Soziale unternehmen und corona - Sozialplattform OÖ
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Mai - Juni 2020 Rundbrief Ausgabe 3/20 Neuigkeiten aus der oö. Sozialszene, Informationen zu sozialpolitischen Themen Bild: rawpixel Soziale unternehmen und corona Seit 13. März hat sich auch für soziale Unternehmen vieles verändert: Home-Office, Online- oder Telefonberatung, Neu- organisation von Unterstützung, Kurzarbeit, viele Anfragen, neue Sicherheitsauflagen, wechselnde Informationen, Ein- kommensverluste etc. In der Online-Ausgabe des Mai/Juni Rundbriefes ist nachzu- lesen, wie Sozialorganisationen und deren Mitarbeiter*innen während der Corona-Krise die Betreuung ihrer Klient*innen organisieren, welche Probleme sich ergeben und was Unsi- cherheit und finanzielle Sorgen bei den Menschen auslöst. SOZIALPLATTFORM Als Vernetzungsorganisation muss auch die Sozialplattform OÖ neue Wege finden, um die Interessen ihrer Mitglieder zu OBERÖSTERREICH vertreten, derzeit geschieht das über Online-Konferenzen, die Österreichische Post AG den persönlichen Austausch aber nur bedingt ersetzen kön- MZ02Z030265M nen. Sozialplattform OÖ, Schillerstraße 9, 4020 Linz
:: Inhalt 4 Erlebnis als Motor für Bildung VSG :: Impressum Sozialplattform Oberösterreich, 6 Schillerstr. 9, 4020 Linz Krisenhilfe ausgeweitet 0732-66 75 94 pro mente oö office@sozialplattform.at 8 www.sozialplattform.at Erwachsenenvertretung während Covid-19-Einschränkungen ZVR: 888363821 Norbert Krammer, VertretungsNetz Redaktion und Layout: 12 Sozialplattform OÖ Beratung in Krisenzeiten migrare Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung 13 der Redaktion wieder. Information for sex workers maiz, Lena Berichte und Ankündigungen aus 13 den Projekten sind willkommen, die Ausnahmesituation im Wohnverbund Veröffentlichung ist gratis, ein Recht Volkshilfe OÖ auf Abdruck besteht jedoch nicht. 14 Bei platzbedingten Engpässen haben „Weil das Geld so knapp ist, esse ich weniger.“ Beiträge von Mitgliedern der Sozial- Elisabeth Wurzer, Diakonie Zentrum Spattstraße plattform den Vorrang. 15 „Corona ist eine große Herausforderung“ Irene Faderl, Diakonie Zentrum Spattstraße :: Abo 6 Ausgaben pro Jahr 16 zusätzlich Sozialratgeber OÖ Home-Office, Beschulung und Bespaßung – alles zugleich? Carina Zweiner, Diakonie Zentrum Spattstraße 20 EURO normal 10 EURO fürStudent*innen 17 Sozialmarkt Enns wieder geöffnet GRATIS mit dem Kulturpass Verein Saum Nutzen Sie die Möglichkeit des ko- 18 stenlosen Probeabonnements für Arbeitslosigkeit kann jede*n treffen 2 aktuelle Ausgaben! Josef Pürmayr, Sozialplattform OÖ 20 :: redaktionsschluss Corona-Hilfe für gemeinnützige Organisationen Nächste Ausgabe erscheint am: Bündnis für Gemeinnützigkeit 1. Juli 2020 22 (Juli/August 2020) Freiwillig engagiert ULF Redaktionsschluss: 1. Juni 2020 23 Corona-Krise: Volkshilfe OÖ unterstützt beim Daheimbleiben :: Förder- partner*innen 24 Forum Sozialmanagement 2020 - Fit für die Zukunft Markus Lehner, FH OÖ 26 Herausforderung Arbeitswelt: Sebastian hat’s geschafft! WORK_aut 27 Rechnungshof bericht Mindestsicherung Wohnungslosenhilfe OÖ 28 Über Klimawandel, Flucht und Migration migrare 30 Ökonomisch schwächstes Drittel im Parlament nicht vertreten Armutskonferenz
Rundbrief 3/2020 3 Liebe Leserin, lieber Leser! social heroes F A I R sic ir W he rn unse e t G e s e ll s c h af r Phase 2 bei Corona: Nach dem Lockdown erfolgt schritt- weise wieder eine Lockerung der Einschränkungen. Die Wirtschaft fährt wieder hoch, das ist erfreulich. Vielfach höre ich auch vom Wieder-Hochfahren der Sozialwirt- schaft. Diese Formulierung stimmt so nicht. Meiner Meinung nach geht es hier weniger um ein Hochfahren, hier sind Gewinnerzielungsabsichten nicht vorhanden, als um ein Wiedereintreten in die Präsenzphase. Denn sie orientieren sich an ihren Social-Profit-Leitbildern. heruntergefahren haben soziale Einrichtungen ihre Sie haben nicht das Bestreben, aus Krisen Gewinn zu Dienste kaum. Ihre Leistungen sind so wichtig, dass sie schlagen bzw. in Krisenzeiten hinzuschmeißen, um unverzichtbar sind. Sie unterstützen sozioökonomische Verluste zu vermieden. Mir gefällt, dass gemeinnützige benachteiligte Menschen in normalen Zeiten wie auch in soziale Träger in Österreich die Regel und gewinnori- Krisenzeiten. entierte Unternehmen mit einem Geschäftsmodell der Leistungserbringung im Sozialbereich die Ausnahme In Krisenphasen sind die sozialen sind. Wie die Corona-Praxis zeigt, sollte das auch so Dienstleistungen noch wichtiger. bleiben. Es wird viel zu tun geben: Nach der gesund- Denn Krisen treffen sozial und ökonomisch Benachtei- heitlich-ökonomischen COVID-19-Krise werden wir ligte in größerem Ausmaß. Sie haben geringere Wohn- eine ökonomische Krise haben – mit massiv gestiegener fläche und häufig keinen Garten bzw. Terrasse, um in Arbeitslosigkeit und sich verschärfenden sozioökono- Zeiten von Ausgangsbeschränkungen persönliche Frei- mischen Problemlagen. räume zu schaffen. Ihre Haushalte sind meist schlechter ausgestattet mit Laptops und Druckern, das ist nach- Ein wesentlicher Teil dieses Rundbriefes befasst sich teilig bei Home-Schooling. Fehlende IT-Ausstattung damit, wie soziale Organisationen ihre Dienstleistungen verunmöglicht häufig, notwendige Anträge zu stellen, in Corona-Zeiten erbringen und welche Erfahrungen sie wenn diese Antragstellung mangels Parteienverkehrs dabei machen. Auch sie und ihre Mitarbeiter*innen sind von Ämtern und Behörden online zu erfolgen hat. Sie Held*innen des Alltags. haben geringe finanzielle Reserven und geraten im Fall von Arbeitsplatzverlust oder Kurzarbeit daher rascher in existenzielle Zwangslagen. Die sozialen Organisationen nehmen ihre Verantwor- tung wahr. Sie haben ganz rasch ihre Systeme verändert, ihre Beratungsdienstleistungen auf Telefon- bzw. On- Josef Pürmayr, lineformate umgestellt und die Erbringung persönlicher Sozialplattform OÖ Betreuungs- und Unterstützungsleistungen auf die neue Situation angepasst. Die Mitarbeiter*innen haben mit hoher Akzeptanz die Umstellung auf Home-Office mit- gemacht. Und es bestätigt sich: Die sozialen Organisati- onen sind auch in Krisenzeiten verlässliche und flexible Partner*innen für die Auftrag gebenden Institutionen der öffentlichen Hand. Ich wage zu behaupten: Wesentlich dafür ist die ge- meinnützige Ausrichtung sozialer Organisationen. Denn
