RESSOURCENSICHERHEIT - HSR

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RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
HSR Magazin 1 / 2019
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AUSGABE 1 / 2019

                     RESSOURCENSICHERHEIT
                   Was Menschen tun, beeinflusst die Umwelt. An der HSR
                   beschäftigen sich Forschung und Studiengänge mit aktuellen
                   technischen Lösungen, um die Umwelt zu schützen.

                     AUTO MIT DIGITALISIERUNGS-AUGEN
                   Die HSR verfügt über ein Auto, dass die digitale Welt
                   sieht und misst. Das mobile Labor analysiert und kartiert
                   mit seinen Sensoren Funkwellen aller Art.

                     NUTZLOSES KUNSTSTOFF-RECYCLING?
                   Halb Europa diskutiert über die Reduktion von
                   Kunststoff-Verpackungen. Ein HSR Professor hält
                   dagegen: Plastik nützt mehr, als es schadet.

                                                                      www.hsr.ch
RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
for IT
                                                          Software Engineering
                                                         User Experience
                                                         Testing
                                                        Security
                                                        Consulting

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RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
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                                                             • Praktikum
RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
HSR Magazin 1 / 2019
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INHALT

                                                      8                                10                                   12

                               14                                                                                           20

                               16 18                                                                                        28
FOKUS                                         THEMEN                                      AKTUELLES

8    Den Bergsturz von Bondo in die           26   Innovationen für den nächsten          32   Preise und Auszeichnungen,
     Landschaft integrieren                        Medaillenregen                              Robolympics 2018

10   Warum Wohngebäude oft mehr               28   Wirtschaftsingenieure der HSR setzen   33   Preise und Auszeichnungen,
     Energie verheizen als geplant                 die Digitalisierung um                      World Robot Summit

12   Flexibles Panorama für flexible Hallen   30   Prokrastination: «Heute ist nicht      34   Digitalisierungs-Konferenz
                                                   mehr so klar, was wichtig ist»
14   Das HSR Auto, das die Digitalisierung                                                35   Nationaler Zukunftstag,
     sieht                                                                                     Klimagarten 2085

16   HSR analysiert Sickerwasserqualität                                                  36   Pensionierung, Neue Professuren,
     unterhalb von Kunstrasenplätzen                                                           HSR Agenda

18   Die stärkste Kunststoff-Erdwärme-                                                    37   HSR Galerie Textilaltro, Impressum
     sonde der Welt
                                                                                          38   Sprungbrett
20   «Kunststoff-Verpackungen haben
     einen ökologischen Nutzen»
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                                                                                                                                                         DIE DIGITALISIERUNG SEHEN UND KARTIEREN
Das neue Wireless Research Vehicle der HSR kann die Digitalisierung sehen, seine Messergebnisse beispielsweise in Form von Abdeckungskarten für mobile
Datenverbindungen ausgeben und so Grundlagen für Infrastruktur-Entscheidungen liefern. Grafik: Tobias Leuenberger, leuen.com

LIEBE MAGAZINLESERINNEN LIEBE MAGAZINLESER

Heute schreibe ich Ihnen von einem aqua-             Schliesslich begegne ich jeden Tag Dozieren-          das Editorial aufgeschoben, obwohl mir
marinblauen Meeresufer, von dem man in               den, die in Themen forschen, welche sich              diese Aufgabe besonders am Herzen liegt?
der Nacht Tausende Sterne mit blossen Auge           unter einem grossen «U» wie Umwelt zu-                Gerne lade ich Sie zum Interview über dieses
beobachten kann, aber am Strand nicht                sammenfassen lassen. Ressourcenschonung               Thema mit Rita Raemy von der Universität
mehr spazieren kann, weil er weggespült              und klimaneutraler Ressourcenumgang ist               Fribourg sowie zur Lektüre neuster Umset-
worden ist. In der Nacht fluoresziert hier das       an der HSR seit Jahrzehnten Programm.                 zungen aus unserer Forschung, damit die
Plankton und man sieht die Milchstrasse, die                                                               Blutbuchen nicht sterben müssen.
sich allerdings beim näheren Hinsehen als            Auch unsere Studierenden engagieren sich
eine Sternenanhäufung leicht verdeckt                quasi nebenamtlich: Ende März führten sie             Viel Spass beim Lesen!
durch zarte Wolkenschleier entpuppt. Quasi           an der Hochschule in Zusammenarbeit mit
laktosefrei.                                         der Stadt Rapperswil-Jona und unter Mitwir-
                                                     kung unserer Professorinnen und Professo-
Wie ich hierhergekommen bin, werde ich               ren die zweite Nachhaltigkeitswoche durch.
nicht kommentieren. Nein, eine Bahnverbin-           An über 40 verschiedenen Veranstaltungen
dung führt hierher nicht. Dafür pflanze ich          erhielten die Besucherinnen und Besucher              Eva Tschudi
zuhause fleissig Bäume und Sträucher und             Einsichten in wissenschaftliche Experimente,          Chefredaktorin
hoffe, dass sie unsere Nachkommen 2085               Forschungsprojekte oder einfache Tipps,
noch wachsen sehen. Denn die Wissen-                 wie sie selber ihre Gewohnheiten ändern
schaftler berechneten, dass die Klimaerwär-          und zu weniger CO2-Ausstoss beitragen
mung in 66 Jahren 3 Grad ausmachen wird,             können.
wenn wir uns an die Versprechen zur CO2-
Reduktion ab heute halten. Tun wir das               Wenn ich Ihnen aus den Ferien schreibe, bin
nicht, wird es im Schnitt 6.5 Grad wärmer,           ich schon Teil der Arbeit 4.0? Bürolos, Hun-
und die lieb gewonnenen Blutbuchen in un-            derte Kilometer entfernt, mit Laptop und di-
seren Parks und Gärten verschwinden. Ja,             gitalem Datenzugang und doch mit Ihnen
auch mich hat der Gretaeffekt erfasst.               verbunden. Oder habe ich prokrastiniert,
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                         Konventionen
                          brechen, statt
                            weiter so.
                         Das ist für mich
                          Industrie 4.0.

                                      Andreas Schumacher
                                      Softwareentwickler mit Weitsicht:
                                      Lokalisiert in der Produktion
                                      selbst kleinste Objekte mit einem
                                      innovativen Kennzeichnungssystem.

