Kanton St. Gallen Kantonsschule Wattwil 2020 - im Zeichen des Lockdowns - kanti wattwil
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Inhalt Editorial3 Chronologie der Ereignisse Damals im Frühling 2020 – Chronologie der Ereignisse6 Querschnitt durch die Medienmitteilungen 8 Geschichte Die Corona-Pandemie aus historischer Sicht 12 Erfahrungen der Lehrpersonen Der 13. März 2020 14 Digitaler Fernunterricht daheim 17 Projekte für zuhause 21 Interaktion im Fernunterricht – Möglichkeiten und Grenzen 27 Schülerstimmen Umfrage zur Sicht der Schülerinnen und Schüler 32 Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler zur Corona-Krise 38 Sonderwoche Vorstellung der Projektwoche «Leben wie vor 100 Jahren» 46 Prorektorat Wechsel im Prorektorat – unter ungewöhnlichen Umständen 48 Unsere Abschlussklassen Unsere Abschlussklassen und ihre Berufsziele 52
Editorial umkommt. Selbst Bildungsinstitutionen, die, politisch gesteuert, nicht immer nur besonders agil unterwegs sind, haben sich blitzartig bewegt – und wie! Dass das Kanti-Jubiläum sich dabei förmlich in Luft auflöste, weil Corona neben sich keine weitere Hauptrolle duldet, war un- vermeidbar. Die Zeitungen waren in den vergangenen 3 Monaten deutlich dünner, weil beispiels- Editorial weise auch der Sport- und der Kulturteil fast vollständig fehlten. Dafür nahm die Berichterstattung über die globale Coro- na-Ausbreitung überproportional zu. Es war fast unmöglich, sich den täglichen Wollten wir 2020 nicht etwas feiern? Updates zu entziehen, so unmittelbar Tatsächlich sah es ziemlich lange ganz waren wir alle betroffen. Corona und der gut aus, dass ich mein Editorial zu ei- Umgang damit haben viel mit Reife zu nem runden Geburtstag würde schrei- tun, der Reife einer Gesellschaft oder ben können. Nicht zu Beethoven oder eines Staates. Wie verhalten wir uns in über die erste Playstation, welche die einer so unerwarteten Situation, die für Digitalisierung vor 25 Jahren in viele die Schülerinnen und Schüler genauso Kinderzimmer gebracht hat, sondern neu ist wie für uns Eltern oder für die zum Jubiläum der KSW, unserer Schu- Grosseltern? Das Ziel der gymnasialen le. Sie ist im April 2020 still und leise Ausbildung einer «umfassenden und ver- 50 geworden. Das Schuljahr begann tieften Gesellschaftsreife» gewinnt dabei in den 70er-Jahren noch im Frühling, eine ganz neue Bedeutung: Es ist be- wir älteren Semester erinnern uns be- eindruckend, mit welch professioneller stimmt. Einstellung und Gelassenheit sich die Schülerinnen und Schüler wie auch die Und nun sehe ich mich von einer ganz an- Lehrpersonen auf das neue Setting des deren Realität eingeholt, einer, die nichts Fernunterrichts eingelassen und – bei auslässt, der sich keiner entziehen kann allen Schwierigkeiten – das Arrangement und die alles, was vorher planbar und gemeistert haben. Hierfür möchte ich verlässlich schien, von heute auf morgen ihnen ein riesengrosses Dankeschön auf den Kopf gestellt hat. Ein Jubiläum aussprechen und ein ebensolches ist Corona nicht, im Gegenteil. Corona ist Kompliment machen. Ich kann einen ein Ereignis, das hoffentlich das bleiben gewissen Stolz nicht verbergen, dass wird, was Naturwissenschaftler üblicher- es uns gelungen ist, vom Freitag, 13. (!), weise als Singularität bezeichnen würden, so nahtlos auf den Montag, 16. März, auf und um das 2020 so leicht keiner her- den Fernunterrichts-Modus umzustellen.
Als besonders herausfordernd hat sich – könnte aus schulischer Perspektive der wenig überraschend – die Kommunikation eine oder andere Vorbehalt platziert wer- herausgestellt. «Cogito ergo zoom», war den. Nicht immer schienen die Massnah- eines der vielen Corona-Wortspiele, die men und Vorgaben in sich wirklich konsis- online kursierten. Wir haben zwar an der tent. Tanzen und andere Dienstleistungen KSW nicht gezoomt, sondern mit «teams» gingen im Mai plötzlich wieder ganz ohne konferiert – die St.Galler Datenschutzvor- Abstand, im Unterricht dagegen, wo das gaben sind gnadenlos – aber ums Denken Publikum nicht täglich wechselt und sys- kam während der ganzen Corona-Fern- tembedingt Präsenzlisten geführt werden, unterrichtszeit weiterhin keiner herum, es sollte das nicht gehen? Na ja, Politik ist 4 brauchte dafür sogar mehr Eigenverant- die Kunst des Machbaren und die Coro- wortung, Selbständigkeit und (Selbst-)Re- na-Politik eine Gratwanderung zwischen Editorial flexion als in normalen Unterrichtszeiten. rationaler Wissenschaftlichkeit und politi- scher Verantwortung. Krisen bieten immer auch Chancen. Sin- gularitäten ist eigen, dass undefinierte Und wie war das noch mit den Jubilä- Zustände Raum und Potenzial für Ver- en? Singulär sind die ja immer auch. Wir änderung schaffen. Fernunterricht so flä- freuen uns nun erst einmal auf ein neues chendeckend und radikal zu erproben, Schuljahr mit möglichst viel Normalität, wäre in normalen Zeiten nur schwerlich das, bei aller Unsicherheit, im Zeichen möglich gewesen. In Corona-Zeiten ist des Kanti-Jubiläums steht: Das Jubilä- eben manches «etwas anders». Das umsmusical «Chance» werden wir im zeigte sich immer wieder in der Art der Frühling 2021 zur Aufführung bringen, Kommunikation. Wenn das Gegenüber und wir freuen uns schon jetzt, die Jubi- plötzlich nicht mehr am selben Tisch läumskonzerte von il mosaico und der Big sitzt, leidet die Interaktion darunter. Die Band auf grosser Bühne zu geniessen. Reaktion darauf ist der Not gehorchend Und nicht zuletzt freuen wir uns auf das, meist technischer Natur. Es ist bezeich- was Schule, Forschung und Bildung aus- nend, dass ich phasenweise drei bis vier macht: die intensive und persönliche Aus- Video-Clients auf meinem Laptop instal- einandersetzung mit anderen Menschen, lieren musste, um mit allen internen und mit Wissen, Thesen und Meinungen. In vor allem externen Anspruchsgruppen einer Schule, die wieder ein Schulhaus adäquat kommunizieren zu können. hat und wo man sich trifft. Corona darf gerne in die Geschichtsbücher als singu- Bundesrat und BAG waren in der Krise läres Ereignis des ersten Halbjahres 2020 auf allen möglichen medialen Kanälen eingehen, Wiederholungen – nicht nötig. stets präsent. Die Kommunikation darf insgesamt als vorbildlich bezeichnet wer- ■ Martin Gauer, Rektor den, Koch und Berset sei Dank. Inhaltlich
