Im Visier der Immobilien-Mafia - Europahauptstadt Brüssel
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Wirtschaftskriminalität Ein in seiner Dimension und Machart Europahauptstadt Brüssel besonders schockierendes Beispiel hier- für sind die Immobilienprojekte des Im Visier der Europäischen Parlaments (EP) in Brüs- sel. Es geht uni den gewaltigen Gebäu- dekomplex, der in den 90er Jahren rund Immobilien -Mafia um den Brüsseler Bahnhof Leopold ent- standen ist und der in den kommenden ,Jahren noch weiter wachsen soll. Es ist Öffentliche Aufträge sind eine bevorzugte Zielscheibe für die das mit Abstand größte Immobilienpro- organisierte Kriminalität, insbesondere im Bauwesen. Bei solchen jekt, das je für eine europäische Insti- Aufträgen geht es häufig um große Summen und die staatlichen tution abgewickelt wurde. Was bislang auf fast 400 000 Quadratmetern an Sit- Stellen, die als Geldquelle angezapft werden, können nicht zungssälen, Büros und Tiefgaragen ent- Pleite gehen. Auch aus anderen Gründen handelt es sich standen ist, hat rund 1,2 Milliarden Euro um eine vergleichsweise risikoarme Form von Kriminalität: gekostet, d.h. rund 48,5 Milliarden Luf. Gewaltandrohung oder gar Gewaltanwendung sind nur im Das ist fast dreimal so viel wie für Ausnahmefall nötig. Es genügt in der Regel, einige das - nicht eben bescheiden geratene neue Entscheidungsträger in Schlüsselpositionen zu korrumpieren Gebäude des Parlaments an seinem offi- ziellen Sitz in Straßburg ausgegeben oder eigene Leute in solche Schlüsselpositionen zu bringen. wurde. Anders als bei primitiveren Formen der organisierten Kriminalität wie etwa dem Drogen- oder Menschenhandel haben die Gewöhnlich wickeln clie. E11-Institutiö- nen ihre Immobilienvorhaben in Zusam- Täter dann sogar die Chance, dass die zuständigen staatlichen menarbeit mit öffentlichen oder üffent- Stellen nicht nur wegschauen und untätig bleiben, sondern das lieh kontrollierten Bauh':igergescllschaf- kriminelle Treiben sogar ganz offiziell für ordnungsgemäß und ten der jeweiligen Gastgeberstaaten ab. im öffentlichen Interesse liegend erklären. Anders für Falle des Brüsseler Parla- mcntskomplexcs: Hier ist der Bauträger eine private Gesellschaft, die Société Espace Leopold (SEL). Eigentümer der SEL sind zwei in Belgien ansässige Ban- ken, die Finanzgruppe Sociétc Générale de Belgique, deren Geschicke der ehe- malige EU-Kommissar Davignon lenkt, und die BAC013 -Bank. Von Anfang an Gerüchte über Korruption Als am B. Januar 1992 der Mietvertrag Ihr den ersten 'heilkomplex vom d aa na- ligen Parlamentspräsidenten (und heuti- g en Fraktionsvorsitzenden der sozialde- mokratischen Fraktion für EP) Enrique Baron Crespo unterzeichnet wurde., gab es bereits Gerüchte über Manipulation und Korruption. Entscheidungsträgern Parlament seien aus dem Immobili- Januar 2000 49