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Trusting in brave ideas.
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Forschung für die Umwelt
                                                            Einer der drei Pfeiler der Energie-   Unsere Studierenden engagierten sich zu-
                                                            strategie 2050 ist es, die Ener­      sammen mit den Dozierenden und der Stadt
                                                            gieeffizienz beispielsweise von       Rapperswil-Jona für die Durchführung der
                                                            Gebäuden zu steigern. So unter-       zweiten Nachhaltigkeitswoche an der HSR,
                                                            suchte das SPF Institut für Solar-    die ein vielseitiges Programm bot. Ende März
                                                            technik zusammen mit Wirt-            informierten sich Besucherinnen und Besu-
                                                            schaftspartnern im Auftrag des        cher an rund 40 Anlässen zum Thema «Ener-
                                                            Bundesamts für Energie das Nut-       gie», wie sie einen nachhaltigen Umgang mit
                                                            zerverhalten in Gebäuden, um          Ressourcen selbst steuern können.
                                                            bessere Heizsysteme zu entwi-
                                                            ckeln. Das IWK Institut für Werk-     Zum Schluss möchte ich Sie, liebe Leserinnen
                                                            stofftechnik und Kunststoffver-       und Leser, einladen, den Klimagarten 2085
                                                            arbeitung konzipierte zusammen        auf unserem Campus zu besuchen. Erleben
                                                            mit einem Traglufthallen-Spe­         Sie bis Ende Mai 2019 Klimaszenarien und
                                                            zialisten neuartige, integrierte      die Auswirkungen des Klimawandels auf
                                                            Fenster, die den Energiever-          Pflanzen, Landschaften und Städte. Das Ex-
                                                            brauch der Hallen senken. Ein         periment lädt uns alle zum Mitdenken und
                                                            thematisch ganz anders gelager-       Mitmachen ein.
                                                            tes Projekt des UMTEC Institut        —
                                                            für Umwelt- und Verfahrens-           Prof. Dr. Margit Mönnecke
                                                            technik ging der Frage auf den        HSR Rektorin
                                                            Grund, welche Auswirkungen
«Die Erkenntnisse aus der angewandten
                                                            Kunstrasenplätze auf die Um-
Forschung und Entwicklung fliessen in den                   welt haben.
Unterricht ein und halten nicht nur die
Themen aktuell, sondern tragen dazu bei,                     Im Labor wurde analysiert, wel-
                                                             che Stoffe durch Regenwasser
das Bewusstsein unserer Studierenden
                                                             ausgewaschen werden und in
im Umgang mit natürlichen Ressourcen zu                      den Boden oder in nahe Gewäs-
schärfen.»                                                   ser gelangen. Die Erkenntnisse
                                                             aus der angewandten Forschung
Ressourcensicherheit – das Fokusthema die-       und Entwicklung fliessen in den Unterricht
ser Magazinausgabe – könnte aktueller nicht      ein und halten nicht nur die Themen aktuell,
sein. Von Bangkok bis Zürich streiken zig­       sondern tragen dazu bei, das Bewusstsein
tausende junge Menschen jeden Freitag für        unserer Studierenden im Umgang mit natür-
einen besseren Klimaschutz. Vor kurzem
­                                                lichen Ressourcen zu schärfen. So ging ein
schloss sich auch die Wissenschaft dieser        Bachelorabsolvent in seiner Abschlussarbeit
­Initiative an.                                  neue Wege und schlug ein D  ­ eponiekonzept
                                                 vor, das weitgehend landwirtschaftliche
Als praxisorientierte Hochschule initiiert und   Nutzflächen und Kulturlandschaftselemente
begleitet die HSR seit Jahren Forschungs­        erhält.
projekte, die auf innovative Weise die um-
weltfreundliche und klimaneutrale Nutzung        Das Konzept ist deshalb zukunftsweisend,
von Energiequellen und nachwachsenden            weil es Deponieplanungen an der Kultur-
Rohstoffen voranbringen. Im Rahmen der           landschaft ausrichtet und sie weitestgehend
Energiestrategie 2050 intensiviert die HSR       erhält. Anlass für diese Arbeit war der Berg-
jene Forschungsfelder, die einen direkten        sturz in Bondo, der neben der menschlichen
Einfluss auf die Zukunft unserer Umwelt ha-      Katastrophe auch enorme Geröllmassen
ben. In dieser Magazinausgabe präsentieren       verursachte, die versorgt werden müssen.
wir eine Auswahl an aktuellen Ergebnissen.
RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
HSR Magazin 1 / 2019
                                                       8

Den Bergsturz von
Bondo in die Landschaft
integrieren
                      Manche Bachelor-Arbeiten wirken auch nach dem Abschluss noch nach.
                      So auch die Arbeit des Landschaftsarchitektur-Absolventen Kevin Steinke.
                      Das Amt für Natur und Umwelt des Kantons Graubünden und die Gemeinde
                      Bregaglia interessieren sich für sein Konzept, wie die enormen Schuttmassen
                      des Bergsturzes von Bondo in einer landschaftsverträglichen Deponie
                      versorgt werden könnten.
Das gefüllte
Auffang­becken in
Bondo im Juli 2018.
RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
HSR Magazin 1 / 2019
                                                                           9

Der Konzeptplan für den
Standort «Palü» nimmt
bei der Versorgung des
Schutts Rücksicht auf die
Landschaft.

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                                                                                           schaftsgerechte Eingliederung der Deponie ermöglicht
                                                                                           werden. «Durch diese Bachelorarbeit entstanden neue
                                                                                           Lehr­inhalte für die Module der Landschaftsgestaltung
                                                                                           und Forschungsansätze für das Institut für Landschaft
                                                                                           und Freiraum der HSR», sagt Oesch. Auf diesem Weg
                                                                                           können künftige Studierende und auch die angewandte
                                                                                           Forschung der HSR langfristig von Steinkes Arbeit profi-
                                                                                           tieren.
                                                               Eine mögliche Einbettung
                                                               des Deponiekörpers in
                                                               die Talflanke südlich von   Vielschichtige Analyse und Konzeption
                                                               Bondo, mit Blick Richtung
                                                                                           Oesch schätzt vor allem, dass das von Steinke empfoh-
                                                               Chiavenna.
                                                                                           lene Vorgehen den Verlust der landwirtschaftlichen
                                                                                           Nutzfläche gering hält und gleichzeitig traditionelle Kul-
                                                                                           turlandschaftselemente wie die Kastanienselven erhält.
                            Der Bergsturz im August 2017 am Piz Cengalo mit dem            «Würde das Konzept umgesetzt, wäre es ein Vorbild­
                            anschliessenden Murgang ins Tal war ein Jahrhunderter-         projekt, wie eine Grossdeponie in die Kulturlandschaft
                            eignis. Die Verwüstung der Talschaft um Bondo im Ber-          eingebettet und wie das Vorhaben mit den neuen Le-
                            gell (GR), die Tragödie der vermissten Bergsteiger und die     bensräumen allgemein verständlich visualisiert werden
                            fliessenden Geröllmassen gingen durch die Medien. Das          kann», lobt Oesch.
                            Gröbste ist wohl ausgestanden, doch es warten weitere          Die GIS-basierte Rasteranalyse auf der Basis eines ange-
                            Hunderttausende Kubikmeter loser Felsmassen oben im            passten Kriterienkatalogs wurde im Rahmen der Depo-
                            Talkessel. Früher oder später wird erwartet, dass sie sich     nieplanung des Kantons St. Gallen entwickelt. Vier po-
                            lösen. Das Dorf ist auf den nächsten Murgang vorberei-         tentielle Standorte wurden auf ihre Eignung hin bewertet.
                            tet, das Auffangbecken ist geleert und die schlimmsten         Für den am besten geeigneten Standort «Palü» (siehe
                            Schäden sind behoben.                                          Grafik) wurde ein vertieftes Variantenstudium zur Gestal-
                                                                                           tung und Rekultivierung mit Skizzen und Höhenmodell
                            Problem gelöst, Natur geschont                                 durchgeführt. Die bestmögliche Erschliessung, Etappie-
                            Um das Auffangbecken rasch zu leeren, wurden rund              rung und Eingliederung mit der Bepflanzung wurde von
                            10 000 Kubikmeter Schutt pro Tag in eine nahegelegene          Kevin Steinke evaluiert. Der Deponiekörper fasst rund
                            Deponie transportiert, die von den Behörden unter Not-         eine Million Kubikmeter. Die gewählte Etappierung des
                            recht angelegt wurde. In seiner Bachelorarbeit widmete         Projekts ermöglicht einen vorübergehenden Zwischen-
                            sich der HSR Student Kevin Steinke der Frage, wie die          abschluss der Deponie für den Fall, dass weitere Mur-
                            ­deponierten und die noch erwarteten Geschiebemassen           gänge vorübergehend ausbleiben.   (OES)
                             in der Talschaft fachgerecht versorgt werden können.          —
                             Aus der Sicht von Landschaftsarchitektur-Professor            Projektverantwortliche:
                             ­Thomas Oesch hat Steinke in seinem Konzept mit einer         Kevin Steinke, BA, «Granitum ante Portas»;
                              vertieften Geoinformations-Analyse und geschickter           steinke@bbzbern.la
                              CAD-Geländemodellierung ideale Grundlagen geschaf-           Prof. Thomas Oesch, Professor für Landschafts-
                              fen, wie vorhandene Naturwerte und Nutzungen ge-             gestaltung; thomas.oesch@hsr.ch
RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
HSR Magazin 1 / 2019
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Warum Wohngebäude
oft mehr Energie
verheizen als geplant
                             Moderner Gebäudetechnik zum Trotz: Viele Immobilien brauchen in der Realität
                             mehr Energie für die Heizung als geplant. Eine gemeinsame Studie von HSR,
                             3-Plan Haustechnik AG und econcept zeigt jetzt, warum. Vor allem im Herbst
                             und im Frühling wird mehr Heizwärme benötigt als angenommen.

