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Der Offizier • Nr. 3/2012 • Zeitschrift der Österreichischen Offiziersgesellschaft Titelbild: BMLVS/Hammler „Ich selbst habe meine Haltung zur Wehrpflicht immer wieder erläutert – nicht geändert …“
Ef Advert2010CampaignDraftFlags_Layout 1 29.08.12 15:40 Seite 2 Exzellenz hat einen Maßstab. www.eurofighter.com Der Eurofighter Typhoon: Das höchstentwickelte Mehrzweckkampfflugzeug der neuesten Generation – weltweit. Perfekt vereint er die größten Stärken Europas führender Luftfahrt- und Verteidigungsunternehmen. Der so erzielte technische und industrielle Mehrwert kommt jeder unserer Kundennationen zu Gute. Beim Design des Eurofighter Typhoon haben wir uns auf ein bewährtes Programm zur Technologieintegration verlassen und so eine offene Plattform für industrielle Partnerschaften, gemeinsame Entwicklungsarbeit und kostengünstige Logistiklösungen geschaffen. nothing comes close
I n h a lt Editorial 4 Brief des Präsidenten „… und die Österreicherinnen und Österreicher sind verantwortungsbewusste und mündige Bürger, 7 Bundesheer beendet Hilfseinsatz die einer Stimmempfehlung nicht bedürfen.“ Die An- T agesbefehl des Oberbefehlshabers wesenden beim Festakt zum Tag der Leutnante haben 8 Geballte Ladung für die Wehrpflicht es wohl verstanden: Der Oberbefehlshaber will sich in Eine Enquete inklusive Blick zum Schweizer keine Kampagne einspannen lassen. Die Würde des Nachbarn Amts und sein Amtsverständnis lassen das nicht zu … 12 Zumindest die Verunsicherung hat ein Ende chul-, Steuer- und Wehrpflicht sind S M indestens so klar verständlich war seine Botschaft, dass er seine Überzeugung von der Sinnhaftigkeit der Wehrpflicht nicht geändert Eckpfeiler unserer Republik habe. Im Gegensatz zum Verteidigungsminister, für 14 Die gesellschaftliche Bedeutung des den vor zwei Jahren auf demselben Platz zum gleichen Zivildienstes Anlass die Wehrpflicht ja noch in Stein gemeißelt war Der Salzburger Landesrettungskommandant und für den sie heute „mega-sinnlos“ ist. Aber das erhebt warnend seine Stimme macht eben den feinen Unterschied zwischen einem 16 Im Offizier zu Gast Staatsmann und einem Politiker aus, der auf der Su- Zehn Fragen an ein neues Mitglied der ÖOG: che nach Stimmen Jungerwachsener populistisch sei- Dr. Beatrix Karl, Bundesministerin für Justiz ne Überzeugung wechselt. So Letzterer überhaupt je 20 Darabos gegen Darabos, …? eine hatte. Wie es zumindest um das aussieht, was er Simmering gegen Kapfenberg war einst so innerhalb eines Jahres in Sachen Wehrsystem von Brutalität, aber war war das schon sich gegeben hat, kann man im Inneren dieser Ausga- 22 M ilitäraffinität und be nachvollziehen. N Moderner Fünfkampf icht nur der Oberbefehlshaber weist darauf Gedanken im Nachgang zu Olympia hin, dass unser Heer ziemlichen Reform- 24 Leserbriefe bedarf hat. Viele Fachleute bestätigen diese Notwen- digkeit, wurde doch die Umsetzung der Ergebnisse 25 Arnold Schwarzenegger is back der Zilk’schen Bundesheer-Reformkommission längst 26 Zwei Gastkommentare in der zu Grabe getragen. Als wir einst in einem Cover dar- Qualitätspresse gestellt haben, wie diese Reform „den Bach hinunter 28 CIOR-Summer Congress 2012 ging“, haben uns manche vermeintliche Reformge- winnler der Miesmache bezichtigt. Heute sitzen sie 30 Mediensplitter in den Sesseln ministerieller Führungsetagen vor den Trümmern ihrer Reformarbeit, an deren Scheitern aus Der Offizier ihrer Sicht freilich stets die „anderen“ Schuld waren. Impressum: Medieninhaber: Und wenn sie weiterhin meinen, ohne gesetzliche Österreichische Offiziersgesellschaft, Schwarzenbergplatz 1, A-1010 Wien Änderungen und ohne entsprechende budgetäre Be- Herausgeber und Chefredakteur: Bgdr i.R. Mag. phil. M. Gänsdorfer Erscheinungsort: Wien. deckung ihrem „wenig militäraffinen Reformminister“ Mitarbeiter dieser Ausgabe: Vorschub leisten und ohne seriöse Voraussetzungen Hptm HR Dr. E. Paulus; E. G. Dorfer; Dr. A. Werdenfels; die Flucht in ein theoretisches Berufsheer antreten zu Marketing: Dr. Franz Palla (palla.franz@aon.at) müssen, so ist ihr Scheitern wiederum vorprogram- Rechnungswesen, Rechts- und Steuerbelange: ObstIntD G. Langer Hersteller: miert. Nicht das ihrer militärischen Laufbahn frei- Ing. F. Feilhauer A-2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 1 lich … Fotos: Titelbild: BMLVS/Hammler; A. Bruckner; red, Urrisk Namentlich gezeichnete Beiträge müssen sich nicht mit der Redaktionsmeinung decken. Unaufgefordert eingesandte Beiträge bedeuten keine automatische Veröffentlichung. Internet: www.oeog.at • e-mail: deroffizier@oeog.at A m 20. Jänner 2013 wird unser Volk entschei- den, ob – wie Schiller einst schrieb – der Wahn ein kurzer und die Reu’ eine lange sein wird. Zulassungsnummer: 027033917M • ZVR-Zahl: 795014511 Dass die Chimäre vom billigen Berufsheer dann ein Offenlegung gemäß § 24 und § 25 Mediengesetz: Ende haben möge, Die Zeitschrift „Der Offizier“ befindet sich zu 100% im Eigentum der Österreichischen Offiziersgesellschaft, A-1010 Wien, Schwarzenbergplatz 1. Die Richtung der überparteilichen Zeitschrift ist durch die Statuten der ÖOG bestimmt und bezweckt Information in Wort und hofft Ihr Bild zu wehr-, verteidigungs- und sicherheitspolitischen Belangen. 3-2012 D e r Offizier
Der Präsident Brief des Präsidenten lagen – d. h. „Allgemeine Wehrpflicht Milizsystems im Rahmen einer umfas- mit Milizsystem“ für alle männlichen senden Landesverteidigung vor. Eine Staatsbürger mit der Möglichkeit, ei- Verfassungsmehrheit zur Änderung nen zivilen Ersatzdienst zu leisten. dieser Rechtslage ist nicht in Sicht. Zentraler Kern einer Reform ist neben Hinzu kommt das Bundes-Verfas- der ausreichenden budgetären Dotie- sungsgesetz aus dem Jahre 1955 über rung vor allem die Wiedereinführung die immerwährende Neutralität Ös- von Volltruppenübungen für einen terreichs. Dieses Gesetz stellt nicht Teil der Grundwehrdiener auch nach nur Verfassungsrecht dar, sondern ist dem Präsenzdienst. Vorbilder für funk- durch Notifikation an fast alle Staaten Sehr geehrte Damen und Herren! tionierende Armeen mit Allgemei- der Welt seit langem ein internationa- ner Wehrpflicht sind in Mitteleuropa ler völkerrechtlicher Vertrag. Eine Än- Das Österreichische Bundesheer Norwegen, Finnland und die Schweiz. derung dieser verfassungsrechtlichen hat Tausende Profis. Das einzige, was In der Bundesrepublik Deutschland und völkerrechtlichen Situation ist nicht professionell ist, ist die derzei- und in Schwe- nicht absehbar. tige politische Führung dieses Heeres. den ist durch die Dies bedingt Bundesminister für Landesverteidi- Abschaffung der Das einzige, was nicht allerdings die gung Mag. Norbert Darabos konnte bis vor kurzem hoffen, als „180°-Grad- Wehrpflicht die Situation leider professionell ist, ist die Einhaltung der