Dossier enbestand der beiden Mutterbanken der schriebenen Sichtvermerk erteilt hatte. Parlaments. Das blieb für die Betroffenen SEL Privatwohnungen in der Nähe des Der Finanzkontrolleur hatte Vorbehalte, ohne Konsequenzen, es gab in der Folge Leopold Bahnhofs zu äußerst günstigen weil seiner Meinung nach entscheidende des Berichts und eines"ähnlich kritischen Konditionen angeboten worden. Nicht Klauseln in dem Vertrag sehr unpräzise Berichts des Europäischen Rechungsho- nur als Belohnung oder um Abhängig- waren. fes kein einziges Disziplinarverfahren. keiten zu erzeugen, sondern auch um ein Wie auch, wenn der Generalsekretär unmittelbares und dauerhaftes Eigenin- als höchster Vorgesetzter persönlich in teresse der Betroffenen an der weiteren Falsche Informationen vor die Unregelmäßigkeiten verwickelt war? Aufwertung des Brüsseler Parlaments- der Unterschrift der Das Präsidium, also die politische Spitze standorts zu wecken. Verträge des Parlaments hätte zunächst einmal Stutzig machte viele auch, dass Baron Aber der damalige Generalsekretär des Vinci maßregeln oder sogar entlassen Crespo die Verträge wenige Tage vor Parlaments, Enrico Vinci, verschwieg müssen. Nichts davon geschah. Auch Ablauf seiner Präsidentschaft als quasi dem Parlamentspräsidenten, dass es noch deshalb blieb die im Bericht des Aus- letzte Amtshandlung unterzeichnete. Es kein grünes Licht des Finanzkontrolleurs schusses für Haushaltskontrolle for- handelte sich dabei um Erbpachtverträge gab. Ausserdem gab der oberste Beamte mulierte Hoffnung, der Bericht möge mit einer Laufzeit von 27 Jahren, also des Parlaments seinem Präsidenten eine dazu beitragen, künftig Unregelmäßig- um langfristige Mietverträge mit einer falsche Information bezüglich der der keiten zu vermeiden, nur ein frommer Kaufoption. Die vertraglichen Arrange- SEL zugestandenen Profitspanne: Vinel Wunsch. ments waren für das Parlament derart gab sie mit 7,5 % an. Das lag schon deut- Die Manipulationen gingen weiter, zurn unvorteilhaft, dass am Ende kaum etwas lich über den 5 %, die bei solchen Vor- Beispiel bei der Beschaffung von Ein- anderes übrig blieb, als die Gebäude so haben üblich sind. In Wirklichkeit wurde richtung und Möbeln und offenbar auch schnell wie möglich zu kaufen. der SEL aber ein Profit in Höhe von 9,4 bei der Finanzierun g des Ankaufs des % zugestanden, in absoluten Zahlen aus- Aus einem zwei Jahre später am 26. April größten der bisher insgesamt drei Gebäu- gedrückt machte allein der Unterschied 1994 fertiggestellten Untersuchungsbe- deteile, des sogenannten D-3-Gebäudes. zwischen 7,5 und 9,4 °7 mehr als 400 richt des EP- Ausschusses für Haushalts- Das muss man aus Dokumenten schlies- Miniorten belgische Franken aus.. kontrolle (PE 208.238/fin) geht hervor, sen, die der Redaktion von forum vor- dass es im Zusammenhang mit der Unter- Der erwähnte Bericht des Ausschusses liegen. zeichung der Verträge zu gravierenden für Haushaltskontrolle deckte noch eine Das D-3-Gebäude ist mit geschätzten Unregelmäßigkeiten gekommen war. ganze Reihe von weiteren Unregelmäßig- Investitions- und Finanzierungskosten keiten und Ungereimtheiten auf und kam Die Verträge wurden unterschrieben, von 791 Millionen EURO der mit zu dem Schluß, dass zumindest Teile der ohne dass der Finanzkontrolleur des Abstand teuerste Gebäudeteil (Dl: 257 Parlamensverwaltung enger mit der SEL Parlaments seinen durch die EU-Haus- Millionen, D 2: 87 Millionen, alle Anga- zusammengearbeitet hatten als mit den haltsordnung rechtlich zwingend vorge- ben laut Bulletin des Parlaments vom Entscheidungs- und Kontrollgremien des 16.2.98). Einen Erwerb des D3-Gehäu- des kurzfristig aus dem laufenden Haus- halt zu . finanzieren, war nicht