RESSOURCENSICHERHEIT - HSR
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HSR Magazin 1 / 2019 1 AUSGABE 1 / 2019 RESSOURCENSICHERHEIT Was Menschen tun, beeinflusst die Umwelt. An der HSR beschäftigen sich Forschung und Studiengänge mit aktuellen technischen Lösungen, um die Umwelt zu schützen. AUTO MIT DIGITALISIERUNGS-AUGEN Die HSR verfügt über ein Auto, dass die digitale Welt sieht und misst. Das mobile Labor analysiert und kartiert mit seinen Sensoren Funkwellen aller Art. NUTZLOSES KUNSTSTOFF-RECYCLING? Halb Europa diskutiert über die Reduktion von Kunststoff-Verpackungen. Ein HSR Professor hält dagegen: Plastik nützt mehr, als es schadet. www.hsr.ch
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HSR Magazin 1 / 2019 4 INHALT 8 10 12 14 20 16 18 28 FOKUS THEMEN AKTUELLES 8 Den Bergsturz von Bondo in die 26 Innovationen für den nächsten 32 Preise und Auszeichnungen, Landschaft integrieren Medaillenregen Robolympics 2018 10 Warum Wohngebäude oft mehr 28 Wirtschaftsingenieure der HSR setzen 33 Preise und Auszeichnungen, Energie verheizen als geplant die Digitalisierung um World Robot Summit 12 Flexibles Panorama für flexible Hallen 30 Prokrastination: «Heute ist nicht 34 Digitalisierungs-Konferenz mehr so klar, was wichtig ist» 14 Das HSR Auto, das die Digitalisierung 35 Nationaler Zukunftstag, sieht Klimagarten 2085 16 HSR analysiert Sickerwasserqualität 36 Pensionierung, Neue Professuren, unterhalb von Kunstrasenplätzen HSR Agenda 18 Die stärkste Kunststoff-Erdwärme- 37 HSR Galerie Textilaltro, Impressum sonde der Welt 38 Sprungbrett 20 «Kunststoff-Verpackungen haben einen ökologischen Nutzen»
HSR Magazin 1 / 2019 5 DIE DIGITALISIERUNG SEHEN UND KARTIEREN Das neue Wireless Research Vehicle der HSR kann die Digitalisierung sehen, seine Messergebnisse beispielsweise in Form von Abdeckungskarten für mobile Datenverbindungen ausgeben und so Grundlagen für Infrastruktur-Entscheidungen liefern. Grafik: Tobias Leuenberger, leuen.com LIEBE MAGAZINLESERINNEN LIEBE MAGAZINLESER Heute schreibe ich Ihnen von einem aqua- Schliesslich begegne ich jeden Tag Dozieren- das Editorial aufgeschoben, obwohl mir marinblauen Meeresufer, von dem man in den, die in Themen forschen, welche sich diese Aufgabe besonders am Herzen liegt? der Nacht Tausende Sterne mit blossen Auge unter einem grossen «U» wie Umwelt zu- Gerne lade ich Sie zum Interview über dieses beobachten kann, aber am Strand nicht sammenfassen lassen. Ressourcenschonung Thema mit Rita Raemy von der Universität mehr spazieren kann, weil er weggespült und klimaneutraler Ressourcenumgang ist Fribourg sowie zur Lektüre neuster Umset- worden ist. In der Nacht fluoresziert hier das an der HSR seit Jahrzehnten Programm. zungen aus unserer Forschung, damit die Plankton und man sieht die Milchstrasse, die Blutbuchen nicht sterben müssen. sich allerdings beim näheren Hinsehen als Auch unsere Studierenden engagieren sich eine Sternenanhäufung leicht verdeckt quasi nebenamtlich: Ende März führten sie Viel Spass beim Lesen! durch zarte Wolkenschleier entpuppt. Quasi an der Hochschule in Zusammenarbeit mit laktosefrei. der Stadt Rapperswil-Jona und unter Mitwir- kung unserer Professorinnen und Professo- Wie ich hierhergekommen bin, werde ich ren die zweite Nachhaltigkeitswoche durch. nicht kommentieren. Nein, eine Bahnverbin- An über 40 verschiedenen Veranstaltungen dung führt hierher nicht. Dafür pflanze ich erhielten die Besucherinnen und Besucher Eva Tschudi zuhause fleissig Bäume und Sträucher und Einsichten in wissenschaftliche Experimente, Chefredaktorin hoffe, dass sie unsere Nachkommen 2085 Forschungsprojekte oder einfache Tipps, noch wachsen sehen. Denn die Wissen- wie sie selber ihre Gewohnheiten ändern schaftler berechneten, dass die Klimaerwär- und zu weniger CO2-Ausstoss beitragen mung in 66 Jahren 3 Grad ausmachen wird, können. wenn wir uns an die Versprechen zur CO2- Reduktion ab heute halten. Tun wir das Wenn ich Ihnen aus den Ferien schreibe, bin nicht, wird es im Schnitt 6.5 Grad wärmer, ich schon Teil der Arbeit 4.0? Bürolos, Hun- und die lieb gewonnenen Blutbuchen in un- derte Kilometer entfernt, mit Laptop und di- seren Parks und Gärten verschwinden. Ja, gitalem Datenzugang und doch mit Ihnen auch mich hat der Gretaeffekt erfasst. verbunden. Oder habe ich prokrastiniert,
HSR Magazin 1 / 2019 6 Konventionen brechen, statt weiter so. Das ist für mich Industrie 4.0. Andreas Schumacher Softwareentwickler mit Weitsicht: Lokalisiert in der Produktion selbst kleinste Objekte mit einem innovativen Kennzeichnungssystem. Wie mutig sind Sie? Visionäre Softwareentwickler (w/m) gesucht. Wir suchen Softwareentwickler (w/m) mit mutigen Ideen. Als Hochtechnologie- unternehmen und Anbieter von Lösungen in den Bereichen Werkzeugmaschinen und Lasertechnik definieren wir die Grenzen des Machbaren immer wieder neu. www.trumpf.com/s/software-developers Trusting in brave ideas.
