Werkstoff mit Zukunft - Report (+) PLUS
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02 Ausgabe 2020 17. Jahrgang der n So em a th Werkstoff mit Zukunft 18 22 32 technologie round table Recycling Qualität und Vielfalt eröffnen Experten über die Potenziale des Mit Putz als Re-Use geht die Branche neue Anwendungsgebiete. Baustoffs Putz. in Richtung Kreislaufwirtschaft.
inhalt > Ein Wort vom REport Plus das unabhängige Wirtschaftsmagazin werkstoff mit zukunft. Das Come- Factsheet. Was Sie 6 back der Putze als Schutz und Stilmittel. 12 über Putze & Mörtel wissen sollten. Ang e l a H e i s s e n b e rg e r Redakteurin Report(+)PLUS Zukunftsaufgabe »Ein schönes Bauwerk zeichnet > sich durch ein angenehmes und 3 gefälliges Aussehen aus und besitzt ein ausgewogenes Verhältnis der Einzel- teile zueinander«, wusste im 1. Jh. v. Chr. bereits der römische Architekt Vitruv. Erst das abwechslungsreiche Spiel mit Struktur und Farbe setzt die 14 32 »Wir haben zehn jahre zeit« Next life charakteristischen Akzente. Leider Die neue Klimaschutzministerin Putze sortenrein zu gewinnen und auf- ging die Vielfalt der Putztechniken seit Leonore Gewessler über Ökologie am zubereiten, ist noch schwierig. Anders Anfang des 20. Jahrhunderts sukzessi- Bau im Report(+)PLUS-Interview. ist das bei Putz als Re-Use. ve verloren – und mit ihr das Wissen um Handwerk und Materialien. Galten Putzfassaden lange Zeit als Fein herausgeputzt. Optimierte Ei- Ein Produkt der Region. Wie Bau- altmodisch, erleben sie gegenwärtig 18 genschaften durch neue Zusatzstoffe. 44 stoffe Wertschöpfung schaffen. eine Renaissance. Neue Zusammenset- zungen eröffnen Anwendungsmöglich- »Mehr Kommunikation«. Round Beton braucht Putz. Schon dünne 22 46 Schichten machen den Unterschied. keiten in der Wärmedämmung, Akustik Table zu Putz und seinen Potenzialen. oder im Brandschutz. Bei Sanierungen Im Zeichen des Klimas. Herausfor- Best Practice. Zukunftsweisende bewähren sich Spezialputze als effekti- 36 48 Projekte aus der Baubranche. . derungen für die Bauwirtschaft. ve Problemlöser. Auch als ästhetisches Gestaltungselement werden Putze Gut geschützt. Durch Risse im Putz Satire. Selbst ist der Mann. Ein 40 entstehen Schäden am Mauerwerk. 58 Selbstversuch von Rainer Sigl. wieder geschätzt. Report(+)PLUS widmet dieses Schwerpunktheft der faszinierenden Welt der Putze & Mörtel, die wie kaum IMPRESSUM eine andere Werkstoffgruppe an der Herausgeber/Chefredakteur: Dr. Alfons Flatscher [flatscher@report.at] Verlagsleitung: Schnittstelle zwischen Tradition und Mag. Gerda Platzer [platzer@report.at) Chef vom Dienst: Mag. Bernd Affenzeller [affen- Innovation steht. Wie wir in Zukunft zeller@report.at] Redaktion: Mag. Angela Heissenberger [heissenberger@report.at], Martin leben wollen, wird zunehmend kon- Szelgrad [szelgrad@report.at] AutorInnen: Mag. Karin Legat, Mag. Rainer Sigl Layout: Report trovers und interdisziplinär diskutiert. Media LLC Produktion: Report Media LLC, Mag. Rainer Sigl Druck: Styria Medieninhaber: Report Verlag GmbH & Co KG, Lienfeldergasse 58/3, A-1160 Wien Telefon: (01) 902 99-0 Klimafreundliches Bauen und Sanieren Fax: (01) 902 99-37 E-Mail: office@report.at Web: www.report.at ist kein Trend, sondern eine Zukunfts- aufgabe für die gesamte Branche. www.report.at 02 - 2020 >
> Kleines Putz- Definition Putzarten Putz, auch Verputz oder Putzmörtel Gipsputze kommen ausschließlich innen, meist als genannt, ist eine mineralische Beschich- Glättputz, zum Einsatz. Sie sind sehr elastisch und ha- tung von massiven Wänden. Er kommt ben eine geringe Risseneigung. Das maschinelle Auftra- bei Gebäuden außen und innen zum Ein- gen ermöglicht einen schnellen Arbeitsablauf. satz und wird ein- oder mehrlagig aufge- Kalkputze aus Kalkhydrat schaffen durch Regulie- tragen. rung der Luftfeuchtigkeit ein behagliches Wohnklima. Kalkputze aus hydraulischem Kalk werden zumeist Bedeutung bei historischen Gebäuden und der Altbausanierung Das seit dem 15. Jahrhundert ver- im Innen- und Außenbereich verwendet. wendete Wort »putzen« bedeutete ur- Kalk-Zement-Putze sind vorwiegend in Neubauten sprünglich »den Butzen (Unreinigkeit, ohne spezielle Anforderungen innen und außen zu fin- Schmutzklümpchen) entfernen« – die den. Bezeichnung blieb in der »Butzenschei- Wärmedämmputze schaffen durch die Erhöhung be« erhalten. Daraus entwickelten sich der Wandoberflächentemperatur ein angenehmes 4 die beiden Bedeutungen »säubern, reini- Raumklima und reduzieren die Heizkosten. gen« sowie »verschönern, schmücken«. Sanierputze sind meist aus Zement oder hydrau- lischem Kalk und eignen sich für die Trockenlegung Bindemittel von feuchten und versalzten Mauern. Durch den ho- Verputze unterscheiden sich in der hen Luftporengehalt können Salze im Putz auskristal- Regel nach dem verwendeten Bindemit- lisieren, ohne diesen zu zerstören. tel. Zu den mineralischen Bindemitteln zählen Kalkhydrat (auch »Luftkalk« ge- Spezialputze nannt) und hydraulisch abbindende Akustikputz entspricht durch seine spezielle Ober- Kalke (z.B. Romankalk, Zement, Gips, flächenbeschaffenheit und poröse Struktur besonde- Lehm und Wasserglas). Organische Bin- ren akustischen Anforderungen und wird meist im De- demittel – sogenannte Kunstharz-Dis- ckenbereich maschinell aufgespritzt. persionen – sind z.B. Polymere aus Vinyl- Edelputz ist ein farbiger, dekorativer Deckputz mit acetat oder Acrylate, die mit Silikonharz Kalk und Zement als Bindemittel. Er eignet sich für alle gemischt werden. mineralischen Unterputze und ist als Reib- oder Kratz- putz ausführbar. Zuschlagstoffe Silikatputz ist ein mineralischer Putz mit Wasser- Quarzsand, Kies, Gesteinsmehle und glas als Bindemittel. Er wird verarbeitungsfertig (pas Ziegelsplitt sind mineralische Zuschlag- tös) geliefert und kann zur farblichen Gestaltung außen stoffe, die durch unterschiedliche Korn- und innen auf allen mineralischen Untergründen ver- größe zusätzliche Effekte erzeugen. Auch wendet werden. Stroh, Tierhaar oder Glasfaser werden Silikonharzputz ist ebenfalls verarbeitungsfer- manchmal zur Strukturbildung oder tig und auf mineralischen Untergründen einsetzbar. Farbgebung beigemengt. Zugaben wie Durch seine hydrophobe Eigenschaft hat der Putz eine Schaumglasgranulat, Kork oder Bläh- selbstreinigende Wirkung. ton setzen die Wärmeleitfähigkeit herab. Kunstharzputz ist ein verarbeitungsfertiger Putz, Kunststoffe regulieren die technischen der innen und außen für alle Untergründe geeignet ist Foto: iStock Eigenschaften. und intensive Farbtöne aufweist. > 02 - 2020 www.report.at