5 Chronologie der Ereignisse Wiedereröffnung der Schule Anfang Juni mit Hindernissen und neuen Regeln: Abstand halten!
6 Chronologie der Ereignisse Damals im Frühling 2020 – Chronologie der Ereignisse Das Corona-Virus zwang die Schulen weltweit, ihre entstanden. Das St. Galler Gesundheitsdepartement rief Tore für Wochen und gar Monate zu schliessen. Noch dazu auf, die neuen Hygienemassnahmen (regelmässi- nie seit dem Zweiten Weltkrieg wurde die Organi- ges Händewaschen, in Ellenbogen niesen, kein Hände- sation unserer Bildungsstätten innerhalb so kurzer schütteln, Räume lüften etc.) zu beachten. Zeit derart auf die Probe gestellt. Im Falle der Kan- Anfang März und nach den ersten Corona-Fällen in der tonsschule Wattwil dauerte das Lichterlöschen fast Schweiz wurden diese Massnahmen um das «Social drei Monate und stattdessen erhellten in hunderten Distancing» erweitert, welches an Schulen aber nicht gut Zimmern bei den SchülerInnen zuhause die matten umsetzbar war (zwei Meter Abstand halten). Die Lage Bildschirme schemenhaft ihre Räume. spitzte sich auch hier zu. Rektor Martin Gauer sah sich gar veranlasst, neben vielen anderen Corona-Mailnach- Im Folgenden ein Rück- und Überblick über Massnah- richten die SchülerInnen aufgrund der Ernsthaftigkeit der men und Ereignisse in diesem Frühling im Jahre 2020, Lage davor zu warnen, Fake-News zu verbreiten, wie das in dem an der Schule nichts so war wie sonst: an anderen Schulen in der Schweiz geschehen war und für Verunsicherung gesorgt hatte. Unsere Schülerschaft Ende Februar 2020 erreichten die ersten Verhaltens- und schien sich jedoch des Ernsts der Lage bewusst zu sein. Hygieneregeln auch die Kantonsschule Wattwil. Kurz Die Schlangen vor den Waschbecken wurden länger, davor war in Norditalien ein europäischer Hotspot des die Desinfektionsmittel in den WC-Anlagen leerten sich. neuartigen Coronavirus, von dem man schon seit An- Schülerinnen und Schüler wurden auch mal wegen eines fang Jahr etwas gehört hatte (Wuhan, China, weit weg), Hustens nach Hause geschickt.
In der zweiten Märzwoche flatterten dann in mindes- Geschäfts- und Privatleben durch Notverordnungen des tens täglicher Kadenz Mitteilungen und Updates aus Bundesrats. Für die Schule bedeutete dabei die Absage der Schulleitung in die elektronischen Briefkästen. Diese sämtlicher Lager und ähnlicher Veranstaltungen bis zu Woche war, je länger sie sich dem Wochenende zuneigte, den Sommerferien das vorläufige Ende der dramatischen desto mehr von einer Art «Untergangsstimmung» ge- Phase. Ende Monat beruhigte sich die Mailflut allmäh- prägt. Im Laufe der Woche begannen angrenzende Län- lich und Lehrpersonen und Lernende arrangierten sich der und auch vereinzelt Kantone damit, zur Eindämmung mit der neuen Situation und Unterrichtsform, die ihnen des Coronavirus ihre Schulen zu schliessen. Die Woche aufgezwungen worden waren. erfuhr dann ihren Kulminationspunkt am Freitagnach- mittag, als eine Pressekonferenz mit vier anwesenden Aufgrund der Verlängerung des sogenannten «Lock- Bundesräten auf die letzte Lektion in der Woche gelegt downs» und später der Ankündigung, dass der Unterricht wurde, als hätte sich unsere Landesregierung für den auf der Gymnasialstufe nicht vor dem 8. Juni wiederauf- dramaturgischen Höhepunkt am Wattwiler Stundenplan genommen werde, reagierte der Kanton St. Gallen und orientiert. An diesem Freitag, dem 13. März 2020, wur- strich alle mündlichen Vormaturitätsprüfungen, die im de beschlossen, dass sämtliche Schulen des Landes, August 2020 hätten stattfinden sollen, ersatzlos. Die also nicht nur die weiterführenden, sondern auch die Volksschule öffnete bereits zu einem früheren Zeitpunkt 7 Volksschule, bis mindestens zu den Frühlingsferien ge- (11. Mai) unter speziellen Vorgaben wieder. Kantonsschü- Chronologie der Ereignisse schlossen blieben. Klar war von Anfang an, dass die lerInnen konnten mit dem Fernunterricht naturgemäss Schulgebäude zwar geschlossen bleiben würden, der besser und offenbar recht gut umgehen. Unterricht aber weiterzugehen hatte. Lange blieb unklar, was mit den Abschlussprüfungen Ein derart geschäftiges Wochenende hatten wohl weni- der MAR- und FMS-Abteilungen geschehen würde. Ver- ge Lehrpersonen je erlebt. Die Lektionen mussten neu schiedene Szenarien wurden diskutiert und kolportiert. geplant werden, diverse Internetkanäle liefen heiss, der Ende April wurde es dann zur Gewissheit: Die Matura- Informatik-Support bot im Stundentakt seine Dienste an. und FMS-Abschlussprüfungen würden zwar stattfinden, Gar ein virtuelles Lehrerzimmer für die grosse Morgen- aber in abgespeckter Version. Der Kanton St. Gallen pause wurde eingerichtet, wo der virtuelle Kaffee zusam- strich die mündlichen Prüfungen, an den schriftlichen men geschlürft werden konnte. Da der Kanton St. Gallen hielt man fest. Dies war aber nicht überall so, den Kan- bereits seit drei Jahren auf flächendeckende Laptop- tonen stand es frei, selbst zu entscheiden. So hatte es klassen setzte, fiel die Umstellung im Rekordtempo im die EDK vorgeschlagen und der Bundesrat beschlossen. Vergleich zu anderen Kantonen und Schulstufen relativ leicht. 64 Stunden nach dem drastischen Regierungsent- An der Kantonsschule Wattwil konnten so in den ersten scheid ging der Unterricht an der Kantonsschule online zwei Juni-Wochen 2020 die schriftlichen Matura- und weiter. Arbeitsaufgaben wurden vergeben, Videokon- FMS- Prüfungen unter strikten Hygieneregeln in Halb- ferenzen abgehalten und vieles mehr. Die Lehrerschaft klassen durchgeführt werden. offenbarte ihre grosse Kreativität bei Unterrichtsmetho- den, die Schülerschaft zeigte Motivation und Durch- Nicht unglücklich war wohl mancher Schüler und manche haltevermögen. Flexibilität war bei allen gefragt. Die Schülerin über die abgesagten mündlichen Prüfungen, Schülerinnen und Schüler konnten aufgrund umsichtig aber dass die festliche Abschlussfeier und der Maturaball verteilter Arbeitsbelastung und unter Berücksichtigung gleichsam ins Wasser fielen, bedauerten viele sehr, da der Situation recht gut bei der Stange gehalten werden. ihre vierjährige Ausbildungszeit an der Kantonsschule so Nicht wenige Schüler und Lehrer, die nun im Homeoffice nicht gebührend gefeiert und gewürdigt werden konnte. arbeiteten, mussten parallel dazu nun auch ihre Kinder Dadurch werden ihnen aber die Corona-bedingt hekti- oder kleinen Geschwister betreuen, die ihrerseits auch schen letzten Wochen ihrer Schulkarriere und das bange nicht mehr in die Schule gehen konnten. Warten auf Entscheidungen aus der Politik in besonderer Erinnerung bleiben. In der Woche nach dem 13. März überschlugen sich die Ereignisse in Form von immer schärferen Regeln für das ■ Michael Boller, Geschichte & Deutsch
Querschnitt durch die Medienmitteilungen Vor allem in den Tagen nach der Schul- skurril an und werden dies wohl im zeit- schliessung im März und vor der Wie- lichen Abstand noch stärker tun. Aus deraufnahme des Präsenzunterrichts diesem Grund sind hier einige dieser an den Kantonsschulen im Juni wurden Entscheide zusammengestellt, damit viele Verordnungen, Infobriefe und Me- man sich auch in kommenden Jahr dienmitteilungen veröffentlicht, wobei (zehnt)en vielleicht ein Bild von dieser die Übersicht bei den sich teils schnell surrealen Zeit machen kann. ändernden Bestimmungen schon ein- 8 mal verloren gehen konnte. Bei den folgenden Texten handelt es sich jeweils um (kleine) Auszüge. Chronologie der Ereignisse Einige dieser Bestimmungen und Mit- teilungen muten bereits heute recht 13.März 2020 Medienmitteilung des Regierungsrates Kanton St. Gallen Schulschliessungen sind eine Notmassnahme: Sie kön- nen nur pragmatisch und mit gewissen Qualitätsein- bussen kompensiert werden. Grundsätzlich bleibt die Lern- und Lehrpflicht aber bestehen. Sie wird erfüllt, soweit es zumutbar ist. Auch der Unterricht der Schülerinnen und Schüler an den Mittel- und den Berufsfachschulen findet bis zum 4. April 2020 nicht mehr in den Klassenzimmern statt. Trotzdem müssen die Schülerinnen und Schüler ihren Lernprozess fortsetzen. In den vergangenen Tagen stand das Bildungsdeparte- ment bereits in intensivem Kontakt mit den Schulen, um die digitalen Möglichkeiten für Fernunterricht auszuloten. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Schulen auf solchen Unterricht gut vorbereitet sind.