Alle Bilder: VSG 4 Rundbrief 3/2020 Die Bemühungen um in- dividuelle Betreuung und abwechslungsreiche Lern- angebote sind ungebrochen – deren Umsetzung aber nicht, denn die Wege sind trotz Digitalisierung faktisch wesentlich länger. Erlebnis als Motor für Bildung Wenn nicht gerade eine Pandemie ten können? Wie müsste eine entsprechende E-Lear- ning-Struktur aussehen, damit sie möglichst selbster- ausgebrochen ist, kommen unsere klärend aber vielfältig einsetzbar ist? Jugendlichen und jungen Erwachsenen In der Woche vor unserer Schließung tauchten viele von Montag bis Freitag in Gruppen von Fragen auf, auf die wir überraschend schnell Antworten 10- 14 Personen in die Lernräume des VSG fanden. Wir nutzten alle Möglichkeiten für persönliche Lernzentrums LEARN, die für verschiedene Kommunikation im Team und in den Lerngruppen, um zu informieren. Skripten wurden im Voraus gedruckt, Lernschwerpunkte eingerichtet sind. ausgegeben und erklärt. Wir richteten zwei Onlinepor- Dort werden sie von Pädagog*innen aus tale ein, über die der Datentransfer und die regelmäßige den Bereichen Basisbildung, Regelschule, Aufgabenstellung erfolgen können. Datenbanken wur- Gedächtnistraining und Lehrlingsausbildung den auf Aktualität geprüft und Datenblätter exportiert. bestmöglich auf ein Basisbildungszertifikat, Dann packte man noch die wichtigsten Mappen ein und machte sich auf den Weg nachhause, wo man auf unbe- den Pflichtschulabschluss oder die Berufs- stimmte Zeit sein Büro einrichtete. schule vorbereitet. Raphael Schaller Mittlerweile entsteht ein neuer Alltag. Die Bemühungen um individuelle Betreuung und abwechslungsreiche Zwischen den Einheiten stehen ihnen Bezugspersonen Lernangebote sind ungebrochen – deren Umsetzung für Lerncoachings und persönliche Gespräche zur Ver- aber nicht, denn die Wege sind trotz Digitalisierung fak- fügung. Freie Lernzeit wird genutzt, um an persönlichen tisch wesentlich länger. Jede*r Jugendliche wird min- Schwerpunkten zu arbeiten, etwas nachzuholen, be- destens einmal wöchentlich telefonisch kontaktiert, um sonderen Interessen Raum zu geben. Für Lehrende und Lernfortschritte, Fragen und die persönliche Situation Lernende gleichermaßen wichtig ist der persönliche zu besprechen. Das Pädagogik-Team erstellt Lernauf- Austausch im Unterrichtsraum, am Gang, in den Pausen. träge, die per Mail-Verkehr reflektiert werden. Es gibt Zuhause wird auch gelernt, doch der Unterricht findet Skripten, Videos, Quizes und Online-Übungen. Nicht alle „face to face“ statt. Teilnehmenden erreichen wir mit dieser Struktur. Um Auf den ersten Blick wirkt dieser Alltag in Zeiten von mit dieser Situation zurecht zu kommen, überraschende Ausgangsbeschränkungen unmöglich. Der persönliche Erfolge aber auch auftretendes Frustrationspotential Kontakt ist in den allermeisten Fällen unser Schlüssel besprechen zu können, treffen sich alle Mitarbeitenden für Motivation und Lernerfolg. Auch spontane Reakti- einmal wöchentlich zu einer ausgiebigen Videokonfe- onen auf individuelle und gruppendynamische Bedürf- renz. nisse fallen weg. Der zweite Blick sieht Details: Sind alle In der letzten Sitzung freuten wir uns über die Aussicht Kontaktdaten aktuell? Haben alle unsere Jugendlichen auf eine mögliche Öffnung Mitte Mai und begannen so- Internet-Zugang und Endgeräte, mit denen sie arbei- fort mit der Planung einer „Wiedereinführungsphase“.
Rundbrief 3/2020 5 Auch die Teilnehmer*innen erkundigen sich nun bei je- dem Telefonat vorfreudig, wann der Kurs wieder startet. :: Schulden und Das spricht Bände über unser Bildungskonzept. Ja, auch corona für uns ist die Krise eine Chance. Wir werden nach einer Evaluierung mit Sicherheit das eine oder andere Tool für den Regelbetrieb gewinnen und die Komponente Selbst- Eine aktuelle Studie der Universität Wien studium anders denken können. Doch die Interaktion, belegt, dass sich nur für ein Viertel der das Spontane, das Menschliche, kurz das Erlebnis ist als unselbständig Erwerbstätigen seit dem Motor für unsere Arbeit auf lange Sicht unverzichtbar. Beginn der COVID-19 Maßnahmen in ihrer Arbeitssituation nichts verändert :: VSG Lernzentrum LEARN hat. Glimfpingerstraße 8/2, 4020 Linz www.vsg.or.at, learn@vsg.or.at, 0677-61 79 48 83 Kursstart Basisbildung LEARN.basic: 29.6.2020 Die Auswirkungen hängen stark vom Ausbildungs- Kursstart Pflichtschulbschluss LEARN.classic: 4.6.2020 grad und Einkommen ab, am stärksten sind von Kursstart Berufsvorbereitung LEARN.fit: 16.9.2020 Kurzarbeit und Kündigung Arbeitnehmer*innen mit Pflichtschulabschluss betroffen. Für die Betroffenen bedeutet dies Einkommensverluste bis zu 45%, viele von ihnen wissen nicht, wie sie weiterhin ihre Zah- lungen tätigen sollen. Daher sind sämtliche Bera- tungsstellen der Schuldnerberatung und Schuldner- hilfe telefonisch und online erreichbar. Der Nationalrat hat kürzlich ein Maßnahmenpa- ket beschlossen, das privaten Haushalten die wirt- schaftliche Existenz in der Corona-Krise sichern soll. So werden unter anderem Wohnungskündi- gungen und Delogierungen wegen Zahlungsverzugs vorerst ausgesetzt, Stundung von Kreditverträgen für drei Monate ermöglicht sowie Verzugszin- sen und Inkassokosten beschränkt. Für Betrof- fene ist es besonders wichtig, sich mit Stundungen und Rückständen auseinanderzusetzen und klare schriftliche Vereinbarungen mit den Gläubigern zu treffen. Stundungen sind keine dauerhafte Lösung des Problems. Zur Planung bietet sich hierfür die ko- stenfreie Budgetberatung an, welche Schuldnerhilfe und Schuldnerberatung anbieten. So können die Fi- nanzen schon jetzt so aufgestellt werden, dass eine Weiterzahlung möglichst problemlos erfolgen kann. Bei Zahlungsschwierigkeiten aufgrund der Coro- na-Krise wurden für den Zeitraum von 1. April bis 30. Juni 2020 Erleichterungen geschaffen, um der Schuldenspirale entgegenzuwirken. Schuldnerhilfe OÖ 0732-77 77 34-0, linz@schuldner-hilfe.at www.schuldner-hilfe.at Schuldnerberatung oö 0732-77 55 11, linz@schuldnerberatung.at www.ooe.schuldnerberatung.at