möglich. Es musste also ein Kredit aufgenom- men werden. Dagegen gab es erhebli- ésusm2ß"tiôri`KAOtiöïttAed schafunebe n chen Widerstand aus dem Ministerrat, 1:0r( korruptionsfrei)'bis O (: hochgradi.g::korrupt ausgéwâhlte Lander:= Stand 1999 in dem die Mitgliedstaaten der EU das Kamerun Sagen haben. Indonesien 1,7 1,5 1,6 Nige ri a Indien 2,9 • • • • 0 2,4 Russland China, Mexiko 3,4 • 3,3 Bulgarien, Rumänien, Ein gefährlicher 3,6 Türkei Agypten Brasilien 4,1 Präzedenzfall Italien 4,7 • 4,2 Polen Grund für cfie Besorgnis: Mit einer Kre- Südafrika, Tunesien 5,0 • 4,9 Griechenland ditfinanzierung würde der Grundsatz Belgien 5,3 5,2 Ungarn durchbrochen, die Ausgaben der EU- Japan, Slowenien 6,0 • • 5,6 Taiwan Institutionen vollständig aus Überwei- 6,6 Frankreich,Spanien sungen der Mitgliedstaaten zu finanzie- USA 7,5 ren, also der ELl nicht zu erlauben, sich Deutschland 8,0 • • 7,6 Österreich zu verschulden. Besonders von der deut- Luxemburg 8,8 • Niederlande 9,0 • • • 8,6 Großbritannien 8,9 Norwegen, Schweiz $ 0 schen Bundesregierung wurde ein Kauf des Gebäudes auf Pump als Einstieg in Kanada 9,20 • 0 • • 9,1 Singapur Finnland 9,8 10,0 9,4 Schweden, Neuseeland eine Verschuldungspolitik und damit als Quelle: Transparency International/Uni Gottingen Dänemark 5935 gefährlicher Präzedenzfall angesehen. 50 forum 197
Wirtschaftskriminalität Bisher war es noch nicht vorgekom- Wer nun erwartet hätte, dass das Parla- 200 000 EURO, bei der Finanzierung men, dass eine EU-Institution Schulden ment angesichts des bestehenden Zeit- des Parlamentskaufs ging, es aber um ein machte, um die Wahrnehmung ihrer Auf- drucks unverzüglich sein SPV schaffen Auftragsvolumen im Wert von über 170 gaben zu finanzieren. würde, sah sich getäuscht. Erst im Millionen. Dezember 97 wurde das Präsidium des Auch das Parlament hätte die Möglich- Das Parlament konnte sich auch nicht auf Parlaments von seinem neuen General- keit gehabt, aufs Schuldenmachen zu die Ausnahmeregelung für Fälle äußers- sekretär Julian Priestley erneut mit der verzichten. Es hätte den bestehenden ter Dringlichkeit berufen, denn es hatte Frage befaßt. Nunmehr wurde die vor Mietvertrag weiterlaufen lassen und das den mittlerweile entstandenen Zeitdruck der Sommerpause ausgehandelte SPV- Gebäude nach und nach bezahlen kön- mit Blick auf den 31. Mai 1998 durch Lösung nur noch als eine mögliche For- nen. Voraussetzung hierfür wäre gewe- sein monatelanges Abwarten selbst her- mel unter anderen dargestellt. sen, eine Verlängerung der Frist far be igefüh rt. die Übernahme der Grundstücks- und Ins Spiel gebracht wurde plötzlich auch Erschließungskosten durch den belgi- die Variante, doch einfach unter Zwi- Nun hätte man erwarten können, class schen Staat zu erreichen. Die belgische schenschaltung der SEL, also mit Hilfe das Parlament wenigstens darauf beste- Regierung hatte vorn Parlament als des Verkäufers der Gebäude eine Finan- hen würde, dass sich die SEL hei der Bedingung für die Übernahme dieser zierung auf die Beine zu stellen. Mit Ausführung des ihr erteilten Auftrages Kosten den Kauf der Gebäude bis zum anderen Worten: Die SEL als privates zur Erkundung der Finanzmärkte strikt 31. Mai 1998 verlangt, ohne dass es Wirtschaftsunternehmen sollte die Rolle an die Regeln der oben erwähnten