Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.

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Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.
2018 | Gratis für Sie

Hojotoho!
        das Bayreuther
          Festspielmagazin
                       von

NEUINSZENIERUNG Lohengrin   ABSCHIED Der fliegende Holländer
Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.
Hojotoho!
                 das Bayreuther
                   Festspielmagazin
                            2018

           „Es ist sehr viel Bläue in Lohengrin.“
        Neo Rauch schuf zusammen mit seiner Frau Rosa Loy
        Bühne und Kostüme für die Neuproduktion Lohengrin.

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VORWORT

                     Verehrte Wagner-Freunde,
                     liebe TAFF-Mitglieder,
                     seien Sie neugierig, nehmen Sie unser neues       Sängerinnen und
                     Festspielmagazin in die Hand, blättern Sie es     Sänger, und ge-
                     durch, Sie werden Erstaunliches finden über       gen eine Lizenzge-
                     die „Bayreuther Festspiele 2018“, jenes ein-      bühr wird Ihnen von
                     zigartige Musikfestival.                          BF-Medien das ganze
                     Wir berichten ausführlich über die neue Lo-       Equipment zur Verfügung
                     hengrin-Inszenierung mit einem Interview mit      gestellt. Wir hoffen auf viele
                     Rosa Loy und Neo Rauch, die uns exklusiv          Engagements.
                     einen Bühnenbild-Entwurf sowie Kostümzeich-       Die „Kinderoper“ ist sehr, sehr
                     nungen zum Abdruck zur Verfügung gestellt         wichtig, denn je besser es uns gelingt,
                     haben. Wir haben uns mit dem neuen Lohen-         junge Menschen für Oper, für klassische Mu-
                     grin-Star Piotr Beczala unterhalten, mit Bay-     sik, für klassische Kultur zu begeistern, desto
                     reuth-Rückkehrerin Waltraud Meier, mit Mae-       leichter werden sie es auf ihrem weiteren Le-
                     stro Christian Thielemann und vielen weiteren     bensweg haben, Verständnis für andere Men-
                     Größen des Grünen Hügels 2018.                    schen und Kulturen zu finden.
                     Wir bieten Ihnen Einblicke, die Sie sonst nicht   Aber auch die Oper für „Kleine“ kostet „gro-
                     so ohne weiteres finden werden, auf und un-       ßes“ Geld: Meine Bitte an Sie, unterstützen
                     ter die Bühne und in einzigartige Inszenierun-    Sie uns via Mitgliedschaft und/oder Spende.
                     gen, die es eben nur in Bayreuth gibt.            Und machen Sie bitte Reklame für TAFF, wenn
                     Lassen Sie sich mit unserem „Hojotoho!“ un-       Ihnen dieses Festspielmagazin gefällt. Bei
                     terhalten, inspirieren, neugierig machen auf      dieser Gelegenheit möchte ich mich herzlich
                     die Bayreuther Festspiele, auf ein besonderes     bei allen Unterstützern dieser dritten Ausgabe
                     Erlebnis.                                         von „Hojotoho“ bedanken.
                     Mit „Hojotoho – das Bayreuther Festspielma-       Nun wünsche ich Ihnen viel Freude bei den
                     gazin“ stellen wir Ihnen auch TAFF vor, das       „Bayreuther Festspielen 2018“ und bei der
                     Team aktiver Festspielförderer.                   Lektüre von „Hojotoho! dem Bayreuther Fest-
                     TAFF ist der junge Sponsorenverein, dessen        spielmagazin“
                     einziges Ziel es ist, die Bayreuther Festspiele
                     zu unterstützen, und hier liegt uns vor allem
                     die „Kinderoper“ am Herzen. Wir berichten in                              Ihr
                     diesem Magazin ausführlich über die neue
                     Produktion. Es ist die zehnte Neu-Inszenie-
Foto: R. Ehm-Klier

                     rung und es ist die erste in der Geschichte
                     von „Wagner für Kinder“, die auch außerhalb
                     Bayreuths gespielt werden kann. Sie brau-                                 Dr. Herbert Conrad
                     chen dazu nur eine Bühne, ein Orchester,                                  Vorstand TAFF e.V.
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INHALTSVERZEICHNIS

Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von

  8                                    14                             20
  Der fliegende                        Die Meistersinger              Parsifal
  Holländer                            von Nürnberg

03 ... Vorwort                                  28 ... Interview: Christian Thielemann über
06 ... Festspiel-Termine                               die Vollendung des Bayreuther Kanon,
                                                       gute Ratschläge, Nervosität und Ner-
10 ... Regisseur Jan Philipp Gloger:                   venstärke
       „Letztlich glaube ich an die Liebe von
       Senta und dem Holländer“                 33 ... Besuch beim „Meisterkurs dirigieren“

13 ... Axel Kober: Fliegender Wechsel zum       34 ... Interview: Chordirektor Eberhard
       Ring                                            Friedrich und die Kunst aus 134
                                                       Stimmen einen großen Klang zu formen
16 ... Interview: Günther Groissböck über
       „unbedingten Herzensbezug“ für           36 ... Die Bayreuther Festspiele auf allen
       Bayreuth-Sänger                                 Kanälen

22 ... Interview: Elena Pankratova über         37 ... Einführungsvorträge: Was am Abend zu
       ihre Rolle als Kundry und als                   sehen ist
       Gesangs-Professorin                      38 ... Exklusiv: Bühnenbildentwurf
25 ... Blut – selbst gebraut                           „Lohengrin“ von Neo Rauch
                                                41 ... Interview: Neo Rauch und Rosa Loy
                                                       über ihre erste Opernarbeit und die
                                                       Bedeutung von Blau

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2018

  26                                  38                               64
  Tristan und                         Lohengrin                        Die Walküre
  Isolde

46 ... Interview: Waltraud Meier kündigt nun     63 ... Der Ring im Zauberkasten
       auch ihre letzte „Ortrud“ an.             66 ... Interview: Plácido Domingo und sein
50 ... Interview: Piotr Beczala erzählt, warum          Debüt als Bayreuth-Dirigent
       er doch kurzfristig als Lohengrin ein-    69 ... Technik: Für jedes Problem eine
       sprang                                           Lösung
54 ... Interview: Georg Zeppenfeld über          70 ... Bayreuther Walküre im Wüstenstaat
       Glück, Risiko und seine nächste Her-
       ausforderung                              71 ... Veranstaltungsreihe „Diskurs
                                                        Bayreuth“
56 ... Übertragung: Die Premiere außerhalb
       des Festspielhauses                       72 ... Über TAFF

57 ... „Die Sendung mit der Maus“ und            73 ... Einblicke bei den „Zäsuren“ und unter
       „Tatort“ im Festspielhaus                        www.taff-ev.org

58 ... Zehnmal Wagner für Kinder: Herzlichen     74 ... TAFF-Mitglied werden
       Glückwunsch, Kinderoper!                  75 ... Impressum
60 ... Kinderoper: Wie alles begann
62 ... Wie die Kinderoper entsteht
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SPIELPLAN

     Terminplan der Bayreuther Festspiele 2018
                                        25. Juli bis 28. August 2018

Die Aufführungen von Lohengrin, Parsifal, Tristan und Isolde,
Die Meistersinger von Nürnberg sowie Die Walküre beginnen
um 16 Uhr, der Fliegende Holländer um 18 Uhr.
Finden Zäsuren zur Vorstellung statt, ist dies im Kalender              TAFF-Termine:
durch ein ✘ gekennzeichnet (Beginn jeweils 11:45 Uhr, Pro-              11.08. Mitgliederversammlung (um 9.30 Uhr),
bebühne IV, Kinderoper).                                                        anschl. Treffen mit Festspielleiterin
Zusätzliche Zäsuren:                                                            Katharina Wagner
03.08. Wagner für Kinder – „Der Ring des Nibelungen“                    22.08. Mitwirkendenfest
12.08. Einblicke aus dem Orchestergraben                                29.08. Schlussakkord
15.08. Zäsur Exklusiv mit Christian Thielemann, 15 Uhr!

