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Für Körlin an der In Zusammenarbeit mit der Persante und Umgebung Stadt und Gemeinde Karlino Ausgabe 24 · Juni 2020 Einzelpreis 6,00 EUR Des Genügsamen Trost Behalt die Perlen und dein Gold, behalt die Diamanten! Was tut’s, wenn auch Fortuna schmollt durch ganze Folianten! Es bleibt zuletzt doch etwas noch, was muss das Herz erheben weit über alles Unbill hoch und schöner macht das Leben! Ach, wenn ich es nicht sagte dir, du würdest’s nie erraten: Freund, morgen gibt es Märzenbier und Heringe gebraten! Carl Spitzweg (1808–85) Körlin – das Rathaus 2013 und ca. 1915/18
Körlin von oben Hausmitteilungen Liebe Leserinnen und Leser der „Körliner Zeitung“, das Corona-Virus hat die Welt (außer aus Sicht einiger Prä- sidenten…) im Griff. Wir, die Redaktion, hatten uns für den 1. bis 2. Mai in Warendorf verabredet. Wir freuten uns aufs Findling Wiedersehen und darauf, dass Barbara den guten Münster- Kriegt das Kaninchen länder Spargel auftischen wollte, und vor allem wollten wir ein Medizinchen, uns zusammensetzen, um die Nr. 24 zu erstellen. Wir ka- will auch die Ente men allerdings schon Anfang April überein, unser Treffen Medikamente. ausfallen zu lassen und die Zeitung mit Hilfe von Computer Frantz Wittkamp (* 1943) und Telefon zu erstellen. Wir mussten allerdings ein wenig an unseren ursprünglichen Planungen ändern. So war eigentlich vorgesehen, in dieser Folge der Serie Die traurige Aufgabe, uns das Ableben eines lieben Lesers zu „Kirchen im Kreis Kolberg-Körlin“ entsprechend Peters vermelden, führte zu einem Brief unserer Landsfrau Rosma- Reiseerzählung (s. S. 9) Fotos der Kirche von Rogzow ab- rie Becker aus Degow. zubilden. Da die Kirche aber verschlossen war, Peter nur In- Margret schickte uns einen Liedtext („Wir im ‚Wohnmix‘ nenaufnahmen von 2002 auf Dias hat und nur Björn einen singen es jeden Abend.“), der uns allen helfen kann, optimi- entsprechenden Scanner, zeigen wir dieses Mal eine Kirche stisch zu bleiben. Allen Einsendern herzlichen Dank! aus einer ganz anderen Ecke des Kreises, nämlich aus Neh- Allerdings zeichnete sich bei unserer (vor allem Björns) mer, aufgenommen 2011 mit einer „kleinen“ Kamera, deren Arbeit bald ab, dass aufgrund der o.g. Umstände diese Nr. Fotos etwas an Schärfe vermissen lassen. 24 weniger umfangreich werden würde als gewohnt. Wir Die „Neuigkeiten aus der kleinen Stadt“ flossen ebenfalls haben darum ins Archiv gegriffen und bringen einige bisher Körlin im Vorfrühling 2020 – mit dem Hochwasser von Persante und Radüe; Luftaufnahmen (Drohne) von Slawomir Tomasz Kuropatwinski spärlich, denn das Virus lähmt auch in Polen das öffentliche unveröffentlichte Fotos sowie Arbeiten über Abschnitte der QUEL L ENANG ABEN Leben, aber in Karlino hat man schon früh etwas dagegen Geschichte der Herzogtümer Pommern, die wir auch in den In den Beiträgen geben wir bei folgenden häufig • STABEROCK, Richard, Der Kreis Kolberg- • Hinz, Johannes, POMMERN LEXIKON. unternommen (s. S. 23). nächsten Ausgaben fortsetzen können. benutzten Quellen lediglich die Verfassernamen Körlin. Neumünster (Wachholtz), 1968 Geografie, Geschichte, Kultur. Augsburg (Welt- Von Herrn S. T. Kuropatwinski erhielt Christoph die auf Nun wünschen wir Ihnen wieder viel Freude beim Blättern, oder Kurztitel an: bild), 1996 • VOLLACK, Manfred, Das Kolberger Land. S. 2 per Drohne aufgenommenen Fotos, die wir wohl, ohne beim Betrachten der Abbildungen und beim Lesen! Wir ge- • WEDIG, Reinhold, Die Geschichte der Stadt Seine Städte und Dörfer. Ein pommersches • Barran, Fritz R., STÄDTE-ATLAS Körlin nach alten Akten, Berichten, Protokollen Heimatbuch. Husum, 1999 POMMERN. Leer (Rautenberg), 1989, ²1993 zu übertreiben, als sensationell bezeichnen können. ben die Hoffnung nicht auf, im nächsten Jahr noch einmal und Verschreibungen. In: Elly Isleb-Gutzmann • LANDMESSER, Martin, Die Dorfkirchen im • Internet: www.westernpomerania.com.pl Jola und Christoph haben auf ihrer Suche nach „Körliner auf „Große Fahrt in die alte Heimat“ gehen zu können. (Hrsg.), Zur Geschichte der Stadt Körlin a.d. Landkreis Kolberg-Körlin – eine heimatkund- (umfangreiche Sammlung von Fotos von Bau- Altertümern“ einen für uns nicht minder sensationellen Fund Persante. Witten, 1987 liche Annäherung. Hamburg (Jancke), 1997 und Kunstdenkmälern aus deutscher Zeit, • ISLEB-GUTZMANN, Elly (Hrsg.), Körlin, geordnet nach der polnischen kommunalen gemacht: Bauzeichnungen des Rathauses in einer Fachzei- Passen Sie alle gut auf sich auf und bleiben Sie gesund! • WILKE, Eberhard, Güter und Gutshäuser im wie es war. Witten, 1980 Gliederung) Kolberger Land. Hamburg/Husum (Jancke), 2003 tung. Beim Lesen des Textes und Ansehen der Pläne fiel Pe- Herzliche Grüße, Ihre Redaktion der Körliner Zeitung: • DAMEROW, Max, Körlin. Geschichten, Erzäh- lungen, Anekdoten und Chronik einer hinter • Hinz, Johannes, POMMERN –WEGWEISER ter ein, dass seine Tante Frieda Brümmer mal erzählt hatte, Barbara Hoffmann-Schnettler, Margret Witte, durch ein unvergessenes Land. Würzburg (Kraft), pommerschen Kleinstadt und deren Umgebung. die Polen hätten sie einmal in die Arrestzelle gesperrt. Ein Dietrich Mallwitz, Christoph Szczecinski, Björn Hoffmann, ³1992 Salzgitter, 1980 Anruf bei Tante Fiti, einige Nachfragen, und so bekamen wir Peter Harmel einen weiteren – allerdings gar nicht lustigen – Artikel für IM PR E SSUM die Zeitung. Hier eine Bitte vor allem an unsere älteren Lese- Herausgeber und Vertrieb: Barbara Hoffmann-Schnettler, Münsterwall 57, 48231 Warendorf, Tel.: 02581-8174, E-Mail: alterego39@gmx.de Aus dem Inhalt Koordination und Finanzen: Hans-Peter Harmel, Karl-Rawitzki-Str. 17, 44795 Bochum, Tel.: 0234-461373, E-Mail: p-harmel@web.de rinnen und Leser: Weiß jemand Näheres zu den geschilderten Chefkorrespondenz: Christoph Szczecinski, Brühlstr. 22, 71679 Asperg, Tel.: 0172-7674139, E-Mail: szczecinski@online.de Vorfällen, gab es ähnliche Erlebnisse? · Das Körliner Rathaus Redaktionelle Mitarbeit: Dietrich Mallwitz, Alter Mühlenweg 23, 42799 Leichlingen, Tel.: 02175-9905510, E-Mail: dietrich.mallwitz@gmx.de Redaktionelle Mitarbeit: Margret Witte, Weitzstr. 15, 26135 Oldenburg(-Osternburg), Tel.: 0441-36149107, E-Mail: margret.witte@ewetel.net Auch aus Dargun ist wenig Aktuelles, das für unsere Le- · Eingebuchtet in der Arrestzelle – Tante Fiti erzählt Layout und Satz: Björn Hoffmann, Diekamp 28, 48231 Warendorf, Tel.: 02581-787043, E-Mail: design@logoforma.de serschaft von Interesse wäre, zu vermelden. Umso dankbarer · Reise in die Heimat 2019 – Reisebericht Bilder in dieser Ausgabe: Körliner Bildarchiv; Redaktion; Sammlung Jola u. Christoph Szczecinski; Stadt und Gemeinde Karlino; Slawomir Tomasz Kuropatwinski; Gerald Gräfe sind wir Herrn Gerald Gräfe, dass er uns schon für die vorige · Kirchenansichten Konto der Körliner Zeitung – Kontoinhaber: Hans-Peter Harmel, Bochum · Bank: Sparkasse Witten Ausgabe zwei Beiträge geschickt hatte, die sich mit histo- · Lesermitteilungen IBAN: DE10 4525 0035 0103 0227 03 · BIC: WELADED1WTN · Verwendungszweck: Körliner Zeitung rischen Dingen befassen. · Neuigkeiten aus der kleinen Stadt Seite · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite
Ein Blick zurück Das Körliner Rathaus Eine Recherche von Christoph Szczecinski Asperg (CS). Genau vor zehn Jahren schen Zeitschrift erwerben, die den wurde in Breslau herausgegeben und habe ich für die in Karlino herausge- neu errichteten Sitz des damaligen informierte die Leser (hauptsächlich gebene Zeitung „Wiesci z Karlina“, Bürgermeisters und des Magistrats Architekten und Bauingenieure) über anhand zugänglicher Literatur, ei- von Körlin beschreiben – also das neue Bautechniken und -trends, die nen Artikel über der Geschichte der 1912–1913 erbaute Rathaus! in interessanten Gebäuden anwend- Körliner Rathäuser verfasst. Damals Es wäre nicht besonders überra- bar waren, sowie über die Materialien, dachte ich, dass die Quellen, die mich schend, wenn es sich um eine regio- die für ihre Konstruktion verwendet begleiteten, die einzigen sind, und es nale Veröffentlichung handeln wür- wurden. war nicht zu erwarten, dass noch et- de, die das neu errichtete Gebäude in Das Körliner Rathaus wurde in der was Neues diesbezüglich zu Vorschein der Nähe beschreibt. 51. Ausgabe des zwölften Jahres vom kommt. In diesem Fall kümmerte sich je- 27. Juni 1914 beschrieben. Es lohnt Jedoch im letzten Jahr konnten doch die renommierte Fachzeitschrift sich, hier die Beschreibung im Origi- wir ein paar vergilbte Seiten aus einer „Ostdeutsche Bau-Zeitung“ um dieses nal weiter zu geben, die mit sehr inte- mehr als hundert Jahre alten deut- bauliche Ereignis. Diese Zeitschrift ressanten Bauplänen illustriert ist. „Rathaus der Stadt Körlin A Pers. (Abbildungen auf Blatt 201 bis 204.) verputzte Balkendecken. Der Dachstuhl ist von Holz und roten Biberschwänzen gedeckt. Der äußere bildnerische Schmuck beschränkt sich auf das in reicherem Zierschilde (Kartu- sche) an der Vorlaube angebrachte Stadtwap- pen. Das Innere des Gebäudes ist einfach, aber würdig ausgestattet; eine Hervorhebung hat nur der Eingangsflur, die beiden Dielen und das Haupttreppenhaus durch reichere Male- rei, die Dielen noch durch geriefte Sandstein- säulen, das Sitzungszimmer und das Zimmer des Bürgermeisters durch eine hohe Holzver- täfelung, das Magistrats- und Trauzimmer durch bessere Tapezierung erhalten. Diese Räume mit Ausnahme des letztgenannten, erhielten auch einfach Bleiverglasungen der I n der Kaisersgeburtstagnacht 1907 wurde das alte Rathaus der Stadt Körlin ein Raub der Flammen. Der im Jahre 1912 beschlossene Neubau wurde aber Fenster, die infolge dankenswerter Stiftungen einge- sessener Familien der Stadt und des Kreises sowie der Nachbarstadt Kolberg durch gemalte Mittelstücke ver- nicht wieder an alter Stelle zwischen dem Markt und ziert werden konnten. Die beiden Tresoren des Erd- Kirche errichtet, sondern an einer Ecke der an der und Kellergeschosses, von denen der letztere mit Safe- Westseite des Marktes abzweigenden Kirchstraße. Für Schränken versehen ist, sind von der Firma C. Ade in die Anlage waren mancherlei Beschränkungen hin- Hannover in banksicherer Weise ausgestattet. sichtlich des Abstandes von der Kirche und der Höhe Mit Ausnahme der Sammelheizung, die Ernst Si- des Neubaues bei seiner Errichtung in deren nächsten mon in Stettin ausführte, und der Sandsteinarbeiten, Nähe festgesetzt, die mit der vorhandenen Form des die Hofsteinmetzmeister C. Schilling in Berlin lieferte, erworbenen Grundstücks zur vorliegenden Grundriß- wurden fast alle Arbeiten von einheimischen Handwer- anlage führten. kern ausgeführt. Der Neubau ist in durchaus feuersicherer Weise mit Die Kosten für den eigentlichen Bau haben rund einem Sandsteinsockel als verputzter Ziegelbau errich- 70.000 M betragen, dem entspricht bei rund 3230 cbm tet. Die Decken sind massiv, die des Dachgeschosses umbauten Raum ein Einheitspreis von 21,67 M. L.“ Seite · Ausgabe 24/2020
Ein Blick zurück Ein Blick zurück Wir können aus dieser wertvollen anschließen musste. Rechts vom Ein- genutzt. Leider ist nicht bekannt, wer Studie schließen, dass der Bau des gang, wo sich die Amtsstube befand, in diesen Räumen lebte. Es kann je- Rathauses in Körlin ein interessantes konnte man von dort aus in ein kleines doch davon ausgegangen werden, dass architektonisches Ereignis war, das es Wartezimmer eintreten, und im Hin- sie einem der Stadtbeamten dienten, verdient hatte, den Lesern des Ma- tergrund – rechts von der Treppe – be- vielleicht einem Polizisten oder einem gazins in Einzelheiten vermittelt zu fanden sich die Toiletten. Hausmeister.1) werden. Sehr interessant, und auf ihre Der erste Stock war damals – genau Weise die einzigen in ihrer Art, sind wie heute – der wichtigste Ort des Rat- Während sich Systeme, Regime und detaillierte Pläne, die uns nicht nur die hauses. Die Anordnung der einzelnen Nationen außerhalb des Körliner Rat- genaue Aufteilung, sondern auch den Räume und ihr Zweck unterschieden hauses änderten, haben hier viele Gene- Zweck der Räume zeigen. Wir können sich – wie im Erdgeschoss – von dem, rationen von Beamten über 100 Jahre nur die Architekten der damaligen Zeit was wir heute auf dieser Ebene finden. lang gearbeitet – damals für die Stadt bewundern, die vom Keller bis zum Dies wurde durch den alten Brauch Körlin und heute für die Stadt und Dach ein Rathaus schufen, das nicht bedingt, im Rathaus Sitzungen des Gemeinde Karlino. Trotz all dieser hi- nur die Bewohner mit offiziellen An- Stadtrats abzuhalten, für die ein gro- storischen Turbulenzen ist es ein Ort, gelegenheiten versorgte, sondern auch ßer Raum benötigt wurde – es ist an dem hiesige Geschichte geschrieben andere Einheiten enthielt, die sich auf heute das Dienst- und Empfangszim- wurde und von dem aus viele Entschei- die Funktionsweise der Stadt bezogen. mer des Bürgermeisters. Damals be- dungen getroffen wurden, die die Zu- fand sich dieses im Nebenzimmer. kunft der Stadt und der Gemeinde be- Beginnen wir mit dem Keller, in dem Darüber hinaus gab es auf dieser Ebe- stimmten. Daher sollte das Rathaus in sich neben den erwarteten Heizräumen ne einen Raum, in dem sich Beamte zu Körlin neben seinem architektonischen mit Kohlenraum und Waschküche Besprechungen versammelten, einen Wert auch als das – abgesehen von den auch Stadtwaage, Bankschließfächer gepanzerten Aktenschrank und drei Resten des Schlosses – historisch be- und zwei Haftzellen im Seitenflügel Toiletten. Im Seitenflügel befanden deutendste nicht-sakrale Gebäude der befanden. sich das Meldeamt und das Zimmer Stadt angesehen werden. Das damalige Erdgeschoss unter- des Schreibers, d.h. das Sekretariat. scheidet sich von dem, was wir beim Der letzte Teil des Rathauses – der Christoph Szczecinski heutigen Besuch des Rathauses sehen. Dachboden – wurde als eigenständige Genau wie im Keller finden wir hier Wohnung ausgebaut, die über den 1) Nach übereinstimmenden Anga- auch zwei Zellen sowie die Polizei- Eingang im Seitenflügel zugänglich ben von Frau Frieda Heldt, geb. Bast, wache. Der größte Teil des Haupt- war. Es bestand aus einer Küche, zwei und Frau Frieda Brümmer, geb. Abelt, gebäudes im Erdgeschoss wurde von Stuben, einer Kammer und einem Ba- wohnte dort der Nachtschutzbeamte der städtischen Sparkasse belegt, an dezimmer mit Badewanne. Der Rest Kosanke – Leser*innenzuschriften will- die sich natürlich ein Raum mit Safe des Raumes wurde als Dachboden kommen! D. Red. Seite · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite
Ein Blick zurück Reise in die Heimat – August 2019 Eingebuchtet in der Arrestzelle! Tante Fiti erzählt – von Frieda Brümmer, geb. Abelt verbringen – eine harte Holzpritsche, keine Decke, und nichts zu essen. Zu meinem Glück konnte ich aus dem vergitterten Fenster Richtung Gärt- nerei Franz Lüdtke blicken. Und da sah ich am nächsten Morgen Erna, die auf der Suche nach mir war. Ich konnte mich bemerkbar machen und ihr dann sagen, was los war. Erna wusste, wo der zuständige russische Offizier zu finden war – wel- chen Ranges, ob im Rathaus oder in der Schule, weiß ich nicht mehr. Sie konnte ihm die Geschichte schildern, und er verstand, welche absurden An- schuldigungen jene Polen gemacht hatten. Sofort gab er Anweisung, Abendliche Küchenrunde in unserer „neuen Bleibe“ – dem Internat: Helmut, Herbert, Doris, Karin, Charlotte, Renate mich freizulassen. Später ging das Gerücht, dass ein In diesem Flügel, im Keller und im Erdgeschoss, befanden sich die vier Arrestzellen. Die Fenster sind inzwischen zugemauert worden. Pole, der sich im Haus von Bauer Wil- li Lüdtke 2), Kösliner Str. 43, breitge- Fahrt nach Körlin mit Hindernissen – Bad Pyrmont (KöZ)/Bochum (PH). hatten wir zum Glück schon vorher in macht hatte, einen Handel mit (gestoh- lenem?) Vieh durchgeführt hätte. Um 18. bis 24. August 2019 Als die Soldaten der Sowjetarmee Sicherheit bringen können. die Schuld von sich abzulenken, hatten Ergänzung zu den Reiseberichten in Nr. 23/2019 – von Peter Harmel vor Körlin standen, wurde die Stadt Aber es war eine sehr schwere Zeit. er und seine Kumpane sich wohl die evakuiert. Wir (meine Eltern Martha Mein Bruder Erich war noch in den erstbeste Deutsche gegriffen. Es hieß, und Hermann Abelt, meine Schwester letzten Kriegstagen im Lazarett in dass er selbst unter den polnischen Bochum (PH). Meine Frau Ulla und dem Zug der „Stadttore-Linie“ Lü- leitungen, Geschwindigkeitsbeschrän- Erna Harmel, meine Schwägerin Else Swinemünde an einer Verwundung Neubürgern bekannt war für krumme ich haben uns angewöhnt, bei der weiten beck–Stettin an. kungen bis runter auf 40 km/h, zwi- Abelt mit den Kindern Ruth, Sieg- gestorben, mein Mann und mein Geschäfte… Aber was da wirklich ab- Autofahrt vom Ruhrgebiet nach Körlin Inzwischen hatte ich mit Christoph schendurch heftiger Regen – es gibt fried, Martin, Günter 1) und Hannelo- Schwager Walter waren vermisst, und lief, haben wir nie erfahren. jeweils eine Woche vorher und nachher telefoniert, ob wir Ulla evtl. im Kran- angenehmere Fahrten in den Urlaub. re, und ich mit meinem kleinen Sohn mein kleiner Sohn Udo erkrankte in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg zu kenhaus in Belgard vorstellen könnten Endlich in Körlin angekommen, Udo) wurden bei Bauer Karl Krause, schwer und starb am 5. Mai 1945. 1) Während der Erstellung dieser Ausgabe verbringen – so auch dieses Jahr, als wir – Antwort nach Rücksprache mit werden wir in den Räumen des Inter- Stadtfeld 17, untergebracht. Am nächsten Tag machte ich mich erhielten wir die Nachricht, dass Günter uns Rheinsberg/OPR ausgesucht hatten Magda: Bloß nicht! Aber die fürsorg- nats herzlich von unseren Mitreisen- Während der kurzen Gefechte um mit Erna auf den Weg zu Tischler- Abelt (Tante Fitis Patenkind und Peters (und wo es uns bestens gefiel). Nebenbei liche Magda vereinbart sofort mit ei- den begrüßt, und Christophs bewährte Körlin brannte unser Hof Feldstr. 8 meister Helmuth Riedrich, Kösliner Cousin) verstorben ist, s. S. 17. traf es sich gut, dass wir mit Ellen und ner Ärztin in Körlin, dass Ulla sich an Organisation regelt den Zimmerbezug ab. Unsere Rinder (zehn Milchkü- Str. 18, um einen Sarg zu bestellen. Horst verabredet hatten, sie Sonntag sie wenden kann! und das Abstellen des Autos am ehem. he und drei Stärken) waren, wie wir Fast bei Riedrichs angelangt, wurden 2) Lüdtkes waren uns schon immer liebe Mittag in Pasewalk/VG am Bahnhof Wir entschließen uns allerdings, Amtsgericht unter den Fenstern der später hörten, rechtzeitig aus dem wir von einer Gruppe Polen umringt. Nachbarn. Bauer Willi Lüdtke wurde abzuholen und nach Körlin mitzuneh- Ulla zum Krankenhaus in Pasewalk zu Polizei in Windeseile. Stall geholt worden, aber danach ver- Einige trugen uniformähnliche Klei- von den Sowjetsoldaten verschleppt und men. bringen, wo man sie sofort untersucht schwunden – wahrscheinlich hatten dungsstücke. Sie jagten Erna zurück kehrte nicht mehr zurück (wenn wir und versorgt, eine heftige Gastritis die Sowjetsoldaten sie fortgetrieben. und schleppten mich bis zum Rat- unseren Vater nicht bei Krauses auf dem feststellt und – stationär aufnimmt! Montag, 19. August Körlin stand unter sowjetischer haus. Soweit ich sie verstehen konnte, Heuboden versteckt hätten, hätte ihm Sonntag, 18. August Die ganze Prozedur dauert natür- Militärverwaltung, und allmählich behaupteten sie, ich hätte unser Vieh dasselbe Schicksal gedroht). Frau Anna lich ihre Zeit, so dass Ellen und Horst Wir besuchen das ehem. Gut in Kosee- wanderten immer mehr Polen ein. an die Russen verkauft! Unser Hof Lüdtke mit ihren Söhnen Martin und Allerdings geht es Ulla an diesem Tag lange warten müssen, bis wir endlich ger/Kozia Góra, als sich mein Mobil- Wir hatten zwar kein eigenes Zuhau- war abgebrannt, unser Vieh war ver- Kurt gelangte wie meine Eltern und ich extrem schlecht: Bauchschmerzen, Richtung Körlin starten können – ich telefon meldet: Ulla teilt mir mit, dass se mehr und mussten auf dem Hof schwunden – wie sollte das möglich nach der Vertreibung schließlich nach Übelkeit – eigentlich wäre sie reif für würde Ulla dann nach ihrer (hoffent- sie am Mittwoch entlassen werden Krause bleiben, und beengt wie es gewesen sein?! Mein Beteuern half Gahlen (bis 1975 Kreis Dinslaken, einen Arztbesuch. Aber wir können lich baldigen) Entlassung nachholen. soll. Ich melde das unserer Reisegrup- war, mussten wir uns im Pferdestall nichts, sie steckten mich in eine der dann Schermbeck/WES bzw. Dorsten/ Ellen und Horst ja nicht im Stich Die Hoffnung, dass die Schnell- pe, aus der ich immer wieder besorgte einrichten. Aber wir versuchten, un- Arrestzellen im Keller des Rathauses! RE). Wir blieben bis zum Tod von Frau lassen und müssen also zunächst die straße S6 zwischen Gollnow/Goleni- Nachfragen erhielt, und Christoph ser Leben so „normal“ wie möglich zu Keine weitere Begründung, nie- Lüdtke und Kurt gute Freunde (s. Nr. Fahrt von Rheinsberg nach Pasewalk ów und Plathe/Ploty inzwischen fertig sagt sofort: „Ich fahr dich nach Pase- führen, ja, wir bestellten sogar noch mand von irgendwelchen Vorgesetz- 11/2013, S. 20). bis Mittag „strecken“, und Ellen und sei (s. Nr. 21/2018, S. 24, u. 22/2019, walk, und wir holen Ulla ab!“ Ausru- unsere Felder, denn unsere drei Pferde ten – ich musste die Nacht in der Zelle Peter Harmel Horst kommen auch pünktlich mit S. 27), erfüllt sich leider nicht – Um- fungszeichen, keine Widerrede! Seite · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite
Reise in die Heimat – August 2019 Reise in die Heimat – August 2019 Mittwoch, 21. August Nun brauchen wir aber eine Erfri- die Häuser von Lübchow und Kosee- die mehr als 1.000 Einwohner hatten. schung und finden diese in der „Ga- ger vor ihrer Rettung). Immerhin deu- „Stolzenberg war ein sehr großes Dorf Das Programm dieses Tages ist der leria Hosso“ (Süd-Ecke Marktplatz). tet ein Baugerüst darauf hin, dass es und erfüllte bereits vielfach die Funk- Tagesausflug nach Bad Polzin/Pol- Vom ersten Stock aus hat man eine wohl saniert werden soll. tionen eines lokalen Unterzentrums czyn Zdrój und zum Gut Heinrichs- schöne Aussicht auf den Marktplatz Es geht weiter in den südlichen Teil bzw. Marktfleckens“ (VOLLACK, S. dorf/Siemczyno (s. Nr. 23/2019, S. 9). – hoffen wir, dass der von Körlin eines des ehem. Kreises Kolberg-Körlin, der 673). Auch das heutige Slawoborze ist Christoph hat beim Übersetzen der Tages auch so schön aussieht! heute allerdings zur Gmina Slawobor- Mittelpunkt einer großen Gemeinde umfangreichen Ausführungen des Wir fahren weiter „über die Dör- ze/Stolzenberg im Kreis Schivelbein/ (Dorf ca. 2.000, Gemeinde ca. 4.200 überaus temperamentvollen Herrn fer“. Unser erstes Ziel ist Podewils/Po- Powiat Swidwin gehört. Ich möchte Einwohner) und macht einen leb- Bogdan Andziak Schwerarbeit leisten dwilcze, Stammhaus eines bekannten gerne einige der in Fachwerk gebauten haften und gepflegten Eindruck. müssen; wir kommen um 15.30 nach und weit verbreiteten pommerschen Kirchen dieses Gebietes besuchen Wir halten an der Fachwerkkirche Körlin zurück – und anschließend Adelsgeschlechts. Das Gutshaus aus (auch, um Material für die Rubrik un- (1840) und können unseren Kame- will Christoph noch zwei mal ca. 200 dem 14.–17. Jhdt. wurde ca. 1890 in serer Zeitung zu bekommen). ras einen Blick durch die Zwischen- km fahren! neogotischem (Tudor-)Stil umgebaut Wir fahren zunächst nach Stolzen- tür in den Innenraum gönnen (s. Nr. Aber ehrlich gesagt, ich bin froh und – ein imposanter Bau, aber in einem berg. Die damalige Gemeinde war eine 23/2019, S. 20). Christoph unendlich dankbar, dass er jämmerlichen Zustand (ähnlich wie von nur fünf Gemeinden im Kreis, Unser nächster Halt ist in dem klei- Schloss Podewils die Fahrerei auf sich nimmt. Hin- und nen Straßendorf Moitzelfitz („öö“)/ Rückfahrt verlaufen trotz der Baustel- Myslowice. Auch hier steht eine klei- len zügig, und so sind Ulla und ich ne Kirche (18. Jhdt.), die in Fachwerk glücklich, dass wir zum Abend im In- gebaut ist, aber sie ist äußerlich in ternat sind und doch noch zusammen keinem guten Zustand. Dieses dürfte ein paar Tage in Körlin und mit un- daran liegen, dass die polnische Ge- serer Reisegruppe genießen können. meinde 1994–99 nebenan eine neue Kirche mit einem kleinen Glocken- turm gebaut hat (s. Nr. 23/2019, S. Donnerstag, 22. August 21). Immerhin deutet ein EU-Fonds- Schild darauf hin, dass das alte Ge- Barbara, Kerstin und Björn müssen bäude nicht aufgegeben wird. sich leider verabschieden – die Pflicht Die Kirche im nächsten Dorf, Pe- ruft die Werktätigen. tershagen/Powalice, ist aus Feldstei- Ulla braucht noch etwas Zeit zum nen gebaut, hat aber einen Westgiebel Regenerieren, und so steigen Ellen mit Fachwerkkonstruktion (1708?). und Horst und Renate zu mir ins Wir fahren zurück bis Stolzenberg Auto, und wir fahren nach Belgard/ und biegen dort ab Richtung Norden. Bialogard. Wir parken direkt beim In dem Gutsdorf Rogzow/Rokosowo Hohen – Polziner Tor/Brama Wysoka leuchtet eine hübsche kleine Kirche Herr und Frau Pawlik führen uns durch ihren Garten – Polczynska (14. Jhdt.). Nach ein paar Belgard, Polziner/Hohes Tor (18. Jhdt.), „natürlich“ wieder in Fach- Schritten sind wir am Marktplatz/Plac werk, schwarz-weiß mit rotem Dach eingeladen! Frau Pawlik ist Leiterin May aber eine schlechte Presse haben). Wolnosci. Dieser ist seit einigen Jah- in der Sonne – fast schon ein Bilder- der Grundschule, Herr Pawlik war Im Garten stehen ein Tipi, ein Totem- ren das Schmuckstück der Stadt (auch buch-Dorf-Idyll. Chef der Weiterführenden Schule (von pfahl, ein Häuptlingssitz, ein Kanu wenn die Nordost-Ecke zur Kirche hin Nun aber wird es Zeit, wieder nach ihm stammt die Idee, uns im Internat und viele andere indianische Dinge, immer noch nicht bebaut ist, vgl. Nr. Körlin zurück zu fahren. Wir nehmen unterzubringen), ist aber inzwischen und auch das Haus ist voll davon. 4/2005, S. 7!). Wir verlassen die In- die Strecke über Dumzin/Domacy- im Ruhestand. nenstadt und gehen über die Fußgän- no – Schwartow/Zwartowo – Garchen/ Unter einer Laube in dem ausge- gerbrücke der Leitznitz/Rz. Lisnica Garnki durch die schöne Hügelland- dehnten Garten ist der Tisch gedeckt. Freitag, 23. August zum Müke-Park/Park Orla Bialego schaft. Weitgehend abgeerntete Felder Salate, Soßen, Brot, Getränke aller mit seinen schönen, gepflegten An- zeigen hier wie anderswo auf unserer Art, und Christoph zeigt ein weiteres Horst möchte heute mit Ellen durch lagen und dem angrenzenden Gym- Fahrt, dass in Hinterpommern der Talent als Grillmaster. Wir werden Körlin streifen, und so steigen Doris nasium/Liceum – Horst frischt Erin- Kartoffelanbau größtenteils dem Ge- genötigt, kräftig zuzulangen und ha- und Renate zu Ulla und mir in den nerungen auf. Dann noch ein kleiner treideanbau hat weichen müssen. ben Mühe, all die leckeren Sachen we- Wagen, und wir fahren nach Kolberg. Stadtbummel bis zur Friedrichstr./ul. Nach einer mittäglichen Pause spa- nigstens probieren zu können (s. Nr. Wir parken auf dem bewährten Park- Wojska Polkiego – teils alte, restau- zieren wir über den Friedhof und am 23/2019, S. 11). Und für Ullas noch platz an der ul. Kamienna (im Ver- rierte Gebäude wie z.B. die Post, teils Stadion entlang zu dem neuen Wohn- etwas schonungsbedürftigen Magen lauf der früheren Mühlenpost), über- Plattenbauten, aber äußerlich ansehn- gebiet an Persante und Schauberg. hat Frau Pawlik extra ein Hühnchen queren die Persante – schade, an das lich restauriert. Die Ruine der Was- Hier ist die gesamte Körliner Reise- gekocht! Batardeau (Festungs-Anlage über den sermühle allerdings bröselt weiter vor gruppe bei Frau Beata und Herrn Zbi- Pawliks sind begeisterte Amateur- Fluss, 18. Jhdt.) erinnert nur noch ein sich hin. Belgard, Marktplatz (Aussicht von „Galeria Hosso“) gniew Pawlik zum Grillnachmittag Indianer – Comanche (die bei Karl Schild- und betreten das Hotel „Nad Seite 10 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 11
Reise in die Heimat – August 2019 Reise in die Heimat – August 2019 Parseta/An der Persante“. Hier sind Markt genehmigen wir uns zunächst ze Busladungen von Körlinern die freigegeben, wenn auch nur einspurig. wir mit unseren lieben Bekannten eine größere Stärkung und fahren Brücke bevölkerten (s. Nr. 23/2019, Wir rollen gemütlich Richtung Stet- Anna und Witold Juszczak aus Groß dann zurück Richtung Körlin, aber S. 12). Durch die schöne Grundmorä- tin, haben noch eine kleine Holper- Jestin/Goscino verabredet. nicht auf direktem Weg: nenlandschaft über Groß Pobloth/Po- strecke dazwischen, aber kommen so Anna und Witold sind eigentlich In Degow/Dygowo biegen wir rechts blocie Wielkie und Kowanz/Kowancz gut voran, dass Ellen und Horst in Lehrer von Beruf. Aber während der ab Richtung Bartin/Bardy, überque- fahren wir zurück in „unser“ Internat. Pasewalk eine Stunde früher abfahren Sommerferien gibt es keine Zloty! So ren die Persante Richtung Lustebuhr/ können. Ulla und ich fahren weiter müssen sie jobben gehen, und beide Wloscibórz (s. Nr. 17/2016, S. 25), bis Schwielowsee-Caputh/PM, wo wir arbeiten in der Rezeption des Hotels. fahren über Peterfitz/Piotrowice nach Samstag, 24. August noch ein paar Tage für Ausflüge, u.a. Anna hat ihren Beruf ganz aufgege- Klaptow/Klopotowo und kommen nach Berlin und Potsdam, nutzen wol- ben; sie fühlt sich sehr wohl bei dieser zur Klaptower oder Klara-von-Wedel- Wir haben noch die Gelegenheit, uns len (s. Leserbriefe von Helmut Lemke, s. Arbeit und bekommt hier sogar mehr Brücke. War da nicht früher mal was? bei der Leiterin des Internats, Frau Nr. 23/2019, S. 19). Geld als im Schuldienst. Anhalten! Wir sind nur zu viert, „Pu- Justyna Syga, zu bedanken, dann ein Nach so einer gemeinsamen Fahrt Das Hotel vermittelt seinen Gästen schen“ haben wir auch nicht, aber wir letztes Frühstück im „Bistro City“, kommt immer etwas Wehmut auf, viele Extras wie z.B. Transfers zum rufen nach altem Brauch „Puschen und Abschied von Körlin. aber es bleibt die Hoffnung, dass die- und vom Strand, Eintrittskarten oder raus!