Spätlese Das Magazin für aufgeweckte Seniorinnen und Senioren - Berlin.de

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Spätlese Das Magazin für aufgeweckte Seniorinnen und Senioren - Berlin.de
Ausgabe Januar-Februar 2020

Spätlese
Das Magazin für aufgeweckte Seniorinnen und Senioren
73. Ausgabe der Spätlese

Liebe Seniorinnen und Senioren, liebe
Leserinnen und Leser!

Oft stehen Bilanz und Ausblick am Beginn
eines neuen Jahres. So halten wir es auch
mit der ersten Ausgabe der „Spätlese“ des
Jahrganges 2020.
Im Herbst des letzten Jahres feierte der
„Verein der Freunde der Gärten der Welt“
sein 10jähriges Bestehen. Grund für die
Redaktion, seinen Vorsitzenden, Gerhard
Pritzlaff, zu interviewen.

Aber auch die Urgeschichte unserer
Gegend spielt in dieser Ausgabe eine
besondere Rolle: So ist Kempen Dettmann
der Frage auf der Spur, ob einst Mammuts
in Marzahn lebten. Ursula A. Kolbe             Redaktionsteam Spätlese
berichtet über eine Ausstellung im Neuen
Museum zur        größten archäologische
Grabung Berlins in Biesdorf.                  Damit uns aber wärmer ums Herz wird,
                                              erinnern wir uns an die unvergessenen Werke
Ortrun Engelkraut gibt einen interessanten    Ludwig van Beethovens, dessen           250.
Einblick in 100 Jahre Leben und               Geburtstag in diesem Jahr begangen wird.
Geschichte im Schloss Cecilienhof und         Gerade bei kalten Temperaturen tut auch eine
Tristan Micke erinnert an 100 Jahre           warme Tasse Tee gut. Nicht nur zum
Versailler Vertrag.                           Aufwärmen! Welcher Tee wofür gut ist,
Ursula A. Kolbe weilte zum wiederholten       darüber informiert uns Prof. Dr. med. Curt
Male auf dem Logistik-Kongress und            Diehm in seinem Beitrag „Tee – Gesundheit
meint, die Logistik sei ein Treiber für die   aus der Tasse“.
digitalen Veränderungen und stellt das
FUTURIUM, das Haus der Zukunft vor.           Unsere Autoren führen Sie außerdem ins
                                              Funkerberg-Museum in Königs Wuster-
Um die Wissenschaft geht es auch im           hausen, stellen den Baum des Jahres vor und
Beitrag von Antje Horn-Conrad von der Uni     empfehlen einen ergreifenden Film zum
Potsdam: Expedition zum „Epizentrum“          Thema Demenz. Also es gibt wieder viel
des Klimawandels. Eine Forschungsreise        Interessantes zu lesen. Viel Vergnügen dabei
der Superlative ins ewige Eis.                wünscht
                                                                    Ihr Hans-Jürgen Kolbe
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Inhaltsverzeichnis

Internationale Gartenkunst im Blick ..........................................3
Mammuts in Marzahn? ...............................................................5
Biesdorf: Größte archäologische Grabung Berlins .....................6
Jahrestage 2020 – Januar/Februar ..........................................7
100 Jahre Leben und Geschichte im Schloss Cecilienhof ..........9
Vor hundert Jahren trat Versailler Vertrag in Kraft .................11
Logistik – Treiber der digitalen Veränderung ..........................12
Ludwig van Beethoven: Ein Denker in Tönen .......................... 14
Expedition zum „Epizentrum“ des Klimawandels ....................17
Wie können wir die Zukunft mitgestalten? ..............................20
Die Robinie ist Baum des Jahres 2020 .....................................21
Funkerberg-Museum und DFF.................................................22
Tee – Gesundheit aus der Tasse ...............................................24
Demenz: Neues Online-Portal für die lokale Netzarbeit .........26
See Anfang Februar .................................................................. 28
Gedicht ...................................................................................... 29
„Die Übernahme“ Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik
wurde ........................................................................................ 30
ROMYS SALON ......................................................................... 31

     Eigennutz ist die Klippe, an der jede Freundschaft scheitert.
                                           Ludwig Tieck

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Aus dem Bezirk

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                                                  Gartenkunst im Blick
                                                  Interview mit Gerhard Pritzlaff,
                                                  Vorsitzender des Vereins
                                                  „Freunde der Gärten der Welt
                                                  e.V.“
 Foto: Pritzi
                                                  Kempen Dettmann

 Porträt Gerhard Pritzlaff

Spätlese: Erst mal herzlichen Glückwunsch zur Wahl als Vorsitzender des Vereins „Freunde
der Gärten der Welt e.V.“.

Gerhard Pritzlaff: Vielen Dank. Man kann mir da wirklich gratulieren, weil ich Vorsitzender
eines Vereins geworden bin, der sehr gut strukturiert ist, ich an die Arbeit der vergangenen Jahre
nahtlos anknüpfen konnte und wir im Vorstand gemeinsam daran arbeiten, das Vereinsleben so
interessant und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.

Spätlese: Den Verein „Freunde der Gärten der Welt e.V.“ gibt es nun schon 10 Jahre. Warum
wurde der Verein damals ins Leben gerufen?

Gerhard Pritzlaff: Hervorgegangen sind die Gärten der Welt ja aus der 1987 eröffneten Berliner
Gartenschau, dem späteren Erholungspark Marzahn. Nachdem dann im Jahre 2000 mit dem
Chinesischen Garten beginnend internationale Gartenkunst zu einem wichtigen Teil des Areals
wurde, war es also mehr als ein Erholungsort für die Anwohner. Wichtig ist aber, dass die
Menschen diesen Park auch als IHREN Park ansehen. Wer kann also die Verbindung zwischen
Parkanlage und Nutzern besser herstellen als ein Verein, der seine Wurzeln in Marzahn -
Hellersdorf hat?
Ziel des Vereins ist es, historische, kulturelle, regionale und religiöse Grundlagen sowie
Hintergründe der Gartenkunst zu vermitteln. So soll dieses einmalige Ensemble der Gartenkunst
noch bekannter gemacht werden, weit über Marzahn – Hellersdorf und Berlin hinaus.

Spätlese: Was waren die Schwerpunkte in der Tätigkeit im vergangenen Jahr?

Gerhard Pritzlaff: Der Verein organisiert monatlich Veranstaltungen, in denen es im weitesten
Sinne um die Vermittlung von Gartenkunst geht. Das waren Veranstaltungen vom
Winterspaziergang, bei dem wir die Weiterentwicklung des Kienbergparks betrachtet haben, bis
zu einer Aktion am 9. November 2019, bei der wir im Chinesischen Garten den Bambus
geschnitten haben, um einige Kostbarkeiten wie Reliefs und Steine wieder sichtbar zu machen.
Aus Anlass unseres 10jährigen Bestehens haben wir einen Fotowettbewerb „Mein Blick auf die
Gärten der Welt“ ausgelobt und die Preisträger auf unserem Geburtstags-Picknick ausgezeichnet.
Die 30 schönsten Einsendungen haben wir im Oktober vergangenen Jahres im Saal der Empfänge
des Orientalischen Gartens ausgestellt.
Höhepunkt aber ist jährlich im November der Workshop „Gartenkunst im Dialog“

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Spätlese: Worum ging es dabei in diesem letzten Workshop?

Gerhard Pritzlaff: Nachdem sich die ersten Workshops mit der Entwicklung zu den Gärten der
Welt, in deren Folge interessante Publikationen des Vereins herausgegeben wurden, beschäftigt
haben, war natürlich die IGA 2017 in den letzten Jahren ein interessantes Themenfeld. In 2019
ging es um die Nutzung des Areals. Mit dem Titel „Gärten der Welt – Erholungsort,
Bildungseinrichtung oder Eventlocation?“ haben wir ein sehr aktuelles Thema in den Fokus
gerückt. Experten aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, der Grün
Berlin GmbH und der Tourismusbranche, aber auch kompetente Mitglieder unseres Vereins
versorgten die Teilnehmer mit Fakten, um sich daraus eine Meinung zu erarbeiten. Man kann
zusammenfassen, dass es bei den Nutzungsmöglichkeiten nicht um ein „Entweder – Oder“
sondern um ein „Sowohl als auch“ geht.