Richt- dafür einen zwingenden Grund gegeben übernehmen, die ursprünglich dem «spe- linie halten mußte. hätte. cial purpose vehicle» unter der Kon- trolle des Parlaments zugedacht war. Statt diese Lösung zu versuchen, kon- Sie sollte den Finanzmarkt nach Das Europäische Parlament zentrierte sich das Parlament in Ver- möglichst günstigen Finanzierungs- verstieß gegen EU-Recht handlungen mit Kommission und Rat angeboten erkunden. Und sie sollte für Doch in seinem Schreiben vom 28.1.98 darauf, doch noch eine Genehmigung das Parlament die Finanzierungs-Ver- an Alain Radelet, den Manager der SEL, zur Kreditfinanzierung der Gebäude zu träge abschließen und gewissermaßen als ließ Generalsekretär Priestley gleich eine erreichen. Relaisstelle fungieren. Hintertür offen. Wörtlich hieß es dort: Schließlich wurde dem Parlament vom Ein entsprechender Beschluss wurde «S'agissant d'une consultation des mar- Rat eine «indirekte» Finanzierung zuge- dann am 28. Januar 1998 auch tatsäch- chés financiers pour des montants très standen. Mit anderen Worten: Das Par- lich getroffen. Ausweislich des Proto- importants (approximativement 525 lament sollte nicht direkt als Kreditneh- kolls der Sitzung unter heftigem Protest millions d'écus et 7 milliards de FB) dont mer am Kapitalmarkt auftreten, sondern von Vizepräsident Podesta, der seine le résultat doit incontestablement bénéfi- zu diesem Zweck sollte . eine eigens zu Kollegen im Präsidium darauf aufmerk- cier aux intérêts du Parlement européen, gründende Gesellschaft (genannt «spe- sam machte, dass, so der Wortlaut des j'estime que la procédure selon laquelle cial purpose vehiele»-SPV) unter der Protokolls, «it was irregular practice for cette consultation aura lieu doit respec- Kontrolle des Parlaments zwischenge- the promoter to be used for the provision ter, dans la mesure du possible, l'esprit schaltet werden. Aufgabe dieser Gesell- of financial services when the building et les principes généraux de la réglemen- schaft wäre es gewesen, die nötigen Mit- was finished.» tation européenne en matière de mar- tel aufzunehmen und die SEL damit aus- chés publics' de services.» In der Tat war die Entscheidung des Prä- zubezahlen. Das Parlament hätte dann in sidiums ein , glatter Verstoß gegen die Von einer strikten Einhaltung der Ratenzahlungen nach und nach die auf- Gemeinschafts-Richtlinie 92/50/EWG Gemeinschaftsvorschriften war also von genommenen Kredite und die dafür fäl- über öffentliche Dienstleistungsaufträge, Anfang an gar nicht die Rede. Die Juris- ligen Zinsen auf dem Umweg über sein die eine vorherige Bekanntmachung ten des Parlaments rechtfertigten dies SPV tilgen können. anstehender Aufträge und Vergabever- schlaumeierisch damit, dass clic Richtli- Diese Lösung wurde dem Rat vom Par- fahren im EU-Amtsblatt zwingend vor- nie auf Privatunternehmen wie die SEL lamentspräsidenten mit Schreiben vorn schreibt und eine freihändige Vergabe ja -nicht anwendbar sei, Eine abwegige 27.5.97 offiziell angekündigt und von der solcher Aufträge untersagt. Argumentation und ein Armutszeugnis niederländischen Präsidentschaft namens In Artikel 1 a) – ii) der Richtlinie heißt für den juristischen Dienst des Parla- des Rates gebilligt. es wörtlich: „Les contrats de services ments. Denn es handelte