                     MO              DI             MI             DO             FR            SA             SO
                23         ✘    24         ✘   25        ✘ 26            ✘   27        ✘ 28        ✘ 29        ✘
                                               Lohengrin   Parsifal          Tristan und Die Meister- Lohengrin II
    Juli

                                                                             Isolde      singer von
                                                                                         Nürnberg
                30        ✘ 31       ✘
                Der         Die Walküre
                fliegende
                Holländer

                     MO              DI             MI             DO             FR            SA             SO
                                               1           ✘ 2        ✘ 3            ✘ 4              ✘    5         ✘
                                               Parsifal II   Lohengrin III Der                             Die Meister-
                                                                           fliegende                       singer von
                                                                           Holländer II                    Nürnberg II
                6        ✘ 7           ✘ 8             ✘ 9               ✘   10       ✘ 11         ✘       12        ✘
                Lohengrin IV Der           Parsifal III                      Lohengrin V Die Meister-      Der
    August

                             fliegende                                                   singer von        fliegende
                             Holländer III                                               Nürnberg III      Holländer IV
                13        ✘ 14         ✘ 15               ✘     16         ✘ 17        ✘ 18       ✘ 19          ✘
                Tristan und Parsifal IV                         Tristan und Die Meister- Die Walküre Parsifal V
                Isolde II                                       Isolde III   singer von  II
                                                                             Nürnberg IV
                20        ✘ 21        ✘ 22         ✘ 23                  ✘   24             25         ✘ 26        ✘
                Tristan und Die Meister- Der                                 Tristan und    Parsifal VI  Der
                Isolde IV   singer von   fliegende                           Isolde V                    fliegende
                            Nürnberg V Holländer V                                                       Holländer VI
                27        ✘ 28         ✘ 29       ✘ 30                   ✘   31         ✘
                Die Meister- Tristan und Die Walküre
                singer von   Isolde VI   III
                Nürnberg VI

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Unter der Schirmherrschaft seiner Hoheit Scheich Abdullah bin Zayed Al Nahyan,
Minister für auswärtige Angelegenheiten und Internationale Zusammenarbeit der
Vereinigten Arabischen Emirate

Abu Dhabi Classics empfängt die Bayreuther Festspiele mit einer
Produktion der Walküre

      B AY R E U T H E R F E ST S P I E L E - D I E WA L K Ü R E

        Mittwoch, 30. Januar und Freitag, 1. Februar 2019
        Emirates Palace - Abu Dhabi - VAE - 19:00 Uhr (Einlass ab 18:00 Uhr)

       E I N E S A I S O N K U LT U R E L L E R H A R M O N I E
        E I NTR ITTS KARTE N ON LI N E Ü B E R TICKETMASTE R.AE

                                      @abudhabimusic        abudhabimusic.ae           info@AbuDhabiClassics.ae

                     PRODUZIERT VON       VERKAUFSPARTNER          TICKETING PARTNER               ORGANISIERT DURCH
Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.
Der fliegende Holländer
                                               Romantische Oper in drei Aufzügen
                      Der Holländer ist ein Verfluchter, der in einem   Auf der Bühne (Premiere 2012)
                      Teufelspakt seine Seele verkauft hat und nun      Der Holländer ist ein rastlos Reisender als
                      ewig über die Weltmeere fahren muss – so          Geschäftsmann, die Liebe ist Business, das
                      lange, bis er auf seinem Landgang, der alle       selbst aus dem Ende des Liebespaars Ge-
                      sieben Jahre stattfinden darf, eine ihn lieben-   winn schlagen kann.
                      de Frau findet. Das wäre seine Erlösung. Es
                      geht auch dieses Mal schief.                      Die Partien
                                                                        Ricarda Merbeth (Senta, seit 2013),
                      Die Geschichte                                    Greer Grimsley (I und V) und John Lundgren
                      Bei der Uraufführung am 2. Januar 1843 in         (II, III, IV, VI), Holländer (neu)
                      Dresden war Richard Wagner noch nicht ein-        Christa Mayer (Mary, ab 2012)
                      mal 30 Jahre alt. Es ist somit sein frühestes
                      Werk, das bei den Bayreuther Festspielen          Dirigent
                      aufgeführt wird.                                  Axel Kober (seit 2015)

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Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.
Hojotoho! das Bayreuther Festspielmagazin von - NEUINSZENIERUNG Lohengrin ABSCHIED Der fliegende Holländer - TAFF e.V.
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER: Interview mit Jan Philipp Gloger

                                                   „Letztlich glaube ich an die Liebe
                                                    von Senta und dem Holländer“

                                                                                                                                   Foto: Bayreuther-Festspiele / Enrico Nawrath
                                                      Nach einem Jahr Pause steht „Der fliegende Holländer“ in der
                                                      Regie von Jan Philipp Gloger 2018 zum letzten Mal auf dem Spiel-
                                                      plan der Bayreuther Festspiele. Gloger lässt den „Holländer“ als
                                                      Reisenden in einer monotonen Datenwelt auftreten. Sentas Volk
                                                      wiederum produziert Ventilatoren – also ein Ding, das Luft bewegt.
                                                     Für „Hojotoho“ blickt Regisseur Gloger (37) auf die Jahre in Bay-
                                                   reuth zurück.

Als Sie gebeten wurden, 2012 die            siness. Was wollten Sie damit den Zu-      waren es freilich nur Details, da haben
Neuinszenierung von „Der fliegende          schauern noch mit auf den Weg geben?       wir ja eine ganz deutliche Veränderung
Holländer“ zu übernehmen. Was haben         Ich wollte mich nicht um den Erlösungs-    im zweiten Jahr vorgenommen, als die
Sie als erstes unternommen?                 schluss herum mogeln – letztlich glaube    rote Welt Sentas schwarz wurde und
Mich gekniffen, denn ich war mir nicht      ich an die Liebe von Senta und dem Hol-    mehr Video dazu kam. Seitdem empfin-
sicher, ob ich nicht träume. Dann einen     länder. Aber selbst Gefühle und Wunder     den wir die Bühnen- und Kostümarbeit
Kaffee getrunken, dann den Klavieraus-      werden in dieser Welt, aus der die bei-    als abgeschlossen.
zug in die Hand genommen.                   den miteinander heraus wollten, noch
                                            benutzt, um Geschäfte zu machen. Das       Wie erlebten Sie die Arbeit in Bayreuth,
Was gefällt Ihnen an Wagner?                passt zu heute, finde ich.                 vielleicht im Vergleich mit Inszenierun-
Dass er an das ganz Große und Uner-                                                    gen an Häusern, die das ganze Jahr
klärliche glaubt und versucht, es ein-                                                 über Programm haben?
zufangen, trotzdem aber auch vom                                                       Bayreuth hat Ferienlagerstimmung – das
Menschlich-Alltäglichen weiß und dies
                                                 „Immer wieder                         ist etwas ganz anderes. Und die meisten
beschreibt und ausgestaltet.                      neue Details                         Leute MÜSSEN nicht da sein, sie ma-
                                                                                       chen das zusätzlich. Sie wollen also. Das
Die Fabrik in Ihrem Holländer produziert          entdeckt und                         sorgt für eine super Arbeitsatmosphäre!
Ventilatoren – quasi bewegt nur Luft –
unter Umständen heiße Luft. Wie kam
                                                 scharf gestellt.“                     Ihre Inszenierung wird im Gedächtnis
es zu dieser Idee?                                                                     bleiben – als die Inszenierung, in der
Sie haben den Sinn dieses Bildes ja                                                    am Tag vor der Generalprobe der Sän-
schon benannt! Bühnenbildner Christof       Inwiefern konnten Sie den Werkstatt-       ger der Titelpartie, Evgeny Nikitin, we-
Hetzer und ich haben damals etwas ge-       gedanken Bayreuth nutzen? Haben Sie        gen eines (seiner vielen) Tattoos raus-
sucht, das die Sinnlosigkeit und Stupidi-   in den Jahren seit 2012 viel verändert     flog. Wird sich der „Holländer“ auch für
tät der Welt um Senta herum beschreibt.     (verändern wollen/können)?                 Sie so ins Gedächtnis brennen?
Und es sollte sich ein Rädchen drehen,      Ja, das war wunderbar. Ich war jedes       Nein, wenn ich heute an meinen Hollän-
so dass wenigstens ein bisschen zum         Jahr da und habe immer wieder neue         der denke, dann denke ich an die vielen
Text passt.                                 Details entdeckt und scharf gestellt und   positiven Reaktionen auf unser Konzept,
                                            konnte auch auf die unterschiedlichen      die inhaltlichen Diskussionen mit Freun-
Sie sorgen fast für ein Happy-End, indem    Sänger-Persönlichkeiten eingehen. Ein      den und Kollegen und viele intensive
man den Holländer und Senta am Ende         gutes Beispiel war Thomas Maiers Hol-      Arbeitssommer mit vielen wunderbaren
„glücklich vereint“ sieht – als neues Bu-   länder 2016. Im Bereich der Ausstattung    Solisten.