völkerrecht- Wendehals-Minister“ in die Geschich- sehr kritisch ge- derzeitige politische lichen Pflichten te einzugehen. Er hat eine für ihn „in worden. Demo- eines Neutralen, Stein gemeißelte“ Allgemeine Wehr- kratiepolitisch Führung dieses Heeres. nämlich Bünd- pflicht verlassen und sich zum Be- denkende EU- nisfreiheit und rufsheer bekehrt. Nun möchte er als Bürger sollten es eigene, ausrei- Bundesminister für Landesverteidi- für problematisch halten, wenn wir in chende Verteidigungsanstrengungen. gung auch dann weitermachen, wenn näherer Zukunft nur mehr in Russ- Die Alternative, nach Abschaffung der am 20. Jänner 2013 die Volksbefra- land, Indien, China und der Türkei Neutralität der NATO beizutreten, ist gung für die Allgemeine Wehrpflicht Staaten mit Allgemeiner Wehrpflicht eine Option, die die österreichische ausgeht. Er würde damit endgültig hätten. Bevölkerung in ihrer großen Mehr- zum „360°-Grad-Wendehals-Minis- heit ablehnt. ter“. Eine derart gefährliche Übung, Die Österreichische Offiziersge- an der sich sogar ein Uhu das Genick sellschaft sieht staatspolitische bzw. Die verfassungsgesetzlichen Kern- brechen würde, ist für einen österrei- staatsrechtliche, wehrpolitische und aufgaben der Landesverteidigung sind chischen Minister offensichtlich völlig moralische Argumente für die Beibe- neben der Aufrechterhaltung der ter- problemlos. haltung der Allgemeinen Wehrpflicht ritorialen Souveränität nach wie vor in Österreich. die ebenso wichtigen Assistenzaufga- Nun zum sachlichen Gehalt der ben im Inland, nämlich Grenzsiche- bevorstehenden Volksbefragung! Die Zunächst zu den staatspolitischen rung, Schutz kritischer Infrastruktur Österreichische Offiziersgesellschaft bzw. staatsrechtlichen Argumenten: („Objektschutz“) sowie sehr zentral fordert seit Langem eine Reform des Unsere Bundes-Verfassung sieht die Hilfe in Katastrophenfällen außer- Österreichischen Bundesheeres auf Ba- noch immer die Allgemeine Wehr- gewöhnlichen Umfanges. Alle diese sis der verfassungsgesetzlichen Grund- pflicht nach den Grundsätzen eines Einsatzaufgaben, die nicht nur recht- D e r Offizier 3-2012
Der Präsident lich, sondern auch tatsächlich gege- reicht ausschließlich für kleinere Aus- allen Berufsarmeen drastisch ab. Die ben sind, erfordern im Anlassfall sehr landseinsätze. politische Absicht, in der deutschen hohe Mannstärken, die mit einem Be- Bundeswehr 8,5 Milliarden Euro rufsheer in Österreich nie erreichbar Im derzeit laufenden Pilotversuch einzusparen und aus 45.000 Interes- sein werden. Es darf daran erinnert des Ministers sollen je 115 Pioniermi- senten pro Jahr tausende Zeitsoldaten werden, dass die Schweizer Armee im lizsoldaten in zwei Pionierbatallionen, auswählen zu können, ist kläglich ge- Jahre 2011 mit nahezu 7.000 Solda- die ihre Übungspflicht noch aus der scheitert. Derzeit werden in der BRD ten eine Sicherung nur des Flughafens Allgemeinen Wehrpflicht mitgebracht bis zu 3 Milliarden Euro zusätzlich Zürich-Kloten geübt hat. haben, plötzlich in die Werbung zusätzlich 5.000 Deutschland ist NATO- von Freiwilli- Nun zu den wehrpolitischen Ar- Euro pro Jahr gen gesteckt. gumenten, die für die Beibehaltung Prämie bekom- Mitglied und hat Gleichzeitig gibt der Allgemeinen Wehrpflicht spre- men, wenn sie es in Deutsch- chen: Seriöse und, wie ich meine, sehr jährlich üben Anspruch auf Beistands land jetzt nur sparsame Berechnungen im General- statt alle zwei mehr 33.000 stab haben schon vor zwei Jahren er- Jahre. Das ist verpflichtung! Bundesfreiwil- geben, dass ein Berufsheer in Öster- grotesk. Jeder ligendienstleis- reich als Minimum ein Jahresbudget nimmt für dieses Zusatzgeld notfalls tende statt vorher 99.000 Zivildiener. von 2,6 Milliarden Euro verlangt. In Urlaub und hat seine Übungspflicht In Bayern, mit traditionell guter Ar- diesem Zusammenhang ist interes- schneller absolviert als geplant. Dieser beitsmarktlage und guten Chancen sant, dass bereits der Vorsitzende der Pilotversuch kann nichts darüber aus- im Zivilberuf, sind die Nachwuchs- Bundesheerreformkommission, Alt- sagen, ob sich in Zukunft ohne Wehr- sorgen der Bundeswehrverbände be- bürgermeister Dr. Helmut Zilk, 1% pflicht 9.500 neue Zeitsoldaten mit sonders groß. In Schweden prozessie- des Bruttoinlandsproduktes als Hee- ausreichender Qualifikation melden ren 100 Militärärzte gegen ihre wei- resbudget gefordert hatte. Das wären werden. Diese Zeitsoldaten werden tere Dienstpflicht, weil sie nicht ein- damals bereits rund 2,8 Milliarden auf jeden Fall wesentlich teurer sein als sehen, warum sie dienen sollen, wenn Euro gewesen. Im Büro von Bun- Grundwehrdiener mit einem Taggeld alle anderen nicht einmal mehr zum desminister Darabos wurde verlangt, von rund 350 Euro pro Monat. Ein Grundwehrdienst eingezogen werden. die Zahlen auf das damals bestehen- wichtiger Aspekt ist auch, dass in einer Es wird auch in Österreich keinesfalls de Budgetniveau von 2,2 Milliarden Berufsarmee alle Soldaten verpflich- zumutbar sein, dass nach der Einfüh- Euro herunterzurechnen. Allerdings tet sein werden, jederzeit in gefähr- rung einer Berufsarmee die bisherigen stehen zur Zeit nach den von Dara- liche Auslandseinsätze zu gehen. Die Berufs- und Milizsoldaten plötzlich bos freudig begrüßten Einsparungen Berufsplanung dieser jungen Män- Auslandsdienstverpflichtungen haben nur mehr rund ner, die nach sollen. Völlig undenkbar ist, dass bis- 1,8 Milliarden spätestens sechs herige Milizsoldaten, die sich wäh- Euro Jahresbud- Wer soll das bezahlen? Jahren und un- rend der Allgemeinen Wehrpflicht get zur Verfü- vorhersehbaren gemeldet haben, weiterhin übungs- gung, davon al- Wer hat so viel Geld? Kampfeinsätzen und einsatzpflichtig bleiben. Die von lein mehr als 1,2 im Ausland ins Bundesminister Darabos immer wie- Milliarden Euro Personalkosten. Ein Zivilleben entlassen werden, bleibt der als leuchtende Beispiele genann- Berufsheer mit diesem Budget passt völlig unklar. Die Bildungsqualität der ten Berufsarmeen der westlichen Welt in maximal drei Stadionsektoren und einfachen Zeitsoldaten sinkt daher in haben bei den einfachen Zeitsoldaten 3-2012 D e r Offizier