Spätlese: Mit der IGA 2017 haben die Gärten ja erheblichen Zuwachs bekommen mit ihrem
weltweit einmaligen Konzept. Worauf werden Sie jetzt die Tätigkeit konzentrieren und welche
konkreten Vorhaben sind angedacht?

Gerhard Pritzlaff: Als Verein werden wir uns immer wieder einbringen, die internationale
Gartenkunst als Schwerpunkt der Gärten der Welt in den Mittelpunkt zu rücken. Wir arbeiten eng
mit der Grün Berlin GmbH als Betreiber der Gärten der Welt zusammen. Im Moment erarbeiten
wir das Jahresprogramm für unsere Vereins - Veranstaltungen. Mit Interesse begleiten wir den
Bau des Jüdischen Gartens. Bestimmt würde eine Baustellenbegehung das Interesse vieler
Besucherinnen und Besucher wecken. Vielleicht hat sich der Eine oder die Andere schon mal
gefragt, warum es trotz der Trockenheit in den Gärten der Welt immer so schön grün ist. Hier
planen wir eine Veranstaltung zum Thema „Wasserwirtschaft in den Gärten der Welt“. Mir als
Vorsitzender des Vereins ist es aber auch wichtig, die Netzwerke in Marzahn – Hellersdorf enger
zu knüpfen. Da ich während der IGA 2017 als Volunteer und auch als Gästeführer im Einsatz war,
möchte ich die Zusammenarbeit der Vereine, Institutionen und Firmen, die alle Gutes für die
Gärten der Welt erreichen wollen, mehr zusammenbringen. Man darf gespannt sein, was es 2020
Neues geben wird. Schauen Sie immer mal wieder auf unsere Homepage des Vereins
www.freunde-der-gaerten-der-welt.de in die Rubrik „Aktuelles“. Auf unserer Homepage und in
den lokalen Medien finden Sie auch aktuelle Hinweise zu unseren Veranstaltungen.

Spätlese: Wie wird man Mitglied der Freunde?

Gerhard Pritzlaff: Der einfachste Weg führt über unsere Homepage. Hier gibt es einen Reiter
„Mitglied werden“. Dort kann man einen Aufnahmeantrag herunterladen und ausgefüllt an den
Verein Freunde der Gärten der Welt e.V. senden. Es gibt dort auch ein Online – Formular. Ich
selbst bin erst seit Anfang 2019 Mitglied. Ich wurde angesprochen, ob ich nicht aktiv im Verein
Freunde der Gärten der Welt e.V. mitarbeiten möchte. Mögen sich also die Leserinnen und Leser
dieses Interviews angesprochen fühlen, sich aktiv in das Vereinsleben einzubringen. In letzter Zeit
wird immer wieder der Begriff „Heimat“ strapaziert. Ich sage: Nur wer sich aktiv in einem Verein
für seine Region einsetzt, hat eine Heimat.

Das Gespräch führte Kempen Dettmann

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Aus dem Bezirk

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                                                  von Kempen Dettmann

                                                  Ja, sie sollen hier auf Flächen des heutigen
                                                  Wuhletals gegrast haben. Und wer es nicht glaubt,
                                                  der kann sich seit einiger Zeit im Café des
                                                  Wolkenhains auf dem Kienberg davon überzeugen.
  Foto: Dettmann
                                                  In einer ständigen Ausstellung wird die Entstehung
                                                  des Kienbergs in der Eiszeit gestaltet. Sie schlägt
                                                  auch den Bogen von der letzten Eiszeit bis hin zum
Tonnenschwere Eiszeitbrocken werden im            Auffüllen des Berges mit Bauschutt.
Findlingshof in Ruhlsdorf zu Kunstobjekten

Die Entstehung des Berliner Urstromtales im Verlaufe der Schmelze der riesigen Eismassen, die
Enstehung der Wuhle und des Wuhletals ist auch der Eiszeit geschuldet. Ja und Mammuts kann
man im Café auf dem Wolkenhain nun auch hören und auch im Fahrstuhl sehen.

Durch diese Ausstellung wird man in eine Zeit zurückgeholt, die ja eigentlich in unserem Denken
kaum mehr eine Rolle spielt. Dabei hat die Eiszeit eine gewaltige Rolle gespielt in Berlin und
Umgebung; unsere gesamte Landschaft wurde durch die Eiszeit geprägt.

Sicher kann diese sehr aufschlussreiche Ausstellung nun auch einen Anstoß geben für weitere
Erkundungen zur Eiszeit im Umfeld von Berlin. Denn Eiszeiten gab es in der Geschichte der Erde
immer wieder mal. Die Wissenschaft hat ja festgestellt , dass von etwa 400 000 bis etwa 14 000
Jahren vor unserer Zeit Inlandeis immer wieder in unsere Gegend vorstieß.

Einen fantastischen Überblick zu diesen Naturgewalten bietet der Eiszeitgarten in Buckow, in der
Märkischen Schweiz. Buckow liegt ja in einer Region, die durch mehrere Eiszeiten geprägt worden
ist. Unvorstellbare Kräfte haben da gewirkt, wovon im Eiszeitgarten auf verschiedenen
Informationstafeln die Rede ist. Eistafeln von nicht gerade überschaubarer Dicke haben sich von
Skandinavien ins heutige Berliner Umland geschoben. Bei ihrer Herausbildung hatten sie eine
Stärke von bis zu 3000 m, in Buckow kamen immer noch Eistafeln von mehreren Hundert Metern
an.

Im Eiszeitgarten sind auch einige „Mitbringsel“ dieser Eistafeln zu sehen- Findlinge von 500
Kilogramm oder auch 11,2 Tonnen schwer. Und diese „Steinchen“ haben eine lange Reise hinter
sich: der 11,2 Tonnen schwere Findling z.B. ist 1.750 Millionen Jahre alt und stammt aus dem
nördlichen Mittelschweden. Ein Granit mit einem Gewicht von 9,7 Tonnen kommt aus Uppsala.
Hinweistafeln an diesen Brocken beschreiben deren Herkunft, ihr Alter und deren Bestandteile.

Außerordentlich informativ sind die Tafeln im Eiszeitgarten, die Verläufe und Geschichte der
Eiszeiten darstellen. Auf der ersten Tafel mit dem Titel „Eiszeiten: Wann? Warum? Wo?“ ist
beschrieben, was eine Eiszeit ist. Auf Karten aus der Region sind die verschiedenen Eisvorstöße
und die daraus resultierenden Eisrandlagen und Urstromtäler zu sehen. Die Märkische Schweiz
hat dadurch ihre Hügel , Seen und Täler erhalten. Auf einer zweiten Tafel gibt es Informationen zu
den“ Findlingen“, und auf einer dritten Informationen zur“ Erdgeschichte und Gestaltung“.

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So ist die Märkische Schweiz mit ihrem sympathischen Städtchen Buckow entstanden. Am
Brechthaus vorbei links auf einem Wanderweg erreicht man den Eiszeitgarten, der einen wieder
mal erstaunen lässt angesichts der Informationen aus längst vergangenen Zeiten.

Auf dem Weg von Strausberg nach Buckow kommt man noch an einem Ort vorbei, in dem
ebenfalls an die Eiszeit gedacht wird: der Findlingshof Strausberg in Ruhlsdorf. Etwas versteckt
am Ruhlsdorfer See wird hier mit den vielen Steinen und größeren Findlingen gearbeitet. Zäune
aus Steinen, Tische und Stühle aus Steinen, Klangkörper mit Steinen. Künstlern kann man zu
bestimmten Zeiten bei ihren Arbeiten zuschauen. Jedenfalls lohnt auch hier ein Besuch, ein
Eintauchen in die Eiszeit.

Übrigens tauchen auch die Landwirte in dieser Gegend immer wieder mal in die Eiszeit ein, wenn
sie die unzähligen Steine und Findlinge von den Feldern aufsammeln müssen. Nach dem Pflügen
sind dann wieder neue da!