HSR Magazin 1 / 2019 7 Forschung für die Umwelt Einer der drei Pfeiler der Energie- Unsere Studierenden engagierten sich zu- strategie 2050 ist es, die Ener sammen mit den Dozierenden und der Stadt gieeffizienz beispielsweise von Rapperswil-Jona für die Durchführung der Gebäuden zu steigern. So unter- zweiten Nachhaltigkeitswoche an der HSR, suchte das SPF Institut für Solar- die ein vielseitiges Programm bot. Ende März technik zusammen mit Wirt- informierten sich Besucherinnen und Besu- schaftspartnern im Auftrag des cher an rund 40 Anlässen zum Thema «Ener- Bundesamts für Energie das Nut- gie», wie sie einen nachhaltigen Umgang mit zerverhalten in Gebäuden, um Ressourcen selbst steuern können. bessere Heizsysteme zu entwi- ckeln. Das IWK Institut für Werk- Zum Schluss möchte ich Sie, liebe Leserinnen stofftechnik und Kunststoffver- und Leser, einladen, den Klimagarten 2085 arbeitung konzipierte zusammen auf unserem Campus zu besuchen. Erleben mit einem Traglufthallen-Spe Sie bis Ende Mai 2019 Klimaszenarien und zialisten neuartige, integrierte die Auswirkungen des Klimawandels auf Fenster, die den Energiever- Pflanzen, Landschaften und Städte. Das Ex- brauch der Hallen senken. Ein periment lädt uns alle zum Mitdenken und thematisch ganz anders gelager- Mitmachen ein. tes Projekt des UMTEC Institut — für Umwelt- und Verfahrens- Prof. Dr. Margit Mönnecke technik ging der Frage auf den HSR Rektorin Grund, welche Auswirkungen «Die Erkenntnisse aus der angewandten Kunstrasenplätze auf die Um- Forschung und Entwicklung fliessen in den welt haben. Unterricht ein und halten nicht nur die Themen aktuell, sondern tragen dazu bei, Im Labor wurde analysiert, wel- che Stoffe durch Regenwasser das Bewusstsein unserer Studierenden ausgewaschen werden und in im Umgang mit natürlichen Ressourcen zu den Boden oder in nahe Gewäs- schärfen.» ser gelangen. Die Erkenntnisse aus der angewandten Forschung Ressourcensicherheit – das Fokusthema die- und Entwicklung fliessen in den Unterricht ser Magazinausgabe – könnte aktueller nicht ein und halten nicht nur die Themen aktuell, sein. Von Bangkok bis Zürich streiken zig sondern tragen dazu bei, das Bewusstsein tausende junge Menschen jeden Freitag für unserer Studierenden im Umgang mit natür- einen besseren Klimaschutz. Vor kurzem lichen Ressourcen zu schärfen. So ging ein schloss sich auch die Wissenschaft dieser Bachelorabsolvent in seiner Abschlussarbeit Initiative an. neue Wege und schlug ein D eponiekonzept vor, das weitgehend landwirtschaftliche Als praxisorientierte Hochschule initiiert und Nutzflächen und Kulturlandschaftselemente begleitet die HSR seit Jahren Forschungs erhält. projekte, die auf innovative Weise die um- weltfreundliche und klimaneutrale Nutzung Das Konzept ist deshalb zukunftsweisend, von Energiequellen und nachwachsenden weil es Deponieplanungen an der Kultur- Rohstoffen voranbringen. Im Rahmen der landschaft ausrichtet und sie weitestgehend Energiestrategie 2050 intensiviert die HSR erhält. Anlass für diese Arbeit war der Berg- jene Forschungsfelder, die einen direkten sturz in Bondo, der neben der menschlichen Einfluss auf die Zukunft unserer Umwelt ha- Katastrophe auch enorme Geröllmassen ben. In dieser Magazinausgabe präsentieren verursachte, die versorgt werden müssen. wir eine Auswahl an aktuellen Ergebnissen.
HSR Magazin 1 / 2019 8 Den Bergsturz von Bondo in die Landschaft integrieren Manche Bachelor-Arbeiten wirken auch nach dem Abschluss noch nach. So auch die Arbeit des Landschaftsarchitektur-Absolventen Kevin Steinke. Das Amt für Natur und Umwelt des Kantons Graubünden und die Gemeinde Bregaglia interessieren sich für sein Konzept, wie die enormen Schuttmassen des Bergsturzes von Bondo in einer landschaftsverträglichen Deponie versorgt werden könnten. Das gefüllte Auffangbecken in Bondo im Juli 2018.
HSR Magazin 1 / 2019 9 Der Konzeptplan für den Standort «Palü» nimmt bei der Versorgung des Schutts Rücksicht auf die Landschaft. schont, bestehende Risiken umgangen und eine land- schaftsgerechte Eingliederung der Deponie ermöglicht werden. «Durch diese Bachelorarbeit entstanden neue Lehrinhalte für die Module der Landschaftsgestaltung und Forschungsansätze für das Institut für Landschaft und Freiraum der HSR», sagt Oesch. Auf diesem Weg können künftige Studierende und auch die angewandte Forschung der HSR langfristig von Steinkes Arbeit profi- tieren. Eine mögliche Einbettung des Deponiekörpers in die Talflanke südlich von Vielschichtige Analyse und Konzeption Bondo, mit Blick Richtung Oesch schätzt vor allem, dass das von Steinke empfoh- Chiavenna. lene Vorgehen den Verlust der landwirtschaftlichen Nutzfläche gering hält und gleichzeitig traditionelle Kul- turlandschaftselemente wie die Kastanienselven erhält. Der Bergsturz im August 2017 am Piz Cengalo mit dem «Würde das Konzept umgesetzt, wäre es ein Vorbild anschliessenden Murgang ins Tal war ein Jahrhunderter- projekt, wie eine Grossdeponie in die Kulturlandschaft eignis. Die Verwüstung der Talschaft um Bondo im Ber- eingebettet und wie das Vorhaben mit den neuen Le- gell (GR), die Tragödie der vermissten Bergsteiger und die bensräumen allgemein verständlich visualisiert werden fliessenden Geröllmassen gingen durch die Medien. Das kann», lobt Oesch. Gröbste ist wohl ausgestanden, doch es warten weitere Die GIS-basierte Rasteranalyse auf der Basis eines ange- Hunderttausende Kubikmeter loser Felsmassen oben im passten Kriterienkatalogs wurde im Rahmen der Depo- Talkessel. Früher oder später wird erwartet, dass sie sich nieplanung des Kantons St. Gallen entwickelt. Vier po- lösen. Das Dorf ist auf den nächsten Murgang vorberei- tentielle Standorte wurden auf ihre Eignung hin bewertet. tet, das Auffangbecken ist geleert und die schlimmsten Für den am besten geeigneten Standort «Palü» (siehe Schäden sind behoben. Grafik) wurde ein vertieftes Variantenstudium zur Gestal- tung und Rekultivierung mit Skizzen und Höhenmodell Problem gelöst, Natur geschont durchgeführt. Die bestmögliche Erschliessung, Etappie- Um das Auffangbecken rasch zu leeren, wurden rund rung und Eingliederung mit der Bepflanzung wurde von 10 000 Kubikmeter Schutt pro Tag in eine nahegelegene Kevin Steinke evaluiert. Der Deponiekörper fasst rund Deponie transportiert, die von den Behörden unter Not- eine Million Kubikmeter. Die gewählte Etappierung des recht angelegt wurde. In seiner Bachelorarbeit widmete Projekts ermöglicht einen vorübergehenden Zwischen- sich der HSR Student Kevin Steinke der Frage, wie die abschluss der Deponie für den Fall, dass weitere Mur- deponierten und die noch erwarteten Geschiebemassen gänge vorübergehend ausbleiben. (OES) in der Talschaft fachgerecht versorgt werden können. — Aus der Sicht von Landschaftsarchitektur-Professor Projektverantwortliche: Thomas Oesch hat Steinke in seinem Konzept mit einer Kevin Steinke, BA, «Granitum ante Portas»; vertieften Geoinformations-Analyse und geschickter steinke@bbzbern.la CAD-Geländemodellierung ideale Grundlagen geschaf- Prof. Thomas Oesch, Professor für Landschafts- fen, wie vorhandene Naturwerte und Nutzungen ge- gestaltung; thomas.oesch@hsr.ch
