkurrent in Bezug auf Wasser- und Weide ab. Unter solchen Eisdecken sterben die Jung- Lichtangebot. pflanzen oft ab. Während der Herbstpflanzung befindet sich die Ge- Bei Pflanzungen von Weiden in der Aue sind die Größe hölzpflanze in der Ruhephase. Im Winter verdichtet der Fläche sowie der zu erwartende Wildverbiss in die sich der Boden der Pflanzstelle. Ein eventuelles Aus- Überlegungen einzubeziehen. Bei der Anlage von klei- trocknen durch Hohlräume im Wurzelbereich wird neren Weidenbiotopen (bis 500 Pflanzen) haben sich dadurch ausgeschlossen. Ein mittleres Frühjahrshoch- Einzelquartiere in einer Größe von fünf mal fünf Me- wasser hinterlässt dann in der Regel auch keine nen- tern bewährt. Ab einer Anzahl von 1.000 Pflanzen sollte nenswerten Schäden. Bei Pflanzungen im Frühjahr, man gänzlich auf einen Schutz verzichten. Dabei gilt als zumal bei Verzögerung durch Hochwasser, verringern grobe Regel: Es muss mehr Holz zuwachsen als verbis- sich die Anwuchschancen der Gehölzpflanzen. Die sen wird. Das bedeutet, dass nicht nach dem klassischen schnelle Austrocknung des Oberbodens in Kombina- Pflanzschema, z. B. einem Pflanzenabstand von zwei tion mit eventuellen Hohlräumen am Wurzelsystem mal zwei Metern, vorgegangen werden kann, sondern 14
Abb. 5: Weidenpflanze mit Drahthose. Foto: A. Regner. Abb. 6: Die Elbeaue ist Lebensraum des Bibers (Castor fiber). Foto: A. Regner. das Doppelte bis Dreifache an Pflanzenmaterial auf die rechnen, dass genau dort der Biber dieses neue Nah- gleiche Fläche gepflanzt werden muss. Es kommen dann rungsangebot auch nutzen wird (Abb. 6 und 7). zwar viele Pflanzen in den Boden, die Methode erspart Ein Hartholzauengehölz oder -wald im Lebensraum des aber jegliche Schutzaufwendungen inklusive des Rück- Bibers zu entwickeln ist immer damit verbunden, dass baus und zahlreicher nachfolgender Pflegeeinheiten. es Abgänge von Bäumen durch Verbiss geben wird. Der Bei Hochwasserereignissen können sich die Strauch- Biber bevorzugt geradezu junge Eichen als Nahrung. weiden entsprechend der Fließrichtung nach unten ver- Auch diesem Aspekt muss bei forstlichen Planungen biegen (vgl. Jährling 2003). Eine Drahthose schränkt Rechnung getragen werden, denn der Wald hat hier die Beweglichkeit einer jungen Weidenpflanze ein, die auch eine komplexe Bedeutung für den Naturschutz. dadurch Gefahr läuft, bei hoher Fließgeschwindigkeit Erfolg und Nachhaltigkeit der Maßnahme sind von ver- fortgespült zu werden. schiedenen Faktoren abhängig. Besonders zweckmäßig In der Hartholzaue ist es ratsam, auch mit kleineren ist, dass, wenn möglich, in der Nähe jeder Hartholzau- Quartieren zu operieren. Diese müssen entsprechend enfläche ein entsprechender Weichholzauenbestand den örtlichen Gegebenheiten angepasst sein. Hierbei existiert, welcher dann auch später als „Ablenkfütte- spielen die Fließrichtung und -geschwindigkeit sowie rung“ fungiert (Abb. 7). Weichhölzer stellen die Haupt- die Form des Quartiers und die Existenz von Flutrin- nahrung des Bibers dar und treiben, wenn genug Wur- nen eine entscheidende Rolle. So sollten Pflanzquartiere zelmasse vorhanden ist, im Gegensatz zu Harthölzern einschließlich der Pflanzreihen immer parallel zur Elbe auch nach einem Kahlfraß wieder