16. März 2020 den Wochen – sofern sie sich gesund fühlen – unbedingt Infobrief des Gesundheits- und gemacht werden. Es werden sowohl für den Sport- als Bildungsdepartements auch für den Musikunterricht Konzepte ausgearbeitet, um den Unterricht mit Selbstlernsequenzen weiterfüh- des Kantons St. Gallen ren zu können. Schülerinnen, Schüler und Lernende aller Schulstufen werden ab sofort zu Hause Aufgaben lösen oder via Fern- Sportlehrpersonen sollen z. B. Trainingsprogramme und studium am Unterricht teilnehmen. «Sporthausaufgaben» zusammenstellen. Sport, insbe- sondere Krafttraining, Gleichgewicht und koordinative Die Lehrpersonen arbeiten im Schulhaus bzw. im Home Übungen können sehr gut zu Hause in einem Raum oder Office weiter. Die Schulleitung definiert die Aufgaben der noch besser im Garten an der frischen Luft absolviert Lehrperson für die Zeit der Unterrichtseinstellung. Sie werden. erstellen Übungs- und Lernmaterial. Sie stellen dieses den Schülerinnen und Schülern zu und betreuen den Können Schülerinnen und Schüler vergessenes Lernprozess über adäquate Kommunikationskanäle. Material an der Schule holen? 9 Ja. Sie werden gebeten, sich aus organisatorischen Grün- Die Verwaltungsmitarbeitenden sowie Hausdienste und den vorgängig bei Ihrer Schule zu melden. Die Schulen Chronologie der Ereignisse nicht unterrichtende Personen arbeiten in Absprache mit sind aufgefordert, das Vorgehen festzulegen und die der vorgesetzten Stelle / Schulleitung im Schulhaus oder Eltern sowie Schülerinnen und Schüler entsprechend zu von zu Hause (Home Office). Bei Arbeit an der Schule sind informieren. Auf jeden Fall ist darauf zu achten, dass die die Hygienevorschriften und Empfehlungen bezüglich Schülerinnen und Schüler gestaffelt und in Kleingruppen Benutzung des ÖVs zu beachten. das Material abholen. Sport, Bewegung und Musik bleiben wichtig und sollen von den Kindern und Jugendlichen auch in den kommen- 8. April 2020 Informationsbrief des Amts für Mittelschulen (AMS) zum Promotionsentscheid Am Ende des Schuljahres 2019/20 findet keine Promotion statt und folglich werden keine Zeugnisse erteilt. Die nächste Promotion für alle Schülerinnen und Schüler der aktuellen 1. bis 3. Klassen erfolgt Ende Januar 2021. Für die Promotion und die Erfahrungsnoten im Sommer 2021 sind die Noten des ganzen Schuljahrs 2020/21 massgebend. Somit zählen die Noten des 1. Semesters 2020/21 für zwei Zeugnisse. Vormaturitätsprüfung Die derzeitigen 3. Klassen des Gymnasiums müssten sich im kommenden Quartal auf die Vormaturitätsprüfungen in den Fächern Biologie oder Chemie oder Physik und Geschichte oder Geografie vorbereiten. Diese Fächer werden unmittelbar nach den Sommerferien mündlich geprüft. Da dies in der aktuellen Situation nur schwer möglich sein wird, entfallen diese Prüfungen ersatzlos. Für die Noten im Maturitätszeugnis zählen die Erfahrungsnoten (Zeugnisnote Sommer 2019 und Januar 2021).
30. April 2020 Rechtfertigung der Durchführung der schriftlichen Matura- und FMS-Prüfungen (AMS, St. Gallen) Die Prüfungen am Ende der Ausbildung sind ein we- in anderen Jahren auch – Zeit, sich im Selbststudium sentlicher Beitrag zum Maturitätszeugnis und ein wich- auf diese vorzubereiten. Durch den Wegfall der münd- tiger Schlusspunkt der Ausbildung für die Schülerinnen lichen Prüfungen werden die Schülerinnen und Schüler und Schüler. Mit der Durchführung der schriftlichen deutlich entlastet, denn die zeitintensive Literaturlektüre Prüfungen soll gewährleistet sein, dass die Maturitäts- in den Sprachfächern entfällt. Somit haben die Schüle- ausweise im Jahr 2020 gleichwertig sind zu jenen an- rinnen und Schüler ausreichend Zeit, allfällige Defizite derer Jahre. auszugleichen, welche sich aus dem Fernunterricht er- geben haben. Das konzentrierte und intensive Lernen auf mehrere 10 grosse Prüfungen, welche in einem kurzen Zeitfenster Würde der Maturitätsausweis ausschliesslich aufgrund durchgeführt werden, ist ein wesentlicher Bestandteil der Erfahrungsnoten und der Vormaturitätsnoten er- der Vorbereitung auf das Studium an einer Universität, teilt, wäre die Chancengerechtigkeit nicht gewährleistet, Chronologie der Ereignisse Hochschule oder Fachhochschule. da sich die Schülerinnen und Schüler vor Eintritt der besonderen Lage darauf eingestellt haben, dass sie die Die Schülerinnen und Schüler wurden im Fernunter- Noten des Maturitätszeugnisses mit den Schlussprüfun- richt auf die Prüfungen vorbereitet und erhalten – wie gen noch verbessern können.
