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Für Körlin an der                             In Zusammenarbeit mit der
                                Persante und Umgebung                                Stadt und Gemeinde Karlino

                                                                   Ausgabe 24 · Juni 2020
Einzelpreis 6,00 EUR

                                                                                                   Des Genügsamen Trost
                                                                                              Behalt die Perlen und dein Gold,
                                                                                                    behalt die Diamanten!
                                                                                            Was tut’s, wenn auch Fortuna schmollt
                                                                                                    durch ganze Folianten!
                                                                                              Es bleibt zuletzt doch etwas noch,
                                                                                                 was muss das Herz erheben
                                                                                                 weit über alles Unbill hoch
                                                                                               und schöner macht das Leben!
                                                                                              Ach, wenn ich es nicht sagte dir,
                                                                                                  du würdest’s nie erraten:
                                                                                             Freund, morgen gibt es Märzenbier
                                                                                                   und Heringe gebraten!
                                                                                                  Carl Spitzweg (1808–85)

                       Körlin – das Rathaus 2013 und ca. 1915/18
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Körlin von oben                                                                                                                                                                                                                                                      Hausmitteilungen

                                                                                                                                                           Liebe Leserinnen und Leser der „Körliner Zeitung“,
                                                                                                                                                           das Corona-Virus hat die Welt (außer aus Sicht einiger Prä-
                                                                                                                                                           sidenten…) im Griff. Wir, die Redaktion, hatten uns für den
                                                                                                                                                           1. bis 2. Mai in Warendorf verabredet. Wir freuten uns aufs
                                                                                                                                                                                                                                                   Findling
                                                                                                                                                           Wiedersehen und darauf, dass Barbara den guten Münster-                           Kriegt das Kaninchen
                                                                                                                                                           länder Spargel auftischen wollte, und vor allem wollten wir                         ein Medizinchen,
                                                                                                                                                           uns zusammensetzen, um die Nr. 24 zu erstellen. Wir ka-                            will auch die Ente
                                                                                                                                                           men allerdings schon Anfang April überein, unser Treffen                             Medikamente.
                                                                                                                                                           ausfallen zu lassen und die Zeitung mit Hilfe von Computer                       Frantz Wittkamp (* 1943)
                                                                                                                                                           und Telefon zu erstellen. Wir mussten allerdings ein wenig
                                                                                                                                                           an unseren ursprünglichen Planungen ändern.
                                                                                                                                                              So war eigentlich vorgesehen, in dieser Folge der Serie       Die traurige Aufgabe, uns das Ableben eines lieben Lesers zu
                                                                                                                                                           „Kirchen im Kreis Kolberg-Körlin“ entsprechend Peters            vermelden, führte zu einem Brief unserer Landsfrau Rosma-
                                                                                                                                                           Reiseerzählung (s. S. 9) Fotos der Kirche von Rogzow ab-         rie Becker aus Degow.
                                                                                                                                                           zubilden. Da die Kirche aber verschlossen war, Peter nur In-        Margret schickte uns einen Liedtext („Wir im ‚Wohnmix‘
                                                                                                                                                           nenaufnahmen von 2002 auf Dias hat und nur Björn einen           singen es jeden Abend.“), der uns allen helfen kann, optimi-
                                                                                                                                                           entsprechenden Scanner, zeigen wir dieses Mal eine Kirche        stisch zu bleiben. Allen Einsendern herzlichen Dank!
                                                                                                                                                           aus einer ganz anderen Ecke des Kreises, nämlich aus Neh-           Allerdings zeichnete sich bei unserer (vor allem Björns)
                                                                                                                                                           mer, aufgenommen 2011 mit einer „kleinen“ Kamera, deren          Arbeit bald ab, dass aufgrund der o.g. Umstände diese Nr.
                                                                                                                                                           Fotos etwas an Schärfe vermissen lassen.                         24 weniger umfangreich werden würde als gewohnt. Wir
                                                                                                                                                              Die „Neuigkeiten aus der kleinen Stadt“ flossen ebenfalls     haben darum ins Archiv gegriffen und bringen einige bisher
Körlin im Vorfrühling 2020 – mit dem Hochwasser von Persante und Radüe; Luftaufnahmen (Drohne) von Slawomir Tomasz Kuropatwinski
                                                                                                                                                           spärlich, denn das Virus lähmt auch in Polen das öffentliche     unveröffentlichte Fotos sowie Arbeiten über Abschnitte der
QUEL L ENANG ABEN                                                                                                                                          Leben, aber in Karlino hat man schon früh etwas dagegen          Geschichte der Herzogtümer Pommern, die wir auch in den
In den Beiträgen geben wir bei folgenden häufig     • STABEROCK, Richard, Der Kreis Kolberg-            • Hinz, Johannes, POMMERN LEXIKON.                 unternommen (s. S. 23).                                          nächsten Ausgaben fortsetzen können.
benutzten Quellen lediglich die Verfassernamen        Körlin. Neumünster (Wachholtz), 1968                Geografie, Geschichte, Kultur. Augsburg (Welt-      Von Herrn S. T. Kuropatwinski erhielt Christoph die auf          Nun wünschen wir Ihnen wieder viel Freude beim Blättern,
oder Kurztitel an:                                                                                        bild), 1996
                                                    • VOLLACK, Manfred, Das Kolberger Land.                                                                S. 2 per Drohne aufgenommenen Fotos, die wir wohl, ohne          beim Betrachten der Abbildungen und beim Lesen! Wir ge-
• WEDIG, Reinhold, Die Geschichte der Stadt           Seine Städte und Dörfer. Ein pommersches          • Barran, Fritz R., STÄDTE-ATLAS
  Körlin nach alten Akten, Berichten, Protokollen     Heimatbuch. Husum, 1999                             POMMERN. Leer (Rautenberg), 1989, ²1993          zu übertreiben, als sensationell bezeichnen können.              ben die Hoffnung nicht auf, im nächsten Jahr noch einmal
  und Verschreibungen. In: Elly Isleb-Gutzmann
                                                    • LANDMESSER, Martin, Die Dorfkirchen im            • Internet: www.westernpomerania.com.pl               Jola und Christoph haben auf ihrer Suche nach „Körliner       auf „Große Fahrt in die alte Heimat“ gehen zu können.
  (Hrsg.), Zur Geschichte der Stadt Körlin a.d.
                                                      Landkreis Kolberg-Körlin – eine heimatkund-         (umfangreiche Sammlung von Fotos von Bau-        Altertümern“ einen für uns nicht minder sensationellen Fund
  Persante. Witten, 1987
                                                      liche Annäherung. Hamburg (Jancke), 1997            und Kunstdenkmälern aus deutscher Zeit,
• ISLEB-GUTZMANN, Elly (Hrsg.), Körlin,                                                                   geordnet nach der polnischen kommunalen          gemacht: Bauzeichnungen des Rathauses in einer Fachzei-          Passen Sie alle gut auf sich auf und bleiben Sie gesund!
                                                    • WILKE, Eberhard, Güter und Gutshäuser im
  wie es war. Witten, 1980                                                                                Gliederung)
                                                      Kolberger Land. Hamburg/Husum (Jancke), 2003                                                         tung. Beim Lesen des Textes und Ansehen der Pläne fiel Pe-       Herzliche Grüße, Ihre Redaktion der Körliner Zeitung:
• DAMEROW, Max, Körlin. Geschichten, Erzäh-
  lungen, Anekdoten und Chronik einer hinter
                                                    • Hinz, Johannes, POMMERN –WEGWEISER                                                                   ter ein, dass seine Tante Frieda Brümmer mal erzählt hatte,      Barbara Hoffmann-Schnettler, Margret Witte,
                                                      durch ein unvergessenes Land. Würzburg (Kraft),
  pommerschen Kleinstadt und deren Umgebung.                                                                                                               die Polen hätten sie einmal in die Arrestzelle gesperrt. Ein     Dietrich Mallwitz, Christoph Szczecinski, Björn Hoffmann,
                                                      ³1992
  Salzgitter, 1980
                                                                                                                                                           Anruf bei Tante Fiti, einige Nachfragen, und so bekamen wir      Peter Harmel
                                                                                                                                                           einen weiteren – allerdings gar nicht lustigen – Artikel für
IM PR E SSUM
                                                                                                                                                           die Zeitung. Hier eine Bitte vor allem an unsere älteren Lese-
Herausgeber und Vertrieb: Barbara Hoffmann-Schnettler, Münsterwall 57, 48231 Warendorf, Tel.: 02581-8174, E-Mail: alterego39@gmx.de                                                                                           Aus dem Inhalt
Koordination und Finanzen: Hans-Peter Harmel, Karl-Rawitzki-Str. 17, 44795 Bochum, Tel.: 0234-461373, E-Mail: p-harmel@web.de                              rinnen und Leser: Weiß jemand Näheres zu den geschilderten
Chefkorrespondenz: Christoph Szczecinski, Brühlstr. 22, 71679 Asperg, Tel.: 0172-7674139, E-Mail: szczecinski@online.de
                                                                                                                                                           Vorfällen, gab es ähnliche Erlebnisse?                             · Das Körliner Rathaus
Redaktionelle Mitarbeit: Dietrich Mallwitz, Alter Mühlenweg 23, 42799 Leichlingen, Tel.: 02175-9905510, E-Mail: dietrich.mallwitz@gmx.de
Redaktionelle Mitarbeit: Margret Witte, Weitzstr. 15, 26135 Oldenburg(-Osternburg), Tel.: 0441-36149107, E-Mail: margret.witte@ewetel.net                     Auch aus Dargun ist wenig Aktuelles, das für unsere Le-         · Eingebuchtet in der Arrestzelle – Tante Fiti erzählt
Layout und Satz: Björn Hoffmann, Diekamp 28, 48231 Warendorf, Tel.: 02581-787043, E-Mail: design@logoforma.de                                              serschaft von Interesse wäre, zu vermelden. Umso dankbarer         · Reise in die Heimat 2019 – Reisebericht
Bilder in dieser Ausgabe: Körliner Bildarchiv; Redaktion; Sammlung Jola u. Christoph Szczecinski; Stadt und Gemeinde Karlino;
Slawomir Tomasz Kuropatwinski; Gerald Gräfe                                                                                                                sind wir Herrn Gerald Gräfe, dass er uns schon für die vorige      · Kirchenansichten
Konto der Körliner Zeitung – Kontoinhaber: Hans-Peter Harmel, Bochum · Bank: Sparkasse Witten                                                              Ausgabe zwei Beiträge geschickt hatte, die sich mit histo-         · Lesermitteilungen
IBAN: DE10 4525 0035 0103 0227 03 · BIC: WELADED1WTN · Verwendungszweck: Körliner Zeitung                                                                  rischen Dingen befassen.                                           · Neuigkeiten aus der kleinen Stadt