Ab c > Eigenschaften Putz sorgt für ein angenehmes und gesundes Wohnklima, indem er die Raumfeuchte und Wärme- dämmung reguliert. Durch die mineralische Basis sind Putzober- flächen nicht nur atmungsaktiv, sondern verfügen auch über ei- ne schallabsorbierende Wirkung. Nach außen dient Putz als Witte- rungsschutz für das Mauerwerk und trägt durch farbliche und strukturierte Gestaltung zum äs- thetischen Erscheinungsbild des Gebäudes bei. 5 Verarbeitung Putze können maschinell oder von Hand aufgetragen werden. Die Putzoberflächen werden abgezo- gen, geglättet, abgerieben und ge- filzt, wodurch unterschiedliche Effekte entstehen. Schlitze, Fugen oder Fehlstellen müssen zuvor mit Mörtel verschlossen und der Unter- grund eventuell mit dem Auftragen von Haftbrücken oder Aufbrenn- sperren vorbehandelt werden. Als Untergrund für Fliesen oder Na- tursteinbeläge wird die Oberfläche nicht gefilzt oder geglättet. Geglättete Putze werden vor- zugsweise auf Gipsbasis mit Kellen, Spachteln und Abziehleisten ausge- führt. Das Abreiben von Kalk-Ze- ment-Putzoberflächen erfolgt mit dem Reibebrett. Gefilzte Oberflä- chen entstehen durch die Bearbei- tung des abgezogenen Putzes mit einem Filzbrett. Ungestrichene ab- geriebene oder gefilzte Putze san- den leicht ab, das kann durch eine Beschichtung vermieden werden. www.report.at 02 - 2020 >
> perspektive 6 > Schon in der Antike waren Putz- derte sich an dem pragmatischen Zugang auch unregelmäßige Mauern aus Bruch- fassaden bekannt – vornehmlich wenig, wenngleich sich mit der Entwicklung oder Lesesteinen ließen sich leichter egalisie- um die Gebäude vor Witterungs- der Freskomalerei auch der Mehrschichtputz ren. einflüssen zu schützen. Struktur und Farbe gegenüber dem Einschichtputz durchsetzte. Im Mittelalter diente der Verputz weitge- als Gestaltungselemente standen noch im Dadurch hafteten anspruchsvolle Wandma- hend als Träger für Wandmalereien und als Foto: iStock Hintergrund. Als Bindemittel kam Luftkalk lereien, wie sie vor allem im mediterranen Schutzschicht des Gebäudes. Rauhe Putz- zum Einsatz. Im Laufe der Jahrhunderte än- Raum gebräuchlich waren, nicht nur besser, strukturen, wie man sie an gotischen Bauten > 02 - 2020 www.report.at
perspektive > Werkstoff mit Zukunft Aus der österreichischen Bautradition ist die Verwendung von Putz nicht wegzudenken. Zuletzt ein wenig aus der Mode ge- 7 kommen, feiert die klassische Wandbeschichtung als bewährter Schutz und gestalterisches Stilmittel wieder ein Comeback. Von Angela Heissenberger noch manchmal sieht, bildeten nur den Haft- Putz vielfältige Oberflächenstrukturen. Auch nungsbild, je nach Einsatz der jeweiligen grund für nachfolgende Applikationen. in der Verarbeitung – mit der Kelle angewor- Techniken und Instrumente. In der Barockzeit etablierte sich der fen, geglättet, mit der Bürste geschlämmt, Mehrschichtputz in ganz Europa. Durch mit dem Jutesack modelliert – entwickelte >> Lange Lebensdauer
> perspektive Aufgrund der hohen Sorptionsfähigkeit sind Putzoberflächen im Innenbereich ideale Feuch- tepuffer. Die Kartause Mauerbach ist eines der wenigen historischen Gebäude mit originalen Putzschichten. Sie wird vom Bundesdenkmalamt für Forschungen und Fortbildungen genutzt. sikalischen Gründen problematisch sind. verputzte Oberflächen mit unterschied- Da Beton wesentlich härter und dichter als 8 lichen Farben und strukturen bieten natürliche Baustoffe ist, nimmt er Span- gestalterische freiräume, die es wieder zu nungen anders auf. Hinter dem Beton sam- entdecken gilt. melt sich oft gestautes Regenwasser. Die In- standsetzung solcher fehlsanierter Fassaden vor 1800 nur noch an wenigen Baudenk- überrascht, ist die Langlebigkeit. An man- gestaltet sich meist sehr aufwendig. mälern originale Putzschichten erhalten. chen historischen Gebäuden halten die- Ein wissenschaftlich gut dokumentiertes se Materialien bereits seit 800 Jahren. Statt >> Zeit als Kostenfaktor 02 - 2020 www.report.at
| IO12-01G | perspektive > IO-Link Master & Devices für alle Schutzklassen onierten in den folgenden Jahrzehnten die Fassadentechnik. Detaillierte Normvorgaben regeln inzwischen die Zusammen- 9 setzung und Anforderungen für Putzmaterialien und mehr- schichtige Wandbekleidungen. Konventionelle Putz- und Mörteltechniken sind dennoch nicht überholt. Sie zeigen ihre Stärken vor allem, wenn es um gesundes Wohnen geht, wie Baumit-Geschäftsführer Ge- org Bursik aufgrund der Erfahrungswerte im firmeneigenen ViVa-Forschungspark bestätigt: »Nehmen wir zum Beispiel Beton: Wird er im Innenbereich nur gestrichen oder mit einer kostengünstigen Dispersionsspachtel beschichtet, dann leiden die zukünftigen Bewohner unter schlechtem Raumklima, weil der Feuchtepuffer an der Wand fehlt.« >> Bewährte Technik
> perspektive Nur noch wenige Fachkräfte, meist Restaurateure, beherrschen das umfassende Gewerk des Stuckateurs. Schnellbauweisen, die inzwischen auch Mineralische Putzoberflächen reduzieren die den Innenraum dominieren, wirken sich mitunter negativ auf die gesamte Wohnqua- Gefahr von Schimmelbildung und sind über lität aus. Hellhörige Wände, Luftfeuchtigkeit ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet und Wärmeverlust mindern deutlich die Be- umweltverträglich. haglichkeit – so mancher Häuselbauer hät- te sich, rückblickend betrachtet, doch lieber Nachhaltigkeit sprechen verstärkt für traditi- Abriebe nötig waren. Das Fachwissen über 10 für ein verputztes Ziegelhaus entschieden. onelles Handwerk. Allerdings schlägt sich die dekorative Verputze und strukturierte Ober- Mineralischer Putz und Farben können das lange Vernachlässigung dieser Sparte in aku- flächen wurde seit den 1960er-Jahren kaum Raumklima signifikant verbessern. Alka- tem Fachkräftemangel nieder. In der Bran- noch an den Nachwuchs weitergegeben. Die lische und sorptionsfähige Oberflächen re- che beherrschen nur noch wenige Arbeiter Handschrift des ausführenden Meisters – duzieren die Gefahr von Schimmelbildung das umfassende Gewerk des Stuckateurs, da früher als sein Markenzeichen klar erkenn- und sind über ihren gesamten Lebenszyklus fast jahrzehntelang nur einfache, monotone bar – sollte unsichtbar bleiben. Die alten betrachtet umweltverträglich. Putztechniken müssen praktisch neu erlernt Architekten und Bauherren sehen bei werden. innovativen Gestaltungsvarianten seltener Parallel dazu haben sich auch die Materi- Putz als Material erster Wahl. Konstruktive alien weiterentwickelt. Die Hersteller bieten Möglichkeiten aus Stahl und Glas erscheinen inzwischen eine breite Palette an multifunk- vielfältiger und moderner. Doch gerade ver- tionellen Produkten an. An den Außenwän- putzte Oberflächen mit unterschiedlichen den sind hochdämmende Ziegel in Kom- Farben und Strukturen bieten gestalterische bination mit speziellen Dämmputzen eine Freiräume, die es wieder zu entdecken gilt. ökologische Alternative zu herkömmlichen Der Schweizer Restaurator Oskar Em- Dämmplatten. Fugenlos, ohne Hohlräume menegger identifizierte 28 verschiedene und nicht brennbar, verfügen Putze über Ei- Putzarten, die nicht nur als Schutzhaut für genschaften, die heute wieder mehr geschätzt das Mauerwerk, sondern auch als individu- werden. Aufgrund seiner hohen Sorptions- elles Gestaltungselement einer Fassade oder fähigkeit ist der Baustoff ein idealer Feuchte- Innenwand fungieren. Er kritisiert den »mo- puffer, so Baumit-Geschäftsführer Georg notonen Fertigputz, wie er überall in Euro- Bursik: »Darüber hinaus ist Putz perfekt ge- pa, gleich einem Eintopfgericht« vorzufin- eignet – gemeinsam mit dem mineralischen den ist. Der Maurer und Gipser werde »zum Wandbildner – wieder im Sinne der Kreis- wertlosen Applizierer degradiert«, so Emme- laufwirtschaft recycliert zu werden.« negger. >> Visionäre Anwendungen > Unterschätztes Potenzial 02 - 2020 www.report.at
