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2/ 2021 Im Blickpunkt: Außergewöhnliche Frauen Denkanstoß zum Welttag der Hauswirtschaft Digitales Lernen und Lehren in Corona-Zeiten Zeitschrift des Deutschen Evangelischen Frauenbundes, Landesverband Bayern e.V. www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 1
Monatslosung Mai 2021 : Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen! Spr 31,8 (E) inhalt 4 Des Erinnerns wert: Lieselotte Nold 5 Neues aus dem Bundesverband 5 DEF-Landesverband Bayern: Neuer Verwaltungsrat 6 Stabwechsel am Kufsteiner Platz in München 6 Neues vom Haus für Mutter und Kind 7 Interview mit Kristina Frasch: Löscheinsatz im MuKi in der Frühlingsstraße Der DEF Schweinfurt war für uns da! 9 Gespräch mit Unternehmerinnen 21 Ein Hanseat geht von Bord zum Equal PayDay – Interview mit Dr. Michael Schröder 10 Online-Vorträge zu berühmten Frauen 23 Digitales Lernen und Lehren in der 11 Hinweise: zur EPV-Ausstellung „Rebellinnen“ Corona-Krise - Studientag in Bayreuth und zur DEF-Landesverbandstagung 2021 24 Online-Veranstaltungen zu 12 Aus der Praxis: Ansbach, Nördlingen, Mediennutzung und Verbraucherschutz 13 Aus der Praxis: Aschaffenburg 25 Kleines Lexikon Medienbegriffe 14 Büchertipps von Rosmarie Koch von A bis Z – Teil 5 15 Büchertipps von Marianne Jauernig-Revier 26 Andacht: Christ sein in der Welt, nicht gegen sie! 16 Denkanstoß zum Welttag der Hauswirtschaft 17 Lebensmittelverderb erkennen 27 Antrag auf Mitgliedschaft / Impressum 18 Gesunde und nachhaltige Ernährung 19 Neuberufung von Prüfungsausschüssen 20 Informationen aus der Verbraucherzentrale Redaktionsschluss für die Ausgabe 3/2021 Foto auf der Titelseite: (Juli bis September): 22. Mai 2021 Quelle: AdobeStock_89557786 2 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. editorial Liebe Leserinnen und Leser, beim Aufräumen, was man in dieser Zeit so tut, fiel mir eine Dokumentation der Jahrestagung 2014 der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf ) mit dem Titel „Her mit dem schönen Leben. Gutes Leben für Familien“ in die Hände. In dieser Zeit möchten wir alle gerne rufen: „Her mit Aber auch jede/r Einzelne von uns kann/muss ihr/ dem Impfstoff“ - „Her mit dem schönen Leben!“, da- sein Verhalten infrage stellen lassen und ihren/sei- mit wir wieder frei atmen können. Denn von einem nen ökologischen Fußabdruck betrachten und dann schönen, geschweige, einem guten Leben können die Folgerungen daraus ziehen. wir im Moment nicht wirklich reden. Eigentlich ist das Leben im Moment nur schwierig. Gerade für Und was erwarte ich mir im privaten Leben? Ganz si- Familien, die Kinder in verschiedenen Altersstufen cher viele Begegnungen mit Familie und Freunden. haben, die im Home-Schooling betreut werden müs- Endlich wieder live Kultur erleben dürfen, ins Theater sen, kleinere Kinder, die keine Kindertagesstätte be- und ins Konzert gehen zu können und vielleicht eine suchen dürfen, Eltern, die zuhause arbeiten müssen, Ausstellung im Museum oder einer Kunstgalerie zu und das alles noch in beengten Wohnverhältnissen, besuchen, oder mit Freunden ins Restaurant gehen mit geringerem Einkommen und nicht immer funk- und den Biergarten um die Ecke besuchen und stun- tionierender Technik. Nach einem Jahr wechselwei- denlang reden. Kranke und alte Familienangehöri- se Lockdown zu Lockerungen, Testen und jetzt viel- ge und Freunde ohne Einschränkungen besuchen leicht doch endlich impfen. Die A-H-A Regeln sind zu dürfen, das ist das, was uns derzeit fehlt und uns uns schon in Fleisch und Blut eingegangen, die Mas- belastet. Normales Leben bedeutet für mich auch, ke gehört selbstverständlich zum Outfit dazu. Und einfach durch die Stadt zu bummeln, zu flanieren, doch fragen wir uns: Wann werden wir geimpft, da- absichtslos in Geschäften zu stöbern, in einer Buch- mit wieder Normalität eintritt? handlung das eine oder andere Buch anschauen, reinlesen, mitnehmen oder aufs E-Book laden. Wobei es eine berechtigte Frage ist: Was ist das nor- male Leben? Stellen sich durch die Pandemie nicht Und doch sind das Luxusprobleme gegenüber der andere Aufgaben, als einfach das frühere Leben wie- Minijobberin, die endlich wieder ihren Verdienst der aufzunehmen? Der Klimawandel, die ungerechte braucht, um die Miete zu bezahlen und nicht mehr Weltwirtschaftsordnung, die Menschenrechtsverlet- auf Hartz IV angewiesen zu sein. Für die Kinder, dass zungen haben nicht abgenommen, nur weil wir jetzt es endlich wieder das kostenlose Mittagessen in der mit der Pandemie beschäftigt waren. Im Gegenteil! Betreuung gibt. Es sind so viele Branchen, die auf- Und ist die Pandemie nicht auch ein Ausfluss unseres atmen werden, wenn die Pandemie unter Kontrolle Lebens und Handelns? ist, vom Sieg gegen das Virus werden wir wohl nicht sprechen können. In einem Jahr mit Bundestagswahlen haben wir die Chance unsere Politikerinnen und Poitiker zu befra- Hoffen wir, dass wir bald die Frage: „Sind Sie schon gen, was habt ihr vor, wie wollt ihr diese Fragen re- geimpft?“ mit „Ja“ beantworten können! geln. Wo ist die soziale Marktwirtschaft noch sichtbar Inge Gehlert, Verwaltungsratsvorsitzende und nicht nur der Markt? www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 3
Des Erinnerns wer t Liselotte Nold (1912 - 1978) erkStein Vordenkerin einer zeitgenössischen : Frauenw Frauen- und Familienbildung Bildquelle Am Leben lernen, lautete das Lebensmotto von Lise- lotte Nold und dazu hatte sie selbst vielfach Gelegen- heiten. In der Nachkriegszeit setzte sich Liselotte Nold mehr und Schon als junges Mädchen hatte Liselotte Nold mit mehr für neue Wege in der Erwachsenenbildung ein, ihrem Vater theologische Fragen diskutiert. Dieser vor allem für ein Einbeziehen der Menschen in die war zunächst Gemeindepfarrer, später Oberkirchen- Entscheidungsprozesse. Ein eigenständiges Urteils- rat in München. Ihren Plan Medizin und Psychologie vermögen war ihr wichtig, weg von plakativen und in- zu studieren, gab sie auf, als sie unmittelbar nach der doktrinierenden Vorgaben. Mitdenken und Abwägen Schulzeit (1931) heiratete. Sie hatte sich in Karl August verschiedener Standpunkte und dann entscheiden, da- Nold verliebt, der damals als Vikar beim Vater tätig war bei aber stets offenbleiben, da Wandel in Gesellschaft und ebenso wie dieser in der Bekennenden Kirche im und Kirche neue Aspekte ergeben konnten. Mit ande- bayerischen Kirchenkampf stand. Die erste Pfarrstelle ren Worten: Schritte ins Offene für Männer und Frauen, führte das junge Paar nach Nördlingen, wo Liselotte Väter und Mütter. Auch das ein Anliegen von ihr. Nold – wie es damals ganz selbstverständlich war – in der Gemeinde mitarbeitete. 1936 folgte Karl August Große Hoffnungen setzte Liselotte Nold auf die vom Nold einem Ruf als Studentenpfarrer nach München. 