neu aus. Die Fläche und an den Flutrinnen ausgerichtet werden. Zu beach- des Weichholzauenbestandes sollte möglichst annä- ten ist dabei, lange gerade Flügelseiten der Zäunung hernd so groß sein wie die der Hartholzaue. gegen die Fließrichtung zu vermeiden und stattdessen Bevor die Zäunungen entfernt werden, muss auf der Flä- Gassen einzurichten, Zäunungen in Strömungsrich- che ein Einzelschutz der für einen Auenwald benötigten tung anzuwinkeln bzw. gegen die Fließrichtung mit Arten in ausreichendem Umfang installiert worden sein dem Doppelten der Zaunsteiler und entsprechenden (Abb. 8). Bei einer gut entwickelten Weichholzaue wird Stützen zu versehen. sich der Fraßdruck seitens des Bibers in Grenzen halten. Sollte er allerdings trotzdem einmal den Wunsch nach 2.6 Nachhaltiger Schutz vor dem Biber oder harter Nahrung verspüren, geht er dabei nicht etwa Schutz des Bibers? selektiv vor, sondern betreibt Flächenfraß, wodurch Ist die Zäunung wieder abgebaut, sind die Pflanzen dem großräumige Fehlstellen entstehen. Verbleibt dann auf Biber schutzlos ausgesetzt. Gerade dort, wo noch wenig diesen Flächen zehn Jahre später noch alle fünf bis zehn natürlicher Bewuchs vorhanden ist, werden in der Regel Meter ein Baum oder Strauch, ist dies bereits als Erfolg Pflanzmaßnahmen durchgeführt und es ist damit zu zu werten. 15
Abb. 7: Biberfraß an Eichen bei fehlendem Schutz und Abb. 8: Einzelschutz direkt am Katschbach in der Klie- fehlender „Ablenkfütterung“. Foto: A. Regner. kener Aue. Foto: A. Regner. 3 Praktische Umsetzung der 3.2 Aktuelle Situation im Gebiet Empfehlungen Die linksseitige Elbeaue zwischen der Elbebrücke Wittenberg und dem Naturschutzgebiet „Crassensee“ 3.1 Hintergrund einschließlich der sogenannten „Große Straube“, weist In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt keine Waldstrukturen der Hart-und Weichholzaue hat die Bundesregierung beschlossen, bis zum Jahr mehr auf und ist auch insgesamt relativ strukturarm 2020 die Fließgewässer und ihre Auen in ihrer Funk- (Abb. 9). Die einzigen „größeren“ Waldflächen befin- tion als Lebensraum so weit zu sichern, dass eine für den sich im Bereich Crassensee und flussaufwärts hinter Deutschland naturraumtypische Vielfalt gewährleistet der Elbebrücke, in der „Probstei“. Dazwischen befin- ist. Dabei müssen notwendige Unterhaltungsmaßnah- den sich rund 1.300 Hektar Auengrünland mit zum Teil men an den bestehenden Wasserregulierungsbauwer- intensiver Nutzung durch Milchvieh- und Schafbewei- ken mit der Erhaltung des wertvollen Naturraumes in dung. Die Auswirkungen zeigen sich dementsprechend Einklang stehen. auch am Zustand der wenigen verbliebenen Weichholz- Aus der EG-Wasserrahmenrichtlinie und der Natio- relikte: Strauchweiden sind durch Verbiss degradiert, nalen Strategie zur biologischen Vielfalt leitet sich für Baumgehölze durch Schälung eingegangen und umge- die Wasser-und Schifffahrtsverwaltung ein ökologisch brochen, Neuausschläge von Weiden bodeneben kurz motivierter Handlungsauftrag ab. Unter diesem Vor- gehalten. zeichen müssen insbesondere Möglichkeiten zur öko- Die Auenlandschaft der Mittelelbe weist trotz teils in- logischen Verbesserung der Elbe und ihrer Flussufer tensivem menschlichen Einfluss in vielen Bereichen gefunden und umgesetzt werden. noch artenreiche Lebensräume auf. Eine wichtige Auf- gabe des Naturschutzes ist es, in den ausgeräumten Be- reichen der Aue wertvolle Lebensraumstrukturen und 16
