Höhenberg Rundbrief 2021 - Die Lebensgemeinschaft Höhenberg mit dem Lebensort Remelberg, den Höhenberg Werkstätten und der Höhenberger Biokiste ...
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Höhenberg Rundbrief 2021 Die Lebensgemeinschaft Höhenberg mit dem Lebensort Remelberg, den Höhenberg Werkstätten und der Höhenberger Biokiste ist eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit seelenpflegebedürftigen Menschen.
„Frei ist der Mensch, insofern er in jedem Augenblick seines Lebens sich selbst zu folgen in der Lage ist.“ RUDOLF STEINER Aus: Philosophie der Freiheit – Grundzüge einer modernen Weltanschauung Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Wir wünschen allen FreundInnen und LeserInnen des Höhenberger Rundbriefs ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr! Rundbrief 2021 1
Grußwort Liebe Leserinnen schreibt beispielsweise über den The- Anschließend gehen alle Berichte und Leser, rapiebereich und Inge Haslinger küm- ans Studio Lierl, das uns in enger Ab- mert sich um Berichte zu Spenden und stimmung jedes Jahr den Rundbrief ein bekannter Schriftsteller sagte um die Werbeanzeigen im Heft sowie gestaltet. Federführend ist dabei Frau einmal, schreiben wäre leicht, man um die Koordination mit dem Grafik- Körner, vielen Dank an Sie! müsse nur die falschen Wörter weg- büro. Katharina Röhrl übernimmt die Meist auf den letzten Drücker geht lassen. Wenn das doch nur so ein- Themenbereiche, die auf dem Schreib- der Rundbrief in Druck und wird fach wäre! Was derselbe Schriftstel- tisch liegen geblieben sind und Chris- kurz vor knapp bei uns angeliefert, ler nicht gesagt hat ist, wie lange tian Hartl erledigt die Abwicklung. um noch rechtzeitig vorm Weihnachts- es dauert, bis man nur noch die rich- Währenddessen versucht Matthias Wa- urlaub verteilt und verschickt zu wer- tigen Wörter im Text stehen hat: xenberger den Überblick zu bewahren den. Unsere Montagegruppe schafft Also hat sich das Rundbrief-Redak- und liefert neue Themenvorschläge. es mittlerweile in Rekordgeschwindig- tionsteam bereits im Mai 2021 zum So hat jeder von uns sein Fachgebiet. keit, ca. 2000 Rundbriefe postfertig ersten Mal getroffen, um mit der Pla- Gleichzeitig hat die übergreifende Zu- zu machen. 4000 Stück gehen an die nung dieses Heftchens loszulegen. sammenarbeit super funktioniert: Biokiste und werden dort an die Kun- In diesem Jahr umfasst das Team Kurzum war die Rundbriefredaktion den verteilt. 8 Personen. Wir haben es tatsächlich 2021 ein tolles Team. Ein bisschen stolz sind wir schon, geschafft, Vertreter aus allen unseren Bis Ende September müssen alle wenn wir das fertige Exemplar in den verschiedenen Arbeitsbereichen zu fin- Beiträge vorliegen, denn dann geht es Händen halten und sehen, dass sich den: Paula Achatz ist unsere Expertin ans Korrekturlesen. Dabei wollen wir die Arbeit auf alle Fälle gelohnt hat. für alles, was in Velden bei der Bio- uns ganz herzlich beim Ehepaar Elisa- kiste los ist, Inge Zebisch liefert den In- beth und Hans Waxenberger bedan- Viel Spaß beim Lesen wünscht halt für Remelberg, Anna Butz berich- ken, sie übernehmen die Prüfung auf Das Redaktionsteam tet über das ABW, Anita Barnerssoi Rechtschreib- und Grammatikfehler. 2 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Das Jahr 2021 im Wohnbereich Höhenberg/Velden Ein Thema, dem wir schon gewaltig tuation einließ und uns nach seinen überdrüssig gegenüberstehen, hat Möglichkeiten bestens unterstützte. uns auch wieder zu Jahresbeginn Ein riesiger Dank an alle besonnenen begleitet. Sie ahnen natürlich, wor- und hochengagierten MitarbeiterIn- um es geht: Dauerlockdown, immer nen, die natürlich der größten Bela- wieder Quarantäne und latente An- stung ausgesetzt waren. spannung zerrten an jedermanns/ dem kann sich jede/r denken, wie froh Wir hatten aber auch viele Momen- -fraus Nerven, gepaart auch noch wir waren, als die Betroffenen wieder te, die uns dieses Jahr sehr erfreut mit dem Gefühl der ständigen Be- gesund aus der Quarantäne entlassen haben. Dazu gehört natürlich Johanni: drohung. werden konnten. Am Vormittag haben wir uns noch Schließlich hatten wir Ende Februar Woher das Virus kam, bleibt rätsel- sehr bemüht, mit positiven Gedanken auch unsere erste Bewährungsprobe haft. Froh sind wir darüber, dass auf- das Wetter zu beeinflussen, da die Pro- zu bestehen. Insgesamt 4 BewohnerIn- grund schneller Reaktion eine größere gnosen nicht gerade berauschend wa- nen, verteilt auf zwei Wohnhäuser, hat- Ansteckungswelle vermieden werden ren. Ein bisschen hat es auch genutzt, ten sich mit dem Coronavirus infiziert, konnte. Dankbar sind wir für die Un- weil Pfannkuchenessen und das Feuer Gott sei Dank ohne größere gesund- terstützung von Angehörigen, die zur anzünden noch im Trockenen möglich heitliche Beeinträchtigungen. Trotz- Entlastung der betroffenen Häuser waren. Erst später kam der Regen, dem kann man sich vorstellen, dass BewohnerInnen zu Hause betreuten, Gott sei Dank überschaubar. Für Auf- aufgrund der langen Isolierung und ebenso für die gute Zusammenarbeit regung sorgte dann noch ein Einsatz Quarantäne ausnahmslos alle Beteilig- mit dem Gesundheitsamt Landshut, der Feuerwehr, da in der Umgebung ten massiv beansprucht wurden. Zu- das sich immer wieder auf unsere Si- wohl jemand dachte, dass in Höhen- Rundbrief 2021 3
berg ein Feuer ausgebrochen sei und die Feuerwehr alarmierte. Schnell war die Situation geklärt. Natürlich ist es ärgerlich, wenn die Feuerwehren der Umgebung zwecks Fehlalarm aus- rücken müssen. Auf der anderen Seite durften wir erkennen, dass wir im Ernstfall schnell und umfangreiche Hilfe bekommen würden. Hierbei ein Dank an alle freiwilligen Feuerwehren steht. Für die MusikerInnen war es im Höhenberger Umland, die ja fast auch einer der ersten Auftritte nach ei- ausschließlich ehrenamtlich tätig sind. ner langen Zwangspause – umso mehr laden. Die letzten Sonnenstrahlen wur- Gut zwei Wochen später freuten wir haben wir das tolle Konzert gemein- den noch genutzt, als wir am 9. Oktober uns über ein Open-Air Konzert von sam genossen! nach Algasing fuhren. Die Freude war Live-Music-Now. Die Dorfwiese ist Eine herzliche Anfrage kam dann im groß, da auch der gemeinsame Sport in wirklich ein toller Ort für eine Matinée, September noch aus Algasing. Wir wur- diesem Jahr deutlich zu kurz gekom- eine ganz besondere Stimmung ent- den zu einem Freundschaftskick einge- men war. So wurde im Oktober auch 4 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Bedanken möchten wir uns bei den les vollbracht haben. Finanziert wur- MitarbeiterInnen, die die Disco in Re- den diese Anschaffungen durch Spen- melberg und Höhenberg (natürlich dengelder. Vielen Dank auch an alle auch bei uns mit 3-G-Regel) wieder SpenderInnen! haben aufleben lassen. Zu guter Letzt möchte ich mich Auch wichtige Termine wie Bewoh- noch bei Familie Kisslinger bedanken. nervertretung und die Impulskonfe- Sie