Herrenberg klimaneutral 2040 - Positionspapier der Projektgruppe Klimafahrplan des SJR Herrenberg
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Jugendbeteiligung zum Klimafahrplan Der Klimawandel und Maßnahmen zu einer klimagerechten Transformation unserer Gesellschaft werden uns als Jugendliche noch eine lange Zeit betreffen. Daher setzen wir uns seit einiger Zeit in verschiedenen Gruppen für unsere Zukunft ein - nun auch als Projektgruppe zum Klimafahr- plan. Folgende Timeline zeigt, aus welchen Stationen die Jugendbeteiligung zum Klimafahrplan bisher aufgebaut war. Wir haben an zahlreichen Workshops teilgenommen und uns regelmäßig in der Projektgruppe über aktuelle Rechercheergebnisse ausgetauscht und Lösungsansätze dis- kutiert. Nicht gelistet sind Zeiten, zu welchen wir selbstständig recherchiert haben und mit ver- schiedenen Expert:innen sowie der Stadtverwaltung im Austausch waren. Jugenddelegation Verschiedene Projektgruppen zum Thema Klimaschutz Fridays for Future Herrenberg Projektgruppe (PG) Kostenloser ÖPNV 24. September 2020 1. Klimabeirat 25. September 2020 Fridays for Future Kundgebung auf dem Marktplatz Oktober 2020 Vorbereitung des Jugendworkshops mit Jugendlichen der Jugenddelegation 06. November 2020 Workshop zum Klimafahrplan für Jugendliche 13. November 2020 Treffen PG Kostenloser ÖPNV 23. November 2020 1. Treffen PG Klimafahrplan 09. Dezember 2020 Teilnahme am Workshop Klimaanpassung 10. Dezember 2020 2. Klimabeirat 11. Dezember 2020 2. Treffen PG Klimafahrplan 15. Januar 2021 Austauschtreffen mit B.A.U.M. & Stadtverwaltung 20. Januar 2021 Teilnahme Runder Tisch Radverkehr 22. Januar 2021 3. Treffen PG Klimafahrplan 28. Januar 2021 Teilnahme an der 1. Herrenberger Klimawerkstatt 29. Januar 2021 4. Treffen PG Klimafahrplan 05. Februar 2021 5. Treffen PG Klimafahrplan 11. Februar 2021 Teilnahme an der 2. Herrenberger Klimawerkstatt 12. Februar 2021 6. Treffen PG Klimafahrplan 27. Februar 2021 7. Treffen PG Klimafahrplan 04. März 2021 3. Klimabeirat - Vorstellung des Positionspapiers
Inhalt Vorwort 4 Herrenberg: Modell- und Mitmachstadt 4 Klimaneutralität 2040 4 Energie der Zukunft 6 Stromsektor 6 Vorbild Sonnendächer 6 PV-Pflicht für Neubauten 7 Projekt: Solarzellen bei Freizeitanlage 7 Windkraft 7 Wärmesektor 8 Potentiale der Solarthermie nutzen 8 Niedertemperaturnetze auf Quartiersebene 8 Bauen und Sanieren 10 Flächenversiegelung 10 Ökologische Baustoffe 10 Projekt: Beratungsstruktur etablieren 11 Klimafreundlich mobil unterwegs 12 E-Ladeinfrastruktur 12 Sharing-Dienste 12 Vermeidung Individualverkehr 13 Öffentlicher Personennahverkehr 13 Radverkehr 14 Ruhender Verkehr 15 Klimafolgenanpassung 17 Potentialflächen identifizieren 17 Gebiete mit mittlerer/hoher Hitzebelastung 17 Überflutungsflächen bei Extremniederschlägen 18 Stadtklimatisch relevante Grün-Freiräume 18 Projekt: Trinkbrunnen 18 Städtische Verwaltung 19 Fazit 20 Auf einen Blick 21 Quellen 23 25 Impressum
Herrenberg klimaneutral 2040 Vorwort Wir, Mitglieder der Jugenddelegation und der Ortsgruppe Fridays for Future sowie weitere Jugendliche, freuen uns, dass die Stadt Herrenberg sich entschlossen hat, mit dem Klima- fahrplan einen mutigen und transparenten Weg beim Klimaschutz einzuschlagen. Als junge Menschen betrifft uns das Thema Klima in besonderer Weise. Neben konkreten Projekt- ideen und Themen wie ÖPNV und Radverkehr, die wir aus Jugendperspektive beleuchtet haben, setzen wir uns daher auch intensiv mit Maßnahmen zur Klimaneutralität in all ihren Facetten auseinander. Mit diesem Positionspapier möchten wir uns an der Debatte um unsere Zukunft beteiligen. Es ist das Ergebnis des Jugendbeteiligungsprozesses zum Klimafahrplan und gleichzeitig eine Einladung an alle, diese Themen mit uns zu diskutieren und sich gemeinsam auf die Suche nach Lösungen zu begeben. Herrenberg: Modell- und Mitmachstadt Herrenberg ist, was die Menschen daraus machen. Als Mitmachstadt wird auch der Klima- schutz zu einem gemeinsamen Projekt der gesamten Stadtgesellschaft - mit Stellschrau- ben im Privaten und im großen Ganzen. Herrenberg sollte diese Chance nutzen und unab- hängig vom Bund agieren. Klimaneutralität 2040 Sich wissenschaftlich fundierte Ziele zu mit den örtlichen Datenerhebungen aus setzen und entsprechende Maßnahmen zu dem Jahr 2019 neu, ergeben sich ähnliche ergreifen, ist essentiell für effektiven Klima- Zahlen. Dieses CO2-Budget dient als gute schutz. Es darf weder ein Ambitions- noch Orientierung, obgleich andere Treibhaus- ein Umsetzungsdefizit bestehen. gase natürlich nicht vernachlässigt werden dürfen. Aufgrund ihrer kürzeren Verweildau- Gemeinsam möchten wir dazu beitragen, er in der Atmosphäre erfordern diese eine die Erderwärmung auf 1,5° zu begrenzen. Wie ergänzende Behandlung. stark sich unsere Erde erhitzt, hängt unmit- telbar von der Menge an CO2 und anderen Sinken die gesamten Emissionen in den Treibhausgasen ab, die sich in unserer At- nächsten fünf bis zehn Jahren stärker, lässt mosphäre befinden - und damit auch von sich das Zieljahr der Klimaneutralität weiter der Menge, die wir weltweit noch ausstoßen. in die Zukunft verschieben, was in Anbe- Der IPCC (Weltklimarat der Vereinten Natio- tracht der notwendigen gesellschaftlichen nen) stellte dazu 2018 für seinen Sonderbe- Transformationen sinnvoll erscheint. Unter richt das Modell des Treibhausgas-Budgets diesem Gesichtspunkt erachten wir das Ziel auf ¹. Da sich CO2 – im Gegensatz zu anderen der Klimaneutralität von Herrenberg zum Treibhausgasen – durch seine hohe Ver- Jahr 2040 für notwendig. Dies bedeutet für weildauer kumulativ in unserer Atmosphäre uns, dass alle Bereiche nach dem Territo- anreichert, kann CO2 als eine stetig wach- rialprinzip sowie ausgewählte Aspekte des sende Gesamtmenge bilanziert werden. Verbraucherprinzips keine negativen Auswir- Nach einer Berechnung des Sachverständi- kungen auf das Klima haben. Das Erreichen genrats für Umweltfragen, beträgt das Rest- dieses Ziels lässt sich durch das Setzen von budget Deutschlands für einen gerechten Zwischenzielen transparent gestalten. Durch Beitrag zum Pariser 1,5-Grad-Ziel ab 2020 regelmäßige Datenerhebungen von Emis- 4,2 Gigatonnen CO2 ². Dieser Berechnung sionen und Energieverbrauch schaffen wir liegt eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit es, unseren Fortschritt sichtbar zu machen für das Erreichen des 1,5°-Ziels zugrunde ². - Erfolge können gefeiert werden und bei Bei einer linearen Reduktion der CO2-Emis- Schwierigkeiten schaffen wir es rechtzeitig sionen ist dieses Budget bereits 2032 er- gegenzusteuern. Ein regelmäßig stattfinden- schöpft ³. Skaliert man das Budget auf Her- des Klimaforum bietet zudem eine Plattform renberg, und berechnet das Reduktionsziel für öffentliche Diskussion und Klimabildung. 4