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Ein Blick zurück

Das Körliner Rathaus
Eine Recherche von Christoph Szczecinski

Asperg (CS). Genau vor zehn Jahren        schen Zeitschrift erwerben, die den     wurde in Breslau herausgegeben und
habe ich für die in Karlino herausge-     neu errichteten Sitz des damaligen      informierte die Leser (hauptsächlich
gebene Zeitung „Wiesci z Karlina“,        Bürgermeisters und des Magistrats       Architekten und Bauingenieure) über
anhand zugänglicher Literatur, ei-        von Körlin beschreiben – also das       neue Bautechniken und -trends, die
nen Artikel über der Geschichte der       1912–1913 erbaute Rathaus!              in interessanten Gebäuden anwend-
Körliner Rathäuser verfasst. Damals         Es wäre nicht besonders überra-       bar waren, sowie über die Materialien,
dachte ich, dass die Quellen, die mich    schend, wenn es sich um eine regio-     die für ihre Konstruktion verwendet
begleiteten, die einzigen sind, und es    nale Veröffentlichung handeln wür-      wurden.
war nicht zu erwarten, dass noch et-      de, die das neu errichtete Gebäude in      Das Körliner Rathaus wurde in der
was Neues diesbezüglich zu Vorschein      der Nähe beschreibt.                    51. Ausgabe des zwölften Jahres vom
kommt.                                      In diesem Fall kümmerte sich je-      27. Juni 1914 beschrieben. Es lohnt
  Jedoch im letzten Jahr konnten          doch die renommierte Fachzeitschrift    sich, hier die Beschreibung im Origi-
wir ein paar vergilbte Seiten aus einer   „Ostdeutsche Bau-Zeitung“ um dieses     nal weiter zu geben, die mit sehr inte-
mehr als hundert Jahre alten deut-        bauliche Ereignis. Diese Zeitschrift    ressanten Bauplänen illustriert ist.

   „Rathaus der Stadt Körlin A Pers. (Abbildungen auf Blatt 201 bis 204.)
                                                                       verputzte Balkendecken. Der Dachstuhl ist
                                                                       von Holz und roten Biberschwänzen gedeckt.
                                                                       Der äußere bildnerische Schmuck beschränkt
                                                                       sich auf das in reicherem Zierschilde (Kartu-
                                                                       sche) an der Vorlaube angebrachte Stadtwap-
                                                                       pen.
                                                                          Das Innere des Gebäudes ist einfach, aber
                                                                       würdig ausgestattet; eine Hervorhebung hat
                                                                       nur der Eingangsflur, die beiden Dielen und
                                                                       das Haupttreppenhaus durch reichere Male-
                                                                       rei, die Dielen noch durch geriefte Sandstein-
                                                                       säulen, das Sitzungszimmer und das Zimmer
                                                                       des Bürgermeisters durch eine hohe Holzver-
                                                                       täfelung, das Magistrats- und Trauzimmer
                                                                       durch bessere Tapezierung erhalten. Diese
                                                                       Räume mit Ausnahme des letztgenannten,
                                                                       erhielten auch einfach Bleiverglasungen der

  I  n der Kaisersgeburtstagnacht 1907 wurde das alte
     Rathaus der Stadt Körlin ein Raub der Flammen.
  Der im Jahre 1912 beschlossene Neubau wurde aber
                                                             Fenster, die infolge dankenswerter Stiftungen einge-
                                                             sessener Familien der Stadt und des Kreises sowie der
                                                             Nachbarstadt Kolberg durch gemalte Mittelstücke ver-
  nicht wieder an alter Stelle zwischen dem Markt und        ziert werden konnten. Die beiden Tresoren des Erd-
  Kirche errichtet, sondern an einer Ecke der an der         und Kellergeschosses, von denen der letztere mit Safe-
  Westseite des Marktes abzweigenden Kirchstraße. Für        Schränken versehen ist, sind von der Firma C. Ade in
  die Anlage waren mancherlei Beschränkungen hin-            Hannover in banksicherer Weise ausgestattet.
  sichtlich des Abstandes von der Kirche und der Höhe           Mit Ausnahme der Sammelheizung, die Ernst Si-
  des Neubaues bei seiner Errichtung in deren nächsten       mon in Stettin ausführte, und der Sandsteinarbeiten,
  Nähe festgesetzt, die mit der vorhandenen Form des         die Hofsteinmetzmeister C. Schilling in Berlin lieferte,
  erworbenen Grundstücks zur vorliegenden Grundriß-          wurden fast alle Arbeiten von einheimischen Handwer-
  anlage führten.                                            kern ausgeführt.
     Der Neubau ist in durchaus feuersicherer Weise mit         Die Kosten für den eigentlichen Bau haben rund
  einem Sandsteinsockel als verputzter Ziegelbau errich-     70.000 M betragen, dem entspricht bei rund 3230 cbm
  tet. Die Decken sind massiv, die des Dachgeschosses        umbauten Raum ein Einheitspreis von 21,67 M. L.“

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Ein Blick zurück                                                                                                                          Ein Blick zurück

Wir können aus dieser wertvollen            anschließen musste. Rechts vom Ein-       genutzt. Leider ist nicht bekannt, wer
Studie schließen, dass der Bau des          gang, wo sich die Amtsstube befand,       in diesen Räumen lebte. Es kann je-
Rathauses in Körlin ein interessantes       konnte man von dort aus in ein kleines    doch davon ausgegangen werden, dass
architektonisches Ereignis war, das es      Wartezimmer eintreten, und im Hin-        sie einem der Stadtbeamten dienten,
verdient hatte, den Lesern des Ma-          tergrund – rechts von der Treppe – be-    vielleicht einem Polizisten oder einem
gazins in Einzelheiten vermittelt zu        fanden sich die Toiletten.                Hausmeister.1)
werden. Sehr interessant, und auf ihre         Der erste Stock war damals – genau
Weise die einzigen in ihrer Art, sind       wie heute – der wichtigste Ort des Rat-   Während sich Systeme, Regime und
detaillierte Pläne, die uns nicht nur die   hauses. Die Anordnung der einzelnen       Nationen außerhalb des Körliner Rat-
genaue Aufteilung, sondern auch den         Räume und ihr Zweck unterschieden         hauses änderten, haben hier viele Gene-
Zweck der Räume zeigen. Wir können          sich – wie im Erdgeschoss – von dem,      rationen von Beamten über 100 Jahre
nur die Architekten der damaligen Zeit      was wir heute auf dieser Ebene finden.    lang gearbeitet – damals für die Stadt
bewundern, die vom Keller bis zum           Dies wurde durch den alten Brauch         Körlin und heute für die Stadt und
Dach ein Rathaus schufen, das nicht         bedingt, im Rathaus Sitzungen des         Gemeinde Karlino. Trotz all dieser hi-
nur die Bewohner mit offiziellen An-        Stadtrats abzuhalten, für die ein gro-    storischen Turbulenzen ist es ein Ort,
gelegenheiten versorgte, sondern auch       ßer Raum benötigt wurde – es ist          an dem hiesige Geschichte geschrieben
andere Einheiten enthielt, die sich auf     heute das Dienst- und Empfangszim-        wurde und von dem aus viele Entschei-
die Funktionsweise der Stadt bezogen.       mer des Bürgermeisters. Damals be-        dungen getroffen wurden, die die Zu-
                                            fand sich dieses im Nebenzimmer.          kunft der Stadt und der Gemeinde be-
Beginnen wir mit dem Keller, in dem         Darüber hinaus gab es auf dieser Ebe-     stimmten. Daher sollte das Rathaus in
sich neben den erwarteten Heizräumen        ne einen Raum, in dem sich Beamte zu      Körlin neben seinem architektonischen
mit Kohlenraum und Waschküche               Besprechungen versammelten, einen         Wert auch als das – abgesehen von den
auch Stadtwaage, Bankschließfächer          gepanzerten Aktenschrank und drei         Resten des Schlosses – historisch be-
und zwei Haftzellen im Seitenflügel         Toiletten. Im Seitenflügel befanden       deutendste nicht-sakrale Gebäude der
befanden.                                   sich das Meldeamt und das Zimmer          Stadt angesehen werden.
   Das damalige Erdgeschoss unter-          des Schreibers, d.h. das Sekretariat.
scheidet sich von dem, was wir beim            Der letzte Teil des Rathauses – der                     Christoph Szczecinski
heutigen Besuch des Rathauses sehen.        Dachboden – wurde als eigenständige
Genau wie im Keller finden wir hier         Wohnung ausgebaut, die über den           1) Nach übereinstimmenden Anga-
auch zwei Zellen sowie die Polizei-         Eingang im Seitenflügel zugänglich        ben von Frau Frieda Heldt, geb. Bast,
wache. Der größte Teil des Haupt-           war. Es bestand aus einer Küche, zwei     und Frau Frieda Brümmer, geb. Abelt,
gebäudes im Erdgeschoss wurde von           Stuben, einer Kammer und einem Ba-        wohnte dort der Nachtschutzbeamte
der städtischen Sparkasse belegt, an        dezimmer mit Badewanne. Der Rest          Kosanke – Leser*innenzuschriften will-
die sich natürlich ein Raum mit Safe        des Raumes wurde als Dachboden            kommen! D. Red.

