MOBILITÄT 2020. PERSPEKTIVEN FÜR DEN VERKEHR VON MORGEN - SCHWERPUNKT: STRASSEN- UND SCHIENENVERKEHR
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acatech BERICHTET UND EMPFIEHLT – Nr. 1 > Mobilität 2020. Perspektiven für den Verkehr von morgen Schwerpunkt: Strassen- und Schienenverkehr
acatech BERICHTET UND EMPFIEHLT – Nr. 1 > Mobilität 2020. Perspektiven für den Verkehr von morgen Schwerpunkt: Strassen- und Schienenverkehr
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISSN 1862-4200 / ISBN 3-8167-7023-1 Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung von acatech unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen. © acatech – Konvent für Technikwissenschaften der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften e.V., 2006 Geschäftsstelle München Geschäftsstelle Berlin Residenz München, Hofgartenstraße 2, Jägerstraße 22/23, 80539 München 10117 Berlin Telefon +49(0)89/ 520 30 90 Telefon +49(0)30/ 39 88 50 71 Telefax +49(0)89/ 520 30 99 Telefax +49(0)30/ 39 88 50 72 E-mail: info@acatech.de Internet: www.acatech.de Koordination: Jens Pape, acatech Umschlaggestaltung und Layout-Konzeption: klink, liedig werbeagentur gmbh, München Satz/ Layout: Fraunhofer-Institut für Medienkommunikation IMK, Sankt Augustin Herstellung und Produktion: Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart Printed in Germany Verlag und Vertrieb: Fraunhofer IRB Verlag Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB Nobelstraße 12 70569 Stuttgart Postfach 80 04 69 70504 Stuttgart Telefon +49(0)711 / 970 25 00 Fax +49(0)711 / 970 25 08 E-mail: irb@irb.fraunhofer.de Internet: www.IRBbuch.de
> Inhalt Mitwirkende des Berichts 5 Gäste und korrespondierende Mitglieder der Projektgruppe 5 Kurzfassung 7 1 Einleitung 13 2 Warum ein acatech Verkehrsszenario 2020? 15 3 Deskriptoren des Verkehrsszenarios 17 3.1 Bevölkerungsentwicklung 17 3.2 Differenzierung der Bevölkerungsgruppen 19 3.3 Wirtschaftswachstum 19 3.4 Nutzerkosten 20 3.5 Grenzüberschreitende Verkehre 21 4 Verkehrsentwicklung 2020 23 4.1 Entwicklung des Straßenverkehrs 23 4.1.1 Überblick 23 4.1.2 Infrastrukturvorhaben bis 2020 24 4.1.3 Prognose Verkehrsaufkommen 25 4.1.4 Prognose Verkehrsleistung und Netzauslastung 26 4.1.5 Regionale Auswertungen 29 4.1.6 Kapazitätssteigernde Wirkungen nicht-baulicher Maßnahmen 31 4.2 Entwicklung des Schienenverkehrs 33 4.2.1 Infrastrukturmaßnahmen bis 2020 34 4.2.2 Angebotskonzept Personenverkehr 2020 36 4.2.3 Produktionsstruktur Güterverkehr 37 4.2.4 Prognose Personenverkehr 37 4.2.5 Prognose Güterverkehr 39 4.2.6 Schienenverkehrsleistung und Auslastung der Schieneninfrastruktur 39 4.2.7 Prognosefall 2010 42 5 Fazit der Szenariobetrachtung 43 6 acatech Empfehlungen zur Verbesserung der Verkehrssituation 45 6.1 Erhaltungsmaßnahmen und Engpassbeseitigung bei der Straße 45 6.1.1 Kontext 45 6.1.2 Ziele und Maßnahmen 45 A Engpassbeseitigung durch Neu- und Ausbau 45 B Engpassbeseitigung durch Maßnahmen der Erhaltungsplanung 46 6.2 Steigerung von Effizienz und Sicherheit im Straßenverkehr durch 48 Verkehrsmanagement und Fahrzeugtechnik 6.2.1 Kontext 48 6.2.2 Ziele und Maßnahmen 50
Mobilität 2020 > INHALt A Institutionelle Etablierung des Verkehrsmanagements 51 B Ausbau und Vernetzung von Verkehrsmanagementzentralen 51 C Verkehrsinformationssysteme vor und während der Reise 53 D Optimiertes Störungs- und Entlastungsmanagement auf Fernstraßen 55 E Verkehrsadaptive, kooperative Fahrzeugassistenzsysteme 57 F Optimierte Verkehrstechnik in Ballungsräumen 59 G Überblick über die Maßnahmen 60 6.3 Vorschläge für die Finanzierung der Fernstraßeninfrastruktur 61 6.3.1 Kontext 61 6.3.2 Modell A: Umstieg auf das Prinzip einer Nutzerfinanzierung 62 im Auftrag des Bundes 6.3.3 Modell B: Beibehaltung der öffentlichen Finanzierungs- 67 verantwortung der Straßeninfrastrukturprojekte 6.3.4 Zusammenfassung 71 6.4 Erhaltungsmaßnahmen und Engpassbeseitigung bei der Schiene. 72 Vorschläge für eine langfristige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung 6.4.1 Kontext 72 6.4.2 Ziele und Maßnahmen 72 6.5 Harmonisierung der Rahmenbedingungen im Schienenverkehr 74 in Europa und ihre Finanzierung 6.5.1 Kontext 74 6.5.2 Ziele und Maßnahmen 74 6.5.3 Offener Marktzugang und fairer Wettbewerb der Betreiber 76 7 Anhang 77 7.1 Abkürzungsverzeichnis 77 7.2 Verwendete Simulationsmodelle des acatech Verkehrsszenarios 2020 78 7.2.1 Simulationsmodelle des Straßenverkehrs 78 A Personenverkehr 78 B Güterverkehr 80 7.2.2 Simulationsmodelle des Schienenverkehrs 81 A Marktmodell Personenverkehr 82 B Angebotsmodell Schienenpersonenverkehr 82 C Marktmodell Güterverkehr 82 D Produktionsmodell Schienengüterverkehr 83 E Infrastrukturmodell Schienenverkehr 83
Mitwirkende des Berichts Mitglieder der acatech Projektgruppe: Prof. Dr.-Ing. Klaus Beckmann (RWTH Aachen) Dr.-Ing. Hans-Jürgen Boßmeyer (BMW AG) Dr.-Ing. Hans Hubschneider (PTV AG) Dipl.-Ing. Christoph Huß (BMW AG) Prof. Dr. UCB Hartmut Keller (TU München) Dr.-Ing. Claudia Langowsky (Siemens AG) Prof. Dr.-Ing. Klaus Lemmer (DLR) Prof. Dr.-Ing. Wolfgang H. Merker (DaimlerChrysler AG) Prof. Dr.-Ing. Adolf Müller-Hellmann (VDV) Dr. Markus Pennekamp (DB AG) Prof. Dr. Franz Pischinger (RWTH Aachen), Leiter der Projektgruppe Dipl.-Ing. Matthias Rabe (VW AG) Prof. Dr. Werner Rothengatter (TU Karlsruhe) Prof. Dr.-Ing. Gunter Schänzer (TU Braunschweig) Prof. Dr.-Ing. Ulrich Seiffert (TU Braunschweig) Prof. Dr. Gunter Zimmermeyer (Robert Bosch GmbH) Peter Zoche, M.A. (FHG ISI) Am Bericht arbeiteten weiterhin mit: Dr. Boris Krostitz (DB AG) Dr. Hans-Jürgen Stauss (VW AG) Dr. Christoph Walther (PTV AG) Hans-Christian Winter (DaimlerChrysler AG) REDAKTION: Dr. Andreas Möller (acatech) Gäste und korrespondierende Mitglieder der Projektgruppe Prof. Dr. Kay Axhausen (ETH Hönggerberg) Prof. Dr.-Ing. Manfred Boltze (TU Darmstadt) Dr. Johannes Ludewig (CER) Dr. Andreas Küchel (BMVBS) Ministerialdirigent Matthias von Randow (BMVBS)