Der Präsident großteils junge Burschen mit schlech- dungsniveau österreichischer Solda- bundeskanzler Helmut Schmidt und tem bis gar keinem Schulabschluss. ten im Vergleich zu anderen Armeen Helmut Kohl haben ebenfalls auf die Außerdem werden im großen Um- deutlich höher. In Österreich dienen Problematik von Berufsarmeen für fang einschlägig Vorbestrafte ange- Akademiker aller Sparten, Handwer- die Demokratie hingewiesen. Kriege worben. Dies stellt nicht nur eine un- ker, Gesellen und Meister aller Spar- werden wieder leichter führbar, die faire Ausbeutung sozial benachteilig- ten, die genauso wie kaufmännische Politik entscheidet sich leichter für ter Jugendlicher dar, sondern ist auch Berufe alle ihre zivilen Kenntnisse po- Kriegseinsätze, wenn sie nicht auf die ein moralisches Armutszeugnis und sitiv in die Armee einbringen. Diese Bevölkerung Rücksicht nehmen muss, soziale Schichtung verändert sich in vor allem, wenn sie keine Freiwilligen einer Berufsarmee sofort. Die Vor- für konkrete Einsätze anwerben muss. Die Kernaufgaben des teile des sozialen Lernens in der All- Bundesheeres liegen gemeinen Wehrpflicht, die Chance, Sehr geehrte Damen und Herren, mit allen Berufsschichten bekannt zu nur die Allgemeine Wehrpflicht si- nach wie vor im Inland werden und Netzwerke fürs Leben zu chert in einem Kleinstaat wie Öster- und erfordern hohe knüpfen, gehen verloren. Wenn der reich die Erfüllung sämtlicher Inlands- Grundwehrdienst derzeit mit viel zu aufgaben. Das gilt vor allem für den Mannstärken, die ohne vielen Einrückungsterminen schlecht Bereich der sicherheitspolitischen As- Allgemeine Wehrpflicht organisiert ist, ist dies nicht die Schuld sistenzleistungen wie Grenzsicherung, der Grundwehrdiener, sondern einer Objektschutz, Schutz kritischer Infra- nicht erreichbar sind. Politik, die nur auf vordergründige Ef- struktur, Sicherungsmaßnahmen bei fekthascherei aus ist. Flächenausfall von Strom, Gas und eine latente Gefahr für die Demokra- Wasser etc. Die kostengünstigste Lö- tie. Die jüngste Studie des deutsches Moralische Argumente sind nicht sung dieser Aufgaben ist es, Soldaten Bundeswehrverbandes zeigt, dass 75% in Mode, umso notwendiger erscheint kurz auszubilden und sie im Anlass- der Führungskräfte in der Bundes- es, die Moral nicht völlig unter den fall wieder einzuberufen, statt teure wehr kein Vertrauen mehr in die poli- Tisch fallen zu lassen: Seit dem ausge- Berufssoldaten ständig bereitzuhal- tische Führung haben und sich groß- henden Mittelalter über den 30-Jäh- ten, obwohl voraussichtlich nicht sehr teils nicht mehr zur Bundeswehr mel- rigen Krieg bis hin zur Französischen oft Einsatzszenarien auftreten. Mit den würden, wenn sie noch einmal die Revolution waren Jahrhunderte lang der Einführung einer Berufsarmee Wahl hätten. Viele raten bereits ihren Söldnerheere im Einsatz. Die deutsche würden 14.000 zum Großteil höchst Kindern ab, zur Bundeswehr zu ge- Nationalversammlung in der Paulskir- motivierte junge Zivildiener verloren hen. Über diese Entwicklung können che in Frankfurt am Main hat 1848 gehen. Die soziale Solidarität würde offizielle Beschönigungen nicht hin- unter anderem für die Allgemeine argen Schaden nehmen. Ein Berufs- wegtäuschen. Wehrpflicht und gegen ein Berufsheer heer ist teuer, politisch problematisch der Fürsten votiert und dies zweifel- und dient hauptsächlich den Interes- Die Armeen in Belgien, Ungarn los aus Gründen der Moral und Ge- sen jener Eliten, die robuste Einsät- und Slowenien sind so gut wie un- rechtigkeit. ze zur Lösung politischer Probleme sichtbar geworden. Mangels ausrei- im Ausland bevorzugen. Wie sehr die chender Mannstärken konnte bei der mehr oder weniger verlorenen Kriege Schlammkatastrophe in Ungarn kein Bob Herbert hat in der New York in Afghanistan und im Irak dem Wes- Heereskontingent mehr aufgeboten Times vor ca. zwei Jahren geschrieben, ten international vor allem auch mora- werden. dass die USA weder im Irak noch in lisch geschadet haben, sollte uns allen Afghanistan stünden, hätten sie noch bewusst sein. Die Kernaufgaben des Bundeshee- die Allgemeine Wehrpflicht und er Entscheiden wir uns daher am 20. res liegen nach wie vor im Inland und hat hinzugefügt, dass das Prinzip der Jänner 2013 für ein reformiertes Bun- erfordern hohe Mannstärken, die ohne Freiwilligenarmee den Rechtsstaat arg desheer mit allgemeiner Wehrpflicht. Allgemeine Wehrpflicht nicht erreich- beschädigt hat. Auch der erste Vertei- bar sind. Die bisher sehr angesehenen digungsminister von Barack Obama, Dienstleistungen österreichischer Sol- Robert Gates, hat sich durchaus kri- daten im Ausland werden teilweise zu tisch über die Entwicklung der Ein- über 50 % von Milizsoldaten erbracht. stellung der Soldaten in der US-Be- Derzeit ist das durchschnittliche Bil- rufsarmee geäußert. Die Herren Alt- D e r Offizier 3-2012
Einsatz Bundesheer beendet Hilfseinsatz Foto: www.bundesheer.at/Grebien St. Lorenzen, 12. September 2012 - Niederösterreich und der Steiermark den Heimweg. (aus einem Bericht www. „Pioniere, wie immer!“, riefen die 160 ziehen dieser Tage als Letzte ab und hin- bundesheer.at /Redaktion MilKdo St) Soldaten aus Melk und aus Graz zum terlassen ein beeindruckendes Werk. Abschied noch über den Hauptplatz Der Oberbefehlshaber des Bundes- von Trieben. Dann marschierten sie un- „Nehmen Sie vor allem das Bewusst- heeres, Bundespräsident Dr. Heinz Fi- ter tosendem Applaus der Menschen zu sein mit nach Hause, dass Sie hier Men- scher, erließ nach Beendigung einen Ta- ihren Fahrzeugen. Unter großer Anteil- schen Zuversicht gegeben haben und gesbefehl, in dem die beeindruckenden nahme der Bevölkerung wurde der Hilf- einer Region einen Neubeginn“, gab Leistungen unserer Soldaten gewürdigt seinsatz des Bundesheeres im oberstei- Oberst Ernst Trinkl vom Militärkom- werden. rischen Paltental beendet. Pioniere aus mando Steiermark den Soldaten mit auf Tagesbefehl Tagesbefehl des Herrn Bundesprä- keit eindrucksvoll unter Beweis und Soldatinnen und Soldaten für un- sidenten Dr. Heinz Fischer anlässlich seine Soldatinnen und Soldaten er- sere Mitbürger leisten, Dank und der Beendigung des Katastrophenhil- warben sich dabei höchsten Respekt Anerkennung für die erbrachten Leis- fe-Assistenzeinsatzes des Bundeshee- für ihre gewissenhafte und professio- tungen auszusprechen. res in der Steiermark. nelle Leistung. Gleichzeitig möchte ich Sie ersu- Ich darf festhalten, dass im chen auch weiterhin mit vollem Ein- Soldaten und Soldatinnen! Rahmen dieses Assistenzeinsatzes satz Ihre oftmals schwierigen und ge- Wehrpflichtige des Miliz- und Reserve- durch die eingesetzten Soldatinnen fahrvollen Aufgaben zu erfüllen, um standes! und Soldaten, davon mehr als 400 dadurch auch ein sichtbares Zeichen Angehörige der Heeresverwaltung! Grundwehrdiener, 125.000 Mann- zu setzen, dass das Bundesheer jederzeit Im Zeitraum von 22.06. bis stunden erbracht und neben vielen solidarisch an der Seite der Bürgerinnen 13.09.2012 standen rund 700 Solda- anderen Einsatzaufgaben, 28 Brü- und Bürger des Landes steht. tinnen und Soldaten des Bundesheeres cken, 15 Krainerwände und 23 in der Steiermark im Assistenzeinsatz, sogenannte Querwerke errichtet wur- Es lebe das Bundesheer der Repu- um der durch die schweren Unwet- den. blik Österreich! ter des heurigen Sommers zu Schaden Meine Damen und Herren, gekommenen Bevölkerung zu helfen. als Oberbefehlshaber ist es mir da- OTS-Originaltext Presseaussen- dung unter ausschließlicher inhalt- Das Bundesheer stellte da- her ein besonderes Anliegen, Ihnen licher Verantwortung des Aussenders. bei in bewährter Weise seine hohe allen, die Sie getreu dem Motto OTS0019 2012-09-22 10:00 221000 Sep 12 Leistungsbereitschaft und -fähig- „Schutz und Hilfe“ ihren Dienst als BPK0001 0236. 3-2012 D e r Offizier