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                                                     archäologische
                                                     Grabung Berlins
                                                     von Ursula A. Kolbe

  Bild: ABA Schirmer & Bräuning GbR                  Die Wuhle schlängelt sich auf 16,5 Kilometern durch
                                                     den Bezirk Marzahn-Hellersdorf bis nach Köpenick
  Archäologe bei der Dokumentation in Biesdorf       rüber, bietet Tieren und Pflanzen einen

Lebensraum. Und nicht nur das. In jüngster Zeit steht auch die Siedlung Habichtshorst nahe der
Köpenicker Straße in Biesdorf im Blick der Öffentlichkeit. Denn hier fand von 1999 bis 2014
bauvorbereitend für das Entwicklungsgebiet Biesdorf-Süd Berlins größte Ausgrabung statt.

Auf gut 22 Hektar konnten 10.000 Jahre Siedlungsgeschichte dokumentiert werden, bevor hier
erneut Häuser gebaut wurden. In Biesdorf entdeckten die Forscher an die 100 bedeutende
Fundplätze und den Beleg liefern Funde, die jetzt bis zum 19. April 2020 in der Ausstellung
„Berlins größte Grabung. Forschungsareal Biesdorf“ im Neuen Museum in der Bodestraße zu
sehen sind.

Einen ersten Hinweis lieferte eher zufällig ein Bewohner bereits Ende der 1920er Jahre: Bei
Arbeiten im Garten stieß er auf eine durchlochte Goldmünze, erklärte Ausstellungs-Kuratorin Dr.
Anne Sklebitz. Diese war, wie sich später herausstellte, ein Relikt aus der Zeit des römischen
Kaisers Caracalla und wurde zwischen 211 und 217 nach Christus hergestellt. „Solche Funde
gelten für unsere Region als selten“, sagte Dr. Sklebitz.

Da es sich bei dem Areal links und rechts der Wuhle um eine Gegend mit fruchtbaren Böden
handelte, wusste man, dass dies nicht das einzige Zeugnis längst vergangener Zeiten bleiben
würde. Denn die Wuhle hat ja schon weit vor unserer Zeit Menschen angezogen, die dann hier
gesiedelt haben. Das Flüsschen lieferte Wasser für die Tiere, und Ackerbau konnte betrieben
werden. 1999 begann man dann, eines der Baufelder genauer unter die Lupe zu nehmen.

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Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler akribisch rund 22 Hektar Fläche – daraus wurde das
bislang größte Ausgrabungsprojekt dieser Art in Berlin.

Zu den Funden zählen insgesamt 84 Brunnen von der Bronzezeit bis ins Mittelalter, aber auch
weitaus ältere Objekte, etwa Alltagsgegenstände wie Fibeln, Nadeln und Münzen. Einer der
jüngsten Funde ist ein FDJ-Ansteckpin aus der DDR, eine geheimnisvolle Hirschgeweihmaske aus
dem 10. Jahrtausend v. Chr. gehört zu den ältesten Objekten. Letztere bezeichnen die
Archäologen als spektakulär. Dieser mindestens 11.000 Jahre alte Fund soll einst von Schamanen
für Rituale benutzt worden sein. Weltweit sind nach Angaben von Dr. Sklebitz nur fünf Orte
bekannt, an denen ähnliche Masken gefunden wurden.

Vor allem aber, so ein Fazit dieser Ausgrabungen, konnten etliche Lücken in den Unterlagen
gefüllt werden. So wurde aus der Eisenzeit, genauer gesagt, aus der Zeit der Jastorf-Kultur (600 v.
Chr.) eine nahezu komplett erhaltene Siedlung entdeckt. Das sei schon etwas Besonderes, so die
Wissenschaftlerin.

Auch praktische Demonstrationen im Museum
Das alles kann nicht nur bestaunt oder bewundert werden, zudem laden ebenso verschiedene
Stationen dazu ein, einen Blick in die Arbeit der Archäologen zu gewinnen. Um z. B. mehr über die
Schamanen-Maske aus dem steinzeitlichen Marzahn herauszufinden, haben die Forscher(innen)
ein möglichst originalgetreues Replikat der Hirschkopfbedeckung hergestellt, das vor Ort sogar
anprobiert werden kann. Jeden Donnerstag und Freitag (außer feiertags) demonstrieren zudem
Studenten(innen) bei Live-Ausgrabungen direkt in der Ausstellung, wie sie aus einem dicken
Erdklumpen mit Tonscherben durch Fotometrie 3-D-Modelle von alten Keramikgegenständen
erstellen.

Mittels technisch aufwändiger Pflanzen- und Pollenanalysen der Biesdorfer Erde zeigte sich, dass
an der Wuhle erstmals in der Jungsteinzeit Getreide angebaut wurde – also vor rund 12.000
Jahren. Luftaufnahmen und Phosphatrückstände von Tierdung ließen sogar darauf schließen, wo
die bronzezeitlichen Marzahner(innen) ihr Vieh entlangtrieben. Des weiteren sind Teile der
Ausstellung zusammen mit dem Marzahner Jugendprojekt Manege im Don-Bosco-Zentrum am S-
Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße entstanden. Die Jugendlichen haben einzelne Stationen
mitgestaltet und unter anderem ein bronzezeitliches Marzahn-Brettspiel hergestellt.

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Jahrestage 2020 – Januar/Februar
von Kempen Dettmann

Die Geschichte der Dörfer Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf, die heute
den Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf bilden, erweckt immer wieder das Interesse unserer Leser.
Alle fünf Ortsteile gehörten einst zum Landkreis Niederbarnim und wurden 1920 durch das Groß-
Berlin-Gesetz nach Berlin eingemeindet. So ist es auch seit mehreren Jahren zu einer guten
Tradition geworden, dass der Heimatverein Marzahn-Hellersdorf e.V. alljährlich ausgewählte
Daten von Jahrestagen herausgibt. Es handelt sich um eine Übersicht von wichtigen Jahres- und
Gedenktagen, die den Bezirk betreffen. Denn Marzahn und „seine Dörfer“ sind ja schon viel, viel
älter als der jetzige Bezirk. Bedeutsame Ereignisse, die Entstehung historischer Bauten, Geburts-

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Spätlese Das Magazin für aufgeweckte Seniorinnen und Senioren - Berlin.de
und Todestage bekannter Persönlichkeiten des Bezirks
sind in dieser Zusammenstellung zu finden. Wir
schauen in die Monate Januar und Februar:

675 Jahre
Mahlsdorf wird am 25. Januar 1345 in einem Lehnbrief
des Markgrafen Ludwig des Älteren erstmals urkundlich
erwähnt. Der Ritter Thyle Ryteling (Rüteling) verkauft
                                                                 Bild: Angela M. Arnold
danach das Dorf Malterstorp mit allen Rechten an den
Ritter Otto Kethelitz (Kettlitz).

125 Jahre                                                 Symbolik für den B1 Businesspark an der Ecke
                                                          Alt-Mahlsdorf – Landsberger Straße
Am 21. Februar 1895 wird der Schriftsteller und
Redakteur Erich Knauf geboren. 1944 wird er in
Kaulsdorf nach einer Denunziation verhaftet und am 2. Mai 1944 hingerichtet.

90 Jahre
Am 4. Januar 1930 verstirbt der Gartenarchitekt Albert Brodersen. Ab 1890 gestaltete er im
Auftrag von Wilhelm von Siemens den stark erweiterten Biesdorfer Schlosspark um.

75 Jahre
Der Apotheker Hans Neue aus Mahlsdorf wird am 29. Januar 1945 hingerichtet. Er war nach dem
Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wegen einer unbedachten Äußerung denunziert worden.

50 Jahre
Frida Hirsekorn, von 1937 bis zu ihrem Tod am 11. Februar 1970 Inhaberin der Märkischen
Wachsschmelze in Kaulsdorf. 1945 richtete sie eine Suppenküche ein, die auch Schulen mit Essen
belieferte.

45 Jahre
Am 25. Februar 1975 bestätigt das SED-Polibüro die Bebauungskonzeption für den Stadtbezirk
Marzahn. Danach sollen drei zusammenhängende Wohngebiete mit 35.000 Wohnungen für
100.000 Einwohner errichtet werden.