29. Mai 2020 Schutzkonzept für die Mittelschulen nach Können bei einzelnen Unterrichtsarrangements die Dis- der Bekanntgabe der Wiederaufnahme tanzregeln ausnahmsweise nicht eingehalten werden und des Präsenzunterrichts (AMS, St. Gallen) dauert das Setting länger als 15 Minuten, ist das Tragen einer Maske für alle Beteiligten obligatorisch. Ab dem 8. Juni 2020 können die Mittelschulen wieder den Mit Ausnahme des Einzelunterrichts in Sologesang und in Präsenzunterricht aufnehmen. Voraussetzung dafür ist Chorproben wird im Unterricht nicht gesungen. In Chor-, das Vorliegen eines auf die jeweilige Bildungseinrichtung Gesangs-, Orchester- und Theaterproben sowie beim Ein- bezogenen und auf deren Gegebenheiten abgestimm- zelunterricht mit Blasinstrumenten und in Sologesang ist ten Schutzkonzepts, in welchem festgehalten wird, wie mindestens drei Meter Abstand einzuhalten. die Verhaltens- und Hygieneregeln des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) gewährleistet, umgesetzt und einge- Bis zu den Sommerferien finden keine besonderen Un- halten werden können. terrichtsveranstaltungen wie Schulreisen, Klassenlager usw. statt. Kein Händeschütteln, keine Umarmungen und Küsse. Vor dem Lift ist ein Schild anzubringen, wie viele Personen 11 Niesen und Husten in ein Taschentuch oder in die Arm- diesen gleichzeitig benützen dürfen. beuge. Chronologie der Ereignisse An den Eingängen zu den WC-Anlagen ist ein Schild an- Abstandsregeln einhalten: Zu anderen Personen ist zubringen, wie viele Personen sich gleichzeitig im Innern grundsätzlich jederzeit zwei Meter Abstand zu halten. aufhalten dürfen. Wo das nicht möglich ist, muss die Kontaktzeit mög- lichst kurz sein. Wenn die Kontaktzeit länger als 10 bis Die Anzahl der Personen in den Schulzimmern und Grup- 15 Minuten beträgt, sollen alle beteiligten Personen eine penräumen wird entsprechend den Platzverhältnissen Maske tragen. Eine Ausnahme gilt für die Klassen des soweit reduziert, dass die Distanzregeln eingehalten wer- Untergymnasiums und der 1. Stufe MAR. den können. Überzähliges Mobiliar wird nach Möglichkeit entfernt. Angeregte Unterhaltungen sind auf das Notwendige zu reduzieren. An Orten, wo es zu Menschenansammlungen bzw. Stau- situationen kommen kann, werden im Abstand von zwei Zur Reduktion der Mobilität im Schulhaus ist das Wech- Metern Bodenmarkierungen angebracht. seln der Schulräume auf das Notwendige zu minimie- ren. Wenn eine Klasse das Zimmer wechselt, werden die In Gemeinschaftsräumen werden Zeitschriften, Zeitun- Schülerarbeitsplätze gereinigt oder desinfiziert. Wenn die gen, usw. entfernt. Dies gilt auch in der Mediathek. Lehrperson das Zimmer wechselt, wird der Lehrerarbeits- Wo Dienst- oder Beratungsleistungen erbracht werden, platz gereinigt oder desinfiziert. bei welchen der geforderte Abstand nicht eingehalten Im üblichen Unterrichtskontext wird das Tragen einer werden kann, werden nach Möglichkeit Trennscheiben Hygienemaske nicht empfohlen. Die Schulen haben keine (Plexiglas) angebracht. generelle Abgabepflicht von Hygienemasken. Sie halten Medien sollen nach der Rücknahme 72 Stunden (3 Tage) aber für ausserordentliche Situationen Masken bereit. in Quarantäne bleiben. Das bedingt, dass sie während Das freiwillige Tragen einer selbst mitgebrachten Maske dieser Zeit in separaten, geschlossenen Behältern gela- ist erlaubt. gert werden (beschriftet mit Datum und Uhrzeit). Wenn Die Lehrpersonen halten bei interpersonellen Kontakten Medien mit geeigneten Oberflächendesinfektionsmitteln wann immer möglich einen Mindestabstand von zwei gereinigt werden, können Bücher auch ohne Quarantäne Metern ein. wieder ausgeliehen werden. Die Reinigung aller Seiten eines Buches ist nicht zweckmässig. In Räumen, in denen man sitzt (Schulzimmer, Sitzungs- zimmer, Gruppenräume, usw.) ist ein Abstand von zwei Die Gäste [von Mensen] sind daran zu erinnern, Tassen, Metern (4 m2/ Person) untereinander und zu den Lehrper- Gläser, Geschirr, Besteck, Flaschen und Essen nicht zu sonen einzuhalten. teilen.
12 Geschichte Die Corona-Pandemie aus historischer Sicht Im Jahr 2018 gedachte die Welt des Endes der «Urkata- Das Virus führt uns vor Augen, was schon für frühere strophe» des 20. Jahrhunderts, des Ersten Weltkriegs. In Seuchen galt: Krankheiten verbreiten sich so schnell, diesem Jahr kam auch ein Ereignis wieder ins Bewusst- wie ihre Träger sich fortbewegen können. Waren es im sein, das im selben Jahr sogar noch mehr Todesopfer Mittelalter Handelsreisende und Menschen, die auf Pil- forderte als die Kriegshandlungen in den vier Jahren zu- gerfahrt unterwegs waren, welche für eine aus heutiger vor: die «Spanische Grippe». In einem Zeitschriftenartikel Sicht langsame Verbreitung des «Schwarzen Todes» zu dieser Epidemie sagte der Leiter für Spitalhygiene am führten, so waren es gegen Ende des Ersten Weltkriegs Universitätsspital Basel, Andreas Widmer: «Ich bin über- die amerikanischen Soldaten, welche den Erreger der zeugt, dass es irgendwann wieder zu einer Pandemie tödlichen Grippe auf den Schiffen über den Atlantik und kommt.»1 Dass sich diese Aussage so schnell bestätigen schliesslich in die Enge der Schützengräben brachten. würde, hätte 2018 kaum jemand geahnt. Heute dauert es wenige Tage und Wochen, bis nach der Entdeckung der neuen Krankheit die Seuche zu In der Öffentlichkeit und in den Medien war und ist die einer globalen Bedrohung wird. Das Privileg der raschen Pandemie seit Monaten Dauerthema. Das Virus wird zum Fortbewegung mit allen möglichen Verkehrsmitteln und Feind ernannt, das es mit den Waffen der modernen Me- die Dichte des Austauschs über Ländergrenzen hinaus dizin zu bekämpfen gilt. Kriegsrhetorik verschleiert, dass und zwischen verschiedenen Kontinenten werden zum Viren und Bakterien zu unserer Lebensumwelt gehören. Problem. Ganz offensichtlich müssen wir wieder lernen, dass wir ein Teil einer Natur sind, zu der wir gehören, die aber Ereignisse wie die aktuelle Pandemie schaffen neue nicht uns gehört und die sich nicht beherrschen lässt. Begriffe: «Risikogruppen», «Vorerkrankungen». Sie zei- gen, dass Seuchen ihre Opfer in der Bevölkerung nicht 1 https://www.unispital-basel.ch/fileadmin/unispitalbaselch/Medien/ «gerecht» aussuchen. Traf die «Spanische Grippe» vor Medienspiegel/TPH0083_06_18_Ratgeber_Inhalt_RZ_spanische_ grippe.pdf (2020-06-06) allem junge Menschen, so stellt heute das Corona-Virus