HSR Magazin 1 / 2019 10 Warum Wohngebäude oft mehr Energie verheizen als geplant Moderner Gebäudetechnik zum Trotz: Viele Immobilien brauchen in der Realität mehr Energie für die Heizung als geplant. Eine gemeinsame Studie von HSR, 3-Plan Haustechnik AG und econcept zeigt jetzt, warum. Vor allem im Herbst und im Frühling wird mehr Heizwärme benötigt als angenommen. Auf die Investition in eine gute Gebäudehülle folgt oft messene Heizwärmebedarf die normbasierten Annah- die Ernüchterung. Das Gebäude verbraucht im Alltag men um ganze 44 Prozent. Vier von insgesamt 65 in der mehr Energie, als die Berechnungen im Vorfeld verspro- Studie untersuchten Mehrfamilienhäusern benötigten chen haben. In Fachkreisen wird dieses Phänomen «Per- sogar mehr als doppelt so viel Heizwärme wie berechnet. formance Gap» genannt. In einer gemeinsamen Studie Als Hauptgrund für die starken Abweichungen identifi- haben die HSR, die 3-Plan Haustechnik AG und econcept zierten die Forschenden die Raumtemperatur. Sprich: breit untersucht, welchen Einfluss der Mensch als Be- Bewohnerinnen und Bewohner stellen eine höhere Soll- wohner und weitere Faktoren darauf haben. Temperatur ein, als die Norm annimmt. Mehr als 50 Pro- zent der untersuchten Wohnungen strebten 24 Grad an. Warm muss es sein Im Schnitt stellten die Bewohnenden 23 Grad Wunsch- Besonders auffällig in den Ergebnissen ist, dass die Be- Temperatur ein. rechnungs-Normen laut SIA 380/1 (Energienachweis) von Zusätzlich konnten die Forschenden mittels Simulatio- vorbildlichen Menschen ausgehen, die energiesparend nen aufzeigen, dass in der Übergangszeit im Frühling leben. Sprich: 20 Grad Celsius Raumtemperatur, Lüften und im Herbst die Fenster trotz vorhandener Komfort genau so viel wie nötig und im Winter möglichst viel lüftung mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitweise gekippt Sonneneinstrahlung durch die Fenster. In der Realität sieht offen stehen. Dadurch ergibt sich in der Übergangszeit das jedoch anders aus: Im Durchschnitt übersteigt der ge- ein grosser Unterschied zur Norm. Dies zeigt, dass nicht Planung versus Rea Ursache Wirkung lität: Bei unerwartet hohen Energiekosten entfällt nur ein Bruch- teil auf die Gebäude- technik. Ein Grossteil Ambient-Gap Energie Performance-Gap hängt von Umweltfak- (Aussenlufttemperatur, Solarstrahlung, (Heizwärmeverbrauch, Warmwasserverbrauch, toren, Bewohnerinnen Wind, Umgebung) Endenergieverbrauch) Consumption-Gap und Bewohnern sowie den Berechnungs- grundlagen bei der User/Usage-Gap Comfort Performance-Gap Performance-Gap Planung ab. (Benutzerverhalten, Gebäudenutzung, Anwesen- (thermischer Komfort, Luftqualität, Feuchtigkeit, heit, Komfortansprüche, Rebound-Effekte) Kaltluftabfall/Zugluft, Akustik) (Literatur) Norm-Gap Ecological Performance-Gap (Berechnungsgrundlagen, Annahmen, Verein- (Primärenergie, Treibhausgasemissionen, fachungen, Standardnutzung) Graue Energie, Wasserverbrauch) Technical-Gap Economical Performance-Gap (Heiztechnik, Lüftungstechnik, Gebäudehülle, Betriebs- (Unterhaltkosten, Energiekosten) führung, Umsetzung/Bauausführung, Messfehler) Performance-Gap (im eigentlichen Sinne)
HSR Magazin 1 / 2019 11 etwa Baumängel der Grund für den Performance Gap der Realität mehr verbraucht wird, als vom Hersteller sind. Die Norm als Berechnungsgrundlage geht schlicht angegeben. Dass bei den Berechnungen getrickst von einem nicht realitätsnahen Verhalten der Bewohne- wurde und der Kunde ein Produkt erhält, welches nicht rinnen und Bewohner aus. dem entspricht, was gemessen oder versprochen wurde, scheint jedoch bei Immobilien eher die Aus- Suche nach weiteren Erklärungen nahme zu sein. Mit diesen Erkenntnissen können die Forschenden der HSR einen Mehrbedarf von rund 30 bis 60 Prozent er- Vertiefte Untersuchung geplant klären. Denn jedes Grad zusätzliche Raumtemperatur Obwohl die Nutzer von Gebäuden ihren Teil zur Energie- steigert den Heizwärmebedarf um 10 bis 12 Prozent. effizienz beitragen können, weisen die Autoren der Die Investition in wärmeeffiziente Gebäude lohnt sich Studie darauf hin, dass nicht der Bewohner an sich ein aber trotzdem: Ein Minergie-P-Haus ist, basierend auf Problem ist, sondern die Normen, die nicht das reale Ver- den absolut gemessenen Zahlen, immer noch deutlich halten widerspiegeln, oder die Haustechnik, die vom besser als ein Gebäude, das nur die minimalen gesetz- Kunden nicht verstanden wird. Deshalb wird das Institut lichen Vorschriften einhält. für Solartechnik SPF der HSR zusammen mit der econ- Die Untersuchung der Energienachweise der Gebäude cept AG diesem Thema genauer nachgehen und in ei- hat aufgedeckt, dass in einigen Fällen seitens der Pla- nem weiteren, vom Bundesamt für Energie (BFE) geför- nenden tendenziös optimistische Annahmen getroffen derten, Projekt das Benutzerverhalten in Abhängigkeit worden sind. Dadurch schneidet ein Gebäude in der des Aussenklimas genauer untersuchen. Nur wenn die Wärmeverluste in Realität automatisch schlechter ab als vorher berech- Nutzer besser verstanden werden, können auch bessere Gebäuden lassen sich net. Dass das Nutzerverhalten einen entscheidenden Heizsysteme und bessere Gebäude gebaut werden. sichtbar machen, die Ursachen dafür erfor- Einfluss hat, ist ähnlich wie beim Autofahren: Der (MEW) dern jedoch eine ge- Benzinverbrauch eines Autos wird auch über Norm- — naue Beobachtung von tests durchgeführt, die dem realen Fahrverhalten nur Projektverantwortliche: Gebäuden sowie ihren Bewohnerinnen und bedingt entsprechen. Dies führt dazu, dass sowohl Igor Mojic, Projektleiter SPF, igor.mojic@hsr.ch Bewohnern. Auto- wie auch Hausbesitzer enttäuscht sind, wenn in Dr. Michel Haller, Forschungsleiter SPF, michel.haller@hsr.ch
HSR Magazin 1 / 2019 12 Flexibles Panorama für flexible Hallen Wenn Tennisplätze oder Schwimmbäder im Winter genutzt werden sollen, sind sogenannte Traglufthallen oft die erste Wahl. Beheizung und Beleuchtung sind jedoch eine Herausforderung. Das hat die Firma HP Gasser nun zusammen mit der HSR gelöst: Durch eine flexible Panorama-Konstruktion hilft die Sonne direkt im Inneren.