KURZFASSUNG KURZfassung > Motivation Mit dieser Schwerpunktsetzung war von Anfang an die Gewiss- heit verbunden, dass sich das Thema Mobilität nicht auf die Ver- Mobil zu sein ist ein menschliches Grundbedürfnis, in dem sich besserung der Infrastruktur begrenzen lässt. Die mobile Gesell- weitaus mehr als der Wunsch nach Bewegung widerspiegelt. Mo- schaft steht angesichts des steigenden Energieverbrauchs bei bilität bedeutet Unabhängigkeit und Individualität, aber auch zunehmender Ressourcenknappheit, des Schadstoffausstoßes die Teilhabe an der Gemeinschaft und die Erfahrung von gesell- und einer zu erhöhenden Verkehrssicherheit vor weiteren, nicht schaftlichem Miteinander. Wer nicht mobil ist, bleibt in seinen minder großen Herausforderungen. Niemand kann deshalb über Handlungsmöglichkeiten letztlich beschränkt. die Mobilität von morgen sprechen, ohne eine Vielzahl zusätz- licher Aspekte in ihrer Wirkung auf den Verkehr einzubeziehen In einer immer stärker vernetzten Welt ist die Mobilität von oder sich anderen Verkehrsträgern zuzuwenden. Menschen und Gütern auch für den Wohlstand der Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Für Deutschland gilt dies angesichts Entsprechende Problemfelder finden abgesehen vom öffent- seiner vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen, seiner auto- lichen Interesse in den laufenden Gesetzgebungsaktivitäten im mobilen und verkehrstechnischen Industrie sowie der Rolle als Kontext der Weiterentwicklung der Verkehrstechnik jedoch be- Drehscheibe des europäischen Verkehrs in einem besonderen reits Beachtung. Die Entwicklung, Erhaltung und Nutzung von Maße. Daraus ergeben sich große Chancen, aber auch große Straßen und Schienenwegen, die als Thema weitaus weniger Anforderungen an die Verkehrssysteme und die Verkehrstechnik, emotionalisieren als die Verteuerung der Kraftstoffe oder die Be- die in der Verantwortung von Politik und Wirtschaft liegen. lastung der Menschen durch Verkehrslärm und Abgase, ist nach Ansicht von acatech in den letzten Jahren hingegen in den Hin- Vor allem der Straßenverkehr als der bedeutendste Verkehrsträ- tergrund getreten. ger lebt jedoch bereits heute von der Substanz. Lediglich acht von zehn Autobahnkilometern sind noch uneingeschränkt be- Das Anliegen der acatech Projektgruppe war deshalb, auf Eng- fahrbar. Bundesweit müssen mehrere hundert Brücken erneuert pässe bei der Infrastruktur als der Grundvoraussetzung des werden. Viele Straßen weisen erheblichen Reparaturbedarf auf. Verkehrs hinzuweisen und Empfehlungen zur Nutzung und Finan- Überdies müssen zahlreiche Autobahnen ausgebaut und Lü- zierung der Straßen- und Schienenwege zu erarbeiten. Dabei ckenschlüsse und Netzerweiterungen vorgenommen werden, um konnte die Projektgruppe auf verschiedene verkehrswissenschaft- dem steigenden Verkehrsaufkommen zu begegnen. Auch bei der liche Forschungsarbeiten und Szenarien zur Zukunft des Verkehrs Schiene gibt es einen erheblichen Bedarf zur Qualitätssicherung zurückgreifen, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden. des Bestandnetzes und für Neu- und Ausbaumaßnahmen. Sie entschied sich dennoch, ein neues Verkehrsszenario aufzustel- len, das den Wissensstand des Jahres 2006 wiedergibt. Vor diesem Hintergrund hat acatech – die Stimme der Technikwis- senschaften auf der Ebene der Akademien der Wissenschaften in Deutschland – eine Projektgruppe von Experten ins Leben ge- rufen, die sich mit der Zukunft des Verkehrs auseinandersetzt. Gegenstand des ersten Projektabschnitts, der im März 2006 sei- nen Abschluss fand, waren dabei vor allem die infrastrukturellen Aspekte der Mobilität, die für den Bereich der Straße und Schie- ne gemeinsam untersucht wurden.
Mobilität 2020 Das acatech Verkehrsszenario 2020 Für den Pkw-Verkehr ergibt sich als Folge dieser Faktoren und auf Basis der unterstellten Infrastruktur bis 2020 eine Zunahme der Die Basis des acatech Verkehrsszenarios 2020 ist der Bundes- Fahrleistung um 20 Prozent gegenüber 2002, wobei ein überpro- verkehrswegeplan (BVWP) des Jahres 2003, der sämtliche portionaler Anstieg auf den Bundesautobahnen zu verzeichnen Ausbaumaßnahmen der Infrastruktur bis 2015 beinhaltet. Ent- ist. Für den Lkw-Verkehr beträgt die entsprechende Zunahme so- sprechend wurden die bereits beschlossenen Maßnahmen des gar 34 Prozent. Auch hier sind die Autobahnen besonders stark so genannten vordringlichen Bedarfs bis 2015 von acatech als betroffen. realisiert unterstellt. Dieser Bericht geht mit anderen Worten davon aus, dass die von der Bundesregierung als vordringlich Aussagekräftiger als diese Durchschnittszahlen ist nach Ansicht eingestuften Infrastrukturmaßnahmen bis 2020 vollständig um- von acatech jedoch, dass der Verkehr in den Wachstumsregi- gesetzt sein werden. Das Straßen- und Schienennetz im acatech onen entlang des so genannten C-Bereichs (Hamburg, Ruhrge- Verkehrsszenario 2020 ist somit identisch mit dem im Bundesver- biet, Frankfurt Rhein/Main, Mannheim, Stuttgart/Karlsruhe, kehrswegeplan vorgesehenen Netz des Jahres 2015. München) sowie in Berlin mit dem umliegenden Speckgürtel besonders stark zunehmen wird, während andere Regionen eine Hinsichtlich des prognostizierbaren Verkehrsaufkommens kommt stagnierende oder abnehmende Verkehrsbelastung aufweisen. acatech jedoch zu veränderten Ausgangsbedingungen. Der Selbst die beschlossenen Baumaßnahmen des Bundesverkehrs- Grund dafür liegt in erster Linie in der Zeitspanne, die seit der wegeplans werden nach den Berechungen des acatech Verkehrs- Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans vergangen ist. So ba- szenarios 2020 in den genannten Regionen daher gerade die siert der BVWP 2003 auf Prämissen, die den Kenntnisstand des Aufrechterhaltung des schon heute teilweise unbefriedigenden Jahres 1997 widerspiegeln. Tatsächlich ist die Wirtschaft jedoch Zustands bewirken. langsamer gewachsen und der Zuwanderungssaldo geringer aus- gefallen, als es damals voraussehbar war. Im acatech Verkehrs- Die Hauptlast des Verkehrs und der Verkehrszuwächse trägt szenario 2020 wurden die Einflussfaktoren deshalb aktualisiert die Straße. Dennoch ergibt die Szenariorechnung auch für den und dem Stand des Jahres 2002 angepasst. Bahnverkehr deutliche Zuwachsraten. Für den Personenverkehr prognostiziert der Bericht bis 2020 einen Anstieg der Verkehrs- Der Bericht hat dennoch über das Jahr 2020 hinaus Bedeutung. leistung