Abb. 9: Elbeabschnitt zwischen Crassensee und Elbebrücke Wittenberg mit „Großer Straube“. Quelle: RGB-Luft- bild 2012, Geobasisdaten © LVermGeo LSA | www.lvermgeo.sachsen-anhalt.de | 10008. damit einen funktionsfähigen Biotopverbund entlang meine Eschen. Durch Pflanzung dieser 9.611 Stecklinge der Elbe zu schaffen. Auenwald ist ein bestimmendes wurden bis jetzt etwa zwei Drittel des vorgesehenen Element des Biosphärenreservates „Mittelelbe“ und Pflanzprogramms realisiert. Die Gehölzbegründungen seine Entwicklung ein zentrales Schutzziel. Die Wie- werden fortgesetzt. derbegründung von Auenwaldstrukturen ist Verpflich- tung, insbesondere vor dem Hintergrund des Klima- 3.4 Beschreibung des Vorhabens an Beispielen wandels. Diese Maßnahme zur Wiederherstellung von auen- waldähnlichen Strukturen an einem ausgeräumten 3.3 Pflanzprogramm Uferbereich der Elbe wurde als Kompensation anste- Seit 2012 wurden uferbegleitende Pflanzungen linkssei- hender Unterhaltungsmaßnahmen an wasserbaulichen tig der Elbe zwischen Elbe-Kilometer 218,0 und 226,4 Regeleinrichtungen wie Deck- und Leitwerken sowie im Rahmen eines Pflanzprogrammes ausgeführt. Da- Buhnen durchgeführt und weist den Charakter eines bei wurden 9 Quartiere mit je 25 m2, 22 Quartiere mit Pilotprojektes auf. Eine Voraussetzung war das beste- je 200 m2, 8 Quartiere mit je 400 m2 und 4 Quartiere hende Eigentum an den benötigten Flächen seitens des mit je 600 m 2 Grundfläche angelegt. Insgesamt wur- Wasser- und Schifffahrtsamtes. Da die Flächen an ver- den bisher 232 Fahl-, 213 Silber-, 5.370 Korb-, 2.080 schiedene landwirtschaftliche Unternehmen verpachtet Purpur- und 1.040 Mandel-Weiden gepflanzt. Hinzu waren, mussten sie aus den bestehenden Pachtverträgen kamen 286 Stiel-Eichen, 182 Flatter-Ulmen und 208 Ge- herausgelöst werden. 17
Abb. 10: Zustand eines Pflanzquartieres des Pilotprojektes im Sommer 2014. Foto: A. Regner. Des Weiteren durfte es als Folge von Bepflanzungen Bei den im Jahr 2001 abgeschlossenen Pflanzungen im nicht zur nachteiligen Einengung des Hochwasser- Rahmen des EU-LIFE Projektes in Klieken konnte man abflussprofiles der Elbe und der damit verbundenen während des Hochwassers 2002 erste Erfahrungen sam- Verringerung des Abflusses kommen. Es wurde ge- meln. Damals wurden ganze Zaunstrecken von über plant, Pflanzquartiere mit unterschiedlichen Größen 50 Meter Länge mit Zaunsteilen und Wildschutzzaun zwischen 25 und 800 Quadratmetern in unmittelbarer komplett weggespült, obwohl sich die Pflanzbereiche Nähe der Elbe anzulegen. Gleichzeitig soll dadurch noch nicht einmal im absoluten Prallbereich bzw. der der Schifffahrt eine zusätzliche Orientierungshilfe bei Strömung der Elbe befanden und zusätzlich Wald vor- Hochwasser gegeben werden. Dabei war zu beachten, gelagert war. dass die Sicht auf vorhandene Schifffahrtszeichen und Die Flächen der hier vorgestellten Maßnahme liegen die Erreichbarkeit der vorhandenen Buhnen auf dem zum großen Teil im Bereich des Prallhanges und es Landweg gewährleistet bleiben. Nachdem