HSR Magazin 1 / 2019 13 Der Tennisclub Wohlen Nieder- Innovationssprung in vier Monaten matten kann seit dem Herbst Für die Realisierung der hellen Traglufthalle für den 2018 auch im Winter auf dem Tennisclub in Wohlen haben HP Gasser und die HSR mit Aussenplatz trainieren. Möglich Unterstützung eines Innovationschecks der Schweize macht das eine neue Tragluft- rischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse halle – eine Kunststoff-Halle, die einen regelrechten Entwicklungs-Sprint hingelegt. Im nur vom leicht höheren Luftdruck Frühling 2018 fanden erste Gespräche zwischen HP Gas- im Inneren getragen wird. Die ser und dem IWK statt. Im Juli 2018 fiel der Startschuss leichte Konstruktion kommt für das Projekt und bereits im Oktober konnte die neue ohne starre Stützen aus und lässt Halle erstmals aufgebaut werden. sich schnell auf- und abbauen. Auf Basis eines neuartigen Konzepts des IWK und ent- Damit eignet sich die Halle ideal, sprechender Pläne war HP Gasser in der Lage, die neue um die kalten Monate zu über- Halle zu konstruieren und rechtzeitig zur Winter- «Besonders stolz macht uns, dass brücken und im Frühling wieder Trainingszeit in Wohlen aufzustellen. «Besonders stolz wir trotz der grossen Panorama- abgebaut zu werden. macht uns, dass wir trotz der grossen Panorama-Öff- Öffnungen der Leichtbauweise nungen der Leichtbauweise treu bleiben und damit die Mehr Licht von Aussen Vorteile von Traglufthallen erhalten können – sogar be- treu bleiben und damit die Vorteile Obwohl es bereits seit mehr als stehende Traglufthallen können nachgerüstet werden», von Traglufthallen erhalten 20 Jahren Traglufthallen gibt, sagt Thomas Reber. können.» war der freie Blick nach aussen in Der Zusatzaufwand für den Durchblick nach aussen Thomas Reber, Projektleiter HP Gasser AG solchen Traglufthallen bisher beschränkt sich abgesehen von den ETFE-Kissen auf eine grosse, technische Heraus- einige zusätzliche Drahtseile zur Ankerung. «Statt der forderung. Zumeist blieb es deshalb bei kleinen integ- bisher jeweils separat montierten Fenster-Blöcke ist der rierten «Bullaugen», die wenig Tageslicht einliessen. nachgiebige Panoramabereich nun direkt in die Halle Zudem wurden Konstruktion sowie Auf- und Abbau integriert», erklärt Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, der durch starre, separat montierte Fensterbereiche kompli- das Projekt aufseiten der HSR geleitet hat. (MEW) zierter. In Zusammenarbeit mit dem IWK Institut für — Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der HSR Kontakt zu den Projektverantwortlichen: hat die Firma HP Gasser nun aber ein Konzept entwi- Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich ckelt, das Traglufthallen mit gossen Panoramaöffnun- Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für gen als Kunststoff-Kissen (ETFE) ohne Abstriche erlaubt. Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, Das bietet nicht nur offensichtliche, sonnige Vorteile für gionandrea.barandun@hsr.ch das Publikum und die Spielerinnen und Spieler. Als Thomas Reber, Projektleiter und technischer Berater bei Lichtdurchflutet: Die Nebeneffekte werden auch die Beleuchtung und die der HP Gasser AG, thomas.reber@hpgasser.ch Panorama-Öffnungen in der Traglufthalle Beheizung einfacher. Besonders das Heizen benötigt mit lassen viel Licht von dem neuen Hallen-Konzept weniger Energie, weil die aussen ins Innere und Sonne verglichen mit fensterlosen Traglufthallen mehr ermöglichen so auch im Winter Tennis bei Wärme ins Innere der Halle abgeben kann – die Energie- Tageslicht. effizienz steigt dadurch insgesamt.
HSR Magazin 1 / 2019 14 Das HSR Auto, das die Digitalisierung sieht Für Mobilfunkanbieter ist es das Verkaufsargument Nummer eins: die Netz abdeckung. Schnelle Datenübertragung und flächendeckender Empfang sind aber nicht nur für Smartphones wichtig, sondern auch für autonome Autos, Laptops, IoT-Geräte oder den Digitalfunk von Blaulichtorganisationen. Die HSR hat nun ein mobiles Messlabor, das kabellose Daten in der Luft sehen, messen und kartieren kann. Nur der Schriftzug «Wireless Research Vehicle» deutet Schweizer Unternehmen Swissphone Wireless AG mit an, dass der Elektro-Kleinwagen im Fuhrpark der HSR dem mobilen Funkmess-Labor der HSR. Swissphone ist mehr auf dem Dachgepäckträger hat als eine simple auf den Betrieb von Infrastrukturen für die digitale Transportbox. Im Inneren des Behälters messen Senso- Alarmierung von Rettungsorganisationen spezialisiert. ren den Atem der Digitalisierung: Daten, Funkverbindun- Um den sicheren Betrieb solcher Anlagen zu gewähr gen, Satellitenkommunikation. Ein Hochleistungs-Com- leisten, ist Swissphone deshalb an hieb- und stichfesten puter mit einem mobilen Labor-Arbeitsplatz im Heck Daten über die Leistungsfähigkeit von Basisstationen, wertet die Daten aus und liefert in Echtzeit die Mess- Sendeantennen oder Empfangsgeräten wie Pagern inte- Ergebnisse. Die gepufferte Stromversorgung bietet aus- ressiert. reichend Energie für die Messsysteme – auch wenn das Die Messfahrten sollen zeigen, wie sich heutige IoT- Fahrzeug steht. Funktechnologien (LPWAN) gegenüber der bestehen- den Lösung verhalten. Ziel ist es, die Erkenntnisse und Zuverlässige Funkverbindung im IoT-Zeitalter Synergien der unterschiedlichen Systeme optimal für ein In einem Projekt mit dem ICOM Institut für Kommunika- noch besseres Alarmierungssystem nutzen zu können. tionssysteme der HSR arbeitet derzeit unter anderem das Das «Wireless Research Vehicle» (WRV) der HSR dient
HSR Magazin 1 / 2019 15 «Das Fahrzeug lässt sich so flexibel dabei als mobiles Auge, welches ressourceneffiziente und landschaftsschonende Funk- ausrüsten, dass es sämtliche mit etlichen Antennen bestückt systeme planen. den unsichtbaren Funkverkehr Funksysteme und Netze im Feld sichtbar macht und auch mit Mess-Technik flexibel installierbar ausmessen kann. Mit diesen Daten den Basisstationen kommuni- Die Bedeutung von präzisen Daten über Funk- und können wir für unsere Auftragge- ziert. Dabei kann es flexibel ein- Datenverbindungen wird künftig noch zunehmen. ber präzise Daten für eine Optimie- gesetzt werden. So können bei- Schon heute sind viele Autos permanent über Satellit spielsweise Abdeckungskarten oder Mobilfunknetz online. Mit zunehmender Integra- rung bestehender oder in Entwick- erstellt werden, um mögliche tion von IoT-Lösungen im Zuge der Digitalisierung wer- lung befindlicher Systeme liefern Funklöcher zu sehen. Oder das den Infrastrukturen wie Kraftwerke, Fabriken, Kranken- sowie bei komplexen Störungen WRV fährt innerhalb der theore- häuser, Verkehrsknotenpunkte oder ganze Städte der U rsache auf den Grund gehen.» tischen Reichweite einer An- zunehmend digital vernetzt sein. tenne als simulierter Daten- Damit das WRV unter diesen Voraussetzungen mög- Heinz Mathis, Leiter ICOM Sender/-Empfänger und prüft, lichst breite Tests zu Funk- und Datenverbindungen inwiefern es beispielsweise in absolvieren und zuverlässige Diagnosen stellen kann, topografisch anspruchsvollen Gebieten oder in der Nähe hat das ICOM sein WRV technisch flexibel aufgebaut. Je von Industrieanlagen zu Störungen kommt. nach Projektbedarf können zusätzliche Messgeräte, «Das Fahrzeug lässt sich so flexibel ausrüsten, dass es Sensoren oder Prototypen von Kundengeräten einge- sämtliche Funksysteme und Netze im Feld ausmessen baut werden. Ausserdem bietet ein Blanko-Dachaufbau kann. Mit diesen Daten können wir für unsere Auftrag- die Möglichkeit, verschiedenste Sensorik- und Anten- geber präzise Analysen für eine Optimierung bestehen- nen-Konfigurationen aufzunehmen. (MEW) der oder in Entwicklung befindlicher Systeme liefern so- — wie bei komplexen Störungen der Ursache auf den Kontakt zum Projektverantwortlichen: Grund gehen», erklärt Heinz Mathis, Leiter des ICOM an Prof. Dr. Heinz Mathis, Leiter ICOM Institut für der HSR. Mit solchen Daten lassen sich beispielsweise, Kommunikationssysteme, heinz.mathis@hsr.ch trotz der h erausfordernden Topographie in der Schweiz, Mit der leistungsfähigen Messtechnik im Inneren des HSR Funkmesslabor- Autos lassen sich unter anderem genaue Abde- ckungskarten über Funk- und Datenmessungen erstellen.