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Wie betrachten Sie den Trubel im Rück-         Nein. Die Arbeit mit Christian Thiele-                 Und was weniger?
blick von sechs Jahren?                        mann war sehr inspirierend und daran                   Probebühnenproben bei 40 Grad im
Es war schade, dass Herr Nikitin nicht of-     konnten wir mit Axel Kober sehr gut                    Hochsommer.
fen benannt hat, was da los war, und sich      anschließen. Axel ist ein wunderbarer
auch nicht offen davon distanziert hat.        Musiker und neugieriger Begleiter von
                                               szenischen Ideen und Vorgängen.                                 „Zum Stück
Hatte der Wechsel der Titelpartie ei-
nen entscheidenden Einfluss auf Ihre           Fünf Jahre Bayreuth, ein Jahr Pause,                           fällt mir etwas
Arbeit?
Natürlich kommt man mit einem Sänger,
                                               dann kommt der „Holländer“ wieder auf
                                               die Bühne. Haben Sie nach so langer
                                                                                                             ein, solange wir
der zum ersten Mal zur Generalprobe            Zeit noch Bezug zum Stück bzw. Lust                          in einer Welt der
kommt, und der sechs Wochen Probe              aufs Stück?
nicht mitgemacht hat, szenisch nicht sehr      Zum Stück und zu meiner Inszenierung                            Heimatlosen
weit. Alle sind froh, wenn die grobe Aktion    fällt mir etwas ein, solange wir in einer                          leben.“
stimmt. Dass dann zum Beispiel bemän-          Welt der Heimatlosen leben, in der öko-
gelt wurde, das Liebesduett sei nicht gut      nomische Strukturen in unsere inners-
genug gearbeitet, hat mich damals aufge-       ten Lebensbereiche eingreifen.
regt. Heute schmunzel ich darüber.                                                                    Sind Sie 2018 noch häufig in Bayreuth
                                               Was hat Ihnen an diesem „Holländer“                    in der Probenzeit anzutreffen?
2014 wechselte die musikalische Lei-           besonders Spaß gemacht?                                Ja, aber etwas weniger als in den Vorjah-
tung. Hat das die Inszenierung verän-          Die Arbeit mit dem tollen, riesengroßen                ren, da ich gerade parallel eine andere
dert?                                          Chor!                                                  Inszenierung mache. 

                                                                                                                                        Anzeige

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DER FLIEGENDE HOLLÄNDER: Interview mit Jan Philipp Gloger

Schauen Sie sich die anderen Stücke

                                                                                                                               Foto: Bayreuther-Festspiele / Enrico Nawrath
der Bayreuther Festspiele 2018 an?
Ja klar, wie jedes Jahr.

Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Allerdings. Es gibt eine große emotiona-
le Verbindung nach so langer Zeit.

Einmal Wagner, immer Wagner? Gibt
es neue Pläne?
Es gibt so viel zu entdecken in der Opern-
welt und nach Wagner kamen dann erst-
mal Verdi, Puccini, Mozart, Strauss.
Aber der Holländer war sicher nicht mein
letzter Wagner.

Was machen Sie am Sonntag, 26. Au-
gust 2018, wenn zum letzten Mal der
Vorhang fällt von „Der fliegende Hol-
länder“ in der Regie von Jan Philipp
Gloger? Gehen Sie noch einmal zum
Schlussapplaus auf die Bühne?
Das weiß ich noch nicht.                     Turco in Italia“ von Rossini an der Oper                Seit dem zweiten Jahr der
                                             Zürich. Aber ich freue mich auch auf mei-               Inszenierung ist Sentas Welt
Sie übernehmen in der kommenden Sai-         ne Zeit in Nürnberg und das aufregende              schwarz. Damit war die Bühnen-
son die Position des Schauspieldirek-        Programm, das wir haben, unter ande-               und Kostümarbeit abgeschlossen.
tors am Staatstheater Nürnberg. Haben        rem wird Dieter Dorn bei uns inszenie-
Sie noch Lust auf Oper?                      ren, einer meiner Holländer-Vorgänger.
Allerdings, ich werde weiterhin regelmä-     Kommen Sie doch mal vorbei, weit ist
ßig Opern inszenieren, als nächstes „Il      es ja nicht! 

                Ein Jahr lang Bayreuther Festspiele
Enrico Nawrath ist ganz nah dran an den      szenierungen. Das sind in diesem Jahr:
Bayreuther Festspielen. Als Fotograf hat     Lohengrin, Parsifal, Tristan und Isolde,
er Zugang zu allen Proben und hält die       Die Meistersinger von Nürnberg, Der flie-
besonderen Momente auf der Bühne für         gende Holländer und Die Walküre.
die Programmhefte und als offizielle Pres-   Fertig wird der Festspielkalender 2019
sefotos der Bayreuther Festspiele fest.      rechtzeitig zur Premiere der Bayreuther
Enrico Nawrath zeigt die beeindru-           Festspiele, am 25. Juli 2018. Der Fest-
ckendsten Bühnen-Ansichten seit Jahren       spielkalender kostet 29,95 Euro (zzgl. 6
außerdem im Festspielkalender. Damit         Euro Versand bei Bestellung).
schafft der auf Theater spezialisierte Fo-   Da die Bilder aktuell aufgenommen
tograf stets ein „Best of Bayreuth“, wes-    werden und der Kalender dann erst ge-
halb sich das Werk längst zum Muss für       druckt werden kann, gab es zu Redak-
Festspielbesucher entwickelt hat. Es ist     tionsschluss von „Hojotoho!“ erst ein
eine schöne Erinnerung an unvergessli-       vorläufiges Titelbild für den Bayreuther    Erhältlich ab 25. Juli in der Kairos-Buch-
che Aufführungen oder ein beliebtes Ge-      Festspielkalender 2019, in dem natür-       handlung am Festspielhaus zum Mitneh-
schenk für Wagnerianer und zeigt jeden       lich dann auch die Premieren-Produktion     men oder zu bestellen übers Internet:
Monat neue Höhepunkte aus allen In-          „Lohengrin“ verewigt ist.                   www.kairos-medien.com 

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DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

                                               Fliegender Wechsel vom „Holländer“ zum „Ring“
                                               Die Stimmung ist so hervorragend wie das Dauerhoch im Juli,       gern festzurren“, weshalb er sich
                                               und jedem Abschied wohnt ja auch ein Zauber inne: Insofern        auf Repertoire-Vorstellungen wie
                                               ist Axel Kober, Dirigent von „Der fliegende Holländer“, in sei-   Mozarts „Zauberflöte“ oder
                                               ner vorerst letzten Saison „mit voller Motivation“ bei den Bay-   Verdis „Otello“ als eine Art
                                               reuther Festspielen, zumal sich auch „eine gewisse Routine        „Gegendroge“ in „seinen“
                                               mit den Gegebenheiten des Hauses“ eingestellt habe.               Häusern freut.
                                               Axel Kober, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am            Ganz ohne Wagner geht es
                                               Rhein mit dem Opernhaus Dortmund und dem Theater Duis-            nicht: Sowohl in Dortmund
                                               burg, gibt quasi das letzte „Heimspiel“. Denn Kober ist wa-       als auch in Duisburg stu-
Foto: Bayreuther-Festspiele / Enrico Nawrath

                                               schechter Oberfranke, wuchs im nur wenige Kilometer entfern-      diert Kober derzeit den
                                               ten Kronach auf und verbringt auch den Sommer mit seiner          „Ring des Nibelungen“ ein.
                                               Familie bei seiner Schwester ganz in der Nähe: „Ich habe na-      Im Januar 2019 dirigiert er
                                               türlich schöne Erinnerungen an meine Schulzeit und die Zeit,      die gesamte Ring-Tetralogie
                                               als ich hier Proben besucht habe und in der Musikschule war.      an der Wiener Staatsoper. Da-
                                               Insofern schließt sich ein Kreis“, sagt der Dirigent, der 2013    mit sieht sich Axel Kober in nä-
                                               bei „Tannhäuser“ im berühmten Graben des Bayreuther Fest-         herer Zukunft weiterhin fest in der
                                               spielhauses sein Debüt gab. 2015 übernahm er den „Hollän-         „Wagner- und Ring-Welt verhaftet“. Lang-
                                               der“, der nun sechs Saisonen auf dem Spielplan in Bayreuth        weilig werde das nicht: „Wenn ich trotz der Intensität der Ar-
                                               stand.                                                            beit keine Freude hätte, würde ich etwas anderes machen“,
                                               Kober ist Wagnerianer, verfasste schon am Gymnasium               sagt er und fügt schmunzelnd hinzu, „aber die Gefahr sehe
                                               eine Facharbeit über „Tristan“. Dennoch lässt er sich „un-        ich nicht“. 