2. Vatikanischen Konzil (1962-1965) ausgehende Be- Hier führte das Ehepaar ein gastfreies, offenes Haus, wegung eines Aggiornamento (it.: il giorno – der Tag), und Liselotte Nold nahm erstmals sehr bewusst jene einer Modernisierung und Öffnung im Sinn der Öku- Zeitgenossenschaft – den Mitmenschen aus sehr un- menischen Bewegung. Sie bezog das auch auf den terschiedlichem Umfeld – wahr. Diese einschneidende eigenen Glauben, von dem sie sagte, - hier einen Ge- Erkenntnis und die daraus resultierende Zugewandt- danken des jüdischen Religionsphilosophen Martin heit zum Mitmenschen wurde prägend für ihren Le- Buber aufnehmend –, sie sei „ein Nomade des Glau- bensweg. Den Menschen in den Blick nehmen, die bens.“ Dabei spielte sie gleichzeitig auf ihre Erfahrun- Gegenwart wahrnehmen, Entwicklungen aufnehmen gen in der Ökumene an. Früh war sie hier aktiv, reis- und dem Neuen positiv begegnen, Chancen erkennen te zu den Versammlungen des Ökumenischen Rates und das Beste aus Situationen machen, bestimmte oder Kirchen in verschiedene Länder, auch nach Asien fortan ihren Weg. und Afrika, und berichtete anschließend anschaulich darüber. Zur Ökumene meinte sie: „Die Verschieden- Bei Kriegsausbruch 1939 wurde Karl August Nold als heiten haben ihren Sinn und ihr Recht, so lange sie Feldgeistlicher verpflichtet. Drei Jahre später starb er nicht die Gemeinschaft derer, die an Christus glauben, nach schwerer Erkrankung während des Russlandfeld- in Frage stellen.“ zugs. Liselotte Nold war gerade einmal 30 Jahre jung. Liselotte Nold arbeitete in zahlreichen Gremien mit Wie konnte es weitergehen? Antonie Nopitsch holte und ihr Engagement wurde durch etliche Auszeich- die so jung verwitwete Liselotte Nold nach Stein, gab nungen und Ehrungen gewürdigt. So erhielt sie 1970 ihr damit eine neue Perspektive und verhalf dem Bay- als erste Frau von der Theologischen Fakultät der erischen Mütterdienst zu einer ausgezeichneten Mit- Universität München den Ehrendoktortitel. In der Be- arbeiterin über viele Jahrzehnte. Neben der Tätigkeit gründung wird auf ihre Vermittlungstätigkeit in Kirche im Mütterdienst studierte Liselotte Nold einige Se- und Gesellschaft hingewiesen, „insbesondere auf dem mester Theologie, doch ohne mit dem Staatsexamen Gebiet der Erwachsenenbildung“ habe sie neue, kriti- abzuschließen. Die praktische Arbeit mit Menschen sche Impulse gegeben. lag ihr dringlicher am Herzen. Ihre Arbeit war immer auf Aktivität und gegenwärtige Sie war schriftstellerisch begabt und übernahm bald Notwendigkeiten ausgerichtet – weniger auf Rückbe- die Arbeit im von Antonie Nopitsch gegründeten sinnung. Zustimmen würde Liselotte Nold mit Sicher- Laetare-Verlag. Zahlreiche Beiträge aus ihrer Feder er- heit dem, was der jüdische Gesetzeslehrer Hillel zur schienen in den Schriftenreihen „Getroster Tag“, „Wei- Zeit Jesu über mögliche Handlungsspielräume kurz terleben“ u.a. Dabei traf sie den richtigen Ton, formu- und bündig formulierte: „Wann – wenn nicht jetzt. Wo lierte „einfach, genau, nahe an der Sache, nahe an der – wenn nicht hier. Wer – wenn nicht wir.“ Erfahrung derer, die sie erreichen wollte“. Halgard Kuhn 4 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund Konstituierende Sitzung des Verwaltungsrats. Oben (v.l.n.r.): Inge Gehlert, Katharina Geiger, Rosmarie Koch, Mitte: Dietlinde Kunad, Anna Kaib, Sabine Jörk, Unten: Eva Schmidt, Hannelore Täufer, Dr. Johanna Beyer Informationen aus dem Bundesverband Nach den abgesagten Mitgliederversammlungen ist vor der nächsten (hoffentlich) stattfindenden Mitglie- derversammlung! Neue Strukturen mit Wir sind hoffnungsfroh und wagen wieder eine Ter- bewährtem Personal Inge Gehlert und minierung für eine Präsenzveranstaltung auf Bundes- ebene…so wie es andere Vereine und Organisationen ebenso für den Sommer oder Herbst geplant haben. Auch wenn wir sehr froh und dankbar darüber sind, Katharina Geiger in neue dass sich Frauen gefunden haben, die die Arbeit des Deutschen Evangelischen Frauenbundes gerade in Funktionen gewählt dieser schwierigen Zeit weitertragen und unterstüt- Im Herbst letzten Jahres gab sich der bayerische zen wollen, so haben wir einerseits alle das große Landesverband des Deutschen Evangelischen Frau- Bedürfnis nach persönlichem Austausch und Begeg- enbundes eine neue Satzung mit einer veränderten nung, aber auch nach einer Bestätigung unserer Ent- Leitungsstruktur. Diese Satzung sieht nun im Wesentli- scheidungen und Berufungen in den Vorstand und chen die Abkehr vom ehrenamtlichen, voll haftenden Vorstandsrat. Vorstand hin zu einer hauptamtlich tätigen geschäfts- Der einzige Termin, den uns das Caritas-Pirckheimer- führenden Vorständin und einem ehrenamtlichen Haus in Nürnberg im Herbst anbieten konnte, war nun Kontrollorgan, dem Verwaltungsrat, vor. der 21.Oktober 2021. Wir haben also wieder gebucht In seiner konstituierenden Sitzung am 2. März 2021 und eine “Neuauflage“ der letztjährigen Planung in wählte der Verwaltungsrat Inge Gehlert, bisherige Angriff genommen. Landesvorsitzende aus Aschaffenburg, zu seiner Vor- Das Prinzip “Hoffnung und Zuversicht“ trägt uns in sitzenden und zu deren Stellvertreterin Dr. Johanna unserem täglichen Leben als Christinnen über dunk- Beyer aus München. Als erste Amtshandlung berief le, einsame Stunden hinweg. Die Gemeinschaft und der neue Verwaltungsrat Katharina Geiger, seit 1997 Verbundenheit im Glauben vermögen uns zu stärken Geschäftsführerin des DEF-Landesverbandes, ab 1. auch in Corona-Tagen. April 2021 zur Geschäftsführenden Vorständin. Briefe, Geburtstagsglückwünsche, Telefongespräche, Damit folgt der DEF-Landesverband Bayern einer Ent- Spaziergänge, Fototausch, Mailkontakte und virtuelle wicklung, die schon viele diakonische Vereine vollzo- Sitzungen, Vorträge und Schulungen am PC, gemein- gen haben, da die Bereitschaft von Ehrenamtlichen, sames Gebet und Andachten... Wir versuchen, mit Ih- die vollumfängliche Verantwortung für Personal, Fi- nen in Kontakt zu treten oder zu bleiben - auch auf die nanzen, gesetzliche Vorgaben usw. zu übernehmen, Ferne können wir uns nahe bleiben. Ein Versuch ist es vielerorts schwindet. Gleichzeitig soll durch diese immer wieder wert. neue Struktur das ehrenamtliche Engagement auf Gemeinsam gelingt es besser! der Leitungsebene attraktiv gemacht und die Ehren- Bleiben Sie gesund und Gott befohlen! amtlichen entlastet werden. Letztendlich wird aber Ihre auch die Handlungsfähigkeit der Geschäftsführerin Dietlinde Kunad, gestärkt. Bundesvorsitzende Sie freue sich auf diese neue, aber zumeist vertraute Aufgabe; sie sei aber auch zuversichtlich, dass die Mit- glieder des Verwaltungsrates ihre Möglichkeit der ak- tiven Gestaltung des Verbandes nutzen und weiterhin bei der Umsetzung tatkräftig und persönlich mitwir- ken – ganz nach dem Verbandsmotto: Verantwortung übernehmen für sich und andere, so Katharina Geiger nach ihrer Berufung. www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 5