HSR Magazin 1 / 2019 16 HSR analysiert Sicker wasserqualität unterhalb von Kunstrasenplätzen Moderne Kunstrasenplätze sind Alleskönner und entsprechend beliebt. Bei Wind und Wetter bieten sie einen optimalen Untergrund für verschiedene Sportarten. Was jedoch unter dem Kunstrasen passiert, wenn es regnet, ist noch wenig untersucht. Die HSR geht dieser Frage auf den Grund. Seit fast 20 Jahren gibt es mit Gummi verfüllte Kunst terungsbedingungen mit den Materialien passiert, ist rasenplätze. Ihre Eigenschaften für Sportlerinnen und noch kaum wissenschaftlich untersucht worden. Schät- Sportler sind so gut, dass heute in der Schweiz mehr als zungen gehen davon aus, dass weltweit jährlich bis zu 15 Prozent aller Fussballplätze mit Kunstrasen ausgelegt 160 000 Tonnen Kunstrasenfasern und Füllmaterial als sind – Tendenz steigend. Innerhalb der Europäischen Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Union wird erwartet, dass die Zahl der Kunstrasenplätze bis 2020 auf rund 100 000 anwächst. Im Labor untersucht Kunstrasen und die darin für eine bessere Dämpfung Mikroplastik im Abwasser? verwendeten Füllmaterialien enthalten eine breite Stoff- Im Gegensatz zum sportlichen Nutzen sind die Umwelt- vielfalt. In den Granulaten kommen etwa Schwerme- auswirkungen von Kunstrasenplätzen noch wenig un- talle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe tersucht. Die FIFA hat zwar beispielsweise ein Qualitäts- (PAK), UV-Filter und Vulkanisationsbeschleuniger zum programm, das hohe Anforderungen an Herstellung, Einsatz. Besonders diskutiert werden PAK im Zusam- Einbau und Unterhalt von Kunstrasenplätzen stellt. Was menhang mit den Gummigranulaten aus Altreifen, in jedoch bei der Nutzung der Plätze unter normalen Wit- Fachkreisen als «ELT-Granulat» (End-of-Life-Tyres) be- Start des Experiments Abfluss nach 2 Minuten
HSR Magazin 1 / 2019 17 zeichnet. Das Bundesamt für Sport geht davon aus, dass ständig zurückgehalten. Der Vulkanisationsbeschleuni- bei Regenwetter einige Stoffe ausgewaschen und im ger Benzothiazol dagegen trat auch in einem halben Boden verlagert werden können. Unter Umständen ge- Meter Tiefe noch mit Konzentrationen von 300 bis 700 langt auch das Mikroplastik so in die Umwelt oder in Mikrogramm pro Liter im Sickerwasser auf. Die kumu- nahe Gewässer. Wie stark die Boden- und Gewässer liert ausgetragene Menge über die Testdauer umfasste belastung konkret unter einem Kunstrasen aussieht, hat rund 100 Milligramm Benzothiazol pro Quadratmeter. deshalb das UMTEC Institut für Umwelt- und Verfah- Das vom Ökotoxzentrum Eawag-EPFL vorgeschlagene renstechnik der HSR untersucht. Im Labor haben die For- Qualitätskriterium für Oberflächengewässer von 250 scher analysiert, welche Stoffe durch das Regenwasser Mikrogramm pro Liter wird somit überschritten. ausgewaschen und anschliessend in den Boden gespült Einige Kantone legen bereits heute fest, dass das Ab- werden. Neben Auswaschtests mit den einzelnen Mate- flusswasser von Kunstrasenplätzen behandelt werden rialien kamen auch sogenannte Lysimeter zur Betrach- muss, bevor es in die Umwelt entlassen wird. In weiteren tung des Systemverhaltens zum Einsatz. Versuchen will das UMTEC klären, welchen Einfluss ver- schiedene Kunstrasen-Konzepte auf die Abflussqualität Schicht für Schicht nachgebaut haben und welche geeignet sind, um die Umwelt vor In den Elutionstests wurden die Kunststoffe, bestehend unerwünschten Stoffeinträgen zu schützen. (MEW) aus Granulat, Kunstrasenbelag und Dämpfungsplatte, — darauf untersucht, ob und welche Stoffe herausgelöst Kontakt zum Projektverantwortlichen: werden. Für die Laborversuche hat das UMTEC Team Prof. Dr. Michael Burkhardt, Institutsleiter UMTEC Institut Lysimeter mit realen Aufbauten von Kunstrasenplätzen für Umwelt- und Verfahrenstechnik, befüllt. Die Schichtfolgen umfassten Kunstrasen mit michael.burkhardt@hsr.ch Granulat, Dämpfungsplatte, Dränasphalt und ein typi- sches ungebundenes Kies-Sand-Gemisch, um einen üblichen Systemaufbau zu simulieren. Anschliessend wurde der Laboraufbau automatisiert beregnet, um den Wasserfluss und die Stoffverlagerung zu bilanzieren und zu bewerten. Zink und Benzothiazol ausgewaschen Die Eluatversuche ergaben, dass Zink und Benzothiazol aus dem Granulat ausgewaschen werden. Je länger das Granulat feucht ist, desto mehr von der Stoffmenge gelangt ins Wasser. Danach wurde im Labor-Lysimeter Im automatisierten Labor-Lysimeter wurde untersucht, wie mobil die beiden Stoffe unter dem Kuns- untersucht, welche trasen sind. Dafür wurde intensiver Regen simuliert und Stoffe der Regen aus das Sickerwasser bis zu einer Tiefe von einem halben dem Kunstrasen aus- spült und in den Boden Meter verfolgt. mitnimmt – zur Visuali- sierung der Fliesswege Zink bleibt hängen ist das Wasser mit Lebensmittelfarbe Nach den Versuchen war klar: Zink wurde zwar vom eingefärbt. Regen ausgewaschen, wird jedoch im Untergrund voll- Abfluss nach 12 Minuten Gummi-Granulat in einem Kunstrasen
HSR Magazin 1 / 2019 18 Mit einer hybriden Bau- weise und einem speziell entwickelten Schweiss verfahren hält die stärkste Kunststoff-Erdsonde der Welt auch dem Druck in bis zu 500 Meter Tiefe stand. Die stärkste Kunststoff- Erdwärmesonde der Welt Erdwärmesonden aus Kunststoff wurden bisher nur bis zu einer Tiefe von etwa 300 Metern verbaut. Die HSR hat nun zusammen mit dem Industriepartner Jansen AG ein deutlich robusteres System entwickelt, das die geothermische Energie auch in 500 Metern Tiefe mit Kunststoff-Erdwärmesonden nutzbar machen kann. Geothermische Energiegewinnung, die durch erdgekop- steigen jedoch auch die Anforderungen, die an Material pelte Wärmepumpen erfolgt, etabliert sich zunehmend und Maschine gestellt werden. in Mitteleuropa als Gebäudeheizung, Warmwasser bereitung oder Kühlsystem. Im Vergleich zu konventio- Material muss hohem Druck standhalten nellen Heizungen/Kühlungen punkten sie mit geringen Der üblicherweise verwendete Standard-Kunststoff für Betriebskosten, ermöglichen einen leisen und emissions- Erdwärmesonden kann dem hohen Druck in 500 Metern freien Betrieb und benötigen keine fossilen Energie Tiefe jedoch nur standhalten, wenn das Material dicker träger. wird, was aber Nachteile beim Wirkungsgrad bedeutet. In dem von der Schweizerischen Agentur für Innovati- Deshalb suchten die Anbieter von Erdwärmesonden onsförderung unterstützten Projekt war es Ziel der Jan- lange fieberhaft nach Alternativen. sen AG, zusammen mit der HSR ein neues Kunststoff- Nach knapp fünf Jahren Forschungs- und Entwicklungs- Erdwärme-System zu entwickeln, das bis zu 500 Meter arbeit mit dem IWK Institut für Werkstofftechnik und tief in den Boden eingebracht werden kann. In 300 Me- Kunststoffverarbeitung kann die Jansen AG heute ein tern Tiefe ist das Erdreich rund 20 Grad Celsius warm, in neues, hybrides Kunststoff-Rohrsystem anbieten, das 400 Metern bereits 24 Grad und in 500 Metern zwischen auch in 500 Metern Tiefe funktioniert. 25 bis 30 Grad. Die höheren Temperaturen in grösseren Tiefen bedeuten ein grösseres Energiereservoir und ver- bessern die Effizienz der Wärmepumpe. Gleichzeitig