perspektive > des einzubringen. Bedruckter oder gefräs- »Wertschätzung ter Putz, 3D-gedruckte Zusätze oder Stem- peltechniken sind nur einige Beispiele, die für die Wandlungsfähigkeit des Werkstoffes des Handwerks« stehen. Derzeit noch Zukunftsmusik, aber Verputze erleben wieder einen Aufschwung. Gerhard Garber, Leitung Produktmanagement Österreich bei Röfix AG, setzt auf innovative Produkte und Nachhal- tigkeit. Restaurator Oskar Emmenegger: »Maurer und Gipser werden zu wertlosen Applizierern degra- diert.« vielleicht bald Wirklichkeit sind Putze, die als Nährboden für Pflanzen dienen und für begrünte Fassaden sorgen bzw. die Raumluft Verputze filtern. Licht emittierende Bestandteile las- sen die Putzoberflächen leuchten oder mit sind nicht nur farblichen Effekten erstrahlen. Denkbar sind Schutz und auch »smarte« Wände, die durch datenspei- Ausgleich des chernde Zuschlagstoffe Informationen ver- Mauerwerks. arbeiten und senden können, oder Fassaden, die sich je nach Wetterlage öffnen, schließen oder atmen. 11 Neben der Funktionalität sollte aber auch die ästhetische Produktentwicklung verstärkt in den Vordergrund rücken, meint Forscher Markus Schlegel: »Innovative An- (+) plus: Was zeichnet Putz- > sätze sind zwar vorhanden, der Blick in die rung, die neuen Bauweisen zu bedienen Zukunft muss jedoch noch viel mehr im In- oberflächen aus? bzw. entsprechend mitzuentwickeln. Als teresse unserer Baukultur stattfinden.« Im- Gerhard Garber: Verputze sind innovatives Unternehmen haben wir da- merhin prägen Putze das Erscheinungsbild nicht nur Schutz und Ausgleich des Mau- her Produkte entwickelt, die diese neuen der Städte und Gemeinden – sie sind die erwerks, sondern werden auch zu gestal- Bauweisen unterstützen, z.B. unsere Aero- DNA unserer Außenhaut. n terischen Maßnahmen verwendet. Diese gel-Hochleistungsdämmsysteme, unsere erleben momentan einen Aufschwung. In dünnschichtigen Heizsysteme für Fuß- Innenräumen entstehen durch die Ver- böden und eine Vielzahl mineralischer Sorptionsfähigkeit bindung von handwerklichem Geschick Designputzoberflächen zur attraktiven von Innenputzen mit hochwertigen Baumaterialien sehr Wand- und Fassadengestaltung. ansprechende Oberflächen, die unsere Wasseraufnahme Sorption [g/m2] mitteleuropäische Wohnkultur unter- (+) plus: Wie kann sich der Baustoff 30 streichen. Im Fassadenbereich greifen Ar- Putz wieder stärker als zukunftsfähiges chitekten immer öfter auf gestalterische Material positionieren? 20 Fassadengliederungen, wie sie unseren Garber: Wir setzen beim traditionell baugeschichtlichen Ansprüchen entspre- verarbeiteten Putz auf Wertschätzung des chen, zurück. Auch hier werden speziell Handwerks mit den ökologischen Eigen- 10 dafür entwickelte Deckputzsysteme ver- schaften eines nachhaltig produzierten wendet. Baustoffes. Unser Unternehmen ist schon seit Beginn von den positiven Eigenschaf- 0 (+) plus: Neue Bauweisen setzen der ten diverser Kalkprodukte überzeugt. Die 0,0 Stunden 1,0 2,0 3,0 Produktgruppe zu. Sind konventionelle positiven Eigenschaften, wie die Verbesse- n Klima Putz Putz- und Mörteltechniken überholt? rung des Wohnraumklimas, die Erhöhung n Kalkzement Putz Garber: Es ist Tatsache, dass neue Bau- des Schallschutzes, die schnelle und ein- n Gips Putz weisen traditionelle Produktgruppen und fache Bauweise werden zunehmend wich- Quelle: ViVa Forschungspark Baustoffe unter Druck setzen. Wir haben tiger. Diese Punkte rücken immer mehr in Ein Vier-Personen-Haushalt produziert ca. 5 l das erkannt und sehen uns als Baustoff- den Fokus der kreativen Denkwerkstätten Feuchtigkeit pro Tag. Die Sorptionsfähigkeit Komplettanbieter vor der Herausforde- unserer Baubranche. n des Putzes sorgt für ein behagliches Klima. www.report.at 02 - 2020 >
> Wussten Sie, … als »Tadelakt« ein antiker marokkani- scher Kalkputz bezeichnet wird, der durch die Verdichtung mit Halbedelsteinen über hohe Festigkeit und Wasserbeständigkeit … Opferputz ein sowie besonderen Glanz verfügt? umgangssprachli- cher Ausdruck für reine Luftkalkput- ze ist, die durch ihre hohe Porosi- … die Berufs- tät lösliche Salze 12 bezeichnung leicht aufnehmen Stuckateur nur und deshalb vor in Österreich … durch alle Stilepochen hindurch allem im Denk- gebräuchlich ist? versucht wurde, mittels Putz und malschutz oder In Süddeutsch- spezieller Techniken die Illusion nach Hochwasser land und in der eines hochwertigeren Materials zum Einsatz kom- Schweiz werden (z.B. Naturstein) zu erzeugen? men? diese Handwerker Gipser genannt, in Norddeutschland Putzer. … Lehm das erste von Menschen … in mittelalterlichen Burgen oft die Rasa- verwendete Putz- Pietra-Technik (»verstrichener Stein«) material ist? angewandt wurde? Dabei verstreicht man den Mörtel zwischen den einzelnen Steinen, bis die Mauer eine nahezu ebene Fläche bildet. Die Steinköpfe bleiben unbedeckt. > 02 - 2020 www.report.at
> dass … … einer Studie des Instituts für Baugeschichte der TU zufolge Wien eine »graue Stadt« war? Statt farbiger Fassaden wurden im Historismus Reliefs bevorzugt. … der Besenwurf eine Technik aus dem 18. Jahr- hundert ist, um Kalkmörtelputz … die traditionelle Putzregel besagt, dass aufzutragen? aufeinanderfolgende Schichten immer weicher Die Handwerker werden sollten? tauchten einen Reisigbesen in den Mörtel und schlugen ihn über einen Stock – je … bei einem Fresko der frische geringer der Ab- Putz mit Kalkfarbe bemalt stand zur Wand, 13 wird, wodurch Farbe und Putz desto gröber war gemeinsam zu künstlichem die Körnung. Kalkstein aushärten? … bei Stuckmar- mor spezielle Zusatzstoffe und Pigmente durch … die ideale Polieren und Raumluftfeuchte Wachsen in eine zwischen 40 und marmorähnliche 60 % liegt? Oberfläche ver- wandelt werden? … das Pigment für das berühmte »Schönbrunner Gelb« – Mar- kenzeichen der österreichisch-ungarischen Monarchie – aus böhmischen Ockergruben stammte, da französische Importe zu teuer waren? Ursprünglich war das Schloss Schönbrunn jedoch in Rosa- und Grautönen gestrichen. www.report.at 02 - 2020 >