um 22,5 Prozent und für den Güterverkehr um 55 Pro- Umso mehr verpflichten die Resultate und Schlussfolgerungen, zent. Das räumliche Belastungsbild der Schiene ist dabei ebenso dort weiterzumachen, wo jetzt eine Zäsur gesetzt wurde. Dies wie das des Straßenverkehrs uneinheitlich. Auch hier entstehen gilt gerade im Hinblick auf die Empfehlungen für den Ausbau trotz des Ausbaus in einigen Bundesländern Überlastungen, vor und die Finanzierung von Straßen und Schienenwegen, aber allem auf der Nord-Süd-Achse zwischen dem Raum Hamburg auch für die Kapazitätssteigerungen der Verkehrsnetze. acatech und Hannover bzw. der Strecke Karlsruhe und Basel. hat deshalb mit Unterstützung des Bundesministeriums für Ver- kehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) verschiedene Einzel- Die Hauptaussage des acatech Verkehrsszenarios 2020 ist untersuchungen zur Optimierung des Netzbetriebs durchgeführt, deshalb, dass selbst bei der Umsetzung der beschlossenen Maß- deren Ergebnisse im Bericht enthalten sind. nahmen des Bundesverkehrswegeplans deutliche Engpässe bei der Infrastruktur bestehen bleiben werden. Der BVWP greift mit anderen Worten zu kurz – und setzt aus heutiger Sicht nicht Ergebnisse des acatech Verkehrsszenarios 2020 immer die entscheidenden Akzente. Denn das eigentliche Pro- blem des Verkehrswachstums besteht nach Auswertung der Das acatech Verkehrsszenario 2020 basiert auf der Annahme, Projektergebnisse nicht in der Gesamtzunahme des Verkehrs dass die Bevölkerungszahl infolge der geringeren Zuwanderung über einen Zeitraum von fast 15 Jahren, sondern in den zum Teil stagniert und im Jahr 2020 lediglich 82,1 Mio. betragen wird. gravierenden Unterschieden zwischen den Regionen. Sie sind Weiterhin wird im Szenario von einem Zuwachs des Bruttoin- Ausdruck einer heterogenen Wirtschafts- und Bevölkerungsent- landsprodukts (BIP) von 1,8 Prozent pro Jahr ausgegangen, was wicklung. Die vorhandenen Abweichungen erfordern daher zu- Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse und die Situ- mindest langfristig auch eine bedarfsorientierte Akzentuierung ation der privaten Haushalte hat. Dieses Wachstum stellt nach des Ausbaus. Ansicht von acatech allerdings eine Untergrenze für eine positive zukünftige Entwicklung in Deutschland dar.
KURZFASSUNG acatech Empfehlungen acatech empfiehlt weiterhin: 1. Erhaltungsmaßnahmen und Engpassbeseitigung bei der — die Bereitstellung einer Funkfrequenz für die drahtlose Kom- Straße munikation zwischen den Fahrzeugen bzw. zwischen Fahrzeug und Infrastruktur unter Berücksichtigung einer europaweiten Im Ergebnis sieht acatech durch die Szenarioanalyse dringenden Nutzbarkeit, Handlungsbedarf hinsichtlich des Erhalts und Ausbaus der Stra- — die Einrichtung eines intermodalen Verkehrsmanagements mit ßeninfrastruktur und empfiehlt der Definition entsprechender Rahmenbedingungen und Sys- temarchitekturen, — die zügige Abarbeitung der Maßnahmen der Erhaltungspla- — die Nutzung anonymisierter Fahrzeugpositionsdaten für die nung, um dem Substanzverlust insbesondere bei den Bundes- Verkehrserfassung, fernstraßen inklusive der Ingenieurbauwerke entgegen zu — die Einführung des Qualitätsmanagements einschließlich be- wirken, stimmter Qualitätsstandards für das Verkehrsmanagement, — die zügige Umsetzung des vordringlichen Bedarfs des Bun- — ein verkehrsflussorientiertes Störfallmanagement, desverkehrswegeplans 2003 mit weiterer aktualisierter Über- — den großräumigen Einsatz einer verkehrsadaptiven und koope- prüfung der Einzelmaßnahmen, rativen Netzsteuerung, vor allem in den Ballungsräumen, — die Beseitigung von Engpässen durch die gezielte Umsetzung — die Förderung Unfall vermeidender und Verkehrsfluss steigern- von Maßnahmen des ‚weiteren‘ Bedarfs im BVWP, der Fahrerassistenzsysteme, — den Ausbau der Systeme des öffentlichen Verkehrs nach öko- — die Weiterentwicklung des Baustellenmanagements. nomischer Wirkungsprüfung, vor allem in den überlasteten Ballungsgebieten. 3. Vorschläge für die Finanzierung der Fernstraßeninfra- struktur 2. Steigerung von Effizienz und Sicherheit im Straßenverkehr durch Verkehrsmanagement und Fahrzeugtechnik Erhaltung, Ausbau und Betrieb der gesamten Straßeninfrastruk- tur erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Grundsätzlich könnten Neben den Erhaltungs-, Ausbau- und Neubaumaßnahmen emp- die Investitionsmittel zum Ausbau und Erhalt der Bundesfern- fiehlt acatech, die vorhandene Infrastruktur mit Hilfe moderner straßen aus dem Aufkommen der Kraftstoff- und Fahrzeugsteu- Verkehrs- und Fahrzeugtechnik effizienter auszunutzen. Die Vor- ereinnahmen aufgebracht werden, die 2004 rund 50 Mrd. Euro aussetzung für ein effektives Verkehrsmanagement sind hierbei betrugen. Dennoch wurde vom Bund in der Vergangenheit im die Erfassung des Verkehrsgeschehens im gesamten Straßennetz, Schnitt jährlich weniger als ein Drittel dieser Summe zum Erhalt die Vernetzung zwischen den Verkehrsmanagementzentralen und Ausbau der Straßeninfrastruktur zur Verfügung gestellt. und eine standardisierte offene Systemarchitektur. Davon entfielen auf die Fernstraßen lediglich etwa 10 Prozent der Einnahmen. acatech spricht sich deshalb für die Institutionalisierung des Verkehrsmanagements auf allen Ebenen im gesamten Bundes- Die Bundesregierung hat bis zum Jahr 2009 die Bereitstellung gebiet und die Einrichtung einer staatlich autorisierten Verkehrs- von insgesamt 4,3 Mrd. Euro an zusätzlichen Verkehrsinvestiti- managementorganisation (VMO) aus. Deren Aufgabe sollte es onen zugesichert. Für die Umsetzung der nötigen Vorhaben zum sein, gemeinsam mit den öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bau und der Erhaltung der Fernstraßen sind nach der Auswer- Stellen eine einheitliche Netzarchitektur für das Verkehrsmanage- tung der Verkehrsanalyse allerdings weitere Mittel erforderlich. ment unter Einbeziehung des nachgeordneten Straßennetzes zu acatech hat deshalb im Rahmen des Projekts unterschiedliche schaffen und zu kontrollieren. Wege zur Verbesserung der Finanzierung und Mittelverwendung für die Bundesfernstraßen erörtert, mit denen die Diskussion in Politik und Gesellschaft angeregt werden soll.