We h r p o l i t i k Die GÖD/FCG hatte zur Enquete geladen: Geballte Ladung fü von Manfred Alle Fotos: Andreas Bruckner Ungünstiger hätte der Zeit- tieren haben. Weil der derzeitige Organ- chische Volk ja vor ein paar Jahren zu punkt wohl kaum mehr sein kön- walter für Landesverteidigung dies nicht einer Neutralität nach dem Vorbild der nen. Für einen Donnerstag um so sieht und die Regierung in Fragen der Schweiz entschlossen. Und die nimmt 11:15 Uhr. Kein Feiertag und zur Primetime. Dennoch sollte der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben diese sehr ernst. Mit Allgemeiner Wehr- 6. September ein Feiertag für die lähmt, scheint es notwendig, dass das pflicht und Miliz. Mit einer großen Wehrpflicht werden, den man mit Volk aufsteht. Der Anstoß dazu sollte Zahl an Bürgern in Uniform. einer Enquete begehen wollte. Mit von einem der höchstrangigen Volksver- prominenten Teilnehmern aus der treter erfolgen. Nach dem Vorbild der Politik und den Blaulichtorganisa- tionen. Dass es ein Fest mit vielen Schweiz … Gästen wurde, war nicht vorher- Die Reihe der politischen Honora- zusehen. tioren konnte sich sehen lassen. (BILD „Sicherheit ist das größte Gut“ er- oben Mitte): Vizekanzler und Au- klärte Bundesrat Maurer und für die Er- Der Saal des Raiffeisenforums quoll ßenminister, die Innenministerin und haltung dieses Guts sei die Bevölkerung über und die Besucher drängten sich ihr Staatssekretär, Nationalratsabgeord- verantwortlich und „das könne man gar um Stehplätze. Der Vorsitzende der nete, Spitzengewerkschafter. Ein ehe- nicht an bezahlte Soldaten übergeben!“. Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, als maliger Nationalratspräsident und Ver- Korporal gedient, hatte aus seiner staats- teidigungsminister, der tatsächlich noch Dass sich die Armee aus der Bevöl- politischen Verantwortung heraus geru- einer war, wurde vermutlich auch des- kerung rekrutiert, sei deswegen so wich- fen. (BILD Nr. 3427). Schließlich ist er halb von den Anwesenden mit beson- tig, weil heutzutage die Krisen nicht auf nicht nur Gewerkschafter, sondern auch derem Applaus begrüßt: Dr. Robert dem Schlachtfeld stattfinden, sondern Zweiter Präsident des Nationalrats. Und Lichal. Und als besonderer Gast sollte mitten in der Bevölkerung. Daher sei der bildet bekanntlich die Vertretung der Schweizer Bundesrat – quasi der es wichtig, dass bei solchen Krisen der des Volkes, von dem in einer Demokra- benachbarte Amtskollege des österrei- Bürger in Uniform auftrete und kein tie das Recht auszugehen hat. Ein Recht, chischen Verteidigungsministers – Ueli bezahlter Soldat. „Das ist etwas ganz das die Allgemeine Wehrpflicht in der Maurer seine Sicht der Dinge zur Fra- Zentrales“. Die Wehrpflicht sichere zu- Bundes-Verfassung festgeschrieben hat ge der Allgemeinen Wehrpflicht präsen- dem die demokratische Kontrolle der und an dem sich Regierende zu orien- tieren. Schließlich hat sich das österrei- Streitkräfte. D e r Offizier 3-2012
We h r p o l i t i k ür die Wehrpflicht Gänsdorfer Ein weiterer Vorteil sei das zivile re sei teurer und weniger effizient“, so Wehrpflicht agiere. Es werden Projekte Know-how, das aus der Bevölkerung in Maurer. Dass man dabei in Summe pro beworben, die die Verfassung aushöh- die Armee fließe und das es bei einem Jahr gerade so viel aufwende, wie in der len. Angesichts dieser Verunsicherung bezahlten Heer nicht gebe. Vorteile Schweiz für Autoblechschäden aufge- und Demotivation der Truppe und der sieht Maurer auch bei der Rekrutierung: bracht wird, sei als Versicherungsprämie Bevölkerung „brauchen wir die Befra- In einer bezahlten Armee stehe das Mili- für den Steuerzahler verträglich. Die gung“. „Das ist kein Zustand. Wir brau- tär bei der Personalrekrutierung mit der Schweiz hat ein deutlich höheres Ver- chen eine Entscheidung.“ Wirtschaft im Wettbewerb und da sei es teidigungsbudget als Österreich. Der anzuzweifeln, dass es dabei die besten Schluss, dass die Schweizer schlechtere Es sei den jungen Menschen zumut- Köpfe bekommen würde. Autofahrer wären ist wohl nicht zuläs- bar, wenn sie einen Beitrag für das Land sig. Sie nehmen Landesverteidigung ein- und die Gemeinschaft leisten, so Spin- Ein Berufsheer sei in Krisenzeiten zu fach ernst. In der Schweiz wird derzeit delegger. Und geschadet habe es auch klein und in normalen Zeiten zu groß, auf Initiative des Parlaments über eine keinem. Der Bürger solle nicht ständig so Maurer. „Der Bürger habe Rech- Erhöhung des eingefrorenen Verteidi- auf den Staat warten, sondern auch sel- te und Pflichten. Eine dieser Pflichten gungsbudgets von 4,4 (3,66 Mrd. Euro) ber einen Beitrag leisten. ist die allgemeine Wehrpflicht“, so der auf fünf Mrd. Schweizer Franken (4,16 Schweizer Minister und lieferte damit Mrd. Euro) diskutiert. Dass sich die Ausführungen der die Begründung eines „Bedarfsheeres“. österreichischen Innenministerin im Vizekanzler und Innen Rahmen der Enquete eher auf die Fra- Dass man sich in der Schweiz in ministerin gen der inneren Sicherheit und des Zi- Geldfragen besonders auskennt, ist all- vildienstes konzentrierten, lag auf der gemein bekannt. Dies gilt auch für das ÖVP-Chef Michael Spindelegger, Hand. Sie kritisierte, dass Verteidi- Militär: „Wir haben die Frage der Fi- selbst Milizoffizier, kam auf die be- gungsminister Darabos ständig neue nanzierung des Heeres von verschie- vorstehende Volksbefragung über die Zahlen präsentiere und wies die jüngs- denen Standpunkten her berechnet. Es Wehrpflicht zu sprechen und begrün- ten Daten aus dem Kabinett, wonach gibt keine billigere Variante wie die der dete sie damit, dass Darabos ständig nur wenige Grundwehrdiener im Ka- Allgemeinen Wehrpflicht – alles ande- gegen die in der Verfassung verankerte tastropheneinsatz sind, zurück. Beim 3-2012 D e r Offizier