Stabwechsel nach 30 Jahren Sigrid Fernando neue Hausmutter am Kufsteiner Die letzten Monate schlafe ich schlecht. Grund dafür sind Platz 1 in München nicht nur der durch Brandstiftung verursachte Brand im Dezember letzten Jahres, sondern im ganz besonderen Maß auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die unsere Einrichtung zunehmend hart treffen. Zunächst das große Entsetzen! Ein Feueralarm schreckte die Bewohnerinnen der Außenwohngruppe der Wohnheime Frühlingstraße mitten in der Nacht auf. Das Feuer brach am 10. Dezember 2020 gegen 23 Uhr aus. Den alarmierten Feuerwehren gelang es rasch das Feuer zu löschen. Die etwa 30 Bewohnerinnen verließen zusammen mit ihren Kindern das Gebäude selbstständig. Allerdings erlitten hierbei sechs Perso- nen Rauchgasvergiftungen; sie mussten über Nacht medizinisch in der Klinik versorgt werden. Im Corona-bedingten Abstand von 1,5 Metern links Erika Lech-Vlasa, rechts Sigrid Fernando vor den Briefkästen Sofort nach Abschluss der polizeilichen Ermittlung der 120 Mieterinnen am Kufsteiner Platz 1 in München und der Erfassung des Schadens durch Sachverständige der Versicherung wurde mit der Sanierung begonnen. Z um Jahreswechsel ging im Appartementhaus des Deutschen Evangelischen Frauenbundes in München eine Ära zu Ende. Nach 30 Jahren wur- Da die bei uns untergebrachten Blockschüler wegen Corona derzeit keinen Schulunterricht haben, konnten de Erika Lech-Vlasa in den Ruhestand verbschiedet wir die Bewohnerinnen des brandgeschädigten Be- und Sigrid Fernando wurde als ihre Nachfolgerin als reichs in den für die Blockschüler vorgesehenen Räu- Hausmutter begrüßt. Leider konnte Corona-bedingt men unterbringen. Mittlerweile sind die Sanierungsar- der Abschied und die Begrüßung nicht so stattfin- beiten weit fortgeschritten, sodass der Rückzug in die den, wie wir es uns alle gewünscht hätten - wir wer- ursprünglichen Räume bald erfolgen kann. den aber beides im hauseigenen Garten im Sommer Einerseits war es Glück für uns, dass die Räume für festlich nachholen. die Blockschüler nicht bewohnt waren und wir die N un wird sich die aus Rheinland-Pfalz kommen- vom Brand geschädigten Bewohnerinnen dort in den de ausgebildete Hauswirtschaftsleiterin und leeren Räumen unterbringen konnten. Andererseits Mutter einer erwachsenen Tochter als neue Haus- spüren wir die fehlenden Einnahmen der Blockschüler mutter um die 120 alleinlebenden Frauen mit niedri- derzeit ganz besonders. Eine schlechte Belegung, wie gem Einkommen in München kümmern. „In Zukunft wir sie derzeit haben, konnten wir bisher immer gut möchte ich Ihnen neben all meinen Aufgaben hier durch die Einnahmen der Blockschüler ausgleichen. im Haus auch verschiedene Angebote für Ihren All- Die vielen freien Heimplätze und das Wegbleiben der tag machen. Ich freue mich sehr, Sie alle persönlich Blockschüler machen sich derzeit finanziell deutlich kennenzulernen und Ihre Wünsche und Anregun- negativ bemerkbar. gen zu erfahren… Für alle, die in dieser kommuni- Ein Grund für die vielen freien Plätze in unserem kationsarmen Zeit einsam sind – kommen Sie vorbei Haus liegt meiner Meinung nach daran, dass wir Co- oder rufen Sie mich an!“, so Sigrid Fernando in ihrem rona-bedingt von den Jugendämtern seit Monaten Begrüßungsschreiben an die Mieterinnen. so gut wie keine Zuweisungen neuer Bewohnerinnen Wir wünschen Erika Lech-Vlasa alles Gute für ihren mehr bekommen. Als weiteren Grund vermute ich, wohlverdienten Ruhestand und danken ihr von Her- dass - ebenfalls Corona-bedingt - weniger Studieren- zen für ihr unermüdliches jahrzehntelanges Engage- de momentan eine Wohnung suchen (weil das Studi- ment. Gleichzeitig wünschen wir Sigrid Fernando ei- um meist online absolviert wird). Die Bewohnerinnen nen guten Start in diese abwechslungsreiche Arbeit unserer Einrichtung, welche schon seit längerem eine und freuen uns auf die kommende vertrauensvolle günstige Wohnung suchen, werden nun auf dem Woh- Zusammenarbeit. nungsmarkt fündig. 6 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. Frisch sanie rte in der Auß Küche der WG enwohngru ppe Um wieder mehr Zuweisungen zu bekom- er Brandschutztüren und für die Verbes- men und um dem aktuellen Trend (weni- serung und Ausarbeitung eines neuen ger stationär, mehr ambulant) gegenzu- Brandschutzkonzeptes werden hohe Kos- steuern, wollen wir mehrere neue Projekte ten anfallen, die wir investieren müssen im Haus starten, wie beispielsweise die und wollen – hier geht es schließlich um Wohnform der „Begleiteten Elternschaft“. die Sicherheit unserer Bewohnerinnen, Begleitete Elternschaft bietet geistig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! behinderten Eltern die Möglichkeit, mit Nach dem Ausscheiden von Herrn Kroll professioneller Unterstützung von Fach- Ende Januar wurde die zeitnahe Nachbeset- kräften zusammen mit ihren Kindern zu zung seiner Stelle erforderlich. Der Vorstand wohnen. Unser Konzept für diese Wohn- berief mich zur neuen Heimleiterin und Re- form wurde bereits den Kostenträgern vorgestellt und nate Rausch-Waidhas zur neuen Pädagogischen Leite- mit großem Interesse aufgenommen. Es gäbe bereits rin (bisher Leitung der Aufnahmegruppe). auch schon Interessenten für diese Wohnform. Die fi- Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei mei- nale Entscheidung bezüglich der Finanzierung seitens nen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wieder der Kostenträger steht allerdings noch aus. einmal bewiesen haben, dass sie auch in schweren Riesig gefreut haben wir uns über die vielen Sach- Zeiten zusammenhalten und für die Einrichtung aktiv spenden (Spielzeug, Kleidung, Haushaltsartikel), die und engagiert dort mithelfen, wo Not am Mann ist. uns Firmen aus Fürth und Zirndorf haben zukommen Keinesfalls unerwähnt lassen möchte ich in diesem lassen, nachdem sie vom Brand in unserem Haus er- Zuge auch, dass der bereits in den wohlverdienten fahren hatten. Dafür sind wir sehr dankbar. Ruhestand verabschiedete frühere Heimleiter Reiner Wir freuen uns auch jetzt noch über jede Geldspen- Popp seit dem Ausscheiden von Herrn Kroll die Ein- de, die wir erhalten; egal wie klein oder groß der Be- richtung fast täglich ehrenamtlich unterstützt und trag ist. Die sanierten Räume werden demnächst mich in meine neuen Aufgaben einarbeitet. Herrn wieder bezogen und wir wollen es unseren Bewoh- Popp, unserem Ruheständler im „Unruhestand“, gilt nerinnen auch schön gestalten. Schließlich ist dies ihr mein ganz besonderer Dank. Daniela Zimmerer Zuhause, ein Rückzugsort, an dem sie sich geborgen PS: Habe ich schon gesagt, dass ich die letzten fühlen sollen und dürfen. Auch für den Einbau neu- Monate schlecht schlafe? Gemeinsam Gutes tun Gründe waren einerseits der gesundheitliche Zustand meines Vaters und andererseits daraus folgende finan- Seit Mitte der 1980er Jahre kamen gut 2,4 Millionen zielle Schwierigkeiten, für seine Familie zu sorgen und russlanddeutsche (Spät-)Aussiedler aus der