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Eingebuchtet in der Arrestzelle!
Tante Fiti erzählt – von Frieda Brümmer, geb. Abelt

                                                                                             verbringen – eine harte Holzpritsche,
                                                                                             keine Decke, und nichts zu essen. Zu
                                                                                             meinem Glück konnte ich aus dem
                                                                                             vergitterten Fenster Richtung Gärt-
                                                                                             nerei Franz Lüdtke blicken. Und da
                                                                                             sah ich am nächsten Morgen Erna,
                                                                                             die auf der Suche nach mir war. Ich
                                                                                             konnte mich bemerkbar machen und
                                                                                             ihr dann sagen, was los war.
                                                                                                Erna wusste, wo der zuständige
                                                                                             russische Offizier zu finden war – wel-
                                                                                             chen Ranges, ob im Rathaus oder in
                                                                                             der Schule, weiß ich nicht mehr. Sie
                                                                                             konnte ihm die Geschichte schildern,
                                                                                             und er verstand, welche absurden An-
                                                                                             schuldigungen jene Polen gemacht
                                                                                             hatten. Sofort gab er Anweisung,           Abendliche Küchenrunde in unserer „neuen Bleibe“ – dem Internat: Helmut, Herbert, Doris, Karin, Charlotte, Renate
                                                                                             mich freizulassen.
                                                                                                Später ging das Gerücht, dass ein
In diesem Flügel, im Keller und im Erdgeschoss, befanden sich die vier Arrestzellen.
Die Fenster sind inzwischen zugemauert worden.
                                                                                             Pole, der sich im Haus von Bauer Wil-
                                                                                             li Lüdtke 2), Kösliner Str. 43, breitge-
                                                                                                                                        Fahrt nach Körlin mit Hindernissen –
Bad Pyrmont (KöZ)/Bochum (PH).                     hatten wir zum Glück schon vorher in
                                                                                             macht hatte, einen Handel mit (gestoh-
                                                                                             lenem?) Vieh durchgeführt hätte. Um        18. bis 24. August 2019
Als die Soldaten der Sowjetarmee                   Sicherheit bringen können.                die Schuld von sich abzulenken, hatten     Ergänzung zu den Reiseberichten in Nr. 23/2019 – von Peter Harmel
vor Körlin standen, wurde die Stadt                   Aber es war eine sehr schwere Zeit.    er und seine Kumpane sich wohl die
evakuiert. Wir (meine Eltern Martha                Mein Bruder Erich war noch in den         erstbeste Deutsche gegriffen. Es hieß,
und Hermann Abelt, meine Schwester                 letzten Kriegstagen im Lazarett in        dass er selbst unter den polnischen        Bochum (PH). Meine Frau Ulla und                dem Zug der „Stadttore-Linie“ Lü-                leitungen, Geschwindigkeitsbeschrän-
Erna Harmel, meine Schwägerin Else                 Swinemünde an einer Verwundung            Neubürgern bekannt war für krumme          ich haben uns angewöhnt, bei der weiten         beck–Stettin an.                                 kungen bis runter auf 40 km/h, zwi-
Abelt mit den Kindern Ruth, Sieg-                  gestorben, mein Mann und mein             Geschäfte… Aber was da wirklich ab-        Autofahrt vom Ruhrgebiet nach Körlin               Inzwischen hatte ich mit Christoph            schendurch heftiger Regen – es gibt
fried, Martin, Günter 1) und Hannelo-              Schwager Walter waren vermisst, und       lief, haben wir nie erfahren.              jeweils eine Woche vorher und nachher           telefoniert, ob wir Ulla evtl. im Kran-          angenehmere Fahrten in den Urlaub.
re, und ich mit meinem kleinen Sohn                mein kleiner Sohn Udo erkrankte                                                      in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg zu           kenhaus in Belgard vorstellen könnten               Endlich in Körlin angekommen,
Udo) wurden bei Bauer Karl Krause,                 schwer und starb am 5. Mai 1945.          1) Während der Erstellung dieser Ausgabe   verbringen – so auch dieses Jahr, als wir       – Antwort nach Rücksprache mit                   werden wir in den Räumen des Inter-
Stadtfeld 17, untergebracht.                          Am nächsten Tag machte ich mich        erhielten wir die Nachricht, dass Günter   uns Rheinsberg/OPR ausgesucht hatten            Magda: Bloß nicht! Aber die fürsorg-             nats herzlich von unseren Mitreisen-
   Während der kurzen Gefechte um                  mit Erna auf den Weg zu Tischler-         Abelt (Tante Fitis Patenkind und Peters    (und wo es uns bestens gefiel). Nebenbei        liche Magda vereinbart sofort mit ei-            den begrüßt, und Christophs bewährte
Körlin brannte unser Hof Feldstr. 8                meister Helmuth Riedrich, Kösliner        Cousin) verstorben ist, s. S. 17.          traf es sich gut, dass wir mit Ellen und        ner Ärztin in Körlin, dass Ulla sich an          Organisation regelt den Zimmerbezug
ab. Unsere Rinder (zehn Milchkü-                   Str. 18, um einen Sarg zu bestellen.                                                 Horst verabredet hatten, sie Sonntag            sie wenden kann!                                 und das Abstellen des Autos am ehem.
he und drei Stärken) waren, wie wir                Fast bei Riedrichs angelangt, wurden      2) Lüdtkes waren uns schon immer liebe     Mittag in Pasewalk/VG am Bahnhof                   Wir entschließen uns allerdings,              Amtsgericht unter den Fenstern der
später hörten, rechtzeitig aus dem                 wir von einer Gruppe Polen umringt.       Nachbarn. Bauer Willi Lüdtke wurde         abzuholen und nach Körlin mitzuneh-             Ulla zum Krankenhaus in Pasewalk zu              Polizei in Windeseile.
Stall geholt worden, aber danach ver-              Einige trugen uniformähnliche Klei-       von den Sowjetsoldaten verschleppt und     men.                                            bringen, wo man sie sofort untersucht
schwunden – wahrscheinlich hatten                  dungsstücke. Sie jagten Erna zurück       kehrte nicht mehr zurück (wenn wir                                                         und versorgt, eine heftige Gastritis
die Sowjetsoldaten sie fortgetrieben.              und schleppten mich bis zum Rat-          unseren Vater nicht bei Krauses auf dem                                                    feststellt und – stationär aufnimmt!             Montag, 19. August
   Körlin stand unter sowjetischer                 haus. Soweit ich sie verstehen konnte,    Heuboden versteckt hätten, hätte ihm       Sonntag, 18. August                                Die ganze Prozedur dauert natür-
Militärverwaltung, und allmählich                  behaupteten sie, ich hätte unser Vieh     dasselbe Schicksal gedroht). Frau Anna                                                     lich ihre Zeit, so dass Ellen und Horst          Wir besuchen das ehem. Gut in Kosee-
wanderten immer mehr Polen ein.                    an die Russen verkauft! Unser Hof         Lüdtke mit ihren Söhnen Martin und         Allerdings geht es Ulla an diesem Tag           lange warten müssen, bis wir endlich             ger/Kozia Góra, als sich mein Mobil-
Wir hatten zwar kein eigenes Zuhau-                war abgebrannt, unser Vieh war ver-       Kurt gelangte wie meine Eltern und ich     extrem schlecht: Bauchschmerzen,                Richtung Körlin starten können – ich             telefon meldet: Ulla teilt mir mit, dass
se mehr und mussten auf dem Hof                    schwunden – wie sollte das möglich        nach der Vertreibung schließlich nach      Übelkeit – eigentlich wäre sie reif für         würde Ulla dann nach ihrer (hoffent-             sie am Mittwoch entlassen werden
Krause bleiben, und beengt wie es                  gewesen sein?! Mein Beteuern half         Gahlen (bis 1975 Kreis Dinslaken,          einen Arztbesuch. Aber wir können               lich baldigen) Entlassung nachholen.             soll. Ich melde das unserer Reisegrup-
war, mussten wir uns im Pferdestall                nichts, sie steckten mich in eine der     dann Schermbeck/WES bzw. Dorsten/          Ellen und Horst ja nicht im Stich                  Die Hoffnung, dass die Schnell-               pe, aus der ich immer wieder besorgte
einrichten. Aber wir versuchten, un-               Arrestzellen im Keller des Rathauses!     RE). Wir blieben bis zum Tod von Frau      lassen und müssen also zunächst die             straße S6 zwischen Gollnow/Goleni-               Nachfragen erhielt, und Christoph
ser Leben so „normal“ wie möglich zu                  Keine weitere Begründung, nie-         Lüdtke und Kurt gute Freunde (s. Nr.       Fahrt von Rheinsberg nach Pasewalk              ów und Plathe/Ploty inzwischen fertig            sagt sofort: „Ich fahr dich nach Pase-
führen, ja, wir bestellten sogar noch              mand von irgendwelchen Vorgesetz-         11/2013, S. 20).                           bis Mittag „strecken“, und Ellen und            sei (s. Nr. 21/2018, S. 24, u. 22/2019,          walk, und wir holen Ulla ab!“ Ausru-
unsere Felder, denn unsere drei Pferde             ten – ich musste die Nacht in der Zelle                             Peter Harmel     Horst kommen auch pünktlich mit                 S. 27), erfüllt sich leider nicht – Um-          fungszeichen, keine Widerrede!