20 Jahre
Gisela Reissenberger, geb. Häusler, verstirbt am 12. Februar 2000. Von 1943 bis 1945 versteckte
sie gemeinsam mit ihrer Mutter Elsa Ledetsch fünf Juden und rettete sie so vor den Nazis. Am 19.
Oktober 1987 waren beide von der Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Israel als „Gerechte unter den
Völkern“ geehrt worden.

10 Jahre
Am 27. Januar 2010 wird Wohnblock Mehrower Allee 38-46 nach der Sanierung übergeben. Es ist
die letzte im Rahmen des Stadtumbaus Ost fertiggestellte Wohnanlage der degewo in Marzahn.

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Politik, Wirtschaft, Soziales

                                                    100 Jahre Leben und
                                                    Geschichte im Schloss
                                                    Cecilienhof
                                                    von Ortrun Engelkraut, Stiftung Preußische
                                                    Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

  Bild: spsg/Leo Seidel

                                               Die Inspiration kam aus England: vorspringende
Blick in den Vorhof des Schlosses Cecilienhof
                                              Erker, spitze Giebel, Bleiglasfenster,
abwechslungsreich gemustertes Fachwerk. Das „Landhaus des Kronprinzen“ im romantisierenden
Tudor-Stil des 20. Jahrhunderts wirkt auf den ersten Blick ländlich bescheiden. Tatsächlich ist
Schloss Cecilienhof im Neuen Garten Potsdam ein Bauwerk von imposanter Größe. Man ahnt es,
wenn man einmal um den Gebäudekomplex herumgeht, oder man untersucht das Ensemble, das
sich um fünf Innenhöfe gruppiert, bis in verborgene Winkel. Dies geschah zwischen 2014 und
2018 im Verlauf der umfassenden Hüllensanierung. Instandgesetzt oder erneuert wurden mit
Mitteln des Sonderinvestitionsprogramms (SIP 1/Masterplan) unter anderem 550 Fenster in rund
150 Räumen, 11 500 Quadratmeter Fassadenfläche, 6500 Quadratmeter Dachlandschaft mit 360
000 Dachziegeln und 40 kunstvoll gestalteten Schornsteinen sowie sämtliche gärtnerische
Anlagen.

Erbaut wurde Cecilienhof zwischen 1913 und 1917, mit kurzzeitig kriegsbedingter Unterbrechung,
nach Plänen des Architekten Paul Schultze-Naumburg als ganzjähriger, komfortabel-moderner
Wohnsitz für Kronprinz Wilhelm (1882 – 1951) und Kronprinzessin Cecilie (1886 – 1954). Seit der
prunkvollen Hochzeit 1905 verbrachte das Paar mit wachsender Kinderschar die Sommermonate
im nahen Marmorpalais. Die jüngste Tochter kam im September 1917 im noch nicht vollständig
eingerichteten Cecilienhof zur Welt. Die Taufe in der großen Wohnhalle fand am 9. November
1917 im Beisein Kaiser Wilhelms II. statt, offiziell die Einweihungder standesgemäßen Residenz
des Kronprinzenpaares, »dem Ernst der Zeit entsprechend im engsten Familienkreis«. Ein Jahr
später endete mit der Abdankung des Kaisers die 500-jährige Regentschaft der Hohenzollern in
Brandenburg-Preußen. Die Monarchie in Deutschland war Geschichte.

Nach dem Kaiser ging auch der Kronprinz ins niederländische Exil; Cecilie blieb zunächst mit
ihren sechs Kindern im staatlich beschlagnahmten Schloss Cecilienhof. 1920 übersiedelte sie in
das schlesische Schloss Oels. Die beiden ältesten Söhne wohnten weiterhin mit ihren Erziehern in
Cecilienhof. 1926 erhielt die Hohenzollern-Familie im Rahmen der „Fürstenabfindung“
Wohnrecht im Schloss Cecilienhof für drei Generationen.

Das ehemalige Kronprinzenpaar hatte sich längst auseinandergelebt. Wilhelm machte nach der
Rückkehr aus dem Exil Cecilienhof zu seinem Wohnsitz. Cecilie wechselte zwischen Oels und
Potsdam. Sie widmete sich karitativen Tätigkeiten und machte ihre Potsdamer Residenz zu einem
gesellschaftlichen Treffpunkt. Zu den prominenten Gästen zählten unter anderem Künstler wie
Regisseur Max Reinhardt oder die Dirigenten Wilhelm Furtwängler und der junge Herbert von
Karajan. Auf Einladung des Ex-Kronprinzen wurden auch Adolf Hitler, Hermann Göring, Joseph
Goebbels und Benito Mussolini empfangen. Das letzte große Society-Ereignis im Schloss
Cecilienhof war 1938 die Hochzeit des Sohnes Louis Ferdinand mit Kira von Russland.

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Schauplatz der Potsdamer Konferenz 1945

Im Januar 1945 verließ Wilhelm, am 1. Februar Cecilie das Schloss. Zurück blieben sämtliche
Möbel und kostbare Kunstgegenstände. Am 26. April wurde das unbeschädigte Schloss von
sowjetischen Truppen besetzt und nach Kriegsende zum Tagungsort für die „Berliner Konferenz“
bestimmt, für die es im zerbombten Berlin keine geeigneten Räume gab. Für die „Potsdamer
Konferenz“ vom 17. Juli bis 2. August 1945 wurden 36 Räume für die Delegationen der USA, aus
Großbritannien und für den Gastgeber Sowjetunion neu eingerichtet. Zur Begrüßung der Gäste
wurde der rote Sowjetstern aus Geranien im Ehrenhof von Schloss Cecilienhof gepflanzt. Das
Originalinventar war in die Meierei am Ufer des Jungfernsees ausgelagert und wurde bei einem
Brand am 18. Juli 1945 fast vollständig zerstört.

Im Anschluss an die Konferenz wurde das Schloss zum „Clubhaus“ für Militärangehörige der
Roten Armee. Über die folgenden sieben Jahre, in denen kein Deutscher Zugang zum Neuen
Garten hatte, ist nichts bekannt. 1952 übergab die sowjetische Besatzungsbehörde das Schloss
samt Ausstattung der damaligen Landesregierung Brandenburg, die eine »Nationale Gedenkstätte
des Potsdamer Abkommens« einrichtete. Einige Räume des weitläufigen Gebäudes bezog der
Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD), andere wurden zu Wohnungen. Sechs
Mietparteien mussten 1960 das Schloss verlassen, als – ein Jahr vor dem Mauerbau – im
umgebauten Prinzen- und Wirtschaftsflügel das Hotel Cecilienhof eröffnete. Die Vermietung
übernahm das Reisebüro der DDR, vorwiegend an Reisegruppen aus der Sowjetunion und
anderen Bruderländern. 1986/87 wurde das Hotel umfassend modernisiert. Jedes der nunmehr
45 Zimmer und Suiten bekam ein eigenes Bad. Der kronprinzliche Speisesaal war exklusives
Restaurant, in dem es – vor allem für Devisen und somit für Gäste aus nicht-sozialistischen
Ländern – vieles gab, was sonst in der DDR sehr schwer erhältlich war.

Bei den aktuell laufenden Führungen durch Räume des seit 2014 geschlossenen Hotels gibt
Schlossassistentin Katharina Bergmann nicht nur ihr erforschtes Wissen preis, sie sammelt auch
Informationen von Zeitzeugen, die im Restaurant Jugendweihe oder Hochzeit gefeiert oder andere
Erfahrungen im Hotel gemacht haben.

Nach der Wiedervereinigung 1990 lud die Brandenburgische Landesregierung hohe Staatsgäste
gern in das Schloss Cecilienhof ein. So speiste Queen Elizabeth dort 2004 zu Mittag, bevor sie sich
die „Kajüte“ der Kronprinzessin zeigen ließ. George Bush sen. und seine Frau Barbara wohnten
1995 zwei Nächte im Hotel, anlässlich der Feierlichkeiten »50 Jahre Potsdamer Konferenz«. Im
Rahmen dieser Festveranstaltung wurden erstmals die ehemaligen Privatgemächer des
Kronprinzenpaares nach umfassender Rekonstruktion zugänglich gemacht. Die beiden
Apartments, bis dahin als Hotelsuiten genutzt, geben Einblick in die Lebenswelt
desKronprinzenpaares.