Rundbrief 3/2020 7 Die Mitarbeiter*innen von pro mente OÖ arbeiten gerade in Zeiten der Coronakrise mit vollstem Einsatz, um die ihnen anvertrauten Menschen bestmöglich zu versorgen und weiterhin zu unterstützen. Wie die Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Bereichen von pro mente OÖ funktioniert und welche neuen, innovativen Wege gemeinsam entwickelt wurden, haben wir in folgendem Beitrag zusammengefasst. Im Rahmen der Kampagne „Zusammenhalten in der Kri- se“ werden Geschichten und Statements von den Mitar- beiterInnen rund um diese Krisenzeit präsentiert: https://www.pmooe.at/zusammenhalten-in-der-kri- se/ Das Krisenhilfe OÖ-Sorgentelefon ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 0732-21 77 erreichbar und Mit 31. März startete die Aktion pro mente OÖ-Hilfspa- wurde am 23. März in Zusammenarbeit mit dem Kri- kete für den Raum Linz, die mittlerweile auf Vöcklabruck seninterventionsteam des Roten Kreuzes ins Leben ausgeweitet wurde. Mit der Aktion sollen suchtkranke gerufen. Von 9.00 bis 18.00 Uhr unterstützen die Mit- Menschen, welche obdachlos oder von Obdachlosigkeit arbeiter*innen mit verstärkten Personalressourcen alle bedroht sind, mit dringend benötigten Lebensmitteln Anrufer*innen, die aufgrund der Corona-Pandemie mehr und Hygienebedarf versorgt werden. Für diese Initiati- denn je mit Ängsten und Sorgen belastet sind. Auch die ve sucht die pro mente OÖ Unterstützung in Form von Onlinekrisenberatung https://beratung-krisenhilfeooe. Spenden. at/login ist ein wichtiges Angebot zur Unterstützung. Im Rahmen einer neuen Kooperation mit der Wirschafts- Besondere Zeiten erfordern besondere Formen der kammer OÖ unterstützen die Krisenhilfe OÖ und die Kommunikation und Zusammenarbeit: Unter diesem Wirtschaftskammer OÖ die oberösterreichischen Be- Motto haben auch die Mitarbeiter*nnen aus den Ar- triebe. Die Kooperation für die Unternehmer*Innen und beits- und niederschwelligen Projekten von pro mente deren Mitarbeiter*innen umfasst zwei Bereiche: Einer- Jugend neue, innovative Arbeitsweisen entwickelt. Der seits die Beratung im Rahmen der regulären Angebote Kontakt zu den Jugendlichen erfolgt täglich über Chats, der Krisenhilfe OÖ, andererseits erfolgt bei fachlichen Telefon oder eMail. Neben Gruppenchats, für den sozi- bzw. finanziellen Aspekten eine Weitervermittlung an alen Kontakt der Teilnehmer*innen untereinander, ste- Unternehmensberater*innen der WKÖ. hen Arbeitsaufträge, Wissensvermittlung, Diskussionen https://www.krisenhilfeooe.at/ bis hin zu gemeinsamen Spielen am Programm. Die Ju- gendlichen fühlen sich gut betreut und melden dies auch zurück. Im Rahmen eines Covid-19 Spezial findet man auf der Homepage www.erstehilfefuerdieseele.at zahlreiche Expert*nnentipps aus den Mitgliedsorganisationen von pro mente Austria zum Thema „Psychisch fit bleiben in krisenhaften Zeiten“. Auch Ihre persönlichen Tipps und Lösungen zum Umgang in krisenhaften Zeiten werden gerne im Blog veröffentlicht. Bitte senden Sie Ihre Bei- träge dazu an office@promenteaustria.at. Viele Betriebe von pro mente Arbeit produzieren Weitere Informationen: https://www.pmooe.at/ar- Mund-Nasen-Schutzmasken für Apotheken und die chiv/27-03-2020-erste-hilfe-f%C3%BCr-die-seele/ lokalen pro mente OÖ-Angebote, pro mente Reha und andere Geschäftsfelder. Bei filino werden auch Pyjamas und Hemden für Krankenhäuser hergestellt. Die Zusam- menarbeit erfolgt bereichsübergreifend und die gegen- seitige Unterstützung ist großartig.
© Norbert Krammer 8 Rundbrief 3/2020 Erwachsenen- vertretung in Zeiten der Covid-19- Einschränkungen Mitte März plumpste Österreich nahezu unvorbereitet in die Grube der Covid-19- Epidemie. Bundes- und Landesregierungen verordneten zahlreiche Beschränkungen: Ausgangsbeschränkungen, geschlossene Geschäfte und Lokale, Zugangsverbote in Einrichtungen, Einschränkungen bei Familienbesuchen und das Ausdünnen des öffentlichen Verkehrs. Überall verunsicherte Menschen, die gebannt die Schreckensmeldungen und -szenarien in den Medien verfolgten. Eine Krise ungeahnten Ausmaßes für das öffentliche wie auch das private Leben. Norbert Krammer, VertretungsNetz Menschen mit Beeinträchtigungen mussten um ihr Be- treuungsnetz fürchten, verloren ihre Unterstützungs- netze und wurden aus der öffentlichen Wahrnehmung und dem öffentlichen Bild verdrängt. Beim Beantragen notwendiger Unterstützung bauten sich Hürden beim Zugang zu Ämtern und Gerichten auf, insbesondere wenn nicht über einen eigenen elektronischen Zugang verfügt wird. Diese Veränderung bekamen auch alle Be- ratungs- und Betreuungseinrichtungen stark zu spüren. Unterstützungssysteme unter Druck Für Menschen mit Beeinträchtigungen signalisierten diese Maßnahmen eine Bedrohung für ein selbstbe- stimmtes Leben. Plötzlich hing ihre Selbstbestimmung am seidenen Faden, weil Betreuungs- und Unterstüt- zungsnetze wegzubrechen drohten. Eine besondere Herausforderung stellt aktuell die 24-Stunden-Betreuung für Pflegekräfte aus anderen europäischen Ländern dar. Der sonst reibungslos ablau- fende Wechsel der Betreuerinnen im 14-Tage-Rhythmus wurde durch beschränkte Aus- und Einreisebestim- mungen unterbrochen. Bislang ist es oft geglückt, durch Absprachen die Pflege weiter sicherzustellen. Betreu- erinnen verlängerten ihre Dienste und kamen mehre- re Wochen nicht nach Hause zu ihren Familien. Span- nungen im Betreuungsalltag wurden häufiger und daher auch notwendige Interventionen. Ende April kündigt sich der nächste kritisch Punkt an. Eine weitere nega-
Rundbrief 3/2020 9 tive Auswirkung der Ausgangseinschränkungen ist die manchmal auch nicht in vollem Umfang möglich. Be- oft schwierige Übermittlung der für die Einkäufe not- denken und Ängste treten auf beiden Seiten auf, ergänzt wendigen Barmittel. Neue Lösungen mussten gefunden durch Erkrankungen, Beschränkungen und zu knappe werden, um die Versorgung sicherzustellen. Ressourcen. Das Engagement der Mitarbeiter*innen von sozialen Diensten muss umfassend gewürdigt werden. Erwachsenenvertretung Dies sollte insbesondere auch in schwierigen Situati- onen eine Selbstverständlichkeit bleiben und auch von gefordert den Vertreter*innen und Auftraggeber*innen berück- Auch für die professionellen Erwachsenenschutzver- sichtigt werden. Nicht nur in Einzelfällen musste die eine war das Ausmaß der Einschränkungen am Beginn Erwachsenenvertreterin vermittelnd aktiv werden, da- ein Schock. Wie kann es gelingen, Menschen mit Beein- mit die wichtige Leistung erbracht werden konnte und trächtigungen und eingeschränkter Entscheidungsfä- geleistet wurde. Wenn ohnehin schon zu wenig Zeitres- higkeit weiterhin bei Rechtsgeschäften so zu vertreten, sourcen von der Sozialabteilung genehmigt werden, dass kein Nachteil für sie entsteht und gleichzeitig die steigert sich diese Knappheit bei Sonderbedarfen zur oft komplizierten Abstandsgebote und Ausgangsein- Not – und zum Konfliktpotential. Als Erwachsenenver- schränkungen zu beachten? treter*innen wollen wir auch weiterhin zumindest die Gerichtliche Erwachsenenvertreter*innen haben die strukturellen Rahmenbedingungen – Vertrag, Anträge, vom Gericht im Rahmen des Wirkungsbereiches über- bezahlte Rechnungen, Zugang zu Wohnung, Schlüssel- tragenen Angelegenheiten zu erledigen. Ihr Maßstab safe, Medikamentenlieferungen, Essen