Mobilität 2020 Zwei Modelle wurden hierbei näher betrachtet: Zum einen han- sellschaft, welche die Bewirtschaftung von Netzteilen an private delt es sich um ein Modell zur Nutzerfinanzierung (Modell A), Betreiber ausschreiben kann, etwa als Public Private Partnerships zum anderen um das Modell einer öffentlichen Finanzierung (PPP). Alternativ dazu könnte die Gesellschaft zu einer Agentur (Modell B), die als Grundlage einer politischen Entscheidung für Koordinierung, Kontrakt- und Ausschreibungsregelung sowie dienen können. Finanztransfers für einige Konzessionsgesellschaften entwickelt werden. Bau, Management und Betrieb oblägen dann den Kon- acatech empfiehlt, die Chancen und Risiken beider Modelle sorg- zessionsgesellschaften. Die heutige Aufgabenträgerschaft der fältig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Dabei sind fol- Länder ginge in beiden Fällen an die Fernstraßengesellschaften gende Punkte zu beachten: über. — Neue Formen der Finanzierung der Infrastruktur dürfen nicht Der Staat bleibt jedoch in jedem Fall Eigner der Infrastrukturge- zu einer finanziellen Mehrbelastung der ohnehin stark belaste- sellschaft. Er setzt damit die Rahmenbedingungen, stellt wie bis- ten Autofahrer führen. her den Bundesverkehrswegeplan auf, definiert die öffentlichen — Die gesetzlich verankerte Eigentümerschaft und Zuständigkeit Projekte, kontrolliert die externen Effekte und überwacht die des Bundes für die Bundesfernstraßen darf nicht eingeschränkt öffentliche Koordinierung der Nutzungsbedingungen. werden. — Strukturpolitisch begründete Investitionen dürfen im Rahmen von Privatisierungsmaßnahmen nicht an Renditerechnungen Modell B scheitern. — Planung, Bau und Betrieb der Infrastruktur sollten gegenüber Dieses Modell basiert im Wesentlichen auf der Beibehaltung dem heutigen Zustand beschleunigt, keinesfalls jedoch verzö- der staatlichen Finanzierung der Straßenverkehrsinfrastruktur- gert werden. projekte aus der Kraftstoffsteuer und fordert die Festwidmung eines ausreichenden Teils dieser Steuereinnahmen für die Infra- Einige zentrale Aspekte beider Modelle werden im Folgenden strukturvorhaben. Damit stünde eine bereits bestehende Abgabe wiedergegeben. mit einer engen Verbindung zur Straßennutzung ohne zusätz- lichen Verwaltungsaufwand zur Verfügung, die überdies zum Kraftstoffsparen anregt und keine unerwünschten Lenkungswir- Modell A kungen aufweist. Ein Kernpunkt dieses Modells ist der teilweise Ersatz der Kraft- Ein weiteres Anliegen von Modell B ist die Neuordnung der Ver- stoff- und Fahrzeugsteuern durch Nutzungsgebühren, die auch antwortlichkeiten in einer Bundesfernstraßengesellschaft, und für leichte Nutzfahrzeuge und Pkw gelten sollen. Entsprechende damit eine stärker zentralisierte Organisation des Managements Gebühren würden demnach analog zur heutigen Lkw-Maut nicht von Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb der Infrastruktur. Eine pauschal, sondern auf die gefahrenen Fahrzeug-Kilometer er- solche Gesellschaft soll mit dem Recht ausgestattet werden, die hoben. Bei den Pkw wäre die Erhebung der Gebühren bis zur ihr zufließenden Finanzmittel nach Vorgabe des Bundesverkehrs- Schaffung einer kostengünstigen Technik über eine Vignette zu wegeplans verwenden zu können. Dieser Vorschlag kommt der realisieren. Im Gegenzug könnten durch Senkung der Kraftstoff- entsprechenden Absicht in Modell A nahe. steuer dem Tanktourismus Einhalt geboten und auch die auslän- dischen Nutzer in einem weiteren Umfang zur Finanzierung der Im Hinblick auf die Teilprivatisierung der Bundesfernstraßen Fernstraßeninfrastruktur herangezogen werden. wird die wirtschaftliche Effizienz von Public Private Partnership Projekten mit Skepsis betrachtet. Dennoch befürwortet Modell B Ein zweiter wesentlicher Punkt dieses Modells ist die Schaffung die Erprobung der bereits genehmigten fünf Projekte und deren einer geschäfts- und kreditfähigen Fernstraßeninfrastrukturge- kritische Auswertung. 10
Kurzfassung 4. Erhaltungsmaßnahmen und Engpassbeseitigung bei 5. Harmonisierung der Rahmenbedingungen im der Schiene. Vorschläge für eine langfristige Leistungs- Schienenverkehr in Europa und ihre Finanzierung und Finanzierungsvereinbarung Der Schienentransport von Gütern über große Distanzen ist für Auch beim Schienenverkehr besteht aus der Sicht von acatech die erweiterte Europäische Union von bedeutendem wirtschaft- Handlungsbedarf. Dazu gehört nicht nur die Umsetzung der be- lichen Interesse. Hinderlich ist jedoch die bislang mangelnde trieblichen und rechtlichen Harmonisierung in Europa, sondern Interoperabilität hinsichtlich der Technik und des Betriebs der auch die langfristige finanzielle Planungssicherheit. Systeme. So scheitert die Ergänzung der unterschiedlichen natio- nalen Zugsicherungssysteme durch das europaeinheitliche ETCS Die Erhaltung und Engpassbeseitigung der Schieneninfrastruk- (European Train Control System) vielfach nicht allein an finan- tur ist mit einem beträchtlichen Finanzaufwand verbunden, zu ziellen Engpässen, sondern an der gegenseitigen Anerkennung dem der Staat verfassungsgemäß Finanzierungsbeiträge leistet. der Fahrzeugzulassung. Dadurch entstehen hohe Kosten und Die derzeitige Finanzierungssystematik mit einer Vielzahl von Zeitverluste infolge technischer Mehrfachprüfungen. Einzelvereinbarungen bedingt allerdings einen hohen bürokra- tischen Aufwand beim Bund und den Infrastrukturunternehmen Ein erster Schritt zur Harmonisierung der europäischen Rah- der Deutschen Bahn AG (DB AG). Die Mittelzuweisungen stehen menbedingungen wäre die durchgehende Ausrüstung von Korri- überdies unter einem jährlichen Haushaltsvorbehalt, was zu ei- doren entlang der europäischen Haupttransportachsen mit dem ner unbefriedigenden Planbarkeit, Verzögerungen und Mehrkos- Zugleit- und -sicherungssystem ERTMS (European Rail Traffic ten führt. Management System). Für den Ausbau dieser Achsen der Tran- seuropäischen Netze (TEN) sind ursprünglich 20 Mrd. Euro an Um diesen Zustand zumindest für die Maßnahmen im Bestand- EU-Mitteln eingeplant worden. Der tatsächliche Betrag wird aller netz zu verbessern, arbeiten der Bund und die DB AG an einer Voraussicht nach allerdings nur bei 5 bis 8 Mrd. Euro liegen. Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), in welcher der Staat einen festen Infrastrukturbeitrag für mehrere Jahre Zur Harmonisierung der Rahmenbedingungen im Schienenver- zusagt, während sich die Bahn im Gegenzug zu Ausstattungs- kehr empfiehlt acatech deshalb und Qualitätsmerkmalen und deren Nachweis verpflichtet. Die DB AG erhält auf diese Weise eine langfristige Planungs- und — die schnelle Umsetzung der betrieblichen, rechtlichen und Finanzierungssicherheit und der Bund bekommt eine über Sank- technischen Interoperabilität, tionen durchsetzbare Absicherung der Qualitätsgewährleistung — die Vereinfachung der europaweiten Fahrzeugzulassung, garantiert. — die Sicherung der nationalen Co-Finanzierung zu den EU- Mitteln für den Ausbau der TEN-Korridore und die ETCS- acatech unterstützt daher die Ausrüstung, — die Konzentration der Mittelzuwendungen auf die Hauptver- — Vereinfachung des Planungs- und Finanzierungsverfahrens kehrskorridore und über eine langfristige Leistungs- und Finanzierungsvereinba- — die Öffnung des Marktzugangs in Europa, wie bereits in rung (LuFV) für das Bestandnetz sowie die Deutschland. — zügige Umsetzung der Maßnahmen, die zur Beseitigung der Engpässe im Schienennetz dienen. 11