hat sich entschieden, ihre Zelte renz, an der auch BewohnerInnen und anderswo aufzuschlagen. Freilich ein Beschäftigte teilnehmen, konnten wie- herber Verlust, da Stefanie Kisslinger der stattfinden. als Hausleitung mit ihrem Team über Vielfach haben wir in Höhenberg 7 Jahre stabile Verhältnisse geschaffen schöne Ecken entdeckt, die sich bei hat. Die BewohnerInnen, Angehöri- schönem Wetter wunderbar für Be- gen und KollegInnen danken es Ihnen sprechungen im Freien eignen, z. B. sehr. Wir sind schon neugierig und ge- das Teehäuschen im Garten vom spannt, was sich entwickelt. Wichtig ist Haus Morgenstern. uns, dass die Wohnung schnell wieder Dort ist übrigens so allerhand vor- bezogen wird, da uns das inklusive wärtsgegangen. So befindet sich vor Wohnen am Ort weiterhin unglaublich dem Haus jetzt eine tolle Schaukel und am Herzen liegt. Alles Gute an Familie eine schöne Sitzgelegenheit. Im Gar- Kisslinger auf Euren weiteren Statio- noch ein paarmal trainiert, auch wenn ten hat sich eine Feuerstelle mit Sitz- nen! einem Fußballer das Herz über den bänken ergeben. Auch Gartengestal- Jetzt blicken wir voraus in das neue Zustand des Sportplatzes ein bisschen tung und Bepflanzung erfreuen den Jahr. Der Wunsch nach Ruhe vor dem blutete. Der wurde nämlich die letzten Betrachter. Herzlichen Dank an das C-Wort eint uns alle. Wir sind zuver- eineinhalb Jahre für Allerlei genutzt, Team vom Haus Morgenstern und an sichtlich! darunter hat er durchaus gelitten. die Truppe vom GalaBau, die hier Tol- Matthias Waxenberger Rundbrief 2021 5
Rückblick Remelberg Liebe Leserinnen und Leser, nachdem im letzten Jahr noch der Rückzug und das Innehalten auf- grund der Pandemie vorrangig wa- ren, folgten in diesem Jahr die Öff- nung und die Rückkehr zur Normali- tät. Vor allem für unsere Bewohne- rInnen war neue Kontinuität in der Teilhabe wichtig. Vor allem sehnten sie sich nach der Pflege sozialer Beziehungen und nach gemein- samen Kultur- und Freizeitveran- staltungen. Bereits zu Beginn des Jahres konn- ten wir gemeinsam mit dem Gesund- heitsamt ein freiwilliges Impfangebot für den gesamten Wohnbereich orga- nisieren. Die Möglichkeit zur Auffri- 6 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
mussten wir das Vorhaben für das Jahr 2022 terminieren. Während der Bau- arbeiten wird die Straße nicht befahr- bar sein, so dass überlegt wird, die Urlaubsbetreuung auszulagern. Wei- tere Vorhaben wie die Erneuerung von Brandmeldeanlage und Feuer- melder in Remelberg, die Sanierung von Wegen, die Montage einer Photo- voltaikanlage sowie die Anschaffung eines Elektroautos konnten wir in die- sem Jahr umsetzen. Sehr erfreulich ist die hohe Nach- frage an Wohnangeboten der Lebens- gemeinschaft Höhenberg, aufgrund derer wir uns sehr kurzfristig dazu entschieden haben, ein neu gebautes Haus in einer Siedlung im nahegele- nen konnten. Auch ein inter- genen Markt Velden anzumieten. Die nes Maifest oder die Johanni- fünf zur Verfügung stehenden Wohn- feier waren dadurch wieder plätze sind bereits belegt und unsere möglich. Und so blicken wir, neue Wohngemeinschaft wird noch wenngleich noch vorsichtig in diesem Jahr eröffnen. Organisation und bedacht, zuversichtlich und auch zukünftige Begleitung der auf das nächste Jahr. Wohngemeinschaft werden vom Team In den letzten Jahren gab des Ambulant Betreuten Wohnens des es immer wieder Versuche, Wohnbereiches übernommen. die Zufahrt nach Remelberg Für das nächste Jahr hoffen wir Sie, zu asphaltieren. Leider kam liebe Angehörige und Freunde, wieder es bislang zu keiner Umset- gemeinsam an unserem Lebensort be- zung. Wegen steigender Fre- grüßen zu dürfen. Planungen und Ideen quentierung und starker für Veranstaltungen und Feste liegen auf Witterungsabhängigkeit der jeden Fall bereit. Straßenoberfläche müssen Stephan Hackl wir uns mehr um den Aus- bau bemühen. Nach Gesprä- chen mit den Anrainern und notwendiger Vorplanungen schungsimpfung wurde schließlich für stimmte der Marktgemeinderat Buch- den Herbst geplant und durchgeführt. bach einer Oberflächenasphaltierung Sehr froh sind wir darüber, dass wir, durch die Lebensgemeinschaft Hö- entsprechend den notwendigen Infekti- henberg zu und beteiligt sich mit einem onsschutzmaßnahmen und gesetzlichen mittleren fünfstelligen Betrag an den Bestimmungen, unser Café Caffutschi- Kosten. Da sich für die Durchführung no wieder für den internen Betrieb öff- der Maßnahme nur der August eignet, Rundbrief 2021 7
2021 – Rückblick in die Werkstätten Goldener Herbst … viel Geduld und Ausdauer. Zuverläs- „Was es in den letzten drei Jahren sige, regionale Firmen konnten gefun- zu wenig geregnet hat, war es die- den werden und im Mai fing alles ganz ses Jahr zu viel.“ Bekanntlich kann hoffnungsvoll an. Der Unterstellplatz man es ja den Landwirten nie recht für die Molketanks und Joghurtglä- machen, aber in diesem Frühjahr ser konnte zügig mit Hilfe unserer hat es schon sehr lange gedauert, tatkräftigen GaLa-Bau-Gruppe aufge- bis die Wärme kam und dann so stellt werden. Mit Bodenplatte und viel Wasser. Dafür belohnte uns der Außenmauern zeigten sich erfreulich Herbst mit strahlenden Tagen – die schnell sichtbare Ergebnisse. Dann späte Wärme tut uns allen gut – so kamen die Lieferengpässe: der Zimme- dass letztendlich ganz gute Ernten rer bekam kein Holz, der Fensterbauer eingefahren wurden. Qualität und kein Glas. Die ausgebuchte Baubran- Menge sind nicht auf Rekord- che tut sich schwer mit Terminver- niveau, aber gut. Auch Futter konn- schiebungen. Inzwischen haben wir te auch ausreichend eingelagert ein Dach, die Fenster sind eingebaut, werden. Unseren Kühen dürfen wir der Trockenbau der Innenwände ist wieder danken für viele, viele Liter vollbracht. Elektriker und Verputzer muss noch warten. Die dazu notwendi- bester Milch. werden noch vor der Winterpause zum ge Produktionsunterbrechung braucht So produzieren die KäserInnen auf Zuge kommen, ebenso die Außenge- gründliche Vorbereitung – es bleibt Hochtouren, die Nachfrage ist unge- staltung. So können Baugerüst und spannend. bremst, leider immer noch in den al- Bauzaun wieder abgebaut und die Gute Vorbereitung braucht auch die ten Räumen. Der neue Anbau hat so Parkplatzsituation wieder entschärft Erneuerung unserer Apfelsaft-Moste- seinen eigenwilligen Zeitplan, braucht werden. Die Renovierung im Bestand rei. Die Planungen sind in vollem Gan- 8 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