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Reise in die Heimat – August 2019                                                                                                                                                                                                    Reise in die Heimat – August 2019

Mittwoch, 21. August                       Nun brauchen wir aber eine Erfri-               die Häuser von Lübchow und Kosee-         die mehr als 1.000 Einwohner hatten.
                                           schung und finden diese in der „Ga-             ger vor ihrer Rettung). Immerhin deu-     „Stolzenberg war ein sehr großes Dorf
Das Programm dieses Tages ist der          leria Hosso“ (Süd-Ecke Marktplatz).             tet ein Baugerüst darauf hin, dass es     und erfüllte bereits vielfach die Funk-
Tagesausflug nach Bad Polzin/Pol-          Vom ersten Stock aus hat man eine               wohl saniert werden soll.                 tionen eines lokalen Unterzentrums
czyn Zdrój und zum Gut Heinrichs-          schöne Aussicht auf den Marktplatz                 Es geht weiter in den südlichen Teil   bzw. Marktfleckens“ (VOLLACK, S.
dorf/Siemczyno (s. Nr. 23/2019, S. 9).     – hoffen wir, dass der von Körlin eines         des ehem. Kreises Kolberg-Körlin, der     673). Auch das heutige Slawoborze ist
Christoph hat beim Übersetzen der          Tages auch so schön aussieht!                   heute allerdings zur Gmina Slawobor-      Mittelpunkt einer großen Gemeinde
umfangreichen Ausführungen des                Wir fahren weiter „über die Dör-             ze/Stolzenberg im Kreis Schivelbein/      (Dorf ca. 2.000, Gemeinde ca. 4.200
überaus temperamentvollen Herrn            fer“. Unser erstes Ziel ist Podewils/Po-        Powiat Swidwin gehört. Ich möchte         Einwohner) und macht einen leb-
Bogdan Andziak Schwerarbeit leisten        dwilcze, Stammhaus eines bekannten              gerne einige der in Fachwerk gebauten     haften und gepflegten Eindruck.
müssen; wir kommen um 15.30 nach           und weit verbreiteten pommerschen               Kirchen dieses Gebietes besuchen             Wir halten an der Fachwerkkirche
Körlin zurück – und anschließend           Adelsgeschlechts. Das Gutshaus aus              (auch, um Material für die Rubrik un-     (1840) und können unseren Kame-
will Christoph noch zwei mal ca. 200       dem 14.–17. Jhdt. wurde ca. 1890 in             serer Zeitung zu bekommen).               ras einen Blick durch die Zwischen-
km fahren!                                 neogotischem (Tudor-)Stil umgebaut                 Wir fahren zunächst nach Stolzen-      tür in den Innenraum gönnen (s. Nr.
   Aber ehrlich gesagt, ich bin froh und   – ein imposanter Bau, aber in einem             berg. Die damalige Gemeinde war eine      23/2019, S. 20).
Christoph unendlich dankbar, dass er       jämmerlichen Zustand (ähnlich wie               von nur fünf Gemeinden im Kreis,             Unser nächster Halt ist in dem klei-
                                                                                                                                                                                Schloss Podewils
die Fahrerei auf sich nimmt. Hin- und                                                                                                nen Straßendorf Moitzelfitz („öö“)/
Rückfahrt verlaufen trotz der Baustel-                                                                                               Myslowice. Auch hier steht eine klei-
len zügig, und so sind Ulla und ich                                                                                                  ne Kirche (18. Jhdt.), die in Fachwerk
glücklich, dass wir zum Abend im In-                                                                                                 gebaut ist, aber sie ist äußerlich in
ternat sind und doch noch zusammen                                                                                                   keinem guten Zustand. Dieses dürfte
ein paar Tage in Körlin und mit un-                                                                                                  daran liegen, dass die polnische Ge-
serer Reisegruppe genießen können.                                                                                                   meinde 1994–99 nebenan eine neue
                                                                                                                                     Kirche mit einem kleinen Glocken-
                                                                                                                                     turm gebaut hat (s. Nr. 23/2019, S.
Donnerstag, 22. August                                                                                                               21). Immerhin deutet ein EU-Fonds-
                                                                                                                                     Schild darauf hin, dass das alte Ge-
Barbara, Kerstin und Björn müssen                                                                                                    bäude nicht aufgegeben wird.
sich leider verabschieden – die Pflicht                                                                                                 Die Kirche im nächsten Dorf, Pe-
ruft die Werktätigen.                                                                                                                tershagen/Powalice, ist aus Feldstei-
   Ulla braucht noch etwas Zeit zum                                                                                                  nen gebaut, hat aber einen Westgiebel
Regenerieren, und so steigen Ellen                                                                                                   mit Fachwerkkonstruktion (1708?).
und Horst und Renate zu mir ins                                                                                                         Wir fahren zurück bis Stolzenberg
Auto, und wir fahren nach Belgard/                                                                                                   und biegen dort ab Richtung Norden.
Bialogard. Wir parken direkt beim                                                                                                    In dem Gutsdorf Rogzow/Rokosowo
Hohen – Polziner Tor/Brama Wysoka                                                                                                    leuchtet eine hübsche kleine Kirche        Herr und Frau Pawlik führen uns durch ihren Garten
– Polczynska (14. Jhdt.). Nach ein paar    Belgard, Polziner/Hohes Tor                                                               (18. Jhdt.), „natürlich“ wieder in Fach-
Schritten sind wir am Marktplatz/Plac                                                                                                werk, schwarz-weiß mit rotem Dach          eingeladen! Frau Pawlik ist Leiterin            May aber eine schlechte Presse haben).
Wolnosci. Dieser ist seit einigen Jah-                                                                                               in der Sonne – fast schon ein Bilder-      der Grundschule, Herr Pawlik war                Im Garten stehen ein Tipi, ein Totem-
ren das Schmuckstück der Stadt (auch                                                                                                 buch-Dorf-Idyll.                           Chef der Weiterführenden Schule (von            pfahl, ein Häuptlingssitz, ein Kanu
wenn die Nordost-Ecke zur Kirche hin                                                                                                    Nun aber wird es Zeit, wieder nach      ihm stammt die Idee, uns im Internat            und viele andere indianische Dinge,
immer noch nicht bebaut ist, vgl. Nr.                                                                                                Körlin zurück zu fahren. Wir nehmen        unterzubringen), ist aber inzwischen            und auch das Haus ist voll davon.
4/2005, S. 7!). Wir verlassen die In-                                                                                                die Strecke über Dumzin/Domacy-            im Ruhestand.
nenstadt und gehen über die Fußgän-                                                                                                  no – Schwartow/Zwartowo – Garchen/            Unter einer Laube in dem ausge-
gerbrücke der Leitznitz/Rz. Lisnica                                                                                                  Garnki durch die schöne Hügelland-         dehnten Garten ist der Tisch gedeckt.           Freitag, 23. August
zum Müke-Park/Park Orla Bialego                                                                                                      schaft. Weitgehend abgeerntete Felder      Salate, Soßen, Brot, Getränke aller
mit seinen schönen, gepflegten An-                                                                                                   zeigen hier wie anderswo auf unserer       Art, und Christoph zeigt ein weiteres           Horst möchte heute mit Ellen durch
lagen und dem angrenzenden Gym-                                                                                                      Fahrt, dass in Hinterpommern der           Talent als Grillmaster. Wir werden              Körlin streifen, und so steigen Doris
nasium/Liceum – Horst frischt Erin-                                                                                                  Kartoffelanbau größtenteils dem Ge-        genötigt, kräftig zuzulangen und ha-            und Renate zu Ulla und mir in den
nerungen auf. Dann noch ein kleiner                                                                                                  treideanbau hat weichen müssen.            ben Mühe, all die leckeren Sachen we-           Wagen, und wir fahren nach Kolberg.
Stadtbummel bis zur Friedrichstr./ul.                                                                                                   Nach einer mittäglichen Pause spa-      nigstens probieren zu können (s. Nr.            Wir parken auf dem bewährten Park-
Wojska Polkiego – teils alte, restau-                                                                                                zieren wir über den Friedhof und am        23/2019, S. 11). Und für Ullas noch             platz an der ul. Kamienna (im Ver-
rierte Gebäude wie z.B. die Post, teils                                                                                              Stadion entlang zu dem neuen Wohn-         etwas schonungsbedürftigen Magen                lauf der früheren Mühlenpost), über-
Plattenbauten, aber äußerlich ansehn-                                                                                                gebiet an Persante und Schauberg.          hat Frau Pawlik extra ein Hühnchen              queren die Persante – schade, an das
lich restauriert. Die Ruine der Was-                                                                                                 Hier ist die gesamte Körliner Reise-       gekocht!                                        Batardeau (Festungs-Anlage über den
sermühle allerdings bröselt weiter vor                                                                                               gruppe bei Frau Beata und Herrn Zbi-          Pawliks sind begeisterte Amateur-            Fluss, 18. Jhdt.) erinnert nur noch ein
sich hin.                                  Belgard, Marktplatz (Aussicht von „Galeria Hosso“)                                        gniew Pawlik zum Grillnachmittag           Indianer – Comanche (die bei Karl               Schild- und betreten das Hotel „Nad

Seite 10 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                                                 Ausgabe 24/2020 · Seite 11
In Zusammenarbeit mit der Stadt und Gemeinde Karlino - IDcom.pl
Reise in die Heimat – August 2019                                                                                                                                                                                                   Reise in die Heimat – August 2019