                             Auf die Investition in eine gute Gebäudehülle folgt oft                                     messene Heizwärmebedarf die normbasierten Annah-
                             die Ernüchterung. Das Gebäude verbraucht im Alltag                                          men um ganze 44 Prozent. Vier von insgesamt 65 in der
                             mehr Energie, als die Berechnungen im Vorfeld verspro-                                      Studie untersuchten Mehrfamilienhäusern benötigten
                             chen haben. In Fachkreisen wird dieses Phänomen «Per-                                       sogar mehr als doppelt so viel Heizwärme wie berechnet.
                             formance Gap» genannt. In einer gemeinsamen Studie                                          Als Hauptgrund für die starken Abweichungen identifi-
                             haben die HSR, die 3-Plan Haustechnik AG und econcept                                       zierten die Forschenden die Raumtemperatur. Sprich:
                             breit untersucht, welchen Einfluss der Mensch als Be-                                       Bewohnerinnen und Bewohner stellen eine höhere Soll-
                             wohner und weitere Faktoren darauf haben.                                                   Temperatur ein, als die Norm annimmt. Mehr als 50 Pro-
                                                                                                                         zent der untersuchten Wohnungen strebten 24 Grad an.
                             Warm muss es sein                                                                           Im Schnitt stellten die Bewohnenden 23 Grad Wunsch-
                             Besonders auffällig in den Ergebnissen ist, dass die Be-                                    Temperatur ein.
                             rechnungs-Normen laut SIA 380/1 (Energienachweis) von                                       Zusätzlich konnten die Forschenden mittels Simulatio-
                             vorbildlichen Menschen ausgehen, die energiesparend                                         nen aufzeigen, dass in der Übergangszeit im Frühling
                             leben. Sprich: 20 Grad Celsius Raumtemperatur, Lüften                                       und im Herbst die Fenster trotz vorhandener Komfort­
                             genau so viel wie nötig und im Winter möglichst viel                                        lüftung mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitweise gekippt
                             ­Sonneneinstrahlung durch die Fenster. In der Realität sieht                                offen stehen. Dadurch ergibt sich in der Übergangszeit
                              das jedoch anders aus: Im Durchschnitt übersteigt der ge-                                  ein grosser Unterschied zur Norm. Dies zeigt, dass nicht

Planung versus Rea­
                                                                Ursache                                                                                   Wirkung
lität: Bei unerwartet
hohen Energiekosten
entfällt nur ein Bruch-
teil auf die Gebäude-
technik. Ein Grossteil                      Ambient-Gap                                                                                Energie Performance-Gap
hängt von Umweltfak-                        (Aussenlufttemperatur, Solarstrahlung,                                                     (Heizwärmeverbrauch, Warmwasserverbrauch,
toren, Bewohnerinnen                        Wind, Umgebung)                                                                            Endenergieverbrauch)
                          Consumption-Gap

und Bewohnern sowie
den Berechnungs-
grundlagen bei der                          User/Usage-Gap                                                                             Comfort Performance-Gap
                                                                                                            Performance-Gap

­Planung ab.                                (Benutzerverhalten, Gebäudenutzung, Anwesen-                                               (thermischer Komfort, Luftqualität, Feuchtigkeit,
                                            heit, Komfortansprüche, Rebound-Effekte)                                                   Kaltluftabfall/Zugluft, Akustik)
                                                                                                                         (Literatur)

                                            Norm-Gap                                                                                   Ecological Performance-Gap
                                            (Berechnungsgrundlagen, Annahmen, Verein-                                                  (Primärenergie, Treibhausgasemissionen,
                                            fachungen, Standardnutzung)                                                                Graue Energie, Wasserverbrauch)

                                            Technical-Gap                                                                              Economical Performance-Gap
                                            (Heiztechnik, Lüftungstechnik, Gebäudehülle, Betriebs-                                     (Unterhaltkosten, Energiekosten)
                                            führung, Umsetzung/Bauausführung, Messfehler)

                                             Performance-Gap (im eigentlichen Sinne)
HSR Magazin 1 / 2019
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                        etwa Baumängel der Grund für den Performance Gap           der Realität mehr verbraucht wird, als vom Hersteller
                        sind. Die Norm als Berechnungsgrundlage geht schlicht      angegeben. Dass bei den Berechnungen getrickst
                        von einem nicht realitätsnahen Verhalten der Bewohne-      wurde und der Kunde ein Produkt erhält, welches nicht
                        rinnen und Bewohner aus.                                   dem entspricht, was gemessen oder versprochen
                                                                                   wurde, scheint jedoch bei Immobilien eher die Aus-
                        Suche nach weiteren Erklärungen                            nahme zu sein.
                        Mit diesen Erkenntnissen können die Forschenden der
                        HSR einen Mehrbedarf von rund 30 bis 60 Prozent er-        Vertiefte Untersuchung geplant
                        klären. Denn jedes Grad zusätzliche Raumtemperatur         Obwohl die Nutzer von Gebäuden ihren Teil zur Energie-
                        steigert den Heizwärmebedarf um 10 bis 12 Prozent.         effizienz beitragen können, weisen die Autoren der
                        Die Investition in wärmeeffiziente Gebäude lohnt sich      ­Studie darauf hin, dass nicht der Bewohner an sich ein
                        aber trotzdem: Ein Minergie-P-Haus ist, basierend auf       Problem ist, sondern die Normen, die nicht das reale Ver-
                        den absolut gemessenen Zahlen, immer noch deutlich          halten widerspiegeln, oder die Haustechnik, die vom
                        besser als ein Gebäude, das nur die minimalen gesetz-       Kunden nicht verstanden wird. Deshalb wird das Institut
                        lichen Vorschriften einhält.                                für Solartechnik SPF der HSR zusammen mit der econ-
                        Die Untersuchung der Energienachweise der Gebäude           cept AG diesem Thema genauer nachgehen und in ei-
                        hat aufgedeckt, dass in einigen Fällen seitens der Pla-     nem weiteren, vom Bundesamt für Energie (BFE) geför-
                        nenden tendenziös optimistische Annahmen getroffen          derten, Projekt das Benutzerverhalten in Abhängigkeit
                        worden sind. Dadurch schneidet ein Gebäude in der           des Aussenklimas genauer untersuchen. Nur wenn die
Wärmeverluste in        Realität automatisch schlechter ab als vorher berech-       Nutzer besser verstanden werden, können auch bessere
Gebäuden lassen sich    net. Dass das Nutzerverhalten einen entscheidenden          Heizsysteme und bessere Gebäude gebaut werden.
sichtbar machen, die
Ursachen dafür erfor-   Einfluss hat, ist ähnlich wie beim Autofahren: Der             (MEW)
dern jedoch eine ge-    Benzin­verbrauch eines Autos wird auch über Norm-          —
naue Beobachtung von    tests durchgeführt, die dem realen Fahrverhalten nur       Projektverantwortliche:
Gebäuden sowie ihren
Bewohnerinnen und       bedingt ­entsprechen. Dies führt dazu, dass sowohl         Igor Mojic, Projektleiter SPF, igor.mojic@hsr.ch
Bewohnern.              Auto- wie auch Hausbesitzer enttäuscht sind, wenn in       Dr. Michel Haller, Forschungsleiter SPF, michel.haller@hsr.ch
HSR Magazin 1 / 2019
                                     12

Flexibles Panorama
für flexible Hallen
    Wenn Tennisplätze oder Schwimmbäder im Winter genutzt werden sollen,
    sind sogenannte Traglufthallen oft die erste Wahl. Beheizung und Beleuchtung
    sind jedoch eine Herausforderung. Das hat die Firma HP Gasser nun zusammen
    mit der HSR gelöst: Durch eine flexible Panorama-Konstruktion hilft die Sonne
    direkt im Inneren.
HSR Magazin 1 / 2019
                                                                        13