ge: Gerätschaften ausgesucht, Förder- Die hohe Qualität der Bienen- Die Küche hat inzwischen ein Sorti- mittel und Spenden für einzelne Teile wachskerzen führt ebenso zu immer ment von fast fünfzig Artikeln: Von Sup- vorhanden. Sorge bereiten noch der größeren Bestellungen. Mit viel Freude pen über Fruchtaufstriche, Eingelegtes Ausbau geeigneter Räume und die da- und Tatkraft wird schon im Frühjahr und Eingemachtes bis hin zur Fleisch- zu fehlenden Eigenmittel. Neben der losgelegt, damit bis Weihnachten alles vermarktung der Höhenberger Rinder. Käsereibaustelle war die Umsetzung in fertig wird. Ein zusätzliches Tauch- Die Höhenberger Biokiste und der Bio- diesem Jahr nicht mehr zu bewältigen, karussell ist in Auftrag. markt werden laufend beliefert. aber 2022 klappt es bestimmt. Auch in der Bäckerei werden die Ofenkapazitäten knapp, nur mit künst- lerischem Organisationsgeschick sind die aktuellen Mengen noch zu bewälti- gen. Die Nachfrage, vor allem in der Höhenberger Biokiste und im Bio- markt, sind gestiegen. Die konstant au- ßerordentliche Qualität der Backwa- ren wird nach wie vor hoch geschätzt und das inzwischen seit Jahrzehnten! Rundbrief 2021 9
Inzwischen können auch Eier – in schon schwieriger. Leider darf auch kleinen Stückzahlen – erworben wer- der Adventsmarkt am 2. Advent corona- den. Die kleine Hühnerfarm der Land- bedingt nicht stattfinden. schaftspflegegruppe erfreut nicht nur Die Schreinerei ist voll mit Serien- die Herzen, sondern auch mit Eiern und aufträgen unterschiedlichster Art. Die ab und zu einem Huhn – vorzüglich! Herstellung können die Beschäftigten Die ersten größeren Lieferungen inzwischen recht selbstständig erledi- bunter Wachsmalfarben konnten an gen und mit Stolz ihre Leistung präsen- unsere Partnerfirma Actuma geschickt tieren. Teilnehmer aufnehmen und wir freuen werden. Die Entwicklung geht schon Die Montagegruppe kommt mit der uns über den frischen Wind – im golde- weiter, die Farbpallette wird nun von Verpackung gut hinterher, auch hier nen Herbst. 8 auf 24 Farben, von weiß bis schwarz werden die gekonnten Handgriffe ge- … Die Wärme tut uns allen nochmal erweitert werden. Neue Formen für liebt und mit viel Ausdauer ausgeführt. richtig gut. höhere Kapazitäten und eine weitere Am meisten freut uns natürlich, dass Florian Klotz Abfüllstraße werden aufgebaut. wir seit Oktober wieder alle Werkstät- Unsere Förderwerkstatt im Haus ten geöffnet haben, jeder kann wieder Veränderungen in der Morgenstern heißt inzwischen „Kreativ- in seiner Wunschwerkstatt arbeiten. Landwirtschaft werkstatt“, immer mehr stehen künstle- Die begleitenden Schutzmaßnahmen Nach drei sehr trockenen Jahren, risch-kreative Arbeiten und Beschäfti- werden bereitwillig mitgetragen, so- die uns wirklich zum Schwitzen gungen im Vordergrund. dass die freudige Arbeit wieder im Mit- gebracht hatten, kam dieses Jahr Auch wenn unsere geliebten Märkte telpunkt stehen kann. Besten Dank eine Herausforderung der beson- zurzeit nicht stattfinden können, kann für so viel Verständnis! deren Art: die Filzwerkstatt gute Bestellmengen So können auch wieder die Außen- Es regnete!!! Jetzt könnte man ja über unseren Webshop verzeichnen. arbeitsplätze in der Biokiste und im sagen, „endlich einmal wieder genug Gerade in finsteren Zeiten erfreuen die Biomarkt sowie in verschiedenen Kin- Wasser“. Das stimmt schon, aber wie bunten Filzprodukte die Gemüter. dergärten besucht werden. Bauern so sind, man kann es ihnen nie Auch die Schnitz- und Flechtwerk- Auch unser Berufsbildungsbereich recht machen ☹. Nun war es also ein statt stellt mit Spaß und Energie ihre – er hat sich in der durch Corona ein- sehr nasses und vor allem kaltes Früh- wunderbaren Holz- und Flechtkunst- geschränkten Zeit ganz neu zur „Lern- jahr, sodass alles etwas später losge- werke her. Die Vermarktung der über- und Orientierungswerkstatt“ entwickelt wachsen ist, das Getreide Mühe hatte, wiegend individuellen Einzelstücke und entfaltet (siehe Youtube-Video: sich gut zu entwickeln. Aber es ist ge- über den Webshop gestaltet sich da „Ausgehen“!!!) – kann wieder neue wachsen, wir haben geerntet und kön- 10 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
mermann Erfahrungen gesammelt, und diesen Sommer mit seiner Freundin Clara Polock auf einer Alm in der Schweiz viele, viele Kühe betreut. Für unsere Arbeit ist er damit bestens gerü- stet, wir freuen uns auf die Zusammen- arbeit. Im November trat erfreulicherweise noch Katharina Sitzmann als erfah- nen wieder ein Jahr davon essen! dieser auch auf diesem Wege für seine rene Kraft in unser Team ein. Sie wird Es gibt personelle Veränderungen Mitarbeit und wünschen alles Gute ein halbes Jahr mitarbeiten und vor al- in der Landwirtschaft: Markus Ham- für die Zukunft! Unsere Bullenkälber len Dingen mich als „Altbauern“ etwas burger hat uns nach knapp eineinhalb wird er weiterhin zur Weidemast über- freistellen. Hier kündigt sich ein Gene- Jahren leider wieder verlassen. Mit der nehmen. rationswechsel an, der gut vorbereitet eigenen kleinen Landwirtschaft im Seine Stelle übernahm im Oktober sein will: Ich strebe die Übergabe Ende Hintergrund hat er eine Arbeitsstelle Lukas Hölderle. Er hat bis letztes Jahr 2023 in jüngere Hände an und hoffe, „vor der Haustüre“ gefunden und seine Ausbildung auf dem Demeter- dass wir engagierte Menschen dafür kann so Hof und Arbeit außer Haus Betrieb Hofgut Rengoldshausen absol- finden werden. besser verbinden. Wir danken ihm an viert, zwischendurch bei einem Zim- Rainer Janz Rundbrief 2021 11
20 Jahre Höhenberger Biokiste Im vergangenen Jahr, genauer ge- sagt im Mai 2021, ist unsere Bio- kiste doch tatsächlich schon 20 Jahre alt geworden. Zum Feiern hätte es also genügend Anlass ge- geben: Was haben wir nicht alles er- reicht? Wir sind ein mittelständi- sches Unternehmen mit weit über 100 Mitarbeitenden geworden. Wir beliefern jede Woche weit über 3.000 Haushalte. Wir haben einen wunderbaren Biomarkt. Wir bieten Genussabende, Kochabende, Kos- viel Arbeit: Neue Mitarbeitende, neue Ziel erreicht, könnte man sagen. Das metikbehandlungen, Beratung, Ge- Fahrzeuge, neue Arbeitsmittel, bessere Arbeiten ist für viele Mitarbeitende spräch und viel Wissen über Öko- Ausstattung fürs Home-Office, Hygie- deutlich angenehmer und stressfreier landbau und gesunde Ernährung. nekonzepte, digitale Kommunikations- geworden. Und so sehen wir uns auch Unser Gebäude ist nachhaltig. Wir wege, mehr Verantwortung usw. für die kommenden Jahre gut gerüstet. erzeugen unseren eigenen Strom, Wenig überraschend folgte noch Unser MitarbeiterInnen-Bestand ist wir fahren zunehmend elektrisch im Sommer ein erneuter Umbau zur 2019 von 80 auf gut 90, 2020 auf 120 oder gar mit dem Lastenrad... Erweiterung der Lager- und Arbeits- und bis Ende 2021 gar auf über 140 Doch Corona ließ keine große Feier flächen. Wir haben Kistenlager (Car- Personen angewachsen. Dies war und zu. So beschlossen wir, mit dem Feiern ports) gebaut, haben Kühlräume um- ist die schönste und zugleich größte zu warten. Außerdem hatten wir sowie- gebaut und erweitert, haben eine Pack- Herausforderung. Die Teamgrößen so alle Hände voll zu tun: Der lange straße für Kühlwaren in einen Kühl- verdoppelten sich schließlich nahezu. Lockdown von Herbst 2020 bis weit ins raum verlegt und eine neue Packstraße Es mussten viele Neue von den Kolle- Frühjahr 2021 forderte viel von uns. für die Ware aus dem Biomarkt errich- gInnen eingearbeitet und geschult Wachstum kann so schön sein. Ist es tet. Seither ist aber wirklich jeder ein- werden, es mussten komplexe Dienst- auch. Aber zu allererst macht es richtig zelne Quadratmeter optimal genutzt. und Urlaubspläne erstellt und gepflegt 12 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