HSR Magazin 1 / 2019 19 Neuartiges Rohrsystem — Nach der Prüfung verschiedener Konzepte haben die Kontakt zum Projektverantwortlichen: Jansen AG und die HSR das Ziel durch gezielte Material- Prof. Daniel Schwendemann, Fachbereichsleiter Kombinationen und spezifische Multimaterialverbin- Compoundierung/Extrusion IWK Institut für dungstechniken erreicht: ein Geothermierohr zu entwi- Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, ckeln, das energieeffizienter, leichter und robuster als daniel.schwendemann@hsr.ch bisherige Lösungen ist und ohne alterungsbedingte Ein- bussen eine Lebenserwartung von rund 100 Jahren auf- weist. Energie aus dem Boden in urbanen Gebieten Das Rohrsystem wird in hybrider Bauweise hergestellt. Die Hybridbauteile besitzen Eigenschaften, die ein ein- zelner Werkstoff nicht bieten kann. Um die metallische Komponente sowohl vor Beschädigungen beim Einbau wie auch vor dem Kontakt zum Wärmeträgermedium zu schützen, wurde sie in die Mittelschicht des Mehr- schichtaufbaus gelegt. Die Materialien in der Aussen- und der Innenschicht sind dieselben thermoplastischen Materialien, die auch bei den herkömmlichen Erdwärme sonden Verwendung finden. Für die Verbundhaftung zwischen den metallischen und thermoplastischen Materialien werden Zwischenschich- ten benötigt, weshalb das neue System aus 5-schichti- gen Rohren besteht. Jede Schicht erfüllt dabei einen spe- zifischen Zweck, der dem Gesamtsystem eine bisher nicht mögliche Stabilität und Effizienz verleiht. So lässt sich etwa auch in Gebieten mit begrenztem Platzan gebot im Boden der Energiebedarf decken – etwa in urbanen Gebieten. Das neue System hat auch die Fachwelt überzeugt. Ein aus dem Forschungsprojekt hervorgegangenes Produkt der Jansen AG hat Anfang 2019 den European Geother- mal Innovation Award gewonnen. (SDL/MEW) Herkömmliche Erdwärmesonden 20°C ~ 300 m 24°C ~ 400 m JANSEN hipress 25–30°C ~ 500 m
HSR Magazin 1 / 2019 20 «Kunststoff-Ver packungen haben einen ökologischen Nutzen» Plastikverpackungen, Plastiksäcke, Plastikbecher, Plastik-Besteck. Die Kritik daran steigt, ebenso wie die Bestrebungen, Kunststoff-Sammlungen und Kunststoff-Recycling zu fördern. Eine HSR Studie hat untersucht, welchen Um- welt-Nutzen Plastik-Recycling bringt. Im Interview spricht HSR Abfallexperte Prof. Dr. Rainer Bunge über die überraschenden Ergebnisse. Plastik-Recycling ist nur bei der reinen PET-Samm- Was sagt der Wert konkret aus? lung sinnvoll. Diese Kernaussage einer Studie, an Dieser zeigt auf, wie viel Umweltbelastung pro ausgege- der Sie beteiligt waren, hat für viel Aufsehen ge- benem Franken durch das Kunststoffrecycling vermie- sorgt. Was macht man im Alltag mit dieser In den werden konnte. Wenn man dies auch für andere formation? Einfach alles Nicht-PET-Plastik in den Umweltmassnahmen macht, etwa das Aludosen- oder Abfall werfen? Elektronikschrottrecycling, ergibt sich, dass die Kosten/ Unsere Studie hat ergeben, dass die Kunststoffsammlun- Nutzen-Effizienz des Kunststoffrecyclings sehr schlecht gen – bezogen auf den marginalen ökologischen Nutzen ist. Im Vergleich zu den anderen Recyclingmassnahmen – sehr teuer sind. Damit legt unsere Studie nahe, dass geradezu ein Luxusgut. keine Grundlage dafür besteht, politischen Druck auf un- Rainer Bunge, sere Behörden auszuüben, um das Kunststoffrecycling Also verkaufen Kunststoff-Recyclingsysteme ein Institutspartner UMTEC durch gesetzliche Massnahmen zu fördern. Ob wir die falsches Bild vom Nutzen für die Umwelt? Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik Kunststoffsammlungen vor diesem Hintergrund als Es gibt leider ein breites Spektrum von Kunststoffsamm- «sinnvoll» einschätzen oder nicht, ist ein psychologischer lungen. Einige Sammler achten sehr gut darauf, dass oder politischer Entscheid. Wer sammeln will, soll das ru- möglichst nur rezyklierbares Material in ihren Sammel- hig tun. Es bringt zwar wenig, aber es schadet wenigs- behältern landet, also «Klasse statt Masse». Das machen tens nicht. zum Beispiel Coop und Migros. Das ist zwar teuer, bringt aber wenigstens einen (kleinen) ökologischen Nutzen. Es Die Studie argumentiert gegen ein allgemeines gibt aber auch Kunststoffsammler, die auf «Masse statt Kunststoff-Recycling wegen der hohen Kosten bei Klasse» setzen. Das ist billiger, aber dadurch kann die einem geringen ökologischen Nutzen. Wie berech- Sammelqualität so schlecht werden, dass das Material net man diesen Nutzen und wann ist dieser «ge- nicht mehr in Europa verwertbar ist. ring»? Der Nutzen von Umweltmassnahmen wird durch so ge- Wo landet dieses Material am Ende? nannte «Ökobilanzen» erfasst. So werden zum Beispiel Ein Teil davon wird nach Fernost verschifft, wo doch klimarelevante Emissionen durch «CO2-Äquivalente» noch brauchbare Plastikteile heraussortiert werden. Die ausgedrückt. Wir bevorzugen die Methode der «ökolo- nicht mehr verwertbaren Sortierreste landen dann aber gischen Knappheit», bei der der ökologische Schaden zum Teil im Meer oder werden in offenen Deponien ab- durch umweltrelevante Tätigkeiten mit Umweltbelas- gefackelt. Eine ökologische Katastrophe, die durch das tungspunkten UBP quantifiziert wird. Wenn wir nun Kunststoffrecycling nicht etwa vermieden wird, sondern den ökologischen Vorteil des Kunststoffrecyclings in verursacht wird. Wir gehen davon aus, dass von den in «vermiedenen Umweltbelastungspunkten» durch die der Schweiz gesammelten Kunststoffen im Durchschnitt zusätzlichen Kosten teilen, erhalten wir einen Kosten/ nur etwas mehr als die Hälfte hochwertig rezykliert wird. Nutzen-Indikator, den SEBI. Ein weiterer Teil wird in minderwertiger Form rezykliert, beispielsweise als Europalette. Hierdurch wird Holz, ein