die Bundes- ist so gut wie keine Baum- und Strauchvegetation als anstalt für Wasserbau geprüft hatte, dass die geplanten Schutz vorhanden. Bepflanzungen sich nicht negativ auf das Abflussverhal- Bei allen drei Pflanzplänen (Abb. 11 bis 13) sind die ten des Flusses auswirken und die einzelnen Standorte Weiden die Hauptarten. Diese haben die Aufgabe, nach der Quartiere festgelegt und eingemessen sowie Pacht- Rückbau der Zäunungen als Ablenkfütterung für Reh- verträge geklärt waren, wurde mit der praktischen Um- wild und Biber zu fungieren und sollen gleichzeitig ein setzung begonnen. Im Herbst 2012 wurden die ersten zusätzlicher Anströmschutz für die mittig gepflanzten Pflanzquartiere fertiggestellt. Stiel-Eichen, Flatter-Ulmen und Gemeinen Eschen bei Bei dieser Pilotmaßnahme wurden rund 2.000 Korb-, Hochwasser sein. 700 Purpur-, 360 Mandel- und 160 Baumweiden sowie Außerdem sollte das nicht ausgewogene Geschlechter- 80 Stiel-Eichen, 60 Flatter-Ulmen, 30 Schwarz-Pappeln verhältnis der verschiedenen Weidenarten zu Gunsten und 80 Gemeine Eschen gepflanzt (Abb. 10). der weiblichen Pflanzen verbessert werden, um die na- In Abhängigkeit von der Flächenverfügbarkeit und den türliche Vermehrung zu fördern. standörtlichen Verhältnissen kamen drei verschiedene Das Hochwasser 2013 stellte dann schon ein Jahr nach Pflanzpläne zur Anwendung (Abb. 11 bis 13). der Pflanzung für „Fort Knox“ eine riesige Bewäh- Der gewählte Name „Fort Knox“ spielt im übertragenen rungsprobe dar. Es standen zwar einige Holzsteiler Sinn auf die Sicherheit und Stabilität der verwendeten nicht mehr gerade, aber es waren noch alle Quartiere Zäunungen an. Es wurde hier mindestens das Dop- an Ort und Stelle vorhanden (Abb. 15). pelte an Zaunsteilern und Stützen verbaut wie bei einer Die gepflanzten Weiden verkrafteten die Überstauung normalen forstlichen Pflanzung außerhalb des Über- während der Vegetationsperiode mit rund 85 bis 90 Pro- schwemmungsgebietes (Abb. 14). zent Weiterwuchs sehr gut. Bei den Hartholzbaumarten 18
Abb. 11: Pflanzplan „Fort Knox“ 1: Form und Fläche der Pflanzplanung, Flächengröße 25 m², reines Weiden- quartier. Zeichnung: A. Regner. Abb. 12: Pflanzplan „Fort Knox“ 2: Form und Fläche der Pflanzplanung, Flächengröße mind. 200 m², Weide mit geringem Anteil an Hartholzbaumarten in niedrig gelegenen Bereichen. Zeichnung: A. Regner. 19
Abb. 13: Pflanzplan „Fort Knox“ 3: Form und Fläche der Pflanzplanung, Flächengröße mind. 200 m², Weide mit hohem Anteil an Hartholzbaumarten in höher gelegenen Bereichen. Zeichnung: A. Regner. war das Verhältnis ungünstiger. Mit einer Pflanzgröße weiteren Verlusten bei den verschiedenen Baumarten. zwischen einem und zwei Metern boten sie natürlich Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass sich die Zäu- der Strömung Angriffsmöglichkeiten, wodurch viele nungen „Fort Knox“ bewährt und sogar die Herausfor- Bäume dann einfach abbrachen. Durch Überstauung derungen des überdurchschnittlichen Sommerhoch- und dem damit verbundenen Sauerstoffdefizit kam es zu wassers 2013 mit geringen Schäden überstanden haben. Abb. 14: Kleines Pflanzquartier in den Ausmaßen von fünf mal fünf Metern. Foto: A. Regner. 20
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