werden, die Kommunikationswege und setzt werden konnten: Erst kamen probegekocht und getüftelt und so -mittel wurden optimiert und professio- David (Biomarkt) und Rainer-Peter konnten wieder tolle Kochabende für nalisiert. Die Selbstorganisation und (Zusatzteam) zu uns, im Herbst auch Erwachsene sowie Kinderkochkurse Selbstständigkeit der Bereiche und Phillip (Lager) und Katharina (Bio- in der Biokistenküche stattfinden. Teams wie z.B. Kundenbetreuung, Mar- markt) zurück. Der/die ein oder ande- Wir sind auch nach 20 Jahren nach keting, Buchhaltung, Logistik und auch re hat sich in der langen Zeit der Pan- wie vor hochmotiviert und freuen uns der verschiedenen Packbereiche hat demie einen neuen Arbeitsplatz direkt auf das neue Jahr, in dem wir hoffent- sich auf ein ganz neues Level gehoben. in Höhenberg gesucht und mag ver- lich dann 21 Jahre Biokiste gebührend Dieses schnelle Wachstum zeigt uns ständlicherweise dort bleiben. Schau- feiern werden, in dem wir, so ist es ge- deutlich, welche Chancen es bietet und en wir, was 2022 bringt! Auf jeden Fall plant, für den gesamten Betrieb eine was sich an Neuem und Unerwartetem liegen uns auch weiterhin Inklusion ganz neue und moderne Software be- auftun kann. Eine spannende Zeit! und Integration sehr am Herzen. kommen werden und in dem wir hof- Hier sei nun dringend erwähnt, Endlich konnten wir auch wieder zu fentlich endlich auch wieder viel mehr dass die Arbeitsplätze der Beschäftig- Veranstaltungen in der Biokiste einla- Beschäftigte aus den Werkstätten um ten aus Höhenberg leider – corona- den! Unsere Ernährungswissenschaft- uns haben werden. bedingt – nur sehr zögerlich wieder be- lerin Sabine Ommer hat immer fleißig Jochen Saacke Rundbrief 2021 13
Rückblick Biomarkt Lichtblicke 2021 – gab es da irgendwelche Lichtblicke? Irgendetwas Erhellen- des im Corona-Alltag, irgendetwas Sonniges in diesem verregneten Sommer? Alles schien doch so end- los, trostlos, lichtlos. Immer noch Masken tragen, keine Verkostun- gen, keine Genussabende, keine Messen, keine Beschäftigten aus Höhenberg, keine Betriebsaus- flüge. Gab es da kleine Glücks- momente? Ach ja, doch, da fällt mir die Sabine Eckart ein. Mit einer glatten 1 hatte sie ihre Ausbildung zur Kauffrau im Ein- zelhandel in unserem Biomarkt ab- geschlossen und gleich ein Stipendium Ach, und noch was: Unser Mitar- David hat stellvertretend für die Be- dafür bekommen! Das war schon ein beiter Habib durfte zusammen mit sei- schäftigten aus Höhenberg die Stange Highlight! nem Bruder seine Familie im Iran be- gehalten, er arbeitet ganztags bei uns Und noch was hat uns etwas aufge- suchen! im Biomarkt. Aber auch Katharina ist muntert: Die legendäre Poolparty, die Ja, und es kamen auch neue nette nach langer Pause wieder in den Bio- immer einmal jährlich mit allen Bio- MitarbeiterInnen zu uns: Imke und markt zurückgekehrt. markt-MitarbeiterInnen steigt, war Vivien sind nun mit an Bord und Und, man glaubt es kaum, wir hat- zwar verregnet, dafür aber echt lustig Bettina ist aus der Elternzeit zurück- ten es hingekriegt, doch wieder eine und sehr unbeschwert. gekommen. Baustelle aufzutun! Nein, wir wollten 14 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Ich heiße Katharina Kuhn bin 35 Jahre alt und wohne im Haus Gabriel. Ich arbeite seit 5 Jahren im Biomarkt in Velden. Meine Tätigkeiten sind Ware einräumen, Thekendienst und Kundengespräche. Einmal in der Woche kommt meine Unterstützerin Susanne Porcel. Mir machte es wieder Spaß im Biomarkt zu arbeiten. eigentlich nicht schon wieder an- Tja, da war sie da, die Idee! Den Das ist doch wirklich ein Lichtblick! bauen … Aber das war jetzt einfach Eingangsbereich verglasen – ein Ge- Und davon gab es 2021 auf alle Fälle noch das Sahnehäubchen, das uns wächshaus musste her. So sind im noch viele mehr. noch gefehlt hat! September die Baufirmen angerückt So macht unser kleines Gartenpara- Es mangelte definitiv an einer opti- und entstanden ist ein wunderbar dies gleich am Eingang gute Laune malen Verkaufsfläche für unsere Pflan- lichtdurchfluteter neuer Verkaufsraum und lässt die Welt ein bisschen heller zen aus Höhenberg. Immer war es zu für Pflanzen, Blumenerde, Grillkohle, erscheinen. windig vor dem Eingang, abends muss- Gartenkeramik, Düngemittel und Deko- Kommt einfach mal vorbei und pro- te alles reingeräumt werden und die Artikel. biert es aus! Qualität litt unter diesen Bedingungen. Ingrid Saacke Rundbrief 2021 15
Die Reise einer Tomate Von der Gärtnerei Höhenberg zur Biokistenkundin Die Reise der 2 Der Gärtner Sidy Tomate beginnt im erntet die frischen 1 Gewächshaus der Gärtnerei Höhen- Tomaten sorgfältig von Hand. 3 Eine Kundin der Höhen- berg. Dort wachsen berger Biokiste bestellt im die Demeter-Tomaten. Onlineshop Tomaten aus der Gärtnerei Höhenberg. Wenn’s geschmeckt hat, gehen bald die nächsten Tomaten auf die Reise … Dann macht er sich auf den Weg, die Tour auszuliefern. 9 … und bereitet mit ihnen einen Die Kundin erhält Brezenknödelsalat ihre Kiste, packt die zu. Das Rezept Tomaten aus … ist im Biokisten- Kochbuch „Köstlich kommt von kostbar“ 10 zu finden! (Und auch auf der näch- sten Seite …) 11 16 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Nach der Ernte 4 prüft Sidy jede Tomate genau auf ihre Qualität. Dann bringt Gudrun 5 die Tomaten zum Auto, damit sie zur Biokiste geliefert werden können. Angekommen in der Biokiste lagern die Marcus lädt Tomaten bei ca. 9 Grad die Kiste in der Kühlung. in das Liefer- auto ein. 6 8 An der Obst- & Gemüsepack- straße packt Evi die Tomaten in die Kiste der Kundin. 7 Rundbrief 2021 17
„Köstlich kommt von kostbar“ – das Kochbuch der Höhenberger Biokiste meinsam die Initiative und setzten das Projekt in die Tat um. Die liebsten Re- zepte der Mitarbeitenden der Biokiste wurden gesammelt und mit viel Spaß und guter Laune nachgekocht und fotografiert. Nach und nach entstand das umfangreiche, anschauliche und alltagstaugliche Kochbuch „Köstlich kommt von kostbar“. Leckere und ein- fache vegetarische und vegane Rezep- te aus dem Alltag, die ganz leicht nach- zukochen sind. Das Kochbuch enthält umfangreiche Tipps, wie beispielswei- se tierische Lebensmittel durch vegane Alternativen ersetzt werden können. Durch die praktische Resteküchenliste am Ende des Buches findet jedes Obst und jedes Gemüse noch seine Verwen- dung. So können wir gemeinsam Le- bensmittelverschwendung vermeiden. Die Gerichte reichen von Vorspeisen, Suppen, Smoothies bis hin zu Bur- gern, Nudeln, Aufläufen und Desserts. Ein reichhaltiges Sammelsurium an ku- linarisch abwechslungsreichen Rezep- ten auf über 220 Seiten. Ein Gemeinschaftsprojekt der