sich ja nach wie financiers conclus parallèlement, préa- vor um ein öffentlichen Auftrag, auch lablement ou consécutivement au con- wenn sich das Parlament zur technischen Ein „special purpose trat d'acquisition ou de location , sous Abwicklung des Verfahrens der Hilfe vehicle" in Luxemburg als quelque forme que ce soit, sont soumis des Privatunternehmens SEL bediente. Lösung? à la présente directive." Und eine öffentliche Einrichtung kann sich nicht selbst aus der Verantwortung Gegründet werden sollte das SPV aus Die Schwelle für die zwingende Aus- als öffentlicher Auftraggeber entlassen, steuerlichen Gründen in Luxemburg. schreibung solcher Aufträge liegt bei sondern bleibt für die Einhaltung der Januar 2000 51
Dossier Gemeinschaftsrechts verantwortlich. als Bewerber registrieren zu lassen. Erst Bestimmte Banken wurden Andernfalls wäre es ja kinderleicht, die danach hätten gezielt, aber nach fairen gezielt bevorzugt Richtlinie zu unterlaufen. und transparenten Kriterien einzelne Bewerber zur Abgabe von Angeboten Eine noch we itergehende Sonderbehand- In seinem Brief an Radelet ging Priestley aufgefordert werden dürfen. lung gab es für die belgische BACOB aber noch einen Schritt weiter. Mit Billi- und die Generale Bank. Sie wurden gung des Parlamentspräsidiums machte Priestley forderte hingegen die SEL auf, in die Liste der anzuschreibenden Ban- er der SEL eine Reihe von Vorgaben von vorneherein nur an bestimmte Banken ken allein deshalb aufgenommen, weil für das Vergabeverfahren, die ganz klar heranzutreten. Auf die zwingend vorge- sie in der Vergangenheit bereits einmal gegen die Richtlinie verstießen. schriebene öffentliche Bekanntmachung ein Angebot zur Finanzierung. des D2- wurde verzichtet und die Liste der anzu- Gebäudes gemacht hatten. Wäre die Richtlinie beachtet worden, schreibenden Banken von der Consulting- dann hätte es zwei Möglichkeiten gege- In diesem Zusammenspiel zwischen Par- Firma Arthur Andersen erstellt. Die Krite- ben: das sogenannte offene Verfahren lament, SEL und Arthur Andersen wurde rien für die Auswahl der anzusprechenden oder das nichtoffene Verfahren. Beim dann auch noch gegen die in der EG- Banken waren von Priestley dabei so fest- offenen Verfahren hätten alle interessier- gelegt worden, dass Banken, die bereits Richtlinie vorgeschriebenen Fristen ver- ten Banken auf die Bekanntmachung des einmal mit der EU-Kommission zusam- stoßen: Die Frist für die Einreichung von Finanzierungs-Auftrages im EU-Amts- mengearbeitet hatten, bevorzugt wurden. Angeboten betrug nur 26 Tage, obwohl blatt hin ein Angebot einreichen können. Sie wurden angeschrieben, auch wenn sie die Richtlinie für geschlossene Verfah- Beim nichtoffenen Verfahren hätte der in den zurückliegenden 15 Monaten kein ren eine Frist von mindestens 40 Tagen Auftrag ebenfalls bekanntgemacht und Geschäft dieser Größenordnung abgewi- vorschreibt. zunächst interessierten Banken die Gele- ckelt hatten, was far alle anderen zur Von den angeschriebenen 25 Banken genheit gegeben werden müssen, sich Bedingung gemacht worden war. reagierten nur acht. Ein erstaunlich gerin- ges Echd, handelte es sich doch um einen M.C. Escher, Wasserfall, , 1961 Auftraggeber mit erstklassiger Bonität, also um ein fast risikoloses Geschäft. Fair die