ehema- den Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen. Die ligen Sowjetunion nach Deutschland. Viele von ih- Hoffnung auf ein perspektivenreiches Leben für uns nen sprachen zwar deutsch, ihnen war aber die neue Kinder sowie eine gute medizinische und soziale Versor- Heimat fremd. Um ihnen den Start und das Leben in gung für unseren Vater war die größte Motivation, uns Deutschland zu erleichtern, kümmern sich staatliche auf den Weg nach Deutschland zu machen. Stellen, aber auch zahlreiche Organisationen um diese } Frau Frasch, durch die aktuelle Corona-Krise ist Menschen, so wie z.B. der Evangelische Frauenbund das Thema Migration, Flucht und Vertreibung nicht Schweinfurt. Katharina Geiger interviewte eine der mehr so präsent in der öffentlichen Wahrnehmung. Neubürgerinnen – Kristina Frasch, deren Familie in Dennoch ist die Integration von Zugewanderten eine Schweinfurt ein neues Zuhause fand. dauerhafte und herausfordernde Aufgabe sowohl für } Frau Frasch, Sie haben mir erzählt, dass Ihre Fa- die aufnehmende Gesellschaft als auch für die Betrof- milie nicht aus Deutschland stammt. Was hat sie ver- fenen selber. Wie haben Sie und ihre Familie dies bei anlasst, die alte Heimat zu verlassen und sich auf den Ihrer Ankunft in Schweinfurt selber erlebt? Welche Weg nach Deutschland zu machen? Was haben Sie Rolle spielte bei der Integration dabei der Evangeli- von Deutschland gewusst oder erwartet? sche Frauenbund mit seinem Motto „Gemeinsam Gu- tes tun“? Gab es da Generationenunterschiede? Ich kam als Spätaussiedlerin mit meiner Familie im Al- ter von 13 Jahren nach Deutschland. Die Gründe für Die typischen Herausforderungen, wie beispielswei- die Auswanderung meiner Familie waren damals sehr se schlechte Sprachkenntnisse, kulturelle Unterschie- vielfältig. Ich versuche bei dieser Frage nur die wesentli- de und fehlende Orientierung in einem neuen Land, chen Ursachen zu beleuchten: Die ausschlaggebenden tragen oft dazu bei, dass die Zugewanderten sehr auf www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 7
Unterstützung von anderen Personen und Hilfsorgani- sationen angewiesen sind. Unsere Familie war in die- sem Fall auch keine Ausnahme. Für mich, als pubertie- rendes Mädchen, war es besonders schwierig, mich in der neuen Gesellschaft erfolgreich zu integrieren. Im Vergleich zu meinen Eltern, die zusammen mit meiner älteren Schwester an einem Sprachkurs teilgenommen haben, war ich auf mich allein gestellt und musste ohne sehr danken. Die herzliche Einladung zum Gottesdienst wesentliche Sprachkenntnisse und keinerlei Unterstüt- von Frau Gröner konnten wir damals nicht ablehnen zung in der deutschen Schule mithalten. und somit wurden die regelmäßigen Gottesdienstbesu- Glücklicherweise wurde meine Familie mit ihren Sorgen che zum Alltag unserer Familie. und Problemen nicht ganz allein gelassen, denn zu un- } Frau Frasch, viele der Spätaussiedler-Familien serer Unterstützung, um sich in der neuen Heimat zu- sind zwar evangelisch oder katholisch getauft, neh- rechtzufinden, kam der Evangelische Frauenbund. Die men aber kaum am kirchlichen Leben teil. Wie kamen engagierte Frau Gröner, die ehemalige zweite Vorsit- Sie und Ihre Familie dazu, sich im Evangelischen Frau- zende des Evangelischen Frauenbundes, kam mehrmals enbund zu engagieren? Und wie hat es sich entwi- wöchentlich in unsere Unterkunft und gab uns Hilfestel- ckelt, dass Sie dann letztendlich evangelische Religi- lungen in Bezug auf alle Fragen zur sprachlichen, beruf- onspädagogin werden wollen/geworden sind? lichen, schulischen und sozialen Integration. Durch ihre Wie ich bereits erzählte, spielte Frau Gröner die ent- kompetente und sehr herzliche Unterstützung bekam scheidende Rolle bei der Integration meiner Familie in ich kostenfreie, fächerübergreifende Nachhilfe und die evangelische Gemeinde in Schweinfurt. Nach mei- fand meine ersten neuen Freunde in der evangelischen ner erfolgreichen Integration wurde ich Mitglied des Jugendgruppe in Schweinfurt. Meine Eltern dagegen Evangelischen Frauenbundes und engagierte mich eh- bekamen eine hilfreiche und umfassende Beratung in renamtlich bei zahlreichen Bildungsangeboten und ge- allen behördlichen Fragen und wurden sehr herzlich in nerationsübergreifenden Projekten des Frauenbundes. die Gemeinschaft des Evangelischen Frauenbundes in Zu meinen Aufgaben gehörte unter anderem zweimal Schweinfurt aufgenommen. in der Woche Kinder mit Migrationsgeschichte bei ihren } Frau Frasch, in der ehemaligen Sowjetunion Hausaufgaben zu unterstützen und sie zu fördern. Auf- und im gesamten Ostblock spielten die christlichen grund der gleichen Erfahrungen wusste ich ganz genau, Kirchen kaum eine Rolle, Religion sei ja das Opium des was diese Kinder brauchen und mit welchen Problemen Volkes, wie es Karl Marx in seiner Religionskritik aus- ihre Familien zu kämpfen haben. drückte. Wie war das in Ihrer Familie? Gab es da Ver- Diese wertvolle Tätigkeit half mir neue Kompetenzen änderungen in Schweinfurt? Wenn ja, können Sie be- zu entwickeln und mein pädagogisches Talent zu ent- schreiben welche? Und hat sich daran in Schweinfurt decken. Genau diese Erfahrungen beeinflussten mich etwas geändert? bei meiner zukünftigen Berufsauswahlentscheidung. Diese Frage zu beantworten fällt mir teilweise schwer, Auch bei diesem Abschnitt meines Lebens begleitete da ich im Jahr 1993 geboren wurde und von der ehema- mich Frau Gröner und schrieb einen Empfehlungsbrief ligen Zeit der Sowjetunion nur aus Erzählungen meiner für meine Bewerbung an die Evangelische Hochschule Eltern die eigenen Eindrücke machte. Ich kann mich in Nürnberg. So begann mein spannendes Studium zur aber gut erinnern, dass es in meiner Heimatstadt im Ural Religionspädagogin. viele religiöse Menschen gab, die immer sonntags die örtliche russisch-orthodoxe Kirche zahlreich besuchten. } Frau Frasch, abschließend eine letzte Frage: Wie sehen Sie die Zukunft der evangelischen Kirche und Außerdem gab es dort eine deutschsprachige evangeli- welche Rolle können dabei Vereine wie der Deutsche sche Gemeinde, die ihre eigene evang.-luth. Kirche im Evangelische Frauenbund spielen? Jahr 2001 baute. Auch meine Familie hat uns Kinder christlich erzogen. Dabei ist meine Familie eher multi- Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen darf ich be- konfessionell: Meine Mutter wurde damals russisch-or- haupten, dass sich die christliche Gemeinde sehr positiv thodox getauft, mein Vater aufgrund seiner deutschen auf Integration und Werteentwicklung der Menschen Herkunft dagegen evangelisch. Meine Schwester und mit Migrationsgeschichte auswirken kann. Gerade in ich wurden dem Wunsch meines Vaters nach ebenso der Phase des Ankommens im anderen Land ist die Kir- evangelisch getauft. Zu der örtlichen evangelischen Kir- che ein Wegweiser, welcher als Orientierungshilfe die- che in Russland hatten wir damals leider wenig Bezug. nen kann. Dies veränderte sich glücklicherweise nach unserer An- } Frau Frasch, herzlichen Dank für das Interview reise nach Deutschland. Für diese positive Entwicklung und weiterhin viel Freude mit Ihrem Beruf und in un- kann meine Familie dem Evangelischen Frauenbund serer Kirche. 