> Interview Wir haben zehn 14 Jahre Zeit Von Bernd Affenzeller Im Interview mit Report(+)PLUS erklärt die neue Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, wie sie Österreich klimaneutral machen will, warum es der aktuellen Regierung gelingen wird, das lang gehegte Ziel der 3%-Sanierungsrate tatsächlich zu erreichen und wie sie zu einer verpflichtenden Herkunftsbezeichnung von Baustoffen steht. Trotz der im Regierungs- programm festgeschriebenen Forcierung von Holz spricht sie sich klar für eine Produktneu- Foto: Cajetan Perwein tralität bei Baumaterialien aus. Eine ökologische Bewertung von Baustoffen soll über den gesamten Lebenszyklus erfolgen. > 02 - 2020 www.report.at
Interview > »Es liegt auf der Hand, dass Baumaterialien mit kurzen Transportwegen im Sinne des Klimaschutzes den Vorzug gegenüber Produkten haben sollen, die weit gereist sind«, erklärt Leonore Gewessler. 15 (+) plus: Dem Klimaschutz wird im aktuellen Re- > Ziele. Zwar ist es im Gebäudesektor schon in der Vergangenheit gierungsübereinkommen große Bedeutung zuge- gelungen, die Treibhausgasemissionen deutlich zu senken. Für schrieben. Welchen Stellenwert hat dabei aus Ihrer eine Dekarbonisierung bis 2040 braucht es aber – so wie in allen Sicht der Gebäudesektor? anderen Sektoren auch – deutlich verstärkte Anstrengungen. Leonore Gewessler: Unser Programm für die kommen- Im Regierungsprogramm haben wir Maßnahmen im Gebäu- den Jahre ist ambitioniert: 2040 soll Österreich klimaneutral de- und Wärmesektor vereinbart, die sicherstellen sollen, dass sein. Um die Weichen dafür richtig zu stellen, haben wir, wie Österreich seinen europarechtlichen Verpflichtungen, den Ver- die Wissenschaft es uns sagt, zehn Jahre Zeit. Die Reduktion pflichtungen aus dem Pariser Übereinkommen und dem Ziel der CO2-Emissionen im Gebäudebestand ist ein bedeutender der Klimaneutralität bis 2040 in sozial und ökonomisch ver- Baustein für die Erreichung der klima- und energiepolitischen träglicher und kosteneffizienter Weise nachkommen kann. www.report.at 02 - 2020 >
> Interview Städtische und ländliche Regionen benötigen unterschiedliche Konzepte für die Energiewende. (+) plus: Im Rahmen der anvi- sierten Dekarbonisierung ist im Re- gierungsprogramm auch von neuen Projekten wie einer »energieeffizienten Stadt« und einem »energieeffizienten Dorf« die Rede. Was genau kann man sich darunter vorstellen? Gewessler: Städtische und länd- liche Regionen benötigen unterschied- liche Konzepte für die Energiewende. Während im städtischen Bereich we- gen hoher Bevölkerungsdichte bei- spielsweise eine leitungsgebundene Wärmeversorgung wirtschaftlich ist, können in ländlichen Regionen de- zentral verfügbare erneuerbare Ener- gieträger eingesetzt werden. Bei den Projekten »energieeffiziente Stadt« und »energieeffizientes Dorf« geht es um ganzheitliche und individuell 16 zugeschnittene Konzepte. Sie sollen Städte und Gemeinden unkompliziert dazu verhelfen, bis 2040 klimaneutral »Ich bin im zu werden, und zwar durch gezielte Wirkungsbereich Maßnahmen wie Energieraumpla- meines Ressorts auf nung, Sanierung öffentlicher und pri- Produktneutralität vater Gebäude auf einen zukunftsfit- bei Baumaterialien ten Standard oder beispielsweise auch bedacht – natürlich durch effiziente Straßenbeleuchtung. unter der Maßgabe, Beispielgebend dafür sind schon jetzt dass diese über KEM-Regionen (aktuell rund 95 Kli- ihren gesamten ma- und Energiemodellregionen in Ös- Lebenszyklus terreich; Anm.d.Red.) oder e5-Gemein- hinweg bestmöglich den (224 Gemeinden und Städte aktu- zum Umwelt- ell; Anm.d.Red). und Klimaschutz beitragen.« (+) plus: Laut dem aktuellen Re- gierungsprogramm soll der Baustoff Holz forciert werden. Handelt es sich dabei nicht um eine Wettbewerbs- verzerrung gegenüber anderen Bau- stoffen wie Ziegel oder Beton, die sich, wie mehrere Studien zeigen, bei einer Lebenszyklusbetrachtung in Sachen benszyklus hinweg bestmöglich zum Um- stoff. Die Formulierung im Regierungs- Nachhaltigkeit nicht vor Holz verste- welt- und Klimaschutz beitragen. Holz ist programm »Forcierung des Holzbaus und cken müssen? ein Beispiel für einen regenerativen Roh- ökologischer Baumaterialien« schließt Gewessler: Ich bin im Wirkungs- stoff, der bei nachhaltiger Produktion und auch andere Baumaterialien, welche die bereich meines Ressorts auf Pro- kurzen Transportwegen den Schutz des genannten Kriterien erfüllen, mit ein. duktneutralität bei Baumaterialien Klimas und regionale Wertschöpfung gut bedacht – natürlich unter der Maßga- in Einklang bringen kann. Aber das gilt (+) plus: Regionalität spielt nicht be, dass diese über ihren gesamten Le- natürlich nicht exklusiv für Holz als Bau- nur in der Lebensmittelindustrie eine > 02 - 2020 www.report.at
Interview > immer größere Rolle, sondern ist für viele wir mit dem Koalitionspartner festgehal- Gewessler: Durch ein offensives und ak- Konsumenten auch bei der Wahl des Bau- ten, dass im Neubau ab 2025 keine Gaskes- tives Vorantreiben von Maßnahmen Rich- stoffes entscheidend. Können Sie sich eine sel bzw. Neuanschlüsse von Objekten an das tung Klimaneutralität eröffnet sich für in- verpflichtende Herkunftsbezeichnung für Gasnetz mehr erfolgen. Was die Gasinfra- novative österreichische Unternehmen die Baustoffe vorstellen, um zu verhindern, dass struktur angeht, soll kein weiterer Ausbau große Chance, sich an vorderster Stelle im Konsumenten unabsichtlich zu einem (im- von Gasnetzen zur Raumwärmeversorgung internationalen Wettbewerb in einem dy- portierten) Baustoff greifen, der durch weite mehr vorgenommen werden, ausgenom- namischen Wachstumsmarkt zu behaupten. Transportwege einen deutlich schlechteren men es handelt sich um eine Verdichtung Gerade in dem breiten Technologiefeld Bau- ökologischen Fußabdruck hat als vielleicht innerhalb bestehender Netze. en, Sanieren und effiziente Wärmeversor- angenommen? Um die Energieeffizienz von Gebäuden gung verfügt Österreich über ein reichhal- Gewessler: Die Forderung nach einer zu steigern, braucht es ganz grundsätzlich tiges Know-how und ist für diese Herausfor- verpflichtenden Herkunftsbezeichnung für eine Erhöhung der Sanierungsrate sowie der derung hervorragend aufgestellt. Neben der Baustoffe gibt es schon seit längerer Zeit. Es Sanierungsqualität und die Weiterentwick- klimapolitischen Notwendigkeit ist es somit liegt natürlich auf der Hand, dass Baumate- lung der Kriterien in den Bauvorschriften, ein ökonomisches und auch arbeitsmarktpo- rialien mit kurzen Transportwegen im Sinne sodass Schritt für Schritt Nullemissionsge- litisches Gebot der Stunde, die Energiewen- des Klimaschutzes den Vorzug gegenüber bäude zum Standard werden. de umgehend und entschlossen in Angriff zu Als Grundlage für die Kaufentscheidung braucht es auch bei Baustoffen vergleichbare Informationen. Produkten haben sollen, die weit gereist sind. (+) plus: Seit vielen Jahren träumen Po- nehmen. Die Energiewende, die wir uns vor- Die Möglichkeiten für die Einführung ei- litik und Experten von einer Sanierungsrate genommen