geringe Resonanz gibt es nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder es gab Absprachen unter den Banken, sich nicht zu beteiligen und den erwähnten acht Banken das Feld zu überlassen. Oder für die meisten war die Frist zu kurz, uni angesichts des großen Kreditbetrages die erforderlichen Mittel zu attraktiven Konditionen bereitzustellen. Fair letztere Annahme spricht, dass von den acht Banken zwei (ABN-AMRO und JP Morgan) disqualifiziert wurden, weil ihre Angebote zu spat eingingen. Damit blieben lediglich vier Angebote auf dem Tisch: eine Angebot der Société Géné- rale, ein Angebot der WestLB, sowie gemeinsame Angebote von BACOB/ Generale Bank und SBC Warburg/BNP. Nach einer Analyse dieser Angebote empfahl Arthur Andersen, das relativ günstige Angebot von SBCW/BNP nicht zu berücksichtigen, weil in diesem Fall ein Risiko bestand, dass die Mittel nicht ganz termingerecht bereitgesteilt werden konnten. Damit blieben allein die Angebote von Société Générale, BACOB/Generale Bank und WestLB im Rennen. Auf Emp fehlung von Arthur Andersen bekam die W,.stLB den Zuschlag. Ihr Angebot war hei einem Gesamtkostenvolumen von forum 197
Wirtschaftskriminalität rund 171 Millionen Euro um gut 900 Vielfache Verstöße gegen Dejerneppe, im Herbst 1996 diese Ermit- 000 Euro billiger als das nächstgüns- das EU-Recht unter telungen bestätigte und in einem Inter- tigste Angebot. view davon sprach, dass dies eine Affäre Präsident Hänsch von in Belgien bisher nicht gekanntem In seiner Zeit als Präsident setzte sich Ausmaß sei. Hänsch über Einsprüche des Finanz- Zuschlag für die WestLB Hänsch sorgte auch dafür, dass der Chef kontrolleurs des Parlaments hinweg, der seines persönlichen Stabes, der bereits Die Nachricht, dass die WestLB den moniert hatte, dass bei Lieferaufträgen erwähnte Julian Priestley; zum Nachfol- Zuschlag erhalten hatte, wurde von vie- (z.B. für Möbel) zur Ausstattung des ger Vincis als Generalsekretär gemacht len im Parlament mit einer gewissen D3-Gebäudes gegen geltendes EU-Recht wurde. Erleichterung aufgenommen. Hätten die verstoßen worden war. Wenige Tage vor Société Générale oder die BACOB den Nicht unerwähnt bleiben darf schließlich Zuschlag bekommen, wäre die Mani- die Rolle von Detlev Samland, his Mitte pulation offensichtlich gewesen. Denn Damit war in jedem 99 Vorsitzender des Haushaltsausschus- BACOB und Société Générale als Eigen- ses des Parlaments. Samland sicherte in der drei Angebote, tümer der SEL konnten ja quasi bei sich dieser Eigenschaft die Finanzierung des selbst Angebote einreichen und hatten die am Ende in die engste Brüsseler Iminohilienprojekts ab. Er ver- schon deshalb einen erheblichen Vor- Wahl gekommen waren, stand es meisterhaft, von dessen exor- teil, weil sie sich seit Januar auf die der ursprüngliche bitanten Kosten abzulenken, indem er Abgabe eines Angebots hatten vorbe- Bauträger, die SEL Nebenkriegsschauplätze eröffnete und reiten können, während die Aufforde- durch eine ihrer beiden zum Beispiel vehement gegen die Tatsa- rung zur Abgabe von Angeboten an che zu Felde zog, dass der durch den [G- Mutterbanken vertreten, die außenstehenden Banken erst am 12. Vertrag vorgeschriebene Sitz des Gene- März erging. Im Falle der BACOB kam und konnte also ein ralsekretariats des