auf Räder, Rei- ist die Orientierung am Wunsch und Wohl der vertre- nigungsdienste, Sanitärmaterial etc. – absichern, damit tenen Person und die gemeinsamen Entscheidungen. in der wichtigen Betreuungsarbeit die nötige Basis für Vertretungshandlungen erfolgen stets transparent und selbstbestimmtes Leben entsteht oder erhalten bleibt. nur im aktuell erforderlichen und genau bezeichneten Hier waren und sind die Erwachsenenvertreter*innen Umfang. Dazu ist auch der persönliche Kontakt mit der gefordert. Durch die Netzwerkarbeit gelang es ihnen ge- vertretenen Person unerlässlich, wie er im professio- meinsam mit den Anbietern der sozialen Dienste auch nellen Bereich der Erwachsenenschutzvereine genutzt in der Corona-Krisenzeit weitgehend den Bedarf für ein wird. Aktuell ist dieser persönliche Austausch nur sehr selbstbestimmtes Leben zu decken. eingeschränkt, manchmal gar nicht möglich und auch alle anderen Unterstützungsformen sind nur mehr sehr reduziert vorhanden – wenn überhaupt. Alltagsgeschäfte müssen möglich Die Erwachsenenvertreter*innen reihen sich mit ihren bleiben Problemen in die große Anzahl von Berater*innen, Be- Erwachsenenvertreter*innen bekommen oft von den treuer*innen und Dienstleister*innen ein, die aktuell Gerichten die Aufgabe übertragen, einen Teil oder das sehr herausgefordert sind, Menschen mit Beeinträchti- gesamte Einkommen, aber auch das Vermögen, zu ver- gungen zu unterstützen, zu pflegen, zu helfen. walten, wenn dies auf Grund der fehlenden Entschei- dungsfähigkeit unerlässlich notwendig ist, um eine reale Leben in der eigenen Wohnung Gefahr eines erheblichen Nachteils abzuwenden. Dieses Nicht für alle Menschen, die im Alltag Unterstützung, Be- theoretische Konzept bedeutet in der Praxis, dass für treuung oder Pflege benötigen, ist das selbstbestimmte Menschen, die auf Grund einer psychischen Erkrankung Leben in der eigenen Wohnung Realität. Obwohl auch oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Ent- die UN-Behindertenkonvention dieses Recht absichert scheidungsfähigkeit nicht in der Lage sind, beispielswei- und die Vertragsstaaten – somit auch Österreich – dazu se das eigene Einkommen – Pension, Mindestsicherung, verpflichtet sind, entsprechende „Vorkehrungen“, also Lohn etc. – ohne groben Nachteil selbst zu verwalten, strukturelle, bauliche und personelle Unterstützung zu vom Bezirksgericht eine Erwachsenenvertreterin / ein bieten, um selbstbestimmtes Leben weitreichend umzu- Erwachsenenvertreter mit dieser genau bezeichneten setzen. Da hat Österreich schon in weniger stürmischen Angelegenheit bestellt wird. So wie bei Jochen Müll- Zeiten seine Probleme und Menschen mit Beeinträchti- hauser (Name geändert), dessen Invaliditätspension gungen ihre Nöte, die Forderungen durchzusetzen und von der Erwachsenenvertreterin zur Begleichung der einer fremdbestimmten Lebensform zu entkommen. Ein Miete und der Betriebskosten verwaltet werden muss. wesentlicher Schlüssel zu Selbstbestimmung ist insbe- Denn Herr Müllhauser ist auf Grund einer Erkrankung sondere die Persönliche Assistenz, auf die abseits von fest davon überzeugt, dass er der Stadtverwaltung keine Beruf und Ausbildung im sogenannten Freizeitbereich Miete und keine Kosten schuldet, denn er sei von diesen noch immer kein Rechtsanspruch besteht. Lücken wer- Lasten befreit. In der Geschäftsrealität hat diese vom den teilweise durch Haushaltshilfe-Leistungen etwas Geschäftspartner nicht geteilte Überzeugung bereits abgemindert, damit zumindest der Wohnbereich abge- einmal – beim vorangegangenen privaten Vermieter – sichert bleibt. Die Teilhabe am kulturellen und gesell- zu einem Kündigungsverfahren und einer Delogierung schaftlichen Leben bleibt da aber außer Reichweite. geführt. Auch Unterstützung durch die eingeschalte- In der aktuellen Krisensituation ist der persönliche Kon- te Beratungsstelle konnte nur marginal die Kündigung takt zwischen Betreuer*innen und betreuter Person ein hinauszögern. Aktuell wird also die Miete durch die Er- Schwachpunkt bei der Infektionsvermeidung und daher wachsenenvertreterin bezahlt – und das ist Jochen Müll-
10 Rundbrief 3/2020 hauser auch recht oder zumindest den Angehörigen, den staatlichen meistens egal. Denn den Differenz- Einrichtungen und den privaten betrag zwischen Pensionseinkommen Diese Ansprüche sind für Unterstützungspersonen zum Wohl und Wohnungskosten kann er selbst Jochen Müllhauser eine große der Menschen erfüllen. Diese klas- vom eingerichteten Alltagskonto be- Herausforderung, ja eine sische Netzwerkarbeit ist auch in heben und darüber verfügen. Belastung. Er kann dies kaum der Ausnahmesituation von Aus- Mit Mitte März sah sich Jochen Müll- unterscheiden, ob es sich um gangsbeschränkungen und den hauser neuen Herausforderungen damit verbundenen aufs notwen- allgemeine Verhaltensregeln ausgesetzt: Ein Virus bedroht die Ge- digste beschränkten Kontakten, sundheit. Die Bewegungsfreiheit wird oder um individuelle Maßrege- den oftmals reduzierten Angeboten durch Empfehlungen eingeschränkt. lungen handelt. der Betreuungseinrichtungen, den Die Bank kann nicht mehr ungehindert und unbeobach- knappen Öffnungszeiten der Banken und Behörden und tet betreten werden. Neue Schilder, neue Hinweise, den eingeschränkten Zeiten der Arztpraxen, notwendig. neue Regeln und Aufforderungen, genügend Abstand zu Durch die von Gericht im Rahmen des Wirkungsbereichs halten. Mehr Abstand als früher, wo nur das Ausspähen übertragenen Aufgaben sind es oft die Erwachsenen- der intimen Finanzdaten oder Codes verhindert werden vertreter*innen, die beispielsweise die Entscheidungen sollte. Jetzt sind es Verhaltensregeln für die Erhaltung über finanzielle Belastungen treffen müssen und damit der gesellschaftlichen Gesundheit. Diese Ansprüche die Bezahlung der Dienste gewährleisten oder neue Auf- sind für Jochen Müllhauser eine große Herausforderung, träge erteilen. ja eine Belastung. Er kann dies kaum unterscheiden, ob es sich um allgemeine Verhaltensregeln oder um indi- Stationäre Einrichtungen bleiben viduelle Maßregelungen handelt. Normalerweise sucht abgeschottet er die Bank zur Behebung kleinerer Beträge mehrmals Die Vorsichtsmaßnahmen der verschiedenen Co- wöchentlich auf. Aber das hat er nun eingestellt. Auslö- vid-19-Maßnahmen-Gesetze haben defacto die statio- ser war die Aufforderung, sich doch die Hände zu desin- nären Einrichtungen für Senior*innen und auch solche fizieren und eine schnippische Anmerkung einer Bank- für Menschen mit Beeinträchtigungen weitgehend von kundin, das könnte er