We h r p o l i t i k Alle Fotos: Andreas Bruckner Hochwasser 2002 in Niederösterreich „Totengräber der Landesverteidigung“. Wenn nun – bei allen Reformnotwen- seien 85 Prozent der eingesetzten Sol- Werner Kerschbaum vom Roten Kreuz digkeiten im Bundesheer und beim Zi- daten (11.000 von 13.000) Rekruten warnte vor einer „drastischen Reduktion vildienst – diese Säulen zum Einsturz gewesen. Mit den Plänen von Darabos der Leistungen der Rettungsorganisati- gebracht werden, drängt sich die Frage würde sich die Zahl der Kadersoldaten onen“, wenn der Zivildienst ohne taug- nach dem „cui bono“ auf. Einige weni- halbieren und es wären alle Milizsol- lichen Ersatz abgeschafft wird. „Besorgt“ ge Funktionäre einer politischen Partei daten mit einem Schlag weg, so Mikl- zeigte sich auch Gemeindebund-Vorsit- und ihre Helfer? Eine kleinformatige Leitner. „Ein Berufsheer bedeutet deut- zender Mödlhammer. „Mit der Einfüh- Zeitung im Ringen um Leserreichweite lich mehr an Kosten und deutlich weni- rung eines bezahlten Freiwilligen-Jah- bei Jungerwachsenen? Ist es gar ein Ver- ger an Sicherheit.“ res werde der unglaubliche Schatz an such des politischen Stimmenfangs, weil Freiwilligenarbeit in Österreich infrage jemandem die Zielgruppe 17-24jähriger Die Leistungsträger gestellt“. Und Werner Kerschbaum vom davon zu laufen scheint? Roten Kreuz ergänzte, dass ein bezahltes Neben den Honoratioren aus der „Freiwilligen-Jahr“ nichts mit Freiwilli- Die Veranstaltung hat jedenfalls Politik kamen im Rahmen der Enquete genarbeit zu tun habe. „Das wäre eine klar gezeigt, wie ein komplexes Thema Repräsentanten aus Militär, Rettungs- Desavouierung von Freiwilligen“ und wie das des Wehrdienstes auf einfache wesen, Feuerwehr zu Wort. Darunter es sei auch „der falsche Weg für eine Zi- Fragen und Antworten „heruntergebro- auch ehemalige Grundwehr- bzw. Zi- vilgesellschaft“. Wenn man heute den chen“ werden kann. vildiener. Zivildienst bezahle, werde „morgen viel- leicht die Feuerwehr und übermorgen Und dabei kann nicht deutlich ge- Der Präsident der Österreichischen der Blutspender die Hand aufhalten“. nug betont werden, dass verantwor- Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus,wies tungsvolle Politik sich am Gemeinwohl dabei auch Darabos‘ Ruf nach einem Resümee zu orientieren hätte und nicht an den „Profi-Heer“ zurück. Das Bundesheer Interessen der Splittergruppe einer po- verfüge über Zehntausende Profi-Sol- litischen Partei. Ob gegen Letzteres ein Dass Allgemeine Wehrpflicht und daten. „Das einzige, was in diesem Heer der Zivildienst als Wehrersatzdienst Land aufzustehen in der Lage ist, wird nicht professionell ist, ist die politische nicht nur Bürgerpflicht sind, sondern sich am 20. Jänner 2013 weisen. Führung!“ wesentliche Säulen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Sicherheit und Milizverbands-Präsident Michael Wohlfahrt sind, war wohl allen Besu- Schaffer bezeichnete den Ressortchef als chern der Enquete schon davor bewusst. 10 D e r Offizier 3-2012
We h r p o l i t i k Aufgeschnappt: „Es werden Projekte beworben, die die Verfassung Vertrauen Sie darauf! aushöhlen!“ (M. Spindelegger, Vizekanzler) „Unser Heer hat zehntausende Profis. Das einzige, was in diesem Heer nicht professionell ist, ist die politische Führung!“ (E. Paulus, Präsident ÖOG) „92 Prozent der Ortschefs sind für die Beibehaltung der Wehrpflicht!“ (H. Mödlhammer, Präsident Gemeindebund) „Wenn man heute den Zivildienst bezahle, werden morgen vielleicht die Feuerwehr und übermorgen der Blutspender die Hand aufhalten!“ (W. Kerschbaum, Generalsekretär Rotes Kreuz) „Durch den Wehrdienst bleibt das Heer in der Be- völkerung verankert!“ (J. Mikl-Leitner, Innenministerin) Dass wir Ihre „Für die Sicherheit hat der Bürger selbst einzu- Energieversorgung stehen. Das kann man nicht an bezahlte Söldner voll im Griff haben. delegieren!“ (U. Maurer, BR Schweiz) Wer 250.000 Kunden mit Nah- und Fernwärme, Erdgas, Strom und Wasser versorgt, trägt eine große Verantwortung. Deshalb investieren wir kontinuierlich in insgesamt 18.000 Kilometer Leitungen. Damit Sie Tag für Tag und rund um 3-2012 D e r Offizier die Uhr sicher versorgt sind. Auf uns ist Verlass. 11 Die Salzburg AG denkt mit. Und vor. www.salzburg-ag.at | Serviceline 0800 / 660 660
We h r p o l i t i k Zumindest die Verunsi Schul-, Steuer-, und Wehrpflicht s Wilhelm Waldner, Vorsitzender Bun Nach dieser Volks- befragung werden wir wissen, wie es weitergeht und die Verunsicherung hat ein Ende. Die beiden Regierungsparteien vertreten gegensätz- lich unterschiedliche Standpunkte, nur Be- fragungstermin und -text konnten gerade noch einvernehmlich beschlossen werden. Die „neue Sicherheitsstrategie“, mit einer umfassenden Bedrohungs- und Gefährdungsanalyse, liegt seit März 2011 in einem Unterausschuss im Par- lament. Dieses Dokument sollte ei- gentlich die Grundlage für die öffent- liche Diskussion und letztlich für die politischen Entscheidungen zur Wehr- pflicht sein. Stattdessen wird im Wege Foto: A. Bruckner einer Volksbefragung über die Orga- nisation des Bundesheeres entschieden, ohne vorher über die tatsächlichen Be- drohungen, Gefährdungen oder Auswir- orientieren Zuarbeitern unverdrossen nen. Das gibt nicht nur eine demokra- kungen zu diskutieren. an der Abschaffung der Wehrpflicht tische Durchmischung des Kaderper- festhält, obwohl in der Verfassung und sonals, sondern auch eine Verankerung Wird da das „Pferd nicht vom in der Regierungsvereinbarung genau des Bundesheeres in der Bevölkerung. Schwanz her aufgezäumt?“ das Gegenteil steht. Die Entscheidung Die Bedenken des über alle Par- für eine Volksbefragung ist daher eine Schul-, Steuer- und Wehrpflicht teigrenzen hinweg beliebten und an- „Notbremsung“, um die fortwährende sind Eckpfeiler unserer Republik. Mir erkannten Generalstabschefs Entacher Demontage des Bundesheeres bis zur wäre zweifelsohne lieber gewesen, über werden vom Verteidigungsminister ganz Nationalratswahl durch den eigenen solche Werte nicht abstimmen zu müs- einfach negiert. Da wird von einer Be- Verteidigungsminister zu beenden. sen, denn es ist ein bedenkliches Zei- rufsarmee amerikanischen Zuschnitts chen, wenn politisch heikle Fragen Das Bundesheer rekrutiert derzeit geträumt und da passen halt Grund- einfach weiter gereicht werden. Wir den Nachwuchs weitgehend aus dem wehrdiener nicht dazu. Ich habe auch könnten nämlich auch darüber abstim- Kreis der Präsenzdiener und das funkti- den Eindruck, dass manche dieser kar- men, ob wir Steuern zahlen wollen oder oniert durchaus zufriedenstellend. Man riereorientierten Zuarbeiter es nicht er- nicht. Aber es steht fest, dass der Ver- könnte es einfach so beschreiben: Sie warten können, endlich „Krieg führen teidigungsminister mit seinen karriere- lernen uns kennen, wir lernen sie ken- zu können“, „Verantwortung“ zu über- 12 D e r Offizier 3-2012