Mit- arbeitenden der Höhenberger Biokiste. Erhältlich ist das Kochbuch in der Höhenberger Biokiste, im Onlineshop und im Höhenberger Biomarkt. Zu- sätzlich verkaufen sechs Buchhandlun- gen in der Umgebung das Buch: Buchhandlung Dorfen Buchhandlung Dietl in Landshut Bücher Pustet in Landshut Buchhandlung Taufkirchen Neben der Belieferung mit hoch- Pandemie von unserer ehemaligen Buch am Markt in Velden wertigen Bio-Lebensmitteln bietet Bioköchin Caro geboren wurde: ein Buchhandlung Koj in Vilsbiburg die Höhenberger Biokiste ab- eigenes Biokisten-Kochbuch her- wechslungsreiche Kochkurse an. auszubringen! Leider konnten sie während Coro- Food-Designerin Ela, Food-Photo- na-Zeiten erst einmal nicht mehr graph Chris, Ernährungswissenschaft- stattfinden. Dafür nahm eine Idee lerin und Hobby-Köchin Sabine und Gestalt an, die schon weit vor der Eva aus dem Marketing ergriffen ge- 18 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Brezenknödelsalat von Caro Zutaten Zubereitung waschen und in ½ cm dünne Brezenknödel: Brezenknödel: Scheiben schneiden. – 5 Brezen • Das Salz von den Brezen entfernen, • Gebackene Brezenknödel in 1,5 cm – 2 Semmeln Brezen und Semmeln in ½ cm große breite Würfel oder Scheiben schnei- – 250 ml Milch Würfel schneiden und in einer Schüs- den und in der Pfanne in etwas Butter – 3 Eier sel mit warmer Milch übergießen. Ab- anbraten. – ½ Bund Petersilie gedeckt ca. 20 Minuten quellen las- Dressing: – 1 scharfer Paprika sen. Anschließend Eier unterrühren • Für das Dressing Schnittlauch klein – ½ Bund Schnittlauch und weitere 10 Minuten ziehen lassen. schneiden, Olivenöl mit Weißwein- – 1 kleine Zwiebel In der Zwischenzeit eine Muffinform essig vermischen und Senf, Salz, – 1 EL Butter mit Butter einfetten. Pfeffer und Schnittlauch dazugeben. – 1 Msp. Muskatnuss gemahlen • Backofen auf 180 °C vorheizen. Das Dressing darf ruhig sehr kräftig – Etwas Butter zum Einfetten der • Petersilie und Schnittlauch ab- schmecken, damit der Salat später Muffinform und Ausbacken der brausen, trockenschütteln und klein auch würzig genug ist. Brezenknödel schneiden. Zwiebel schälen und fein • Angebratene Brezenknödel, Lauch- Salat: würfeln. Butter in einer Pfanne erhit- zwiebeln, Radieschen und Tomaten – ½ Bund Lauchzwiebeln zen und Zwiebelwürfel mit Petersilie gut mischen. Das Dressing darüber- – 1 Bund Radieschen 1 Minute anbraten. Zusammen mit geben und vor dem Servieren noch – 250 g Roma-Tomaten Schnittlauch und Muskatnuss zum etwas durchziehen lassen. Dressing: Teig geben. Mit scharfem Paprika, – 4 EL Olivenöl Salz und Pfeffer abschmecken. Mit Vegane Variante: – 2 EL Weißweinessig feuchten Händen Knödel abdrehen Für eine vegane Variante der Brezen- – 2 TL süßer Senf (bayrischer Senf) und in die Form füllen. Brezenknödel knödel die Milch durch Pflanzenmilch – ½ Bund Schnittlauch im Ofen 20–25 Minuten backen. ersetzen und anstelle der Eier ins- – Salz Salat: gesamt 2–3 EL Stärke verwenden. – Pfeffer • In der Zwischenzeit Lauchzwiebeln, Radieschen und Tomaten putzen, Rundbrief 2021 19
Flechtwerkgestalter aus der Schnitzerei Interview mit Sebastian Mak Das Interview führte Anna Butz, begleitet von Anita Barnerssoi. Anna: „Korbflechten ist eine alte Kunst – wie bist du dazu gekommen?“ Sebastian: Ich bin ein sehr öko- logisch und nachhaltig orientierter Mensch. Ich mag kein Plastik. Mein freiwilliges ökologisches Jahr beim NABU hat mich da sehr geprägt. Anna: „Wie gestaltete sich die Aus- bildung?“ Sebastian: Ich habe eine Ausbil- dung zum Drechsler gemacht, aber im Holzhandwerk reicht oft eine Ausbil- dung nicht. Korbflechten und Drech- seln, das ergänzt sich sehr gut. Die Flechtwerkgestaltung ist das älteste be- kannte Handwerk überhaupt, bereits 10.000 Jahre alt. Ich war auf der letz- ten Schule dieser Art in ganz Europa. Sie ist in Oberfranken (Lichtenfels), dort lernte ich drei Jahre: Korbflech- ten, Feinflechtwerk und später Bauge- flecht. Es läuft viel über gedrechselte Formen, eine ideale Kombination für mich. Anna: „Wie kamst du auf Höhen- Anna: „Wie ist die Werkstatt ent- vorbereitet. Den Korpus flechten die berg?“ standen?“ Beschäftigten und wir stellen das Pro- Sebastian: Etwas im Handwerk Sebastian: Aus einer Überpro- dukt dann fertig (z.B. Rand, Henkel, zu schaffen – aus dem ökologischen duktion von Schalen-Rohlingen in der Accessoires) Aspekt heraus, das ist es, was ich ma- Schnitzerei (wir kamen gar nicht mehr Wir haben auch begonnen, in Hö- chen will. Beim Flechten hat man ei- hinterher mit dem Weiterbearbeiten). henberg und Remelberg ökologisch nen geschlossenen Kreislauf und ist Da ist das Flechten eine schöne Ar- Weiden anzubauen … das ist nicht nur idealerweise autark. Vom Anbau der beitsalternative für die Beschäftigten eine Marktlücke, sondern kommt auch Weiden über das Werk zum Verkauf. der Schnitzerei. meinem Wunsch, autark zu leben, ent- Ich dachte, in Höhenberg kann man Anna: „Was muss man alles beach- gegen. das brauchen, es ist eine gute Ergän- ten, wie macht ihr das gemeinsam?“ Anna: „Ich finde eure Produkte zung. Meine Frau ist auch Flechtwerk- Sebastian: Eine gute Planung ist gigantisch! Was ist für dich das Beson- gestalterin und wir waren schon sehr sehr wichtig, von der Einweichzeit bis dere an euren Produkten, was macht früh hier auf Märkten oder haben Kur- dahin, dass Bretter, die als Arbeits- sie aus?“ se in der Gärtnerei gegeben. Höhen- erleichterung dienen, vorbereitet, ge- Sebastian: Unsere Produkte sind berg fanden wir sehr interessant und bohrt und aufgestakt werden müssen. einfach schön, praktisch und eine gute wir kennen und mögen sehr viele Men- Die erste Schicht wird dann durch Alternative zu Plastik! Und unsere schen hier. mich oder durch meine Kollegin Hilde KundInnen sind etwas Besonderes, sie 20 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Stimmen der Beschäftigten: Christian Vorderhuber: „Mir macht Flechten einfach Spaß. Ich will am liebsten ganz und für immer hierbleiben.“ Etwas Neues aus dem Andreas Sperl: Therapiebereich „Mir gefällt das Flechten, wie der Franziska Höck über die Bothmer Ausbildung Basti mir alles zeigt. Ich liebe Körbe und im Herbst bringt der Basti mir In Höhenberg bin ich schon viele Jahre: Hier machte ich meine Ausbil- was Neues bei, das ist viereckig!“ dung zur Heilerziehungspflegerin und war einst Disco-Beauftragte. Nun bin ich Praktikantenbegleiterin und seit zwei Jahren arbeite ich in der Henriette Spandau: Kerzenwerkstatt 2. „Flechten entspannt mich, ich bin Höhenberg ist für mich ein super Ort: Zum Arbeiten, zum Spaß haben, mit sehr konzentriert und will absolut bei tollen Menschen zusammen zu sein und natürlich auch, um mich beruflich wei- der Sache sein, dass es dann schön terzubilden! für dich (KundIn) wird als Korb.“ Die Frage war nur: „Was kann ich noch beruflich dazu lernen?“ – Vielleicht Heilpädagogik, oder doch etwas Anderes? Anita Barnerssoi und Florian Klotz haben mich darin bestärkt, beruflich weiter zu gehen. So kam die Idee – „Mach doch die Bothmer Ausbildung!