Mobilität 2020 Ausblick acatech hat sich zum Ziel gesetzt, die im Rahmen des Projekts „Mobilität 2020“ behandelten Ver- kehrsprobleme weiter zu verfolgen. In verschiedenen Einzelprojekten sollen auch die hier lediglich angesprochenen, aber nicht vertieften Aspekte des Verkehrs aufgegriffen und in ähnlicher Weise untersucht werden. Dazu zählen die Optimierung des Umweltschutzes und die Auseinandersetzung mit alternativen Antriebsformen und Kraftstoffen, die im Hinblick auf den schonungsvollen Umgang mit den fossilen Energieträgern in Zukunft an übergeordneter gesellschaftlicher Bedeutung gewin- nen wird. Weitere Schwerpunkte in diesem Themenbereich werden die kontinuierliche Verbesserung der Ver- kehrssicherheit, die Herausforderungen des demografischen Wandels für die Verkehrssysteme sowie Überlegungen zur verkehrsvermindernden Flächennutzung sein. Besonderes Augenmerk wird schließ- lich auf die Entwicklung des Verkehrs in den Metropolregionen und den sich daraus ergebenden Anforderungen an den Öffentlichen Personennahverkehr gerichtet. Denn es sind, wie auch dieser Bericht dokumentiert, vor allem die Ballungsräume, die sich auf ein Anwachsen des Individual- und Güterverkehrs einzustellen haben. Gerade sie sind daher auf überzeugende Mobilitätskonzepte an- gewiesen. 12
EINLEITUNG 1 Einleitung Der Verkehr auf Deutschlands Straßen wächst, obwohl Staus Den Ausgangspunkt der Überlegungen zur Zukunft der Mobilität oder zäh fließender Verkehr bereits heute vielerorts das Bild bildete die Frage nach dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen prägen. Vor allem in den Ballungsregionen und großen Städten, und den dafür notwendigen Kapazitäten bei der Infrastruktur. in denen der Raum für neue Infrastrukturen begrenzt ist, sind Um das Ausmaß der Engpässe im Straßen- und Schienenverkehr längere Fahrtzeiten und erhöhte Abgas- und Lärmwerte zu einer zu veranschaulichen, hat acatech deshalb nicht nur auf die ein- alltäglichen Normalität geworden. Sie belasten dabei nicht nur schlägigen Verkehrsprognosen und Forschungsarbeiten der ver- Menschen und Umwelt, sondern verursachen einen erheblichen gangenen Jahre zurückgegriffen, sondern ein eigenes Verkehrssze- volkswirtschaftlichen Schaden, der sich Tag für Tag auf viele Mil- nario entworfen, das den jüngsten Kenntnisstand widerspiegelt.1 lionen Euro beläuft. Wichtige Untersuchungsergebnisse sind hierfür von den Koope- Das Fließen des Verkehrs bedeutet deshalb nicht nur für jeden rationspartnern des Projekts beigesteuert worden. So hat die Einzelnen ein Stück mobile Freiheit. Ein leistungsfähiges Ver- Volkswagen AG die Resultate einer aufwendigen Modellrechnung kehrsnetz ist auch die Voraussetzung für eine intakte Wirtschaft. zur Entwicklung des Straßenverkehrs eingebracht, die mit Hilfe Gute Infrastrukturbedingungen zählen im internationalen Wett- eines Verkehrsplanungsmodells der PTV AG (Planung Transport bewerb mittlerweile zu den zentralen Standortfaktoren. Denn sie Verkehr AG) erarbeitet wurden. Die Deutsche Bahn AG stellte für begünstigen den schnellen Austausch von Gütern und Dienst- den Bericht die Ergebnisse ihres Simulationsmodells ProSim leistungen. Engpässe in den Verkehrsnetzen wirken hingegen zur Verfügung, mit denen es analog zu den Ergebnissen auf der Kosten treibend, weil sie Zeitressourcen binden. Straße möglich war, Angaben zur Verkehrsauslastung im Schie- nenverkehr zu machen. Der Zustand der Straßen, Schienen und Wasserwege, aber auch die Anbindung an internationale Luftverkehrsrouten und Seehä- Mit dieser Analyse der Verkehrsnetze im Jahr 2020 und der Aus- fen sind auf diese Weise in der Lage, die Standortqualitäten von arbeitung entsprechender Maßnahmen sieht die Projektgruppe Regionen entscheidend zu beeinflussen. Dies gilt angesichts der ihr Vorhaben jedoch nicht als beendet an. Eine Vielzahl anderer zunehmenden Arbeitsteilung, aber auch der Fortschritte in den Faktoren bestimmt die Zukunft der Mobilität in ebenso nachhal- Informations- und Kommunikationstechnologien heute mehr tiger Weise wie der Zustand der Infrastruktur. Dazu zählen die denn je. Es ist daher nicht übertrieben, die Verkehrswege als Le- Themen Umweltschutz und Energieverbrauch, aber auch die bes- bensadern der Gesellschaft zu bezeichnen, auf die Deutschland sere Interaktion zwischen den Verkehrsträgern und der Einsatz als stärkstes europäisches Transit- und Industrieland auch in einer intelligenten Verkehrstechnik. Mit ihrer Hilfe wird es mög- Zukunft in besonderer Weise angewiesen ist. lich sein, eine bessere Harmonisierung des Verkehrsgeschehens zu erzielen. Vor diesem Hintergrund hat eine Projektgruppe des acatech Themennetzwerks „Mobilität“ eine Forschungsinitiative auf den Gerade die technische Komponente, die in gewisser Weise die Weg gebracht, der Experten aus Verkehrswissenschaft und Un- Kernkompetenz des acatech Themennetzwerks bildet, hält eine ternehmen angehören. Ziel dieser Initiative ist es, die Bedeutung Reihe von Gesichtspunkten bereit, die Ansporn zur Weiterfüh- des Verkehrs und der Verkehrsinfrastruktur für Wirtschaft und rung der begonnenen Projektarbeit sind. So wurde erörtert, Gesellschaft ins öffentliche Bewusstsein zurückzurufen; mit allen dass die Motorenentwicklung bis zum Jahr 2020 alternative An- Konsequenzen, die eine Abnahme der Verkehrsqualität mit sich triebssysteme hervorgebracht haben wird, die neue Antworten bringt. Der vorliegende Bericht bildet dabei den Auftakt einer auf die heutigen Fragen des Kraftstoffverbrauchs, der Höhe der Reihe von Einzelprojekten, mit denen sich acatech zu verschie- CO2-Emissionen, des Lärmschutzes und des Wirkungsradius’ der denen Aspekten der Verkehrsentwicklung äußern wird. Fahrzeuge geben werden. Die Zukunft des unterstützten Fahrens 1 Das Verzeichnis der Literatur, die zum Entstehen dieser Studie beigetragen hat, kann auf der acatech Internetseite unter www.acatech.de eingesehen werden. 13