in erster Linie für die ältere Generation ein potenziell sehr viel rationale- tödliches Risiko dar. Es droht die Gefahr einer Stigmati- re Sicht der Dinge. sierung von gesellschaftlichen Gruppen: Halbwüchsige, Forscher aus aller welche «Social Distancing» nicht konsequent einhalten, Welt können in stehen für eine rücksichtslose Jugend; ältere Menschen, Echtzeit miteinan- welche einkaufen gehen, werden pauschal zur sturen der die neuesten und uneinsichtigen Rentnergeneration. Erkenntnisse aus- tauschen. Wir wer- Wenn die Folgen der Corona-Krise zumindest in den den Zeugen aktu- Industrieländern bei weitem nicht das Ausmass der Ver- eller Forschung luste durch die «Spanische Grippe» erreichen, so verdan- und erfahren neuste Erkenntnisse. Gerade die Entwick- ken wir dies der besseren Gesundheitsversorgung und lung der Welt zum «Dorf» schafft allerdings auch neue den umfangreicheren Möglichkeiten, auf die Krankheit Probleme. Nicht nur die rasche Verbreitung des Virus, 13 zu reagieren. Die effizienteste Art der Vermeidung einer sondern auch der Unterbruch von Produktionsketten Geschichte Ansteckung ist allerdings über die Jahrhunderte hindurch bei wichtigen Medikamenten zeigen uns beispielswei- dieselbe geblieben: Abstand wahren, um eine Infizierung se die Kehrseite der Beschleunigung und Verkettung zu vermeiden. Bereits 1918 wurden die Schulen ge- von Prozessen. Gegenseitige Abhängigkeiten werden schlossen und durften Kulturveranstaltungen nicht statt- schmerzhaft spürbar. finden; in der mittelalterlichen Stadt wurden die Kranken in Siechenhäusern ausserhalb der Mauern untergebracht Sichtbar wird auch, in welch komplexen Systemen wir und mussten mit Geräuschen ihr Kommen ankündigen. uns bewegen. Politik und Gesellschaft werden mit zahl- reichen Dilemmas konfrontiert: Wie lässt sich die Macht Ist nicht auch der Wunsch nach einfachen Begründungen der Regierung in einer ausserordentlichen Lage mit den und raschen Lösungen über die Jahrhunderte ganz ähn- Grundgedanken von Demokratie und politischen Rech- lich geblieben? Mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse ten in Einklang bringen? Wie viel soll zentral vom Bund erwartete der mittelalterliche Mensch Erklärungen und gesteuert werden, wo sollen die Kantone als kleinere Abhilfe durch den Glauben und in der Kirche mit ihren Einheiten selber steuern können? Welchen Preis können rituellen Handlungen. In der heutigen säkularen Welt wird und wollen wir bezahlen, um der Krise Herr zu werden? von der Wissenschaft erwartet, dass sie Erkenntnisse Wie stark darf das Individuum in seinen Freiheiten ein- und möglichst bald einen wirksamen Impfstoff liefert. geschränkt werden, um die Unversehrtheit anderer und Auf dem Höhepunkt der Krise waren die Medien voll schwächerer Menschen zu garantieren? von Meldungen über die verschiedenen Ansätze bei der Erforschung eines wirksamen Mittels gegen das Wenn im Mittelalter Seuchen und der Tod von Menschen Covid-19-Virus. Vergessen ging dabei, dass die Wis- für andere Bevölkerungsgruppen eine Chance darstell- senschaft mittlerweile seit Jahrzehnten vergeblich nach ten, so wird auch die aktuelle Corona-Krise Impulse für einem Impfstoff gegen AIDS sucht. Entwicklungen bringen. Im Schulbereich hat beispiels- weise Fernunterricht Chancen und Grenzen der Digita- Exzesse wie die Vertreibung und Ermordung der Juden lisierung gezeigt. Wenn die Zahl der Neuansteckungen im Mittelalter bleiben uns Gott sei Dank heute erspart. unerwartet rasch gesunken ist, zeigt dies auch, wozu Verschwörungstheorien machen allerdings auch heute Gesellschaften mit einem hohen Individualisierungsgrad in den sozialen Medien die Runde, Personen aus der nach wie vor imstande sind. Und hoffentlich lernen wir Wissenschaft erhalten Drohbotschaften zugeschickt und nachhaltig, dass wir ein Teil der Natur sind und wir sie werden zu Sündenböcken erklärt. Immerhin sorgen Bil- eben nicht beherrschen können. dung und die Vernetzung in der globalisierten Welt doch bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen für eine ■ Urs Roemer, Geschichte
14 Erfahrungen der Lehrpersonen Der 13. März 2020 Lehrpersonen und Fachschaften äus- fühl des «Das-bekommen-wir-hin»! Ein sern sich zum Lockdown vom 13. März intensives Wochenende, eine digitale 2020 und schildern ihre guten und Lernkurve so steil wie der Anstieg der schlechten Erfahrungen mit dem Fern Covid-19-Infektionen und am Sonntag unterricht. kurz vor Mitternacht – geschafft, die Klas- senteams sind eingerichtet und die ersten 3-2-1 Lockdown! Weekly Assignments online. Meine Kinder kommen mit vollgepack- Jede Woche digital Neues ausprobie- ten Schulranzen nach Hause, mein Sohn ren, Audioaufnahmen, Audiofeedbacks, strahlt, meine Tochter hat Tränen in den Stream-en, Loom-en, Videokonferenzen Augen – mir dörfed nüme id Schuel – ein in allen Konstellationen – und zwischen- bewegender Moment. durch das Einmaleins erklären und kurz Was vor zwei Wochen noch undenkbar im Kochtopf rühren. war, ist plötzlich Realität: Kinder zu Hau- Aktuell im Zentrum ein Roman, in dem se beschulen, Englischunterricht digital Social Distancing ein Thema ist – ein li- weiterführen. terarisches Projekt, das bewegt und Dis- Ein «Gottseidank» für den zu Beginn kussionen entfacht, die trotz physischer des Schuljahres getroffenen Entscheid, Distanz Nähe schaffen. papierlos zu arbeiten und im Unterricht ganz auf OneNote zu setzen. Ein Ge- ■ Karin Bianchi, Englisch
Tücken und Gefahren der Technik nen Software-Fehler sieht, die auf einem Computer so Für das Wochenende vom 13. März habe ich mich auf vorkommen. Mit gespielter Hilfsbereitschaft bieten sie alles eingestellt. Nach dem Entscheid zum Fernunterricht einem an, gemeinsam diese Probleme zu lösen. Dazu habe ich noch einmal nachgeschaut, ob es aktuelle locken sie einen auf eine Webseite, über die sie kom- Office-Updates gibt, habe meinen Schreibtisch aufge- pletten Zugriff auf den Rechner des Opfers erhalten. räumt, mir eine neue Webcam zugelegt. Schliesslich Einmal im Computer drin, installieren sie im Hintergrund wollte ich gerüstet sein für die vielen Support-Anfragen irgendwelche Software oder verlangen, dass man sich von besorgten Kolleginnen und Kollegen, die übers Wo- ins E-Banking einloggt, damit sie selbst auf das Bank- chenende fit werden mussten mit «Teams», «OneNote» konto zugreifen können. und dem ganzen anderen technischen Kram. Und ich Mein Bekannter, ein sonst sehr besonnener, vorsichtiger hatte mir vorgenommen, auf jeden Fall ruhig zu bleiben und intelligenter Mann – hat Letzteres tatsächlich getan! und keinen entnervten Eindruck zu erwecken. Und dann Auf Geheiss des selbstdeklarierten Microsoft-Spezialis- war ich doch überrumpelt. ten hatte er sich in sein eigenes E-Banking eingeloggt, Am Samstag rief mich ein völlig verunsicherter Bekannter während jener Zugriff auf seinen Computer hatte und an und erzählte mir eine erst harmlos klingende Ge- alles mitverfolgen konnte! Ich konnte es nicht fassen, schichte. Er sei von einem Microsoft-Mitarbeiter angeru- als er mir das am Telefon erzählte. 