“ und trinken ein Schlückchen Auf der S6 hinter Witzmitz/Wici- se Fahrt der Körliner und Dassower Ausflüge, und Anna und Witold sind Sekt (der Fahrer natürlich nicht) in mice die Überraschung: Ein Seite der nicht die letzte war! Kolberg, Batardeau und Hotel „Nad Parseta“ mit ihren perfekten Deutsch-Kennt- Gedenken an frühere Zeiten, als gan- Schnellstraße ist für beide Richtungen Peter Harmel nissen genau die richtigen Ansprech- partner für die Sonderwünsche der vielen deutschen Gäste des Hauses. Auch deutsche Busreise-Unternehmen bieten Kuraufenthalte im „Nad Parse- Die Gartenstraße / ul. Wojska Polskiego ta“ an. Anna und Witold werden begleitet von ihren Söhnen Michal (der „2.“) und Benedykt (der 5. und jüngste). Eigentlich haben sie heute gar nicht viel Zeit, denn am Samstag steht Michals Hochzeit an! Wir genehmi- gen uns eine Stärkung im Café „Róza- ny Ogród/Rosengarten“ in der Mari- enstr./ul. Mariacka (die Kuchen sind wieder sehr lecker, die Stücke waren allerdings schon mal größer) und ha- ben uns gegenseitig viel zu erzählen. Dann spazieren wir u. a. durch die Kolberg, ehem. Lyzeum Luisenstr./ul. E. Lopuskiego, vorbei am ehem. Lyzeum (s. Nr.22/2019, S. 14–15), über die Brücke über die Ei- Ecke Feldstraße/ul. S. Moniuszki, Blick Richtung Kösliner Straße „Bistro Café Pub City“; hier bekam unsere Reisegruppe 2019 ihr Frühstück senbahn zum Strand. Bei schönstem Sommerwetter ist der Strand gut be- sucht, viele Boote fahren über die Ostsee, auf dem Seesteg riecht es nicht nach Seeluft, sondern nach Schiffsdie- sel. Auf der Strandpromenade gibt es alles zu kaufen und zu essen, was das (polnische) Touristenherz begehrt. Witold holt Anna mit dem Auto ab, zurück an die Arbeit im Hotel, und da Doris und Ulla nicht so gut zu Fuß sind, ist Witold bis in Strandnähe ge- fahren und nimmt sie nun mit Rich- tung Rathaus, wo wir uns beim Was- serklops treffen wollen. Renate und ich gehen zu Fuß zurück – das zieht Kolberg, Café „Rózany Ogród“: Michal, Ulla, Peter, Renate, Witold mit Benedykt, Anna sich. In einem der Restaurants am Blick Richtung Schützenstraße/ul. T. Kosciuski Seite 12 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 13
Reise in die Heimat – August 2019 Kirchenansichten – Teil 10 Die Persante in Körlin Nehmer Nehmer (Amt Drenow, Kreis Kolberg-Körlin)/Niemierze (Gmina Siemysl, Powiat Kolobrzeg) Von der Schlossbrücke flussaufwärts; links die Reste des Schlosses Von der Schlossbrücke flussabwärts Von links fließt der Mühlengraben in die Persante Herz-Jesu-Kirche – Außenaufnahme Richtung Südosten; Turmunterbau u. Chor 1288?/15. Jhdt.?; Schiff erneuert u. Turmoberbau 1544; Süd-Anbau („Liekhus“) 17. Jhdt.; Erneuerungen (Turmspitze u.a.) nach 1761 u. 1931; Altargehäuse spätbarock Quellen: LANDMESSER S. 79–80, VOLLACK S. 438–440 Am „Wasserfall“ Innenaufnahmen – Richtung Osten... ...und Westen Seite 14 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 15
Lesermitteilungen Familiennachrichten Bigos – ein Leserbrief von Leuten vom Fach Bescheiden war dein Leben, fleißig deine Hand. (zu Nr. 13/2014, S. 23) Friede hat dir Gott gegeben, ruhe sanft und habe Dank. Liebe Ulla, lieber Peter, In liebevollem Gedenken nehmen wir Abschied von bestimmt hat euch auf dem Essener Weihnachtsmarkt das Bigos gut geschmeckt (ja!!), und auch der große Champi- gnon, den ihr vermutlich absichtlich für das Foto dahin drapiert habt (stimmt!! U. & P.). Euer Bigos-Koch scheint sich aber schon sehr an deut- Günter Abelt sche Essgewohnheiten angepasst zu haben, denn in einem * 19. Oktober 1938 † 21. Mai 2020 richtigen Bigos haben Champignons eigentlich nichts zu suchen. Pilze gehören zwar unbedingt dazu, aber es müs- sen Waldpilze sein, am liebsten selbst gesammelt, und am besten Steinpilze, getrocknet und eingeweicht, während Deine Gerda der Pilzsaison natürlich frisch. Frank und Heike mit Elina, Malin und Lukas Wenn euer Meisterkoch sich an diese Grundregel hält, wird euch auf dem nächsten Essener Weihnachtsmarkt Edith und Hermann mit Mark und Robin das Bigos sicherlich noch mal so gut schmecken. Karla und Rainer mit Viola und Simon Zudem: Je nach regionaler und Familien-Tradition kön- nen bis zu ca. 50 Zutaten ein Bigos bevölkern: u.a. Fleisch und Anverwandte (z.B. Rippchen, gekocht), Speck, Wurst (geräuchert und gewürzt), Zwiebeln, Wacholderbeeren, Majoran, Küm- mel, und wer es ganz edel machen will, gibt noch einen 46514 Schermbeck-Gahlen, Bühnenberg 72 Schuss Rotwein hinzu! Auf jeden Fall: Viel Erfolg beim Nachkochen und Ex- Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt. perimentieren, und Guten Appetit, oder: „Smacznego!“ Jola: „… und immer kräftig rühren!“ Eure Jola und Christoph Nachruf auf Arnold Birk Freu dich über jede Stunde Freu dich über jede Stunde, die du lebst auf dieser Welt. Bochum (PH). Von Frau Rosmarie Becker, Starnberg, Vor- M.E. sind Birks schon in den 1970er und 80er Jahren sitzende der dortigen Kreisgruppe der Pommern, Ost- und nach Ostpreußen und Pommern gefahren und waren Freu dich, dass die Sonne aufgeht und auch, dass der Regen fällt. Westpreußen, erhielten wir die traurige Nachricht, dass Herr auch in Garchen bei Körlin, wo Herr Birk herstammt. Du kannst atmen, du kannst fühlen, kannst auf neuen Wegen gehn. Arnold Birk, Starnberg, früher Garchen, am 7.4.2018 im Freu Dich, dass dich andere brauchen und dir in die Augen sehn. Alter von 90 Jahren verstorben ist. Weiter schrieb Frau Becker: Auf unsere Antwort schrieb Frau Becker ein zweites Mal. Wir denken auch sehr an unsere Heimat; zwei Mitglieder Wir haben ihre Mails zu einem Nachruf auf Herrn Birk sind aus Kolberg und Stolp. Ich selbst komme ja auch Freue dich an jedem Morgen, dass ein neuer Tag beginnt. zusammengefasst: aus dem Kreis Kolberg-Körlin, aus Degow, war aber da- Freu Dich über Frühlingsblumen und am kalten Winterwind. her mehr nach Kolberg orientiert, wo auch die Großel- Du kannst hoffen, du kannst kämpfen, kannst dem Bösen widerstehn. Unser lieber, von uns allen so verehrter Arnold Birk war tern lebten und ich seit 1940 das Lyzeum besuchte. Ich ein Mann, der sich seit 1949 sehr für die Vertriebenen in war 2010 das letzte Mal in Kolberg. Jetzt sind aus un- Freu dich, dass die dunklen Wolken irgendwann vorübergehn. Bayern eingesetzt hat. Nicht nur, dass er der Kreisgrup- serer Gruppe auch fast alle schon zu alt für Reisen in die pe Starnberg der Pommern, Ost- und Westpreußen viele Heimat, und allmählich merke ich auch meine 90 Jahre Freue dich an jedem Abend, dass du ein Zuhause hast. Jahre lang ein wunderbarer