In der Dauerausstellung zur Potsdamer Konferenz waren bereits 1993 die Informationstafeln
erneuert und dieTexte auf den damals neuesten Stand der Forschung gebracht worden. 2012
erfolgte eine weitere Überarbeitung. Die Ausstellung präsentiert am authentischen Ort eine Fülle
an historischen Fotografien und vielschichtigen Informationen zum Konferenzgeschehen, jeweils
bezogen auf die historische Nutzung der Räume.

2020, zu „75 Jahre Potsdamer Konferenz“ wird die Dauerausstellung durch eine temporäre
Präsentation ergänzt, die auch den Bogen spannen wird zu globalen und europäischen
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

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Politik, Wirtschaft, Soziales

                                                    Vor hundert Jahren
                                                    trat Versailler Vertrag
                                                    in Kraft
                                                    von Tristan Micke

                                                        Am 10. Januar 1920 trat um 04.15 Uhr der
  Bild: William Orpen/Wikipedia                         Versailler Vertrag in Kraft. Das war das formelle
                                                        Ende des 1. Weltkriegs. Ausgehandelt wurde der
  Abschluss des Versailler Vertrages im Spiegelsaal von Vertrag auf der am 18. Januar 1919 eröffneten
  Schloss Versaille
                                                        Pariser Friedenskonferenz. Unter Ausschluss des
                                                        besiegten Deutschen Reichs entschieden die 32
alliierten und beteiligten Mächte über dessen Zukunft. Besonderen Einfluss hatten dabei die USA,
Großbritannien und Frankreich. Die USA strebten die Schaffung des Völkerbundes an, Frankreich
verfolgte die Schwächung des Deutschen Reichs durch Abrüstung und Gebietsabtretungen. Die
Briten wollten dagegen ein lebensfähiges Deutsches Reich als politisches Gegengewicht zu
Frankreich.

Ablehnung im Deutschen Reich
Nach Bekanntwerden des Versailler Vertrags war die Empörung im Deutschen Reich groß. Der
Vertag sei unannehmbar, so der damalige Ministerpräsident Philipp Scheidemann. Unter Druck
der Alliierten billigte die deutsche Nationalversammlung jedoch am 23 Juni 1919 den Vertrag
bedingungslos und unterzeichnete ihn unter Protest am 28. Juni 1919 im Spiegelsaal von Schloss
Versailles. Alle politischen Richtungen waren für eine Revidierung der harten
Vertragsbedingungen. Nationalistische Kreise fordern den Widerstand gegen den Vollzug des
"Schanddiktats". Besonders die Auslieferung deutscher "Kriegsverbrecher" zur Aburteilung durch
alliierte Militärgerichte und die alleinige Kriegsschuld des Deutschen Reichs, mit der die Alliierten
ihre Reparationsansprüche begründeten, lösten Empörung und Widerstand gegen die junge
Weimarer Republik mit ihrer Erfüllungspolitik aus, zumal sich die Hoffnungen auf ein baldiges
Einlenken der Siegermächte nicht erfüllten.

Auswirkungen
Der Versailler Vertrag bedeutete für das Deutsche Reich Gebietsverluste, Reparationsschulden
und Entwaffnung. So übernahm im Saargebiet der Völkerbund die Regierung und im Rheinland
begann die sogenannte Interalliierte Hohe Kommission ihre Tätigkeit. Besiegelt war der Verlust
Elsaß-Lothringens (an Frankreich) sowie des gesamten Kolonialbesitzes. Die Provinzen Posen und
Westpreußen gingen weitgehend an Polen, wodurch es einen Zugang zur Ostsee erhielt (polnischer
Korridor). Danzig (heute Gdansk) wurde dem Völkerbund unterstellt, Memelgebiet und
Hultschiner Ländchen gingen an die Tschechoslowakei, Nordschleswig an Dänemark. Insgesamt
bedeutete das für das Deutsche Reich einen Gebietsverlust von 70 579 km² mit 6,5 Millionen
Menschen (ohne Kolonien). Mit den Ostprovinzen gingen wichtige Agrargebiete verloren,
wodurch sich die ohnehin schlechte Versorgungslage im Deutschen Reich verschärfte.
Das Rheinlandabkommen sah vor, dass das linksrheinische Gebiet und die rechtsrheinischen
Brückenköpfe bei Köln, Koblenz, Mainz und Kehl unter alliierter Besetzung bleiben und die
Räumung dieser Gebiete erst stufenweise nach fünf, zehn und fünfzehn Jahren erfolgen soll. Ab
20. Januar 1920 hatte das Deutsche Reich sämtliche Besatzungskosten zu tragen.

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Reparationsleistungen
Die Höhe der vom Deutschen Reich zu erbringenden Reparationsleistungen waren zunächst noch
nicht festgelegt. Bis zur Festlegung des Gesamtbetrags hatte das Deutsche Reich Geld und
Sachleistungen in Höhe von 20 Milliarden Reichsmark zu erbringen. Große Teile der
Handelsflotte, Strom- und Telegrafenkabel sowie Kohle und Kohleprodukte waren abzuliefern.
Das Deutsche Reich wurde weitgehend vom internationalen Handel ausgeschlossen.

Entwaffnung
Die Stärke des Heeres wurde auf 100 000 und die der Marine auf 15 000 Mann reduziert, was für
die Grenzsicherung und gegen revolutionäre Umstürze ausreichen sollte. Die allgemeine
Wehrpflicht wurde verboten. Es gab keine Flugzeuge, U-Boote und Panzer.

Fazit
Der Versailler Vertag war selbst im Lager der Sieger oft Gegenstand der Kritik. Ein Teil der
wirtschaftlichen Auswirkungen wurde durch die Verständigungspolitik von Außenminister Gustav
Stresemanns gemildert. Der Kampf gegen den Vertrag war ein Hauptpunkt nationalsozialistischer
Propaganda.

                                 Politik, Wirtschaft, Soziales

                                                Logistik – Treiber der
                                                digitalen Veränderung
                                                von Ursula A. Kolbe

                                                   „Mutig machen“ – Diese zwei Worte standen als
                                                   Motto über den dreitägigen Beratungen des
   Bild: BVL/Bildschön                             Deutschen Logistik-Kongresses in Berlin. Und das
                                                   liege ihm sehr am Herzen, hatte der BVL-
  Im Logistikzentrum der Firma Reyher in Hamburg   Vorstandsvorsitzende Robert Blackburn in seiner
  lagern 130.000 verschiedene Artikel              Eröffnungsrede festgestellt. „Ich bin davon
                                                   überzeugt“, sagte er, ,, dass Erfolg von Mut abhängig
                                                 ist. Courage ist eine Mischung aus Selbstvertrauen
und Entschlossenheit. Sie ist gleichzeitig ein gutes Mittel gegen sich selbst erfüllende
Prophezeiungen – vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.“ Gerade die Digitalisierung
beinhalte große Chancen für die Logistiker in Industrie, Handel und für die Logistik-
Unternehmen.

Blackburn sieht die Logistik als Treiber der digitalen Veränderung und als DIE Schlüsselfunktion
der Zukunft. Sie könne die gestaltende Kraft auf vielen wirtschaftlichen Feldern sein – und zwar in
allen drei Dimensionen – ökonomisch, ökologisch, sozial – in den Unternehmen selbst und über
Unternehmensgrenzen hinweg. „Der Informations-, Daten- und Güteraustausch wird
unternehmensübergreifend und multimodal stattfinden. Logistikprozesse werden über
Plattformen vernetzt, also transparenter, agiler, resilienter und nachhaltiger sein“, erläuterte der
BVL-Vorsitzende das Zukunftsszenario.