We h r p o l i t i k icherung hat ein Ende sind Eckpfeiler unserer Republik ndesheergewerkschaft in der GÖD ellen Einsätzen in der Steiermark und teidigungs- und Sportminister Dara- in Kärnten zeigen, dass diese Ergeb- bos - der übrigens noch im Jahre 2010 nisse ohne Präsenzdiener niemals er- überzeugend und engagiert genau das reichbar gewesen wären. Unverdächtig Gegenteil vertreten hat – die Abschaf- ist hier die Feststellung aus dem Ver- fung der Wehrpflicht – bis zu den kom- teidigungsministerium aus dem Jahre menden Nationalratswahlen im nächs- 2010: „Ohne Wehrpflicht wären der- ten Jahr als Forderung beibehalten. Der artige Einsätze jedoch nicht in diesem Bürgermeister von Wien hat – weil zu Ausmaß möglich“. kurz vor der Wahl begonnen – erfolglos Die derzeitige Einsatzfähigkeit im versucht, mit diesem Bundesthema den In- und Ausland wird daher bei einem drohenden Verlust der absoluten Mehr- „Darabos-Berufsheer“ ohne deutliche Er- heit im Landtag in Wien abzuwenden. höhung der Geldmittel nicht gehalten Betroffen macht aber, dass sich hochran- werden können. Seriöse Experten gehen gige Mitarbeiter des Ressorts in dieses von einer Verdoppelung des bisherigen politische Spiel einspannen lassen. Die Budgets aus. Das heißt für mich, wenn se Kameraden sollten sich fragen, war- die Forderung nach einem Berufsheer um der Generalstabschef konsequent ernst genommen wird, und der bishe- eine andere Linie vertritt. rige Leistungsumfang beibehalten wer- den soll, dann ist es halt doppelt so teuer. Damit kein falscher Eindruck ent- Ich kann nicht erkennen, dass die allge- steht: Meine Ausführungen bedeuten meinen wirtschaftlichen Rahmenbedin- keinesfalls, dass wir „wie es Dienstneh- gungen es in den kommenden Jahren mervertretern gerne unterstellt wird“ - möglich machen, das Budget zu ver- gegen jede Veränderung und gegen jede doppeln. Wird auf ein Berufsheer um- Reform eintreten. Selbstverständlich gestellt, wird es dieses notwendige Geld wird das Bundesheer sich weiter entwi- nicht geben. Und ohne das notwendige ckeln müssen, um auf die jeweiligen si- Geld, kommt dies einer Auflösung des cherheitspolitischen Herausforderungen Bundesheeres gleich. die passenden Antworten zu haben. Hier werden wir auch einen konstrukti- ven Beitrag zu leisten haben. Das war in Einsätze wie 2002 wären mit einem der Vergangenheit so und das wird auch nehmen, um sich in höheren Komman- Berufsheer – so Experte Entacher – in Zukunft so sein! dofunktionen im sicheren Hinterland schlichtweg nicht möglich. Ärgerlich zu bewähren. ist, dass der Verteidigungsminister und Die Gewerkschafter und Personal- seine „Experten“ ständig nach einem vertreter aus dem Bundesheer haben Mehrmals wurden die anfangs er- Profiheer rufen, obwohl das derzeitige sich in der Resolution vom 2. Dezem- rechneten Kosten für das „Darabos-Be- Bundesheer bereits jetzt schon zu einer ber 2010 überparteilich und einstimmig rufsheer“ reduziert, um die fröhliche erheblichen Zahl aus „Profis“ besteht. zur Wehrpflicht bekannt. Wir werden Botschaft verkünden zu können, dass Gerade unser derzeitiges Mischsystem uns daher auch verstärkt in die öffent- künftig mehr Profis nicht mehr kosten. auf Basis der Wehrpflicht, bestehend liche Diskussion einbringen und nicht Dass der mit der Wehrpflicht als siame- aus Profis aus dem Kreis der Berufssol- die Seiten wechseln. Wir stehen ge- sischer Zwilling verbundene Zivildienst daten, Milizsoldaten und Grundwehr- meinsam mit allen vernünftigen Kräf- dann auch zur Diskussion steht, führt dienern stellt jederzeit sicher, dass – so ten in diesem Land auf, für ein „Ja zur zwischenzeitlich beim Sozialminister zu General Entacher – wir ziemlich alles Wehrpflicht!“ ähnlich fröhlichen Rechenübungen. abdecken können, was daherkommt. Gerade die Einsatzbilanzen aus Meiner Meinung nach wollte die dem letzten Winter und aus den aktu- Regierungspartei SPÖ mit ihrem Ver- 3-2012 D e r Offizier 13
We h r e r s a t z d i e n s t Die gesellschaftliche des Zivildienstes Durch die Diskussionen über die Punkt hinkt auch der Vergleich mit an- Auch freiwillige und unbezahl- Abschaffung der allgemeinen Wehr- deren europäischen Ländern. Es ist hier te Mitarbeiter können diese Aufgaben pflicht, ist die Bedeutung des Zivildiens- nicht nur die rasche Eintreffzeit eines nicht übernehmen, weil sie tagsüber ih- tes in ein völlig neues Licht gerückt. Die Rettungsfahrzeuges, die Österreich von rem Zivilberuf nachgehen und schon vielen Zivildienstleistenden bekommen anderen Ländern wesentlich unterschei- jetzt einen erheblichen Teil der Leistun- nach Jahrzehnten nun zu Recht seit Mo- det, sondern auch der breite Umfang in gen des Rettungs- und Sanitätsdienstes, naten eine öffentliche Wertschätzung welchem der Rettungs- und Sanitäts- insbesondere während der Nacht, an und Anerkennung für ihre wichtigen dienst in Österreich sichergestellt ist. Wochenenden und an Feiertagen über- Aufgaben in verschiedenen Bereichen Beispielsweise ist es bei uns vollkom- nehmen. des Gesundheits- und Sozialsystems. men selbstverständlich, dass beeinträch- tigte und gebrechliche Menschen auch Der seit Monaten vom Roten Kreuz vom Sanitätsdienst zu Untersuchungen geforderte „runde Tisch“ mit allen Be- Die Zivildiener leisten derzeit sehr und Behandlungen transportiert wer- troffenen wurde jetzt zumindest für die wertvolle Dienste beispielsweise für den, während in anderen Staaten die Träger der Rettungsdienste eröffnet. Das Kranke, Pflegebedürftige und Men- Angehörigen diese Transporte organisie- derzeit diskutierte Modell des bezahlten schen mit Behinderungen. Viele Leis- ren und bezahlen müssen. „freiwilligen“ Sozialjahres muss vor dem tungen im österreichischen Gesund- Hintergrund der Erfahrungen in der heits- und Sozialsystem sind derzeit in Wird die allgemeine Wehrpflicht Bundesrepublik Deutschland kritisch dieser Form nur durch den Zivildienst abgeschafft und damit auch der Zivil- hinterfragt werden. möglich. dienst, dann gibt es nur wenige mög- liche Alternativen. Der Ersatz durch Zeitgleich mit dem Wegfall der Österreich kann auch sehr stolz auf hauptberufliche Mitarbeiter ist auf- Wehrpflicht in Deutschland wurde der sein Rettungs- und Sanitätsdienstsystem grund der hohen Mehrkosten von rund Bundesfreiwilligendienst eingerichtet. sein. Dieses hochverfügbare und effizi- 140 Millionen Euro österreichweit nur Parallel dazu blieb das bereits existieren- ente System funktioniert nur aufgrund für die beim Roten Kreuz tätigen Zivil- de Freiwillige Soziale Jahr bestehen. Zur des gemeinsamen Einsatzes von ehren- diener für die Länder, Gemeinden und Hochzeit leisteten 136.000 junge Deut- amtlichen und hauptberuflichen Mitar- Sozialversicherungsträger nicht finan- sche ihren Zivildienst, hauptsächlich in beitern und von Zivildienern. In diesem zierbar. Pflege- und Betreuungsdiensten. Bun- desfreiwilligendienst und Freiwilligen Sozialem Jahr ist es bis dato gelungen, rund 75.000 dieser Stellen zu besetzen. Auch die derzeit diskutierte Bezah- lung des sogenannten „freiwilligen“ So- zialdienstes muss im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf den eh- renamtlichen Bereich sehr kritisch ge- sehen und betrachtet werden. Bei un- seren Nachbarn gibt es für die Freiwilli- gen die sich für den Bundesfreiwilligen- dienst entscheiden nur ein Taschengeld mit rund 350,-- Euro. Jedenfalls wäre das Wording für den Freiwilligen sozi- alen Dienst zu überdenken. Der Begriff der Freiwilligkeit wurde ohnehin in den Foto: ORK letzten Monaten sehr strapaziert. 14 D e r Offizier 3-2012