Leiter war, hat er sich zuerst in schon ein bisschen und kann mir nicht mehr so viel vor- Freue dich an schönen Stunden und vergiss die laute Hast. München eingesetzt und war im ganzen Landesverband nehmen. Bayern sehr tätig. Ich finde es einfach super, dass sich bei Ihnen die zwei- Du kannst leben, du kannst träumen, jemand kann dich gut verstehn. Außerdem war er 68 Jahre mit seiner geliebten Frau te und dritte Generation so für die pommersche Heimat Freu dich über jede Stunde, denn das Leben ist so schön. Edith (Ostpreußin) sehr glücklich verheiratet; sie kannten einsetzen. sich 70 Jahre. Sie wird im Sommer 94 Jahre alt. Ihr geht Vielen Dank für all Ihren Einsatz und Ihre Mühe, auch Verfasser unbekannt, es gesundheitlich nicht so gut, sie war gerade im Kran- sicher im Namen von Birks. Bleiben Sie gesund und ganz Melodie: Ludwig van Beethoven: „Freude, schöner Götterfunken“ kenhaus zu einer kleinen Operation. Sie hat gottlob eine herzliche Grüße sehr liebe Familie, die ihr sehr beisteht. Ihre Tochter ist Ihre Rosmarie Becker (ausgesucht von Margret Witte, s. S. 3) als Kinderärztin sehr beschäftigt. Seite 16 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 17
Partnerstädte von Karlino Partnerstädte von Karlino Birnbaum/Międzychód (Kreisstadt Ausstellung zur Familie Bernhard in Großpolen/Wielkopolska, d. Red.) im Königreich Polen. Er lebte beim soll nach Dargun kommen Hofjuden Juda Moses, der ebenfalls aus Birnbaum stammte und unter Ein unbekanntes Stück jüdischer Geschichte der Stadt ist bewahrt dem Schutz der im Darguner Schloss lebenden Prinzessin Augusta von (s. Nr. 20/2018, S. 25, d. Red.) – von Gerald Gräfe Mecklenburg-Güstrow stand. Beh- rend Liepmanns Sohn Isaac Behr nahm 1813 den Familiennamen Dargun (GG). Dr. Hans Hoffmann Bernhard an. Dessen Sohn Behr Isaac wollte zum Gedenken an die Reichs- Bernhard gründete 1838 eine Bürsten- pogromnacht am zurückliegenden und Bürstenholzfabrik. 1877 ernann- 9. November 2018 an den Darguner te ihn Großherzog Friedrich Franz Klostersee reisen und das Schicksal II. von Mecklenburg-Schwerin zum seiner Familie vorstellen. Doch der Großherzoglich-Mecklenburgischen Nachkomme der Familie Bernhard Kommissionsrat. Dieser Ehrentitel starb unerwartet. Aber er hinterließ wurde an Geschäftsleute vergeben, die viele Dokumente zur Historie seiner sich um das Gemeinwohl verdient ge- jüdischen Vorfahren. macht hatten. Siegmund Bernhard als Noch kurz vor seinem Tod sprühte einziger Sohn des Kommissionsrates der Mann vor Ideen und Tatendrang. verlegte 1890 das Familienunterneh- Sein in Israel lebender Cousin Uri men nach Rostock. Damit endet die plane eine Reise auf den Spuren der Geschichte der Bernhards am Kloster- Vorfahren in Mecklenburg. Dargun see. Ein Großteil der Familie konnte soll ein Ziel sein. „Ich möge ihm in den 1930er Jahren nach England dabei helfen, indem ich einen Reise- und Südamerika ausreisen. Einige der plan entwerfe und mich als Führer Bernhards kamen in den Konzentrati- Der vormalige Darguner Bürsten- und Bürstenholzfabrikant Siegmund Bernhard im Kreise zur Verfügung stelle“, schrieb der bei onslagern des Deutschen Reiches um seiner in Rostock lebenden Familie (Repro: Gerald Gräfe) Berlin lebende Nachkomme der jü- Leben, so auch der 1886 in Dargun dischen Familie Bernhard. Seinem in geborene Arnold Bernhard: Der letz- Fotografin forscht auch zum Schicksal rische Bilddokument erhielt sie von England lebenden Onkel Jeffrey (Jür- te Vorsteher der jüdischen Gemeinde ihrer Familie. Deren letzten Jahre in dem Verstorbenen. Die Ausstellung gen) Bernhard half er, dessen Famili- von Rostock wurde am 9. Oktober Rostock und das Exil von Großvater ist bis zum 20. Februar 2019 in derBe- endokumente, Korrespondenzen und 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau er- Paul bzw. Vater Joachim Bernhard in gegnungsstätte für jüdische Geschich- Fotos zu sichten, zu sortieren und zu mordet. Südamerika ist Gegenstand ihrer Aus- te und Kultur Max-Samuel-Haus in beschriften: „Darunter sind Briefe ei- Der Besitzer der 1938 „arisierten“ stellung „Das Schiff“. „Ohne Hans Rostock zu sehen. Danach möchte er ner Überlebenden von Theresienstadt, Bürstenfabrik ist der Großvater von hätte ich vieles nicht gewusst“, erin- sie in Dargun zeigen, informierte Dr. in denen sie über das Schicksal der Hans Hoffmann. Arnolds Bruder nert sich die Fotografin dankbar an Ulf Heinsohn als Leiter der Stiftung dortigen Juden aus Mecklenburg be- Paul Bernhard ist der Großvater von die Reise mit ihrem Cousin vor zwei Max-Samuel-Haus. richtet, darunter auch meiner Groß- Irma Bernhard. Die in Chile lebende Jahren nach Dargun. Manches histo- Gerald Gräfe eltern und meiner Urgroßmutter Helene Bernhard.“ Stolz schrieb der Mann: „Ich bin beauftragt, einen Zeitstrahl und eine Familienchronik anzufertigen, die in Chile in Deutsch, Ein Brief von der Ostfront Anno 1917 Englisch und Spanisch gedruckt wer- Die Schokolade für die Ehefrau steckte in der Eierkiste – von Gerald Gräfe den soll.“ In Dargun möchte er in der Synagoge und an der Schule über das Schicksal seiner Familie sprechen. Dargun (GG). Für ein Stück Sahne- der Armee des Deutschen Kaiser- Der Schreiber, es handelt sich um Aus diesen Vorhaben wird nichts torte nebst einem Pott Kaffee erhielt reiches sind mit Kopierstift geschrie- Richard Peters, schrieb an „mein – der 69jährige verstarb unerwartet. Andreas Hübscher einen Feldpost- bene Zeilen zu entziffern, welche am liebes Fraulein“ und dankte ihr für Vordem stellte er einen Teil seiner Fa- brief aus dem Jahr 1917. Nun sucht 5. Juli 1917 der „Telegraphist R. Peters deren Brief. Er kündigte seiner Ehe- milienhistorie der Forschung in Dar- der Mann die Nachkommen jenes II“ nach Dargun schrieb. Adressat des frau ein Paket an. In einer Eierkiste gun zur Verfügung. Soldaten, der die Zeilen von der Ost- Feldpostbriefes ist „Frau Else Peters, stecke eine Schokolade, „die ich hier Auszug aus einem „Bittgesuch des Behrend Liepmann 1769“: Der seit 1739 in Dargun lebende Denn die Bernhards gehörten zu Jude Behrend Liepmann bat 1769 um Erlass der jährlich zu zahlenden sechs Reichstaler front an sein „liebes Fraulein“ ab- Dargun i. Mecklenburg, Friedrich- mal ergattert habe. Hoffentlich ist sie den ersten Juden am Klostersee. 1739 Schutzgeld, da er fast erblindet und ohne Einnahmen sei. Seine Nachkommen nahmen 1813 schickte. Auf dem groben Papier des Franz-Straße 5.“ Das ist die heutige gut.“ Für den anstehenden Geburts- kam Behrend Liepmann aus der Stadt den Familiennahmen Bernhard an. (Repro: Gerald Gräfe) zusammenklappbaren Briefformulars Demminer Straße. tag seiner Mutter habe er eine Flasche Seite 18 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 19