mit seiner Kleidung auch machen. der Umwelt abgeschottet. Nur das Personal der Einrich- Jochen Müllhauser sah sich in seinem Beschluss bestä- tung und Einsatzkräfte finden noch den Weg zu den Be- tigt, als die Bank zwei Wochen später vorübergehend wohner*innen. Dieser Schutz ist in Zeichen der Epide- wegen der angeordneten Quarantäne geschlossen wer- mie-Gesetze erforderlich und hat, wie Sanitätsbehörden den musste. In die andere Filiale wollte er nicht gehen, und Politik betonen, zu der abgeflachten aktuellen Ent- aber mit etwas Verspätung suchte er Kontakt zu der Er- wicklung geführt. Dieses sehr erfreuliche Ergebnis hat wachsenenvertreterin, die ihn bereits erfolglos suchte. aber auch die Belastungen innerhalb des Einrichtungs- Gespräche wurden auf der Straße geführt, da auch das systems deutlich angehoben und strapaziert. Angehö- Büro der Erwachsenenvertretung nicht mehr geöffnet rige und auch die Erwachsenenvertreter*innen konn- war. Aber Kontakte waren möglich, telefonisch wur- ten nur telefonisch oder in Einzelfällen mittels anderer den viele Klärungen erreicht und auch persönliche Ge- technischer Hilfsmittel – Beispiel Videotelefonie etc. spräche – mit gehörigem Abstand – geführt. Das selbst- – mit den Bewohner*innen Kontakt aufnehmen, aber ständige Abheben vom Alltagskonto konnte aber nicht eben auch nur, wenn dies der Gesundheitszustand und mehr erreicht werden, das benötigt mehr Zeit und mehr die Kommunikationsfähigkeit zulässt. Wenn dies keinen Auseinandersetzung. Ohne Geld hilft die Wohnung we- Erfolg bringt, wird der Kontakt mit dem Pflege- und/ nig und das Überleben wird zum täglichen Kampf. Als oder Betreuungspersonal besonders wichtig, nicht nur Zwischenlösung wird nun von der Erwachsenenvertre- um sich über das Befinden zu erkundigen, sondern auch terin die abgesprochene Summe vom Girokonto beho- um mögliche Interventionen und Bedarfe zu ermitteln. ben, in ein Kuvert gesteckt und im Büro zur Abholung Denn auch in der Einrichtung bleiben Wünsche und Be- – im Kuvert und damit ohne persönlichen Kontakt – dürfnisse abseits der Hauptmahlzeiten, der Pflege und hinterlegt. Die nächsten Schritte werden folgen und ir- der nun reduzierten Tagesangebote virulent und dürfen gendwann wird sich wieder Normalität einstellen. nicht vergessen werden. Hier war schon bisher ein ge- lungenes Zusammenwirken zwischen Einrichtung, An- Persönliche Kontakte werden gehörigen und Vertreter*innen das Erfolgsrezept. Unse- reduziert, Aufgaben im Netzwerk re ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen berichten von so erledigt manchen außergewöhnlichen Situationen: Gespräche Neben Herrn Jochen Müllhauser werden von den Mit- über den Zaun mit der Bewohnerin in einer Seniorenein- arbeiter*innen von VertretungsNetz als hauptberufliche richtung. Oder vor dem Haus stehend ein freundliches oder ehrenamtliche Erwachsenenvertreter*innen ös- Gespräch mit der/dem Bewohner*in, die/der auf dem terreichweit rund 5.600 Menschen mit eingeschränk- Balkon von der Betreuerin unterstützt wird und so doch ter Entscheidungsfähigkeit vertreten und unterstützt. ein persönlicher Kontakt realisierbar wird. So können Diese Aufgaben können die Vertreter*innen meist nur direkt Vereinbarungen – beispielsweise über geplante in Zusammenarbeit mit Betreuungseinrichtungen, mit Anschaffungen – getroffen werden. Viele erfinderische
© Norbert Krammer Rundbrief 3/2020 11 Ideen – von dem Seilzug mit dem ersehnten speziellen Gebäck bis hin zu kleinen Konferenzen mit dem von der Einrichtung geliehenen Notebook – werden sichtbar. Es wird aber auch Zeit, dass strukturell „Besucherboxen“, die schon in Erprobung sind, installiert werden. Ein Missverständnis muss immer wieder kritisch an- gesprochen werden: Es sind Besuche in einem Senio- renheim untersagt, aber die Bewohner*innen können – so wie alle anderen Menschen in Österreich – für die dringenden Erledigungen das Haus selbstverständlich verlassen. Auch zum Spazierengehen. Manchmal wer- den diese Aspekte der Freiheitsrechte nicht mehr als Selbstverständlichkeit gesehen. Und nicht immer ist es tatsächlich Personalmangel, der einen Spaziergang mit der Person mit Mehrfachbehinderungen verhindert. Ak- tuelle Rückfragen zeigen, dass die Betreuer*innen einen Spaziergang für zu gefährlich einstuften. Fürsorge wird so zur Einschränkung – und muss wieder zurückge- drängt werden. Clearingaufträge der Gerichte: aktuell nur auf Sparflamme möglich Mit dem 2. Erwachsenenschutzgesetz wurde die ver- pflichtende Abklärung durch die Erwachsenenschutz- vereine im Zuge des Bestellungsverfahrens eingeführt. Regelungen der Covid-19-Maßnahmen möglich sein Jetzt ist es erforderlich, dass nach Anregung eines Be- müssen. Diese Verfahren werden daher aufgeschoben. stellungsverfahrens der Erwachsenenschutzverein mit Nur wenn für die Person mit eingeschränkter Entschei- der Erstellung eines Clearingberichts – der Abklärung dungsfähigkeit durch eine fehlende Vertretung ein un- über mögliche Alternativen, der Notwendigkeit, des wiederbringlicher Nachteil bevorsteht, muss nach Aus- Umfangs und der Vertretungsform – beauftragt wird. nahmen gesucht werden. Diese nun umfassendere Aufgabe wurde für die Vereine Gerade in diesem schmalen Bereich der doch notwen- zur neuen Regeltätigkeit, die meist auch von den invol- digen Vertretungen sind die Anforderungen für die Um- vierten Personen – den Anreger*innen, den betroffenen setzung eines qualifizierten Berichts besonders hoch Personen, aber auch den potentiellen Vertreter*innen und fordern die Erwachsenenvertreter*innen sehr. Noch und den Gerichten – als hilfreich und notwendig erach- konnten immer wieder Lösungen gefunden werden. Die tet wird. Diese Bestellungsverfahren werden aktuell – so Anspannung ist aber bei allen wahrnehmbar und die Zeit wie viele andere gerichtliche Verfahren – nur in sehr eng ohne Kontakteinschränkungen wird verständlicherwei- eingegrenzten dringlichen Fällen fortgesetzt, da hier der se wieder herbeigesehnt. persönliche Kontakt unerlässlich für die Qualität dieses Verfahrensschrittes ist. Im Regelfall wurden die Fristen im Bestellungsverfahren nun ausgesetzt wodurch eine Alles nur mehr Provisorium Weiterbearbeitung frühestens ab Mitte Mai planbar In der Covid-19-Pandemie-Ausnahmezeit scheint vieles wäre, vorausgesetzt es ergeben sich nicht weitere Ver- sehr unwirklich. Es gibt viele Versuche ein Angebot auf- zögerungen. rechtzuhalten, anzupassen oder ein neues zu setzen. In Da sich gerade in diesen Gerichtsverfahren immer wie- manchen Bereichen klappt dies besser – beispielsweise der viele Fragen für die beteiligten Angehörigen, die Ein- bei Beratungen oder bei administrativer Vertretungsar- richtungen und die Betreuungsnetze ergeben, stehen beit in Verwaltungsverfahren. wir selbstverständlich weiter – und im Bedarfsfall auch Manches lässt sich nur mit Abstrichen realisieren – wie umfassender – für telefonische Beratungen zur Verfü- z.B. bei der notwendigen Wunschermittlung und -um- gung. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass setzung oder den persönlichen Kontakten – oder leider diese telefonische Erstberatung kein Ersatz für die fach- derzeit gar nicht – wie z.B. bei der notwendigen Errich- liche Bearbeitung darstellen kann. Wir hoffen, dass wir tung von Vereinbarungen zur gewählten Erwachsenen- dieses Angebot in Abstimmung mit der Justiz bald wie- vertretung. der anbieten können. Noch ist alles sehr durchwachsen. Aber die Hoffnung Andere „Clearing-Verfahren“, beispielsweise die Abklä- wieder ein Stück Normalität zu bekommen, bleibt be- rung in dem nun erforderlichen Erneuerungsverfahren stehen. oder Abklärungen im Beendigungsverfahren erscheinen nicht so dringlich, dass Ausnahmen von den strengen
12 Rundbrief 3/2020 © migrare Beratung in Krisenzeiten Ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit tung und der Psychosozialen Beratung war enorm, aber auch in allen anderen Projekten und Dienstleistungen bei migrare, Zentrum für MigrantInnen OÖ hatten die Kolleg*innen viel zu tun (und haben es nach ist die mehrsprachige persönliche Beratung wie vor). und Begleitung unserer Kund*innen, sowohl in Einzel- als auch in Gruppensettings. Die Fragestellungen, in dieser für alle sehr herausfordernden Zeit, sind sehr Wir bearbeiten dabei unterschiedlichste unterschiedlich. Fragen zu Job, Ausbildungen, Schule, Themen und Fragestellungen: Arbeit, Recht, Aufenthalt, diverse Fristen, Anträge, Gesundheit,… die Soziales, Bildung, Psychosoziale Themen, Verunsicherung und Ungewissheit ist spürbar groß. Mittlerweile hat sich bei uns eine gewisse Routine im Kompetenzen. Aufgrund der aktuellen Umgang mit der neuen Situation eingestellt. Natürlich Situation rund um die Corona-Pandemie sind viele Dinge umständlicher – Beratungen, die per- haben wir seit 16. März unsere komplette sönlich recht schnell erledigt sind, dauern übers Telefon Tätigkeit auf Telearbeit umgestellt, unter Umständen nun viel länger. Beratungen finden nun nicht mehr face-to- Nichtsdestotrotz face statt, sondern per Telefon, WhatsApp haben wir in den letzten Wochen unglaublich viele tolle oder E-Mail. Rückmeldungen von unseren Kund*innen und viel Dank dafür bekommen, dass wir auch weiterhin alles dafür Sehr schnell haben wir Beratungshotlines eingerichtet, tun, um alle gut durch diese Zeit zu bringen. um Menschen auch weiterhin mehrsprachig unterstüt- zen zu können. Das war vor allem in der Anfangsphase eine enorme Umstellung für unsere Kund*innen und Berater*innen. :: Kontakt Beratung WhatsApp: 0676-84 69 54-705. Die Anzahl an Anfragen, Telefon: 0676- 84 69 54-601 besonders in der Rechts-/Sozial-/Arbeitsmarktbera- E-Mail: office@migrare.at
Rundbrief 3/2020 13 Information for AUSNAHME- sex workers SITUATION IM during the corona crisis WOHNVERBUND Mehrsprachiges Video von LENA und MAIZ Sexarbeiter*innen zählen in Österreich zu der am mei- sten stigmatisierten und prekär beschäftigten Gruppe von Menschen (Frauen, Männer und Transfrauen), vor allem Migrant*innen. Mit der Umsetzung der sanitären Anna Mayrhofer ist diplomierte Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus verlor Gesundheits- und Krankenpflegerin und diese Personengruppe automatisch ihre Einkommens- leitet den Wohnverbund der Volkshilfe quelle. Ein Großteil von ihnen konnte in ihre Nach- barländer zurückkehren, aber viele leben unter diesen OÖ für Menschen mit Beeinträchtigung in Bedingungen nun mit großer Unsicherheit und Un- Leonding-Harterfeld. Der Alltag dort hat klarheit in Österreich. MAIZ und LENA, die beiden Or- sich massiv verändert. „Weil die geschützten ganisationen in OÖ, die mit dieser Zielgruppe arbeiten, mussten ihre Tätigkeiten auf email und Telefondienst Werkstätten schließen mussten, sind umstellen und können die Sexarbeiter*innen, welche in derzeit alle 13 Bewohner*innen rund um die ganz Oberösterreich verstreut leben, nun viel schwerer Uhr zuhause“, erzählt Anna. „Der Lärmpegel erreichen und die aktuellen Unterstützungsangebote ist entsprechend hoch, belastend ist für bekannt machen. die Bewohner*innen auch, dass sie nicht Um möglichst vielen Sexarbeiter*innen Informationen arbeiten gehen und keine Besuche erhalten über bestehende Formen der Unterstützung und (der dürfen. Aber unsere Kund*innen sind sehr sehr begrenzten) sozialen Leistung zukommen zu las- sen, haben beide Organisationen zusammen, auf Initi- tapfer.“ ative von LENA, ein kurzes Video in 6 Sprachen für die Sexarbeiter*innen erstellt. Gegen den Lagerkoller helfen Spaziergänge mit maximal zwei Bewohner*innen und eine :: Helfen Sie uns, dieses Video zu gute Alltagsstruktur. „Glücklicherweise sind verbreiten wir hier alle noch gesund, die vorhandene https://www.youtube.com/watch?v=jl6cTkfKNps (in spanisch, englisch und tschechisch) Schutzausrüstung ist daher noch nicht im Einsatz“, sagt Anna. Möge es so bleiben! https://www.youtube.com/watch?v=fmEOAScpKiA Danke für eure tolle Arbeit! (in deutsch, rumänisch und ungarisch)
© Diakonie Zentrum Spattstraße 14 Rundbrief 3/2020 „Weil das Geld so knapp ist, esse ich weniger.“ Was die Corona-Krise für Familien in ation. Dann geht es viel um Tipps, wie sie ihn beruhigen kann. Ich versuche, sie so gut es geht, zu stärken und zu Armut bedeutet, weiß Familienbegleiterin unterstützen.“ Elisabeth Wurzer von den Frühen Hilfen, Der Familienbegleiterin liegt Frau Lindner am Herzen, Diakonie Zentrum Spattstraße denn: „Sie hat schon viel allein geschafft. Um die Woh- nung mit dem Nötigsten einzurichten, hat sie einen klei- Frau Lindner ist alleinerziehend. Für sie und ihre zwei nen Kredit aufgenommen. Sie hat einen Zahlungsplan. Kinder ist die Situation jetzt schwieriger als schon im Sie möchte Fuß fassen. Sie möchte vor allem ihren Kin- „Normalzustand“. Bisher ging es sich mit Kinderbetreu- dern eine gute Zukunft ermöglichen. Zurzeit ist es sehr ungsgeld, Alimenten und Notstandshilfe gerade aus. Der schwer für sie.