Parlaments Luxem- noch hinzu, dass sie nur aufgrund der Geschäft mit sich burg ist. weiter oben bereits beschriebenen spe- selbst machen - Ein Schelm, wer nun vermuten möchte_ ziell auf sie zugeschnittenen Regelung wahrscheinlich auf Kosten dass die WestLB angesichts solcher überhaupt am Verfahren teilnehmen des Parlaments und Freunde womöglich ebenfalls viel früher konnte. damit des europäischen als andere davon Wind bekommen hatte, Steuerzahlers. dass mit dem Europäischen Parlament Mit besonderer Genugtuung dürften die ein großes Geschäft zu machen war. SPD-Europaabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen die Nachricht vorn Auf die Hilfe von wackeren Sozialde- Erfolg der WestLB aufgenommen haben. dem Ende seiner Amtszeit wurden in mokraten war die WestLB aber wohl Gilt doch die in Düsseldorf ansässige einem Arbeitsdokument für den Aus- gar nicht angewiesen. Denn dein für die- Bank, die sich zum Teil in Landesbesitz schuss für Haushaltskontrolle des Parla- ses Vorhaben von ihr gebildeten Banken- befindet, als «Hausbank» der dort seit ments über «vielfache Verstöße gegen konsortium gehörte tatsächlich auch die Jahrzehnten regierenden Sozialdemokra- die Haushaltsvorschriften und das EU- BACOB-Bank an! (Übrigens gemein- ten. Und Sozialdemokraten aus Nor- Recht, insbesondere bei Ausschreibungs- sam mit der hiesigen BCEE.) drhein-Westfalen waren immer dabei, verfahren» berichtet (PE 220.334 vom 7. Januar 1997). Damit war in jedem der drei Angebote, wenn es darum ging, das Brüsseler die am Ende in die engste Wahl gekom- Immobilienprojekt voranzubringen. Hänsch war es-auch, der im Februar 1996 men waren, der ursprüngliche Bauträger, entschied, dass das Parlament im Zusam- die SEL durch eine ihrer beiden Mut- Angefangen mit dem früheren Vizeprä- menhang mit den Korruptionsvorwürfen terbanken vertreten, und konnte also ein sidenten des Europäischen Parlaments, beim Bau der Gebäude nicht als eventu- Geschäft mit sich selbst machen - wahr- Hans Peters. Als Vorsitzender der zustän- ell geschädigter Nebenkläger auftreten scheinlich auf Kosten des Parlaments und digen Immobilien-Arbeitsgruppe des sollte. Bereits 1995 hatte es in der belgi- damit des europäischen Steuerzahlers. Parlaments half er Ende der 80er/Anfang schen Presse Berichte gegeben, dass die der 90 Jahre entscheidend dabei mit, dem Weil die Manipulation öffentlicher Auf- Staatsanwaltschaft Ermittlungen einge- völlig überdimensionierten Projekt den tragsvergabe auch strafrechtlich relevant leitet hatte, weil Klagen laut geworden Weg zu ebnen. ist, sind die daran Beteiligten erpreßbar waren, Baufirmen hätten Schmiergelder geworden. Man muss also annehmen, Eine Schlüsselrolle spielte in der Folge in Millionenhöhe zahlen müssen, um an dass die Affäre um das D 3-Gebäude Klaus Hänsch, von Mitte 94 bis Anfang dem Projekt mitwirken zu können. nicht die letzte Folge der Saga um die 97 Präsident des Parlaments und heute Die Entscheidung Hänschs wurde auch Brüsseler Parlamentsgebäude war. Die stellvertretender Vorsitzender der sozi- dann nicht revidiert, als der Leiter der Gebäude D 4 und D 5 sind zur Zeit aldemokratischen Fraktion. Brüsseler Staatsanwaltschaft, Benoit: schon in Planung ... .IST Januar 2000 53
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