Partnerstädte von Karlino Pommern Geschichte Die Geschichte der Herzogtümer Pommern 1474 bis 1637 Vorbemerkung Menge an Ereignissen ins Stocken ge- nen. Aber man macht beim Lesen von raten ist. Werken zur Geschichte die Erfahrung: Liebe Leserinnen und Leser Betonen möchte ich, dass ich kei- Es erscheint ein Name, der vor einigen der Körliner Zeitung, neswegs den Anspruch erhebe, eine Seiten schon einmal aufgetaucht war, Wissenschaftliche Arbeit abgeliefert und man fragt sich trotzdem: Wer ist nach meinen Referaten über Her- zu haben. Fast alles ist aus Sekundärli- diese(r)? – und blättert zurück. zog Bogislav X. (1474–1523) in Kör- teraturen entnommen, wobei ich aber Noch eine Bitte an die Leser, die sich lin 2012 und über das Herzogtum auf keinen Fall geguttenbergt habe, tatsächlich durch die Texte hindurchge- Pommern-Wolgast (1569–1625) in da alle wörtlichen Zitate belegt sind ackert haben: Wenn es inhaltliche Kor- Lubmin 2013 wurde ich mehrfach (s. die Zahlen im Text). Betrachten Sie rekturen oder wichtige Ergänzungen gefragt, ob ich diese Arbeiten Interes- die Arbeit einfach nur als eine Fleiß- gibt, lassen Sie es mich bitte wissen! senten schriftlich zur Verfügung stel- arbeit eines pensionierten Lehrers. „Viel Spaß“ bei der Lektüre kann len könnte. Die „Spekulationen über das Aus- ich niemandem wünschen, denn dazu Daraufhin habe ich auch noch sterben der Greifen-Dynastie“ sowie sind die Inhalte zu dramatisch und über die dazwischen liegende Zeit die verschiedenen Tabellen habe ich tragisch und gegen Ende nur noch und über das Herzogtum Pommern- selbst erarbeitet. traurig. Dennoch hoffe ich, mit mei- Stettin (1569–1637) ein Manuskript Den Leser*innen wird wahrschein- ner Arbeit eine vergangene, unterge- Der Feldpostbrief – adressiert an „Frau Else Peters, Dargun i. Mecklenburg, Friedrich-Franz-Straße 5“, die heutige Demminer Straße (Foto: Gerald Gräfe) zusammengestellt, wobei die Arbeit lich auffallen, dass im Text immer wie- gangene Zeit ins Gedächtnis gerufen am letzten Teil, über Herzog Bogis- der die Lebens- bzw. Regierungsdaten zu haben. lav XIV. (1620–37), aufgrund der der jeweiligen Protagonisten erschei- Peter Harmel Portwein besorgt, doch „Kaffee kann meekorps angegliedert und 1917 an diversen Familien Peters bzw. deren ich keinen anschaffen.“ Im weiteren der Ostfront gegen das zaristische Nachkommen im Stadtgebiet waren Verlauf des Briefes offenbarte Peters bzw. republikanische Russland im erfolglos. Doch vielleicht findet sich eine seiner Schwächen. Denn Ehefrau Einsatz. Die deutschen Truppen stan- doch noch ein Abkömmling des Tele- Else hatte ihm Bonbons geschickt: den im Sommer in den Kämpfen zur graphisten, hofft Andreas Hübscher. 1. Hoch- und Spätmittelalter ten betraut, ohne Herzogsvollmachten 10–12 Barnims, 10 Wartislavs und „Eigentlich sollst du sie essen, Liebe, Abwehr der letzten russischen Offen- zu erhalten. 6–9 Kasimirs. (Die Benennungen in Dir ist auch mal etwas Süßes gut. sive und zur folgenden Besetzung des Gerald Gräfe 1.1. Pommern Das unter den o.g. Bedingungen dieser Arbeit folgen der mittlerweile Aber Du kennst ja meine Schwäche Baltikums. In den Jahren vorher war immer wieder vorkommende Aus- allgemein angewendeten Zählung nur dafür.“ Mahnende und tröstende das VI. Armeekorps an der Westfront Es ist schwierig, die Geschichte des sterben einer Teillinie der Greifen- der regierenden Herzöge). Worte zum Umgang mit seiner Mut- gegen die Armeen Frankreichs und Herzogtums Pommern im Hoch- und Dynastie führte wiederum zu Verei- Neben diesen verschiedenen Pom- ter sind nachzulesen. Diese schien ei- Großbritanniens eingesetzt. Dort Spätmittelalter zu verfolgen. nigungen von Teilherzogtümern, die merschen Teilherzogtümern (wie nen resoluten Ton nicht nur gegenüber nahm Peters wahrscheinlich auch an Ein Faktor für diese Feststellung aber nicht selten mit Erbstreitigkeiten Pommern-Stettin, -Wolgast, -Schla- der Schwiegertochter, sondern auch den Schlachten um Verdun und an ist, dass für die Dynastie der Herzöge, verbunden waren. we/Slawno, -Stolp/Slupsk, -Rügen- den Hausmädchen anzuschlagen. Im der Marne sowie an den ebenfalls ver- die „Greifen“, nur die männliche Erb- Erschwert wird das Verständnis der walde/Darlowo, -Barth, -Demmin, Gegensatz zu seiner Mutter wisse sei- lustreichen Kämpfen in Flandern teil. folge galt, wobei aber alle männlichen Abläufe durch die Namen der Herzöge. -Rügen und der Grafschaft Gützkow) ne Else „mit Mädchen umzugehen“. Richard Peters hatte wohl Glück und Nachkommen erbberechtigt waren. Immerhin bezieht sich die Nummerie- existierte in Pommern zusätzlich noch Die würden deshalb länger aushalten, kehrte lebend in seine Heimat zurück. Die Folgen waren zahlreiche Landes- rung durchgehend auf die Herrscher ein weiteres Territorium: Das welt- wenn die Mutter wieder abgereist sei. Jedenfalls findet sich sein Name nicht teilungen und Unterteilungen. sämtlicher Teilherzogtümer. Es gibt liche Gebiet geistlicher Würdenträger, Denn ganz ohne Mädchen gehe es al- auf dem Gedenkstein für die 100 an Seit 1295 trat es daher immer wie- aber in der Zählung Diskrepanzen, nämlich die „Stiftslande“ der Bischöfe lein im Haushalt nicht, sorgt sich der den Fronten ums Leben gekommenen der ein, dass beim Tode eines Herzogs wenn Söhne, die früh verstarben und von Cammin/Kamien Pomorski, die Telegraphist Peters. Er schließt seinen Männer der damaligen Gemeinde das Land unter seinen Söhnen geteilt gar nicht an die Regierung kamen, das Gebiet um Kolberg/Kolobrzeg, Brief mit den Worten: „Mit herzlichen Dargun. wurde, wobei nicht volljährige Herzö- in der älteren Geschichtsschreibung Körlin, Köslin/Koszalin und Bublitz Grüßen und Küssen für Dich und die Andreas Hübscher, der den über ge unter Vormundschaft gestellt wur- trotzdem mitgezählt wurden. So gab (Kreis Köslin)/Bobolice (Powiat Kos- Kinder, Dein treuer Richard.“ 100 Jahre alten Feldpostbrief von den. Somit gab es Phasen, in denen es u.a. 14 Bogislavs (von denen XI. zalin) umfassten und die mittelpom- Einige Angaben ermöglichen es einem Besucher seines Bahnhofs- Brüder bzw. Onkel und Neffen oder 1514 und XII. 1542 früh starben, aber merschen von den südlichen (Belgard/ nachzuvollziehen, von wo aus der Te- Cafés für ein Stück Sahnetorte nebst Vettern gemeinsam – oder auch ge- immer stillschweigend mitgezählt wer- Bialogard und Neustettin/Szczecinek) Andreas Hübscher ist an allem Geschicht- legraphist seinen Brief verfasste. Der einem Pott Kaffee erhielt, ist auf der lichen interessiert und gelangte so auch in den geneinander – regierten. Auch wurden den, weil Bogislav XIII. und XIV. ihre und den ostpommerschen (Rügenwal- Mann diente bei der Fernsprech-Ab- Suche nach den Nachfahren des Te- Besitz des Feldpostbriefes von 1917. jüngere Söhne oder Brüder gelegent- zahlreichen Urkunden grundsätzlich de-Schlawe-Stolp) herzoglichen Ge- teilung 616. Diese war dem VI. Ar- legraphisten. Erste Anfragen bei den (Foto: Gerald Gräfe) lich mit der Verwaltung von Teilgebie- mit diesen Ziffern versehen ließen), bieten trennten. 