                                                                                       Parseta/An der Persante“. Hier sind        Markt genehmigen wir uns zunächst                 ze Busladungen von Körlinern die             freigegeben, wenn auch nur einspurig.
                                                                                       wir mit unseren lieben Bekannten           eine größere Stärkung und fahren                  Brücke bevölkerten (s. Nr. 23/2019,          Wir rollen gemütlich Richtung Stet-
                                                                                       Anna und Witold Juszczak aus Groß          dann zurück Richtung Körlin, aber                 S. 12). Durch die schöne Grundmorä-          tin, haben noch eine kleine Holper-
                                                                                       Jestin/Goscino verabredet.                 nicht auf direktem Weg:                           nenlandschaft über Groß Pobloth/Po-          strecke dazwischen, aber kommen so
                                                                                          Anna und Witold sind eigentlich            In Degow/Dygowo biegen wir rechts              blocie Wielkie und Kowanz/Kowancz            gut voran, dass Ellen und Horst in
                                                                                       Lehrer von Beruf. Aber während der         ab Richtung Bartin/Bardy, überque-                fahren wir zurück in „unser“ Internat.       Pasewalk eine Stunde früher abfahren
                                                                                       Sommerferien gibt es keine Zloty! So       ren die Persante Richtung Lustebuhr/                                                           können. Ulla und ich fahren weiter
                                                                                       müssen sie jobben gehen, und beide         Wloscibórz (s. Nr. 17/2016, S. 25),                                                            bis Schwielowsee-Caputh/PM, wo wir
                                                                                       arbeiten in der Rezeption des Hotels.      fahren über Peterfitz/Piotrowice nach             Samstag, 24. August                          noch ein paar Tage für Ausflüge, u.a.
                                                                                       Anna hat ihren Beruf ganz aufgege-         Klaptow/Klopotowo und kommen                                                                   nach Berlin und Potsdam, nutzen wol-
                                                                                       ben; sie fühlt sich sehr wohl bei dieser   zur Klaptower oder Klara-von-Wedel-               Wir haben noch die Gelegenheit, uns          len (s. Leserbriefe von Helmut Lemke, s.
                                                                                       Arbeit und bekommt hier sogar mehr         Brücke. War da nicht früher mal was?              bei der Leiterin des Internats, Frau         Nr. 23/2019, S. 19).
                                                                                       Geld als im Schuldienst.                   Anhalten! Wir sind nur zu viert, „Pu-             Justyna Syga, zu bedanken, dann ein             Nach so einer gemeinsamen Fahrt
                                                                                          Das Hotel vermittelt seinen Gästen      schen“ haben wir auch nicht, aber wir             letztes Frühstück im „Bistro City“,          kommt immer etwas Wehmut auf,
                                                                                       viele Extras wie z.B. Transfers zum        rufen nach altem Brauch „Puschen                  und Abschied von Körlin.                     aber es bleibt die Hoffnung, dass die-
                                                                                       und vom Strand, Eintrittskarten oder       raus!“ und trinken ein Schlückchen                   Auf der S6 hinter Witzmitz/Wici-          se Fahrt der Körliner und Dassower
                                                                                       Ausflüge, und Anna und Witold sind         Sekt (der Fahrer natürlich nicht) in              mice die Überraschung: Ein Seite der         nicht die letzte war!
Kolberg, Batardeau und Hotel „Nad Parseta“                                             mit ihren perfekten Deutsch-Kennt-         Gedenken an frühere Zeiten, als gan-              Schnellstraße ist für beide Richtungen                                  Peter Harmel
                                                                                       nissen genau die richtigen Ansprech-
                                                                                       partner für die Sonderwünsche der
                                                                                       vielen deutschen Gäste des Hauses.
                                                                                       Auch deutsche Busreise-Unternehmen
                                                                                       bieten Kuraufenthalte im „Nad Parse-
                                                                                                                                  Die Gartenstraße / ul. Wojska Polskiego
                                                                                       ta“ an.
                                                                                          Anna und Witold werden begleitet
                                                                                       von ihren Söhnen Michal (der „2.“)
                                                                                       und Benedykt (der 5. und jüngste).
                                                                                       Eigentlich haben sie heute gar nicht
                                                                                       viel Zeit, denn am Samstag steht
                                                                                       Michals Hochzeit an! Wir genehmi-
                                                                                       gen uns eine Stärkung im Café „Róza-
                                                                                       ny Ogród/Rosengarten“ in der Mari-
                                                                                       enstr./ul. Mariacka (die Kuchen sind
                                                                                       wieder sehr lecker, die Stücke waren
                                                                                       allerdings schon mal größer) und ha-
                                                                                       ben uns gegenseitig viel zu erzählen.
                                                                                       Dann spazieren wir u. a. durch die
Kolberg, ehem. Lyzeum                                                                  Luisenstr./ul. E. Lopuskiego, vorbei
                                                                                       am ehem. Lyzeum (s. Nr.22/2019, S.
                                                                                       14–15), über die Brücke über die Ei-       Ecke Feldstraße/ul. S. Moniuszki, Blick Richtung Kösliner Straße      „Bistro Café Pub City“; hier bekam unsere Reisegruppe 2019 ihr Frühstück
                                                                                       senbahn zum Strand. Bei schönstem
                                                                                       Sommerwetter ist der Strand gut be-
                                                                                       sucht, viele Boote fahren über die
                                                                                       Ostsee, auf dem Seesteg riecht es nicht
                                                                                       nach Seeluft, sondern nach Schiffsdie-
                                                                                       sel. Auf der Strandpromenade gibt es
                                                                                       alles zu kaufen und zu essen, was das
                                                                                       (polnische) Touristenherz begehrt.
                                                                                          Witold holt Anna mit dem Auto ab,
                                                                                       zurück an die Arbeit im Hotel, und da
                                                                                       Doris und Ulla nicht so gut zu Fuß
                                                                                       sind, ist Witold bis in Strandnähe ge-
                                                                                       fahren und nimmt sie nun mit Rich-
                                                                                       tung Rathaus, wo wir uns beim Was-
                                                                                       serklops treffen wollen. Renate und
                                                                                       ich gehen zu Fuß zurück – das zieht
Kolberg, Café „Rózany Ogród“: Michal, Ulla, Peter, Renate, Witold mit Benedykt, Anna   sich. In einem der Restaurants am          Blick Richtung Schützenstraße/ul. T. Kosciuski

Seite 12 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                                                   Ausgabe 24/2020 · Seite 13
In Zusammenarbeit mit der Stadt und Gemeinde Karlino - IDcom.pl
Reise in die Heimat – August 2019                                                                                                                                                                                                  Kirchenansichten – Teil 10

Die Persante in Körlin
                                                                                                                         Nehmer
                                                                                                                         Nehmer (Amt Drenow, Kreis Kolberg-Körlin)/Niemierze (Gmina Siemysl, Powiat Kolobrzeg)

Von der Schlossbrücke flussaufwärts; links die Reste des Schlosses

Von der Schlossbrücke flussabwärts                                   Von links fließt der Mühlengraben in die Persante
                                                                                                                         Herz-Jesu-Kirche – Außenaufnahme Richtung Südosten; Turmunterbau u. Chor 1288?/15. Jhdt.?; Schiff erneuert u. Turmoberbau 1544;
                                                                                                                         Süd-Anbau („Liekhus“) 17. Jhdt.; Erneuerungen (Turmspitze u.a.) nach 1761 u. 1931; Altargehäuse spätbarock
                                                                                                                         Quellen: LANDMESSER S. 79–80, VOLLACK S. 438–440

Am „Wasserfall“                                                                                                          Innenaufnahmen – Richtung Osten...                                   ...und Westen

Seite 14 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                                       Ausgabe 24/2020 · Seite 15
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Lesermitteilungen                                                                                                                                                                                                              Familiennachrichten

Bigos – ein Leserbrief von Leuten vom Fach                                                                                                                Bescheiden war dein Leben, fleißig deine Hand.
(zu Nr. 13/2014, S. 23)
                                                                                                                                                      Friede hat dir Gott gegeben, ruhe sanft und habe Dank.

                                                            Liebe Ulla, lieber Peter,                                                                       In liebevollem Gedenken nehmen wir Abschied von
                                                            bestimmt hat euch auf dem Essener Weihnachtsmarkt das
                                                            Bigos gut geschmeckt (ja!!), und auch der große Champi-
                                                            gnon, den ihr vermutlich absichtlich für das Foto dahin
                                                            drapiert habt (stimmt!! U. & P.).
                                                               Euer Bigos-Koch scheint sich aber schon sehr an deut-
                                                                                                                                                                         Günter Abelt
                                                            sche Essgewohnheiten angepasst zu haben, denn in einem
                                                                                                                                                                   * 19. Oktober 1938      † 21. Mai 2020
                                                            richtigen Bigos haben Champignons eigentlich nichts zu
                                                            suchen. Pilze gehören zwar unbedingt dazu, aber es müs-
                                                            sen Waldpilze sein, am liebsten selbst gesammelt, und am
                                                            besten Steinpilze, getrocknet und eingeweicht, während                                                              Deine Gerda
                                                            der Pilzsaison natürlich frisch.
                                                                                                                                                               Frank und Heike mit Elina, Malin und Lukas
                                                               Wenn euer Meisterkoch sich an diese Grundregel hält,
                                                            wird euch auf dem nächsten Essener Weihnachtsmarkt                                                   Edith und Hermann mit Mark und Robin
                                                            das Bigos sicherlich noch mal so gut schmecken.
                                                                                                                                                                   Karla und Rainer mit Viola und Simon
                                                               Zudem: Je nach regionaler und Familien-Tradition kön-
                                                            nen bis zu ca. 50 Zutaten ein Bigos bevölkern: u.a. Fleisch                                                       und Anverwandte
                                                            (z.B. Rippchen, gekocht), Speck, Wurst (geräuchert und
                                                            gewürzt), Zwiebeln, Wacholderbeeren, Majoran, Küm-
                                                            mel, und wer es ganz edel machen will, gibt noch einen                                              46514 Schermbeck-Gahlen, Bühnenberg 72
                                                            Schuss Rotwein hinzu!
                                                               Auf jeden Fall: Viel Erfolg beim Nachkochen und Ex-
                                                                                                                                                           Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt.
                                                            perimentieren, und Guten Appetit, oder: „Smacznego!“

Jola: „… und immer kräftig rühren!“                                                            Eure Jola und Christoph

                                                                                                                          Nachruf auf Arnold Birk
                                          Freu dich über jede Stunde
                          Freu dich über jede Stunde, die du lebst auf dieser Welt.                                       Bochum (PH). Von Frau Rosmarie Becker, Starnberg, Vor-         M.E. sind Birks schon in den 1970er und 80er Jahren
                                                                                                                          sitzende der dortigen Kreisgruppe der Pommern, Ost- und        nach Ostpreußen und Pommern gefahren und waren
                      Freu dich, dass die Sonne aufgeht und auch, dass der Regen fällt.                                   Westpreußen, erhielten wir die traurige Nachricht, dass Herr   auch in Garchen bei Körlin, wo Herr Birk herstammt.
                     Du kannst atmen, du kannst fühlen, kannst auf neuen Wegen gehn.                                      Arnold Birk, Starnberg, früher Garchen, am 7.4.2018 im
                      Freu Dich, dass dich andere brauchen und dir in die Augen sehn.                                     Alter von 90 Jahren verstorben ist.                            Weiter schrieb Frau Becker:
                                                                                                                             Auf unsere Antwort schrieb Frau Becker ein zweites Mal.     Wir denken auch sehr an unsere Heimat; zwei Mitglieder
                                                                                                                          Wir haben ihre Mails zu einem Nachruf auf Herrn Birk           sind aus Kolberg und Stolp. Ich selbst komme ja auch
                          Freue dich an jedem Morgen, dass ein neuer Tag beginnt.                                         zusammengefasst:                                               aus dem Kreis Kolberg-Körlin, aus Degow, war aber da-
                        Freu Dich über Frühlingsblumen und am kalten Winterwind.                                                                                                         her mehr nach Kolberg orientiert, wo auch die Großel-
                   Du kannst hoffen, du kannst kämpfen, kannst dem Bösen widerstehn.                                      Unser lieber, von uns allen so verehrter Arnold Birk war       tern lebten und ich seit 1940 das Lyzeum besuchte. Ich
                                                                                                                          ein Mann, der sich seit 1949 sehr für die Vertriebenen in      war 2010 das letzte Mal in Kolberg. Jetzt sind aus un-
                       Freu dich, dass die dunklen Wolken irgendwann vorübergehn.                                         Bayern eingesetzt hat. Nicht nur, dass er der Kreisgrup-       serer Gruppe auch fast alle schon zu alt für Reisen in die
                                                                                                                          pe Starnberg der Pommern, Ost- und Westpreußen viele           Heimat, und allmählich merke ich auch meine 90 Jahre
                           Freue dich an jedem Abend, dass du ein Zuhause hast.                                           Jahre lang ein wunderbarer Leiter war, hat er sich zuerst in   schon ein bisschen und kann mir nicht mehr so viel vor-
                         Freue dich an schönen Stunden und vergiss die laute Hast.                                        München eingesetzt und war im ganzen Landesverband             nehmen.
                                                                                                                          Bayern sehr tätig.                                                Ich finde es einfach super, dass sich bei Ihnen die zwei-
                    Du kannst leben, du kannst träumen, jemand kann dich gut verstehn.
                                                                                                                             Außerdem war er 68 Jahre mit seiner geliebten Frau          te und dritte Generation so für die pommersche Heimat
                          Freu dich über jede Stunde, denn das Leben ist so schön.                                        Edith (Ostpreußin) sehr glücklich verheiratet; sie kannten     einsetzen.
                                                                                                                          sich 70 Jahre. Sie wird im Sommer 94 Jahre alt. Ihr geht          Vielen Dank für all Ihren Einsatz und Ihre Mühe, auch
                                                  Verfasser unbekannt,                                                    es gesundheitlich nicht so gut, sie war gerade im Kran-        sicher im Namen von Birks. Bleiben Sie gesund und ganz
                             Melodie: Ludwig van Beethoven: „Freude, schöner Götterfunken“                                kenhaus zu einer kleinen Operation. Sie hat gottlob eine       herzliche Grüße
                                                                                                                          sehr liebe Familie, die ihr sehr beisteht. Ihre Tochter ist                                            Ihre Rosmarie Becker
                                         (ausgesucht von Margret Witte, s. S. 3)                                          als Kinderärztin sehr beschäftigt.