“ haben ein Herz dafür und sagen „Ich Tja, was ist denn Bothmer Gymnastik eigentlich? Wo wird sie gelehrt? Wie will einen langlebigen, handgeflochte- lange dauert das und was macht man dabei überhaupt?! nen Korb!“ Ich habe nicht lange gezögert nach Kassel zu reisen, um dort meine Ausbil- Anna: „Wie verkauft ihr eure Pro- dung zu beginnen. Ich schnupperte ein Wochenende lang hinein: Machte bei dukte?“ allem mit so gut ich konnte, beobachtete, was dort so alles vor sich ging und freun- Sebastian: Das ist schwierig um- dete mich recht schnell mit den KursteilnehmerInnen an. So wurde mir klar: zusetzen, denn im Baumarkt und Co. DAS WILL ICH MACHEN! GENAU DAS! gibt es natürlich Billigware, die unter Und was Bothmer Gymnastik ist, das finde ich gerade heraus! nicht fairen Arbeitsbedingungen her- Wir bewegen uns eigentlich ständig: Ob beim Sport – sei es Speerwerfen, gestellt wird. Das ist immer ein Pro- Bogenschießen oder Diskus – oder bei Spielen, bei denen keiner verlieren oder blem im Handwerk, dass die Arbeit gewinnen kann. Oder auch bei Artistik, was mir ja ganz besonders gefällt: und Liebe, die in einem Produkt steckt Erstens kann ich jonglieren und zweitens bin ich richtig gerne Clown! (Manche eben auch ihren Preis hat und wert- wissen das vielleicht) geschätzt wird. Aktuell verkaufen wir Schließlich gibt es noch diese typischen Bothmer Übungen. Sie erinnern an direkt bei uns in der Werkstatt, im Web- Gymnastik, Yoga und Tai- Chi... und sind dennoch etwas völlig anderes... shop, im Hofladen in Höhenberg so- Ein sich Spüren im ganzen Raum, ein Wahrnehmen der eigenen Grenzen, wie im Biomarkt in Velden und auf eine Dynamik aus dem Körper und dem Raum heraus: Zu sich und der eigenen Märkten. Thematik zurück – so könnte man es vielleicht beschreiben. Ich denke, jeder Anna: „Mir ist noch wichtig auf sollte es einfach mal probieren, um sich ein eigenes, genaueres Bild zu das BR-Video“ hinzuweisen, zu finden verschaffen! Es macht auf jeden Fall was mit einem, es verändert Haltungen, auf Youtube, mit dem Titel „der Korb- körperlich wie geistig, es gibt Kraft und Zuversicht und ja, bothmern macht flechter aus Velden.“ das Leben schöner! Sebastian lacht: „Ach, das ist ja Ich übe fleißig und hoffe, dass ich bald in der Lage bin, es anderen zu schon alt … aber gerne“ vermitteln! Rundbrief 2021 21
Anthroposophie – Von der Individualität, der Kunst der Freiheit und des Staunens Ein Philosophisches Gespräch K: So habe ich darüber noch nie wieder aus. Aber ich habe gar keinen am Nachmittag in Höhenberg nachgedacht. Was ist das also für eine Anlass gesehen, wieder aufzuhören. K: Rudolph Steiner beobachtet mich Lebenseinstellung, die du mit der An- K: Die Frage „Wie werde ich von der Wand am Kleinen Saal und die throposophie verbindest? Mensch?“ finde ich spannend. Meinst Regale in der Verwaltung sind voll mit A: Das ist zum Beispiel die Selbst- du damit so etwas wie „Leben und seinen Büchern. Außerdem ist „Anthro- reflexion: Sie hilft, sich selbst wahrzu- leben lassen“? Das würde bedeuten, posophie“ der Begriff, den ich in nehmen, damit wir wohl überlegt han- dass niemand bevormundet wird – was Höhenberg wohl am häufigsten höre. deln können. in gewisser Weise gut für die individuel- dabei hatte ich vor meiner Zeit hier E: Es geht darum, sich zu zentrie- le Entwicklung ist. Es würde aber auch gar keine Ahnung, dass es sowas gibt. ren, wie das mit dem Bild vom Punkt dazu führen, dass niemand an der So präsent sie hier auch ist, für mich ist im Kreis schon angedeutet wurde. Da- Kritik eines Erfahrenen wachsen kann. die Anthroposophie nicht so recht greif- zu gehört auch, dass ich nicht immer Gerade, wenn ich an den Nationalso- bar. Habt ihr heute schon eine anthro- meine eigenen inneren oder geäußer- zialismus denke, ist es manchmal doch posophische Erfahrung gemacht? Und ten Kommentare abgebe, sondern frei gar nicht verkehrt, Menschen zu beein- falls ja, wo ist sie euch begegnet? davon zuhöre, was der andere sagt. flussen, oder? Ich meine, wir könnten E: Anthroposophie hilft mir täglich. Wir können uns einerseits in unserer doch mit dieser „Weisheit vom Men- Ich könnte zum Beispiel jetzt im Mo- eigenen Mitte zentrieren und zugleich schen“, die jeder von uns besitzt, unse- ment eine Übung machen, um meine die Welt um uns herum mit Gelassen- re Gesellschaft auch positiv beeinflus- Aufregung loszuwerden. heit wahrnehmen. sen, um so zu verhindern, dass solch K: Wie meinst du das? Anthroposophie – beziehungsweise grausame Akte der Entmenschlichung E: Ich würde mich zentrieren und Anthroposophia bedeutet übersetzt: sich nicht mehr wiederholen. dann in die Weite gehen. Dabei versuche „die Weisheit vom Menschen“ – Sie A: Du stellst dir also die Frage, ob es ich, von oben auf mich selbst zu blicken. befasst sich also mit der Frage, wie ich nicht Sinn macht, die Weisheit, die A: Ihr kennt die Zeitschrift Punkt Mensch werden kann. man selbst besitzt, allen zugutekom- und Kreis, oder? In der Anthroposo- Ich komme aus der Nähe von Da- men zu lassen? phie geht es häufig darum, sich auf ei- chau. Als Kind habe ich dort oft das K: Ja, genau. nen zentralen Punkt zu konzentrieren. Konzentrationslager gesehen: Sowohl A: So habe ich die Anthroposophie Wenn man diesen Punkt – also den Täter als auch Opfer wurden an die- nie erlebt. Man entdeckt und erlebt sie Kern einer Aussage oder den eigenen sem Ort völlig entmenschlicht. Ich mei- völlig frei und losgelöst. Ziel sollte es inneren Mittelpunkt – gefunden hat, ne, es ging irgendwann nur noch um aber nicht sein, die ganze Welt streng kann man die Weite um sich herum blutige, grausame Verbrechen und um nach den Regeln der Anthroposophie wahrnehmen: Also den Kreis, der den geschundene Schatten ihrer selbst, de- auszurichten. Punkt einrahmt. nen ihr Recht auf Leben abgesprochen K: Das finde ich interessant. Ich Aber zurück zu deiner Frage – An- wurde. Von da her ist die Frage: „Wie dachte immer, Rudolf Steiner sei eine throposophie begegnet uns in allen werde ich Mensch?