haben, bedeutet zweifellos eine 17 ner Herkunftsbezeichnung für Baustoffe wä- von 3 %. In der Realität hat man sich davon große Kraftanstrengung, birgt aber auch un- ren zu prüfen. Allerdings ist hier zu gewähr- aber immer weiter entfernt, aktuell liegt sie glaubliche Chancen für alle Bevölkerungs- leisten, dass die Ausweisung der Herkunft bei unter 1 %. Was konkret werden Sie anders gruppen. Damit uns so etwas großes Gelin- und des ökologischen Fußabdrucks nach als Ihre Vorgängerregierungen machen, um gen kann, braucht es einen Schulterschluss einem standardisierten Prinzip für alle Bau- dieses Mal das Ziel auch tatsächlich erreichen zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und materialien erfolgt, ganz gleich ob es sich um zu können? Politik. Genau das verbindet Umweltorgani- Ziegel, Beton, Zement, Holz, diverse Dämm- Gewessler: Es braucht aus meiner Sicht sationen und Sozialpartner. materialien oder andere Produkte handelt. ein gut aufeinander abgestimmtes Bündel Die Marktakteure sollen dadurch bei allen an Maßnahmen, das neben Kommunikati- (+) plus: Welche auf den Bau- oder Ge- Baustoffen vergleichbare Informationen als on und Bewusstseinsbildung auch Anreize bäudesektor bezogenen Maßnahmen möch- Grundlage für ihre Kaufentscheidung zur insbesondere zur Abfederung sozialer Här- ten Sie in Ihrem ersten Amtsjahr umsetzen, Verfügung haben. tefälle, aber auch steuerliche Erleichterungen um – auf diesen Bereich bezogen – von einem und konkrete gesetzliche Vorgaben wie das erfolgreichen Start sprechen zu können? (+) plus: Welche konkreten Maßnah- Erneuerbaren-Gebot bei Tausch einer alten Gewessler: Besonders wichtig ist mir, men zur Senkung der CO2-Emissionen sind Ölheizung enthält. dass wir rasch klare Rahmenbedingungen für den Gebäudesektor geplant? Mit einem solchen Bündel an Maßnah- für den Ausstieg aus Ölheizungen gestalten. Gewessler: Es braucht eine umfassende men wird es uns gelingen, auch den Gebäu- Alle relevanten Stakeholder wie Energiever- thermisch-energetische Sanierung bislang debestand sozial verträglich auf ein innova- braucher und Investoren brauchen mög- nicht sanierter Gebäude, Niedrigstenergie- tives und zukunftsfittes Niveau zu bringen. lichst schnell Sicherheit, um die richtigen standards für Neubauten und den zügigen Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform Entscheidungen treffen zu können. und konsequenten Ausstieg aus der Nut- arbeiten wir gemeinsam mit dem Koaliti- Außerdem ist mir eine enge Partner- zung von fossilen Brennstoffen. Hier sieht onspartner nun Details dazu aus. schaft mit den Bundesländern ganz be- das Regierungsprogramm vor, dass ab 2020 sonders wichtig. Die Wärmewende kann keine Neuerrichtung von Öl- und Kohlehei- (+) plus: Sie waren mehrere Jahre Ge- nur gelingen, wenn alle Beteiligten – Bund, zungen im Neubau mehr erfolgt, ab 2021 schäftsführerin von Global 2000. Die Um- Länder, Gemeinden, Wirtschaft und Ener- soll der Austausch von alten Öl- und Koh- weltorganisation hat 2010 gemeinsam mit giekonsumenten – an einem Strang ziehen leheizungen durch neue nicht mehr zuläs- den Bausozialpartnern die Nachhaltigkeits- und den Weg in Richtung dekarbonisierte sig sein und ab 2025 ist ein verpflichtender initiative Umwelt+Bauen gegründet – eine Wärmeversorgung ebnen. Daher werden Austausch von Heizgeräten älter als 25 Jah- auf den ersten Blick durchaus ungewöhn- wir gemeinsam mit den Bundesländern re vorgesehen. Neben den Ölheizsystemen liche Liaison. Könnte so eine enge Zusam- eine Wärmestrategie entwickeln, um auch sind es Gasheizungen, die einen wesent- menarbeit zwischen Umweltschützern und einen geeigneten Rahmen für die Dekarbo- lichen Teil der Treibhausgasemissionen im Industrie auch Vorbildwirkung für die Poli- nisierung im Gebäudesektor bis 2040 ein- Sektor Gebäude verursachen. Daher haben tik haben? zuleiten. n www.report.at 02 - 2020 >
> technik 18 Fein herausgeputzt > Putz und Mörtel gleichen Une- benheiten des Mauerwerks aus, nehmen Feuchtigkeit auf und ge- Putze und Mörtel sind seit Jahrhunderten bewährte ben sie wieder ab, verbessern den Dämmwert Baustoffe. Durch neue Zusatzstoffe und optimierte und den Schall- und Brandschutz der Wän- Zusammensetzungen können sie ihre positiven de. Je nachdem, ob der Putz innen oder au- ßen aufgetragen wird, ob man eine glatte Eigenschaften noch besser ausspielen. oder strukturierte Oberfläche wünscht oder die Wand bestimmte Eigenschaften erfüllen Von Angela Heissenberger soll, kommen ganz unterschiedliche Pro- dukte zum Einsatz. Doch Putze sind noch verloren – Wissen, das es sich wiederzuent- fungen, die auf der Fassade ein interessantes viel mehr als eine funktionelle Hülle: Sie ver- decken lohnt. Im Mittelalter und in der Re- Licht- und Schattenspiel erzeugen. leihen Gebäuden ein Gesicht. naissance wurde mit relativ einfachen Instru- Mit dem Aufkommen des industriell Seit der Antike ist Stuck eine wichtiges menten wie Nagelbrettern, Kämmen, Besen hergestellten Mörtels entstanden zwar neue Element für die Gestaltung von Innenräu- oder Stempeln gearbeitet, um die Putzober- Gestaltungsmöglichkeiten, dennoch gingen men und Fassaden. Durch alle Epochen fläche zu strukturieren. Im Barock erfreuten die regionale Vielfalt und der gestalterische konnten sich unterschiedliche Techniken sich sogenannte Buckelquaderungen großer Ausdruck immer mehr verloren. Viele der etablieren, die im Laufe der Zeit das Er- Beliebtheit; diese fügten sich harmonisch in alten Techniken kommen nur noch in der scheinungsbild mitteleuropäischer Städte die weichen Formen dieser Epoche ein. Im Denkmalpflege zur Anwendung. prägten. Gleichen die heute üblichen Fassa- Bauboom der Gründerzeit gelang es mithilfe den einander wie ein Ei dem anderen, zeigen von Zement, die beliebten, aber teuren Na- >> Aufs Korn genommen 02 - 2020 www.report.at
technik > nen dünn-, mittel- und dickschichtig aufge- dem Eigenschaften wie die Dichte, die Erstar- Drücken, Tupfen oder Schlagen die Putzo- tragen werden. Dickere Putzschichten lassen rungsdauer, die Bildung von Luftporen sowie berflächen zu gestalten. Besenzugputz findet sich leichter strukturieren und ermöglichen das Verhalten beim Eindringen von Wasser man häufig an Gründerzeit- oder Jugendstil- wieder Techniken, die wegen des höheren beeinflusst werden. Organische Bindemittel fassaden. Gerade auf großflächigen, schlich- Aufwands in Vergessenheit gerieten. erhärten durch Polymerisation – ein schnell ten Gebäuden entfaltet die charakteristische Je nach gewünschtem Gesamteindruck stehen unterschiedliche Materialien zur Ver- fügung. Die Korngröße macht den Unter- täuschung. Im Bauboom der schied. Mit einer Körnung von 0,5 mm lassen Gründerzeit gelang es mithilfe von Zement, die sich besonders feine, glatte Oberflächen er- beliebten, aber teuren Natursteinoberflächen zu zielen. Körnungen bis zu 8 mm erzeugen ei- nen kräftigen, prägnanten Gesamteindruck. imitieren. Nach Jahren, in denen vor allem ebenmäßige Wände gefragt waren, stehen derzeit wieder härtender und wasserundurchlässiger Bau- Linienstruktur eine besondere Wirkung. grobe Strukturen hoch im Kurs. stoff ist etwa Kunstharzmörtel. Silikatputz Statt in Putz getauchter Reisigbündel Großen Einfluss auf das Erscheinungs- erhärtet durch Verkieselung und wird vor- setzt man heute Feinputzmaschinen ein. In bild haben die Zuschlagstoffe. So entsteht wiegend als Endputz auf Wärmedämmver- mehreren Schichten wird feinkörniges Ma- die ebenmäßige Oberfläche von Filzputz bundsysteme aufgetragen. terial aufgespritzt. durch einen feinen Zusatz, der beim Abrei- Am weitesten verbreitet ist der Schei- ben mit dem feuchten Filzbrett einen beson- >> Charakteristische Struktur