März 2021 Uns ist bewusst, dass es nicht in der Macht bis 2030 auf Netto-Null zu senken. Die von der Stadt liegt, jedes Kilogramm CO2, wel- den Stadtwerken vertriebenen Energiepro- ches auf der Gemarkung ausgestoßen wird, dukte folgen im Jahr 2035. Damit nimmt zu dirigieren, und, dass die Stadt selbst die Stadt eine Vorbildfunktion ein, die auch nur einen vergleichsweise geringen Teil der private Haushalte und Unternehmen dazu Emissionen verursacht. Deshalb ist es für bewegen soll, ihr zu folgen. Eine klimaneutrale unser Verständnis von einer klimaneutralen Stadt unternimmt zudem alles in ihrer Macht Stadt wichtig, zwischen ihren verschiedenen stehende, um die Stadtgesellschaft in dieser Wirkungsbereichen zu unterschieden. Eine drastischen Transformation der Lebenswei- klimaneutrale Stadt bedeutet für uns, die se zu unterstützen, damit ganz Herrenberg CO2-Emissionen der Verwaltung, der Stadt- 2040 klimaneutral wird. werke und der kommunalen Liegenschaften THG-Emissionen Herrenberg in Tausend Tonnen 300 243* 200 100 0 2020 2025 2030 2035 2040 Möglicher Reduktionspfad zur Einhaltung des Herrenberg zustehenden CO2-Budgets. (Eigene Darstellung) * aktuellste Datenerhebung für das Jahr 2019 5 5
Herrenberg klimaneutral 2040 Energie der Zukunft Die Energiewende bietet eine einmalige Chance, Herrenberg unabhängiger von externer Energiezufuhr zu machen und lokale Wertschöpfung zu fördern. Herrenberg sollte hierfür das Maximum des von Bund und Land vorgegebenen Handlungsspielraums ausloten und nutzen. Wir benötigen ein Modell, das die anfänglichen Investitionen stemmen kann, die sich dann durch die eingesparten Kosten lohnend machen. Natürlich sollte nicht vergessen werden: Der grünste Stromverbrauch ist kein Stromver- brauch; das umweltfreundlichste Auto ist kein Auto. 1 Stromsektor Wenn in Zukunft fossile Energieträger in den Bereichen Mobilität und Wärme ebenfalls zu großen Teilen auf elektrische Alternativen umgestellt werden (BEVs, Wärmepumpen) wird die Rolle des Stroms in der Energieversorgung zunehmen. Wir stellen uns ein Herrenberg vor, in dem Strom lokal produziert, verteilt und verbraucht wird. Dafür sind mehrere Modelle, wie zum Beispiel eine aktivere Rolle der Stadtwerke oder eine Bürger:innen-getragene Ener- giegenossenschaft denkbar. 1.1 Vorbild Sonnendächer Insbesondere nach der Corona-Pandemie macht es vor. Die Stadtwerke haben so die sind die Mittel der Stadt verständlicher- Chance, sich bei den Bürger:innen als ver- weise stark begrenzt. Deshalb sollte sie im trauenswürdige Ansprechpartnerin zu prä- Energiesektor eine Strategie verfolgen, die sentieren und den Installationsprozess zu Privathaushalte nicht nur motiviert, sich mit vereinfachen. ihren Dachflächen in Herrenbergs erneuer- bare Stromerzeugung einzubringen, sondern Diese “Gäuenergie-Gesellschaft”, ob als ihnen auch ermöglicht Kapital in den Prozess Genossenschaft oder durch die Stadtwerke einzubringen. realisiert, sollte die Chance nutzen, auch um- liegende Gemeinden, die selbst keine aus- Dass ein solches Modell im Kleinen denkbar reichenden Kapazitäten besitzen, mit ein- ist, haben bereits die Herrenberger Sonnen- zubeziehen. Wenn so Verkaufsmodelle mit dächer gezeigt. Hier konnten Privatanleger Ratenzahlungen, basierend auf den Stromge- helfen, die Dächer öffentlicher Gebäude mit winnen oder ein Pachtmodell wie in Tübingen Solarpanelen zu bestücken. Sie wurden dann realisiert werden, wird Eigenstrom für jeden an den finanziellen Erträgen der Stromproduk- Geldbeutel möglich. tion beteiligt. Leider scheint dieses Projekt in den vergangenen Jahren in einen Dornrös- Zudem ermöglicht die “Gäuenergie” die chenschlaf verfallen zu sein. Stromvermarktung ins 21. Jahrhundert zu brin- gen und lokal den Strom zu verteilen, sodass Zeit, es neu zu denken: Wir können nach der Anteil, der ins Mittel- und Hochspan- diesem Vorbild eine Plattform schaffen, die nungsnetz übergeht, gering gehalten werden Kapital, Stromnachfrage und Potentialflächen kann. Es ist Zeit für das virtuelle Kraftwerk Gäu! zusammenbringt. Klimaschutz kann ein (zu- mindest minimal) lohnenswertes Geschäft für Ziel muss sein: Die Einstiegskosten in die eige- die Bürger:innen werden. Städte wie Tübingen ne Stromerzeugung so gering wie möglich zu machen vor, dass Stadtwerke ökologische gestalten und durch einen überzeugenden Vorreiter sein können, die Photovoltaik und Medienauftritt Menschen für das lukrative Solarthermie für breite Bevölkerungsschich- Projekt Klimaschutz zu gewinnen. ten verfügbar machen. Durch eine Plattform namens “Gäuenergie” könnten Mengeneffekte Wir können erreichen, dass der Gäustrom genutzt werden. Das heißt, Solarpanels wer- wirklich Gäustrom wird. den in großen Mengen gekauft und Vertrags- bedingungen für die Installation mit örtlichen Handwerker:innen vorverhandelt - Tübingen 6
März 2021 1.2 PV-Pflicht für Neubauten Eine PV-Pflicht für Neubauten könnte helfen, nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b BauGB als eine möglichst hohe Solarquote auf Herren- auch den städtebaulichen Vertrag nach § 11 berger Dächern zu erzielen. Der Bundesge- BauGB als kommunale Handlungsoptionen setzgeber hat sowohl Festsetzungsmöglich- ausgestaltet. keiten für den kommunalen Bebauungsplan - Bei Grundstückskaufverträgen der Stadt, bei denen die vorgesehene Bebauung einen Strombedarf bedingt, ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Angemessenheit die Installation von PV-Anlagen zu vereinbaren. - Bei Abschluss städtebaulicher Verträge ist unter den Voraussetzungen des § 11 BauGB die Installation einer PV-Anlage zu vereinbaren. - Die Installation von PV-Anlagen soll unter Beachtung des Abwägungsgebots, der örtlichen Situation, Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ebenso durch Bebauungsplan, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b BauGB, festgesetzt werden. - In Grundstückskaufverträgen und städtebaulichen Verträgen soll die Verpflichtung zur Installation einer PV-Anlage entfallen, sofern die Pflichten aus dem EEWärmeG vollständig über eine Solarthermieanlage auf dem Dach des Gebäudes erfüllt werden. 