Mobilität 2020 durch Assistenzsysteme könnte darüber hinaus gerade im Hin- blick auf das Thema Verkehrssicherheit von zentraler Bedeutung werden. Bei den meisten hier gegebenen Empfehlungen tragen die Maß- nahmen zur Optimierung des Verkehrsflusses deshalb auch zur Erfüllung dieser Anforderungen bei. Denn wer mehr Effizienz in die Verkehrssysteme bringt, wird nicht nur einen höheren Aus- lastungsgrad der Netze erreichen, sondern auch weniger Staus, Unfälle und Umweltbelastung produzieren. Darüber hinaus werden in diesem Bericht Handlungswege unter- breitet, wie Deutschland durch den Einsatz der Verkehrstechnik zu einem Zukunftsland für Mobilitätsdienste avancieren könnte, indem es ein international beachtetes technisches Leistungsmerk- mal hinzugewinnt. acatech will damit an Fragestellungen des wirtschaftlichen Wachstums durch technologische Innovationen anschließen und diesbezüglich die gemeinsame Verantwortung von Wissenschaft und Wirtschaft aufzeigen. 14
WARUM EIN acatech VERKEHRSZENARIO 2020? 2 Warum ein acatech Verkehrsszenario 2020? Ausgangspunkt der Berechnungen zum acatech Verkehrsszena- unten korrigiert worden, womit nach Ansicht der Projektgrup- rio 2020 war der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) des Jahres pe jedoch eine untere Grenze für eine positive zukünftige 2003, der die zukünftig erforderlichen Kapazitäten der Verkehrs- Entwicklung in Deutschland ausgelotet ist. Auch die Annahmen infrastrukturen durch Neu- und Ausbaumaßnahmen darstellt.2 zur Bevölkerungsentwicklung sind infolge des geringeren Zuwan- derungssaldos verändert worden. Der Analysezeitpunkt und Das Analysejahr, das dem für den Bundesverkehrswegeplan Prognosehorizont wurde gegenüber der Zeitspanne von 1997 relevanten Integrationsszenario zu Grunde liegt, ist das Jahr bis 2015 um fünf Jahre in die Zukunft verschoben, auf 2002 1997. Es liegt deshalb in der Natur der Sache, dass sich die Rah- bzw. 2020. Die Grundlage des Verkehrsnetzes 2020 blieb menbedingungen seither verändert haben und aufgrund aktuel- die im Bundesverkehrswegeplan beschlossene Umsetzung des lerer Basisdaten neuere Prognosen möglich sind. Dies schlägt vordringlichen Bedarfs bis 2015. sich neben den optimistischen Werten beim Zuwanderungs- saldo insbesondere bei den Kennzahlen zur wirtschaftlichen Ent- Umso eindringlicher ist die Kernaussage des Berichts, dass trotz wicklung nieder: Die im Bundesverkehrswegeplan unterstellten der Umsetzung der Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs 2,1 Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) konnten lokale und regionale Engpässe bestehen bleiben werden, die vor beispielsweise in keinem der letzten Jahre realisiert werden. allem die Wachstums- und Metropolregionen betreffen. Im Ver- gleich zum Integrationsszenario des Bundesverkehrswegeplans Aus diesem Grund hat acatech ein neues Verkehrsszenario ent- mit dem Analysejahr 1997 besteht ein Vorteil des acatech Ver- wickelt, das am BVWP orientiert ist, aber von modifizierten kehrszenarios 2020 deshalb nicht allein darin, dass es fünf Jahre Annahmen hinsichtlich unterschiedlicher Einflussgrößen aus- aktueller ist: Er ist auch hinsichtlich der Netzauflösung und der geht. Der Wachstumswert beim BIP ist darin auf 1,8 Prozent nach räumlichen Aufteilung wesentlich feiner. Die regionalen Unter- schiede werden deshalb umso deutlicher.3 2 Im Rahmen einer wirtschaftlichen Bewertung werden dabei sämtliche Infrastrukturmaßnahmen überwiegend mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse (ergänzt durch eine Raumwirksamkeitsanalyse und eine Umweltrisikoeinschätzung) bewertet und hinsichtlich ihrer Wertigkeiten geordnet. Beim Verkehrsträger Straße erfolgt dieser Schritt auf Länderebene nach einem vorher festgelegten Finanzländerschlüssel. Alle Infrastrukturmaßnahmen werden dementsprechend in die Kategorien vordringlicher und weiterer Bedarf eingeteilt. Die Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs werden dabei in fest disponierte (indisponible) bzw. im Bau befindliche Maßnahmen sowie in neue Maßnahmen gebündelt. Aus mehreren Einzelszenarien wird schließlich ein Szenario festgelegt, das alle exogenen Größen des entsprechenden Zeitraums einbezieht. Im Falle des Bundesverkehrswegeplans ist dies das so genannte Integrationsszenario. 3 So wurden die Einzelszenarien im BVWP zwar bis auf Kreisebene differenziert, im Bericht allerdings nur bis auf Länderebene dargestellt. Das acatech Ver- kehrsszenario 2020 führt die Nachfrageberechung hingegen direkt auf der Basis von 7.000 Verkehrszellen durch. 15
Mobilität 2020 16
DESKRIPTOREN DES VERKEHRSZENARIOS 3 Deskriptoren des Verkehrsszenarios Als Grundlage für die Auswertung der verschiedenen Szenarien Bevölkerung (Mio.) und die Definition des acatech Verkehrsszenarios 2020 wurden zunächst 33 externe Einflussgrößen der Verkehrsentwicklung, 83,5 so genannte Deskriptoren, festgelegt. Dabei kristallisierten sich 82,2 82,1 neben dem unterstellten Netz des vordringlichen Bedarfs fol- gende Bereiche heraus, deren Wirkung auf den Verkehr näher 2002 2020 2020 2015 untersucht wurde: Ist acatech BVWP — die Bevölkerungsentwicklung, Abb. 1: Abweichende Bevölkerungsannahmen des acatech Verkehrsszenarios 2020 und im BVWP. — die Differenzierung der Bevölkerungsgruppen, — das Wirtschaftswachstum, — die Nutzerkosten, — die grenzüberschreitenden Verkehre. Die Prognose des BBR geht somit von einer insgesamt stagnie- Diese räumlich differenzierten Deskriptoren, also die Einwoh- renden Bevölkerungsentwicklung bei einer Einwohnerzahl von nerzahl unterteilt in Altersklassen, die Pkw-Verfügbarkeit, die 82,1 Mio. im Jahre 2020 aus. Dies sind knapp 1,5 Mio. Men- Beschäftigtenzahl usw., wurden als Input für die Simulationsmo- schen weniger als die 83,5 Mio. Einwohner, die im BVWP für delle noch einmal kleinräumig aufbereitet und auf rund 7.000 2015 angenommen wurden. Verkehrsbezirke angewendet. Grundlage dafür war die Infrastruk- tur des Jahres 2020 gemäß der ersten Priorität des Bundesver- Auffällig sind hierbei die regionalen Unterschiede. Während die kehrswegeplans.4 alten Bundesländer ihre derzeitigen Bevölkerungszahlen im We- sentlichen stabilisieren, nehmen in den neuen Bundesländern Bei der Berechnung der Straßenbelastung wurden die alterna- die Rückgänge zum Teil dramatische Ausmaße an. Die Einwoh- tiven Verkehrssysteme (Schiene, Wasserstraßen und Luftverkehr) nerzahl wird in den alten Bundesländern um knapp 2 Prozent entsprechend berücksichtigt. zunehmen. In den neuen Ländern liegt der Rückgang bei fast 8 Prozent. 3.1 Bevölkerungsentwicklung Einwohner Die Bevölkerung – dies ist die erste Prämisse des acatech Ver- kehrsszenarios 2020 – wird in den nächsten Jahren in etwa + 1,9 % konstant bleiben, während sich die Altersverteilung spürbar ver- 2020 ändert. Diese Annahme basiert auf den Vorausberechnungen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) von 2004 und weicht von den Daten des BVWP ab. Bereits in den - 7,7 % letzten Jahren zeigte sich, dass die dort getroffenen Bevölke- alte Bundesländer neue Bundesländer rungserwartungen nicht erreicht werden würden. Die Ursache der Abweichung liegt im Wesentlichen in den unterschiedlichen Abb. 2: Unterschiedliche Bevölkerungsentwicklungen in den alten (blau) und Annahmen zum Zuwanderungssaldo. den neuen Bundesländern (orange). 4 Zum Ablauf der Rechnungen siehe den methodischen Teil im Anhang dieses Berichts. 17