Was die Logistik-Weisen prognostizieren
Für die Logistikwirtschaft in Deutschland prognostizieren die Logistikweisen in 2020 ein Plus von
nominal 2,2 Prozent. Das reale Wachstum liege bei 0,4 Prozent. Nach aktueller Hochrechnung

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erwarten die Experten um Prof. Christian Kille ein Wachstum von ca. zwei Prozent.
Für den deutschen Markt weist die zum Logistik-Kongress neu erschienene Ausgabe der „Top 100
in European Transport and Logistics services“ für 2018 ein Volumen von 278 Mrd. EUR aus. Das
ist im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme in Höhe von 11 Mrd. EUR (4,1 Prozent). Prognostiziert
hatten die Logistikweisen lediglich einen Anstieg von 2,2 Prozent. Ein Grund für die Abweichung
dürfte die gute Konjunktur gewesen sein. 2018 hatte es daher teilweise deutliche
Kapazitätsengpässe gegeben, die zu einem Preisanstieg führten.

Für das vergangene und jetzige Jahr rechnen die Top-100-Autoren von der Fraunhofer-
Arbeitsgruppe für Supply Chain Services (SCS) mit 2,5 bzw. 2,7 Prozent nominalem Wachstum in
Deutschland. Damit fallen die Prognosen um jeweils 0,5 Prozentpunkte höher aus als bei den
Logistikweisen. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Transport- und Logistikunternehmen
sind unter anderem die Perspektiven der Auftraggeber in Industrie und Handel entscheidend.

Und der Blick über Deutschland hinaus? Die internationalen Handelsmengen werden steigen,
sind die Experten überzeugt. Daran ändern die Handelskonflikte nichts. Die Streitigkeiten
zwischen den USA und China können tendenziell zu einer Zunahme der Ströme zwischen der EU
und China führen. Innerhalb von Europa hat der Brexit nur noch geringfügigen Einfluss auf die
Gesamtbilanz, „da bereits in 2019 die Güterströme aufgrund der vollen Lager verringert wurden“,
stellen die Logistikweisen fest. Darüber hinaus sei vor allem nach Osteuropa eine Zunahme der
Güterströme zu erwarten. Prognosen seien aber angesichts der globalen Handelskonflikte und des
Brexit derzeit mit hoher Unsicherheit behaftet.

Hamburg will Smart City Loop unter der Erde testen
Alltag überall: Die Straßen in den Innenstädten sind verstopft. Auch der Güterverkehr trägt zur
Überlastung bei. Die Firma Smart City Loop prüft, ob Letzterer unter der Erde verlegt werden
kann. Sie entwickelt ein Konzept für die vorletzte Meile, das im Rahmen des ITS-Weltkongresses
2021 (Intelligent Transport Systems) in Hamburg vorgestellt werden soll. Dort solle gezeigt
werden, wie es in der Praxis funktionieren könnte, erklärt Hans Stapelfeldt, Netzwerkmanager für
den ITS-Weltkongress bei der Logistik-Initiative Hamburg.

Smart City Loop will Güter in unterirdischen Fallröhren vom Verteilzentrum am Stadtrand zum
Mikrohub für die Verteilung auf der letzten Meile bringen. Das geschlossene Röhrensystem soll
einen Durchmesser von 2,8 Meter haben – genug Platz für die Beförderung einer Standardpalette.
Die Transporte seien zudem autonom und vollelektrisch. Etwa 3.000 Paletten könnten so täglich
in die Stadt gebracht und bis zu 1.500 Straßentransporte überflüssig gemacht werden. Für die
Entsorgung funktioniere das Konzept ebenfalls.

Stapelfeldt glaubt, dass die Umsetzung eines solchen Projekts in Südamerika oder Asien deutlich
einfacher sein könnte als in Hamburg, insbesondere in Städten, „die keine Elbe haben“. Denn der
Fluss ist tief und damit der Knackpunkt. Der Loop muss mindestens vier Meter unter dem tiefsten
Punkt der Elbe verlaufen.

Die Stadt Hamburg äußere sich derzeit noch „zurückhaltend interessiert“ und unterstütze das
Vorhaben politisch. Gibt die Hansestadt grünes Licht, könnte das Röhrensystem in zwei bis fünf
Jahren realisiert werden, sagt der Netzwerkmanager. Denn die technischen Voraussetzungen
seien gegeben, das Know- how und die nötige Fördertechnik vorhanden.
Die Idee, Güter unter der Erde zu transportieren, ist nicht neu. Aber die meisten sind im Sande
verlaufen. Der wachsende Handelsdruck für Städte, Logistik sauberer zu planen und das steigende
Sendungsvolumen abzufedern, ist laut Stapelfeldt der Grund, warum der Plan in diesem Fall zu
Ende gedacht und getestet werden wird.

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Green Logistics: Transporeon für mehr Effizienz und weniger Leerkilometer
Stand- und Wartezeiten von 90 Minuten beim Be- und Entladen, 25 Prozent Leerfahrten und
damit verbundene Co2-Emissionen, lückenhafter Informationsfluss und ein intransparenter
Transportmarkt. Die Transportlogistik weist Ineffizienzen auf, die volkswirtschaftlich kostspielig
sind und teils auch im Widerspruch zu einer grünen Logistik stehen. Marc-Oliver Simon,
Mitbegründer und CEO von Transporeon – mit dem Thema „Grüne Logistik dank Data“ einer der
Gewinner des Think-Tank-Votings – präsentierte die innovativen Konzepte der Transporeon-
Plattform:

Eine effiziente Transportlogistik und nachhaltiger Transport setzen die bestmögliche Abstimmung
zwischen Industrieunternehmen, Handel und Transportdienstleistern voraus. Onlinebasierte
Plattformen ermöglichen Echtzeit-Kommunikation und verschaffen allen Akteuren umfassende
Transparenz. Transporeon verbindet über 1.200 Industrie- und Handelsunternehmen (Verlader)
mit mehr als 90.000 Transportdienstleistern zu einem führenden Netzwerk für Transportlogistik
in Europa. Die datenzentrierte Cloud-Plattform bietet digitale automatisierte Prozesse für die
Frachtvergabe, Zeitfenster-Management oder die Echtzeit-Verfolgung von Transporten. Allein die
einfache, schnelle Angebotseinholung fördert effiziente Dreiecksverkehre und kann Leerfahrten
bis zu 13 Prozent verringern.

Die Chancen der Neuen Seidenstraße
Als einen Höhepunkt des Gala-Abends in der Arena Berlin begrüßte BVL-Geschäftsführer Prof.
Thomas Wimmer den Botschafter der VR China, S. E. Wu Ken, zu einem Gespräch, zusammen mit
dem Vorstandsvorsitzenden von Duisport Erich Staake. Dabei ging es um die Chancen und
Perspektiven der Neuen Seidenstraße, also der von China vorangetriebenen Belt-and-Road-
Initiative. Vom Duisburger Hafen aus führt der Weg entlang der eisernen Seidenstraße über Polen,
Russland und Kasachstan bis in die chinesischen Städte Chongqing und Yiwu. Bis zu 35 Züge
wöchentlich rollen heute schon über die 11.000 km lange Strecke. Welches Potenzial steckt in
diesem riesigen Infrastrukturprojekt – und wo liegen die Risiken?

Übrigens: Das geplante Projekt umfasst eigentlich zwei Routen. Der nördliche „Silk Road
Economic Belt“ verläuft von China über Zentralasien, den Iran, die Türkei und die russische
Hauptstadt Moskau bis nach Zentral- und Westeuropa. Die südliche „Maritime Silk Road“ soll
Chinas Seehandel mit Südostasien, dem Mittleren Osten, Ostafrika und Europa verbinden.

                               Kultur, Kunst, Wissenschaft

Ludwig van Beethoven: Ein Denker in Tönen
von Ursula A. Kolbe

Beethoven ist überall. Ein global wirkender Künstler, dessen Sprache keiner Übersetzung bedarf.
Allgegenwärtig sind seine Symphonien oder Klavierkonzerte – live vor Tausenden von Menschen
aufgeführt oder auf CD, im Radio, Internet. Er ist der meistgespielte Komponist der Welt und
seine berühmte 9. Sinfonie das meistgespielte Werk.