4 1.3 Projekt: Solarzellen bei Freizeitanlage Auf der neuen Freizeitanlage im Längenholz Vorteil, dass Mismatch-Probleme umgangen sind mehrere Container installiert worden, werden. Die mögliche Verschattung, durch die die einen vor Sonne und Regen geschützten hohe Vegetation am Rande des Baseball-Plat- Aufenthaltsraum bieten. Wie alle Objekte mit zes, hätte so geringere negative Auswirkungen Dach, stellen sie auch eine Potentialfläche für auf die Gesamtleistung. Photovoltaikanlagen dar. Unserer Meinung nach bietet dies eine geeignete Möglichkeit, Alternativ wäre die Installation von Pico-PV- hieraus ein Projekt von Jugendlichen für Ju- Systemen denkbar, die neben einer Beleuch- gendliche zu machen. Wir bitten die Stadt zu tung auch die Möglichkeit bieten, ein Handy prüfen, in welcher Form Photovoltaikmodu- unkompliziert zu laden. le auf den Dächern der Container installiert werden können und ob eine Netzkopplung Unabhängig vom System soll das Interesse der Module mit vertretbarem Aufwand rea- der Jugendlichen für Solarstrom und damit lisierbar ist. allgemein erneuerbare Technologien gestei- gert werden. Je stärker dabei der Bezug zum Grundsätzlich bevorzugen wir netzgekop- örtlichen PV-System ist, desto eher ist eine pelte Module, da sich der erzeugte Strom Begeisterung für den Solarstrom zu erwarten. dann direkt positiv auf die Klimabilanz der Optimal wäre eine Anzeigetafel, die den vor Stadt Herrenberg auswirkt. Hinzu kommt die Ort produzierten Strom in „Echtzeit“ angibt. Möglichkeit bei zukünftigen Events auf der Auch jugendfreundlich gestaltete Infotafeln Freizeitanlage unkompliziert 230V Wechsel- sind denkbar. strom zu beziehen. Aufgrund des begrenzten Platzes gilt es auch, die Installation von modulintegrierten Wech- selrichtern zu überprüfen. Diese hätten den 1.4 Windkraft Der neue Windatlas weist auf Herrenberger Klimaschutzpolitik, die Bürger:innen mitnimmt Flächen Potential für 13 Windkraftanlagen auf. und beteiligt zu Ende denken, ist klar, dass Grundsätzlich unterstützen wir den Ausbau auch hier die Anwohner:innen vor Ort konkret der Windenergie. Wenn wir die Idee einer profitieren sollen. Bei der Realisierung einer 7
Herrenberg klimaneutral 2040 Anlage auf Herrenberger Gemarkung wäre es an die beteiligten Anwohner:innen auszu- daher wünschenswert, diese in das “Gäuener- schütten. Das hilft Akzeptanz zu schaffen und gie”-Projekt zu integrieren und die Gewinne Wertschöpfung in der Region zu stärken. 2 Wärmesektor Der Wärmesektor macht mit knapp 354 GWh/a circa die Hälfte des gesamten Energiever- brauchs in Herrenberg aus (2019) und ist damit für knapp 40% der Treibhausgasemissionen verantwortlich 5. So stellt die Wärmewende neben der Mobilitätswende den größten Hebel dar, dessen Einsparpotential es schnellstmöglich zu nutzen gilt. Die Stadt Herrenberg ist als große Kreisstadt verpflichtet, bis ins Jahr 2023 einen Wärme- plan zu erarbeiten 6. Hierzu möchten wir einige Anregungen machen. Die Wärmewende kann innerhalb der nächsten Jahre nur erfolgreich gelingen, wenn sich der Wärmebedarf unserer Gebäude reduziert. Nichtsdestotrotz wird neben der Raumwärme in Zukunft noch viel Energie für Brauchwasser und Prozesswärme benötigt, die aus verschie- denen erneuerbaren Quellen sowie aus Abwärme gewonnen werden kann. Bei den hierfür benötigten Quellen gilt es, sich breit aufzustellen – jedes Substitut hat zurzeit noch seine Schwachstellen. Während es bei der Solarthermie die äußerst schlechte Speicherbarkeit des sommerlichen Wärmeüberschusses ist, ist es bei dem größten direkten Konkurrenten, Kältemittel der PV-gekoppelten Wärmepumpe, das Kältemittel. Entweichung von HFKW lässt sich im laufenden Betrieb von Wärmepumpen Erneuerbare Energien haben ein hohes Potential, die fossilen Energieträger komplett zu er- sowie beim Befüllen und setzen. In Herrenberg kann dieses Potential im Wärmesektor unter anderem durch einen Entsorgen der Anlage nicht vermeiden. Bereits 2kg effizienteren Einsatz von Solarthermie, kombiniert mit einem Ausbau von Niedertempera- HFKW in der Atmosphäre turnetzen, ausgeschöpft werden. haben dieselbe Wirkung wie 6,5 Tonnen Kohlenstoffdioxid.7 2.1 Potentiale der Solarthermie nutzen Auch wenn Photovoltaik im Kampf um die bei der Solarthermie ein Potential von etwa Dachfläche in den letzten Jahren die Nase 21.400 MWh (bei PV: 18.500 MWh) errechnet 9. vorn hatte, bleibt die Solarthermie ein wichti- ges Substitut, um den künftigen Wärmebedarf Da die Nutzung dieses Potenzials für eine klimaneutral zu decken. erfolgreiche Wärmewende von großer Be- deutung ist, hat die Bundesregierung die För- Bereits 1,5 m² Kollektorfläche pro Per- derung in den letzten Jahren immer wieder son reicht in unseren Breiten aus, um den erhöht. Im Rahmen der Bundesförderung für Brauchwasserbedarf das gesamte Jahr über effiziente Gebäude werden ab dem 01.01.2021 zu decken 8. Bei einem 4-Personenhaushalt Solarkollektoren mit einem Zuschuss von bis entspricht dies 6 m² Kollektorfläche – dafür zu 30% des Anschaffungswertes gefördert 10. kann den gesamten Sommer über die Hei- zung ausbleiben. Im Gegensatz zu Photo- Der Wärmeplan soll eine Strategie enthal- voltaik können die Kollektoren auch diffu- ten, wie der Großteil des oben genannten ses sowie langwelliges Licht problemlos in Potentials bis 2030 durch erneuerbare Ener- nutzbare Energie umwandeln und reagieren gien genutzt werden kann. Auch hier hat die lange nicht so empfindlich auf Verschat- Stadt die Möglichkeit, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 tung. Für PV-Anlagen nur bedingt geeignete Buchstabe b BauGB per Bebauungsplan, dafür Dachflächen können mit Kollektoren ausge- notwendige rechtliche Rahmenbedingungen stattet durchaus den jährlichen Brauchwas- für den Neubau zu schaffen 4. serbedarf decken und damit die bereits er- wähnte Heizpause im Sommer ermöglichen. Im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes des Landkreises Böblingen, wurde in Herrenberg 8
März 2021 2.2 Entwicklung von Niedertemperaturnetzen auf Quartiersebene Um die Wärmebereitstellung in Zukunft so für Warmwasser aus einer etwas höheren effizient wie möglich zu gestalten, sollen Schicht. Auch der Rücklauf oder die Energie Niedertemperaturnetze entstehen. So kann der Kollektoren kann je nach Temperatur in die Nachfrage mehrerer Verbraucher über die passende Wärmeschicht des Speichers Anergie eine zentrale Anlage gedeckt werden. So- eingespeist werden und somit zum Exergie- Der Teil der Gesamtenergie eines Systems, der keine larkollektoren mehrerer Häuser innerhalb erhalt im System beitragen. Arbeit verrichten kann. einer Siedlung lassen sich neben anderen Exergie Wärmequellen in das Niedertemperatur- So lässt sich der Wärmeüberschuss aus Der Teil der Gesamtenergie netz integrieren. Durch die Möglichkeit, ver- dem Sommer saisonal speichern. Es gibt eines Systems, der Arbeit schiedene Techniken einzuspeisen, stellen bereits einige Quartiere und Mehrfamilien- verrichten kann. Niedertemperaturnetze eine zukunftsfähige häuser (z. B. Burgdorf 11), die durch einen kli- Anergie + Exergie = Energie Infrastruktur dar, die flexibel auf unerwarte- maneutral gespeisten Wärmespeicher ihren te Entwicklungen reagieren kann. jährlichen Wärmebedarf zu 100% decken. Durch große Speicheranlagen geht aufgrund Die Stadt Herrenberg soll prüfen, in welchen des besseren Oberflächen/Volumen-Ver- Quartieren sich Niedertemperaturnetze er- hältnisses weniger Wärme verloren als bei richten lassen und welche Energien vor Ort privaten Speichern. Hinzu kommt, dass sich ins Netz eingespeist werden können. Ein be- durch sorgfältiges Speichermanagement sonderer Fokus sollte hierbei auf alle neu die im Wärmesektor überdurchschnitt- entstehenden Wohnquartiere gelegt wer- lich starke Bildung von Anergie wesentlich den, wie das Aischbachareal und Herren- besser verhindern lässt. Für eine Fußbo- berg Süd. denheizung kann Wärme aus einer unteren Schicht des Speichers entnommen werden; 9