15 fen worden, der ihm erklärt habe, er – mein Bekannter – Alle die kleinen Teams-Probleme, OneNote-Unsicher- Erfahrungen der Lehrpersonen habe ein Problem mit seiner Windows-Installation. «So heiten und Support-Anfragen, die dann in den nächsten gemein!», dachte ich für mich. Ausgerechnet an diesem Tagen von Kolleginnen und Kollegen der Kanti auf mich Wochenende, an dem sich alle auf ihre Home-Office, zukamen, waren verglichen damit Peanuts. Gelassen und Home-Schooling, Home-Was-auch-immer-Zeit vorbe- ruhig – und auch gar nicht entnervt – konnte ich mich um reiten, versuchen diese üblen Gauner ahnungslose Leu- all diese vergleichsweise kleinen Probleme kümmern. te abzuzocken. Denn die Masche der vermeintlichen Microsoft-Mitarbeiter kenne ich, und sie ist ziemlich ■ Emil Müller, Informatik hinterhältig. Der Anrufende führt einen auf dem eigenen Computer zu einem Programm, in dem man all die klei- Der Übergang zum Fernunterricht Ein Wechsel vom normalen Unterricht hin zu jenem aus der Distanz ist anspruchsvoll und hält einige Herausfor- derungen bereit. Doch die guten Neuigkeiten vorweg: An der Kanti Wattwil waren die Lehrpersonen wie auch die Schülerinnen und Schüler mit Office 365 bereits recht gut vertraut und insofern relativ gut vorbereitet auf diese grosse Herausforderung. Was die Schülerinnen und Schüler betrifft, so verhielt es sich folgendermassen: Die 1. bis 3. Klassen sind Laptop-Klassen, sie hatten bereits an Schulungen teil- genommen und verfügten über Erfahrung. So konnten wir uns nach der Schulschliessung auf einige der 4. Klassen konzentrieren, die – kurz vor ihrem Abschluss – auf Wunsch einen speziellen Support erhielten. Um den Übergang weiter zu erleichtern, hatte ich mit den meisten meiner Klassen den Fernunterricht in der Woche
vor dem Lockdown schon einmal durch- gezeigt, dass Fernunterricht den Un- gespielt. Dabei stand «Teams» im Vorder- terricht im Klassenverband keinesfalls grund, einerseits im Klassenverband, aber ersetzen kann. Es fehlt u. a. die direkte auch mit der Möglichkeit, sich innerhalb persönliche Interaktion mit einzelnen Ler- von Chat-Gruppen auszutauschen. nenden resp. der ganzen Klasse und das Für die Lehrpersonen bieten wir seit eini- praktische Arbeiten ist deutlich schwie- gen Jahren Office365-Schulungen an – so riger umzusetzen. Diese Dimension soll waren sie gut auf den Fernunterricht vor- und kann Fernunterricht auch gar nicht bereitet. Zusätzlich standen Emil Müller, ersetzen. Doch nun, wo die technischen Claudia Büsser, Leo Enk und ich zu Be- Hürden erfolgreich genommen wurden, ginn noch für individuelle Support-Fenster wird der Fokus zukünftig vermehrt auf in Wattwil zur Verfügung und haben Fra- didaktischen Aspekten liegen: Neben all gen via Teams und Mail beantwortet. Der den Nachteilen haben sich auch gewisse Zufall wollte es, dass eine Weiterbildung Vorteile ergeben, die durch die Erfahrun- zur Digitalisierung just vor dem Lockdown gen des Fernunterrichts beibehalten wer- 16 stattfand. Zudem hatte ich einen Leitfa- den könnten. den zu «Teams» erstellt und Ideen zum Erfahrungen der Lehrpersonen Fernunterricht via OneSchoolNotebook ■ Daniel Mächler, Biologie & ICT der Kanti Wattwil wie auch anderen Schu- len zur Verfügung gestellt. Wie weiter? Mithilfe von Teams, OneNote-Kursnotiz- büchern, Lernvideos und zusätzlichen Tools liess sich der Fernunterricht tech- nisch gut umsetzen. Es hat sich jedoch Teams-Leitfaden und Support-Ideen zum Fernunterricht bit.ly/3cqXpIR bit.ly/2ZRY3fx Schülerinnen während der Live-Schaltung. Dieses Bild diente jedoch lediglich zu Illustrations zwecken. Meist blieben die Schülerbildschirme schwarz, um das System nicht zu überlasten.
Digitaler Fernunterricht daheim Weiter weg und näher dran? trotz der Möglich- Wenig überraschend, hat die plötzliche Umstellung auf keit, das private digitalen Fernunterricht auch meine Semesterplanung Zimmer mit digi- komplett über den Haufen geworfen. Allerdings waren talen Hintergrün- wir als Schule wahrscheinlich besser aufgestellt als viele den abzudecken, andere, weil mindestens drei Jahrgänge unserer Schüle- gar nicht oder nur rinnen und Schüler einerseits schon mit Laptops ausge- zögerlich bereit, rüstet sind und andererseits, und das ist der eigentlich sich den anderen wichtige Punkt, schon sehr versiert im Umgang mit di- daheim vor der Kamera zu zeigen. Einige sind – wie auf versen Onlinetools sind. So war es technisch nicht unbe- den Screenshots, die hier mit dem Einverständnis der 17 dingt schwierig, den Unterricht in den digitalen Raum zu Schülerinnen und Schüler wiedergegeben werden, zu Erfahrungen der Lehrpersonen verlegen. Es zeigte sich aber, dass die Zusammenarbeit sehen ist – kreativ und humorvoll mit der unvertrauten zwischen mir und der Klasse wie auch zwischen den Situation umgegangen, andere mit grosser Selbstver- Schülerinnen und Schülern untereinander nicht zuletzt ständlichkeit, viele haben dann doch lieber nur via Au- darum herausfordernd war, weil es dabei gleichzeitig ein dio diskutiert. Trotzdem – oder vielleicht auch ein biss- Zuviel an Distanz und ein Zuviel an Nähe gibt. Die räumli- chen deswegen – war ich in den meisten Fällen wirklich che Distanz eliminiert auf der einen Seite die persönliche begeistert davon, wie konzentriert und produktiv die Interaktion weitgehend und damit auch die Möglichkeit, aufgenommenen Diskussionen waren, manchmal fast direkt auf Gesagtes zu reagieren, an Gesichtsausdrücken besser als im Klassenzimmer. Ich wünsche mir natür- Interesse, Erstaunen oder Zögern ablesen zu können. lich, meine Schülerinnen und Schüler bald wieder ganz Auf der anderen wie gewohnt im Klassenzimmer zu sehen, ich kann mir Seite sind plötz- aber durchaus vorstellen, dieses Diskussionsformat auch lich die Mitschü- einmal im regulären Unterricht einzubauen, weil so alle lerinnen und Mit- die Möglichkeit haben, sich sehr aktiv in Diskussionen schüler über die einzubringen und diese Möglichkeit von den meisten Laptopkamera auch genutzt wird. direkt im eigenen Zimmer, also viel ■ Sascha Marchetto, Englisch näher, als einem vielleicht lieb ist. Noch schlimmer Die Distanz zwischen Frühstückstisch natürlich die Hor- und Schulzimmer rorvorstellung, die Lehrerinnen und Lehrer, wenn auch Die Distanz zwischen Zmorgetisch und Schulzimmer nur virtuell, plötzlich im eigenen Zimmer zu haben. Genau war noch nie so kurz – kaum zehn Schritte. Eigentlich das aber ist die Stärke und Schwäche der eingesetzten viel zu wenig, dass der Kopf von Familie auf Schule Onlinetools, wie hier auf den Bildern – TEAMS. umschalten kann. Ich habe meine Klassen z. B. in Teamskanälen miteinan- Und schon geht es los mit der ersten Schulstunde. Ein der Literaturfragen in Vierergruppen diskutieren lassen «Guten Morgen» an vier (später neun) neutrale, schwarze und sie mussten sich dabei aufnehmen. Ich hatte den Vierecke. Ob alle da sind, sieht man nicht, man muss es Schülerinnen und Schülern immer nahegelegt, dafür die kontrollieren. Aber es sind alle pünktlich da, die Zuver- Kamerafunktion und nicht nur den Ton einzuschalten, lässigkeit der Schülerinnen und Schüler ist gross. Ob weil das die Interaktion sehr erleichtert. Viele waren aber, sie allerdings noch verschlafen im Pyjama oder schon