Seite 16 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                             Ausgabe 24/2020 · Seite 17
In Zusammenarbeit mit der Stadt und Gemeinde Karlino - IDcom.pl
Partnerstädte von Karlino                                                                                                                                                                                                                Partnerstädte von Karlino

                                                                                                                                     Birnbaum/Międzychód        (Kreisstadt
Ausstellung zur Familie Bernhard                                                                                                     in Großpolen/Wielkopolska, d. Red.)
                                                                                                                                     im Königreich Polen. Er lebte beim
soll nach Dargun kommen                                                                                                              Hofjuden Juda Moses, der ebenfalls
                                                                                                                                     aus Birnbaum stammte und unter
Ein unbekanntes Stück jüdischer Geschichte der Stadt ist bewahrt                                                                     dem Schutz der im Darguner Schloss
                                                                                                                                     lebenden Prinzessin Augusta von
(s. Nr. 20/2018, S. 25, d. Red.) – von Gerald Gräfe                                                                                  Mecklenburg-Güstrow stand. Beh-
                                                                                                                                     rend Liepmanns Sohn Isaac Behr
                                                                                                                                     nahm 1813 den Familiennamen
Dargun (GG). Dr. Hans Hoffmann                                                                                                       Bernhard an. Dessen Sohn Behr Isaac
wollte zum Gedenken an die Reichs-                                                                                                   Bernhard gründete 1838 eine Bürsten-
pogromnacht am zurückliegenden                                                                                                       und Bürstenholzfabrik. 1877 ernann-
9. November 2018 an den Darguner                                                                                                     te ihn Großherzog Friedrich Franz
Klostersee reisen und das Schicksal                                                                                                  II. von Mecklenburg-Schwerin zum
seiner Familie vorstellen. Doch der                                                                                                  Großherzoglich-Mecklenburgischen
Nachkomme der Familie Bernhard                                                                                                       Kommissionsrat. Dieser Ehrentitel
starb unerwartet. Aber er hinterließ                                                                                                 wurde an Geschäftsleute vergeben, die
viele Dokumente zur Historie seiner                                                                                                  sich um das Gemeinwohl verdient ge-
jüdischen Vorfahren.                                                                                                                 macht hatten. Siegmund Bernhard als
   Noch kurz vor seinem Tod sprühte                                                                                                  einziger Sohn des Kommissionsrates
der Mann vor Ideen und Tatendrang.                                                                                                   verlegte 1890 das Familienunterneh-
Sein in Israel lebender Cousin Uri                                                                                                   men nach Rostock. Damit endet die
plane eine Reise auf den Spuren der                                                                                                  Geschichte der Bernhards am Kloster-
Vorfahren in Mecklenburg. Dargun                                                                                                     see. Ein Großteil der Familie konnte
soll ein Ziel sein. „Ich möge ihm                                                                                                    in den 1930er Jahren nach England
dabei helfen, indem ich einen Reise-                                                                                                 und Südamerika ausreisen. Einige der
plan entwerfe und mich als Führer                                                                                                    Bernhards kamen in den Konzentrati-      Der vormalige Darguner Bürsten- und Bürstenholzfabrikant Siegmund Bernhard im Kreise
zur Verfügung stelle“, schrieb der bei                                                                                               onslagern des Deutschen Reiches um       seiner in Rostock lebenden Familie (Repro: Gerald Gräfe)
Berlin lebende Nachkomme der jü-                                                                                                     Leben, so auch der 1886 in Dargun
dischen Familie Bernhard. Seinem in                                                                                                  geborene Arnold Bernhard: Der letz-      Fotografin forscht auch zum Schicksal         rische Bilddokument erhielt sie von
England lebenden Onkel Jeffrey (Jür-                                                                                                 te Vorsteher der jüdischen Gemeinde      ihrer Familie. Deren letzten Jahre in         dem Verstorbenen. Die Ausstellung
gen) Bernhard half er, dessen Famili-                                                                                                von Rostock wurde am 9. Oktober          Rostock und das Exil von Großvater            ist bis zum 20. Februar 2019 in derBe-
endokumente, Korrespondenzen und                                                                                                     1944 im KZ Auschwitz-Birkenau er-        Paul bzw. Vater Joachim Bernhard in           gegnungsstätte für jüdische Geschich-
Fotos zu sichten, zu sortieren und zu                                                                                                mordet.                                  Südamerika ist Gegenstand ihrer Aus-          te und Kultur Max-Samuel-Haus in
beschriften: „Darunter sind Briefe ei-                                                                                                  Der Besitzer der 1938 „arisierten“    stellung „Das Schiff“. „Ohne Hans             Rostock zu sehen. Danach möchte er
ner Überlebenden von Theresienstadt,                                                                                                 Bürstenfabrik ist der Großvater von      hätte ich vieles nicht gewusst“, erin-        sie in Dargun zeigen, informierte Dr.
in denen sie über das Schicksal der                                                                                                  Hans Hoffmann. Arnolds Bruder            nert sich die Fotografin dankbar an           Ulf Heinsohn als Leiter der Stiftung
dortigen Juden aus Mecklenburg be-                                                                                                   Paul Bernhard ist der Großvater von      die Reise mit ihrem Cousin vor zwei           Max-Samuel-Haus.
richtet, darunter auch meiner Groß-                                                                                                  Irma Bernhard. Die in Chile lebende      Jahren nach Dargun. Manches histo-                                     Gerald Gräfe
eltern und meiner Urgroßmutter
Helene Bernhard.“ Stolz schrieb der
Mann: „Ich bin beauftragt, einen
Zeitstrahl und eine Familienchronik
anzufertigen, die in Chile in Deutsch,
                                                                                                                                     Ein Brief von der Ostfront Anno 1917
Englisch und Spanisch gedruckt wer-                                                                                                  Die Schokolade für die Ehefrau steckte in der Eierkiste – von Gerald Gräfe
den soll.“ In Dargun möchte er in der
Synagoge und an der Schule über das
Schicksal seiner Familie sprechen.                                                                                                   Dargun (GG). Für ein Stück Sahne-        der Armee des Deutschen Kaiser-               Der Schreiber, es handelt sich um
   Aus diesen Vorhaben wird nichts                                                                                                   torte nebst einem Pott Kaffee erhielt    reiches sind mit Kopierstift geschrie-        Richard Peters, schrieb an „mein
– der 69jährige verstarb unerwartet.                                                                                                 Andreas Hübscher einen Feldpost-         bene Zeilen zu entziffern, welche am          liebes Fraulein“ und dankte ihr für
Vordem stellte er einen Teil seiner Fa-                                                                                              brief aus dem Jahr 1917. Nun sucht       5. Juli 1917 der „Telegraphist R. Peters      deren Brief. Er kündigte seiner Ehe-
milienhistorie der Forschung in Dar-                                                                                                 der Mann die Nachkommen jenes            II“ nach Dargun schrieb. Adressat des         frau ein Paket an. In einer Eierkiste
gun zur Verfügung.                                                                                                                   Soldaten, der die Zeilen von der Ost-    Feldpostbriefes ist „Frau Else Peters,        stecke eine Schokolade, „die ich hier
                                          Auszug aus einem „Bittgesuch des Behrend Liepmann 1769“: Der seit 1739 in Dargun lebende
   Denn die Bernhards gehörten zu         Jude Behrend Liepmann bat 1769 um Erlass der jährlich zu zahlenden sechs Reichstaler       front an sein „liebes Fraulein“ ab-      Dargun i. Mecklenburg, Friedrich-             mal ergattert habe. Hoffentlich ist sie
den ersten Juden am Klostersee. 1739      Schutzgeld, da er fast erblindet und ohne Einnahmen sei. Seine Nachkommen nahmen 1813      schickte. Auf dem groben Papier des      Franz-Straße 5.“ Das ist die heutige          gut.“ Für den anstehenden Geburts-
kam Behrend Liepmann aus der Stadt        den Familiennahmen Bernhard an. (Repro: Gerald Gräfe)                                      zusammenklappbaren Briefformulars        Demminer Straße.                              tag seiner Mutter habe er eine Flasche

Seite 18 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                                             Ausgabe 24/2020 · Seite 19
Partnerstädte von Karlino                                                                                                                                                                                                                                Pommern Geschichte

                                                                                                                                                   Die Geschichte der Herzogtümer
                                                                                                                                                   Pommern 1474 bis 1637