> technik Traditionelle Putztechniken wie Kammzug, Nagelbrettputz, Rechenstrichputz und Besenzug (v. li.) erzeugen eine charakteristische Struktur. richtung bei der Reibung kann die Ober- auf; ihre Häufigkeit hat in den letzten Jahren aber Wasserdampf durchlassen. Die mit der fläche variabel gestaltet werden. stark zugenommen. Die Risse zeichnen ein aufsteigenden Nässe transportierten Salze Diverse Kratztechniken kommen eben- regelmäßiges Bild, das dem Fugenverlauf des können auskristallisieren. falls wieder vereinzelt zur Anwendung – auch Mauerwerks folgt. Abhilfe schaffen bei großer starker in Innenräumen. Putz lässt sich beispielswei- Baubedingte Ursachen können nicht Durchfeuchtung auch Sanierputze oder so- se auf einzelnen Wänden wie eine kleine Ge- vollfugig vermörtelte Lager- oder Stoßfu- genannte Opferputze. Letztere sind reine birgslandschaft strukturieren. Dafür wird gen und feuchtes Mauerwerk sein. Gerade Luftkalkputze, die vor allem im Denkmal- der Putz relativ dick (5 bis 6 mm) aufgetra- die hohe Untergrundfeuchtigkeit wird oft schutz eingesetzt werden und bauschäd- gen und nicht glatt gezogen, sondern mit der unterschätzt und über die Sichtprüfung hi- liche Salze aufnehmen. Wenn die Oberfläche Kelle durch unterschiedlichen Druck unre- naus keiner eingehenden Messung unterzo- starke Ausblühungen aufweist, wird sie abge- gelmäßige Flächen und Kanten erzeugt. Ist gen. Putzbedingte Ursachen sind meist zu schlagen und das Mauerwerk neu verputzt. der Putz vollständig durchgetrocknet, kann geringe bzw. wechselnde Putzdicke oder un- Dieses Verfahren kommt auch bei der Tro- 20 die Oberfläche farbig lasiert werden. Eine Besonderheit stellen Edelkratz- putze dar. Sie werden recht dick – 10 bis 15 mm – aufgetragen. Die Körnungen sind da- Kostendruck. Risse in Putzen sorgen bei Bauherren für Ärger und Unverständnis. Oft bei nicht mit einem Bindemittelfilm umge- ben. Nach dem Erhärten wird die Oberfläche sind aber die Bau- und Trocknungszeiten zu kurz mit einem Nagelbrett bis auf eine Schichtdi- bemessen. cke von 8 bis 10 mm abgekratzt, durch das dabei herausspringende Korn entsteht die augenfällige Struktur. zureichende Nachbehandlung. Ein wichtiges ckenlegung von Gebäuden, etwa nach Hoch- Baudetail ist der oft stiefmütterlich behan- wasser, zum Einsatz. >> Unter Druck > Verbesserte Eigenschaften 02 - 2020 www.report.at
> rOUND tABLE ut, ist g u kt mehr rod cht as P bra u »D ber es 22 a Report(+)PLUS hat Vertreter von Bauträgern, Industrie, Verarbeitern und Architektur zu einem runden Tisch über Vor- und Nachteile und die Potenziale des Baustoffs geladen. Herausgekommen ist eine spannende und ehrliche Diskussion über ver- schiedene Bauweisen, Nachhaltig- keit, die Notwendigkeit von Systemen sowie Fehler und Versäumnisse aller Beteiligten. Putz ist ein jahrhundertealtes Material, das Oberflächen von Bauwerken eine spezifische Textur verleiht und auch über zahl reiche positive bauphysikalische Eigenschaften verfügt, von der Raumakustik über Wärmedämmung bis zur Regulierung von Luftfeuchte und CO2. Dennoch hat die Bedeutung von Putz oberflächen in den letzten Jahren abgenommen. Warum das so ist und was man dagegen unternehmen kann, hat Report(+)PLUS versucht, im Rahmen eines Round Tables mit Auftraggebern, Planern, Verarbeitern und Herstellervertre tern herauszufinden. (+) plus: Herr Pech, als Vorstandsvorsitzender des Öster reichischen Siedlungswerks zählen Sie zu den größten Bauträ > gern des Landes. Entspricht es auch Ihrer Wahrnehmung, dass Foto:Report Verlag die Bedeutung von Putzoberflächen nachgelassen hat? ÖSW-Vorstandsvorsitzender Michael Michael Pech: Es gibt rund um den Putz sicher viele kri Pech wünscht sich System- tische Aspekte, dennoch möchte ich zu Beginn der Diskussion lösungen, um das Risiko der Auftraggeber zu reduzieren. eine Lanze für den Putz brechen. Putz ist nicht nur ein traditio > 02 - 2020 www.report.at
rOUND tABLE > er zell fen « Af rnd n B e Von atio unik mm Ko > Die Teilnehmer (alphabetisch) > Clemens Hecht, Referent für Putz Mörtel im Fachverband Steine-Keramik > Michael Pech, Vorstandsvorsitzender ÖSW > Bruno Sandbichler, Sandbichler Architekten > Andreas Traunfellner, Sedlak Bau neller Baustoff, sondern auch ein Baustoff mit sehr vielen posi 23 tiven Eigenschaften. Dennoch ist es gerade in Wien so, dass der Putz eine immer geringere Rolle spielt. Das liegt vor allem an der hier im mehrgeschoßigen Wohnbau dominanten Bauweise in Stahlbeton mit einem Innenausbau in Leichtbauweise. Da spielt der Putz nur eine untergeordnete Rolle. Der Vorteil eines echten, traditionellen Innenputzes, die Beweglichkeit oder die klimatische Speicherung und Abgabe von Feuchtigkeit, kommt da kaum mehr zur Geltung. Das gilt auch für den Außenputz, der ebenfalls viele positive Eigenschaften aufweist wie etwa die Reparaturfähigkeit.In den Bundesländern ist die Situation eine andere. Da wird mehr mit Ziegel gebaut. Dort setzen wir auch heute noch stark auf Innen- und Außenputze. (+) plus: Herr Sandbichler, auch bei Architekten hat Putz an Beliebtheit verloren. Dabei bietet doch Putz enorm viele Möglichkeiten, um Oberflächen innen und außen differenziert zu gestalten. Wird Putz zu Unrecht von der Architektur ver nachlässigt? Bruno Sandbichler: Der klassische Putz verliert gemeinsam mit der Ziegelbauweise an Bedeutung. In meiner Schulzeit war es völlig undenkbar, einen Wohnbau nicht mit Ziegel, sondern in Stahlbeton zu errichten. Dabei war der Putz unerlässlich. Das ist heute mit dem Siegeszug des Stahlbetons anders. Dazu muss man sagen, dass der Putz auch in der Ausbildung, speziell im Architekturstudium, unterrepräsentiert ist. Das sieht man dann auch an den Ergebnissen, die werden beliebig. (+) plus: Arbeiten Sie persönlich mit Putz? Sandbichler: Eigentlich nicht. Ich hab im Westen Öster > reichs begonnen, da ging es um Holz, Glas und Plattenfassa den. Putz wurde weitgehend vermieden. Heute arbeite ich mit Architekt Bruno Sandbichler (oben) fordert Putz nur in Verbindung mit Vollwärmeschutz und Verspach von der Industrie einen nachhaltigen, »sympathischen« Putz, telungen. den die Konsumenten auch tatsächlich wollen. www.report.at 02 - 2020 >