Herrenberg klimaneutral 2040 Bauen und Sanieren Durch den hohen Ressourcenverbrauch, den Energieaufwand für die Herstellung und Ver- arbeitung von Baumaterialien und die großen Abfallmengen ist ein Umdenken in Sachen Bauen nötig. Als Baurechtsbehörde hat die Stadt umfassende Möglichkeiten, eine Bauwende aktiv mitzugestalten. Mit dem Servicebüro Bauen verfügt Herrenberg bereits über eine gute Verwaltungsstruktur und bietet ein breites Angebot an Informationen für Bürger:innen. Ergänzend hierzu halten wir es für nötig, aktiver über ökologisches Bauen und Sanieren, wie beispielsweise klimafreundliche Baustoffe, zu informieren. Es ist notwendig, dass alle Bauherr:innen auch über kleine Dinge, die den Bau umweltfreundlicher machen, Bescheid wissen. Dies umfasst neben dem Bauprozess auch die langfristige Nutzung und die Wiederverwertbarkeit der Baustoffe. So kann zum Beispiel Regenwasser für die Klospülung, das Wäschewaschen und natürlich für die Gartenbewässerung genutzt werden. Zur Steigerung der Energieeffizienz sollen im Neubau ausschließlich Passivhäuser entstehen. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Praxis, Käufern einen verminderten Bauplatzpreis für das Unterschreiten gesetzlich festgeschriebener energetischer Vorgaben anzubieten. 1 Flächenversiegelung Versiegelte Flächen verhindern das Ver- eine Gartenterrasse mit Porenpflastern oder sickern von Wasser und stören sämtliche ein Parkplatz aus Rasengittersteinen ange- Stoffkreisläufe. Dadurch schaden sie lo- legt werden. Über diese Möglichkeiten kann kal dem gesamten Ökosystem Boden, ge- im Rahmen des Baugenehmigungsverfah- fährden das Grundwasser und erhöhen die rens aktiv informiert werden. Überschwemmungsgefahr. Versiegelte Bö- den erhitzen sich bei Sonneneinstrahlung Wir regen an, bei zukünftigen städtebau- schneller und verhindern durch das unter- lichen Maßnahmen bereits versiegelte Bö- bundene Verdunsten von Wasser eine Ab- den durch Grünstreifen oder wasserdurch- kühlung der Luft. Bei Neubauten gilt es da- lässige Bodenbeläge zu entsiegeln und bei her, die zusätzliche Flächenversiegelung so der Erschließung neuer Flächen bereits in gering wie möglich zu halten. der Planung entsprechende Konzepte zu erarbeiten. Dazu sollen für Fußwege, Terrassen und Parkplätze wasserdurchlässige Materialien verwendet werden. So kann zum Beispiel 2 Ökologische Baustoffe Das Klimaschutzpotential von ökologischen Dabei ist natürlich auf die Herkunft und Zer- Baustoffen, wie Holz oder Lehm, wird bis- tifizierung des Holzes zu achten - geschla- her kaum ausgeschöpft. Ein Quadratmeter gene Bäume müssen nachgepflanzt werden. Außenwand aus Beton verursacht 82 kg Laut einer Studie aus dem Jahr 2014 kann CO2, während die gleiche Konstruktion aus eine Holzrevolution in der Bauindustrie die Holz sogar CO2 speichert 12. So können kli- globalen CO2-Emissionen um 14 bis 32 Pro- maschädlichere Baustoffe für die meisten zent senken 13. Bereiche durch Holz ersetzt und der Ein- satz von Beton auf das baukonstruktiv ab- Zwar ist der Bau mit ökologischen Baustof- solut Notwendigste reduziert werden. Hinzu fen etwas teurer, betrachtet man jedoch kommt, dass Holz in seiner Wachstumspha- den gesamten Lebenszyklus, können sich se CO2 speichert, das dann im verbauten die Kosten durch niedrigere Ausgaben in Zustand über die gesamte Lebensdauer des der Instandhaltung ausgleichen. Außerdem Gebäudes der Atmosphäre entzogen ist. können beispielsweise Holzhäuser am Ende 10
März 2021 ihrer Nutzungszeit bei richtiger Planung voll- (§ 74 LBO), durch den Bebauungsplan oder ständig zurückgebaut werden. Die Baustof- auf andere Weise, Einfluss auf die Auswahl fe können anschließend wiederverwendet der Baustoffe nehmen kann. Analog zur PV- oder recycelt werden, was die Kreislaufwirt- Pflicht sind auch Vereinbarungen in Grund- schaft stärkt. stückskauf- und städtebaulichen Verträgen denkbar. Wir schlagen vor, zu prüfen, wie die Stadt, neben der Festsetzung von Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen 3 Projekt: Attraktive Beratungsstruktur etablieren Wieso sollte ich mein Haus sanieren? Das Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit im kostet doch viel zu viel und ist auch noch Amtsblatt und eine Videoserie kann eine nervenaufreibend. Falsch! Im ersten Schritt Übersicht über den gesamten Prozess ver- soll eine attraktive Beratungsstruktur kon- mittelt werden. Interessierte, aber auch zipiert werden sowie zusammengefass- noch uninteressierte Bürger:innen müssen te Informationen zu Fördermitteln und Co. wissen, was sie erwartet, wenn sie ihr Haus dauerhaft auf der städtischen Homepage sanieren möchten. Dadurch soll ihnen die verfügbar gemacht werden. Danach gilt es, Unsicherheit, die viele aufgrund des kom- diese zu verbreiten und zu etablieren. Dazu plexen Themas haben, genommen werden. müssen Herrenberger Bürger:innen durch Eine Videoserie kann an einem konkreten, Öffentlichkeitsarbeit sehen, wie der gesam- im besten Fall realen, Beispiel einer Sanie- te Prozess des Sanierens in Herrenberg ab- rung als Orientierung dienen und nieder- laufen kann. Warum lohnt es sich finanziell? schwellig vermitteln, wie man das eigene Wie ist dem Klima damit geholfen? Wo kann Sanier-Vorhaben in Herrenberg Schritt für ich mich informieren? Wer sind die An- Schritt erfolgreich meistert. sprechpersonen in Herrenberg? Wie lange dauert das überhaupt? 11