8 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. „Die Chefin muss immer Bescheid wissen!“ DEF-Vorsitzende sprach gründung wie oft angeboten die Rentenansprüche auszahlen lassen. „Es hat sich gelohnt!“ schaut sie zu- zum Equal Pay Day mit rück. Auch Margit Niedermaier ist in der Firma ange- stellt. Während das jüngere Paar bewusst überlegte, zwei Unternehmerinnen wie man im Fall einer Trennung beide absichern könn- te, ohne den Fortbestand des Betriebs zu gefährden, „Wir sind die älteste Bäckerei in Rothenburg, seit 1788 war der Gedanke an eine Trennung beim älteren Paar in Familienbesitz. Und mit meiner Tochter ist die siebte undenkbar. „Früher gab’s das nicht. Man überlegt sich Generation im Betrieb!“ Anni Hachtel ist stolz auf das das, und dann bleibt man auch dabei!“ Geschaffene. Jahrgang 1942, heiratete sie 1966 Bäcker- meister Fritz Hachtel. Ihren Mann lernte sie im Gasthof Während Anni Hachtel für das Eh- Rappen kennen, wo sie arbeitete. Auf ihre neue Aufga- renamt keine Zeit fand und spä- be in der Bäckerei bereitete sie sich durch Kurse im Ver- ter für die Verbandsarbeit schon packen und Verkaufen vor und volontierte danach in zu alt war, engagierte sich Margit einer anderen Bäckerei. Die Bäckerei Hachtel war im Niedermaier sehr intensiv. Nicht Krieg total zerstört worden, die Schwiegereltern und nur war sie Gemeinderätin, son- ihr Mann fingen mit nichts wieder an. Sie beide zusam- dern sie war lange Jahre bei den men bauten das Geschäft auf. Sie wurden nicht ge- Unternehmerfrauen im Handwerk aktiv, dort auch die schluckt oder von Bäckerei-Ketten kaputtgemacht. Landesvorsitzende. Fortbildung findet sie für alle Frau- Man entschied sich bewusst, keine größere Bäckerei en sehr wichtig und würde es auch als Rat für jüngere mit mehreren Geschäften zu werden. Es ist ein Ge- Frauen weitergeben. Es sei herausfordernd, 24 Stun- schäft mit sechs Angestellten. Er arbeitete in der Back- den lang immer zusammen zu sein, und für die Arbeit stube, sie im Verkauf. „Das muss Hand in Hand gehen. miteinander sei unbedingtes Vertrauen nötig. Aber ge- Wenn er in der Backstube nichts schafft, kann ich vorne rade die Herausforderung, das gemeinsame Arbeiten, nichts verkaufen!“ die Firma zu halten und zu entwickeln, das erfüllt doch mit Freude und Stolz. Und: Man hat sich immer was Margit Niedermaier, Jahrgang zu erzählen! Sich Anschweigen gibt es bei Ehepaaren 1967, hat mit ihrem Mann ge- nicht, die gemeinsam arbeiten. meinsam einen Betrieb für Haus- technik mit inzwischen 30 Ange- Beide Betriebe können an die nächste Generation stellten aufgebaut. Ursprünglich übergeben werden und der Wechsel ist wieder eine arbeitete sie als Übersetzerin und Herausforderung. Bald nach dem Tod ihres Mannes hatte nicht vorgehabt, bei ihrem übergab Anni Hachtel ihrer Tochter Martina Hachtel- Mann einzusteigen. Der Wiedereinstieg in den frühe- Schuster den Betrieb, die selbst Bäckermeisterin ist. Bei ren Beruf war aber durch die Betreuungssituation in Niedermaiers hat der Sohn den Meister gemacht und Hohenpolding bei Freising unmöglich. Kinderbetreu- arbeitet als Angestellter im Betrieb mit. Der Wechsel ist ung gab es erst ab 4 Jahren, und das Ehepaar hat zwei angedacht, wenn sein Vater 60 wird. Kinder. Auch sie arbeitete nicht einfach nur mit, son- „Was ist wichtig?“ wollte Inge Geh- dern bildete sich zur kaufmännischen Fachwirtin und lert von den beiden Unternehme- Betriebswirtin (HWK) aus und übernahm die kaufmän- rinnen noch wissen. Margit Nieder- nische Leitung der Firma. maier empfiehlt Netzwerke, gerade Beide Frauen fanden es sehr wichtig, sich durch Kurse auch als Frau in der Firma. Und eine und Fortbildungen eine gute Grundlage für ihre Arbeit klare Abgrenzung der Bereiche und zu verschaffen und auch immer dazuzulernen. „Wenn Vertrauen zueinander, denn „Allein einer der Angestellten kommt: ‚Sie, ich hätt‘ da mal a kommen wir nicht weiter! Das ist überlebenswichtig!“ Frage…‘, dann muss man antworten können. Die Che- Und Frau Hachtel meinte, wichtig sei die Zufriedenheit. fin muss immer Bescheid wissen!“ Wichtig ist auch die Das heißt auch, nicht immer nach anderen schauen, eigenständige Absicherung. Auch Anni Hachtel war sondern tüchtig sein und dabeibleiben. Beide finden, nicht nur mithelfende Familienangehörige, sondern gemeinsam mit ihrem Mann etwas aufgebaut und ge- sie war als Angestellte kranken- und rentenversichert schaffen zu haben, das sei schön! und hatte sich auch nicht in der Phase der Familien- Bettina Marquis www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 9
Königin Therese und Lola Montez – Online- Vortrag über die Frauen an Ludwigs Seite Königin Therese von Bayern, die Gattin König Ludwigs I., die Therese von der Theresienwiese, auf der jedes Jahr - es sei denn Corona - das Oktoberfest stattfindet, und Lola Montez, die bekannte Tänzerin und Geliebte des Königs. Man meint sie zu kennen. Dass es aber sehr viel Unbekanntes und Wissenswertes über beide Frauen gibt, machte Dr. Susanne Pfisterer- Haas, Klassische Archäologin und evangelische Deka- natsfrauenbeauftragte sowie ausgewiesene Kennerin der Geschichte der Protestanten in München und Bay- ern, in ihrem von vielen Teilnehmerinnen begeistert Ladies first – Deutschland verfolgten Doppelporträt beider Frauen deutlich. und seine First Ladies Besonders schillernd ist das Leben der Lola Montez, Unter diesem Motto faszinierten drei Online-Vorträge eigentlich eine Irin, die in Indien aufwuchs und sich von Dr. Johanna Beyer das Publikum. Die Ehefrauen nach einer gescheiterten Ehe als skandalumwitterte der ersten Bundespräsidenten waren noch aus dem spanische Tänzerin ein selbstständiges Leben aufbau- 19. Jahrhundert gebürtig, kinderlos oder als altes te. Trotz erheblicher Vorbehalte im Apparat und der Ehepaar ins Amt gekommen, aber Elly Heuss-Knapp, Bevölkerung etablierte sie eine besonders in Briefen Wilhelmine Lübke und Hilda Heinemann schafften gepflegte Beziehung zu Ludwig I. Aber auch ihr wei- es doch alle, dem Amt, das es gar nicht gibt, einen teres Leben in Amerika, wo sie sich als Tänzerin und eigenen Stempel aufzudrücken. Dem von Elly Heuss- Theaterchefin, Vortragende und Autorin ein eigenes Knapp gegründeten Müttergenesungswerk stehen Vermögen aufbaute, bleibt spannend. Aus eigener noch heute die Frauen der Bundespräsidenten vor. Lebenserfahrung vertrat sie emanzipierte Ansichten Deutschland wieder in der Welt zu Ansehen zu verhel- und war eine sehr moderne Frau, wie Susanne Pfiste- fen, soziale Not zu lindern und dabei auch Tabus wie rer-Haas aus ihren Schriften zu zeigen verstand. bei Rauschgiftsucht (Heinemann) oder Krebs (Scheel) Königin Therese wahrte