HSR Magazin 1 / 2019 21 nachwachsender Rohstoff, substituiert, was ökologisch Wie stehen Sie zum Thema «Vermeidung von nicht wirklich schlau ist. Der Rest gelangt in diverse aus- Kunststoffverpackungen»? ländische Verbrennungsanlagen oder wird nach Fernost Ich sehe überhaupt keinen Grund für uns, Kunststoff exportiert. abfälle zu vermeiden oder auch nur zu vermindern. Kunststoffe haben, insbesondere wenn als Verpackun- Und dennoch: Ist die aktuelle Alternative, Kunst- gen eingesetzt, einen ökologischen Nutzen. Kunst- stoff in der Kehrichtverbrennungsanlage zu ver- stoffverpackte Produkte haben ein geringes Transport- brennen, nicht eine Rohstoffverschwendung? gewicht, ermöglichen eine längere Haltbarkeit von Einmal verbrannt, löst sich das Plastik und damit Lebensmitteln – darüber hinaus wird der Inhalt vor Be- der zugrunde liegende Rohstoff Öl ja unwieder- schädigung geschützt. bringlich in Rauch auf. Durch eine Abschaffung von Kunststoffverpackungen Eben nicht. Was die wenigsten wissen – unsere Kehricht- würden die verpackten Produkte zum Teil zerstört und verbrennungsanlagen sind längst Kehrichtverwertungs- somit die Foodwaste-Problematik massiv verschärft. anlagen. Sie produzieren aus dem verbrannten Kunst- Das «dreckige Ende» der Kunststoffverpackungen ist stoff Strom und Fernwärme. So zwar grundsätzlich deren Entsorgung. Nicht aber in der «Einige Kunststoffsammler ver- sparen wir Öl und Gas ein. Das ist Schweiz, denn hier werden die Kunststoffverpackun- schiffen Kunststoffe nach Fernost, ökologisch fast so gut wie das gen in der Kehrichtverbrennung unter Strom- und Kunststoffrecycling und sehr viel Wärmegewinnung verwertet. Die Vermeidung von wo ein Teil der dort entstehenden billiger. Anstatt also Öl zu ver- Kunststoffverpackungen ist zwar politisch im Moment Sortierreste im Meer landet oder brennen und Kunststoffe zu re- ein ganz «heisses Thema». Sie zielt aber darauf ab ein in offenen Deponien abgefackelt cyceln, sollte man das Öl doppelt Problem zu lösen, welches in der Schweiz gar nicht exis- wird. Eine ökologische Katastrophe, nutzen. Zunächst sollte man aus tiert. (MEW) dem Öl Kunststoffe herstellen, — die durch das Kunststoffrecycling diese stofflich nutzen und sie an- Kontakt zum Interviewpartner: nicht etwa vermieden, sondern schliessend via Kehrichtverbren- Prof. Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC Institut für verursacht wird.» nung als Energielieferanten ver- Umwelt- und Verfahrenstechnik, rainer.bunge@hsr.ch Rainer Bunge, Institutspartner UMTEC werten.
HSR Magazin 1 / 2019 22 Medical Technology • IT Applications • Industrial Automation • Embedded Systems Auf der Suche nach spannenden Karrierechancen? Bei uns werden Sie fündig: www.imt.ch/karriere IMT AG | 9470 Buchs (SG) | 8603 Schwerzenbach (ZH)
HSR Magazin 1 / 2019 23 Technik neu erfinden. Heute die Lösungen für morgen entwickeln. Mit dir. Wir sind thyssenkrupp Presta. Als Innovations- und Weltmarktführer im Bereich Lenksysteme bringen wir die Zukunft auf die Strasse. Weltweit und immer ganz nah an unseren Kunden, den Automobilherstellern. Autonomes Fahren, Industrie 4.0, E-Mobility – das sind Themen, die dich bei uns erwarten. Klingt spannend? Dann bringe mit uns deine Ideen auf die Strasse. karriere.thyssenkrupp-presta.com
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HSR Magazin 1 / 2019 26 Innovationen für den nächsten Medaillenregen Massgefertigte Snowboards und Ski für internationale Spitzenathletinnen und -athleten. Damit ist der hochspezialisierte Handwerksbetrieb Oxess aus Bubikon bekannt geworden. Innovationsmüde wird Oxess-Chef Marcel Brunner nicht – erst kürzlich hat er mit einer HSR Maschine einen ganzen Arbeitsschritt automatisiert. Und er plant bereits weitere Innovationen zusammen mit der HSR. Ein paar Klicks am Computer und einige Metallrollen medaillen-Gewinnerin im Freestyle Skiing Hanna Hus- beginnen damit, eine Snowboard-Kante in Form zu kova aus Weissrussland. Solche Kunden verlangen biegen. Nach wenigen Sekunden hat die Maschine nach Präzision und Hochleistungs-Sportgeräten. «Bei knapp 2 Meter Metall in Form gebogen. Einen prüfen- uns ist jedes Brett ein Einzelstück, deshalb musste ich den Blick und zwei präzise Zangen-Kniffe von Oxess- bisher auch jede einzelne Kante von Hand biegen», Chef Marcel Brunner braucht es noch, dann sind die sagt Oxess-Chef Marcel Brunner. Kanten bereit, in die Sandwich-Konstruktion eines prä- Mehr als 25 Jahre lang hat er das gemacht. Doch seit zise auf die Anforderungen eines bestimmten Athleten die neue Maschine bei Oxess diese Arbeit übernimmt, optimierten Snowboards eingefügt zu werden. «sparen wir fast die Hälfte der Zeit für diesen Arbeits- Die Liste namhafter Athletinnen und Athleten, die mit schritt», sagt Brunner. Zeit, die er nur zu gern in andere Oxess-Boards regelmässig Medaillen gewinnen, ist Arbeiten oder die Leitung des wachsenden KMU- Fünf computergesteu- lang. Der Schweizer Olympia-Gold-Sieger Nevin Gal- Betriebs investiert. Seit der Gründung produziert Oxess erte Rollen verwandeln marini gehört genauso dazu wie die Damen- und jedes Jahr mehr Boards, rund 1000 Stück waren es digitale Planungsdaten in exakt gebogene Ski- Herren-Nationalmannschaften in der Disziplin Alpin- 2018. und Snowboardkanten. Snowboard der Volksrepublik China oder die Gold