Herrenberg klimaneutral 2040 Klimafreundlich mobil unterwegs Innovationsprojekte auf europäischer Ebene, wie das durch die EU-Initiative Climate-KIC geförderte „Transition Cities“ oder dessen Vorläuferprojekt „Pioneer Cities“, haben das The- menfeld Mobilität, neben den Themenfeldern Energie und Gebäude, als zentralen Schlüs- selbereich in Kommunen identifiziert 14. Das Handlungsfeld Mobilität stellt einen Kernbereich dar, in dem durch gezielte Maßnahmen ein grundlegender Wandel beschleunigt und eine signifikante Emissionsreduktion in der Kommune realisiert wird. Die Bedeutung dieses Handlungsfeldes wird in Herrenberg durch das überdurchschnittlich hohe Verkehrsaufkommen auf den Hauptverkehrsachsen zusätzlich unterstrichen. Bereits 2013 wurde im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes des Landkreises Böblingen festgestellt, dass die „Bemühungen [im Verkehrsbereich] noch deutlich verstärkt werden“ müssen. Trotz dieser ausdrücklichen Handlungsempfehlung und den damit einhergegangenen Maßnah- men sind die durch den Verkehr verschuldeten Emissionen im letzten Jahrzehnt (2009- 2019) weiter angestiegen 15. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen in den kommenden Jahren weitere grundlegen- de Maßnahmen eingeleitet werden, damit die Basis für eine erfolgreiche Verkehrswende in Herrenberg geschaffen wird. 1 E-Ladeinfrastruktur Um auch im ländlichen Raum einen klima- weise in unserer Stadt ist. Dabei sollen auch neutralen Verkehr zu ermöglichen, braucht Leerrohre für einen zukünftigen einfachen es eine gute Ladeinfrastruktur für E-Fahr- und schnellen Ausbau eingeplant werden. zeuge. Herrenberg kann diesen Wandel un- Öffentliche Ladepunkte sind außerdem in terstützen, indem wir frühzeitig Ladepunkte allen Teilorten auszubauen. Zudem sollen auf öffentlichen Parkplätzen und in Parkhäu- die infrastrukturellen Voraussetzungen für sern installieren. So zeigen wir, dass die Elek- einen klimaneutralen Busverkehr geschaffen tromobilität eine attraktive Fortbewegungs- werden. 2 Sharing-Dienste Der motorisierte Individualverkehr wird hieran Interesse; schnell steht man jedoch auch in Zukunft nicht aus unserem Alltag ratlos vor vielen Fragen, wie das denn recht- verschwinden. Statistiken zeigen jedoch, lich funktionieren kann oder wie man das dass Fahrzeuge im Schnitt täglich 23 Stun- auch längerfristig gut organisiert bekommt den nicht bewegt werden 16. Abhilfe schaf- - keine Fragen, auf die man in einem kli- fen Sharing-Dienste – nicht jede:r benötigt mafreundlichen Herrenberg keine Antwort ein eigenes Fahr- bzw. wohl eher „Stehzeug“. findet. Wir würden einen Leitfaden auf der Die Stadtwerke Herrenberg sollen als kom- städtischen Webseite begrüßen, der ver- munale Institution bis 2022, ergänzend zum schiedene Möglichkeiten aufzeigt. Eine be- stadtmobil, ein Konzept für E-Car-Sharing in gleitende Kampagne kann aktiv Bürger:innen der Kernstadt und den Teilorten erarbeiten. auf private Sharing-Modelle aufmerksam Darin integriert soll auch ein E-Lastenrad- machen. Weniger Fahrzeuge bedeutet mehr Sharing sein. Platz für Menschen. Dies trägt zur Attrak- tivierung unserer Stadt bei und erhöht die Auch private Sharing-Modelle stellen eine Lebensqualität. gute Möglichkeit dar. So kann sich beispiels- weise eine Wohnanlage mit 8 Parteien 2-3 Damit ein erhöhtes Angebot an Sharing- Fahrzeuge teilen. Durch geschickte Termin- Möglichkeiten nicht dem Öffentlichen Per- planung bleiben alle gleich mobil und sparen sonenverkehr schadet, gilt es parallel den dabei sogar Geld, da sich Wartung, Steuern, ÖPNV zu attraktivieren. TÜV und Co. auf mehrere Geldbeutel ver- teilen. Sicherlich haben einige Bürger:innen 12
März 2021 3 Vermeidung Individualverkehr Alternative Antriebe tragen einen wesentlichen Teil zur Emissionsreduktion im Verkehr bei. Das große Potential an Einsparung von CO2-Äquivalenten im Mobilitätssektor, basiert jedoch im Wesentlichen auf der Reduzierung des Individualverkehrs. Deshalb soll insbe- sondere in Herrenberg, aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, die Verkehrsvermeidung bzw. -verlagerung ein zentraler Aspekt der kommunalen Verkehrsplanung darstellen. 3.1 Öffentlicher Personennahverkehr Um den Umstieg auf öffentliche Verkehrs- geht auch hervor, dass ein zusätzliches mittel zu fördern, müssen alle bestehenden Angebot - wie zuletzt die Ausweitung der Zugangshürden so weit wie möglich be- Abend- und Nachtverkehre - zu keiner er- seitigt werden. Die Stadt Herrenberg ver- höhten Nachfrage führt. fügt bereits über ein dichtes Busnetz mit angemessener Taktung, sodass in regelmä- Die Preisreduzierung des Stadttarifs im Rah- ßigen Abständen der Bring- und Holdienst men desselben Förderprogramms konnte je- zur S-Bahn, Ammertalbahn, Regionalbahn doch jährliche Fahrgastzuwächse von 7-20% und anderen regionalen Busverbindun- verzeichnen [Gemeinderat Drucksache NR gen gewährleistet wird. Zusätzlich wird das 2020-112]. City-Bus-Netz ab 2022 um weitere Regio- nalbuslinien ergänzt und die Taktung im Unter anderem daraus resultiert, dass eine Zuge des Integrierten Mobilitätsentwick- Attraktivierung des öffentlichen Personen- lungsplan (IMEP) verdichtet 17. nahverkehrs primär auf ökonomischen An- reizen für die Kund:innen basiert. Der Status quo zeigt jedoch: trotz angemes- sener Anbindungen, dass insbesondere die Deshalb fordern wir die sukzessive Einfüh- Linien 779, 780 und 781 (künftig 783) kaum rung kostenlosen ÖPNVs in Herrenberg. Wir genutzt werden [Gemeinderat Drucksache stellen uns die Umsetzung nach folgendem 2020-113]. Aus der Evaluation der Maß- Übergangsphasen-Modell vor: nahmen des Förderprogramms Saubere Da die Nutzung, Stand jetzt, insbesondere für Gelegenheitsfahrer:innen unattraktiv ist, soll in einem ersten Schritt die Fahrt zu Randzeiten (z. B. in den Abendstunden ab 17 Uhr) und/ oder an einzelnen Wochentagen (z. B. samstags) unentgeltlich angeboten werden. Außerdem sollen zunächst einzelne Personengruppen an den kostenlosen ÖPNV heran- geführt werden. Diese sollen im 2-Jahres Rhythmus um weitere Personengruppen ergänzt werden. Dieser Rhythmus garantiert eine bessere finanzielle Anpassung an die entstehen- den städtischen Neuausgaben (z. B. Ausgleichszahlungen an den Verkehrsverbund) und bietet ausreichend Zeit zur Evaluation und daraus resultierende mögliche Anpassungen an den folgenden Zeitplan: - Bis 2024: Einführung des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs zu Randzeiten für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. › Durch frühes Heranführen an die öffentlichen Verkehrsmittel und eine positive Nut- zererfahrung (kostenlos, unkompliziert, zu Randzeiten nicht überfüllt), wird der ÖPNV als „selbstverständlich“ im Alltag etabliert und die Wahrscheinlichkeit der Nutzung auch im Erwachsenenalter erhöht. › Indirekte finanzielle Unterstützung für Familien. › Vermeidung von Elterntaxis. - Bis 2026: Einführung des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs zu Randzeiten für Senior:innen. › Altersarmut ist nach wie vor ein Problem in Deutschland. Zudem nehmen gesund- heitliche Einschränkungen im Alter zu, weshalb andere Verkehrsmittel wie Fahrrad und Auto keine Alternative mehr darstellen. Senior:innen sind in besonderem Maße vom ÖPNV abhängig und sollen deshalb als eine der ersten Personengruppen vom kostenlosen Angebot profitieren. 13