“ Vater der beiden Kinder wird aber bald in Kurzarbeit Was Frau Lindner auch Sorge macht: Sie kann ihrer sein. Dann werden die Alimente reduziert. Frau Lindner Tochter nicht helfen beim Lernen oder wenn es ein hat Angst, sich die Windeln und Lebensmittel nicht mehr technisches Problem gibt. Der Computer und der Dru- leisten zu können. cker sind ausgeborgt, das hat Lauras Papa organisiert. Frau Lindner braucht dringend Geld für das Nötigste. „Ich kenn mich nicht aus am Computer, ich kann Laura Die Situation ist kritisch. „Weil das Geld so knapp ist, nicht helfen. Ich hoffe auch, die Druckerpatrone reicht esse ich weniger. So kann ich ein bisschen sparen“, er- noch eine Zeit. Ich kann jetzt keine neue kaufen.“ zählt die besorgte Mama. „Hoffnung zu vermitteln ist schwer, wenn jemand schon Frau Lindner geht nur einmal wöchentlich zum Einkau- wenig isst, um über die Runden zu kommen. Jeder Euro fen außer Haus. Sonst ist sie zu Hause mit Laura (5 Jah- würde helfen“, erzählt die Familienbegleiterin. re) und Emil (18 Monate). „In Steyr werden Passanten oft kontrolliert. Ich habe Angst, auf den Spielplatz zu gehen. #TeamHoffnungsträgerInnen Ich will nicht, dass wir von der Polizei gestraft werden. #Kindergesundheit Ich kann das nicht zahlen.“ #CoronaHilfsfonds Familienbegleiterin Elisabeth Wurzer von den Frühen Hilfen der Diakonie hält den Kontakt zur Mutter tele- fonisch aufrecht: „Die großen Ängste und die Verunsi- cherung sind Thema, Erziehungsfragen und vor allem die Geldsorgen.“ Ein- bis zweimal die Woche telefonie- ren die beiden. Für Frau Lindner oft der einzige Kontakt nach außen. „Emil schläft schwer ein und wacht bald wieder auf. Er spürt die Sorgen und die Ausnahmesitu-
Rundbrief 3/2020 15 „Corona ist eine groSSe Herausforderung“ Was Corona für die sozialpädagogische Krise als zusätzliche Belastung Mädchenwohngruppe TAMAYA bedeutet, für Jugendliche Manche der WG-Bewohnerinnen haben eine trauma- erläutert Irene Faderl. Sie ist Sozialpädagogin tische Vergangenheit. Die Krise ist eine zusätzliche in der Wohngruppe TAMAYA des Diakonie Belastung für sie. Eines der Mädchen hat mich gefragt: Zentrum Spattstraße in Linz. „Irene, kann es sein, dass wir jetzt hungern müssen?“ Das Mädchen hat in ihrer Vergangenheit Hunger erlebt. Wir betreuen neun Mädchen und junge Frauen in un- Jetzt sieht sie, wie Menschen Hamsterkäufe tätigen. serer WG TAMAYA. Normalerweise ist der Vormittag „Was, wenn für uns nix mehr überbleibt?“ Ein anderes eine betreuungsfreie Zeit und diese Zeit wird für orga- Mädchen durfte früher in der Familie nicht aus der el- nisatorische Dinge und Termine genutzt – die Bewohne- terlichen Wohnung. Jetzt sagt sie: „Ich hab mir gedacht, rinnen machen eine Ausbildung, gehen zur Schule oder dass ich dieses Gefühl des Eingesperrtseins nie wieder in Kurse. Jetzt sind die Mädchen 24 Stunden in der WG haben würde.“ Erinnerungen und Ängste kommen wie- – Freunde oder Familie besuchen am Nachmittag geht ja der auf. Vom Kopf her haben sie alle schnell verstanden, auch nicht mehr. Das ist natürlich eine große Heraus- was jetzt anders ist und warum. Aber emotional ist es für forderung für uns. Wir müssen viel mehr und intensiver viele nicht leicht. für die Bewohnerinnen da sein, gleichzeitig müssen wir aber darauf achten, dass nur wenige von uns Betreue- den Mädchen Sicherheit geben rinnen da sind. Zuhören, da sein – aber auch eine klare Tagesstruktur sind jetzt sehr wichtig. Das sagen die Mädchen auch Ablauf im neuen Alltag selbst. Gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Ko- Wir sind meist alleine oder maximal zu zweit. chen, Gruppenabende, in denen man über alles Denn falls jemand von uns krank wird, spricht, was uns jetzt beschäftigt. Da kommen müssen wir sicherstellen können, dass auch viele Ideen von den Mädchen – sie jemand anderer von uns einspringen haben jetzt zum Beispiel ein Projekt ge- kann. Das ist anstrengend, keine startet: Sie wollen ein Corona-Tagebuch Frage. Hinzu kommt ja, dass wir nun anlegen. Sie wollen niederschreiben, auch mit den Bewohnerinnen für was sie erleben und was sie machen. die Schule lernen müssen. Stellen Corona ist eine große Herausforde- Sie sich vor, sie sind eine Mutter rung, aber die Mädchen sind jetzt oder ein Vater und haben neun auch besonders kreativ, einfühl- Kinder, die alle im selben Al- sam und motiviert. ter sind - so kann sich, glaube ich, jede*r vorstellen, welche Herausforderung wir meistern müssen. Das gibt ein gutes Bild. Aber die Mädchen verstehen auch, dass wir jetzt alle zu- sammenhalten müssen. Sie helfen sich gegenseitig, etwa bei den Schulaufgaben, ko- chen gemeinsam und geben besonders aufeinander acht. © Diakonie Zentrum Spattstraße
16 Rundbrief 3/2020 Home-Office, Beschulung und BespaSSung – Wie soll das denn alles gleichzeitig gehen? Carina Zweiner steht jetzt belasteten Eltern © Diakonie Zentrum Spattstraße telefonisch zur Seite. Sie ist Psychologin und arbeitet in der Familien- und Erziehungsberatung im Diakonie Zentrum Spattstraße Ganz verzweifelt ruft Frau Meier in der Familienbera- tung an und schildert das aktuelle Chaos bei ihr zu Hau- se. In den ersten zehn Minuten komme ich dabei gar nicht zu Wort, denn der Redefluss und die Belastung sind offensichtlich groß. „Alles ist so schlimm und nichts funktioniert mehr, dieses blöde Corona-Virus zerstört die ganze Familie“. Die Ausführungen von Frau Meier en- den mit einer Entschuldigung. „Es tut mir so leid, dass ich Sie nun vollgetextet habe, aber ich weiß nicht, mit wem ich sonst reden soll.“ – Doch diese Entschuldigung ist unnötig, denn genau dafür bin ich da – zuzuhören, da zu sein, mitauszuhalten und erst dann gemeinsam nach möglichen Lösungswegen zu suchen. In der aktuellen Corona-Zeit sitzt Frau Meier nun zu Hause, soll 30 Stunden im Home-Office arbeiten, mit ihrem älteren Sohn die Aufgaben der Volksschullehre- rin bearbeiten, denn alleine schafft er diese nicht und gleichzeitig auch ihren jüngeren Sohn, der derzeit nicht in den Kindergarten geht „bespaßen“. Zeit zum Durch- schnaufen ist für Frau Meier gerade rar. tiven Spirale feststecke. Als erster Schritt wird gemein- Vor ein paar Tagen ist die Situation sam überlegt, welche kleinen Belohnungen und somit dann eskaliert. positive Verstärkung für jede*n der Familie – auch für Frau Meier telefonierte gerade mit ihrer Geschäftsfüh- Frau Meier – helfen könnten, um den Blick auch wieder rerin, als ihr jüngerer Sohn seinen älteren Bruder wäh- auf positive Dinge richten zu können. rend den Schulaufgaben einen Ball hingeschmissen hat. Daraufhin seien beide in einem „lautstarken Duell“ rund um Frau Meier im Kreis gelaufen und haben sich gegen- Zuhören - auch aus der Distanz Eine Woche später, als ich Frau Meier zu einer erneuten seitig „gejagt“. Diese