                                                 Der Tennisclub Wohlen Nieder-         Innovationssprung in vier Monaten
                                                 matten kann seit dem Herbst           Für die Realisierung der hellen Traglufthalle für den
                                                 2018 auch im Winter auf dem           ­Tennisclub in Wohlen haben HP Gasser und die HSR mit
                                                 Aussenplatz trainieren. Möglich        Unterstützung eines Innovationschecks der Schweize­
                                                 macht das eine neue Tragluft-          rischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse
                                                 halle – eine Kunststoff-Halle, die     einen regelrechten Entwicklungs-Sprint hingelegt. Im
                                                                                        ­
                                                 nur vom leicht höheren Luftdruck       Frühling 2018 fanden erste Gespräche zwischen HP Gas-
                                                 im Inneren getragen wird. Die          ser und dem IWK statt. Im Juli 2018 fiel der Startschuss
                                                 leichte Konstruktion kommt             für das Projekt und bereits im Oktober konnte die neue
                                                 ohne starre Stützen aus und lässt      Halle erstmals aufgebaut werden.
                                                 sich schnell auf- und abbauen.         Auf Basis eines neuartigen Konzepts des IWK und ent-
                                                 Damit eignet sich die Halle ideal,     sprechender Pläne war HP Gasser in der Lage, die neue
                                                 um die kalten Monate zu über-          Halle zu konstruieren und rechtzeitig zur Winter-­
«Besonders stolz macht uns, dass                 brücken und im Frühling wieder         Trainingszeit in Wohlen aufzustellen. «Besonders stolz
wir trotz der grossen Panorama-                  abgebaut zu werden.                    macht uns, dass wir trotz der grossen Panorama-Öff-
Öffnungen der Leichtbauweise                                                            nungen der Leichtbauweise treu bleiben und damit die
                                                  Mehr Licht von Aussen                 Vorteile von Traglufthallen erhalten können – sogar be-
treu bleiben und damit die Vorteile
                                                  Obwohl es bereits seit mehr als       stehende Traglufthallen können nachgerüstet werden»,
von Traglufthallen erhalten                       20 Jahren Traglufthallen gibt,        sagt Thomas Reber.
können.»                                          war der freie Blick nach aussen in    Der Zusatzaufwand für den Durchblick nach aussen
 Thomas Reber, Projektleiter HP Gasser AG
                                                  solchen Traglufthallen bisher         ­beschränkt sich abgesehen von den ETFE-Kissen auf
                                                  eine grosse, technische Heraus-        ­einige zusätzliche Drahtseile zur Ankerung. «Statt der
                        forderung. Zumeist blieb es deshalb bei kleinen integ-            bisher jeweils separat montierten Fenster-Blöcke ist der
                        rierten «Bullaugen», die wenig Tageslicht einliessen.             nachgiebige Panoramabereich nun direkt in die Halle
                        Zudem wurden Konstruktion sowie Auf- und Abbau                    ­integriert», erklärt Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, der
                        durch starre, separat montierte Fensterbereiche kompli-            das Projekt aufseiten der HSR ­geleitet hat. (MEW)
                        zierter. In Zusammenarbeit mit dem IWK Institut für            —
                        Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der HSR            Kontakt zu den Projektverantwortlichen:
                        hat die Firma HP Gasser nun aber ein Konzept entwi-            Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich
                        ckelt, das Traglufthallen mit gossen Panoramaöffnun-           Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für
                        gen als Kunststoff-Kissen (ETFE) ohne Abstriche erlaubt.       Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung,
                        Das bietet nicht nur offensichtliche, sonnige Vorteile für     gionandrea.barandun@hsr.ch
                        das Publikum und die Spielerinnen und Spieler. Als             Thomas Reber, Projektleiter und technischer Berater bei
Lichtdurchflutet: Die   ­Nebeneffekte werden auch die Beleuchtung und die              der HP Gasser AG, thomas.reber@hpgasser.ch
Panorama-Öffnungen
in der Traglufthalle     ­Be­heizung einfacher. Besonders das Heizen benötigt mit
­lassen viel Licht von    dem neuen Hallen-Konzept weniger Energie, weil die
 aussen ins Innere und    Sonne verglichen mit fensterlosen Traglufthallen mehr
 ermöglichen so auch
 im Winter Tennis bei     Wärme ins Innere der Halle abgeben kann – die Energie-
 Tageslicht.              effizienz steigt dadurch insgesamt.
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                                                14

Das HSR Auto, das die
Digitalisierung sieht
    Für Mobilfunkanbieter ist es das Verkaufsargument Nummer eins: die Netz­
    abdeckung. Schnelle Datenübertragung und flächendeckender Empfang sind
    aber nicht nur für Smartphones wichtig, sondern auch für autonome Autos,
    Laptops, IoT-Geräte oder den Digitalfunk von Blaulichtorganisationen. Die
    HSR hat nun ein mobiles Messlabor, das kabellose Daten in der Luft sehen,
    messen und kartieren kann.

    Nur der Schriftzug «Wireless Research Vehicle» deutet      Schweizer Unternehmen Swissphone Wireless AG mit
    an, dass der Elektro-Kleinwagen im Fuhrpark der HSR        dem mobilen Funkmess-Labor der HSR. Swissphone ist
    mehr auf dem Dachgepäckträger hat als eine simple          auf den Betrieb von Infrastrukturen für die digitale
    Transportbox. Im Inneren des Behälters messen Senso-       ­Alarmierung von Rettungsorganisationen spezialisiert.
    ren den Atem der Digitalisierung: Daten, Funkverbindun-     Um den sicheren Betrieb solcher Anlagen zu gewähr­
    gen, Satellitenkommunikation. Ein Hochleistungs-Com-       leisten, ist Swissphone deshalb an hieb- und stichfesten
    puter mit einem mobilen Labor-Arbeitsplatz im Heck         Daten über die Leistungsfähigkeit von Basisstationen,
    wertet die Daten aus und liefert in Echtzeit die Mess-­    Sendeantennen oder Empfangsgeräten wie Pagern inte-
    Ergebnisse. Die gepufferte Stromversorgung bietet aus-     ressiert.
    reichend Energie für die Messsysteme – auch wenn das       Die Messfahrten sollen zeigen, wie sich heutige IoT-
    Fahrzeug steht.                                            Funktechnologien (LPWAN) gegenüber der bestehen-
                                                               den Lösung verhalten. Ziel ist es, die Erkenntnisse und
    Zuverlässige Funkverbindung im IoT-Zeitalter               Synergien der unterschiedlichen Systeme optimal für ein
    In einem Projekt mit dem ICOM Institut für Kommunika-      noch besseres ­Alarmierungssystem nutzen zu können.
    tionssysteme der HSR arbeitet derzeit unter anderem das    Das «Wireless Research Vehicle» (WRV) der HSR dient
HSR Magazin 1 / 2019
                                                                      15

«Das Fahrzeug lässt sich so flexibel            dabei als mobiles Auge, welches      ressourceneffiziente und landschaftsschonende Funk-
ausrüsten, dass es sämtliche                    mit etlichen Antennen bestückt       systeme planen.
                                                den unsichtbaren Funkverkehr
­Funksysteme und Netze im Feld
                                                sichtbar macht und auch mit          Mess-Technik flexibel installierbar
 ausmessen kann. Mit diesen Daten               den Basisstationen kommuni-          Die Bedeutung von präzisen Daten über Funk- und
 können wir für unsere Auftragge-               ziert. Dabei kann es flexibel ein-   Datenverbindungen wird künftig noch zunehmen.
                                                                                     ­
 ber präzise Daten für eine Optimie-            gesetzt werden. So können bei-       Schon heute sind viele Autos permanent über Satellit
                                                spielsweise Abdeckungskarten         oder Mobilfunknetz online. Mit zunehmender Integra-
 rung bestehender oder in Entwick-
                                                erstellt werden, um mögliche         tion von IoT-Lösungen im Zuge der Digitalisierung wer-
 lung befindlicher Systeme liefern              Funklöcher zu sehen. Oder das        den Infrastrukturen wie Kraftwerke, Fabriken, Kranken-
 sowie bei komplexen Störungen                  WRV fährt innerhalb der theore-      häuser, Verkehrsknotenpunkte oder ganze Städte
 der U
     ­ rsache auf den Grund gehen.»             tischen Reichweite einer An-         zunehmend digital vernetzt sein.
                                                tenne als ­  simulierter Daten-      Damit das WRV unter diesen Voraussetzungen mög-
Heinz Mathis, Leiter ICOM
                                                Sender/-Empfänger und prüft,         lichst breite Tests zu Funk- und Datenverbindungen
                                                inwiefern es beispielsweise in       ­absolvieren und zuverlässige Diagnosen stellen kann,
                        topografisch anspruchsvollen Gebieten oder in der Nähe        hat das ICOM sein WRV technisch flexibel aufgebaut. Je
                        von Industrieanlagen zu Störungen kommt.                      nach Projekt­bedarf können zusätzliche Messgeräte,
                        «Das Fahrzeug lässt sich so flexibel ausrüsten, dass es       Sensoren oder Prototypen von Kundengeräten einge-
                        sämtliche Funksysteme und Netze im Feld ausmessen             baut werden. Ausserdem bietet ein Blanko-Dachaufbau
                        kann. Mit diesen Daten können wir für unsere Auftrag-         die Möglichkeit, verschiedenste Sensorik- und Anten-
                        geber präzise Analysen für eine Optimierung bestehen-         nen-Konfigurationen aufzunehmen.   (MEW)
                        der oder in Entwicklung befindlicher Systeme liefern so-     —
                        wie bei komplexen Störungen der Ursache auf den              Kontakt zum Projektverantwortlichen:
                        Grund ­gehen», erklärt Heinz Mathis, Leiter des ICOM an      Prof. Dr. Heinz Mathis, Leiter ICOM Institut für
                        der HSR. Mit ­solchen Daten lassen sich beispielsweise,      Kommunikationssysteme, heinz.mathis@hsr.ch
                        trotz der h
                                  ­ erausfordernden Topographie in der Schweiz,