Herrenberg klimaneutral 2040 - Bis 2028: Einführung des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs zu Randzeiten für Auszubildende und Studierende. › Auszubildende und Studierende haben in der Regel nur ein geringes bzw. ein unre- gelmäßiges Einkommen. › Als kontinuierliche Weiterführung des kostenlosen Angebots für Kinder und Ju- gendliche, wirkt man hier gezielt der erhöhten Wahrscheinlichkeit des Modal Split zu Gunsten des PKWs ab Erreichen des 18. Lebensjahres entgegen. - Bis 2030: Einführung des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs zu Randzeiten für die restliche Bevölkerung. Es gilt neben dem VVS auch den Verkehrs- von Stadtverwaltung, Gemeinderat, Fahr- verbund Naldo bei der Erreichung der oben gastverbänden und interessierten Bür- genannten Ziele bestmöglich einzubinden. ger:innen zusammensetzen. Hier sollen min- Naldo stellte bereits in anderen Kommunen, destens einmal im Jahr Themen zum ÖPNV wie Tübingen, Kooperationsbereitschaft bei wie die Nutzerfreundlichkeit oder die Eva- ähnlichen Maßnahmen unter Beweis. luation von getroffenen Maßnahmen, ange- sprochen werden. Außerdem möchten wir einen Runden Tisch ÖPNV anregen. Analog zum Runden Tisch Radverkehr soll er sich aus Vertreter:innen 3.2 Radverkehr Mit dem Rad unterwegs zu sein muss schnell, an den Schulzentren. Bis Ende 2022 sollen unkompliziert und sicher sein. Der aktuel- die Abstellanlagen aller Schulzentren ver- le Radverkehrsplan beinhaltet dazu bereits bessert und bedarfsgerecht ausgebaut eine Vielzahl an richtungsweisenden Maß- werden. Zunächst sollen bestehende, nicht nahmen. Diese sollen konsequent verfolgt überdachte Fahrradständer ein Dach be- und ergänzt werden. Es sind Radwege bzw. kommen und unpraktische Felgenklemmer Radschutzstreifen entlang allen Hauptver- durch Anlehnbügel ersetzt werden. Im zwei- kehrsachsen notwendig. Hierbei sehen wir ten Schritt sind zusätzliche Abstellmöglich- kurzfristig besonders die Nagolder Straße keiten an geeigneter Stelle zu errichten. Dazu als von hoher Priorität an, um den Reinhold- sollen auch betroffene Schüler:innen in die Schick-Platz als Kreuzung für den Fahrrad- Planungen eingebunden werden. verkehr zu vervollständigen. Parallel sollen Maßnahmen zur Mobilisierung der furcht- Die aktuellen Planungen von Radabstellan- samen Radfahrenden, wie zum Beispiel die lagen in der Altstadt sollen vor dem Hinter- Förderprogramm Einrichtung von Fahrradstraßen, durchge- grund von Veranstaltungen wie dem Stadt- Im Rahmen des Sonderpro- gramms „Stadt und Land“ führt werden. fest oder dem Altstadtlauf, weiter verbessert stellt die Bundesregierung werden. An diesen Tagen ist der Bedarf an insgesamt 657 Mio. Euro für Wir freuen uns, dass an der Kreuzung See- Abstellmöglichkeiten deutlich erhöht, wäh- Investitionen im Radverkehr zur Verfügung 18. Ideal für straße-Stadthallenstraße bereits Fahr- rend gleichzeitig viele Anlagen durch Stände die Finanzierung von Maß- radampeln angebracht wurden. Entlang o. ä. blockiert sind oder sogar demontiert nahmen hoher Priorität des Radverkehrplans! Bis Ende der Hindenburg- und Horber Straße sowie werden. Sind sie prinzipiell zugänglich, ist 2021 beteiligt sich der Bund am Reinhold-Schick-Platz fehlen sie noch. der Weg dorthin oftmals durch die vielen mit einem Regelfördersatz von 80%. - danach bis Ende Fahrradampeln erhöhen die Sicherheit für Besucher:innen erschwert. Daher braucht es 2023 mit 75%. Radfahrende, da durch die Anbringung auf am Rand der Altstadt, aus allen Richtungen, Augenhöhe der Radfahrenden die Wahr- durchgehend einfach erreichbare Abstell- nehmung erhöht wird. Ebenso ermöglichen anlagen. Ein gutes Beispiel dafür ist bereits Fahrradampeln ein früheres Grünwerden für die hohe Anzahl an Fahrradständern beim den Radverkehr, um Unfälle bei zeitgleichem Seeländer. Auch an anderen Veranstaltungs- Anfahren zu verhindern. orten gilt es, die Kapazitäten bedarfsgerecht auszubauen. Mit Blick auf die erst kürzlich Nicht nur im bewegten Verkehr gibt es Op- installierten Felgenklemmer an der neu re- timierungspotential – auch das sichere und novierten Kuppinger Gemeindehalle sollen praktische Abstellen von Fahrrädern muss zukünftig immer Anlehnbügel Standard sein. möglich sein. In Herrenberg sieht man oft überfüllte Radabstellanlagen, insbesondere 14
März 2021 Außerdem soll darauf hingewirkt werden, nachhaltig eine Radkultur aufzubauen, muss dass auch Unternehmen mit hochfrequen- das Radfahren jederzeit möglich sein - auch tem Besucheraufkommen, wie beispiels- im Winter. Wir begrüßen, dass der Winter- weise Supermärkte, über eine ausreichende dienst auf Radwegen vor den Kürzungen Anzahl von Fahrradständern verfügen - das im Konsolidierungspaket gerettet werden heißt auch genügend Platz für das Abstellen konnte. Es braucht jedoch eine dauerhafte von Lastenrädern. Regelung, um die sichere Nutzung der Rad- Infrastruktur - zu jeder Jahreszeit - zu ge- In Städten mit etablierter Fahrradkultur währleisten. An dieser Stelle darf nicht ge- und ausgebauter Radinfrastruktur geht die spart werden. Radnutzung bei schlechten Witterungsbe- dingungen nur leicht zurück. Dies zeigt ein In einem klimagerechten Herrenberg darf es Arbeitspapier des Instituts für Verkehrs- nicht an mangelnder bzw. mangelhafter Infra- wissenschaften Münster 19. Klar ist: Etabliert struktur liegen, das Fahrrad nicht zu nutzen.! ist das Radfahren in Herrenberg nicht. Um Sowohl die Maßnahmen zur Attraktivierung des Radverkehrs als auch die Einführung des kostenlosen ÖPNVs werden verhältnismäßig mit geringen gesamtwirtschaftlichen Kosten erreicht. Die entstehenden Neuausgaben (wie z. B. Ausgleichszahlungen an den Verkehrs- verbund oder das Anbringen neuer Fahrradstellplätze) lassen sich zu einem Teil durch die massive Reduzierung der externen Kosten, die die Gesamtgesellschaft zu tragen hat, kom- pensieren. Diese externen Kosten, verursacht zum Beispiel durch Unfälle, Erneuerungen des Straßen- belags oder auch Kosten für Natur und Landwirtschaft, zahlt der Verkehrsteilnehmer nicht selbst, sondern die Allgemeinheit. Pro gefahrenen Kilometer mit dem PKW belaufen sich diese Kosten auf 10,8 Cent; pro gefahrenen Kilometer mit dem Bus sind es hingegen ledig- lich 3 Cent 20. Für jeden gefahrenen Radkilometer sind die Kosten noch geringer. Das heißt konkret, dass mit jedem Kilometer, den Herrenberger Bürger:innen nicht mit dem PKW son- dern mit dem Bus zurücklegen, 7,8 Cent gespart werden. Den durch die hier