                                                                                                                                                                        Anzeige

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Die Meistersinger
 von Nürnberg
    Oper in drei Akten
„Hans Sachs ist Richard Wagner und Richard Wagner         Schwiegerpapa Franz Liszt ist Veit Pogner und Sixtus
ist Hans Sachs“: Seit der Premiere am 25. Juli 2017       Beckmesser hat als Parallel-Person den Dirigenten
ist klar, was Regisseur Barrie Kosky mit dieser Erklä-    Hermann Levi. Am Ende singt Wagner/Sachs vor der
rung gemeint hatte. Er verknüpft in „Die Meistersinger    Kulisse der Nürnberger Prozesse von der Achtung der
von Nürnberg“ das Leben von Richard Wagner und der        deutschen Meister. Ob er verurteilt wird, bleibt offen.
Hauptperson dieses Werks, Hans Sachs.                     Die Kritik hat ihr Urteil gefällt. Wagner-Experte Sven
                                                          Friedrich über Koskys Regiearbeit: „Ein Meisterstück.“
Die Geschichte
Uraufführung war am 21. Juni 1868 in München. Das         Die Partien
knapp viereinhalb Stunden dauernde Stück ist die ein-     14 der 17 Solopartien bleiben nach der Premiere
zige Komödie von Richard Wagner.                          2017 unverändert.
                                                          Neu: Emily Magee (Eva)
Auf der Bühne (Premiere 2017)                             Wiebke Lehmkuhl (Magdalene)
Der Auftakt findet in der Villa Wahnfried, dem prächti-   Tobias Kehrer (Nachtwächter)
gen Heim der Wagners in Bayreuth statt. Eva, die Co-
sima ist, hat Kopfschmerzen, der Meister kommt mit        Dirigent: Philippe Jordan
den Hunden (echte Neufundländer) vom Spaziergang,

                                                                                      Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG/PARSIFAL: Interview mit Günther Groissböck

                                              Mit unbedingtem Herzensbezug
                                                 Dass Günther Groissböck die Sängerlaufbahn einschlug, war Zufall.
                                                   Beim Badewannen-Geträller bei einer Studentenparty wurde das San-
                                                     gestalent des damals 19-Jährigen entdeckt. Er ging ohne weitere
                                                      Vorbereitung zur Aufnahmeprüfung an die Hochschule in Wien, mit
                                                       offensichtlichem Erfolg. Heute zählt der Bass zu den Großen in der
                                                       Szene, vor allem, wenn Wagner auf dem Spielplan in München,
                                                       Mailand, Wien, Berlin oder New York steht. Bei den Bayreuther
                                                       Festspielen debütierte Groissböck 2011 als Landgraf Hermann
                                                      (Tannhäuser). In diesem Jahr steht sein Name auf der Besetzungs-
                                                     liste wieder von „Die Meistersinger von Nürnberg“ als Veit Pogner;
                                                    als Gurnemanz in „Parsifal“ feiert er sein Festspiel-Debüt. Und 2020
                                                  kommt der nächste Höhepunkt: Wotan bei den Bayreuther Festspie-
                                                len. Groissböck (41) kommt aus Waidhofen an der Ybbs (Niederöster-
                                             reich) und lebt mit seiner Familie im schweizerischen Tessin.

Können Sie in Bayreuth eigentlich noch      zumindest einer Bühnen-Orchesterpro-           sinnsprojekt 2020 verbunden, alles was
gemütlich durch die Stadt gehen?            be. Jeder weiß, dass der Musikgenuss           ich an verrücktem, quantitativ manchmal
Sicher. Das Bayreuther Publikum ist rela-   im Festspielhaus mit einem gewissen            etwas gar üppigem Programm absolvie-
tiv wenig Boulevard-interessiert, sondern   physischen „Opfer“ verbunden ist. Das          re, ist sozusagen schon eine Art Test.
zum Großteil des Werks, des Stücks, der     tut man sich nicht an, nur um seine
Inszenierungen und vor allem natürlich      Abendrobe herzuzeigen. Fairerweise             Dieses Jahr ist Ihr Bayreuther Pensum
der Musik hier. Ich sehe mich als Ver-      muss man sagen, auch in Salzburg sind          ja auch sportlich. Wie läuft es bei den
mittler dieser Sache und nicht als die      große Teile des Publikums gut infor-           Proben? Sind Sie im Stress?
Hauptattraktion. In der Stadt werde ich     miert, aber der gesellschaftliche Faktor       Ach, von Stress kann überhaupt keine
durchaus angesprochen. Aber das sind        ist sicher höher, als der in Bayreuth.         Rede sein. Die Atmosphäre ist phantas-
in den allermeisten Fällen sehr nette und                                                  tisch. Bei den Meistersingern ist es sehr
interessierte Leute.                        Gehen Sie auf andere Festivals?                entspannt, weil das Stück noch sehr,
                                            Ich schaue schon, was woanders los ist.        sehr frisch ist. Und wir sind insgesamt
Ihr Debüt bei den Bayreuther Festspie-      Es ist natürlich eine zeitliche Frage. Letz-   eine lustige Truppe. Das hat schon ei-
len gaben Sie 2011 in Tannhäuser als        tes Jahr habe ich es einmal zwischen-          nen Hauch von Feriencamp-Atmosphäre.
Landgraf Hermann. Es gab zwei Pau-          durch nach Salzburg zu einem Lieder-           Bei Parsifal läuft es ähnlich entspannt.
senjahre, in denen Sie bei den Salzbur-     abend geschafft.                               Natürlich ist es ein Unterschied, ob man
ger Festspielen gastierten. Wie groß                                                       einen ersten Akt Meistersinger macht,
ist der Unterschied?                        Aber Ihre nächsten Sommer sind sehr            oder einen ersten Akt Parsifal. Diese
Das klassische Bayreuth, wie ich es ver-    gut verplant und zwar in Bayreuth. In          Ernsthaftigkeit des Stücks mit Gral und
stehe, beginnt am 26. Juli, also nach       diesem und nächsten Jahr Veit Pogner           Speer und Blut, färbt ntürlich ein biss-
dem Trubel der Premiere, die natürlich      in „Die Meistersinger von Nürnberg“            chen auf die Grundheiterkeit ab. Aber
sehr wichtig ist. Aber das „klassische“     dazu heuer erstmals Gurnemanz in               die Arbeitsatmosphäre ist extrem positiv
Publikum, das nach Bayreuth kommt, ist      „Parsifal“. Ab 2020 Wotan. Bleibt es           und gut.
ein sehr kompetentes. Logisch. Sonst        dabei, dass Sie Wotan bzw. Wanderer
setzt man sich auch nicht so lange auf      im kompletten Ring singen?                     Und die Belastung?
diese Stühle. Das geht mir ja genauso.      Wenn alles normal bleibt, ja! Dann             Die perfekte Menge. Musikalisch wird
                                            möchte ich diese Herausforderung nicht         es bei den Meistersingern ähnlich lau-
Schauen Sie sich die Vorstellungen an?      nur annehmen, sondern auch schaffen.           fen wie im letzten Jahr. Und bei Parsi-
Vorstellungen nein, aber letztes Jahr                                                      fal werden wir bei den Tempi teilweise
war ich, natürlich mit Ausnahme Meis-       Sind Sie schon in der Vorbereitung?            um Einiges breiter werden, was aber
tersinger und Rheingold, wo ich gesun-      Alles, was ich zurzeit singe, ist mit          gut passen sollte für dieses Haus. Ich
gen habe, bei allen Generalproben oder      dem Hintergedanken auf dieses Wahn-            werde noch einige Extrarunden auf den

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Schneeberg absolvieren (höchster Berg       fal ist, dass es einfach fließt und nicht    Sie haben ja eine neue „Tochter“ Eva
  des Fichtelgebirges), damit ich viel Luft   zu viel getan wird. Das Wort Gnadenfluss     mit Emily Magee. Ist das eine Umstel-
  habe und die langen Phrasen von Gurne-      ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen,   lung für Sie?
  manz entspannt singen kann.                 aber das trifft es. Bei den Meistersin-      Wir kennen und schätzen uns von eini-
                                              gern ist es eine ganz andere Dimension       gen gemeinsamen Produktionen aus
  In einem Beitrag für den österreichi-       der Seele. Im Gegensatz zum gelunge-         der Vergangenheit. Regiemäßig gibt es
  schen „Kurier“ über Ihre neue CD                                                         leichte Veränderungen im zweiten Akt.
  „Herz-Tod“ schreiben Sie über Authen-                                                    Für mich persönlich ist aber der einzige
  tizitäts-Fundamentalismus und ehrlich                                                    praktische Unterschied in dieser Szene
  dargebrachtes Herzblut, Schweiß und              „Komponierte                            der, dass ich den väterlichen Stirnkuss
  Tränen und nennen sich eine „singende          Gnade am Ende –                           fünf Zentimeter tiefer setzen muss.
  Seele“. Wie lässt sich das bei unter-
  schiedlichen Regieansätzen umsetzen?          das ist Großzügigkeit                      Was fasziniert Sie grundsätzlich an Wag-
  Bei Gurnemanz in Parsifal lässt sich das       und Wärme pur.“                           ner. Lassen Sie sich darauf festlegen?
  extrem gut umsetzen, vor allem im drit-                                                  Ich versuche schon, mein Repertoire zu
  ten Akt mit dieser sozusagen kompo-                                                      erweitern und eben nicht nur Wagner
  nierten Gnade am Ende – das ist Groß-                                                    zu singen, wenngleich das natürlich
  zügigkeit und Wärme pur. Da braucht         nen Klamauk im ersten Akt, hat Veit Po-      manchmal schwer ist, denn im Opern-
  man eigentlich nur die Seele und Stim-      gner im zweiten Akt einen Moment, in         zirkus läuft Vieles sehr schablonenhaft.
  me strömen lassen.                          dem er in sich hineinblicken lässt, mit      Seit Mitte November bis Ende Novem-
                                              allem Zweifel, ob es klug war mit der        ber 2018 habe ich nichts anderes als
  Spielen muss man wenig.                     Preissetzung seiner Tochter. Das lässt       Wagner im Programm, zumindest bei der
  Nein. Das ist einfach Hingabe. Das Ge-      sich dann auch mit einer gewissen Inti-      Oper. Dazwischen habe ich noch Lieder-
  heimnis eines guten dritten Aktes Parsi-    mität singen.                                abende und Konzerte. 