HSR Magazin 1 / 2019 27 Hochschul-Nachbarschaft als für Oxess. Die enge Zusammenarbeit ist ein Parade Standort-Vorteil beispiel für den vom Gesetzgeber gewünschten Wis- In der Oxess-Werkstatt mischen senstransfer aus den Fachhochschulen in die Wirt- sich die Eindrücke – halb Manu- schaft. «Ich überlege mir immer, wie ich noch besser faktur, halb High-Tech-KMU. produzieren kann, und weil die Zusammenarbeit mit Das neue Kanten-Biegesystem der HSR so gut klappt, habe ich praktisch keine anderen wurde von Bachelorabsolvent Partner mehr für Innovationen», sagt Brunner, der die Marc Heeb in einer Studien Nähe zu HSR als Standort-Vorteil sieht. Doch nicht nur arbeit vorbereitet und in einer Oxess profitiert von der Zusammenarbeit. Wenn Stu- Bachelorarbeit in Form eines dierende Konzeptstudien oder Prototypen bauen und funktionsfähigen Prototyps ent- die HSR Forschungsinstitute die Prototypen anschlies- wickelt. Nach einer abschlies- send zur Betriebsreife weiterentwickeln, wächst auch senden Verbesserung durch das das Know-how an der HSR, wovon wiederum die Stu- ILT Institut für Laborautomation diengänge profitieren. und Mechatronik der HSR er- füllte das neue Gerät die Anfor- Nächstes Projekt schon im Kopf «Ich überlege mir immer, wie ich noch derungen von Oxess. Der Know-how-Kreislauf ist aktuell noch nicht am besser produzieren kann, und weil die Doch die neue Maschine ist nicht Ende. Brunner plant bereits das nächste Projekt mit der Zusammenarbeit mit der HSR so gut das einzige HSR-Know-how HSR. «Ein Prüfgerät für Schwingungen fehlt uns noch», hier. Die Daten aus einem HSR skizziert Brunner seine Idee. Mit dem Gerät will er aus- klappt, habe ich praktisch keine anderen Teststand, der die Biegeeigen- messen, wie die verschiedenen Materialien in Ski und Partner mehr für Innovationen. » ADGFSADGADFG schaften von Snowboards und Snowboards sich genau auf das Dämpfungs- und Marcel Brunner, Inhaber Oxess Ski exakt ausmisst, dienen Oxess Schwingungsverhalten auswirken. «Damit könnte ich etwa bei der stetigen Weiter- basierend auf den Messdaten optimale Materialkombi- entwicklung der Sportgeräte. Entwickelt wurde der nationen suchen und so noch mehr Leistung aus den Teststand von einer Masterstudentin mit Unterstüt- Brettern holen», sagt Brunner. Die Gespräche mit der zung des IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunst- HSR über das Folgeprojekt laufen derzeit. (MEW) stoffverarbeitung der HSR. Diverse HSR Studienarbei- — ten zu den Struktur- und Schwingungsdämpfung bei Kontakte zu den Projektverantwortlichen: Snowboards fliessen ebenfalls direkt in die Entwicklung Prof. Dr. Christian Bermes, Professor für ein. Wenn Brunner eine Maschine nicht auf dem Markt Maschinentechnik|Innovation, christian.bermes@hsr.ch beziehen kann und einen spezifischen Prototypen Sergio Miracco, Projektleiter ILT Institut für Labor- braucht oder wenn er neue Werkstoffe testen oder automation und Mechatronik, sergio.miracco@hsr.ch Aus der Maschine seine Prozesse o ptimieren will, ist die HSR seine erste Marcel Brunner, Inhaber Oxess, info@oxess.ch direkt ins Snowboard. Anlaufstelle. Prof. Dr. Gion Andrea Barandun, Leiter Fachbereich Eine frisch gebogene Seit 2005 wurden in Studien-, Bachelor- und Master Faserverbundtechnik/Leichtbau am IWK Institut für Kante wird in die Sand- wich-Struktur eines arbeiten sowie in der Zusammenarbeit mit den HSR Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, Snowboards integriert. Forschungsinstituten aus Ideen Wettbewerbsvorteile gionandrea.barandun@hsr.ch
HSR Magazin 1 / 2019 28 Wirtschaftsingenieure der HSR setzen die Digitalisierung um Die steigende Nachfrage der Industrie nach spezialisierten Fachkräften für die Umsetzung der Digitalisierung nimmt zu. Gefragt sind interdisziplinär denkende Ingenieurinnen und Ingenieure an der Schnittstelle zwischen Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Informatik. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen (WING) an der HSR konzentriert sich genau darauf: Die Ausbildung von Fachkräften für angewandte Digitalisierung. Jeder Betrieb muss die digitalen Optionen auf die eige- Industrieprojekt über fünf Semester nen Anforderungen abstimmen – Innovationen müssen Wenn im Rahmen einer solchen Transformation die sich gleichzeitig in bestehende Prozesse, Geschäfts Bereiche Betriebswirtschaft, Maschinenbau und Infor- modelle und die vorhandene Infrastruktur einfügen so- matik zusammenarbeiten müssen, stossen klassische wie die Effizienz im Unternehmen markant steigern. Fachspezialisten an interdisziplinäre Grenzen. Die Digi- Teils sollen komplett neue Geschäftsmodelle oder digi- talisierung hat den Bedarf an Fachkräften sichtbar ge- tale Produkte ermöglicht werden. Dabei sind der pas- macht, die als Schnittstelle fungieren und digitale sende Technologie-Mix und die Integration digitaler Transformationsprozesse orchestrieren können. Der Prozesse in bestehende und neue Geschäftsmodelle Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der HSR entscheidend. hat sich die Ausbildung solcher Schnittstellen-Spezialis- ten und -Spezialistinnen auf die Fahne geschrieben. Die drei digital geprägten Studienschwerpunkte Smart Ein einzelnes Produkt, hier ein Robo- ter, ist in ein vielschichtiges Netz von Products and Data Science, Value Chain Network and gegenseitigen A bhängigkeiten und Additive Manufacturing sowie Smart Factory and digitalen Systemen innerhalb eines Robotics fördern eine Spezialisierung auf Zukunfts Unternehmens sowie seiner Partner integriert. Jede Änderung muss des- themen und -technologien. Die erworbenen Kennt- halb gut geplant werden. nisse wenden die Studierenden vom ersten bis zum fünften Semester in einem Industrieprojekt direkt on urati Mod ula Entw praxisnah an. Im Zentrum steht dabei ein Roboter als f nfig kau n Ko ris ier ic «digitaler Dozent». er sitio un kl g Am Beispiel der fiktiven Firma «Sortic» und einem po V un Än Roboter lernen WING-Studierende, digitale Lösungen in ES + g deru o Pr M C komplexen betrieblichen Systemen umzusetzen. lue AD Va ng Ein Roboter als Lehrer In der haptischen Welt ist der digitale Dozent ein un- scheinbarer Roboter, der Lego-Teile in Boxen einsortiert. Die «didaktische Magie» passiert in der digitalen Welt Konzept Ser e + Prozesse hinter dem Roboter, in der verschiedene Systeme wie CAD, PLM, ERP und MES aus verschiedenen Stamm- Prod vice + und Bewegungsdaten eine Datenarchitektur bilden. Sie Le muss präzise wie ein Uhrwerk funktionieren, damit auch kt an ion ukt du in der realen Welt alles rund läuft. Oft wird hier vom Ma Pro RP n integrierten Datenfluss als Basis für die Industrie 4.0 a P E LM ge gesprochen. m e nt Die imaginäre Firma hinter dem Roboter ist ein klassi- scher Anlagenbauer, der seine Kunden mit individuellen esse Roboter-Lösungen beliefert. Der Roboter spielt die Rolle Make or Buy + Proz Einkauf des Kernprodukts des Unternehmens: ein modular auf- gebautes, anpassbares Industrieroboter-System. Es kann
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