zwar die Tradition und blieb zu zu brechen, um Betroffenen zu helfen, das waren die ihrem Ehemann loyal trotz großer persönlicher Demü- Anliegen der First Ladies, die zugleich auch Deutsch- tigungen. Aber sie wahrte auch die Würde einer Köni- land etwas Glanz und Glamour verliehen. gin gegen alle Zumutungen, blieb der Mittelpunkt der Die Frauen der mittleren Generation, bereits im 20. Jh. königlichen Familie und tat viel für die Ausübung und geboren, verliehen der Position der First Lady weitere das Fortkommen ihres protestantischen Glaubens. Konturen. Es gab seither Familien mit Kindern in Villa Hammerschmidt und Schloss Bellevue, wenn über- haupt der Amtssitz der Wohnsitz war. Weiter setzten sie und ihre noch moderneren Nachfolgerinnen durch die Förderung sozialer Stiftungen Akzente und waren und blieben oftmals berufstätig. Den Stiftungen stan- den sie öfter auch nach den Amtsperioden ihrer Män- ner zur Seite. Das Amt entwickelt sich, die Frau oder Lebensgefähr- tin eines Bundespräsidenten bekommt Büro und ei- nen eigenen Stab zur Bewältigung der Aufgaben, und vielleicht auch bald einmal ein Gehalt? – Oder es wird auch einmal eine Frau die Erste sein: Als Bundespräsi- dentin? 10 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. Einladung zur Landesverbandstagung in Neuendettelsau am 16./17. Juli 2021 Jüdische Frauen in Deutsch- land – gestern und heute: ihr Leben, ihr Wirken, ihr Erbe Die Landesverbandstagung des Deutschen Evange- lischen Frauenbundes in Neuendettelsau will einen Beitrag zum deutschen und bayerischen Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ leisten und als Frauenverband das Leben, Wirken und das Erbe von jüdischen Frauen in Deutschland untersuchen. Am Freitag, 16. Juli, wird es nach Tagungsbeginn um 14 Rebellinnen – Uhr und den Grußbotschaften im ersten Teil zunächst um die jüdische Geschichte vor allem in den kleineren – Frauen, die Städten gehen. Angedacht sind Beiträge aus Rothen- burg ob der Tauber und Floß in der Oberpfalz. Überall die Welt verändert haben gehen die Mitglieder der DEF-Ortsverbände auf Spu- Evangelischer Presseverband plant rensuche – Häuser, Baulücken, enteignete ehemals Ausstellung über besondere Frauen aus jüdische Kaufhäuser oder Wohnhäuser, Judenviertel, dem deutschsprachigen Raum Straßennamen, Stolpersteine – viele Spuren jüdischer Mädchen und Frauen haben in allen Epochen der Zeit Geschichte in Deutschland sind zu finden, selbst wo es die Welt verändert. Manche haben es mit ihren Taten erst einmal nicht vermutet wurde. Über diese Spuren- bis in die Geschichtsbücher geschafft, andere sind in suche soll es auch eine Ausstellung im Großen Saal in Vergessenheit geraten. Neuendettelsau geben, in dem die Tagung stattfindet. Der Landesverband bittet die Ortsverbände, sich dar- Mit der Leih-Ausstellung "Rebellinnen – Frauen, die an mit Fotos zu beteiligen, und regt an, vielleicht eine die Welt verändert haben" will der Evangelische Pres- Stadtführung, Ausstellung oder Veranstaltung zur lo- severband für Bayern e.V. (EPV) ihre Errungenschaften kalen jüdischen Geschichte zu besuchen oder mitzu- in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Soziales, Religion, gestalten, wenn es die Coronalage wieder erlaubt. Kultur und Gesellschaft würdigen. Im zweiten Teil des Nachmittags wird es ein Gespräch Frauen wie z.B. die Widerstandskämpferin Sophie über das Leben jüdischer Frauen in der gegenwärti- Scholl (1921-1943), die Reformatorin Argula von gen Gesellschaft geben. Gegenseitiges Verständnis Grumbach (um 1492–um 1554), die Pazifistin Bertha wird in den Gesellschaften für christlich-jüdische Zu- von Suttner (1843–1914), die Sozialarbeiterin Liselotte sammenarbeit gepflegt und hat in der evangelischen Nold (1912–1978), die Musikerin Nina Hagen und die Kirche in Bayern eine jahrzehntelange Tradition, doch Politikerin Angela Merkel werden vorgestellt. Sie wa- ist auch neuer Antisemitismus in vielen Städten zu be- ren alle in ihrer Zeit Rebellinnen: Sie hielten an ihren klagen. Wie sieht modernes jüdisches Frauenleben in Überzeugungen fest, widersetzten sich der Obrigkeit Deutschland und Bayern aus? und kämpften für ihre Rechte. Sie verfolgten ihre Ziele und standen ein für ein selbstbestimmtes Leben. Der Abend des DEF-Studientages ist der Salonkultur des 19. Jahrhunderts gewidmet. Die berühmteste Sa- Bei dieser Ausstellung werden auf Informationstafeln lonnière der Zeit ist Rahel Varnhagen, in deren Berli- die Wegbereiterinnen, die alle aus dem deutschspra- ner Salon sich ‚tout le monde‘ traf. Sie begegnet dem chigen Raum kommen, mit Texten und Illustrationen Mittelpunkt des literarischen Zirkels im Münsterland verschiedener Grafikerinnen vorgestellt. Neben den Annette von Droste-Hülshoff und der Komponistin hochwertigen Alu-Tafeln inklusive Hängevorrichtung Fanny Hensel. umfasst die Ausstellung kostenloses Werbematerial sowie ein digitales medienpädagogisches Paket. Die Danach werden wir selbst die Geselligkeit und das Schau, die noch 2021 in den Verleih geht, eignet sich Gespräch miteinander suchen – nach der langen für Bildungseinrichtungen und Kommunen ebenso Coronazeit! wie für Kirchengemeinden und Museen. Der andere Morgen bringt uns nach dem Gottesdienst Mehr Informationen zur Ausstellung, zu Leih-Konditi- zur Mitgliederversammlung zusammen. In neuer For- onen und Terminen erhalten Sie immer aktuell auf der mation werden Landesverband und Ortsverbände Website www.ausstellung-leihen.de. Bei Fragen schrei- zeigen, wie sie den DEF durch die Krisenzeit und in die ben Sie gerne eine Mail an die Crossmedia-Abteilung Zukunft bringen. Seien Sie dabei! des EPV: cme@epv.de. www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 11
Aus der Praxis vom Ortsverband mit Spenden bedacht wird), an die Herderkirche, das Theater und die bekannte Statue Goethe zusammen mit Schiller vor demselben. Ein- gefügt in den interessanten Vortrag waren Gedichte, Ansbach: vorgetragen von Dr. Hartmann, deren wundervolle Sprache alle einfach genossen. Goethe in St. Gumbertus Mögen alle angeregt sein, sich in die Lyrik Goethes zu Nach einer kurzen Begrüßung und Dank an alle, die es vertiefen, vielleicht auch den Osterspaziergang aus ermöglicht haben, dass sich der Ortsverband Ansbach dem Faust wieder einmal zu lesen. „Vom Eise befreit…“ in der Kirche St. Gumbertus in Ansbach nach dreimo- Mit einem kleinen Ostergeschenk, das auf jedem Platz natiger Karenz (im Dezember waren die Mitglieder stand, in einem Tütchen versteckt zwei kleine selbst dort und feierten zum Abschluss des Veranstaltungs- gebackene Osterhasen, und einem Wort von Karl Barth jahres das Abendmahl miteinander) treffen konnten, verabschiedeten wir uns in der Hoffnung, dass wir uns nahmen die Referentin Herta Hartmann und „Co- im April wieder in St. Gumbertus treffen können. Referent“ Dr. Hartmann unter der Thematik: Johann Kein Händedruck, sondern ein Lächeln hinter dem