                                                                                                                            Anzeige

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DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG/PARSIFAL: Interview mit Günther Groissböck

Haben Sie dann nicht langsam genug             bel in dem Sinne wie beim Bergsteiger,                                         wissen Fatalismus rangehen – und dann
von Wagner?                                    der Free solo die Eiger Nordwand nimmt                                         passt’s schon. Wir sind schließlich alle
Jetzt, nach zwei Dritteln dieser Periode,      und einen falschen Schritt setzt, der ihn                                      Menschen. Und auch den ganz Großen
muss ich sagen: überhaupt nicht. Im Ge-        in die Tiefe stürzen lässt.                                                    ist irgendwann etwas passiert. Es ist nur
genteil. Man muss natürlich aufpassen,                                                                                        heutzutage so, dass jede Vorstellung wie
wenn man oft die gleichen Stücke hinter-       Ist Ihnen schon einmal etwas Schlim-                                           eine CD-Einspielung funktionieren soll. Ei-
einander singt, dass dann zum Beispiel         mes auf der Bühne passiert?                                                    ner der prägendsten Momente als Opern-
selbst eine Walküre – für mich eines der       Ja, letztes Jahr in New York ging mir                                          zuschauer für mich war in Wien als Steh-
allerbesten Stücke überhaupt – ein we-         beim Rosenkavalier in den allerletzten                                         platzler übrigens bei einer „Frau ohne
nig an Reiz verliert. Grundsätzlich aber                                                                                      Schatten“-Aufführung, als man gleich am
ist diese Musik, dieser unfassbare Kos-                                                                                       Anfang merkte, dass eine Sängerin an
mos, so unerschöpflich reich, dass man                                                                                        diesem Abend Probleme hatte. Aber das
immer wieder Neues entdeckt. Ich kenne                                                                                        ganze Publikum war irgendwie hinter ihr,
die Wagner-Stücke ja jetzt wirklich ziem-                                                                                     es war fast wie im Fußball, wo sich eine
lich gut. Und trotzdem habe ich das Ge-                                                                                       Art Mannschaftsgeist gebildet hat. Und
fühl, es sind vielleicht erst 30 Prozent.                                                                                     so hat sie es, getragen von dieser unter-
Es gibt noch immer so viel zu entdecken                                                                                       stützenden Energie aus dem Publikum,
– textlich, psychologisch, versteckte                                                                                         doch geschafft, durch die schwere Rolle
Leitmotive, Übergänge, Harmoniewech-                                                                                          zu kommen. Es war eine der tollsten Vor-
sel. So viel Bedeutsames. Wenn man                                                                                            stellungen, die ich jemals erlebt habe.
da eintaucht, kann man sich unendlich                                                                                         Vielen Leuten ist gar nicht bewusst,
verlieren in eine Art von musikarchäo-                                                                                        wie es auf uns wirkt, was vom Publikum
logischer Begeisterung, die dann aber                                                                                         kommt. Positives wie Negatives.
wieder unglaublich aktuell ist. Trotzdem:
Aus stimmhygienischen und stilistischen                                                                                       Sie machen sich in dem Artikel für den
Gründen muss ich auch ein bisschen au-                                                                                        „Kurier“ auch Gedanken über den Kom-
ßerhalb dieses Wagner-Kosmos Fuß fas-                                                                                         merz und die Kommerzialisierung in der
                                                                                     © Bayreuther Festspiele / Jörg Schulze

sen. Und das gelingt ganz gut.                                                                                                Klassik.
                                                                                                                              Ich verstehe es und finde es auch teilwei-
Wo zum Beispiel?                                                                                                              se gut, klingende Namen zu holen, auch
Mit Liederabenden, da habe ich schöne                                                                                         nach Bayreuth. Aber das muss auch im
Engagements, unter anderem an der                                                                                             Rahmen bleiben. Die Musik und dieser
Wiener Staatsoper, an der Scala in Mai-                                                                                       Kosmos hier ist zu besonders, um es ein-
land, einen Festspiel-Abend in München.                                                                                       fach mal wie eine Vokaletüde nebenbei
Und auch aus dem italienischen Fach                                                                                           zu absolvieren. Wer hier singt, muss mei-
kommen die Traumpartien wie Fiesco                                                                                            ner Meinung nach schon eine gewisse
(Simon Boccanegra/Verdi) in Wien und                                                                                          innere Bereitschaft mitbringen, diesem
endlich König Philipp II. (Don Carlos) in                                                                                     – das klingt jetzt sehr pathetisch – „Gral“
New York. Ich habe meinen ersten Ochs          Minuten einfach die Stimme völlig weg.                                         zu dienen. Das haben wir übrigens eigent-
bei den Salzburger Festspielen gesun-          Das hatte aber ganz komplexe emotio-                                           lich fast alle hier. Lustige Atmosphäre hin
gen, werde mein Debüt als Wotan in Bay-        nale, seelische Gründe. Gott sei Dank                                          oder her. Ein ernsthafter Herzensbezug
reuth machen und als Philipp zum ers-          hat sich das schnell wieder regeneriert.                                       zu der Materie ist Voraussetzung. Zum
ten Mal an der Met in New York singen                                                                                         Abhaken für die Biografie ist Bayreuth
und finde das auch gut so. An solchen          Wie geht man dann beim nächsten Mal                                            einfach zu schade. Es ist das Erbe und
Häusern, mit diesen Bedingungen, da ist        mit dieser Stelle um?                                                          die Idee des Schöpfers, des Komponis-
man dann auch meist für sein Wohl oder         Bei der nächsten Vorstellung war für mich                                      ten, und eben keine verrückte Idee, um
sein Scheitern selbst und allein verant-       natürlich zunächst, in Anbetracht dessen,                                      touristisch eine Region zu pushen oder
wortlich.                                      dass es eine weltweite Kino-Live-Übertra-                                      Identität zu schaffen. Bayreuth ist aus
                                               gung war, der Wohlfühlfaktor eher über-                                        einer ganz großen, hehren Idee heraus
Macht Ihnen das Angst?                         schaubar. Aber man darf dann nicht an                                          mit unfassbarem Idealismus entstanden.
Ich habe Respekt vor den Aufgaben, ja.         gestern oder das letzte Mal denken. Me-                                        Und einen Rest von diesem Idealismus,
Aber Angst nicht. Ein Misserfolg wäre na-      dizinisch war alles wieder okay, und so                                        dieser Vision, finde ich, braucht es auch
türlich bitter. Aber er wäre nicht irrepara-   muss man dann einfach mit einem ge-                                            für die Mitwirkenden.

18 | 19
Bleiben Sie denn den Sommer über in        nolog ebendort liegt für meine Stimme        zu den Wagner’schen Figuren wie zum
Bayreuth?                                  sehr unangenehm. Es ist eine Partie,         Beispiel im Parsifal: Das, was man
Ja, diesen Sommer schon. Ich wohne         bei der wohl jeder Sänger mit seinen         selbst erfährt und aus ureigenen Erfah-
sehr schön, mag die Stadt bzw. die Regi-   Stärken aber auch gnadenlos mit seinen       rungen sammelt, hat eine andere Tiefe,
on und werde auch aufgrund des dichten     Schwächen konfrontiert wird.                 als wenn man von klein auf einen Weg
Programms heuer die meiste Zeit hier                                                    geschickt wird. Natürlich habe ich mir
bleiben.                                                                                auch einige Male den Kopf angeschla-
                                           Wo steht Sachs für Sie? Über Wotan,          gen mit dieser parsifal’schen Unbe-
Wenn Sie 2020 den Wotan in Bayreuth        daneben?                                     kümmertheit und totalen Torheit. Aber
geschafft haben. Bleiben dann noch         Für mich ist der Wotan noch immer in-        dadurch lernt man meistens viel nach-
Ziele für Sie als Sänger?                  teressanter, nicht nur, weil der Wotan       haltiger und tiefgreifender.
Logischerweise werde ich immer wieder      Göttervater ist und Sachs ein Schuster.
angesprochen, wie es mit dem Sachs         Die Amplitude an Verzweiflung und Liebe      Wäre keine Badewanne da gewesen.
steht.                                     ist vielleicht bei Wotan ein bisschen grö-   Was wäre aus Ihnen geworden?
                                           ßer. Der Rahmen des mittelalterlichen        Ich wäre mit großer Wahrscheinlichkeit
Und?                                       Nürnberg erlaubt nicht ganz diese Ext-       Lehrer geworden, wie schon meine Mut-
Es gibt Momente in dieser Partie, die      rem-Eruptionen wie sie der Göttervater       ter. Ich kann mir vorstellen, Fächer wie
zum Sterben schön sind. Der Beginn         in Walhall erleben darf oder muss.           Musik und Sport und Deutsch als Haupt-
dritter Akt mit dem Wahnmonolog, zum                                                    fach. Das hätte sicher auch ganz gut
Beispiel. Es gibt aber auch Momente,       Sie wurden beim Badewannen-Geträller         funktioniert. 
wo ich noch nicht so ganz warm bin mit     entdeckt. Das ist doch Sängerlatein,
dieser Partie. Und die ganz große Her-     oder?                                                     Interview: Regina Ehm-Klier
ausforderung, die Festwiese, kommt ja      Nein, es stimmt schon so. Und es ist
erst zum Schluss. Speziell der erste Mo-   vielleicht kein Nachteil und passt auch