> rOUND tABLE Für Clemens Hecht geht durch unzureichende Ausbildung die hohe Qualität der Produkte verloren. > (+) plus: Herr Hecht, warum hat der Putz an Bedeu tung verloren? Clemens Hecht: Aus meiner Sicht liegt das größte Problem im Bereich der Ausbildung. Da bin ich ganz bei Herrn Sand bichler. Damit geht die eigentlich hohe Qualität der Produkte unter. Dieses Thema gibt es natürlich auch bei anderen Pro dukten. Das gesamte Bau-Spektrum ist deutlich größer gewor den. Es gibt eben nicht mehr nur den klassischen Ziegelbau. Das alles in der Ausbildung entsprechend zu berücksichtigen, ist natürlich enorm schwierig. Da geht dann vieles unter. Da zu kommt, dass bei vielen Alternativen zu Putzoberflächen der Preis eine große Rolle spielt. Es ist uns einfach nicht mehr ge lungen, die Qualität des Produkts und der Verarbeitung im Preis darzustellen. (+) plus: Herr Traunfellner, jetzt wurden schon mehrmals die Ausbildung und die Qualität der Verarbeitung angespro chen. Liegt es daran, dass Putz an Marktanteilen verliert? Andreas Traunfellner: Die Lehrlingsausbildung ist qualita tiv hervorragend. Wir haben aber ein eklatantes Problem mit 24 der Quantität. Hätten wir mehr Lehrlinge, gäbe es auch mehr qualifiziertes Personal auf den Baustellen. Wir bei Sedlak ha ben aktuell 20 Lehrlinge, weil wir unsere eigenen Facharbeiter ausbilden wollen. Aber damit sind wir in Wien eine absolute Ausnahme. Es liegt nicht daran, dass wir unser Handwerk nicht können, sondern dass wir zu wenig Personal haben. Initiativen wie »Lehre mit Matura« sind gut und richtig. Das muss man nun in die Breite bringen. Ich sehe es auch so, dass der Wiener Markt anders ist. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als Bruttogeschoßflächen gefördert wurden und der Ziegelbau geboomt hat. Wienerber ger hat dafür extra den Quattro-Ziegel produziert. Da gab es keinen Gemeindebau, der nicht mit Ziegeln errichtet wurde. Und innen und außen kam natürlich Putz drauf. (+) plus: Speziell in Wien versuchen Ziegelhersteller ak tuell, den Ziegel verstärkt im mehrgeschoßigen Wohnbau zu positionieren. Ist das aus architektonischer Sicht eine sinnvolle Alternative oder ein Vorstoß in eigener Sache? Sandbichler: Wirtschaftlich betrachtet ist es wohl eher eine Herzensangelegenheit (lacht). Wir haben das in einem Projekt versucht, ein Bausystem mit Ziegeln mit integrierter Dämmung zu entwickeln. Das war nur darstellbar, weil der Hersteller zu enormen Preisnachlässen bereit war, damit der Ziegel zum Ein satz kommen kann. Das muss man auch an dieser Stelle festhalten. Es gibt eine totale Schieflage, was die Kosten betrifft. Wenn ich als Architekt > in Wien mit Bauträgern zusammenarbeite, dann komme ich an einem Wärmedämmverbundsystem nicht vorbei. »Fehler in der Verarbeitung Pech: Da muss ich Ihnen recht geben. Die Frage, ob ich mit liegen nicht daran, dass wir unser Handwerk nicht können, sondern dass wir Ziegel baue oder nicht, muss zu Beginn des Planungsprozesses zu wenig Personal haben«, bricht Andreas Traunfellner geklärt sein, damit der Architekt weiß, was möglich ist und was eine Lanze für die Verarbeiter. > 02 - 2020 www.report.at
rOUND tABLE > nicht. Und da stehe ich dann schnell vor dem Thema der Kosten. Oberfläche funktioniert, sondern die Hersteller müssen den Schritt Dazu kommt auch ein Unterschied in der Herangehensweise zwi weiter gehen, auf welchen Untergründen und unter welchen Rah schen Wien und den Bundesländern. Ein selbstwohnender Eigentü menbedingungen das Produkt funktioniert. Da geht es auch um das mer, der die Wohnung nicht als Anlage sieht, achtet auf die Qualität Mikroklima. Und wir wissen heute, dass sich das Mikroklima etwa und ist auch bereit, mehr zu zahlen. Denn über den Lebenszyklus be in der Stadt Wien in den letzten Jahren verändert hat. Damit ändert trachtet, relativieren sich die höheren Kosten schnell. Putz ist ein sehr sich klimatisch bedingt die Belastung an der Wandoberfläche. Das langlebiges Produkt, wie man an den zahlreichen Gründerzeitbauten Produkt funktioniert aber nunmal nur auf bestimmten Oberflächen. sieht. Ein Problem für uns Bauträger in der Vergangenheit war, dass Deshalb brauchen wir ein verstärktes Wechselspiel aller Beteiligten. wir Wandbildnersysteme brauchen. Es reicht nicht, eine Wand mit Dazu zähle ich neben den Herstellern, Planern und Verarbeitern auch Dünnputz und Dämmung zu haben. Da hatten wir als Bauträger vor die Sachverständigen, die die Möglichkeiten und Toleranzen eines 20 Jahren das Problem, dass es kaum Erfahrungen mit den Systemen Produkts kennen müssen. als Ganzes gab. Das hat zum Siegeszug des Wärmedämmverbundsy stems geführt und dazu, dass Putz weniger eingesetzt wurde. Aus dem Sandbichler: Ein ganz wichtiger Aspekt in der ganzen Thematik einfachen Grund, dass die Erfahrung mit gewissen Kombinationen ist auch die Nachhaltigkeit. Wir sind die erste Generation von Archi fehlte und wir Angst vor Problemen hatten. Wir brauchen diese Sys tekten, die wirklich aufgefordert ist, ohne Kompromisse nachhaltig teme und da braucht es ganz strenge Verarbeitungsrichtlinien und zu bauen. Da ist auch der Konsument gefragt. Wir planen aktuell ge Verordnungen. Da wäre es auch hilfreich, wenn Herstellervertreter rade das erste Baugruppen-Hochhaus in Wien. Der Vorteil ist, dass die Baustellen besuchen würden. man mit den späteren Bewohnern in direktem Kontakt steht. Die können klar artikulieren, was sie wollen. Die wollen nicht mit Beton (+) plus: Was können Hersteller machen, um diese Situation und Vollwärmeschutz arbeiten, auch Holz ist aufgrund der Höhe zu entschärfen? Hecht: Wichtig ist die Kommunikation. Wir haben die Herstel ler mit ihrem Produkt, dann die Planer, die das Produkt beauftragen müssen, und schließlich die Verarbeiter, die unter Berücksichtigung »Wir brauchen echte Kosten- der Produkteigenschaften die planerischen Vorgaben umsetzen müs sen. Da hilft es natürlich, wenn man miteinander redet. Da sind si wahrheit und strengere Regeln cher auch die Hersteller gefragt. Mir gefällt auch der angesprochene für nachhaltiges Bauen.« Systemgedanke sehr gut. Dass der Putz nicht nur als Produkt auf der 25 ng ivi yL th al He it Baum WERTE ASSE KL INNER E S T MASSE I ST I R DÄMMEN F Sanierung ist Sanova Alte Substanz & neuer Wert Baumit SanierPutze sind für alle alten Gebäude speziell für feuchtes und schadstoffbelastetes Mauerwerk geeignet, da diese über eine 4-6 Mal höhere Lebensdauer als herkömmliche Putze verfügen. So erhalten Baumit SanierSysteme alte Substanz und schaffen nachhaltigen, gesunden Wohnraum. Baumit Saniersysteme – aus Liebe zu alten Mauern. ■ für alle alten Gebäude ■ für innen und außen ■ Jahrzehnte lange Erfahrung Baumit. Ideen mit Zukunft.