                                                                                                                                                   Vorbemerkung                              Menge an Ereignissen ins Stocken ge-       nen. Aber man macht beim Lesen von
                                                                                                                                                                                             raten ist.                                 Werken zur Geschichte die Erfahrung:
                                                                                                                                                   Liebe Leserinnen und Leser                    Betonen möchte ich, dass ich kei-      Es erscheint ein Name, der vor einigen
                                                                                                                                                   der Körliner Zeitung,                     neswegs den Anspruch erhebe, eine          Seiten schon einmal aufgetaucht war,
                                                                                                                                                                                             Wissenschaftliche Arbeit abgeliefert       und man fragt sich trotzdem: Wer ist
                                                                                                                                                   nach meinen Referaten über Her-           zu haben. Fast alles ist aus Sekundärli-   diese(r)? – und blättert zurück.
                                                                                                                                                   zog Bogislav X. (1474–1523) in Kör-       teraturen entnommen, wobei ich aber           Noch eine Bitte an die Leser, die sich
                                                                                                                                                   lin 2012 und über das Herzogtum           auf keinen Fall geguttenbergt habe,        tatsächlich durch die Texte hindurchge-
                                                                                                                                                   Pommern-Wolgast (1569–1625) in            da alle wörtlichen Zitate belegt sind      ackert haben: Wenn es inhaltliche Kor-
                                                                                                                                                   Lubmin 2013 wurde ich mehrfach            (s. die Zahlen im Text). Betrachten Sie    rekturen oder wichtige Ergänzungen
                                                                                                                                                   gefragt, ob ich diese Arbeiten Interes-   die Arbeit einfach nur als eine Fleiß-     gibt, lassen Sie es mich bitte wissen!
                                                                                                                                                   senten schriftlich zur Verfügung stel-    arbeit eines pensionierten Lehrers.           „Viel Spaß“ bei der Lektüre kann
                                                                                                                                                   len könnte.                                   Die „Spekulationen über das Aus-       ich niemandem wünschen, denn dazu
                                                                                                                                                      Daraufhin habe ich auch noch           sterben der Greifen-Dynastie“ sowie        sind die Inhalte zu dramatisch und
                                                                                                                                                   über die dazwischen liegende Zeit         die verschiedenen Tabellen habe ich        tragisch und gegen Ende nur noch
                                                                                                                                                   und über das Herzogtum Pommern-           selbst erarbeitet.                         traurig. Dennoch hoffe ich, mit mei-
                                                                                                                                                   Stettin (1569–1637) ein Manuskript            Den Leser*innen wird wahrschein-       ner Arbeit eine vergangene, unterge-
Der Feldpostbrief – adressiert an „Frau Else Peters, Dargun i. Mecklenburg, Friedrich-Franz-Straße 5“, die heutige Demminer Straße
(Foto: Gerald Gräfe)                                                                                                                               zusammengestellt, wobei die Arbeit        lich auffallen, dass im Text immer wie-    gangene Zeit ins Gedächtnis gerufen
                                                                                                                                                   am letzten Teil, über Herzog Bogis-       der die Lebens- bzw. Regierungsdaten       zu haben.
                                                                                                                                                   lav XIV. (1620–37), aufgrund der          der jeweiligen Protagonisten erschei-                                  Peter Harmel
Portwein besorgt, doch „Kaffee kann             meekorps angegliedert und 1917 an                diversen Familien Peters bzw. deren
ich keinen anschaffen.“ Im weiteren             der Ostfront gegen das zaristische               Nachkommen im Stadtgebiet waren
Verlauf des Briefes offenbarte Peters           bzw. republikanische Russland im                 erfolglos. Doch vielleicht findet sich
eine seiner Schwächen. Denn Ehefrau             Einsatz. Die deutschen Truppen stan-             doch noch ein Abkömmling des Tele-
Else hatte ihm Bonbons geschickt:               den im Sommer in den Kämpfen zur                 graphisten, hofft Andreas Hübscher.               1. Hoch- und Spätmittelalter              ten betraut, ohne Herzogsvollmachten       10–12 Barnims, 10 Wartislavs und
„Eigentlich sollst du sie essen, Liebe,         Abwehr der letzten russischen Offen-                                                                                                         zu erhalten.                               6–9 Kasimirs. (Die Benennungen in
Dir ist auch mal etwas Süßes gut.               sive und zur folgenden Besetzung des                                            Gerald Gräfe       1.1. Pommern                                 Das unter den o.g. Bedingungen          dieser Arbeit folgen der mittlerweile
Aber Du kennst ja meine Schwäche                Baltikums. In den Jahren vorher war                                                                                                          immer wieder vorkommende Aus-              allgemein angewendeten Zählung nur
dafür.“ Mahnende und tröstende                  das VI. Armeekorps an der Westfront                                                                Es ist schwierig, die Geschichte des      sterben einer Teillinie der Greifen-       der regierenden Herzöge).
Worte zum Umgang mit seiner Mut-                gegen die Armeen Frankreichs und                                                                   Herzogtums Pommern im Hoch- und           Dynastie führte wiederum zu Verei-            Neben diesen verschiedenen Pom-
ter sind nachzulesen. Diese schien ei-          Großbritanniens eingesetzt. Dort                                                                   Spätmittelalter zu verfolgen.             nigungen von Teilherzogtümern, die         merschen Teilherzogtümern (wie
nen resoluten Ton nicht nur gegenüber           nahm Peters wahrscheinlich auch an                                                                    Ein Faktor für diese Feststellung      aber nicht selten mit Erbstreitigkeiten    Pommern-Stettin, -Wolgast, -Schla-
der Schwiegertochter, sondern auch              den Schlachten um Verdun und an                                                                    ist, dass für die Dynastie der Herzöge,   verbunden waren.                           we/Slawno, -Stolp/Slupsk, -Rügen-
den Hausmädchen anzuschlagen. Im                der Marne sowie an den ebenfalls ver-                                                              die „Greifen“, nur die männliche Erb-        Erschwert wird das Verständnis der      walde/Darlowo, -Barth, -Demmin,
Gegensatz zu seiner Mutter wisse sei-           lustreichen Kämpfen in Flandern teil.                                                              folge galt, wobei aber alle männlichen    Abläufe durch die Namen der Herzöge.       -Rügen und der Grafschaft Gützkow)
ne Else „mit Mädchen umzugehen“.                Richard Peters hatte wohl Glück und                                                                Nachkommen erbberechtigt waren.           Immerhin bezieht sich die Nummerie-        existierte in Pommern zusätzlich noch
Die würden deshalb länger aushalten,            kehrte lebend in seine Heimat zurück.                                                              Die Folgen waren zahlreiche Landes-       rung durchgehend auf die Herrscher         ein weiteres Territorium: Das welt-
wenn die Mutter wieder abgereist sei.           Jedenfalls findet sich sein Name nicht                                                             teilungen und Unterteilungen.             sämtlicher Teilherzogtümer. Es gibt        liche Gebiet geistlicher Würdenträger,
Denn ganz ohne Mädchen gehe es al-              auf dem Gedenkstein für die 100 an                                                                    Seit 1295 trat es daher immer wie-     aber in der Zählung Diskrepanzen,          nämlich die „Stiftslande“ der Bischöfe
lein im Haushalt nicht, sorgt sich der          den Fronten ums Leben gekommenen                                                                   der ein, dass beim Tode eines Herzogs     wenn Söhne, die früh verstarben und        von Cammin/Kamien Pomorski, die
Telegraphist Peters. Er schließt seinen         Männer der damaligen Gemeinde                                                                      das Land unter seinen Söhnen geteilt      gar nicht an die Regierung kamen,          das Gebiet um Kolberg/Kolobrzeg,
Brief mit den Worten: „Mit herzlichen           Dargun.                                                                                            wurde, wobei nicht volljährige Herzö-     in der älteren Geschichtsschreibung        Körlin, Köslin/Koszalin und Bublitz
Grüßen und Küssen für Dich und die                 Andreas Hübscher, der den über                                                                  ge unter Vormundschaft gestellt wur-      trotzdem mitgezählt wurden. So gab         (Kreis Köslin)/Bobolice (Powiat Kos-
Kinder, Dein treuer Richard.“                   100 Jahre alten Feldpostbrief von                                                                  den. Somit gab es Phasen, in denen        es u.a. 14 Bogislavs (von denen XI.        zalin) umfassten und die mittelpom-
   Einige Angaben ermöglichen es                einem Besucher seines Bahnhofs-                                                                    Brüder bzw. Onkel und Neffen oder         1514 und XII. 1542 früh starben, aber      merschen von den südlichen (Belgard/
nachzuvollziehen, von wo aus der Te-            Cafés für ein Stück Sahnetorte nebst                                                               Vettern gemeinsam – oder auch ge-         immer stillschweigend mitgezählt wer-      Bialogard und Neustettin/Szczecinek)
                                                                                                 Andreas Hübscher ist an allem Geschicht-
legraphist seinen Brief verfasste. Der          einem Pott Kaffee erhielt, ist auf der           lichen interessiert und gelangte so auch in den   geneinander – regierten. Auch wurden      den, weil Bogislav XIII. und XIV. ihre     und den ostpommerschen (Rügenwal-
Mann diente bei der Fernsprech-Ab-              Suche nach den Nachfahren des Te-                Besitz des Feldpostbriefes von 1917.              jüngere Söhne oder Brüder gelegent-       zahlreichen Urkunden grundsätzlich         de-Schlawe-Stolp) herzoglichen Ge-
teilung 616. Diese war dem VI. Ar-              legraphisten. Erste Anfragen bei den             (Foto: Gerald Gräfe)                              lich mit der Verwaltung von Teilgebie-    mit diesen Ziffern versehen ließen),       bieten trennten.