Mit der leistungsfähigen
Messtechnik im Inneren
des HSR Funkmesslabor-
Autos lassen sich unter
anderem genaue Abde-
ckungskarten über Funk-
und Datenmessungen
­erstellen.
HSR Magazin 1 / 2019
                                                  16

HSR analysiert Sicker­
wasserqualität unterhalb
von Kunstrasenplätzen
    Moderne Kunstrasenplätze sind Alleskönner und entsprechend beliebt.
    Bei Wind und Wetter bieten sie einen optimalen Untergrund für verschiedene
    Sportarten. Was jedoch unter dem Kunstrasen passiert, wenn es regnet,
    ist noch wenig untersucht. Die HSR geht dieser Frage auf den Grund.

    Seit fast 20 Jahren gibt es mit Gummi verfüllte Kunst­       terungsbedingungen mit den Materialien passiert, ist
    rasenplätze. Ihre Eigenschaften für Sportlerinnen und        noch kaum wissenschaftlich untersucht worden. Schät-
    Sportler sind so gut, dass heute in der Schweiz mehr als     zungen gehen davon aus, dass weltweit jährlich bis zu
    15 Prozent aller Fussballplätze mit Kunstrasen ausgelegt     160 000 Tonnen Kunstrasenfasern und Füllmaterial als
    sind – Tendenz steigend. Innerhalb der Europäischen          Mikroplastik in die Umwelt gelangen.
    Union wird erwartet, dass die Zahl der Kunstrasenplätze
    bis 2020 auf rund 100 000 anwächst.                          Im Labor untersucht
                                                                 Kunstrasen und die darin für eine bessere Dämpfung
    Mikroplastik im Abwasser?                                    ­verwendeten Füllmaterialien enthalten eine breite Stoff-
    Im Gegensatz zum sportlichen Nutzen sind die Umwelt-          vielfalt. In den Granulaten kommen etwa Schwerme-
    auswirkungen von Kunstrasenplätzen noch wenig un-             talle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
    tersucht. Die FIFA hat zwar beispielsweise ein Qualitäts-     (PAK), UV-Filter und Vulkanisationsbeschleuniger zum
    programm, das hohe Anforderungen an Herstellung,              Einsatz. Besonders diskutiert werden PAK im Zusam-
    Einbau und Unterhalt von Kunstrasenplätzen stellt. Was        menhang mit den Gummigranulaten aus Altreifen, in
    jedoch bei der Nutzung der Plätze unter normalen Wit-         Fachkreisen als «ELT-Granulat» (End-of-Life-Tyres) be-

                              Start des Experiments                                                       Abfluss nach 2 Minuten
HSR Magazin 1 / 2019
                                                                         17

                           zeichnet. Das Bundesamt für Sport geht davon aus, dass       ständig zurückgehalten. Der Vulkanisationsbeschleuni-
                           bei Regenwetter einige Stoffe ausgewaschen und im            ger Benzothiazol dagegen trat auch in einem halben
                           Boden verlagert werden können. Unter Umständen ge-           Meter Tiefe noch mit Konzentrationen von 300 bis 700
                           langt auch das Mikroplastik so in die Umwelt oder in         Mikrogramm pro Liter im Sickerwasser auf. Die kumu-
                           nahe Gewässer. Wie stark die Boden- und Gewässer­            liert ausgetragene Menge über die Testdauer umfasste
                           belastung konkret unter einem Kunstrasen aussieht, hat       rund 100 Milligramm Benzothiazol pro Quadratmeter.
                           deshalb das UMTEC Institut für Umwelt- und Verfah-           Das vom Ökotoxzentrum Eawag-EPFL vorgeschlagene
                           renstechnik der HSR untersucht. Im Labor haben die For-      Qualitätskriterium für Oberflächengewässer von 250
                           scher analysiert, welche Stoffe durch das Regenwasser        Mikrogramm pro Liter wird somit überschritten.
                           ausgewaschen und anschliessend in den Boden gespült          Einige Kantone legen bereits heute fest, dass das Ab-
                           werden. Neben Auswaschtests mit den einzelnen Mate-          flusswasser von Kunstrasenplätzen behandelt werden
                           rialien kamen auch sogenannte Lysimeter zur Betrach-         muss, bevor es in die Umwelt entlassen wird. In weiteren
                           tung des Systemverhaltens zum Einsatz.                       Versuchen will das UMTEC klären, welchen Einfluss ver-
                                                                                        schiedene Kunstrasen-Konzepte auf die Abflussqualität
                           Schicht für Schicht nachgebaut                               haben und welche geeignet sind, um die Umwelt vor
                           In den Elutionstests wurden die Kunststoffe, bestehend       ­unerwünschten Stoffeinträgen zu schützen.   (MEW)
                           aus Granulat, Kunstrasenbelag und Dämpfungsplatte,           —
                           darauf untersucht, ob und welche Stoffe herausgelöst         Kontakt zum Projektverantwortlichen:
                           werden. Für die Laborversuche hat das UMTEC Team             Prof. Dr. Michael Burkhardt, Institutsleiter UMTEC Institut
                           ­Lysimeter mit realen Aufbauten von Kunstrasenplätzen        für Umwelt- und Verfahrenstechnik,
                            befüllt. Die Schichtfolgen umfassten Kunstrasen mit         michael.burkhardt@hsr.ch
                            Granulat, Dämpfungsplatte, Dränasphalt und ein typi-
                            sches ungebundenes Kies-Sand-Gemisch, um einen
                            üblichen Systemaufbau zu simulieren. Anschliessend
                            ­
                            wurde der Laboraufbau automatisiert beregnet, um den
                            Wasserfluss und die Stoffverlagerung zu bilanzieren und
                            zu bewerten.

                           Zink und Benzothiazol ausgewaschen
                           Die Eluatversuche ergaben, dass Zink und Benzothiazol
                           aus dem Granulat ausgewaschen werden. Je länger das
                           Granulat feucht ist, desto mehr von der Stoffmenge
                           ­gelangt ins Wasser. Danach wurde im Labor-Lysimeter
Im automatisierten
­Labor-Lysimeter wurde      untersucht, wie mobil die beiden Stoffe unter dem Kuns-
 untersucht, welche         trasen sind. Dafür wurde intensiver Regen simuliert und
 Stoffe der Regen aus       das Sickerwasser bis zu einer Tiefe von einem halben
 dem Kunstrasen aus-
 spült und in den Boden     ­Meter verfolgt.
 mitnimmt – zur Visuali-
 sierung der Fliesswege    Zink bleibt hängen
 ist das Wasser mit
 ­Lebensmittelfarbe        Nach den Versuchen war klar: Zink wurde zwar vom
  ­eingefärbt.             ­Regen ausgewaschen, wird jedoch im Untergrund voll-

                                           Abfluss nach 12 Minuten                                            Gummi-Granulat in einem Kunstrasen
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                                                                                                Mit einer hybriden Bau-
                                                                                                weise und einem speziell
                                                                                                entwickelten Schweiss­
                                                                                                verfahren hält die stärkste
                                                                                                Kunststoff-Erdsonde der
                                                                                                Welt auch dem Druck in bis
                                                                                                zu 500 Meter Tiefe stand.