“ auch eine, die Art Missionar im Dienst seiner Philo- Lebensbereichen und das täglich. Sie mich von Jugend an beschäftigt. Aber sophie. Aber du hast wohl Recht: Die ist eine Lebenseinstellung. erst über meine anthroposophische Anthroposophie schwebt über Höhen- Musiktherapie-Ausbildung habe ich berg. Ob wir mit ihr leben wollen oder die Anthroposophie tatsächlich ken- nicht, entscheidet jeder für sich. Die nengelernt: Ich glaubte hier eine Ant- Freiheit in diesem Konstrukt „Anthro- wort darauf zu finden, wie ich mich als posophie“ ist etwas Leises und Schlei- Mensch, als wirklicher Mensch, finden chendes: Oft bemerkt man selbst nicht, kann. Also dachte ich mir, ich mache dass man sie gerade auslebt, oder? das mit der Anthroposophie jetzt mal A: Das glaube ich auch. Ich bin so mit und wenn’s mir reicht, steige ich wie ich bin. Trotzdem bin ich mir 22 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Wörter unterschiedlich, sodass dir ein ganz neuer Blickwinkel auf das Thema eröffnet wird. Ich finde das faszinie- rend: So wird dieser Text zu etwas ganz Individuellem. Jeder von uns hat an- dere Talente oder Bedürfnisse, das spiegelt sich auch in unserer Wahrneh- mung der Welt – und auch darin, wie sicher, dass die Anthroposophie mich wenn man seine Augen schließt und wir eben diesen Text lesen. beeinflusst hat: Zur Anthroposophie versucht, nur auf das eigene Innere zu E: Je unvoreingenommener also bin ich über eine Freundin gekommen. hören. So habe ich gelernt zu vertrau- mein Blick, umso besser kann ich aus- Ich war 18 Jahre alt, als ich die Nach- en, dass meine Finger intuitiv Wissen drücken wer ich bin. Das klingt ein- barn dieser Freundin kennengelernt wie sie über die Violinensaiten gleiten fach. Aber es gelingt meistens nur in habe. Das waren zwei junge Eltern, de- sollen, um Veracini gerecht zu werden. kleinen Schritten: Begegnungen lau- ren Lebensart mich sofort angespro- Dieser Gedanke kam mir nach einem fen heute oft automatisch und un- chen hat: Ihre herzliche Gelassenheit Konzert, auf dem ich spielte. Mit mei- glaublich unfrei ab: Ich denke an die hat mich inspiriert: Diese Lebensein- nem Einsatz habe ich mich komplett in vielen vorgefertigten Umgangsformen, stellung wollte ich auch für mein Leben der Musik verloren. Meine Finger sind die Höflichkeitsfloskeln, die man sagt, übernehmen. Ich bekomme jetzt noch über die Seiten meiner Geige geglitten weil man das ebenso macht. Ich mache eine Gänsehaut, wenn ich daran zu- und die Musik war plötzlich überall: Ich das viel zu oft - und ärgere mich dann rückdenke. hatte das Gefühl, dieser Moment ge- über mich selbst. E: Genau diese Selbsterkenntnis ist hört mir, weil ich Teil von etwas ganz K: Ich glaube, das habe ich verstan- notwendig, um Freiheit zu spüren: Er- Großem war. Dieses Gefühl lässt sich den: Wir alle sind irgendwie in diesen kennen wir, was uns beeinflusst und schwer erklären. Ich fühlte mich allum- Floskeln und Umgangsformen gefan- nehmen es an, so lernen wir zu verste- fassend und zugleich wie ein kleines gen, die uns die Gesellschaft vorgibt: hen, was uns zu dem Menschen macht, unbedeutendes Wesen, das aber ganz Es ist höflich, sich einen guten Tag zu der wir geworden sind. Gleichzeitig bewusst diesen einen Moment ausko- wünschen, auch wenn es mich nicht in- erkenne ich hier mein eigenes Gefäng- stet. Hätte mich danach jemand ge- teressiert. nis: Mit meiner Geschichte, meinen fragt, so hätte ich nicht sagen können, Würdet ihr sagen, dass auch die Mustern und ewig gleichen Verhaltens- was in diesem Moment geschehen ist. Schüchternheit ein solch unfreier Au- weisen zwänge ich mich selbst ein. E: Es gibt auch sonst viele Men- tomatismus ist? Sie ist doch auch eine Aber ich kann mich auch mit … Be- schen, die die Anthroposophie suchen Art Gefängnis – allerdings in einem wusstsein weiterentwickeln und das und dabei gar nicht wissen, dass sie selbst. Potenzial, das in mir steckt, entfalten. sie suchen. Das Problem, das viele E: Letztendlich geht es darum, du A: Auch hier findet man wieder die von ihnen haben ist, dass die Anthro- selbst sein zu dürfen. Dafür gibt es zwei Zentrierung und die Weite. Rudolf Stei- posophie lebt. Sie zwängt sich nicht in Möglichkeiten: Die eine ist der Egois- ner hat einmal gesagt: „Suche den starren Formen. Wenn wir uns darauf mus – Du achtest allein auf dich und er- Umkreis der Welt und du findest dein einlassen, kann die Anthroposophie wartest, dass deine Mitmenschen dir eigenes Ich. Und suche in deinem eige- die Antwort auf alles Mögliche liefern. den Weg frei machen. Oder du suchst nen Inneren und du findest die Welt.“ Statt Rudolph Steiners Bücher herun- nach deinem Gegenüber und hörst Also ist alles in dir, wie auch du überall terzubeten, sollten wir uns fragen: „Wie ihm und dir selbst aufmerksam zu. bist – Dieses Gefühl der Weite zuzulas- kann ich das, was Steiner damals sagte, Wenn du das tust, kannst du dich und sen, ist eine Kunst. heute leben?“ K: Mir fällt gerade eine Situation K: Also ist es das Wesen der An- ein, auf die dieses Zitat sehr gut passt. throposophie, sie jeden Tag neu zu Musik begleitet mich schon mein gan- erleben? zes Leben. Ich liebe sie unglaublich. A: Genau. Es ist, als würdest du Doch lange habe ich nicht gewusst, einen Text immer wieder lesen. Mit was Musik für mich bedeutet. Man er- jedem Mal fallen dir neue Dinge auf: lebt Musik und Akustik ganz anders, Du verstehst Sätze anders oder betonst Rundbrief 2021 23
dein Handeln in eben dieser Situation nach Regeln, die uns andere vorgege- besser verstehen: Du beginnst zu hin- ben haben. Aber über dieses Thema terfragen, was dein Interesse weckt, müssen wir wohl ein anderes Mal wei- oder wie du aus der Gewohnheit her- ter diskutieren. aus reagierst. So kannst du die vielen A: Ich würde gerne auf Punkt und leeren Floskeln hinter dir lassen und Kreis zurückkommen. Ist es nicht so, bewusster auf deine Mitmenschen ein- dass der Mensch sich ständig von sich gehen. selbst ablenkt? Sei es das Handy, die Rudolf Steiner hat vorgeschlagen, Angst ein Event zu verpassen oder das regelmäßige Tagesrückblicke zu ma- Überangebot im Supermarktregal: Al- chen, um den Tag mit mehr Abstand zu les hält uns davon ab, uns selbst, unser reflektieren: Das hilft, ein Bewusstsein Eigenes, wahrzunehmen. Gleichzeitig für das eigene Handeln zu entwickeln. Anspruch, als etwas Bestimmtes er- umgeben uns zahllose unterschiedli- Rückblickend kann ich besser bewer- kannt zu werden: Sie ist kein Regel- che Probleme: Ob Rassismus, Antide- ten, ob ich in einer Situation überrea- werk und auch kein bedingungsloses mokratiebewegungen oder der Klima- giert habe, als währenddessen. Kom- Gesetz. wandel – Man braucht schon ein sehr me ich oft genug an diesen Punkt, wer- K: Das heißt also, wenn die Anthro- starkes und standfestes Ich, um hier de ich es irgendwann schaffen, etwas posophie einen Anspruch hat, dann nicht die Orientierung zu verlieren. zu verändern. Vielleicht gelingt das die absolute Individualität: Wichtig ist Trotzdem ballern wir uns mit Infos zu. noch nicht sofort, aber im Laufe der es, sie für sich selbst zu entdecken. Und auch das ist wieder eine Art der Zeit mit Sicherheit. E: Schlicht und einfach entwickelst Ablenkung. Dabei würden wir uns K: Kann ich also sagen, wenn ich du dich an der Anthroposophie weiter. wohl viel freier fühlen, wenn wir uns den Tag reflektiere wie Rudolph Stei- Dadurch, dass du dich mit dir selbst be- immer wieder zentrieren und von all ner, habe ich die Anthroposophie ver- schäftigst und vieles um dich herum diesen Zwängen loslösen könnten: Als standen? Oder ab wann darf ich be- bewusster und unvoreingenommener einen dynamischen Prozess. haupten, ich sei Anthroposoph? wahrnimmst, gehen dir völlig neue Ge- K: Du meinst also, die Anthroposo- A: Das