vorgeschlagenen Maßnahmen entstandenen Neuausgaben steht also ein bis dato unbekannter, aber vermutlich beachtlicher Betrag an Einsparungen für die Stadt gegenüber. Deshalb sind die Maßnahmen unserer Meinung nach als effizient einzustufen. Hinzu kommt die hohe ökologische Treffsicherheit, die eine Attraktivierung des Radverkehrs oder auch der kostenlosen ÖPNV mit sich bringt. Durch alle Bürger:innen, die aufgrund die- ser Maßnahmen vom PKW auf das Rad oder den Bus umsteigen, verringern sich nachweis- bar die Emissionen. Mit einer reinen Taktungsänderung, bei der womöglich mehr Busse im Einsatz wären, ist die ökologische Treffsicherheit wesentlich geringer. Es müsste aufgrund des neuen Angebots erst eine bestimmte Personenzahl auf den PKW verzichten, damit die neu entstandenen Emissionen eines weiteren Busses vollständig kompensiert werden. Deshalb erachten wir alle Forderungen bezüglich des Radverkehrs sowie die Forderung der sukzessiven Einführung des kostenlosen ÖPNVs als sinnvoll und sprechen diesen Maßnah- men eine hohe Priorität zu. 4 Ruhender Verkehr Maßnahmen zur Attraktivierung des Um- Es braucht daher auch Schritte, die die Bür- weltverbunds sollen Bürger:innen motivie- ger:innen dazu veranlassen, das Auto stehen ren diesen verstärkt zu nutzen. Doch solche zu lassen. Pull-Faktoren reichen nicht aus um eine Transformation zur etablierten nachhaltigen Im Schnitt wird ein Auto täglich nur eine Mobilität zu erreichen. Ist das Autofahren Stunde benutzt 16. Die restliche Zeit steht es weiterhin durch so viele Vorteile als einziges oft auf einem Parkplatz oder am Straßen- bequemes und günstiges Verkehrsmittel in rand und blockiert damit öffentliche Flä- unseren Köpfen verankert, wird eine Ver- chen. Öffentlicher Raum ist wertvoll – des- kehrswende zeitnah nicht zu realisieren sein. sen Nutzung sollte stärker bezahlt werden. 15
Herrenberg klimaneutral 2040 Kostenloses Parken auf öffentlichen Park- Die Verlagerung vom individuellen, platz- plätzen in Herrenberg sollte es nicht mehr intensiven Autoverkehr zu einem umwelt- geben. freundlichen Bus- Rad- und Fußverkehr trägt in hohem Maße zur Erhöhung der Lebens- Wir freuen uns über die kürzlich umgesetz- qualität unserer Stadt bei. Dabei kann die ten Maßnahmen zum Anwohnerparken und Anzahl der Parkplätze zugunsten öffentli- deren geplante Erweiterung. Falls rechtlich cher, lebenswerter Räume reduziert wer- möglich, möchten wir die Ausweitung auf den – der autofreie Graben ist dafür das das gesamte Stadtgebiet anregen. Alterna- beste Beispiel. Attraktive zentrumsnahe tiv sehen wir eine städtische Mobilitätsab- Aufenthaltsräume regen Bürger:innen dazu gabe als sinnvolle Möglichkeit, die Einnah- an, unsere Altstadt als Ort der Freizeitge- men der Stadt zu steigern, um Maßnahmen staltung zu nutzen. So kann auch durch die zur Gestaltung der nachhaltigen Mobilität zu Reduktion von Parkplätzen eine Steigerung finanzieren. Da solche Push-Faktoren unter des Einkaufsvolumens erreicht werden. Bürger:innen häufig weniger Akzeptanz fin- den, müssen sie im direkten Zusammen- hang mit Pull-Faktoren umgesetzt werden und von intensiver Kommunikationsarbeit begleitet werden. 16
März 2021 Klimafolgenanpassung In Baden-Württemberg wurde seit Beginn der Aufzeichnungen vor 130 Jahren eine durch- schnittliche Zunahme der Jahresmitteltemperatur von 1,3° verzeichnet 21. Auch in Herren- berg lässt sich auf Basis der Daten des Deutschen Wetterdienstes eine durchschnittliche Erwärmung feststellen. Eine für Klimafolgenanpassung-Maßnahmen noch höhere Bedeutung stellt jedoch die aus der Verschiebung der Temperaturverteilung resultierende zunehmende Hitzebelastung in den Städten dar. So meldete beispielsweise das RKI im Zusammenhang mit dem Hitzere- kordjahr 2018 einen Anstieg an hitzebedingter Mortalität 22. Doch auch indirekt stellt die globale Erwärmung für uns Menschen und die Natur eine zu- nehmende Gefahr dar. Der Rückgang des sommerlichen Niederschlags, der zu massiven Ernteeinbußen führte; die Zunahme von Starkregenereignissen, die 2013 in der Nachbar- kommune Tübingen zu einem Jahrhunderthochwasser führten; eine verfrühte Apfelblüte auf den Obstbaumwiesen in und um Herrenberg oder auch das vermehrte Fichtenster- ben im Schönbuch, das laut Experten auf die vermehrte Anzahl an Borkenkäfern und damit ebenfalls auf den Temperaturanstieg zurückzuführen ist - all dies sind nur wenige Beispiele für bestehende oder kommende Herausforderungen, denen wir uns in naher Zukunft, bes- ser aber noch heute, stellen müssen! Die Auswirkungen der globalen Erwärmung sind vielseitig und für den Laien teilweise gar nicht als solche erkennbar. Deshalb ist es wichtig, dass die Strategien zur Klimafolgenan- passung transdisziplinär gedacht und ressortübergreifend bearbeitet werden. Wir möchten an dieser Stelle einige Anregungen für eine an den Klimawandel angepasste Stadtentwicklung aufführen: 1 Potentialflächen identifizieren In einem ersten Schritt sollten sämtliche, für die Klimaanpassung relevanten, Risiko- und Potentialflächen in der Stadt lokalisiert werden. Der Landkreis führt hierzu bereits Analysen durch; die Ergebnisse werden voraussichtlich Mitte des Jahres veröffentlicht. 1.1 Gebiete mit mittlerer/hoher Hitzebelastung Maßnahmen für Gebiete, die einer mittleren bis hohen Hitzebelastung ausgesetzt sind: - Verringerung der Hitzeentwicklung am Tag und damit auch eine geringere nächtliche Überwärmung, unter anderem durch die Beschattung von Fassaden, der Verwendung heller Farben und der Entsiegelung. - Zufuhr kühlerer Luft aus der Umgebung. Hierfür sind die Lokalisierung und die Aufrecht- erhaltung der ausschlaggebenden Luftleitbahnen und Frischluftschneisen notwendig. - Offene Wasserflächen auf hitzebelasteten Plätzen errichten, um den kühlenden Effekt der Evaporation zu nutzen. Potentielle Flächen hierfür sind zum Beispiel der Bronntor- und Bahnhofsvorplatz. Durch Verdunstung wird der Umgebungsluft thermische Energie in Form von Wärme entzogen, sodass sich die gesamte Umgebung spürbar abkühlt. Die ans Stadtbild angepassten Wasserelemente führen außerdem zu einer Attraktivierung des jeweiligen öffentlichen Platzes. Gerade bei hochfrequentierten Örtlichkeiten wie dem Bahnhofsvorplatz sorgt eine solche Aufwertung für positive Eindrücke bei Besucher:innen. - Gebäude und das Gebäudeumfeld begrünen, um den kühlenden Effekt der Transpiration zu nutzen. Diesbezüglich gilt es auch die Bürger:innen aufzuklären, dass Photovoltaikan- lagen und begrünte Flachdächer nicht im Widerspruch zueinander stehen. Im Gegenteil: durch den kühlenden Effekt der Begrünung nimmt die Leistung des PV-Moduls zu! 17