Die stärkste Kunststoff-
Erdwärmesonde der Welt
    Erdwärmesonden aus Kunststoff wurden bisher nur bis zu einer Tiefe von
    etwa 300 Metern verbaut. Die HSR hat nun zusammen mit dem Industriepartner
    Jansen AG ein deutlich robusteres System entwickelt, das die geothermische
    Energie auch in 500 Metern Tiefe mit Kunststoff-Erdwärmesonden nutzbar
    machen kann.

    Geothermische Energiegewinnung, die durch erdgekop-          steigen jedoch auch die Anforderungen, die an Material
    pelte Wärmepumpen erfolgt, etabliert sich zunehmend          und Maschine gestellt werden.
    in Mitteleuropa als Gebäudeheizung, Warmwasser­
    bereitung oder Kühlsystem. Im Vergleich zu konventio-        Material muss hohem Druck standhalten
    nellen Heizungen/Kühlungen punkten sie mit geringen          Der üblicherweise verwendete Standard-Kunststoff für
    Betriebskosten, ermöglichen einen leisen und emissions-      Erdwärmesonden kann dem hohen Druck in 500 Metern
    freien Betrieb und benötigen keine fossilen Energie­         Tiefe jedoch nur standhalten, wenn das Material dicker
    träger.                                                      wird, was aber Nachteile beim Wirkungsgrad bedeutet.
    In dem von der Schweizerischen Agentur für Innovati-         Deshalb suchten die Anbieter von Erdwärmesonden
    onsförderung unterstützten Projekt war es Ziel der Jan-      lange fieberhaft nach Alternativen.
    sen AG, zusammen mit der HSR ein neues Kunststoff-           Nach knapp fünf Jahren Forschungs- und Entwicklungs-
    Erdwärme-System zu entwickeln, das bis zu 500 Meter          arbeit mit dem IWK Institut für Werkstofftechnik und
    tief in den Boden eingebracht werden kann. In 300 Me-        Kunststoffverarbeitung kann die Jansen AG heute ein
    tern Tiefe ist das Erdreich rund 20 Grad Celsius warm, in    neues, hybrides Kunststoff-Rohrsystem anbieten, das
    400 Metern bereits 24 Grad und in 500 Metern zwischen        auch in 500 Metern Tiefe funktioniert.
    25 bis 30 Grad. Die höheren Temperaturen in grösseren
    Tiefen bedeuten ein grösseres Energiereservoir und ver-
    bessern die Effizienz der Wärmepumpe. Gleichzeitig
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                                                 19

Neuartiges Rohrsystem                                          —
Nach der Prüfung verschiedener Konzepte haben die              Kontakt zum Projektverantwortlichen:
Jansen AG und die HSR das Ziel durch gezielte Material-        Prof. Daniel Schwendemann, Fachbereichsleiter
Kombinationen und spezifische Multimaterialverbin-             Compoundierung/Extrusion IWK Institut für
dungstechniken erreicht: ein Geothermierohr zu entwi-          Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung,
ckeln, das energieeffizienter, leichter und robuster als       daniel.schwendemann@hsr.ch
bisherige Lösungen ist und ohne alterungsbedingte Ein-
bussen eine Lebenserwartung von rund 100 Jahren auf-
weist.

 Energie aus dem Boden in urbanen Gebieten
 Das Rohrsystem wird in hybrider Bauweise hergestellt.
 Die ­Hybridbauteile besitzen Eigenschaften, die ein ein-
 zelner Werkstoff nicht bieten kann. Um die metallische
 Komponente sowohl vor Beschädigungen beim Einbau
 wie auch vor dem Kontakt zum Wärmeträgermedium zu
 schützen, wurde sie in die Mittelschicht des Mehr-
 schichtaufbaus gelegt. Die Materialien in der Aussen-
 und der Innenschicht sind dieselben thermoplastischen
 ­Materialien, die auch bei den herkömmlichen Erdwärme­
  sonden Verwendung finden.
  Für die Verbundhaftung zwischen den metallischen und
  thermoplastischen Materialien werden Zwischenschich-
  ten benötigt, weshalb das neue System aus 5-schichti-
  gen Rohren besteht. Jede Schicht erfüllt dabei einen spe-
  zifischen Zweck, der dem Gesamtsystem eine bisher
  nicht mögliche Stabilität und Effizienz verleiht. So lässt
  sich etwa auch in Gebieten mit begrenztem Platzan­
  gebot im Boden der Energiebedarf decken – etwa in
­urbanen Gebieten.
  Das neue System hat auch die Fachwelt überzeugt. Ein
  aus dem Forschungsprojekt hervorgegangenes Produkt
  der Jansen AG hat Anfang 2019 den European Geother-
  mal Innovation Award gewonnen.   (SDL/MEW)

                                       Herkömmliche
                                       Erdwärmesonden                          20°C

                                       ~ 300 m

                                                                                                  24°C

                                       ~ 400 m

                                       JANSEN
                                       hipress                                                           25–30°C

                                       ~ 500 m
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«Kunststoff-Ver­
packungen haben einen
ökologischen Nutzen»
                           Plastikverpackungen, Plastiksäcke, Plastikbecher, Plastik-Besteck. Die Kritik
                           ­daran steigt, ebenso wie die Bestrebungen, Kunststoff-Sammlungen und
                            ­Kunststoff-Recycling zu fördern. Eine HSR Studie hat untersucht, welchen Um-
                             welt-Nutzen Plastik-Recycling bringt. Im Interview spricht HSR Abfallexperte
                             Prof. Dr. Rainer Bunge über die überraschenden Ergebnisse.

                           Plastik-Recycling ist nur bei der reinen PET-Samm-           Was sagt der Wert konkret aus?
                           lung sinnvoll. Diese Kernaussage einer Studie, an            Dieser zeigt auf, wie viel Umweltbelastung pro ausgege-
                           der Sie beteiligt waren, hat für viel Aufsehen ge-           benem Franken durch das Kunststoffrecycling vermie-
                           sorgt. Was macht man im Alltag mit dieser In­                den werden konnte. Wenn man dies auch für andere
                           formation? Einfach alles Nicht-PET-Plastik in den            Umweltmassnahmen macht, etwa das Aludosen- oder
                           Abfall werfen?                                               Elektronikschrottrecycling, ergibt sich, dass die Kosten/
                           Unsere Studie hat ergeben, dass die Kunststoffsammlun-       Nutzen-Effizienz des Kunststoffrecyclings sehr schlecht
                           gen – bezogen auf den marginalen ökologischen Nutzen         ist. Im Vergleich zu den anderen Recyclingmassnahmen
                           – sehr teuer sind. Damit legt unsere Studie nahe, dass       geradezu ein Luxusgut.
                           keine Grundlage dafür besteht, politischen Druck auf un-
Rainer Bunge,              sere ­Behörden auszuüben, um das Kunststoffrecycling         Also verkaufen Kunststoff-Recyclingsysteme ein
Institutspartner UMTEC
                           durch gesetzliche Massnahmen zu fördern. Ob wir die          falsches Bild vom Nutzen für die Umwelt?
Institut für Umwelt- und
Verfahrenstechnik          Kunststoffsammlungen vor diesem Hintergrund als              Es gibt leider ein breites Spektrum von Kunststoffsamm-
                           «sinnvoll» einschätzen oder nicht, ist ein psychologischer   lungen. Einige Sammler achten sehr gut darauf, dass
                           oder politischer Entscheid. Wer sammeln will, soll das ru-   möglichst nur rezyklierbares Material in ihren Sammel-
                           hig tun. Es bringt zwar wenig, aber es schadet wenigs-       behältern landet, also «Klasse statt Masse». Das machen
                           tens nicht.                                                  zum Beispiel Coop und Migros. Das ist zwar teuer, bringt
                                                                                        aber wenigstens einen (kleinen) ökologischen Nutzen. Es
                           Die Studie argumentiert gegen ein allgemeines                gibt aber auch Kunststoffsammler, die auf «Masse statt
                           Kunststoff-Recycling wegen der hohen Kosten bei              Klasse» setzen. Das ist billiger, aber dadurch kann die
                           einem geringen ökologischen Nutzen. Wie berech-              Sammelqualität so schlecht werden, dass das Material
                           net man diesen Nutzen und wann ist dieser «ge-               nicht mehr in Europa verwertbar ist.
                           ring»?
                           Der Nutzen von Umweltmassnahmen wird durch so ge-            Wo landet dieses Material am Ende?
                           nannte «Ökobilanzen» erfasst. So werden zum Beispiel         Ein Teil davon wird nach Fernost verschifft, wo doch
                           klimarelevante Emissionen durch «CO2-Äquivalente»            noch brauchbare Plastikteile heraussortiert werden. Die
                           ausgedrückt. Wir bevorzugen die Methode der «ökolo-          nicht mehr verwertbaren Sortierreste landen dann aber
                           gischen Knappheit», bei der der ökologische Schaden          zum Teil im Meer oder werden in offenen Deponien ab-
                           durch umweltrelevante Tätigkeiten mit Umweltbelas-           gefackelt. Eine ökologische Katastrophe, die durch das
                           tungspunkten UBP quantifiziert wird. Wenn wir nun            Kunststoffrecycling nicht etwa vermieden wird, sondern
                           den ökologischen Vorteil des Kunststoffrecyclings in         verursacht wird. Wir gehen davon aus, dass von den in
                           «vermiedenen Umweltbelastungspunkten» durch die              der Schweiz gesammelten Kunststoffen im Durchschnitt
                           zusätzlichen Kosten teilen, erhalten wir einen Kosten/       nur etwas mehr als die Hälfte hochwertig rezykliert wird.
                           Nutzen-Indikator, den SEBI.                                  Ein weiterer Teil wird in minderwertiger Form rezykliert,
                                                                                        beispielsweise als Europalette. Hierdurch wird Holz, ein
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                                                                       21