lässt sich nicht so einfach be- danken auf: Du erforschst quasi dein phie könnte uns helfen, zu uns selbst zu antworten. Die Anthroposophie ist eine Inneres. finden, statt uns in einem Überangebot kontinuierliche Entwicklung, nichts Fer- Aber ich bin ganz ehrlich: Wenn die an Informationen und gesellschaftli- tiges: Sie wird lebendig, indem wir unse- Anthroposophie einen konkreten An- chen Problemen zu verlieren? ren Alltag bewusst gestalten. Wie das spruch an mich erheben würde, wäre A: Ja, ich glaube die Anthroposo- aussieht, entscheidet jeder individuell. ich längst weg davon. Ich will mich frei phie beinhaltet eine Freiheit, die jeder K: Die Anthroposophie ist also kei- weiterentwickeln und lebendig sein. Mensch für sich selbst entdecken darf. ne Linie, die irgendwo beginnt und wo- Die Anthroposophie hilft mir, weil sie E: Was mich an der Anthroposo- anders wieder aufhört, sondern ein so etwas Dynamisches ist. phie unglaublich bereichert ist, dass Kreislauf. Es gibt so viele verschiedene K: Das heißt, Anspruch ist etwas, ich durch sie gelernt habe zu staunen: Aspekte, die man aus anthroposophi- was einschränkt? Das Leben mit der Unsere Welt birgt viele Geheimnisse – scher Sicht auslegen kann. Aber am Anthroposophie macht mich zu einem und längst nicht für jedes davon weiß Ende geht es um die Freiheit, ganz freieren Menschen? Geht das denn ich eine Antwort. Versuche ich offen, selbstbewusst Ich sein zu dürfen. Ich ohne eine bestimmte Erwartungshal- frei und unvoreingenommen auf die will nicht übermütig werden, glaube tung? Welt um mich herum zuzugehen, kann aber langsam verstehe ich, was Rudolf E: „Freiheit“ bedeutet: Bewusst ich jeden Tag ganz neue Details und Steiner versucht zu erklären. handeln. Und das macht auch den Facetten darin entdecken: Die Welt ist A: Du kannst ruhig sagen, worum Menschen als solchen aus. Aber „Ge- für mich eine Schöpfung, die aus vie- es der Anthroposophie in deinen Au- horchen“ bedeutet auch „Unterwer- len kleinen Wunder besteht und zahl- gen geht, weil jeder seinen eigenen in- fung“. Unterwirfst du dich, besitzt du lose Abenteuer und Geheimnisse für dividuellen Blick darauf hat. Wenn du nicht mehr die Freiheit, du selbst sein mich bereithält: Das Leben selbst kann sie für dich definieren kannst, hast du zu dürfen. Aber es ist nicht einfach, das reinste und wundervollste Aben- für dein Leben etwas mitgenommen. sich zum selbstbestimmten Denken zu teuer sein. Aber die Anthroposophie hat keinen motivieren. Oft richten wir uns doch Katharina Röhrl 24 Lebensgemeinschaf t Höhenberg
Johannifeuer „Nur wer das Spiel mit dem Feuer nicht beherrscht, der verbrennt sich daran die Finger“, sagte mal ir- gendein schlauer Mann. Gut, dass der kleine Franz ein Meister in die- sem Spiel ist! Das Johannifeuer in Ordnung zu sorgen. Mit Wie kann er etwas sehen, Höhenberg sollte dennoch ein klei- Bierbänken und Absperr- was es eigentlich gar nes Abenteuer für ihn werden. Mit band hindern er und seine nicht geben kann? Viel- Stiefeln, Feuerwehrmütze und Pa- jungen KollegInnen die Gä- leicht ist das der Zauber pas Regenjacke stapfte er um die ste des Abends daran, un- der Johanninacht. Doch Feuerstelle auf der Dorfwiese im vorsichtig zu nah an die ehe sich Franz mehr Ge- Zentrum von Höhenberg: Schließ- Flammen zu treten. danken über dieses wun- lich braucht ein richtiger Feuer- Tatsächlich reicht der dersame Spektakel ma- wehrmann auch eine professionel- Brauch um die Johanni- chen kann, färbt sich der le Uniform! Gemeinsam mit seinen nacht aber noch weit über das gemütli- Nachthimmel auf der anderen Seite des Nachwuchsfeuerwehr-KollegInnen che Sitzen am Feuer hinaus: Die lodern- Feuers grell blau. Sirenen und Stim- hat der kleine Franz das Feuer ab- den Flammen symbolisieren die Sonne, mengewirr durchbrechen die andächti- gesperrt bevor es überhaupt brann- die diese Nacht zur kürzesten und hell- ge Besinnlichkeit. Krankenwagen, Feu- te. Nicht, dass hier noch ein Unfall sten im ganzen Jahr macht. Außerdem erwehr, Notarzt und nochmal Feuer- passiert, bevor das Spektakel über- soll es böse Geister vertreiben, die, so wehr fahren rein nach Höhenberg: haupt losgeht: Es sollte noch ein der Volksglaube, Krankheiten oder Un- Plötzlich sind alle außer sich, die Aufre- paar Stunden dauern, bis endlich wetter über uns bringen wollen. Im Mit- gung ist groß, selbst die Kühe werden das große Feuer entfacht werden telalter glaubte man fest daran, das Wet- laut und unruhig. Die Einsatzkräfte sind sollte, denn erst in der Nacht entfal- ter am Johannitag zeige, wie die Ernte kurz davor, den Löschschlauch auszu- ten die Flammen tatsächlich ihre im Herbst ausfällt. wickeln: Denn „Es brennt in Höhen- volle, magische Wirkung. Auch der Blumenschmuck auf den berg!“. Natürlich brennt es in Höhen- Also wartet der kleine Franz, bis der Tischen und an den Häusern rund um berg, scheinbar hat ein übereifrige/r Johannitag endlich zur Johanninacht die Dorfwiese dient nicht allein dem NachbarIn nicht daran gedacht, dass wird und MitarbeiterInnen und Dorfbe- Zweck, hübsch auszusehen: Man mun- heute Sommersonnenwende ist. Aber wohnerInnen mit Fackeln in den Hän- kelt, wer sich an Johanni mit Blumen natürlich hätte man hier auch eine Ge- den die Feuerstelle einkreisen: Wachs und Blütenblättern schmückt, der soll fahr sehen können, so groß wie das Feu- tropft auf die Wiese und winzige Regen- im nächsten Jahr besonders viel Glück er und die Rauchschwaden in der Luft tropfen lösen sich zischend in den Fa- in der Liebe haben. Ob sich dieses Ge- ausgesehen haben müssen, denkt der ckelflammen auf in Rauch und Wasser- flüster bewahrheitet? kleine Franz. Beschweren will er sich dampf. Kleine Holzstücklein sollen da- So sitzt das ganze Dorf am Feuer und auch nicht über ein bisschen Action am für sorgen, dass der meterhohe Holz- beobachtet die Funken, die in den dunk- Abend: Als Feuerwehrmann muss man haufen sogleich in Flammen aufgeht. len Nachthimmel aufsteigen. Wie kleine eben auf alles gefasst sein. Nur gut, dass Es ist kaum zu glauben, wie ein so un- Elfen fliegen die gluthellen Punkte er das Feuer schon lange vor seinen scheinbares Stücklein Holz für ein Feu- durch die Luft. Mit einem leisen Zischen Kollegen im Blick hatte. Darum konnte er sorgen kann, das am Ende sogar verschwinden sie in Rauchfahnen, aus- er das Großaufgebot mit Blaulicht und dreimal höher lodert, als Franz groß ist. gelöst von winzigen Regentropfen. Sie Sirene auch schnell nach Hause schik- Während alle vergnügt in Johannilieder prasseln auf das Feuer herab, dennoch ken und sich wieder ganz den tanzen- einstimmen, ist Feuerwehrmann Franz erreichen sie es nie. Das ist eigentlich den Funken über dem Feuer widmen. komplett im Stress: Schließlich ist es komisch, denn Elfen gibt’s in echt gar Katharina Röhrl seine Pflicht, am Feuer für Ruhe und nicht, wundert sich Franz am Feuer: Rundbrief 2021 25
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