We h r e r s a t z d i e n s t e Bedeutung von Anton Holzer Der Zivildienst in Österreich ist ein Nicht zuletzt deshalb entscheidet über Jahrzehnte erprobtes System und sich rund die Hälfte der jungen Män- lässt sich nicht von heute auf morgen er- ner nach ihrem Zivildienst dazu, als setzen. Alternativen müssen gemeinsam ehrenamtliche Mitarbeiter weiter beim mit allen relevanten Partnern erarbeitet Roten Kreuz tätig zu bleiben. Letzteres werden. Als humanitäre Organisation gilt im Übrigen auch für die Heeressani- Foto: ORK ist es uns wichtig, dass all jene Leistun- täter, die ihre Praxis beim Roten Kreuz gen, die Zivildiener heute für unsere absolvieren. Gesellschaft erbringen, auch in Zukunft Der Zivildienst aber auch der Pra- Anton Holzer, verheiratert mit LH Gabi gewährleistet sind – und zwar mindes- xisdienst der Heeressanitäter sind für Burgstaller, ist ehrenamtlicher Landes- tens in gleicher Qualität. rettungskommandant des Salzburger das Rote Kreuz eine wichtige Rekrutie- Roten Kreuzes. Er ist seit 32 Jahren Von besonderer gesellschaftlicher rungsquelle. Zivildiener und Heeressa- ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig. Bedeutung ist, dass die vielen jungen nitäter erleben ihren Dienst als positiv, Beruflich ist er seit über 12 Jahren Männer, die jährlich den Zivildienst sinnstiftend und bereichernd. Ohne di- Leiter des Blutspendedienstes des absolvieren, im Rahmen ihrer Ausbil- ese Erfahrungen würden diese jungen Salzburger Roten Kreuzes und Mitglied dung und Tätigkeit eine wichtige Per- Menschen nicht auf die Idee kommen, der Geschäftsleitung im Landesverband sönlichkeitsentwicklung erfahren. Im sich freiwillig und unentgeltlich für an- Salzburg. Rettungs- und Krankentransportdienst dere Menschen zu engagieren. Die Gewinnung neuer „Die allgemeine Wehrpflicht Mitarbeiter wird und somit der Zivildienst sollen als bewährtes und das Rote Kreuz bei Wegfall des Zi- Geldanlage im Zeichen sinnvolles System mit ihren gesellschaftspolitisch wert- vildienstes vor er- hebliche Heraus- des Vertrauens. vollen Inhalten erhalten forderungen stel- Jetzt auf die richtigen Lösungen setzen. bleiben.“ len. kommen Zivildienstleistende mit Men- Insgesamt schen aus allen Gesellschaftsschichten geht es daher bei zusammen und werden mit vielen For- der Frage, ob die men des menschlichen Leidens konfron- allgemeine Wehr- tiert. Sie helfen in Not geratenen Men- pflicht und damit schen unabhängig ihrer Rasse, Religion der Zivildienst ab- und politischer Ansichten in gleicher geschafft wird oder Weise, genauso wie es ihnen durch ihre nicht, nicht um freiwilligen und hauptberuflichen Kolle- das Rote Kreuz, gen vorgelebt wird. Dadurch lernen sie sondern um un- Toleranz, Wertschätzung sowie Achtung sere Gesellschaft, und Respekt vor der Einzigartigkeit der um unser Gesund- Persönlichkeit jedes Menschen. So gese- heits- und Sozi- alsystem. Es geht Gratis-Depot-Check mit hen gibt der Zivildienst jährlich tausen- Sofort-Online-Analyse den jungen Menschen die Gelegenheit um Menschen, die www.oberbank.at/depotcheck zu lernen, was den Menschen wirklich auf Hilfe angewie- ausmacht. sen sind. 3-2012 D e r Offizier 15
Im Offizier zu Gast Zehn Fragen an Dr. Beatrix Karl, Bunde In der Österreichischen Wenn die ÖOG als das „Sicher- Offiziersgesellschaft herrscht heitspolitische Gewissen Österreichs“ große Freude, dass Sie ihr bezeichnet wird, ist das ein sehr hoher seit geraumer Zeit durch ihre Anspruch. Ich sehe aber durchaus in den Mitgliedschaft in der OG Stei Auftritten der ÖOG das Bemühen, die- ermark angehören. Was hat sem Anspruch gerecht zu werden. Dass Sie bewogen, Mitglied zu wer dies nicht als Appendix der Ressortfüh- den? rung erfolgt und mitunter sehr kritisch Die Zukunft des Österreichischen zu deren Vorhaben geschieht, ist bemer- Bundesheeres liegt mir am Herzen und kenswert. Das Eintreten für ein Bun- ich bin betroffen, wenn ich von immer desheer, das nach den Grundsätzen der mehr Offizieren und Unteroffizieren, Miliz organisiert ist und daher auf der aber auch Angehörigen des Milizstandes allgemeinen Wehrpflicht beruht – üb- tiefe Frustration und Enttäuschung über rigens im Einklang mit unserer Bundes- manche aktuelle Entwicklungen beim Verfassung – imponiert mir. Ebenso die Bundesheer spüre. Art und Weise, sich hier bemerkbar zu machen und in der Öffentlichkeit Ge- Muss man da gleich Mitglied hör zu verschaffen. in einer Organisation wie der Offiziersgesellschaft sein? Es ist ein Kennzeichen reifer Demo- Was lässt Sie von der Allge kratien, dass sich neben den offiziellen meinen Wehrpflicht so über Instanzen und Funktionen eine Bürger- zeugt sein? gesellschaft, wenn Sie wollen eine „Civil Ich bin – genauso wie der Oberbe- Society“ entwickelt. Die ÖOG sehe ich fehlshaber des Bundesheeres, Bundes- als einen Teil einer solchen Gesellschaft, präsident Heinz Fischer und unser Vi- die in unserer Zeit immer wichtiger zekanzler Michael Spindelegger – eine wird. Sie ist mit ein wichtiges partizipa- Verfechterin der Wehrpflicht. Für die torisches Element in der Politik, wo es Anforderungen, die das Österreichische darum geht, für und mit dem Volk eine Bundesheer zu erledigen hat, und unter gemeinschaftsnotwendige Ordnung zu den budgetären Rahmenbedingungen, schaffen. Da ist es für mich eine beson- unter denen das Verteidigungsministeri- dere Verpflichtung, allein schon durch um seit Jahren leidet, gibt es keine Alter- meine Mitgliedschaft sich zu ihr zu be- native zur allgemeinen Wehrpflicht. Die kennen. Hier befinde ich mich übrigens Erfahrungen, die andere europäische auch in guter Gesellschaft. So ist z.B. Staaten mit der Abschaffung der Wehr- Landeshauptmann a. D. Waltraud Klas- pflicht gemacht haben, überzeugen nic Mitglied der OG Steiermark und mich keineswegs. Nur durch die Einbe- meine Kollegin in der Bundesregierung, ziehung aller jungen Männer – aus allen Frau Mag. Mikl-Leitner, Mitglied in der Bildungs- und Gesellschaftsschichten OG Niederösterreich. – erreicht man eine breite Akzeptanz Wenn man einer solchen Or für das Bundesheer in der Bevölkerung. ganisation zugehört, muss Sehr wohl kann ich mir aber eine große man sich ja auch mit ihren Reform des Präsenzdienstes vorstellen, Foto: zVfg. BMJ Zielen identifizieren. Welche die einen stärkeren Fokus auf die Hilfe sind hier für Sie die wesent bei und nach Katastrophen richtet. lichen? 16 D e r Offizier 4-2007