Beethoven gilt als der Komponist, der die Musik der Wiener Klassik zu ihrer höchsten
Entwicklung geführt und der Romantik den Weg bereitet hat. Insbesondere in den für die Epoche
der Wiener Klassik grundlegenden Formen der Sinfonie, der Klaviersonate und des
Streichquartetts hat er Werke geschaffen, deren musikgeschichtlicher Einfluss kaum zu

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Bild: Ausschnitt aus einem Gemälde von      übertreffen ist. Aber Beethoven war noch viel mehr.
  Joseph Karl Stieler                         Er war Revolutionär, Visionär und Kosmopolit. Er
                                              steckte voller Fantasie und musikalischer Ideen, er
                                              war schwermütig und schwerhörig, mutig und
                                              leidenschaftlich. Er hat von Kindheit an ein Leben
                                              gelebt, das kaum intensiver hätte sein können. Das
                                              auch 250 Jahre später in all seinen Facetten geehrt
                                              wird.

                                            Die Anfänge und der weitere Weg
  Porträt von Ludwig van Beethoven          Ludwig van Beethoven wurde wahrscheinlich am 16.
                                            Dezember 1770 in Bonn als Sohn einer
Musikerfamilie geboren und einen Tag später getauft. Sein Vater Johann war Tenorist an der
kurfürstlichen Hofkapelle in Bonn, sein Großvater Ludwig der Hofkapellmeister in Bonn. 1781
wurde der junge Beethoven Schüler des Hoforganisten Christian Gottlieb Neefe und bereits nach
wenigen Monaten sein Meisterschüler. Im „Magazin der Musik“ lobte Neefe den jungen Künstler
als einen zweiten Mozart – lenkte damit schon früh die Aufmerksamkeit auf Beethovens
Begabung. Apropos Begabung. Schon im Alter von sieben Jahren trat er zum ersten Mal öffentlich
als „klavierspielendes Wunderkind“ auf.

Neefe war es weiter, der den jungen Meister künstlerisch und menschlich förderte. Vermutlich auf
seine Fürsprache hin erhielt Ludwig 1787 auf Einladung des Kurfürsten eine Reise nach Wien
finanziert. Hier wurde er als Schüler von Wolfgang Amadeus Mozart weiter ausgebildet. Die
tödliche Erkrankung seiner Mutter ließ ihn aber nach Bonn zurückkehren. Nach dem Tod der
Mutter übernahm er die Fürsorge der Familie.

Doch nach dem Tod der Mutter reiste er 1792 erneut nach Wien, blieb dort bis an sein
Lebensende. Auf Empfehlung von Graf Ferdinand von Waldstein ist Beethoven in die Adelswelt
aufgenommen worden. Nun wurde er Meisterschüler von Haydn. Er studierte in den nächsten
Jahren u. a. Kompositionslehre, auch italienische Klavierkomposition. 1795 trat Beethoven
erstmals mit eigenen Klavierkompositionen in Adels-Häusern auf und verdiente sich in kurzer Zeit
höchstes Ansehen. Durch die Unterstützung seiner Förderer war es ihm nun möglich, als freier
Komponist zu arbeiten.

Tiefe Einschnitte im Leben
Der große Meister musste aber auch tiefe Schicksalsschläge verkraften. 1795 machten sich erste
Anzeichen einer sich ausweitenden Hörschädigung bemerkbar, die ihn immer mehr zu einem
Einzelgänger werden ließ, 1808 zu starker Schwerhörigkeit und schließlich 1819 zu völliger
Taubheit führte. Dieses Schicksal setzte seiner Karriere als Pianist ein vorzeitiges Ende und löste
eine Krise aus, über die Beethoven 1802 in seinem „Heiligenstädter Testament“ Zeugnis ablegte -
ein Abschiedsbrief an seine Brüder, ein ergreifendes Dokument seiner Hilflosigkeit gegenüber
seines körperlichen und physischen Zustandes. Unterhaltung war bald nur noch schriftlich
möglich. Seine bis heute erhaltenen Konversationshefte geben eine tragische Vorstellung über das
Empfinden eines vereinsamten Menschen und Genies.

Der dennoch bis ins hohe Alter aktive Komponist verstarb im Alter von 57 Jahren zurückgezogen
in Wien. Seiner Beerdigung in Währingen wohnten Tausende bei und lauschten der von Franz
Grillpartzer verfassten Grabrede. 1888 wurden die Gebeine in ein Ehrengrab auf dem Wiener
Zentralfriedhof überführt.

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Ludwig van Beethoven zählt zu den Vollendern der Wiener Klassik. Zu seinen wichtigsten Werken
gehören: die neun Symphonien, die fünf Klavierkonzerte, das Violinkonzert, die 16 Streich-
Quartette, 32 Klaviersonaten, die einzige Oper „Fidelio“ sowie die Messe op. In C-Dur und die
Missa solemnis op. 123. Seine Werke sind weltweit bekannt und berühmt.

Die Geburtsstadt und ihre Highlights
Bonn ist im Beethovenfieber, und „Da simmer dabei“, ruft es derzeit von den Plakatflächen der
Stadt, denn seine Bewohner wollen ihn jetzt im 250. Jubiläumsjahr unter der Dachmarke
„BTHVN2020“ besonders feiern. Das Jubiläumsjahr steht unter der Schirmherrschaft von
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Eröffnet wurde es bereits mit der Vernissage der
zentralen Ausstellung des Jubiläumsjahres „Beethoven – Welt. Bürger. Musik“ in der
Bundeskunsthalle. Ihre Pforten sind bis zum 26. April diesen Jahres geöffnet.

Dass Ludwig van Beethoven nicht nur Klassikliebhaber beschäftigen sollte, ist in der
künstlerischen Haltung des Komponisten begründet. „Beethoven wendet sich als individueller,
moderner Künstler an die Gesellschaft, ja, an die Menschheit als Ganzes. Seine musikalisch
formulierte Utopie eines friedlichen Zusammenlebens der Völker hat Appellcharakter.“ In
Beethovens eigenen Worten heißt es: „Allein Freyheit, weiter gehn ist Kunstwelt, wie in der ganzen
grossen Schöpfung, Zweck.“

Die Veranstaltungen und Aktionen werden von fünf Programmsäulen getragen, die den
Buchstaben des Jubiläumslogos „BTHVN2020“ entsprechen: Beethoven als Bonner Bürger („B“),
als Tonkünstler („T“), als Humanist („H“), Visionär („V“) und Naturfreund („N“). Einige
Beispiele:

Zu „B“ gehören ein Beethovenfest, ein Beethoven-Rundgang in Bonn und Umgebung, Illumination
und Bespielung der Stadt sowie die Neupräsentation und Erweiterung des Beethoven-Hauses
Bonn, des Geburtshauses des Komponisten.

„T“: Im Jubiläumsjahr werden sämtliche Werke des überaus produktiven Komponisten
aufgeführt. Das Beethovenfest, das üblicherweise im September stattfindet, erhält eine zusätzliche
Spielzeit im Frühjahr. Jazz, Rock, Pop- und Clubmusik werden mit Beethoven-Bezug gespielt.

„H“: Eine Bürgerinitiative will 2.500 Hauskonzerte in ganz Deutschland möglich machen. Darüber
hinaus ist eine Ausstellung zu „Musik und Politik“ geplant. Der Bedeutung von Beethovens 9.
Sinfonie wird in einem weltweiten Projekt nachgegangen. Der Bereich Tanz wird mit dem
Choreographie-Projekt „Beethoven MOVES“ abgedeckt.

„V“: Unter dem Namen „FUTURA“ soll ein „Konzert-Kahn“ mit experimentellen
Musikaufführungen entlang der Route Bonn-Wien schippern. Im „Base Camp Neue Musik“ wird
jungen Menschen das Einmaleins der Komposition nahe gebracht. Ebenso findet ein Festival für
Musik im 21. Jahrhundert sowie mit virtuellen Klangwelten und musikalischen
Raumexperimenten statt.

„N“: Im Beethoven Pastoral Project werden Konzerte und Aufführungen am Weltumwelttag 2020
global vernetzt. Geplant sind auch Beethoven-Landpartien und Picknicks.