Seite 20 · Ausgabe 24/2020                                                                                                                                                                                                                        Ausgabe 24/2020 · Seite 21
Pommern Geschichte                                                                                                                                                                                                                                   Streiflichter

In den Stiftslanden herrschten seit
1248 die Bischöfe als Landesherren,
teils in Einklang, teils in Konfrontati-
                                           Die Brandenburger versuchten immer
                                           wieder, die Herzöge von Pommern in
                                           ein abhängiges Lehensverhältnis zu
                                                                                                                                    Neuigkeiten aus der kleinen Stadt
on mit den Herzögen, und seit 1417/22      zwingen, d.h. sie zu ihren Vasallen zu                                                   Zusammengestellt von Christoph Szczecinski und Peter Harmel
souverän und als weltliche Herrscher       machen. Den Pommerschen Herzögen
nur noch dem Kaiser des Heiligen           gelang es zwar hin und wieder, das Le-
Römischen Reiches Deutscher Nati-          hensverhältnis zu Brandenburg aufzu-                                                     Corona-Schutzmasken für alle Einwohner
on, nicht aber den Herzögen unter-         heben, aber die Kurfürsten konnten
stellt. Die Hauptresidenz der meisten      jedes Mal durchsetzen, zumindest ein                                                     Asperg (CS)/Bochum (PH). Während in Deutschland             PLN 10.000 (ca. € 2.500). Die Masken wurden von zwei
Bischöfe war zwischen ca. 1375 und         Erbrecht, die „Eventualerbfolge“, auf                                                    lange über den Einsatz von Atemschutzmasken zum             Firmen in Karlino hergestellt: ‚Dobra Marka/Gute Marke‘
ca. 1550 das Schloss von Körlin.           Pommersche Herzogtümer zu erlan-                                                         Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus diskutiert       und ‚Probranding‘.
   Das Bistum Cammin war schon             gen.                                       Das Körliner Schloss, Ausschnitt aus: Matt-   wurde, hatte man in Karlino längst gehandelt: Schon am         Ab dem 3. April wurden die Schutzmasken verteilt; bis
seit 1188 exemt, d.h. keinem Erzbis-          Das Bestreben der Herzöge von           häus Merian d. Ä. (1593–1650): Topographia    27. März beschlossen die Behörden der Stadt und Ge-         Ostern (12. April) hatten fast alle ca. 9.300 Einwohner
tum (weder Magdeburg noch Gne-             Pommern dagegen ging dahin, Pom-           Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pome-   meinde 10.000 Masken zu kaufen. Die ‚Bank Spóldzielczy      von Stadt und Gemeinde ihre Masken erhalten.
                                                                                      raniae, ed. Frankfurt 1652, S. 41
sen/Gniezno), sondern direkt dem           mern zu einem reichsunmittelbaren,                                                       Bialogard/Volksbank Belgard‘ unterstützte die Aktion mit
Papst unterstellt.                         also souveränen Fürstentum zu ma-
   Es umfasste ein Gebiet weit über        chen, das nur dem Kaiser unterstellt       ten einander immer wieder ab; gele-
die Grenzen Pommerns hinaus bis in         war. Somit kam es für die Pommer-          gentlich war ein Teilherzogtum mit
Teile von Brandenburg (Uckermark,          schen Herzogtümer zu einem stän-           dem Orden, ein anderes mit Polen              „Unternehmerfreundliche Stadt“
Neumark) und Mecklenburg.                  digen Wechsel ihrer Lehensstellung         oder Brandenburg verbündet – die
   Andererseits gehörten Rügen kirch-      zwischen Kaiser und Reich einerseits       Pommerschen Herzöge waren unzu-               Asperg (CS). Im Dezember letzten Jahres wurde der Stadt
lich zum Dänischen Bistum Roskilde,        und Brandenburg andererseits:              verlässige Vertragspartner.                   Karlino der Titel „Unternehmerfreundliche Stadt“ für das
der Westen Vorpommerns zum Bis-            • 1181 Belehnung von Herzog Bogis-            Nach dem Niedergang des Deut-              Jahr 2018 durch das „Institut für Europäische Wirtschaft“
tum Schwerin und die Lande Lau-              lav I. (1151–87) durch Kaiser Fried-     schen Ordens hatten die Pommerschen           verliehen.
enburg/Lebork und Bütow/Bytów                rich I. Barbarossa (1152–90),            Herzöge insofern Erfolg, dass sie, un-           Das Institut fand 398 Städte in Polen, in denen der
schon seit 1123 zum Polnischen Bis-        • 1185 Unterwerfung Bogislav I. unter      ter Führung von Herzog Erich II. von          Wert der Unternehmen pro Kopf mehr als 10.000 PLN
tum Leslau/Wloclawek (Woj. Kujawy            die Oberhoheit von König Knut VI.        Pommern-Stolp (1457–1474) (des Va-            (ca. € 2.500) beträgt. Karlino belegte den 34. Platz und
i Pomorze).                                  (1182–1202) von Dänemark,                ters Bogislav X.), im 13-jährigen Krieg       war die Nr. 1 unter den Städten der Wojewodschaft West-
   Ein weiterer Faktor in der Geschich-    • 1231 Pommern wieder Teil des             (1454–66) des Preußischen Bundes              pommern, vor Barlinek/Berlinchen, Szczecinek/Neustet-
te Pommerns schafft weitere Kom-             Deutschen Reiches, aber unter            und Polen-Litauens gegen den Deut-            tin, Goleniów/Gollnow und Police/Pölitz.
plikationen: Die Handelsstädte, die          Brandenburgischer Lehensoberho-          schen Orden auf Seiten Polens standen            Der Preis für die Unterstützung der Entwicklung von
dem Verbund der Hanse angehörten             heit, bestätigt durch Kaiser Friedrich   und im 2. Frieden von Thorn/Torun             Unternehmen wurde von Bürgermeister Waldemar Miśko
(insbesondere Stralsund, Greifswald,         II. (1212–50) ,                          1466/67 die Länder Lauenburg und              während des „VII. Kongresses für Moderne Wirtschaft“
Stettin, Stargard, Kolberg, Stolp), hat-   • 1348 Reichsfreiheit erklärt durch        Bütow von König Kasimir IV./Ka-               entgegengenommen
ten sich im Laufe der Zeit Privilegien       Kaiser Karl IV. (1346–78) (der üb-       zimierz IV Jagiellonczyk (1447–92)               Dieser Wettbewerb wird seit 2007 vom „European Busi-
erworben, die es ihnen ermöglichten,         rigens 1363 Elisabeth von Pom-           als Pfandbesitz übertragen bekamen.           ness Institute“ durchgeführt. Für die Anforderungen der
eine eigenständige Politik weitgehend        mern-Stolp heiratete). Die Reichs-       Im Jahre 1526 wurde daraus ein Pol-           12. Ausgabe des Wettbewerbs im Jahr 2019 wurden die
unabhängig von den Herzögen zu be-           freiheit wurde                           nisches Lehen (s. u., 2.3.2.).                Finanzdaten von 50.593 Unternehmen an 5.416 Standor-
treiben.                                   • 1417 durch Kaiser Sigismund (1411–          Die Verhältnisse der Pommerschen           ten analysiert. Der Gesamtmarktwert dieser Unternehmen
   Außenpolitisch ist die Geschich-          37) (den Sohn Karls IV. und Elisa-       Herzogtümer zu Polen-Litauen ge-              wurde auf 2,5 Mrd. PLN geschätzt.
te Pommerns im späten Mittelalter            beths) bestätigt.                        stalteten sich im 15.–16. Jahrhun-               Man hat dann Städte und Dörfer mit mindestens zehn
geprägt von ständigen Auseinander-                                                    dert meistens positiv: einerseits, weil       Unternehmen in einer Datenbank für eine detaillierte
setzungen mit einem Nachbarn: der          Aber auch die Bischöfe von Cammin          die gemeinsame Grenze auch die des            Analyse ausgewählt. Es fanden sich 435 solcher Städte und
Markgrafschaft Brandenburg, deren          erhielten in diesem Zusammenhang           Heiligen Römischen Reiches war und            80 Dörfer. In Karlino betrug der Marktwert der Unter-       Bürgermeister Waldemar Miśko mit der Auszeichnung – in seinem
Territorium von Südwesten her weit         1417 die Reichsfreiheit und somit die      weil die Grenzgebiete (Pommerscher            nehmen pro Kopf 147.100 PLN.                                Amtszimmer im Rathaus
in das ursprüngliche bzw. spätere          Souveränität über die Stiftslande (1422    Landrücken, Netze-Bruch) einen na-
Pommern als „Märkischer Keil“ bis          noch einmal ausdrücklich bestätigt).       türlichen, unwirtlichen Grenzsaum
hin nach Dramburg/Drawsko und                 Im 14.–15. Jahrhundert standen die      bildeten, sowie andererseits, weil Polen
Schivelbein/Swidwin hineinragte.           Pommerschen Herzogtümer zudem              unter König Kasimir IV. und seinen            Aus den Dörfern
   Die Markgrafen von Brandenburg          an ihren östlichen Grenzen im Span-        Nachfolgern im Einklang mit Pom-
(bis 1323 die Askanier, seit 1415 die      nungsfeld der Auseinandersetzungen         mern dem brandenburgischen Expan-             Asperg (CS). Die „Vereinigung für die Entwicklung eines     tung des „Star 25-GMB-1 STAGE“-Feuerwehrautos. Der
Hohenzollern) gehörten als Kur-            zwischen dem Deutschen Orden, Po-          sionsbestreben skeptisch gegenüber-           Versammlungszentrums für Domacyno/Dumzin“ und               Landfrauenverein in Kowańcz bekam 10.000 PLN für das
fürsten zu den wichtigsten Fürsten         len-Litauen und Brandenburg.               stand.                                        der „Landfrauenverein ‚Sikoreczki‘ in Kowańcz/Kowanz“       Projekt „Kowańcz – ländlich und multikulturell.“
des Heiligen Römischen Reiches                Das Verhalten der Pommerschen                                                         erhielten Mittel für lokale Aktivitäten.                       Dem Verein gelang es außerdem, eine Mitfinanzierung
Deutscher Nation, da die sieben Kur-       Herzöge darin war extrem wechsel-                              – Fortsetzung folgt –        Im Rahmen des Projektes erhält die Vereinigung in        in Höhe von 16.312 PLN für das Projekt „Lapidarium
fürsten das Recht der Wahl des Kö-         haft: Bündnisse mit dem Orden, mit                                                       Domacyno 10.000 PLN für die „Philippinische Kultur          – vor dem Vergessen retten“ zu erhalten.
nigs bzw. Kaisers hatten.                  Brandenburg und mit Polen wechsel-                                                       tage Karlino-Domacyno“ und 16.290 PLN für die War-

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