                        nachwachsender Rohstoff, substi­tuiert, was ökologisch        Wie stehen Sie zum Thema «Vermeidung von
                        nicht wirklich schlau ist. Der Rest gelangt in diverse aus-   Kunststoffverpackungen»?
                        ländische Verbrennungsanlagen oder wird nach Fernost          Ich sehe überhaupt keinen Grund für uns, Kunststoff­
                        exportiert.                                                   abfälle zu vermeiden oder auch nur zu vermindern.
                                                                                      Kunststoffe haben, insbesondere wenn als Verpackun-
                        Und dennoch: Ist die aktuelle Alternative, Kunst-             gen eingesetzt, einen ökologischen Nutzen. Kunst-
                        stoff in der Kehrichtverbrennungsanlage zu ver-               stoffverpackte Produkte haben ein geringes Transport-
                        brennen, nicht eine Rohstoffverschwendung?                    gewicht, ermöglichen eine längere Haltbarkeit von
                        Einmal verbrannt, löst sich das Plastik und damit             Lebensmitteln – darüber hinaus wird der Inhalt vor Be-
                        der zugrunde liegende Rohstoff Öl ja unwieder-                schädigung geschützt.
                        bringlich in Rauch auf.                                       Durch eine Abschaffung von Kunststoffverpackungen
                        Eben nicht. Was die wenigsten wissen – unsere Kehricht-       würden die verpackten Produkte zum Teil zerstört und
                        verbrennungsanlagen sind längst Kehrichtverwertungs-          somit die Foodwaste-Problematik massiv verschärft.
                        anlagen. Sie produzieren aus dem verbrannten Kunst-           Das «dreckige Ende» der Kunststoffverpackungen ist
                                               stoff Strom und Fernwärme. So          zwar grundsätzlich deren Entsorgung. Nicht aber in der
«Einige Kunststoffsammler ver-                 sparen wir Öl und Gas ein. Das ist     Schweiz, denn hier werden die Kunststoffverpackun-
schiffen Kunststoffe nach Fernost,             ökologisch fast so gut wie das         gen in der Kehrichtverbrennung unter Strom- und
                                               Kunststoffrecycling und sehr viel      Wärmegewinnung verwertet. Die Vermeidung von
                                                                                      ­
wo ein Teil der dort entstehenden
                                               billiger. Anstatt also Öl zu ver-      Kunststoffverpackungen ist zwar politisch im Moment
Sortierreste im Meer landet oder               brennen und Kunststoffe zu re-         ein ganz «heisses Thema». Sie zielt aber darauf ab ein
in offenen Deponien abgefackelt                cyceln, sollte man das Öl doppelt      Problem zu lösen, welches in der Schweiz gar nicht exis-
wird. Eine ökologische Katastrophe, nutzen. Zunächst sollte man aus                   tiert.   (MEW)
                                               dem Öl Kunststoffe herstellen,         —
die durch das Kunststoffrecycling
                                               diese stofflich nutzen und sie an-     Kontakt zum Interviewpartner:
nicht etwa vermieden, sondern                  schliessend via Kehrichtverbren-       Prof. Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC Institut für
verursacht wird.»                              nung als Energielieferanten ver-       Umwelt- und Verfahrenstechnik, rainer.bunge@hsr.ch

Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC
                                               werten.
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Innovationen für den nächsten
Medaillenregen
                         Massgefertigte Snowboards und Ski für internationale Spitzenathletinnen
                         und -athleten. Damit ist der hochspezialisierte Handwerksbetrieb Oxess
                         aus Bubikon bekannt geworden. Innovationsmüde wird Oxess-Chef Marcel
                         Brunner nicht – erst kürzlich hat er mit einer HSR Maschine einen ganzen
                         Arbeitsschritt auto­matisiert. Und er plant bereits weitere Innovationen
                         zusammen mit der HSR.

                         Ein paar Klicks am Computer und einige Metallrollen        medaillen-Gewinnerin im Freestyle Skiing Hanna Hus-
                         ­beginnen damit, eine Snowboard-Kante in Form zu           kova aus Weissrussland. Solche Kunden verlangen
                          biegen. Nach wenigen Sekunden hat die Maschine            nach Präzision und Hochleistungs-Sportgeräten. «Bei
                          knapp 2 Meter Metall in Form gebogen. Einen prüfen-       uns ist jedes Brett ein Einzelstück, deshalb musste ich
                          den Blick und zwei präzise Zangen-Kniffe von Oxess-       bisher auch jede einzelne Kante von Hand biegen»,
                          Chef Marcel Brunner braucht es noch, dann sind die        sagt Oxess-Chef Marcel Brunner.
                          Kanten bereit, in die Sandwich-Konstruktion eines prä-    Mehr als 25 Jahre lang hat er das gemacht. Doch seit
                          zise auf die Anforderungen eines bestimmten Athleten      die neue Maschine bei Oxess diese Arbeit übernimmt,
                          optimierten Snowboards eingefügt zu werden.               «sparen wir fast die Hälfte der Zeit für diesen Arbeits-
                          Die Liste namhafter Athletinnen und Athleten, die mit     schritt», sagt Brunner. Zeit, die er nur zu gern in andere
                          Oxess-Boards regelmässig Medaillen gewinnen, ist          Arbeiten oder die Leitung des wachsenden KMU-­
Fünf computergesteu-      lang. Der Schweizer Olympia-Gold-Sieger Nevin Gal-        Betriebs investiert. Seit der Gründung produziert Oxess
erte Rollen verwandeln    marini g­ehört genauso dazu wie die Damen- und            jedes Jahr mehr Boards, rund 1000 Stück waren es
digitale Planungsdaten
in exakt gebogene Ski-    ­Herren-Nationalmannschaften in der Disziplin Alpin-      2018.
und Snowboardkanten.       Snowboard der Volksrepublik China oder die Gold­
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                                               Hochschul-Nachbarschaft als          für Oxess. Die enge Zusammenarbeit ist ein Parade­
                                               Standort-Vorteil                     beispiel für den vom Gesetzgeber gewünschten Wis-
                                               In der Oxess-Werkstatt mischen       senstransfer aus den Fachhochschulen in die Wirt-
                                               sich die Eindrücke – halb Manu-      schaft. «Ich überlege mir immer, wie ich noch besser
                                               faktur, halb High-Tech-KMU.          produzieren kann, und weil die Zusammenarbeit mit
                                               Das neue Kanten-Biegesystem          der HSR so gut klappt, habe ich praktisch keine anderen
                                               wurde von Bachelorabsolvent          Partner mehr für Innovationen», sagt Brunner, der die
                                               Marc Heeb in einer Studien­          Nähe zu HSR als Standort-Vorteil sieht. Doch nicht nur
                                               arbeit vorbereitet und in einer      Oxess profitiert von der Zusammenarbeit. Wenn Stu-
                                               Bachelorarbeit in Form eines         dierende Konzeptstudien oder Prototypen bauen und
                                               funktionsfähigen Prototyps ent-      die HSR Forschungsinstitute die Prototypen anschlies-
                                               wickelt. Nach einer abschlies-       send zur Betriebsreife weiterentwickeln, wächst auch
                                               senden Verbesserung durch das        das Know-how an der HSR, wovon wiederum die Stu-
                                               ILT Institut für Laborautomation     diengänge profitieren.
                                               und Mechatronik der HSR er-
                                               füllte das neue Gerät die Anfor-     Nächstes Projekt schon im Kopf
«Ich überlege mir immer, wie ich noch          derungen von Oxess.                  Der Know-how-Kreislauf ist aktuell noch nicht am
besser produzieren kann, und weil die          Doch die neue Maschine ist nicht     Ende. Brunner plant bereits das nächste Projekt mit der
Zusammenarbeit mit der HSR so gut              das einzige HSR-Know-how             HSR. «Ein Prüfgerät für Schwingungen fehlt uns noch»,
                                               hier. Die Daten aus einem HSR        ­skizziert Brunner seine Idee. Mit dem Gerät will er aus-
klappt, habe ich praktisch keine anderen
                                               Teststand, der die Biegeeigen-        messen, wie die verschiedenen Materialien in Ski und
Partner mehr für Innovationen. »   ADGFSADGADFG