Wolfgang von Goethe: Leben und Lyrik die Teilneh- Mund-Nasenschutz war die Abschiedsgeste für die merinnen mit auf den Weg zunächst nach Frankfurt gelungene Begegnung. am Main ins Elternhaus Goethe. Johanna Stöckel Wer die Osterbotschaft gehört hat, kann nicht mehr mit tragischem Gesicht herumlaufen und die harm- lose Existenz eines Menschen führen, der keine Hoff- nung hat. (Karl Barth) Aschaffenburg: Der Ortsverband geht online Neue Wege hat der DEF-Ortsverband Aschaffenburg beschritten. Seit Februar werden Veranstaltungen online angeboten. Die Vorsitzende Inge Gehlert hat zudem schon im „Christuskirchen-Interview“ online Goethe sollte wie der Vater Jurist werden. Das Studi- den DEF vorgestellt. (zu sehen auf https://www.def- um begann Johann Wolfgang Goethe dann auch in bayern.de/meldung/wir-wollen-frauen-sichtbar-ma- Straßburg und Leipzig. Aber es war ihm zu langweilig, chen-in-kirche-und-gesellschaft-1). Von ihr sind auch hatte er doch Kenntnisse durch seinen Vater reichlich die nachfolgenden Beiträge über zwei Zoom-Veran- erhalten. Er begegnete indessen Herder, Kant, Hegel staltungen. usw. und später dann auch Schiller, ließ sich inspirie- ren und versenkte sich in die Literatur, schrieb in allen Zoom-Veranstaltung zum Weltgebetstag der Lebensphasen Gedichte, Gedichte, Gedichte und wur- Frauen hat gut geklappt de auch geprägt durch Begegnungen mit intelligen- Es hatten sich insgesamt 15 Personen eingewählt, ten, schönen Frauen oder auch Naturbeobachtungen. manche mit Bild, mit und ohne Ton, aber für den ers- Diese vielfachen Erlebnisse flossen ein in seine Welt- ten Versuch war es eine gelungene Veranstaltung. Literatur, ebenso die Eindrücke der Reisen nach Italien Referentin Juliane Hörl hat die Teilnehmerinnen mit- – in das Land wo die Zitronen blühn – bis nach Sizilien, genommen in das Land Vanuatu, zu seinen Menschen wo er die griechischen Kultureinflüsse erlebte. und vor allem den Frauen, die durch den Klimawandel In Weimar angekommen, erinnerten sich die Mitglie- mit großen Problemen zu kämpfen haben. Das Insel- der an die wunderbare Reise des Ortsverbandes Ans- paradies ist durch Wirbelstürme und Starkregen und bach, an die Anna Amalia Bibliothek, (die heute noch dann wieder Dürre bedroht. 12 def aktuell / april 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. Titelbild des Weltgebetstags der Frauen 2021, © Juliette Pita Sie erläuterte den interessierten Teilnehmerinnen das wunderschöne Motiv für diesen Weltgebetstag, ge- schaffen von einer international bekannten Künstle- rin, die ganz bescheiden auf einer der Inseln lebt: Eine Mutter sitzt auf der traditionellen Matte und beugt sich schützend über ihr Kind. Hinter ihr tobt der Wir- belsturm und wirbelt Schiffe und Fische durch die Luft. Rechts im Hintergrund sieht man das Gräberfeld, zur Erinnerung an die Toten, die der Wirbelsturm Pam getötet hat. Die Mutter wird ihrerseits beschützt von einer Palme, die sich im Wind biegt, aber dem Sturm trotzt und standhält. Über den Gräbern geht leuch- tend die Sonne auf, als Zeichen der Hoffnung, dass das Leben weitergeht. Da es in den Innenstadtgemeinden keinen Gottes- dienst zum Weltgebetstag gab und somit auch keine Kollekte eingesammelt werden konnte, wurde den Mitgliedern die Kontonummer des Weltgebetstagsko- mitees weitergegeben, damit dennoch für die Arbeit gespendet werden kann. Denn der Weltgebetstag der Frauen unterstützt Frauenprojekte im jeweiligen Gast- land und weltweit, ein aktiver Beitrag zum Frieden Online-Vortrag: Resilienz Am 11. März 2021 trafen sich 18 Teilnehmerinnen zu einer Zoom Veranstaltung zum Thema Resilienz. Da wegen Corona noch keine Präsenz-Veranstaltun- Menschen haben auch einen inneren Kritiker, der das gen möglich sind, nutzte der Ortsverband Aschaf- Selbstwertgefühl schwächt und nur schwer zum Ver- fenburg die Möglichkeit, über Zoom zu dieser Vor- stummen gebracht werden kann. Diese Erfahrungen tragsveranstaltung einzuladen. Das Thema Resilienz aus der Kindheit und Jugend, die nur abwertend wa- machte die Mitglieder neugierig, denn der Begriff ist ren, müssen aufgearbeitet werden, damit ein gesundes erst im letzten Jahr richtig ins Bewusstsein gerückt Selbstbewusstsein entstehen kann. Erfolgserlebnisse worden. Jeder spricht über Resilienz, ohne einen ganz können die Resilienz stärken, und mit jedem Mal kann klaren Begriff davon zu haben, was alles dahinter- man leichter mit schwierigen Situationen umgehen. steckt. Die Referentin verglich einen resilienten Men- Zum Schluss gab sie uns noch fünfzehn Testfragen mit schen mit einem Stehaufmännchen. Das lässt sich von auf den Weg, um unsere eigene Resilienz zu testen. den Widrigkeiten des Lebens nicht unterkriegen, es Hier ein paar Beispiele: wackelt, es kippt, aber es richtet sich wieder auf. Wie • Neige ich dazu, aus einer Mücke einen Elefanten zu ein Boxer, der angezählt wird, wieder aufsteht, seine machen? Taktik ändert und weiterkämpft. Resilienz ist keine • Bemitleide ich mich oft? (Weil das Leben oder ande- angeborene Fähigkeit, sondern kann in jedem Al- re es schlecht mit mir meinen?) ter erlernt und geübt werden. Ältere Menschen, die schon viel erlebt haben, haben eine größere Resilienz • Bricht für mich eine Welt zusammen, wenn die Din- als junge Menschen, die noch wenig Erfahrung ha- ge nicht so laufen, wie ich es mir vorgestellt habe? ben mit Krisensituationen fertig zu werden. Resilienz Dankenswerterweise konnten wir das Manuskript er- ist also eine wichtige Fähigkeit in Krisensituationen, halten, sodass wir alles in Ruhe nachlesen und unsere kann aber auch im normalen Alltag durchaus hilfreich eigene Resilienz testen können, damit wir gegebe- sein - z.B. ob man sich ärgert, wenn sich jemand an nenfalls an ihr arbeiten. der Supermarktkasse vordrängelt oder die Freundin immer zu spät zu einer Verabredung kommt. Manche www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 13