Mobilität 2020 Einwohnerentwicklung 2002 – 2020 Für die Modellrechnungen wurden diese Annahmen weiter regional differenziert. In der nebenstehenden Grafik ist die Be- völkerungsentwicklung deshalb auf Kreisebene abgebildet. Hier- bei wird deutlich, dass die Einwohnerzahl in den neuen Bun- desländern nicht überall um 8 Prozent sinkt, sondern teilweise sogar um bis zu 40 Prozent abnehmen wird. Ausgenommen von dieser Entwicklung ist im Wesentlichen nur der Speckgürtel um Berlin. Wachstumsgebiete in den alten Bundesländern sind vor allem der Großraum München, der Raum Hamburg, die Rhein-Main-Region mit Frankfurt sowie einzelne Regionen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, die eine positive Wirtschaftsentwicklung erwarten lassen. Auch in Abbildung 4 ist zu erkennen, dass die Bevölkerung in den alten Bundesländern im Durchschnitt zunimmt, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. In den neuen Bundesländern sinkt sie hingegen ausnahmslos oder bleibt wie im Falle Bran- 25% bis 37% denburgs konstant. 10% bis 25% -10% bis 10% -25% bis -10% -39,7% bis -25% Abb. 3: Darstellung der Bevölkerungsentwicklung von 2002 bis 2020, differenziert nach Kreisen. Einwohner (Tsd.) 20.000 Jahr 2000 18.000 Summe 82.259.800 Jahr 2020 16.000 Summe 82.144.400 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 SH HH NI HB NW HE RP BW BY SL BE BB MV SN ST TH Bundesländer Abb. 4: Einwohner nach Bundesländern gemäß BBR Prognose von 2004. 18
DESKRIPTOREN DES VERKEHRSZENARIOS Pkw-Verfügbarkeit 2002 – 2020 3.2 Differenzierung der Bevölkerungsgruppen Auf Grundlage der Daten zur Gesamtbevölkerung wurden für den vorliegenden Bericht einzelne Bevölkerungscluster ermittelt, die sich hinsichtlich ihres Mobilitätsverhaltens klassifizieren lassen. Eine wichtige Einflussgröße ist dabei neben Alter und Berufstä- tigkeit die Ausstattung der Haushalte mit einem eigenen Pkw. 30% bis 72% Abbildung 5 zeigt, dass die Pkw-Verfügbarkeit insbesondere in 10% bis 30% den alten Ländern und im Berliner Raum wachsen wird, während 0% bis 10% sie in den neuen Bundesländern in etwa konstant bleibt. -10% bis 0% -30% bis -10% 3.3 Wirtschaftswachstum Mit Blick auf die aktuelle Konjunkturlage ist davon auszugehen, dass das Wirtschaftswachstum in Zukunft zwar nicht stagniert, Abb. 5: Entwicklung der Pkw-Verfügbarkeit in Deutschland. jedoch nur verhalten zulegen wird. Gegenüber der Prognose im BVWP geht acatech von einem Anstieg des Bruttoinlandspro- dukts von höchstens 1,8 Prozent pro Jahr aus und bleibt damit unterhalb der dort mit 2,1 Prozent optimistischer veranschlagten Erwartungen. Die Annahme eines Wachstums unter 1,8 Prozent würde eine auch nur geringfügige Milderung der heutigen Ar- beitslosigkeit unwahrscheinlich machen. 19
Mobilität 2020 BIP-Wachstum Deutschland Insgesamt ist zu erwarten, dass die Menschen in Zukunft ver- mehrt längere Fahrtzeiten zu ihren Arbeitsplätzen in Kauf nehmen und ihre Lebensmittelpunkte nicht zwangsläufig der BVWP Arbeitsplatzsituation anpassen. Aufgrund der Flexibilisierung 2,1 acatech 1,8 des Arbeitsmarkts wird der Einzelne gezwungen sein, mobil zu bleiben. Bereits in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, 1997 2002 2015 2020 Wachstumsraten in % p. a. real dass die meisten Menschen bei steigenden Kraftstoffpreisen lieber an anderen Kosten sparen, als auf die Pkw-Nutzung zu Abb. 6: Prognosen des BIP-Wachstums im BVWP 2003 und im verzichten. Der Anstieg der Kraftstoffkosten führt somit keines- acatech Verkehrsszenario 2020. wegs zwangsläufig zu einem Absinken der Mobilitätsrate im motorisierten Individualverkehr. Obgleich das verhaltene Wirtschaftswachstum nicht für eine sig- nifikante Belebung des Arbeitsmarktes reicht, wird die Zahl der 3.4 Nutzerkosten Erwerbsverhältnisse steigen. Die Ursache dafür ist zum Beispiel die Zunahme von Teilzeitarbeit. Die Gesamtzahl der Erwerbstä- Im Zusammenhang mit der Frage, wie viel die Menschen an- tigen im Jahr 2020 dürfte daher trotz des höheren Anteils an gesichts steigender Alters- und Gesundheitsvorsorgekosten für Rentnern über den Werten von 2002 liegen. acatech geht hier- Mobilitätsleistungen zu zahlen bereit sind, steht das Thema bei von einer moderaten Steigerung um 1,7 Prozent im Prognose- Nutzerkosten im Verkehr. Während im BVWP ursprünglich von zeitraum bis 2020 aus. einer Straßenbenutzungsgebühr von 20,5 Cent pro Kilometer für Lkw ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 12 t ausgegangen Im Vergleich zwischen den Bundesländern ist wiederum eine dis- wurde, wird für das acatech Verkehrsszenario 2020 der derzeit parate Entwicklung zu erwarten. Während in den alten Bundes- gültige Mautsatz von 12,4 Cent pro Kilometer zu Grunde gelegt. ländern die Beschäftigung um 2,5 Prozent zunimmt, geht sie in den neuen Ländern um 1,1 Prozent zurück. Die wirtschaftliche Für die Kraftstoffpreise wurde u. a. aufgrund der Entwicklungen Situation wirkt sich auf die Investitionsbereitschaft zugunsten auf dem Weltrohölmarkt bis 2020 eine Steigerung von 2,5 Pro- des Verkehrs aus. Dies betrifft sowohl die privaten Haushalte als zent pro Jahr angenommen. Dabei wird erwartet, dass der auch den öffentlichen Sektor. Dieselkraftstoffpreis für Lkw jährlich um real 2,3 Prozent steigt. Deutliche Abweichungen gibt es bei der Nutzerkostenprognose Einwohner für die Schiene. Die Zielgrößen im BVWP wurden im acatech Verkehrsszenario 2020 durch veränderte Annahmen zur Preis- Beschäftigte + 1,9 % entwicklung im Personen- und Güterverkehr ersetzt. So wird der 2020 +2,5 % Preisrückgang im Schienengüterverkehr statt 1,1 Prozent pro Jahr Ist acatech 2020 laut BVWP (entspricht einem Minus von 18 Prozent im Zeitraum bis 2015) im acatech Verkehrsszenario 2020 nur noch mit einem -- 7,7 1,1 % % Minus von 0,5 Prozent veranschlagt. Beim Schienenpersonen- fernverkehr wird beim BVWP ein Minus von 2 Prozent pro Jahr alte Bundesländer neue Bundesländer erwartet, was einem Rückgang von 30 Prozent im Prognosezeit- Abb. 7: Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in den alten (blau) raum entspricht. Im acatech Verkehrsszenario 2020 bleibt das und neuen Bundesländern (orange). Niveau gegenüber 2002 unverändert. 20