Herrenberg klimaneutral 2040 1.2 Überflutungsflächen bei Extremniederschlag Neben technischen Maßnahmen des Objektschutzes in den durch den Landkreis ausge- wiesenen Belastungsbereichen sind weitere Maßnahmen erforderlich, die sowohl den Ge- samtoberflächenabfluss als auch die Abflussspitzen minimieren. - Begrünung und Entsiegelung zur Reduzierung des Oberflächenabflusses. Diese Maßnah- me greift aus hydrologischer Sicht vor allem bei mittleren Niederschlagsereignissen, da sich das Verhältnis aus Gesamtniederschlag und Oberflächenabflussvolumen verringert. Die Begrünungsaktionen sollten so geplant werden, dass zusätzlich eine Verbesserung des Stadtklimas erreicht wird. - Gegen Starkregenereignisse sind Retentionsmaßnahmen in Form von Überlaufbecken oder Überflutungsflächen vorzunehmen, sofern in Herrenberg notwendig und umsetzbar. 1.3 Stadtklimatisch relevante Grün-Freiräume - Grünflächen erhalten und bestmöglich untereinander vernetzen. Die Bepflanzung soll nachhaltig erfolgen. Dies bezieht sich nicht nur auf die ausgewählten Arten, sondern auch auf eine an Luftleitbahnen und potenzielle Überflutungsflächen angepasste Vegetation. - Straßenbegleitgrün erhalten und den veränderten klimatischen Bedingungen anpassen 2 Projekt: Trinkbrunnen Mit zunehmender Hitzebelastung steigt Freiluft-Sportplätzen mit einem geringeren auch der tägliche Wasserbedarf eines Men- Aufwand umsetzen ließe. Aus der Evaluation schen. Gerade an wärmeren Tagen soll des- bezüglich Nutzung und Handling lassen sich halb besonders darauf geachtet werden, wichtige Erkenntnisse für weitere geeignete dass der eigene Körper mit ausreichend Standorte ziehen. Wasser versorgt ist. Dies ist für die Gesund- heit, das allgemeine Wohlbefinden und für Sporttreibende in der Markweghalle sind die Leistungsfähigkeit wichtig. zwar nicht der direkten Sonneneinstrah- lung ausgesetzt, dafür aber einer stehen- Diesbezüglich hört man immer wieder von den Hitze. Hinzu kommt, dass die raumluft- öffentlichen Trinkbrunnen, die es der Be- technische Anlage im Gymnastikraum der völkerung ermöglichen, sich unkompliziert Markweghalle (wie in weiteren Herrenberger und kostenlos zu erfrischen. Auch in Her- Sporthallen) defekt ist, was die Hitze in den renberg kam bereits die Idee auf, Trinkwas- Sommermonaten noch schwerer ertragbar serbrunnen an öffentlichen Plätzen wie dem macht. Marktplatz zu errichten. Wir befürworten dies; unserer Meinung nach sollten die ers- Mit einer Sprudelfunktion bietet die Anlage Die nächsten Standorte... ten Trinkbrunnen jedoch Sporttreibenden einen deutlichen Mehrwert gegenüber dem Kindertageseinrichtungen zur Verfügung stehen. Deshalb fordern wir Leitungswasser auf den Toiletten und regt (Bewusstsein für nach- die Installation eines Trinkbrunnens in der zur Nutzung an. haltigen Wasserkonsum Markweghalle Herrenberg. frühzeitig fördern; Kosten sparen) Durch das Anbringen von Infoschildern mit Die Markweghalle ist eine der meistgenutz- schülerfreundlich aufbereiteten Fakten Grundschulen ten Sporthallen in Herrenberg - von nur einer wird außerdem das Bewusstsein für nach- Freizeitanlage Längenholz Anlage profitieren also verhältnismäßig viele haltigen Wasserkonsum geweckt. (Wie viel Marktplatz Bürger:innen. Gleichzeitig bietet die Mark- Gramm Plastik wird jährlich gespart, wenn (Aufwertung der Innenstadt) weghalle ein geschütztes Umfeld, in dem jeder der die Markweghalle nutzt seine/ihre sich die Anschließung und Instandhaltung Flasche hier auffüllt? Wie viel CO2 wird da- eines Trinkbrunnes im Verhältnis zu anderen durch vermieden?) 18
März 2021 Städtische Verwaltung Die Stadtverwaltung ist ein Vorbild für Bürger:innen. Der städtische Arbeitsalltag und die städtischen Gebäude sollen als gutes Beispiel vorangehen. Bei Erneuerungen der städti- schen Fahrzeugflotte sowie den City-Bussen ist ab sofort auf klimaneutrale Antriebsformen zu setzen. Für Veranstaltungen der Stadt soll es ein nachhaltiges Catering-Konzept geben. Ebenso gilt es, ein Konzept für die nachhaltige Beschaffung von Büromaterialien und Mittel der Öffentlichkeitsarbeit zu verfolgen. Auch der Effekt von Green Nudges unterstützt den Green Nudges - Doppelseitig-standardi- nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Unter den Begriff fallen beispielsweise doppelseitig- sierte Drucker (noch bes- standardisierte Drucker oder Erinnerungssticker wie “Licht aus?”. So kann das klimafreund- ser: digital statt gedruckt) liche Verhalten der Stadtgesellschaft mit wenig Aufwand enorm gefördert werden. - Erinnerungssticker, z. B. „Licht aus?“ - Team-Challenges zur Neben der Vorbildrolle kann die Stadt auch in anderen Bereichen wirken. Sie schafft An- Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel reize für Bürger:innen, ob durch Geld oder in anderer Form, und dient somit als Anbieter - Kostenfreie ÖPNV- und Förderer. Zudem befähigt sie ihre Bürger:innen, sich zu engagieren und selbst aktiv zu Probekarten - Papierhandtuchspender werden, indem sie relevante Strukturen und Möglichkeiten der Selbstorganisation bereit- mit durchsichtigem Baum- stellt. Um diese Mitgestaltung der Stadtgesellschaft durch eigene Projekte zu erreichen, Motiv (Baum schrumpft sollen die Bürger:innen auch genügend Informationen zum Thema Klimaschutz erhalten. Ein bei jeder Nutzung und macht dadurch auf Ab- regelmäßig stattfindenes Klimaforum oder Informationen auf der Homepage können dazu holzung des Regenwaldes beispielsweise als Impulse wirken. Hier dient die Stadtverwaltung als themensetzendes und aufmerksam) mobilisierendes Organ. Verschiedene Infokampagnen, die Initiativen der Stadt zu Themen wie Solardächern, Sanie- ren oder dem Radverkehr begleiten sollen, machen auf Projekte aufmerksam und können die Bürger:innen mobilisieren, geschaffene Strukturen zu nutzen. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz für klimaschonende Maßnahmen kann durch Information und Verständnis ge- steigert werden. Um kontinuierlich über eine Plattform für Informationskampagnen zu ver- fügen, schlagen wir die Einrichtung einer „Klimaseite“ im Herrenberger Amtsblatt vor. Neben Kamagnen wäre hier auch Platz für die allgemeine Klimabildung durch wissenschaftliche Fakten, aber auch für lokale, Herrenberg betreffende Berichte z. B. von Landwirt:innen, Förs- ter:innen oder Streuobstproduzent:innen. Auch wenn die Verwaltung selbst nur 4% der CO2-Emissionen Herrenbergs ausstößt 23, stellt sie eine Schlüsselrolle für die Erreichung der Klimaziele in Herrenberg dar. Sie schafft Struk- turen, vernetzt Akteur:innen, informiert und mobilisiert, um unsere Stadt gemeinsam mit allen Bürger:innen zu einem klimagerechten Herrenberg zu machen. 19
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