Situation brachte Frau Meier dazu, telefonischen Beratung anrufe, wirkt Frau Meier deut- am Telefon bei ihrer Chefin aufzulegen und laut mit ih- lich entspannter als zuletzt. „Es ist wie ein Wunder! Die ren Söhnen zu schreien. Ihre Söhne haben dann noch Belohnung kleiner Dinge, wie der jüngere Sohn hilft mir lauter als zuvor geschrien und das Chaos war perfekt. den Geschirrspüler auszuräumen und der ältere Sohn Die Situation hat sich weiter hochgeschaukelt. Irgend- hilft die Wäsche zusammenzulegen, funktionieren auf wann wurde die Situation durch den nach Hause kom- einmal ohne Geschrei – nur durch die Belohnung mit menden Vater, der als „Schlüsselkraft in kritischer Infra- einer kleinen Süßigkeit“, das hätte sich Frau Meier nicht struktur“ arbeiten gehen muss, aufgelöst. gedacht. Frau Meier wünscht sich weitere telefonische Frau Meier wisse nicht wie sie ihre Kinder „bändigen“ Beratungen, „während dieser schweren Corona-Zeit könne. brauche ich jemanden, der mir zuhört, bei dem ich mir Auf die Frage, was ihre Söhne denn in der aktuellen Si- meine Belastungen von der Seele reden kann und je- tuation gut machen, folgt langes Schweigen. Mit leiser manden der mir mit Rat, wenn auch aus der Distanz, zur Stimme meint Frau Meier, dass ihr die positiven Dinge Seite steht.“ gar nicht mehr auffallen würden, da sie in einer nega-
Rundbrief 3/2020 17 © Verein Saum Sozialmarkt Enns wieder geöffnet Der SOMA Enns ist Teil des SÖB Stützpunkt lern aus der Region, die sich somit Entsorgungskosten sparen. Und Menschen mit geringem Einkommen, die des Vereins SAUM. Im Sozialmarkt arbeiten bei SOMA einkaufen dürfen, sparen sich Geld, welches anerkannte Flüchtlinge, die auf den sie für andere dringende Anschaffungen zur Verfügung Regelarbeitsmarkt vorbereitet werden. Vor haben. Der SOMA Enns war Corona-bedingt erstmals seit sei- 10 Jahren wurde der SOMA Enns als ein ner Gründung für 3 Wochen geschlossen, hat jedoch seit weiterer Arbeits- und Aufgabenbereich 6. April – unter Veranlassung entsprechender Schutz- des Projekts gegründet. Er hat sich nicht vorkehrungen – wieder seinen regulären Betrieb aufge- nur für den SÖB als tragende Säule und nommen. Unsere Transitarbeitskräfte arbeiten seither ständig mit Mund-Nasen-Schutz und unter Einhaltung wichtiges Lernfeld etabliert, sondern ist des erforderlichen Sicherheitsabstands in der Waren- über die Jahre zu einem wichtigen Teil abholung, im Lager und im Verkauf. Viele unserer Kun- des sozialen Netzwerks in der Region dinnen und Kunden sind froh darüber, dass der SOMA Enns wieder geöffnet hat. Und auch der Einzelhandel geworden. Gerade in Zeiten, in denen weiß es zu schätzen, seine abgelaufenen Waren wieder viele Menschen ihre Arbeit verlieren und an uns abgeben zu können und nicht entsorgen zu müs- weniger Einkommen zur Verfügung haben, sen. zeigt sich umso deutlicher, welche wichtige gesellschaftspolitische Rolle Sozialmärkte :: Soma Enns einnehmen. Ein Ausweis berechtigt zum Einkauf im Soma Enns 3x pro Woche bis zu einem Höchstbetrag von maxi- Der SOMA Kreislauf macht jedenfalls Sinn: Die Wa- mal € 9,- pro Einkauf. Ab 3 Kindern sind 4 Einkäufe renspenden kommen von den Supermärkten und Händ- pro Woche möglich.
18 Rundbrief 3/2020 30. April - Tag der Arbeitslosen - Wir fordern: Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf mindestens 70% Für junge Menschen bis 25 Jahre: Garantie auf Ausbildungsplatz und vorbereitende Kursangebote Für ältere arbeitslose Menschen: Jobgarantie und Förderprogramm für Lohnkosten in öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen Rechtsanspruch auf Weiterbildung für alle arbeitslosen Menschen Anhebung der Sozialhilfe über den Armutsgefährdungsbetrag und bei Aufzahlung Geltung der Bedingungen des Arbeitslosengeldbezuges Bessere Verteilung der Erwerbsarbeit und eine generelle Arbeitszeitverkürzung Alle Organisationen, die hinter diesen Forderungen stehen, finden sie unter facebook.com/tagderarbeitslosen ARBEITSLOSIGKEIT KANN JEDE*N TREFFEN Arbeitslosigkeit kann jeden und jede treffen. achtens bereits eine strukturelle Krise am Arbeitsmarkt. COVID-19 stellt das nun in den Schatten: Infolge des Co- Das ist auch in normalen Zeiten der Fall, wir rona-Lock-Downs erhöhte sich die Zahl der Arbeitslo- haben darauf immer wieder hingewiesen. sen binnen zweier Wochen um 200.000 auf 560.000 mit Lag der Grund bisher in der Änderung Ende März 2020. Zum Tag der Arbeitslosen am 30.04. dürften es knapp 600.000 sein. von Lebensumständen (z.B. längerfristige Erkrankung) oder in Faktoren, die originär zweierlei mass im Bereich der Dienstgeber*innen zu Angesichts der weitreichenden Betroffenheit sollte au- suchen sind, bekommt Arbeitslosigkeit in ßer Frage stehen, die Schuld an Arbeitslosigkeit nicht bei den Einzelnen zu suchen. Dennoch wird hier mit zwei- COVID-Zeiten eine neue Dimension. Josef erlei Maß gemessen. Jene, die vor der COVID-19-Krise Pürmayr, Sozialplattform OÖ von Arbeitslosigkeit betroffen waren, und jene, die nach dem Lock-Down ihren Arbeitsplatz verloren haben. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit bedeutet immer eine Kri- So war der Familienhärtefonds nur für jene gedacht, se, sie wurde bisher überwiegend als individuelle Krise die in Folge der Corona-Krise ihren Job verloren haben. betrachtet. Mittlerweile wurde etwas nachgebessert: Alle Arbeits- losen und Sozialhilfebezieher*innen können die Leis- In Zeiten hoher Arbeitskräftenachfrage wird Erwerbs- tungen des Fonds nun in Anspruch nehmen, allerdings arbeitslosigkeit sehr häufig als persönlicher Makel bleiben Unterschiede: für jene, die vor COVID-19 bereits betrachtet, als individuelles Versagen. Auch die ge- arbeitslos waren, sind die Leistungen mit monatlich 50 genwärtige Bundesregierung hat sich diesbezüglich Euro bei Maximalbezug von 3 Monaten gedeckelt. hervorgetan, ich erinnere an die Debatte um die gefor- derten Verschärfungen bei Zumutbarkeitskriterien und Arbeitslosengeld kein Sanktionen. kurzfristiges Überbrückungsgeld Das Arbeitslosengeld beträgt in Österreich in der Regel strukturelles Problem 55 % des Nettolohnes. Das ist - auch international gese- Wir haben immer betont, dass Arbeitslosigkeit überwie- hen – eine geringe Quote und ermöglicht den meisten gend ein strukturelles Problem darstellt. Angesichts ca. Arbeitslosen keine ausreichende Existenzsicherung. 360.000 arbeitsloser Menschen bei noch brummender Hier ist ein Ungleichgewicht erkennbar zwischen jenen, Wirtschaftslage Mitte März 2020 bestand meines Er-
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