Die jeweils aktuellen Termine aller „BTHVN2020“-Projekte siehe Veranstaltungskalender
www.bthvn.de/programm/veranstaltungskalender/. Das kostenlose Magazin mit
Programmvorschau erhältlich bei der Beethoven Jubiläums GmbH und ihren Partnern.

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Wien – Arbeits- und Lebensmittelpunkt
Ludwig van Beethoven fand in Wien seinen Schaffensort sowie den Uraufführungsort der meisten
seiner Werke. Hier kann man den Spuren seines bewegten Lebens folgen, seine Wohn- und
Gedenkstätten besuchen, an den Orten seiner Triumphe und des Leidens sein. Der
WienTourismus lässt im Gedenkjahr WahlwienerInnen über Ihr Verhältnis zur Musikhauptstadt
erzählen und entwickelte gemeinsam mit den Wiener Symphonikern ein Interaktives Beethoven-
Hörspiel für Amazon Alexa und Google Home. Die Österreichische Nationalbibliothek stellt bis
April 2020 Originalbriefee und Handschriften aus. Darüber hinaus werden viele bekannte Werke
Beethovens auf die Wiener Bühnen gebracht.

Überhaupt lebt das reiche musikalische Erbe der Wiener Klassik in der Musikhauptstadt Wien
mit ungebrochener Vitalität und Vielfalt weiter. Heute wie vor 250 Jahren ist Wien die
tonangebende Musikstadt. Hier hören jeden Abend 10.000 Musikbegeisterte klassische Musik live
in Staatsoper, Musikverein, Konzerthaus, Volksoper und zahlreichen weiteren Musikinstitutionen.
Wien ist es gelungen, sein großes historisches Klassik-Erbe in die Gegenwart zu transponieren
und mit neuen Impulsen zu bereichern.

Einst erkor Beethoven Wien zu seinem Arbeits- und Lebensmittelpunkt. Heute zählen zu den
bekanntesten WahlwienerInnen u. a. die OpernsängerInnen Anna Nebtrebko, Elina Garanca und
Juan Diego, der Dirigent Philippe Jordan und die Musiker Julian Rachlin und Aleksey Igudesman.
„In Amerika ist Nashville die ‚Musikhauptstadt der USA‘, aber in Europa ist Wien die
Musikhauptstadt“, sagt einer der erfolgreichsten US-amerikanischen Solokünstler, der Sänger,
Pianist und Songschreiber Billy Joel. Und Filmmusik-Legende Hans Zimmer meint: “Wenn es
einen Ort auf der Welt gibt, der unglaublich inspirierend für Musiker ist, so ist das nach wie vor
Wien.“

Der WienTourismus hat zum Themenjahr 2020 eine innovative Voice-Anwendung für die
Sprachassistenten von Amazon und Google produziert. Wer den Alexa Skill bzw. die Google Action
Beethovens Wien bzw. Beethovens Vienna aktiviert, startet ein interaktives Hörspiel zum Leben
und Werk von Beethoven. Erzählt werden Geschichten und Anekdoten, die auch für Beethoven-
Kenner Überraschungen beinhalten und viel über seine Werke und Persönlichkeit verraten.
Gemeinsam mit der Österreich-Werbung entwickelte der WienTourismus zudem einen smarten
Audio-Guide in der Sonnenbrille. Mit Bose Frames samt Lautsprecher und der neuen
#RelatedToAustria-App führt Beethoven akustisch durch Wien und New York.

                               Kultur, Kunst, Wissenschaft

Expedition zum „Epizentrum“ des
Klimawandels
von Antje Horn-Conrad

Es ist eine Expedition der Superlative: Am 20. September 2019 startete der deutsche
Forschungseisbrecher „Polarsteren“ zu einer mehr als außergewöhnlichen Reise. Ein Jahrlang
driftet das Schiff mit dem Eis durch die Zentralarktis, um erstmals auch im Winter eine Region
erkunden zu können, die entscheidend für das globale Klima ist.

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Als die Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut
  Bild: polarstern_mdr
                                                  2011 die Idee dafür entwickelten, hätten sie sich nicht
                                                  vorstellen können, wie dünn nur wenige Jahre später
                                                  das Meereis ist und wie warm die Winter bereits sind,
                                                  berichtete die Direktorin des Instituts, Antje Boetius,
                                                  zum Start der MOSAiC-Expedition. „Es ist also höchste
                                                  Zeit aufzubrechen.“ Man ermittle Daten und Bilder
                                                  einer Region, die sich im Grunde schneller verändere,
                                                  als man sie erforschen könne.

                                          „Es passiert. Es passiert wirklich“, sagte
Das Forschungsschiff „Polarstern“ im ewigen Eis
                                        Forschungsleiter Markus Rex bei der
Abschlusspressekonferenz im September in Tromsö. Es fühle sich ein wenig unwirklich an, dass
die Arktis-Expedition nach Jahren harter, intensiver Arbeit nun wirklich beginne.
Schneller als erwartet haben die Forscher bereits Anfang Oktober auch eine Eisscholle gefunden,
auf der sie das Forschungscamp für die einjährige Drift aufbauen wollen. Ein wichtiger
Meilenstein noch vor Einbruch der Polarnacht. Hier kann man die Position des Schiffes verfolgen:
https://follow.mosaic-expedition.org

Legendär ist übrigens die Expedition des norwegischen Polarforschers Fridtjof Nansen, der 1893
sein eigens für diesen Zweck konstruiertes Forschungsschiff, die „Fram“, einfrieren ließ, um mit
seiner Crew durch Nacht und Eis zu driften. Auch wenn er dabei sein Sehnsuchtsziel knapp
verfehlte, hatte er mit seiner wagemutigen Reise doch die Existenz der transpolaren
Driftströmung beweisen können. Jetzt, fast 130 Jahre später, wagt also ein internationales
Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung
(AWI) mit der MOSAiC-Expedition eine Neuauflage des Experiments, freilich in weitaus größeren
Dimensionen: Die „Polarstern“ driftet fest eingefroren durch das Nordpolarmeer.

Die Wissenschftlerinnen und Wissenschaftler überwintern in einer Region, die in der Polarnacht
normalerweise unerreichbar ist, zeitweise nördlich des 87. Breitengrades. Auf einer Eisscholle
haben sie ihr Forschungscamp aufgeschlagen und umgeben es mit einem kilometerweiten Netz
von Messstationen. Auf diese Weise wollen sie während des Winters erstmals lückenlos Daten
in Ozean, Eis, Biosphäre und Atmosphäre erheben. „Messungen, die wir dringend brauchen, wenn
wir den Einfluss der Arktis auf das globale Klima besser verstehen wollen“, sagt Markus Rex. Im
internationalen Verbund leitet und koordiniert es diese außergewöhnliche Expedition, die mit
noch nie dagewesenen Herausforderungen verbunden ist. Schließlich muss das Team mit
Eisbrechern, Helikoptern und Flugzeugen über den Winter hinweg versorgt werden.

Wie wird das dahinschmelzende Eis das Klima tatsächlich verändern?
Die Zentralarktis gilt als „Epizentrum“ des Klimawandels. Nirgends erwärmt sich die Atmosphäre
so rasant wie im hohen Norden, der wiederum das Wettergeschehen in unseren Breiten
entscheidend mitbestimmt. Doch wie die steigenden Temperaturen und das dahinschmelzende
Eis das Klima tatsächlich verändern werden, können die Wissenschaftler heute noch nicht präzise
sagen. Die bisherigen Modelle schwanken zwischen 5 und 15 Grad höheren Temperaturen in der
Arktis bis zum Ende des Jahrhunderts, zwischen weiter andauernder Eisbedeckung und totalem
Eisverlust. „Jedenfalls wenn wir keine äußerst massive und schnelle Reduktion des weltweiten
Ausstoßes von Treibgasen erreichen“, bringt Rex das Problem auf den Punkt.

Um die fehlenden Daten zu erheben und genauer prognostizieren zu können, nehmen er und seine
Kollegen von 60 Instituten aus aller Welt die Strapazen einer Überwinterung in Kälte und
Finsternis auf sich.

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