hellwach dasitzen, entzieht sich meinem wer auf eine frühere Wortmeldung Bezug eingeschränkten Teams-Horizont. nehmen möchte, schickt ein Smiley mit Später erkläre ich meinem (geteilten) dem Namen der Person, zu deren These Bildschirm Mathematik. Kein Blick in die er oder sie Stellung nehmen möchte. So Klasse, der mir zeigt, ob etwas davon konnte ich den einzelnen Schülerinnen ankommt, kein Nicken, kein fragender und Schülern jeweils mündlich das Wort Blick. Bestenfalls eine Wortmeldung: «Ich erteilen und gewährleisten, dass immer hätte da noch eine Frage …» Nie kommt nur jemand aufs Mal spricht. der Moment, in dem man zusehen kann, Wir probierten in diesen Wochen des 18 dass jemand einen komplizierten Sach- Fernunterrichts Verschiedenes aus: Grup- verhalt durchdacht hat und nun plötzlich pendiskussionen in zwei Halbklassen, die Erfahrungen der Lehrpersonen versteht – wohl das Salz in der Suppe des von Schülerinnen und Schülern geleitet Mathelehrers. wurden, Referate per Videokonferenz, ein In dieser Ausnahmesituation hat der Fer- Peerfeedbacksystem zu Aufsätzen, aber nunterricht gut funktioniert. Aber wenn auch die Lektüre von schweren Texten wie das der Dauerzustand im Beruf des Mit- die Antigone von Sophokles, die die ers- telschullehrers wäre, dann weiss ich nicht, ten Klassen sich über Teams zu zweit Satz ob ich ihn ergriffen hätte. für Satz erarbeiteten, während ich mich in die einzelnen Gruppen einklinkte, um ■ Hanspeter Stutz, Mathematik ihnen weiterzuhelfen. Ich bin den Klas- sen sehr dankbar für ihre Ideen, für die rege Beteiligung an den Diskussionen und Deutsch aus der Küche überhaupt für die riesige Kooperation. 16. März, Montagmorgen. Lockdown. Der Unterricht steht und fällt meiner Er- Mein Küchentisch sah sich über Nacht in fahrung nach jedoch mit der Beziehung ein Schulzimmerpult verwandelt. Einziger zu den Klassen. Diese Beziehung durch Vorteil für mich: Der Kaffee steht immer in die schwarzen Vierecke auf meinem Bild- Reichweite. Das Wochenende davor hatte schirm über die virtuellen Lüfte hinweg zu ich mir den Kopf darüber zerbrochen, wie pflegen, ist für eine kleine Weile zwar mög- ich die angefangenen Buchbesprechun- lich, bedarf aber sehr grosser Anstrengun- gen per Videokonferenz mit über 20 Per- gen, denn meine Küche und der Computer sonen weiterführen sollte. können ein Schulzimmer nicht ersetzen. In meiner Not fragte ich die Schülerinnen Ich freue mich sehr darüber, endlich wie- und Schüler um Rat und wir entwickelten der in die Gesichter meiner Schülerinnen gemeinsam ein ganz einfaches, aber recht und Schüler blicken zu dürfen. praktikables System: Wer sich melden will, schickt im Besprechungschat ein Smiley, ■ Elisabeth Engi, Deutsch
und schauen mir vom Sofa aus zu? Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, dass nur ab und zu Sportlektionen live stattfinden. Eine grosse Chance des Fernunterrichts ist es auch, sich dann bewegen zu kön- nen, wenn es einem am ehesten entspricht. Das strenge Workout muss ja nicht zwingend in den Lektionen 1 und 2 stattfinden, sondern lässt sich auf den Abend verschie- ben. Oder ich kann zusammen mit der Schwester joggen gehen, was eindeutig mehr Spass macht. @selberverantwortungübernehmen 19 Selbständigkeit und Eigenverantwortung werden gefor- Erfahrungen der Lehrpersonen dert und auch gestärkt in dieser Lockdown-Phase. Nebst der Tageszeit soll auch das Trainingsprogramm zwischen- durch bewusst selber gewählt werden können. Neben vorgegebenen Ausdauer- und Krafteinheiten soll jeder und jede für sich das auswählen, was ihm oder ihr entspricht. Wer nicht gerne joggt, geht Mountainbike fahren, wer nicht gerne Kraftübungen macht, hält sich mit Yoga fit. Alle Aktivitäten sollen zur Überprüfung mithilfe von Protokollen Sportunterricht at Home via Teams – festgehalten und dokumentiert werden. Nach der Matura Chancen und Möglichkeiten wird es nur noch dieses selbständige Bewegen geben. Keine Sportlehrerin treibt mich mehr an, ich muss selber @Sportimwohnzimmer zu mir und meinem Körper schauen. Nun kann ich dies Das Sportrepetoire ist in diesen Tagen enorm einge- bereits einmal für ein paar Wochen austesten. schränkt. Was lässt sich da noch an Bewegung aus- führen, alleine und mit wenigen Quadratmetern freiem @nichtstun Platz? Da während 10 Wochen ein abwechslungsreiches Wirkliche Kontrolle haben wir Sportlehrpersonen nicht Angebot zu bieten, ist nicht einfach. Immerhin gibt es über die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler, trotz fast unendlich viele Varianten von Kraft-, Stretching- und zugeschickten Screenshots, ausgefüllten Protokollen Mobilisationsübungen, welche sich auf kleinem Raum und gelegentlichem Vorzeigen via Video. So kann es effizient ausführen lassen. Zusätzlich sollen gewisse Trai- sein, dass die eine oder der andere sich dazu entschie- nings, gerade im Ausdauerbereich, bewusst draussen in den hat, für einmal 2 bis 3 Wochen gar nichts körperlich der Natur stattfinden, dank Covid-19 wissen wir nun alle, Anstrengendes zu tun. Dies ist aber durchaus auch eine wie wichtig starke und gesunde Lungen sind. Einige von wichtige Erfahrung. Wie geht es mir dabei, physisch und uns finden auch beim Kelleraufräumen alte Sportgeräte, psychisch? Tut eine solche Passivität meinem Körper welche sich entstauben und wieder aktivieren lassen. gut oder merke ich, dass ich dadurch auch geistig träge werde? @machtüberhauptjemandmit Auf Teams die Vorturnerin zu machen ist gewöhnungsbe- dürftig. Ich sehe meine Schülerinnen und Schüler nicht oder höchstens vier aufs Mal. Schwitzen sie zusammen mit mir oder trinken sie gemütlich ihren Morgenkaffee
@Challenges Nebst vielen Einschränkungen gibt uns dieser Lock- down viel zusätzliche Zeit. Warum diese nicht nutzen, um mich an koordinative Herausforderungen zu wagen? Was wollte ich immer schon beherrschen? Ist es jonglieren, möglichst lange im Handstand stehen oder auf einer Slackline die Standwaage halten? Viele koordinative Fähigkeiten brauchen Zeit und kontinuierliches Üben, um erlernt zu werden. Diese Zeit haben wir nun durch den Lockdown erhalten. Daher ist eine weitere Aufgabe der Fachschaft Sport, verschiedene solcher Challenges auszuprobieren und zu meistern. Auch dies soll do- kumentiert und zwischendurch vorgezeigt werden, um 20 vorzuzeigen, was erreicht werden kann, wenn ich ein, zwei Monate daran arbeite. Erfahrungen der Lehrpersonen @kannichnochnicht Im Zusammenhang mit den Challenges sollen die Schü- lerinnen und Schüler erleben, dass es oft nicht heissen sollte «kann ich nicht», sondern «kann ich noch nicht». Sehr vieles kann ich mir beibringen, wenn ich die nötige Zeit und Ruhe dazu habe. Ausserdem macht es Spass und motiviert enorm, wenn etwas plötzlich klappt, nur weil ich es immer und immer wieder ausprobiert habe. @Abschlussklassensporttag Er ist der Anlass, dessen Wegfallen uns Sportlehrper- sonen am meisten schmerzt. Leider müssen wir die Abschlussklassen nun einfach so ziehen lassen. Der Sporttag in der letzten Schulwoche ist jeweils ein toller Anlass, um mit allen noch ein letztes Mal zusammen zu sein und in lockerer Atmosphäre Sport zu treiben. Er steht hier aber auch stellvertretend für alle anderen Sportanlässe an der Schule, die nun bis auf weiteres nicht stattfinden können. @Soziales Ein ganz wichtiger Aspekt des Sportunterrichts, das soziale Miteinander, fällt im Lockdown komplett aus. Ir- gendwann sind dann genügend Kilometer alleine gerannt und genügend Liegestützen gemacht. Daher freuen wir uns sehr darauf, bald wieder mit- und gegeneinander spielen und wetteifern zu können! ■ Sascha Kocher, Sport