                                                                                                                         Anzeige

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Parsifal
                                                            Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen
                                               Erlösung durch mitleidige Liebe steht im         Die Geschichte
                                               Zentrum von Parsifal. Hier der sündige Am-       Uraufführung am 26. Juli 1882 im Fest-
                                               fortas, dort der Ex-Ritter Klingsor mit seiner   spielhaus Bayreuth, das eigens für Parsi-
                                               sinnlich-sündigen Gegenwelt, einem Zauber-       fal gebaut ist. Parsifal ist Richard Wagners
                                               garten, in dem Blumenmädchen die Gralsrit-       letztes Werk. Er starb nur wenige Monate
                                               ter verführen. Parsifal widersteht, auch den     nach der Uraufführung, am 13. Februar
                                               Künsten Kundrys. Am Ende: Erlösung für           1883 in Venedig.
                                               alle – zumindest die Hoffnung darauf.

Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
Auf der Bühne (Premiere: 2016)
Der erste Akt spielt in einer zerbombten Kirche in
Syrien, an dessen reellem Vorbild sich Regisseur
Uwe Eric Laufenberg und Bühnenbildner Gisbert
Jäkel orientierten. Die Leidensgeschichte des
Amfortas zeigt Parallelen zur Leidensgeschichte
Jesus. Insgesamt werden in „Parsifal“ Religionen        Die Partien
diskutiert. Im Interview sagte der Regisseur vor der    Neu:
Premiere: „Es geht im Schluss darum, dass wir           Thomas J. Mayer (Amfortas)
das Positive der christlichen Religion mitnehmen        Tobias Kehrer (Titurel)
in eine vielleicht aufgeklärtere Zeit und in eine Zu-   Günther Groissböck (Gurnemanz)
kunft mit Hoffnung auf Empathie, Mitmenschlich-
keit, Zugeneigtsein.“                                   Dirigent (neu): Semyon Bychkov
PARSIFAL: Interview mit Elena Pankratova

                                                 „Mach das Beste aus deiner Stimme,
                                                  deiner Zeit und deinem Talent“
                                                     Eine temperamentvolle Kundry fanden die Bayreuther Festspiele
                                                      2016 für die Premiere von „Parsifal“ in der Regie von Uwe Eric
                                                       Laufenberg: Elena Pankratova kam – und blieb. In der dritten Fest-
                                                       spielsaison singt die gebürtige Russin nun die Partie, in der sie
                                                       in Bayreuth debütierte. 2018 übernimmt die Sopranistin eine zu-
                                                       sätzliche Aufgabe: Sie leitet den „Meisterkurs Gesang“ parallel zu
                                                      den Bayreuther Festspielen. Kein Neuland für sie: Elena Pankra-

                                                                                                                                      Foto: Laurent Guiraud
                                                     tova ist seit 2015 Professorin für Gesang an der Kunstuniversität
                                                    in Graz. Dabei bildet sie ein festes Team mit ihrem Ehemann Vitaly
                                                  Zapryagaev. Er ist ihr Fotograf, Manager, Reisemarschall und „bester
                                                 Gesangslehrer“.

Wer entdeckte Sie als Kundry in Bay-          Gibt es in diesem Jahr Neuerungen?         Uwe Laufenberg sagte am Anfang: „Ele-
reuth?                                        Ja, wir haben neue Kollegen mit Gurne-     na, am besten wäre es, wenn du ganz
Das waren Katharina Wagner und Chris-         manz, Amfortas und Titurel. Auch in der    ohne große rote Perücke und ohne
tian Thielemann: Nachdem ich schon            Regie wurde manches umgestellt. Ich        Schminke wiederkommst. Hast du Zeit,
bekannt war in diesem Fach, als Sen-          finde, die neuen Regieeinfälle von Uwe     dich abzuschminken?“ Ich habe gesagt
ta, Sieglinde, Elektra, Färberin und          Eric Laufenberg vertiefen die Geschich-    (lacht): „Ich habe nur eineinhalb Minu-
Turandot… Ich lasse immer alles auf           te. Als Kundry habe ich sogar ein neu-     ten Pause. Also seien wir realistisch.“
mich zukommen. Denn wenn man ir-              es Kostüm am Ende des zweiten Aktes        Jetzt ist es so: Ich laufe hinter die Büh-
gendwelchen Sachen nachjagt, kommen           bekommen. Ich trage nun nicht mehr         ne: Kleid, Ohrringe und Schuhe runter,
sie garantiert nicht. Alle Rollen, die ich                                               neues Kostüm und andere Schuhe an,
jetzt singe und die mich berühmt ge-                                                     ein bisschen die Frisur reduziert, die rot
macht haben, die haben mich gefunden.                                                    geschminkten Lippen abgewischt, alles
Ich habe nur die richtigen Menschen zur           „Kundry wird alt,                      abgepudert, einen Schluck Wasser trin-
richtigen Zeit am richtigen Ort getroffen                                                ken und wieder rauf auf die Bühne für
und dabei ordentlich gesungen.                   weil sie nicht mehr                     die herrliche lyrisch-strahlende Phrase:
                                                   als Frau wahr-                        „Gelobter Held! Entflieh dem Wahn!”,
Wie war Ihre erste Begegnung mit dem                                                     als ob dazwischen kein Wahn für mich
Festspielhaus?                                   genommen wird.“                         gewesen wäre (lacht).
Das war eine sofortige Liebesbeziehung
zwischen meiner Stimme und diesem                                                        Es gibt 2018 einen neuen Parsifal-Diri-
Zuschauerraum. Die Bayreuther Akus-                                                      genten, Semyon Bychkov. Was verän-
tik ist einmalig. Beim Vorsingen auf der      diese Harems-Hose, sondern ein kurzes      dert sich?
Bühne fragte mich Katharina Wagner            Kleid – fast schon bettfertig. Aber dann   Er hat klare Vorstellungen zu Wagner,
nach der ersten Arie: „Wollen Sie eine        klappt’s ja doch nicht mit Parsifal, und   seine Tempi und die Dynamik. Das ist
Pause machen?“. „Ne, ne, das ist so           Kundry wird zur traurigen Gestalt. Darum   wieder neu und interessant. Ich versu-
wunderbar, ich singe gerne weiter“, sag-      wird sie im dritten Akt auch uralt, weil   che, alles umzusetzen. Sonst würden
te ich. Dann fragte sie nach der nächs-       sie nicht mehr als Frau wahrgenommen       wir Sänger die Partien ja jahrelang in
ten Arie: „Wollen Sie jetzt vielleicht eine   wird. Ihre Verführungskünste versagen.     gleicher Auffassung singen. Das wäre
Pause machen?“ „Nein, ich genieße es                                                     langweilig.
hier, ich singe lieber alles durch. Das ist   Trotz neuen Kostüms, müssen Sie sich
so toll!“. Ich wollte einfach nicht aufhö-    am Ende des zweiten Akts wieder um-        Was hat sich seit Ihrem Bayreuth-Kund-
ren, das war herrlich.                        ziehen?                                    ry-Debüt für Sie ergeben?