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Pommern Geschichte Streiflichter In den Stiftslanden herrschten seit 1248 die Bischöfe als Landesherren, teils in Einklang, teils in Konfrontati- Die Brandenburger versuchten immer wieder, die Herzöge von Pommern in ein abhängiges Lehensverhältnis zu Neuigkeiten aus der kleinen Stadt on mit den Herzögen, und seit 1417/22 zwingen, d.h. sie zu ihren Vasallen zu Zusammengestellt von Christoph Szczecinski und Peter Harmel souverän und als weltliche Herrscher machen. Den Pommerschen Herzögen nur noch dem Kaiser des Heiligen gelang es zwar hin und wieder, das Le- Römischen Reiches Deutscher Nati- hensverhältnis zu Brandenburg aufzu- Corona-Schutzmasken für alle Einwohner on, nicht aber den Herzögen unter- heben, aber die Kurfürsten konnten stellt. Die Hauptresidenz der meisten jedes Mal durchsetzen, zumindest ein Asperg (CS)/Bochum (PH). Während in Deutschland PLN 10.000 (ca. € 2.500). Die Masken wurden von zwei Bischöfe war zwischen ca. 1375 und Erbrecht, die „Eventualerbfolge“, auf lange über den Einsatz von Atemschutzmasken zum Firmen in Karlino hergestellt: ‚Dobra Marka/Gute Marke‘ ca. 1550 das Schloss von Körlin. Pommersche Herzogtümer zu erlan- Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus diskutiert und ‚Probranding‘. Das Bistum Cammin war schon gen. Das Körliner Schloss, Ausschnitt aus: Matt- wurde, hatte man in Karlino längst gehandelt: Schon am Ab dem 3. April wurden die Schutzmasken verteilt; bis seit 1188 exemt, d.h. keinem Erzbis- Das Bestreben der Herzöge von häus Merian d. Ä. (1593–1650): Topographia 27. März beschlossen die Behörden der Stadt und Ge- Ostern (12. April) hatten fast alle ca. 9.300 Einwohner tum (weder Magdeburg noch Gne- Pommern dagegen ging dahin, Pom- Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pome- meinde 10.000 Masken zu kaufen. Die ‚Bank Spóldzielczy von Stadt und Gemeinde ihre Masken erhalten. raniae, ed. Frankfurt 1652, S. 41 sen/Gniezno), sondern direkt dem mern zu einem reichsunmittelbaren, Bialogard/Volksbank Belgard‘ unterstützte die Aktion mit Papst unterstellt. also souveränen Fürstentum zu ma- Es umfasste ein Gebiet weit über chen, das nur dem Kaiser unterstellt ten einander immer wieder ab; gele- die Grenzen Pommerns hinaus bis in war. Somit kam es für die Pommer- gentlich war ein Teilherzogtum mit Teile von Brandenburg (Uckermark, schen Herzogtümer zu einem stän- dem Orden, ein anderes mit Polen „Unternehmerfreundliche Stadt“ Neumark) und Mecklenburg. digen Wechsel ihrer Lehensstellung oder Brandenburg verbündet – die Andererseits gehörten Rügen kirch- zwischen Kaiser und Reich einerseits Pommerschen Herzöge waren unzu- Asperg (CS). Im Dezember letzten Jahres wurde der Stadt lich zum Dänischen Bistum Roskilde, und Brandenburg andererseits: verlässige Vertragspartner. Karlino der Titel „Unternehmerfreundliche Stadt“ für das der Westen Vorpommerns zum Bis- • 1181 Belehnung von Herzog Bogis- Nach dem Niedergang des Deut- Jahr 2018 durch das „Institut für Europäische Wirtschaft“ tum Schwerin und die Lande Lau- lav I. (1151–87) durch Kaiser Fried- schen Ordens hatten die Pommerschen verliehen. enburg/Lebork und Bütow/Bytów rich I. Barbarossa (1152–90), Herzöge insofern Erfolg, dass sie, un- Das Institut fand 398 Städte in Polen, in denen der schon seit 1123 zum Polnischen Bis- • 1185 Unterwerfung Bogislav I. unter ter Führung von Herzog Erich II. von Wert der Unternehmen pro Kopf mehr als 10.000 PLN tum Leslau/Wloclawek (Woj. Kujawy die Oberhoheit von König Knut VI. Pommern-Stolp (1457–1474) (des Va- (ca. € 2.500) beträgt. Karlino belegte den 34. Platz und i Pomorze). (1182–1202) von Dänemark, ters Bogislav X.), im 13-jährigen Krieg war die Nr. 1 unter den Städten der Wojewodschaft West- Ein weiterer Faktor in der Geschich- • 1231 Pommern wieder Teil des (1454–66) des Preußischen Bundes pommern, vor Barlinek/Berlinchen, Szczecinek/Neustet- te Pommerns schafft weitere Kom- Deutschen Reiches, aber unter und Polen-Litauens gegen den Deut- tin, Goleniów/Gollnow und Police/Pölitz. plikationen: Die Handelsstädte, die Brandenburgischer Lehensoberho- schen Orden auf Seiten Polens standen Der Preis für die Unterstützung der Entwicklung von dem Verbund der Hanse angehörten heit, bestätigt durch Kaiser Friedrich und im 2. Frieden von Thorn/Torun Unternehmen wurde von Bürgermeister Waldemar Miśko (insbesondere Stralsund, Greifswald, II. (1212–50) , 1466/67 die Länder Lauenburg und während des „VII. Kongresses für Moderne Wirtschaft“ Stettin, Stargard, Kolberg, Stolp), hat- • 1348 Reichsfreiheit erklärt durch Bütow von König Kasimir IV./Ka- entgegengenommen ten sich im Laufe der Zeit Privilegien Kaiser Karl IV. (1346–78) (der üb- zimierz IV Jagiellonczyk (1447–92) Dieser Wettbewerb wird seit 2007 vom „European Busi- erworben, die es ihnen ermöglichten, rigens 1363 Elisabeth von Pom- als Pfandbesitz übertragen bekamen. ness Institute“ durchgeführt. Für die Anforderungen der eine eigenständige Politik weitgehend mern-Stolp heiratete). Die Reichs- Im Jahre 1526 wurde daraus ein Pol- 12. Ausgabe des Wettbewerbs im Jahr 2019 wurden die unabhängig von den Herzögen zu be- freiheit wurde nisches Lehen (s. u., 2.3.2.). Finanzdaten von 50.593 Unternehmen an 5.416 Standor- treiben. • 1417 durch Kaiser Sigismund (1411– Die Verhältnisse der Pommerschen ten analysiert. Der Gesamtmarktwert dieser Unternehmen Außenpolitisch ist die Geschich- 37) (den Sohn Karls IV. und Elisa- Herzogtümer zu Polen-Litauen ge- wurde auf 2,5 Mrd. PLN geschätzt. te Pommerns im späten Mittelalter beths) bestätigt. stalteten sich im 15.–16. Jahrhun- Man hat dann Städte und Dörfer mit mindestens zehn geprägt von ständigen Auseinander- dert meistens positiv: einerseits, weil Unternehmen in einer Datenbank für eine detaillierte setzungen mit einem Nachbarn: der Aber auch die Bischöfe von Cammin die gemeinsame Grenze auch die des Analyse ausgewählt. Es fanden sich 435 solcher Städte und Markgrafschaft Brandenburg, deren erhielten in diesem Zusammenhang Heiligen Römischen Reiches war und 80 Dörfer. In Karlino betrug der Marktwert der Unter- Bürgermeister Waldemar Miśko mit der Auszeichnung – in seinem Territorium von Südwesten her weit 1417 die Reichsfreiheit und somit die weil die Grenzgebiete (Pommerscher nehmen pro Kopf 147.100 PLN. Amtszimmer im Rathaus in das ursprüngliche bzw. spätere Souveränität über die Stiftslande (1422 Landrücken, Netze-Bruch) einen na- Pommern als „Märkischer Keil“ bis noch einmal ausdrücklich bestätigt). türlichen, unwirtlichen Grenzsaum hin nach Dramburg/Drawsko und Im 14.–15. Jahrhundert standen die bildeten, sowie andererseits, weil Polen Schivelbein/Swidwin hineinragte. Pommerschen Herzogtümer zudem unter König Kasimir IV. und seinen Aus den Dörfern Die Markgrafen von Brandenburg an ihren östlichen Grenzen im Span- Nachfolgern im Einklang mit Pom- (bis 1323 die Askanier, seit 1415 die nungsfeld der Auseinandersetzungen mern dem brandenburgischen Expan- Asperg (CS). Die „Vereinigung für die Entwicklung eines tung des „Star 25-GMB-1 STAGE“-Feuerwehrautos. Der Hohenzollern) gehörten als Kur- zwischen dem Deutschen Orden, Po- sionsbestreben skeptisch gegenüber- Versammlungszentrums für Domacyno/Dumzin“ und Landfrauenverein in Kowańcz bekam 10.000 PLN für das fürsten zu den wichtigsten Fürsten len-Litauen und Brandenburg. stand. der „Landfrauenverein ‚Sikoreczki‘ in Kowańcz/Kowanz“ Projekt „Kowańcz – ländlich und multikulturell.“ des Heiligen Römischen Reiches Das Verhalten der Pommerschen erhielten Mittel für lokale Aktivitäten. Dem Verein gelang es außerdem, eine Mitfinanzierung Deutscher Nation, da die sieben Kur- Herzöge darin war extrem wechsel- – Fortsetzung folgt – Im Rahmen des Projektes erhält die Vereinigung in in Höhe von 16.312 PLN für das Projekt „Lapidarium fürsten das Recht der Wahl des Kö- haft: Bündnisse mit dem Orden, mit Domacyno 10.000 PLN für die „Philippinische Kultur – vor dem Vergessen retten“ zu erhalten. nigs bzw. Kaisers hatten. Brandenburg und mit Polen wechsel- tage Karlino-Domacyno“ und 16.290 PLN für die War- Seite 22 · Ausgabe 24/2020 Ausgabe 24/2020 · Seite 23
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