Im Offizier zu Gast esministerin für Justiz Wie sehen Sie denn da die tiv und schließe mich den Worten von derzeit anlaufenden Pilot ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits projekte im Heer, die darauf an, der in diesem Zusammenhang von abzielen, den Österreichern „nutzlosen Planspielen“ sprach. ein Berufsheer mit einer er gänzenden Freiwilligenmi Wenn wir angeblich in einem liz schmackhaft zu machen? der reichsten Länder der Welt Manche Kritiker meinen, dies leben, kann doch die Finan sei sogar verfassungswidrig. zierung eines Wehrsystems das ausschlaggebende Argu Jetzt in einigen Bundesländern ment sein. Sehen Sie da nicht – unabgesprochen – Berufsheer-Experi- auch andere Gründe, die für mente – sogenannte Pilotprojekte - zu die allgemeine Wehrpflicht starten, finde ich als kontraproduk- sprechen? WS 1986/87 - WS 1990/91: Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz 21.01.1991: Abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften SS 1991 - WS 1995/96: Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz 15.11.1995: Abschluss des Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften mit ausgezeichnetem Erfolg 01.12.1991: Bestellung zur Universitätsassistentin am Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz 01.09.1999 - 31.08.2002: APART (Austrian programme for advanced research and technology) - Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, Mün- chen 01.03.2001: Bestellung zur Assistenzprofessorin 21.01.2003: Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für die Fächer Arbeitsrecht, Sozialrecht und Europarecht durch die Rechtswissen- schaftliche Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz – Titel der Habilitati- onsschrift: „Die Auswirkungen des europäischen Wettbewerbsrechts sowie der Freiheiten des Waren- und Dienstleistungsverkehrs auf die Sachleistungssysteme am Beispiel der sozialversicherungsrechtlichen Krankenbehandlung in Österreich“ seit 01.03.2003: außerordentliche Universitätsprofessorin für Arbeitsrecht, So- zialrecht und Europarecht an der Karl-Franzens-Universität Graz 01.01.2005 - 31.01.2007: Mitglied des „European Committee of Social Rights“ des Europarats 01.04.2006 - Jänner 2010: Mitglied des Hochschulrates der Pädagogischen Hochschule Steiermark 30.11.2006 - Jänner 2010: Abgeordnete zum Nationalrat 01.12.2008 - Jänner 2010: Sprecherin der ÖVP für Wissenschaft und For- schung 20.07.2009 - Jänner 2010: Generalsekretärin des ÖAAB 26.01.2010 – 20. 04. 2011: Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung seit 21.04.2011: Bundesministerin für Justiz 3-2012 D e r Offizier 17
Im Offizier zu Gast sammenarbeiten können Friede und Si- cherheit gesichert werden. Gemeinsames Anliegen ja, sehen Sie konkrete Beispiele in der Gegenwart? Denken Sie zum Beispiel an den Arabischen Frühling. Kurz nach Zu- sammenbruch der alten Regime haben die Militärs für Frieden gesorgt und das Ausbrechen neuerlicher Gewalt in der Region verhindert. Doch gleich die nächsten Schritte auf dem Weg zur De- mokratie waren dann die politische Re- Natürlich! Darüber hinaus gibt es Vertrauen in das Bundesheer herzustel- organisation und die Ausarbeitung einer eine Reihe an Faktoren, die ganze Bän- len, möchte ich dahingestellt lassen. neuen Verfassung. de politischer Analysen füllen würden. Denn nur durch die Schaffung und Manche unserer Mitglieder Kontrolle neuer gesetzlicher Normen, Denken Sie etwa an die Herausbildung haben sich gefragt, ob es ne eines neuen Prekariats – eine Gefahr für die das Zusammenleben der Gesell- ben dem wichtigen Vertrau schaft regeln, kann längerfristig Friede unsere Gesellschaft, die Sie in einer der en und dem Militärstrafrecht Ausgaben Ihrer Zeitschrift auch klar auf- gewährleistet werden. zwischen den Aufgaben der gezeigt haben. Es gibt eine Reihe an so- Justiz und jenen der Landes zialpädagogischen Aspekten und es gibt Die Arbeitsüberlastung an ös verteidigung noch andere Ge terreichischen Gerichten ist ein für mich ganz wesentliches Motiv: meinsamkeiten gibt. Sehen Aus der allgemeinen Wehrpflicht ergibt evident. Sie haben mittlerwei Sie welche? le einige Schritte eingeleitet, sich neben den in unserem politischen System vorhandenen Kontrollmechanis- Bei genauerem Überlegen wird klar, um die Situation zu verbes men eine Art „demokratischer Kontrol- dass beide das gleiche Ziel verfolgen: das sern. In einigen Staaten, dar le“ durch die Gesellschaft. Schließlich Ziel, die Sicherheit in unserem Land zu unter etablierte Demokratien, – ich habe das schon an anderer Stelle verteidigen. gibt es im Fall militärischer angesprochen – soll das Militär kein Straftaten eine eigene Mili Fremdkörper in der Gesellschaft sein, tärgerichtsbarkeit. Wäre das Die Angehörigen der ÖOG wissen sondern ein integraler Bestandteil. nicht eine willkommene Ent was es heißt, für Sicherheit zu kämp- lastung Ihres Ressorts? fen. Viele von Ihnen haben das schon in Das führt uns direkt zur Fra Einsätzen beispielsweise an der ehema- Es gibt ja in einigen Staaten – wie in ge des Vertrauens. Eines Ver ligen Staatsgrenze zu Jugoslawien oder der Schweiz, Frankreich, Italien, Israel trauens, das allerdings kei im Ausland am eigenen Leib erlebt. Da- oder den USA – eine eigene Militärge- ne Einbahnschiene sein darf. für zolle ich Ihnen meinen größten Re- richtsbarkeit. Ich finde es durchaus rich- Wie wichtig ist dieser Aspekt spekt. Doch auch die Justiz verteidigt tig, dass wir in Österreich auch die Ver- für Sie? die Sicherheit in diesem Land, wenn gehen nach dem Militärstrafgesetz an Äußerst! Es ist übrigens aus meiner auch mit anderen „Waffen“. Sie tut das zivilen Gerichten verhandeln. Eine ei- Sicht eine gemeinsame Notwendigkeit in Gerichtssälen. Statt mit Sturmgeweh- gene Militärgerichtsbarkeit könnte den für Repräsentanten des Bundesheeres ren sind es Gesetze, mit denen die Justiz Eindruck in der Bevölkerung entstehen und jenen der Justiz: beide benötigen die Gegner des Rechtstaates besiegt. Für lassen, dass „die sich das schon richten“ ein hohes Ansehen in der Bevölkerung den einen oder anderen mag dieser Ver- – ganz nach dem Motto „eine Krähe und ein Vertrauensverhältnis mit den gleich weithergeholt, ja vielleicht sogar schlägt der anderen kein Auge aus“. Es Bürgerinnen und Bürgern. Wenn die unangebracht erscheinen. Doch ich bit- gibt ja auch keine anderen Sonderge- Bevölkerung das Vertrauen in ihre Mi- te Sie, die Macht des Rechtstaates nicht richte – etwa für Ärzte oder Polizisten. litärs und in ihre Justiz verliert, ist das zu unterschätzen. Denn Rechtlosigkeit Im Sinne der Objektivität und der Ak- meist ein schlechtes Zeichen für einen öffnet Tür und Tor für Kriminalität und zeptanz der Entscheidungen durch alle Staat! Ich arbeite in meinem Ressort an führt so immer zu Konflikten und zu Beteiligten im Verfahren, halte ich das einer großen Vertrauensoffensive für die Unsicherheit. Und die Bereinigung von jetzige System für gut und richtig. Justiz. Ob der Verteidigungsminister in Konflikten und der Erhalt von Sicher- den vergangenen Jahren viel dazu beige- heit muss unser gemeinsames Anliegen Frau Bundesminister, wir dan tragen hat, in der Öffentlichkeit mehr sein. Nur wenn Justiz und Militär zu- ken für dieses Gespräch! 18 D e r Offizier 3-2012
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