22 | 23
2016 war mein totales Wagner-Jahr, in        Was lehren Sie die jungen Leute?           der Phrase dienen. Daran und an 100
dem ich drei neue Partien einstudiert        Es gibt Kurse, die sich auf Interpreta-    anderen „Kleinigkeiten“, die aber sehr
habe: Kundry in Bayreuth und Amster-         tion und Stilistik konzentrieren – das     viel ausmachen, arbeiten mein Mann
dam, Ortrud, die mittlerweile zu einer       ist schön und gut. Aber fast jeder junge   und ich sowohl in Graz als auch hier in
meiner Lieblingspartien geworden ist,        Sänger, jede Sängerin geht zu einem        Bayreuth.
an der Deutschen Oper Berlin und in          Meisterkurs in der Hoffnung, technisch
Brüssel, und Venus in Tannhäuser in          dazu zu lernen bzw. technische Proble-     Welche Fehler machen junge Leute am
München und Tokio. 2017 folgte mein          me zu lösen. Bei der Interpretation gibt   häufigsten?
Hausdebüt an der Wiener Staatsoper           es kaum richtig oder falsch, sondern       Viele stützen nicht richtig, viele forcieren
als Turandot und später als Elektra,         überzeugend oder nicht überzeugend.        unnötig, viele singen auch nach Jahren
und es gab noch viele weitere interes-       Wenn aber die technischen Proble-          ihrer Karriere die Phrasen Note für Note,
sante Engagements. Zurzeit lerne ich         me nicht gelöst sind, dann kommt es        Wort für Wort und spinnen den Gedan-
Gurre-Lieder für Tokio 2019 sowie mei-       wohl kaum zu einer Begegnung mit Di-       ken nicht weiter, vom Subtext der Phra-
ne erste Brünnhilde – für eine konzer-                                                  se ganz zu schweigen.
tante Aufführung von „Siegfried“ 2020
in London. Das macht riesigen Spaß.                                                     Das heißt?
Daneben habe ich noch Partien in „Frau           „Junge Sänger                          Ich denke, dass sich viele aus techni-
ohne Schatten“ an der Staatsoper Ber-                                                   schem Unwissen heraus zu kurze Auf-
lin, „Un ballo in maschera“ an der Wie-          stellen sich oft                       gaben stellen. Sie denken, sie haben
ner Staatsoper, eine meiner Lieblings-          aus technischem                         nicht genug Atem für eine Riesenphra-
partien im italienischen Fach, die ich                                                  se. Das kann dann sehr steif und ab-
seit dem Anfang meiner Karriere singe.         Unwissen heraus zu                       gehackt wirken. Ich kann ein kurzes
Dann geht es nach Bilbao zu „Fidelio“.          kurze Aufgaben“                         fiato rubato einbauen oder ein agogi-
Und ich habe ja auch noch meine Voll-                                                   sches Zäsürchen, dann muss ich die
zeit-Professur in Graz. Es wird mir also                                                lange Phrase nicht in einem Atemzug
nie langweilig.                                                                         singen. Das hört außer dem Lehrer und
                                                                                        mir kein Mensch. Ich sage das meinen
Als Lehrende sind Sie auch in diesem         rigenten oder überhaupt zu einem En-       Studenten immer: Eine lange Phrase
Sommer bei den Bayreuther Festspie-          gagement. So wichtig ist das. Bei der      mit letzter Kraft zu „ziehen“, ist musi-
len tätig, wo Sie den Meisterkurs Ge-        Technik schauen wir also ganz konkret,     kalisch weniger interessant und tech-
sang übernehmen.                             dass ein Sänger seine Stütze bewusst       nisch schwer. Wenn man versucht, die
Ja. Der Kurs ist öffentlich, die Zuschauer   ansetzt; die Stimme richtig hochpo-        Phrasen gedanklich zu trennen und da-
sind dazu herzlich willkommen. Auf das       sitioniert ist; ob die Konsonanten zu      zwischen einen winzigen Atemzug holt,
Abschlusskonzert in der Villa Wahnfried      früh eingesetzt werden und damit den       dann kann man gut gestalten, und die
freuen wir uns schon sehr.                   Fluss der Stimme unterbrechen, oder        Phrase wird lebendig und locker. Man
                                             dass sie idealerweise als Verbindung       kann das lernen. 

                                                                                                                             Anzeige
PARSIFAL: Interview mit Elena Pankratova

                                                                                                               Kundry gesucht und gefun-
Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

                                                                                                              den: Seit der Premiere 2016
                                                                                                              singt Elena Pankratova die
                                                                                                              Partie. In diesem Jahr leitet
                                                                                                              die Sopranistin außerdem den
                                                                                                              „Meisterkurs Gesang“.

                                                                                                              schön singen werden, sage ich: „Hallo!
                                                                                                              Ich stehe seit 25 Jahren auf der Bühne,
                                                                                                              die Erfahrung und die ganze Arbeit müs-
                                                                                                              sen sich doch bemerkbar machen.“ Viele
                                                                                                              müssen nach Absagen oder Misserfolgen
                                                                                                              neu motiviert werden. Manchmal denke
                                                                                                              ich, ich bräuchte in meinem Unterrichts-
                                                                                                              raum nicht nur einen Flügel, sondern eine
                                                                                                              Psychocouch und Kekse mit Milch – das
Sind Sie als Lehrerin streng?                                     Ab und zu, ja! Manche sind schnell mit      würde manchem mehr und schneller hel-
Sehr! Ich bin unmöglich (lacht). Ich habe                         sich zufrieden. Das kann ich nicht lei-     fen als technische Übungen. 
für meine Studierenden „Ein paar Ge-                              den. Man muss sich hüten, sich selbst
danken über den Traumberuf“ verfasst.                             zu loben, denn letztlich wachsen wir                     Interview: Regina Ehm-Klier
Der Anfang dieser Schrift lautet: „Du                             durch gut gemeinte Kritik und den kriti-
hast keine Zeit zu verlieren; ob Bass                             schen Blick auf uns.
oder Sopran, 20 oder 40 Jahre, Anfän-
ger oder Kammersänger – deine Kon-                                Gilt das auch für Sie?
kurrenz schläft nie. Und denke daran,                             Selbstverständlich. Mein Mann ist mein
dass es immer mehr Sänger und immer                               wunderbarer Gesangslehrer, aber auch
                                                                                                                  „Kekse und Milch
weniger Engagements gibt. Also mach                               mein schärfster Kritiker. Manche der jun-       helfen manchem
das Beste aus deiner Stimme, aus dei-                             gen Leute sind wiederum zu selbstkriti-
ner Zeit und deinem Talent.“ Stimme                               tsch. Das ist auch nicht gut. Natürlich:
                                                                                                                 mehr und schneller
wird nicht jedem gegeben. Aber dieje-                             Je mehr man lernt, desto unzufriedener         als eine technische
nigen, die vom lieben Gott diese Gabe                             wird man. Und wenn manche Hemmun-
bekommen haben, tragen dafür meiner                               gen nach einem Vortrag von mir bekom-
                                                                                                                       Übung.“
Meinung nach eine Verantwortung. Das                              men und denken, dass sie niemals so
denke ich mir auch, wenn begabte junge
Leute unvorbereitet kommen, den Kopf
irgendwo anders haben oder aus ihren
Fehlern nicht lernen.

Inwiefern?                                                                             Meisterkurs Gesang
Wenn ich mich auf eine Produktion vorbe-
reite und mich an einen Rhythmus oder ein                             Der „Meisterkurs Gesang“ findet vom 15. bis 17. August voraussichtlich in
Wort in einer Phrase nicht erinnern kann in                           der Aula des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums in Bayreuth statt. Traditi-
einer Partie, wache ich nachts auf, blätte-                           onell wird der Meisterkurs mit einem Konzert beendet. Termin: 18. August,
re im Klavierauszug und lerne, bis die Stel-                          11 Uhr. Der Eintritt zu diesem Konzert ist zwar frei, erfahrungsgemäß sollte
le, in der ich unsicher war, sitzt. Dann erst                         man allerdings früh da sein, denn der Platz ist sehr begrenzt und eine Re-
kann ich ruhig einschlafen. Manche Leute                              servierung nicht möglich.
schlafen zu ruhig. Sie denken, sie haben                              Mehr Informationen: www.bayreuther-festspiele.de; die öffentlichen Pro-
noch das ganze Leben vor sich.                                        benzeiten werden im Terminkalender unter www.bf-medien.de bekannt ge-
                                                                      geben.
Stellen Sie Selbstüberschätzung bei den
jungen Sängerinnen oder Sängern fest?