DESKRIPTOREN DES VERKEHRSZENARIOS 3.5 Grenzüberschreitende Verkehre Deutschland ist das Transitland Nummer Eins in Europa. Mit der Öffnung der Grenzen sind die Bar- rieren für den Verkehr durch und nach Deutschland weiter gesunken. Der grenzüberschreitende Ver- kehr ist dabei vor allem beim Straßen-Gütertransport eine wichtige Einflussgröße für das Anwachsen des Gesamtverkehrsaufkommens. So steigt die Exporttonnage in die EU-Beitrittsländer jährlich um 2 Prozent. Aber auch die Transitströme in Richtung der Benelux-Staaten und Frankreich nehmen zu. In den nächsten Jahren wird allerdings nicht nur der Straßenverkehr mit unseren Nachbarn wachsen, obwohl insbesondere der Lkw-Verkehr beispielsweise nach Polen einmalig in die Höhe geschnellt ist. Auch der Schienenverkehr wird zunehmen, wobei der Verkehr nach West- und Südeuropa deutliche Transportzeitgewinne erzielt, was u. a. mit der weiteren Harmonisierung und dem Ausbau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) zusammenhängt. Straße Schiene Polen 2004 Verschiedene Zeithorizonte -240 min -360 min Treiber: Grenzöffnung Niederlande Tschechien -60 min -180 min -150 min Treiber: Infrastruktur/Interoperabilität Treiber: Grenzöffnung Slowakei Belgien -90 min -150 min -360 min Treiber: Grenzöffnung Treiber: Interoperabilität Ungarn -90 min Frankreich -120 min -120 min Treiber: Grenzöffnung/Interoperabilität Treiber: Interoperabilität Österreich -30 min Treiber: Infrastruktur Schweiz Italien Slowenien -30 min -180 min -120 min -120 min -120 min über CH über A Treiber: Grenzbehandlung Treiber: Infrastruktur/Interoperabilität Treiber: Grenzöffnung/Interoperabilität Abb. 8: Entwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs im Bereich von Straße und Schiene. Das acatech Verkehrs- szenario 2020 hat für die internationalen Güterverkehre insbesondere die Annahmen zur Entwicklung der Transport- zeiten zu Grunde gelegt. 21
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VERKEHRSENTWICKLUNG 2020 4 Verkehrsentwicklung 2020 4.1 Entwicklung des Strassenverkehrs Der deutlichste Unterschied zum BVWP ergibt sich bei der Fahr- leistung im motorisierten Individualverkehr. acatech geht hier 4.1.1 Überblick von einer Zunahme bis 2020 um 20 Prozent aus, während der BVWP für den Zeitraum von 1997 bis 2015 einen Fahrleistungs- Nach diesem Überblick über die wichtigsten Deskriptoren sind zuwachs von 14 Prozent erwartet. Ein wesentlicher Grund hierfür wesentliche Resultate des acatech Verkehrsszenarios 2020 in ist das erweiterte Autobahnnetz, das längere Fahrten in kürzerer Abbildung 9 zusammengefasst. Diese sind den Ergebnissen der Zeit ermöglicht. Berechnungen zur Aktualisierung des Bundesverkehrswegeplans 2003 gegenübergestellt. Im Güterverkehr ist keine Veränderung der Zuwachsraten fest- zustellen. Die gedämpfte jährliche Wachstumsrate des BIP von Bei dieser Gegenüberstellung ist zu beachten, dass die Unter- 1,8 Prozent (acatech) gegenüber den 2,1 Prozent bei den Simu- suchungen zum BVWP den Vergleich zwischen dem Jahr 1997 lationen zum BVWP kommt bei der Entwicklung der Lkw-Fahrleis- als Analyse und dem Integrationsszenario zum Zeitpunkt 2015 tung somit nicht zum Tragen. Hier spielen die stark steigenden ziehen, wohingegen die Berechnungen von acatech auf den Transitverkehre sowie der Import und Export mit der erweiterten späteren Analysezeitpunkt 2002 aufsetzen konnten und folge- EU eine Rolle. richtig den späteren Prognosehorizont 2020 gewählt haben. Während die Berechnungen des BVWP im Integrationsszenario Das augenscheinlichste Ergebnis der Modellrechnungen ist die Vorhaben des vordringlichen Bedarfs als noch nicht realisiert die regionale Heterogenität der Verkehrsentwicklung. Engpässe unterstellen, berechnet das acatech Verkehrsszenario 2020 den werden insbesondere in den urbanen Wachstumsregionen ent- Maximalfall, also inklusive der Vorhaben des vordringlichen Be- stehen, während in den ländlichen Bereichen kein Erstarken der darfs. Insgesamt verwenden die Simulationen unterschiedliche Personen- und Güterströme anzunehmen ist. Sektoral, besonders Datengrundlagen, Abgrenzungen oder Berechnungsweisen und ausgeprägt jedoch in den neuen Bundesländern, wird es sogar sind daher in den absoluten Zahlen nicht direkt zu vergleichen. Belastungsrückgänge geben. Die prozentualen Veränderungen geben jedoch Hinweise auf ver- Auf Ebene der Länder betrachtet haben die alten Bundesländer schiedene Einschätzungen zukünftiger Entwicklungen. Sie sind durchweg positive Zuwachsraten zu verzeichnen. Dies gilt glei- das zentrale Resultat der Arbeiten von acatech und machen eine chermaßen für den Pkw- und den Lkw-Verkehr. In den neuen Bun- entsprechende Gegenüberstellung trotz aller Einschränkungen desländern stellt sich die Situation hingegen anders dar. Hier notwendig. sinkt das Verkehrsaufkommen im Pkw-Nahverkehr, während der Fernverkehr wie in den alten Ländern zunimmt. Im Folgenden werden diese Entwicklungen ausführlich dargestellt. BVWP 2015 SZENARIO 2020 1997 2015 delta 2002 2020 delta Netzlänge Autobahn (1.000 km) 23,0 26,0 13% 23,7 28,0 18% Fahrleistung MIV (Mrd. Fzg-km/a) 539 615 14% 526 631 20% Fahrleistung Güterverkehr (Mrd. Lkw-km/a) 65 87 34% 59 80 34% Fahrleistung gesamt (Mrd. Kfz-km/a) 605 703 16% 585 711 21% Abb. 9: Gegenüberstellung der Berechnungen von BVWP 2015 und acatech Verkehrsszenario 2020. Die unter ‚Fahrleistung MIV’ zusammen- gefasste Fahrleistung umfasst diejenige aller motorisierten Fahrzeuge bis 3,5 t im Individualverkehr, also auch einschließlich von Motorrädern. Im Folgenden wird vereinfachend von Pkw-Fahrleistungen gesprochen. 23
Mobilität 2020 4.1.2 Infrastrukturvorhaben bis 2020 Die angesprochenen Vorhaben der Bundesverkehrswegeplanung (indisponibel und vordringlicher Bedarf) mit überregionaler Be- deutung wurden in das Netzmodell der acatech Analyse einge- pflegt. Insgesamt sind dabei rund 1.000 Vorhaben – das sind ca. 10.000 Strecken im Ausbau und Neubau – mit zusammen 13.000 km Netzlänge umgesetzt worden. Das entspricht in etwa 10 Pro- zent der aktuellen Netzlänge im Bundesstraßen- und Bundes- autobahnbereich. Hierbei wurden auch solche Strecken berück- sichtigt, die lediglich ausgebaut werden sollen. In Abbildung 10 sind die bis 2020 als umgesetzt angenommenen Vorhaben enthalten. Dadurch werden die Folgen, die der Netzausbau haben wird, besonders gut erkennbar. Abb. 10: Die indisponiblen Vorhaben und die Vorhaben des vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans. Rot dargestellt sind die Bundesautobahnen, blau angedeutet sind die Bundesstraßen. 24
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