Projekte für zuhause Der Hausrat in den Augen des Physikers Nachdem die ersten technischen Hürden des Fernun- terrichts gemeistert waren, konnte ich mich ganz auf die Didaktik stürzen. Als Herausforderung entpuppte sich dabei der Praktikums-Unterricht. Endlich die Ge- legenheit, die oft verlangte «Physik im Alltag» eins-zu- eins umsetzen zu können – welche Chance! Ein paar Ideen waren schnell geboren: zum Thema Reibung den «Reibungswinkel» auf der schiefen Ebene und damit den Haftreibungskoeffizienten einer Materialpaarung 21 bestimmen; anhand eines Cartesischen Tauchers das Erfahrungen der Lehrpersonen Thema Auftrieb vertiefen; die Elastizität von Spiralfedern Auswertung mittels linearer Regression. Trotz oder Gummibändern durch das Hooke’sche Gesetz be- limitierter Instrumentierung ein überzeugendes schreiben. Resultat. Ob sich diese Liste dann mit andauernder Homeschoo- ling-Phase weiter verlängern liesse …? Ich bin etwas skeptisch. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, bei Also machten wir aus der Not eine Tugend und dieses physikalischen Experimenten oft in Form mangelnder Manko gleich zum Thema: Experimentelle Kniffe wur- Ausrüstung des durchschnittlichen Haushalts. Es müs- den mit Interesse aufgenommen: das einmalige Wägen sen Massen bestimmt, Volumina gemessen werden – mehrerer identischer Massen, womit sich die eine grosse und dies lediglich mit dem Instrumentarium aus Küche Ableseungenauigkeit auf die einzelnen Gewichte verteilt. oder Heimwerkstatt! Mit Freude entdeckte ich in der Spielzeug-Ecke unse- Dem Messbecher aus re Boule-Kugeln, welche sich als identisches Set von meiner Küche gestehe präzise gefertigten Gewichten für das Experiment zum ich höchstens eine Prä- Hooke’schen Gesetz anboten. Die Schülerinnen und zision von 5 % zu, und Schüler setzten diese Tipps gekonnt um, wie die Fotos meine Küchenwaage zu ihren Praktikumsberichten beweisen. mit herkömmlichem Fe- Das Unterfangen hat auch innerfamiliäre Grenzen: Für das der- und Räderwerk, ist Experiment zur Elastizität lieh ich mir die Spiralfedern der für Massen unter 100 g Schreibtischlampe meines Sohnes aus – die in der Fol- vollkommen unbrauch- ge, ihrer Spannkraft beraubt, schlaff auf die Tischplatte bar. (Immerhin habe ich niedersank. Er wollte sie dann so schnell wie möglich eine; ich ging von der wieder zurückhaben. Möglicherweise gab es bei den falschen Annahme aus, Schülerinnen und Schülern zuhause ähnliche Zielkonflik- dass dieses Instrument te; ich sah Bilder von improvisierten Experimentierplätzen in jedem Haushalt vor- in elterlichen Arbeitszimmern und Werkstätten oder in der handen sei.) Küche. Ich hoffe aber, dass der Streifzug durchs Haus mit dem Fokus, ein physikalisches Experiment zu konzipieren und durchzuführen, lustvoll und horizonterweiternd war – Einmaliges Wägen von für die Lernenden wie auch ihre Mitbewohner. vier Boule-Kugeln reduziert die Messungenauigkeit entsprechend. ■ Daniel Erni, Physik
Biologie im Lockdown wegen Covid-19 Der Entscheid des Bundesrates zur Schulschliessung von Freitag, 13.März 2020, verlangte von allen Lehrper- sonen einen enormen Sondereffort! So galt es übers Wochenende sämtliche Unterrichtseinheiten für den Ein- satz im Fernunterricht aufzubereiten. Das «MS-Teams» der Fachgruppe Biologie lief so heiss wie noch nie. Für einmal dominierten Fragen zur Technik: «Wie mache ich einen Film aus einer Power-Point-Präsentation?», «Wie lade ich Schülerinnen und Schüler einer Klasse zur Vi- 22 deo-Besprechung via Teams ein?» Für das Vermitteln der Theorie stellte sich die Frage Erfahrungen der Lehrpersonen des technischen Kanals: Arbeitsaufträge verteilen, ein- Bereitstellung der Infrastruktur resp. «Home-Office» einer Lehrperson. sammeln, kontrollieren und kommentieren? – Vorlesung live per Videokonferenz? – Lernvideos drehen und auf OneNote oder Teams hochladen? – Videos über die samt Artemien-Zysten, Trockenhefe, Pflanzendünger und Plattform Nanoo.tv verlinken? Die meisten wählten einen Lebensmittelfarben an die SuS verschickt. Mittlerweile Mix. Damit verbunden war stets die Frage, wie man den schwimmen in manchen Stuben zu Hause Salzkreb- Stoff so aufbereiten soll, dass er auch digital interessant schen in PET-Flaschen herum, abhängig von den abio- und verständlich ist – alles Herausforderungen, die in tischen Faktoren Salz, Sauerstoff und Licht. Der Einstieg kurzer Zeit zu meistern waren. in die Ökologie ist geschafft – ganz analog! Michael Otto startete am Montagmorgen nach Lock- Eine andere Lehrperson setzte auf ein Projekt, bei dem down seine Biologielektion sogar gleich mit ganz vielen Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Experiment ent- Zuhörern, denn sein Einstieg in den Fernunterricht wurde wickeln und so durchtesten, dass es als «Praktikum vom Ostschweizer Radio mitgeschnitten und ausge- daheim» pfannenfertig umgesetzt werden kann. Weiter strahlt: «So, liebe Klasse, ich begrüsse euch in dieser galt es, selber Experimentideen mit Hypothesen und aussergewöhnlichen Situation. Wir werden sehen, wie Fragestellungen zu formulieren, diese weitgehend selbst- das Ganze zum Laufen kommt und wie es funktioniert – ständig daheim durchzuführen, alle Schritte zu doku- oder eben nicht.» mentieren und die Ergebnisse in einer Videopräsentation Schnell nahm in unserer Fachgruppe das Fachliche zusammenzufassen. wieder überhand. Wie organisieren wir unsere Halb- Trotzdem zeigte es sich – auch anhand von Schü- klassen-Praktika in Biologie im Fernunterricht? Ideen ler-Rückmeldungen – rasch, dass die Möglichkeiten für wurden konkretisiert und ausgetauscht. Für eine Klasse ein Bio-Praktikum zu Hause im Vergleich zur Infrastruktur wurde das SJW-Heft «Salzkrebschen» bestellt und mit- an der Schule natürlich sehr limitiert sind. Trotz vielen positiven Erlebnissen freuen wir uns darauf, unseren Schülern und Schülerinnen wieder physisch im Unterricht begegnen zu können und gerade im Praktikum die Begeisterung für lebende Organismen wieder live sehen, erleben und teilen zu können. ■ Die Fachschaft Biologie
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