Bücher Tipps von Rosi Koch, Fürth Oder diese Geschichte: Ein alter Jude liegt im Sterben und verlangt nach dem Pfarrer. Die Familie ist ent- setzt. Aber der Alte will keinen Rabbiner sehen, son- dern einen katholischen Priester, denn er hat vor, auf dem Sterbebett zu konvertieren. Die Familie ist außer sich. Du warst doch immer ein guter, gläubiger Jude gewesen, sagen sie, warum willst du jetzt übertreten? Da sagt der Alte verschmitzt: Es ist doch besser ein goj stirbt, als ein Jid! Die tragischen Lebensgeschichten der Teilacher wer- den immer wieder von solchen Witzen unterbrochen und nicht Mitleid heischend erzählt. Man kann beim Michel Bergmann: Lesen lachen und weinen. Nebenbei erfährt der Leser Die Teilacher auch viel vom jüdischen Leben in der Nachkriegszeit, lernt viele jüdische Ausdrücke kennen und gewinnt Der erste Band erzählt vom Schicksal fünf jüdischer einen gewissen Einblick in die Lebensart unserer jüdi- Männer im Deutschland der Nachkriegszeit. Sie sind schen Mitbürger. aus Lagern gekommen und oft die einzigen Überle- Der Autor Michel Bergmann wurde in einem Schwei- benden ihrer Familien. Sie hausen in Kellern oder Rui- zer Internierungslager als Kind jüdischer Eltern ge- nen und schlagen sich als Teilacher durch. So wurden boren und lebt als freier Journalist in Frankfurt. Seine die jüdischen Handelsvertreter genannt, die in den freie, lockere Sprache hat mich fasziniert. Dörfern umherreisten und in den Häusern Wäschepa- kete verkauften. Früher gab man ja den heiratswilligen Verlag: dtv, ISBN 978-3-423-14030-0, 10,90 € Mädchen Aussteuerpakete bei der Verehelichung mit. Neben den Teilachern gibt es von Michel Bergmann Es ist sehr amüsant zu lesen, wie sie versuchten, mit noch Taschenbücher mit Geschichten der Familie des Überredungskunst und jüdischen Witzen ihre Ware zu Alfred Kleefeld aus den Sechziger und Neunziger Jah- verhökern. Sie sind ständig unterwegs mit allen mög- ren. Sie sind alle etwas schräg, aber sehr lesenswert. lichen Fahrzeugen wie Horch, VW oder Tempo Dreirad. Zu finden bei dtv. Dabei finden sie aber auch die Kraft, wieder an Liebe, Nestbau und Zukunft zu glauben. Ihre Geschichten erzählen sie dem jungen Alfred Klee- Machloikes feld anlässlich der Beerdigung seines Onkels David. (Machloikes heißt so viel wie Ärger oder Trabbel) Nebenbei erfährt man auch, wie sie die Judenverfol- Verlag: dtv, ISBN 978-3-423-14214-4, 9,90 € gung und das „1000-jährige Reich“ überstanden ha- ben. Es sind im Grunde recht traurige Überlebensge- Herr Klee und Herr Feld schichten der fünf Teilacher, aber sie werden immer Verlag: dtv, ISBN 978-3-423-14359-2, 10,90 € wieder von jüdischen Witzen und jüdischer Lebensart unterbrochen, sodass die Traurigkeit nie lange anhält. Hier eine Kostprobe: Alfred besucht seinen Onkel im Altenheim und weist auf einen Stich von Moses mit den Gesetzestafeln hin. David zeigt zu dem Bild und sagt: Du weißt, warum es zehn Gebote sind? Nein. Gott sagte: Ich habe Gebote für euch. Und Moses frag- te, was kosten die? Nix, sagte Gott. Okay, dann nehme ich zehn! 14 def aktuell / märz april 2016 2021 www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V. Bücher Paul Maar: Tipps von Marianne Gast-Gehring, Wie alles kam Schweinfurt Roman meiner Iris Wolff: Kindheit Die Unschärfe Viele von uns kennen „Sams“, der Welt eine der erfolgreichsten Kin- derbuchfiguren der letzten Diesmal stelle ich Ihnen einen Ro- Jahrzehnte. Wir haben die man vor, der Familienmitglieder „Sams-Bücher“ um Herrn Ta- aus vier Generationen lebendig schenbier unseren Kindern und werden lässt. Erzählt wird von ei- Enkeln vorgelesen und sie ge- ner jungen Pfarrersfamilie im Ba- fielen auch aller Welt so gut, dass man sie in mehr als 30 nat, der ehemals von Deutschen Sprachen übersetzte. besiedelten Region in Rumänien. Nun ist Sams-Erfinder Paul Maar über achtzig Jahre alt Die Autorin kennt dieses Gebiet und lässt uns mit seiner Biografie an seiner Kinder- und gut, denn dort lebte sie bis zu ihrem achten Lebensjahr, Jugendzeit teilhaben. Es ist ein bewegtes Leben, von ehe ihre Familie 1985 in die Bundesrepublik ausreiste. dem er erzählt. Schon früh hat er seine Mutter verlo- Im Mittelpunkt des Romans steht Samuel, der Anfang ren und als die verheerenden Bombenangriffe seine der 1970er Jahre dort auf dem kleinen Pfarrhof zur Welt Heimatstadt immer stärker zerstören, entscheidet sich kommt. Seine Eltern waren erst vor kurzem in den Ort seine Stiefmutter, die ihn wie ein Sohn liebt, ihn und gezogen und sie werden der ruhende Pol der Gemein- auch ihre Schwiegermutter zu ihren Eltern aufs Land de. Doch die Idylle trügt, denn ein rumänischer Nachbar mitzunehmen. In dem Dorf geht er zur Schule, er fin- bespitzelt sie und so erfährt die Geheimpolizei von den det Freunde und kann seine Abenteuerlust ausleben. ostdeutschen Studenten, die bei der Pfarrersfamilie ihre Zudem erlebt Paul Maar, wie es sich mit zwei Omas in Semesterferien verbrachten. Mit Oz, der schon früh seine einem Haushalt lebt! Es sind unbeschwerte Jahre in Mutter verlor, lebt Samuel eine verlässliche Freundschaft, diesem Dorf, die geprägt sind von der Liebe der Stief- und da ist noch Stana, das slowakisch sprechende Mäd- mutter und der Großeltern zu dem zarten, jedoch auf- chen aus dem Dorf – auch mit ihr verbindet ihn eine Kin- geweckten Jungen. derfreundschaft, die bis ins Erwachsenalter trägt. Nach Kriegsende kommt sein Vater schwer gezeichnet Im Jahr 1989 ändert sich die Welt, da die Spaltung in Ost- aus der Gefangenschaft. Er möchte seine Familie zurück und Westeuropa überwunden werden kann. Samuel und in die Stadt nehmen und auch sein Malergeschäft will sein Freund Oz nutzen die Gelegenheit und durch eine er wieder auf die Beine stellen. Dafür wünscht er sich spektakuläre Flucht erreichen sie den Westen. Samuel einen kräftigen, zupackenden Sohn. Doch der phanta- findet sich schnell zurecht, denn Deutsch ist seine Mut- siebegabte Junge steckt seinen Kopf lieber in Bücher tersprache und durch seine ruhige Art gewinnt er schnell und so erlebt er seinen Vater zunehmend als feindse- die Sympathie der Menschen. Jedoch die vertrauten und ligen und aggressiven Mann. Die beiden finden nicht geliebten Personen, die er in Rumänien zurückließ, zie- zueinander, doch Halt findet Paul bei seiner Mitschüle- hen ihn wieder heim zu den Eltern und seinen Freunden. rin Nele, die aus einer Künstlerfamilie stammt und spä- ter seine Frau werden wird. Dort wird er angenommen, In vielen Geschichten erzählt uns dieser Roman von un- dort bekommt er die Impulse, die ihm den Weg in sein terschiedlichen Menschen und Bindungen und eröffnet späteres Leben ebnen. somit ein ganzes Kaleidoskop dieser Lebenswelt. Er er- zählt von einer Zeitspanne europäischer Geschichte, die Jahrzehnte später bekommt Paul Maar einen Feldpost- Lebensläufe prägte und Träume platzen oder wahr wer- brief seines Vaters in die Hände, der ihn erschüttert. Da- den ließ. rin lernt er einen anderen Vater kennen, einer der sich liebevoll um seine Familie, vor allem aber um den Sohn Mit anschaulich geschilderten Charakteren und Lebens- sorgt. Damit endet das Buch und wir stellen fest, wie situationen gelingt der Autorin ein schönes Beispiel, wie Krieg, Gefangenschaft und auch enttäuschte Erwartun- Vieles erst mit etwas Abstand deutlich wird, wie aus Un- gen Menschen verändern können. schärfe Schärfe wird. Das interessante und in einer schö- nen Erzählsprache geschriebene Buch wird lange nach- Dieses Buch ist sowohl ein Zeitzeugnis einer Kriegs- wirken. So stellt sich die wichtige Frage: Was wir bereit kindheit und Nachkriegsjugend, als auch ein wunder- sind zu tun oder aufzugeben für das Glück eines anderen? bares Stück Literatur, das Erinnerungen wachruft. Klett-Cotta Verlag - ISBN 978-3-608-98326-5 – 20 € S. Fischer-Verlag - ISBN 978-3-103970388 – 22 € www.def-bayern.de april 2021 / def aktuell 15
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