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HINTERGRUND

                               Das Geheimnis des Blutes
Blut kann nach Pfefferminz schmecken           geklärt werden: Wo und wie lange soll       Lebenssaft gegeben, als ein normaler
oder nach roten Beeten oder gar nicht.         der Saft fließen? Wie schnell? Wird es      Mensch überhaupt hat.
Es kann strömen oder an den Händen             verzehrt? Dann sind lebensmittelrechtli-    Theaterblut zum Trinken gibt es im In-
kleben. Blut ist in der Maske der Bay-         che Fragen relevant. Und lässt sich das     ternet in den Geschmacksrichtungen
reuther Festspiele eine Wissenschaft für       Kunstblut problemlos aus dem Kostüm         Erdbeer, Himbeer aber auch Pfeffer-
sich.                                          entfernen? Dazu muss dann sicherge-         minz. Bei einem Publikumstest bei den
Hausgemacht ist zum Beispiel das Trink-        stellt sein, dass das Blut nicht auf den    „Zäsuren“ 2017 zeigte sich indes, dass
blut, das sich die Gralsritter in „Parsifal“   Bühnenboden tropft.                         „Blutverzehr“ nicht nur eine Frage des
aus dem Brunnen zapfen, nachdem Am-            Das größte Blutbad bei den Bayreuther       Geschmacks ist – sondern erst einmal
fortas wieder für sie gelitten hat. Der        Festspielen spielt sich aktuell bei „Par-   der Überwindung. 
Saft wird in der Maskenabteilung aus           sifal“ ab, wenn bei der Gralsenthüllung
Roten Beeten gekocht. Die weiteren Zu-         Amfortas selbst zur Ader gelassen
taten werden als Geheimrezept gehütet.         wird. Rot strömt es vom Kopf und aus
Bekannt ist, dass dieses Blut weniger          der Seite. Literweise wird der Saft, raf-
beliebt, wenngleich wegen seines Eisen-        finiert versteckt auf der Rückseite des                                    Blut gibt es
gehalts gesund ist.                            Sängers, dorthin gepumpt, übrigens in                                     am Theater in

                                                                                           Foto: R. Ehm-Klier
Kaum ein Wagner-Stück kommt ohne               unterschiedlichen Konsistenzen. Und es                                    unterschiedli-
Blut aus. In der Maskenabteilung un-           ist wiederum nicht das Blut, das in die                                   chen Versionen.
ter Chefmaskenbildner Alexander Gehs           Becher der Gralsritter fließt. Am Ende                                    Dieses hier hat
müssen die grundsätzlichen Fragen              hat Amfortas mit über zehn Litern mehr                                    Minzgeschmack.

                                                                                                                                  Anzeige

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   Justus-Liebig-Straße 5 \ 95447 Bayreuth \ Telefon: 0921 7561-0 \ www.bechert.biz
Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
Tristan und
       Isolde
   Handlung in drei Aufzügen
Eine unmögliche, verbotene, aber zugleich alle
Schranken überwindende Liebe entdecken Tristan
und Isolde bei der Überfahrt nach Cornwall, wo Isol-
de König Marke heiraten soll. Doch es kommt an-
ders und am Ende überleben nur wenige.

Die Geschichte
Uraufführung war am 10. Juni 1865 in München.
„Tristan und Isolde“ ist ein Drama, das sich in den
Figuren abspielt und in der Musik seinen Ausdruck
findet.

Auf der Bühne (Premiere 2015)
Die Schifffahrt verlegt Regisseurin Katharina Wag-
ner in ein Treppenlabyrinth, in dem Tristan und Isol-
de sich suchen – und finden. Das können weder Kur-
wenal noch Brangäne verhindern. Viel Licht gibt es
im zweiten und dritten Akt nicht – und wenn, dann
ist es grell durch Suchscheinwerfer oder Isolden, die
dem sterbenden Tristan im Dunkel erscheinen (Büh-
ne: Frank Philipp Schlößmann, Matthias Lippert).
Am Ende stirbt Tristan – und die Liebe der Isolde.

Die Partien
René Pape und Georg Zeppenfeld wechseln sich als
Marke ab.

Dirigent: Christian Thielemann (seit 2015)
TRISTAN UND ISOLDE/LOHENGRIN: Interview mit Christian Thielemann

                                              „Wenn jemand einen Rat
                                                haben will, bekommt er ihn“
                                                    Am 25. Juli 2018 schließt sich ein Kreis: Wenn Christian Thielemann
                                                      die Premiere von „Lohengrin“ bei den Bayreuther Festspielen diri-
                                                       giert, wird er alle Werke von Richard Wagner, die im Festspielhaus
                                                        aufgeführt werden, dirigiert haben. Das gelang vor ihm nur Felix
                                                        Mottl (1856-1911) – und der wirkte noch unter Cosima Wagner.
                                                        Was bislang keiner der Bayreuther Dirigenten geschafft hat: Au-
                                                        ßer dem sogenannten „Kanon“ hat Thielemann auch Beethovens
                                                        9. Symphonie geleitet, die nur selten im Festspielhaus aufgeführt
                                                       wird, in diesem Fall 2001 zum Doppeljubiläum „125 Jahre Bay-
                                                      reuther Festspiele“ und „50 Jahre Neues Bayreuth“, und dann noch

                                                                                                                                         Foto: Matthias Creutziger
                                                     das Konzert zum 200. Geburtstag von Richard Wagner. Überdies wird
                                                   Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, im
                                                 August seine 164. Aufführung in Bayreuth leiten – und für die nächsten
                                              Jahre uneinholbar an der Spitze der meist beschäftigten Dirigenten Bay-
                                          reuths stehen. Wie eine Legende mag er sich allerdings nicht fühlen.

Als Sie 2000 von Wolfgang Wagner für           Am 25. Juli 2018 dirigieren Sie „Lo-         und bin im Zweifelsfalle immer flüssiger
die Meistersinger von Nürnberg in Bay-         hengrin“. Gehen Sie da mit einem End-        geworden. Es gab bei den Einladungen in
reuth engagiert wurden, haben Sie sich         lich-geschafft-Gefühl rein?                  sein Haus mit Wolfgang Wagner viele Ge-
da vorgenommen, den Grünen Hügel so            (lacht) Der einzige Kollege, der alle Wag-   spräche über die Tempowahl und darüber,
einzunehmen?                                   ner-Werke hier dirigiert hatte, war Felix    dass man sehr schnell Dinge verschleppt.
Nein. Das konnte ich ja auch gar nicht,        Mottl. Aber nicht die Neunte. Also, das      Manchmal bis früh um halb Vier.
weil ich nicht wußte, ob ich hier zurecht-     ist nun schon eine tolle Sache. Ich freue
komme. Auch manche gute Kollegen ha-           mich deshalb so sehr auf Lohengrin,          Lassen Sie sich „dreinreden“?
ben hier nicht reüssiert. Ich hatte das        weil ich den bis jetzt am meisten von        Ja natürlich! Wenn Sie jemanden vor sich
Glück, fabelhafte Assistenten zu haben.        allen Wagner-Opern dirigiert habe – ko-      haben, der Toscanini, Furtwängler und
Der beste war natürlich Wolfgang Wag-          mischerweise nie in Bayreuth.                alle großen Dirigenten gehört hat – ja,
ner selber. Er kannte die Werke in- und                                                     da hab ich doch jedes Wort aufgesogen.
auswendig und hat mit Kommentaren              Aber es ist doch ein großer Kreis, der       Wolfgang Wagner war mir gegenüber im-
nicht gegeizt. Aber ich hatte auch Chris-      sich schließt.                               mer nett. Vielleicht hin und wieder väter-
toph Meier. Wolfgang Wagner, Christoph         Ja, Wahnsinn. Aber mit dem Vorsatz bin       lich ruppig, aber eigentlich immer liebe-
Meier und die anderen haben mich bei           ich nie hierher gekommen, weil man gar       voll väterlich – zumindest mir gegenüber.
den Proben sehr unterstützt. Denn wenn         nicht weiß, ob man hierfür geeignet ist.
man die ersten Male da unten dirigiert,                                                     Sie werden nach der langen Zeit doch
ist man verwirrt.                              Ab wann wussten Sie, das ist „mein           sehr mit Wagner verbunden. Stört Sie
                                               Platz“, ist das ein Kraftort?                das?
Warum?                                         Es ist ein unvergleichlicher Ort, und ich    Nein. Das ist doch schön.
Das Orchester klingt manchmal lauter           war ja schon als Wagner-Stipendiat und
als gewohnt und nicht synchron. Aber           Assistent hier. Aber dass sich das für       Reizen Sie andere Komponisten?
wenn die Assistenten im Zuschauerraum          mein Dirigieren hier so verändern wür-       Ich dirigiere viele andere Stücke. Man
sagen, „reg’ dich nicht auf, es ist syn-       de in den Jahren – damit habe ich nicht      wird ja generell schnell festgelegt und
chron, mach einfach weiter“, ist das sehr      gerechnet. Ich bin viel kleiner geworden     in eine Schublade gesteckt. Wenn man
hilfreich. Es war natürlich ein Wagnis sei-    mit meinen Bewegungen. Nicht nur spar-       hier in Bayreuth jeden Sommer Wagner
nerzeit mit den Meistersingern. Aber die       samer, sondern einfach konzentrierter.       dirigiert, ist man natürlich auf Wagner
sind mir gut von der Hand gegangen.            Ich habe manche Tempi sehr überdacht         abonniert.

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