                                               schaften von Snowboards und           Snowboards sich genau auf das Dämpfungs- und
Marcel Brunner, Inhaber Oxess                  Ski exakt ausmisst, dienen Oxess      Schwingungsverhalten auswirken. «Damit könnte ich
                                               etwa bei der stetigen Weiter-         basierend auf den Messdaten optimale Materialkombi-
                        entwicklung der Sportgeräte. Entwickelt wurde der            nationen suchen und so noch mehr Leistung aus den
                        Teststand von einer Masterstudentin mit Unterstüt-           Brettern holen», sagt Brunner. Die Gespräche mit der
                        zung des IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunst-        HSR über das Folgeprojekt laufen derzeit. (MEW)
                        stoffverarbeitung der HSR. Diverse HSR Studienarbei-        —
                        ten zu den Struktur- und Schwingungsdämpfung bei            Kontakte zu den Projektverantwortlichen:
                        Snowboards fliessen ebenfalls direkt in die Entwicklung     Prof. Dr. Christian Bermes, Professor für
                        ein. Wenn Brunner eine Maschine nicht auf dem Markt         Maschinentechnik|Innovation, christian.bermes@hsr.ch
                        beziehen kann und einen spezifischen Prototypen             Sergio Miracco, Projektleiter ILT Institut für Labor-
                        braucht oder wenn er neue Werkstoffe testen oder            automation und Mechatronik, sergio.miracco@hsr.ch
Aus der Maschine        seine Prozesse o
                                       ­ ptimieren will, ist die HSR seine erste    Marcel Brunner, Inhaber Oxess, info@oxess.ch
direkt ins Snowboard.   Anlaufstelle.                                               Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich
Eine frisch gebogene    Seit 2005 wurden in Studien-, Bachelor- und Master­         Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für
Kante wird in die Sand-
wich-Struktur eines     arbeiten sowie in der Zusammenarbeit mit den HSR            Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung,
Snowboards integriert.  Forschungsinstituten aus Ideen Wettbewerbsvorteile          gionandrea.barandun@hsr.ch
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Wirtschaftsingenieure der HSR
setzen die Digitalisierung um
                                        Die steigende Nachfrage der Industrie nach spezialisierten Fachkräften
                                        für die Umsetzung der Digitalisierung nimmt zu. Gefragt sind inter­disziplinär
                                        denkende Ingenieurinnen und Ingenieure an der Schnittstelle zwischen
                                        Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Informatik. Der Studiengang
                                        Wirtschaftsingenieurwesen (WING) an der HSR konzentriert sich genau darauf:
                                        Die Ausbildung von Fachkräften für angewandte Digitalisierung.

                                        Jeder Betrieb muss die digitalen Optionen auf die eige-                 Industrieprojekt über fünf Semester
                                        nen Anforderungen abstimmen – Innovationen müssen                       Wenn im Rahmen einer solchen Transformation die
                                        sich gleichzeitig in bestehende Prozesse, Geschäfts­                    ­Bereiche Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Infor-
                                        modelle und die vorhandene Infrastruktur einfügen so-                    matik zusammenarbeiten müssen, stossen klassische
                                        wie die Effizienz im Unternehmen markant steigern.                       Fachspezialisten an interdisziplinäre Grenzen. Die Digi-
                                        Teils sollen komplett neue Geschäftsmodelle oder digi-                   talisierung hat den Bedarf an Fachkräften sichtbar ge-
                                        tale Produkte ermöglicht werden. Dabei sind der pas-                     macht, die als Schnittstelle fungieren und digitale
                                        sende Technologie-Mix und die Integration digitaler                      Transformationsprozesse orchestrieren können. Der
                                        Prozesse in bestehende und neue Geschäftsmodelle                         Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der HSR
                                        entscheidend.                                                            hat sich die Ausbildung solcher Schnittstellen-Spezialis-
                                                                                                                 ten und -Spezialistinnen auf die Fahne geschrieben.
                                                                                                                 Die drei digital geprägten Studienschwerpunkte Smart
Ein einzelnes Produkt, hier ein Robo-
ter, ist in ein vielschichtiges Netz von                                                                         Products and Data Science, Value Chain Network and
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                                                                                                                 ­
 Unternehmens sowie seiner ­Partner
 integriert. Jede Änderung muss des-                                                                             themen und -technologien. Die erworbenen Kennt-
 halb gut ­geplant werden.                                                                                       nisse wenden die Studierenden vom ersten bis zum
                                                                                                                 fünften Semester in einem Industrieprojekt direkt
                                                      on
                                                 urati           Mod
                                                                    ula Entw
                                                                                                                 ­praxisnah an. Im Zentrum steht dabei ein Roboter als
                                       f  nfig
                                  kau n Ko                             ris
                                                                          ier ic                                  «digitaler ­Dozent».
                                er sitio                                     un kl
                                                                               g                                  Am Beispiel der fiktiven Firma «Sortic» und einem
                                   po
                            V

                                                                                      un Än

                                                                                                                  ­Ro­boter lernen WING-Studierende, digitale Lösungen in
                                         ES
                                                                                 +
                                                                                        g deru
                               o
                             Pr

                                        M                                  C                                       komplexen betrieblichen Systemen umzusetzen.
                         lue

                                                                             AD
                       Va

                                                                                             ng

                                                                                                                 Ein Roboter als Lehrer
                                                                                                                 In der haptischen Welt ist der digitale Dozent ein un-
                                                                                                                 scheinbarer Roboter, der Lego-Teile in Boxen einsortiert.
                                                                                                                 Die «didaktische Magie» passiert in der digitalen Welt
                                                                                      Konzept
         Ser e + Prozesse

                                                                                                                 hinter dem Roboter, in der verschiedene Systeme wie
                                                                                                                 CAD, PLM, ERP und MES aus verschiedenen Stamm-
                                                                                                        Prod
            vice

                                                                                              +

                                                                                                                 ­und Bewegungsdaten eine Datenarchitektur bilden. Sie
                                                                                                Le

                                                                                                                  muss präzise wie ein Uhrwerk funktionieren, damit auch
                        kt

                                                                                                  an ion
                                                                                                   ukt
                      du

                                                                                                                  in der realen Welt alles rund läuft. Oft wird hier vom
                                                                                                     Ma
                   Pro

                                   RP

                                                                                                       n

                                                                                                                  ­integrierten Datenfluss als Basis für die Industrie 4.0
                                                                                                        a
                                                                             P

                                        E                               LM
                                                                                                         ge

                                                                                                                ­gesprochen.
                                                                                                           m
                                                                                                            e

                                                                                 nt
                                                                                                                   Die imaginäre Firma hinter dem Roboter ist ein klassi-
                                                                                                                   scher Anlagenbauer, der seine Kunden mit individuellen
                                                                esse
                                                                                                                   Roboter-Lösungen beliefert. Der Roboter spielt die Rolle
                                              Make
                                                   or Buy + Proz
                                                      Einkauf                                                      des Kernprodukts des Unternehmens: ein modular auf-
                                                                                                                   gebautes, anpassbares Industrieroboter-System. Es kann
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