> rOUND tABLE Clemens Hecht, Michael Pech, Andreas Traunfellner und Bruno Sandbichler waren sich einig, dass Putz ein hervorragender, aber vernachlässigter Baustoff ist. ausgeschieden. Sie wünschen sich einen ökologischen Ziegelbau. Da gibt es nur die klassischen Putze und am anderen Ende der Skala Da kommt dann auch der Putz wieder ins Spiel. Die Herausforderung den Lehmputz, der sehr kompliziert und schwierig in der Verarbei liegt natürlich einmal mehr in den Kosten. tung ist. Es reicht nicht, wenn die Hersteller Systeme entwickeln, sie Pech: Aufgrund der Kosten ist Wien durch die Förderung und müssen Produkte entwickeln, die auch gewollt und gekauft werden. der geforderten Qualität im Grundstücksbeirat in einem sehr engen ökonomischen Korsett. Wir verlagern das Risiko zum Generalun (+) plus: Klafft hier von Herstellerseite tatsächlich eine Lücke? ternehmer. Wenn Probleme auftauchen, muss das der Generalun Entspricht Putz nicht dem Zeitgeist? ternehmer mit seinen Subunternehmern lösen. Das ist nicht immer Hecht: Das glaube ich nicht. Putz ist schon ein Produkt, dass den einfach. Deshalb bin ich auch auch ein großer Befürworter von abge heutigen Anforderungen entspricht. Putz ist klimatisch, sorgt für Be nommenen Gesamt-Wandbildner-Systemen, die mit Gutachten und haglichkeit und Wohlbefinden. Ich glaube aber, und das betrifft alle Prüfattesten für langfristige Sicherheit beim Bauherrn sorgen. Daran Baustoffe, dass wir es über die Jahre verlernt haben, die positiven As wird es in Zukunft kein Vorbeikommen geben. pekte der Dinge, mit denen wir uns tagtäglich beschäftigen, auch ent 26 sprechend herauszustreichen und zu kommunizieren. Da ist es in den (+) plus: Herr Traunfellner, können Sie als Verarbeiter dem letzten Jahren oft mehr darum gegangen, die Schwächen des anderen Systemgedanken etwas abgewinnen? aufzuzeigen. Gäbe es das eine, perfekte Produkt, gäbe es nichts an Traunfellner: Jein. Geprüfte Systeme sind schon sinnvoll, aber deres. Aber die Wünsche und Bedürfnisse sind unterschiedlich, und nicht, wenn alles von einem Hersteller kommt. Ein Ziegelproduzent jeder soll sich das auswählen, was er gerne möchte. wird jetzt auch nicht groß in die Putzindustrie einsteigen. Wir brau chen verschiedene Innen- und Außenputze, die gemeinsam mit einem (+) plus: Was muss also passieren, damit Putz in Zukunft wieder Wandsystem geprüft sind. Das muss man aber auch nicht alles neu eine größere Rolle spielt? erfinden. Die Verarbeitungsrichtlinien für Innen- und Außenputze Hecht: Wir müssen einfach die Stärken und Vorteile von Putz umfassen für jeden Wandbildner sämtliche Informationen, von der stärker herausstellen und kommunizieren. Arbeitsvorbereitung über den richtigen Haftvermittler bis zur Ober flächengestaltung. (+) plus: Herr Pech, gerade im geförderten Wohnbau spielen die Errichtungskosten eine große Rolle. Wäre ein Umdenken in Richtung Hecht: Wir haben im Prinzip beim Feuchteschutz normativ nach Lebenszykluskosten aus Ihrer Sicht sinnvoll? weisfreie Konstruktionen, die gelistet und katalogisiert sind. Wenn Pech: Die Errichtungskosten spielen natürlich eine große Rolle, man darauf zurückgreift, ist sichergestellt, dass man kein Problem weil wir ja bestimmte Mieten darstellen müssen. Eine Betrachtung mit Feuchtigkeit haben wird. Wenn man davon abweicht, geht man über den Lebenszyklus wäre auf jeden Fall sinnvoll, weil dann auch ins Risiko. Das geht vom Gedanken her in dieselbe Richtung. höhere, aber sinnvolle Mehrinvestitionen bei der Errichtung möglich Traunfellner: Das meine ich. Wenn man sich an die Regeln hält wären. Andererseits nutzt mir das beste Haus nichts, wenn es sich un und sorgfältig arbeitet, die Richtlinien und Herstellerempfehlungen sere Zielgruppe nicht leisten kann. Das ist die Quadratur des Kreises, beachtet, dann wird das Ergebnis am Ende des Tages sehr gut sein. an der wir jeden Tag arbeiten. Ich würde auch gerne mehr mit Putz Aber leider ist das nicht zuletzt durch den vorherrschenden Zeit arbeiten, aber leider ist das kostentechnisch nicht immer möglich. druck nicht immer der Fall. (+) plus: Herr Traunfellner, welchen Beitrag können die Verar (+) plus: Herr Sandbichler, woran scheitert der Einsatz von Putz beiter leisten, um Putz wieder salonfähig zu machen? in der Architektur? Traunfellner: Es wird sicher nicht über den Preis gehen. Ich glau Sandbichler: Die Industrie denkt in Richtung technische Mach be auch, dass es darum geht, die Vorteile von Putz hervorzustreichen. barkeit und Verkauf. Das ist sicher wichtig, aber was mir fehlt, ist Auch die Frage der Förderung müsste geklärt werden, ob der Putz zur die Frage nach dem »sympathischen« Putz, der die Anforderungen Wohnfläche zählt oder nicht. Denn auch wenn es sich nur um einen der Zeit erfüllt. Wenn man heute ein Bauwerk von Grund auf plant, Zentimeter handelt, kommt da bei einem mehrgeschoßigen Wohn dann sollte es als eine Erweiterung der Natur gesehen werden und bau in Summe einiges zusammen. nicht als industrieller Gegenpol zur Natur. Das ist ein echter Paradig Ganz wichtig ist natürlich das Thema der Ausbildung. Unse menwechsel. Da fehlen mir im Bereich Putz die passenden Produkte. re Facharbeiter sind gut ausgebildet, aber es sind einfach zu weni > 02 - 2020 www.report.at
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