Jahrbuch der EEB Niedersachsen 2020 - Herausforderungen annehmen - Neues entdecken - Bewährtes bewahren
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Jahrbuch der EEB Niedersachsen 2020 Herausforderungen annehmen – Neues entdecken – Bewährtes bewahren Jahrbuch der EEB Niedersachsen 2020 Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen Landesgeschäftsstelle Odeonstraße 12 30159 Hannover T 0511 1241-413 eeb.niedersachsen@evlka.de www.eeb-niedersachsen.de
Vorwort 3 Erwachsenenbildung setzt Akzente Autorinnen: Ulrike Koertge, Susanne Sander Liebe Leserinnen und Leser! 2020 ist ein Jubiläumsjahr für Erwachsenenbildung in Niedersachsen: Am 13. Januar 1970 wurde das Niedersäch- sische Erwachsenenbildungsgesetz im Landtag verabschie- det. Es war das erste Erwachsenenbildungsgesetz in Deutschland und setzte bildungspolitische Akzente, die für andere Bundesländer zum Vorbild wurden. So wurde der Anspruch auf ein lebenslanges Lernen als Ausdruck der freien Entfaltung der Persönlichkeit festgeschrieben. „Das Gesetz sichert seit 50 Jahren allen Erwachsenen in Nieder- sachsen vielfältige sowie qualitativ hochwertige Bildungs- angebote“, betonte Prof. Dr. Gerhard Wegner, Vorsitzender Susanne Sander ist Pasto- Ulrike Koertge ist Theo- des „Niedersächsischen Bundes für freie Erwachsenenbil- rin und arbeitet als päda- login. Sie ist Leiterin und gogische Mitarbeiterin in Geschäftsf ührerin der EEB dung“, dem auch die Evangelische Erwachsenenbildung der Landesgeschäftsstelle Niedersachsen. Niedersachsen angehört, anlässlich des Jubiläums. der EEB. Dort ist sie u.a. für Selbstverständlich sollten 50 Jahre politisch, gesell- theologische und spirituelle Themen zuständig. schaftlich und kirchlich fest verankerte Erwachsenenbil- dung gebührend gefeiert werden – doch unversehens kam Wir freuen uns sehr, Ihnen trotz der widrigen Umstände COVID-19 dazwischen. Es gab keine Gelegenheit, freudig unser aktuelles Jahrbuch vorlegen zu können. In seinem 1. auf das Erreichte zu blicken und die Fülle zu feiern, der Kapitel möchten wir das zweite große Jubiläum dieses Lockdown brachte die Bildungsarbeit wie so vieles andere Jahres würdigen: 75 Jahre Frieden in Europa. Wir tun dies auch in große Schwierigkeiten. Wahrhaftig ein Segen, dass mit theologischen Impulsen und konkreten Beispielen für finanzielle Notpakete auf unterschiedlichen Ebenen ge- friedensfördernde Bildungsarbeit. Im 2. Kapitel „Bildungs- schnürt wurden. In Niedersachsen wurde die üblicherwei- arbeit“ bildet das Jahrbuch anschaulich ab, welche Schwer- se leistungsbezogene Finanzhilfe an die Einrichtungen der punkte die evangelische Bildungsarbeit in Niedersachsen Erwachsenenbildung auf der Grundlage des Vorjahres vor allem in diesem Jahr gesetzt hat und welche neuen ausgezahlt. Zugleich wurde beschlossen, das Jahr 2020 bei Initiativen und Angebote entstanden sind. Im 3. Kapitel ist zukünftigen Leistungsermittlungen auszuklammern. Ein die Bildungsarbeit dokumentiert, die in den EEB Regionen Corona-Sonderfonds zur Abwendung von nachweislichen und Kirchenkreisen 2019 durchgeführt wurde. Und im wirtschaftlichen Notlagen und existenzbedrohenden Liqui- abschließenden 4. Kapitel finden Sie wie üblich Nachrich- ditätsengpässen wurde eingerichtet. ten und Personalia. Von kirchlicher Seite wurde dem gesundheitlichen Unser Dank gilt allen, die die Evangelische Erwachse- Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter höchste Pri- nenbildung Niedersachsen besonders angesichts der gro- orität eingeräumt, Häuser wurden für den Publikumsver- ßen Herausforderungen gefördert, unterstützt und beglei- kehr geschlossen und Homeoffice angeordnet. Persönliche tet haben. Wir freuen uns auf die weitere gute Zusammen- Begegnungen fanden zeitweise nur noch in Ausnahmefäl- arbeit und auf vielfältige Bildungschancen auch in Zukunft! len statt; stattdessen erwuchsen neue digitale Kompeten- Fotos: Jens Schulze zen und Möglichkeiten. Dank dieser Maßnahmen sind wir Ihre als EEB Niedersachsen bisher gut durch die Krise gesteuert. Und wir hoffen, dass dies auch weiterhin gelingen wird. Ulrike Koertge und Susanne Sander Jahrbuch 2020
4 Inhalt Vorwort Seite 3 Erwachsenenbildung setzt Akzente Autorinnen: Susanne Sander, Ulrike Koertge 75 Jahre Frieden Bildungsarbeit Verpflichten Seite 26 Seite 8 Digitales Bildungskonzept Und Friede auf Erden für die EEB Niedersachsen Autorin: Ulrike Koertge Autorinnen: Ulrike Koertge, Susanne Sander Seite 12 Seite 28 Die Initiative „Kirche für Demokratie – Pflegeausbildung digital gegen Rechtsextremismus“ Autor: Michael Rilke Autor: Lutz Krügener Seite 30 Seite 16 Des Märchens neue Kleider Frieden ermöglichen Autorin: Kerstin Bothe Autor: Frieder Marahrens Seite 32 Seite 20 Digitale Premiere: Transkulturelles und interreligiöses Webseminare für Leitungen Lernhaus der Frauen von Eltern-Kind-Gruppen Autorin: Dr. Vivien Neugebauer Autorin: Kerstin Bothe Foto: Jens Schulze Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
Inhalt 5 Seite 35 Spiritual Care – eine eigene Haltung entwickeln Autorin: Andrea Hesse Seite 38 Dokumentation Wie Menschen Krisen bewältigen Autorin: Angela Biegler Seite 50 Örtliche Bildungsarbeit 2019 Seite 40 Autor: Peter Blanke Bildungsurlaub Autorinnen: Jutta Salzmann und Katharina Redent Nachrichten & Seite 43 Personalia Nur wer sich ändert, bleibt sich treu Seite 62 Autorin: Anna-Maria Muschik Abschiede und Neuanfänge Autorin: Ulrike Koertge Seite 47 Arbeitshilfen der Seite 63 EEB Niedersachsen Mit Evangelischer Bildung gestalten, Autor: Peter Blanke bewegen, voranbringen Autorin: Angela Biegler Seite 67 Anschriften, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Seite 70 Impressum Fotos: Reinhard Kurth, Jutta Salzmann Jahrbuch 2020
75 Jahre Frieden Verpflichten Seite 8 Und Friede auf Erden Autorin: Ulrike Koertge Seite 12 Die Initiative „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ Autor: Lutz Krügener Seite 16 Frieden ermöglichen Autor: Frieder Marahrens Seite 20 Transkulturelles und interreligiöses Lernhaus der Frauen Autorin: Dr. Vivien Neugebauer
8 75 Jahre Frieden Verpflichten Und Friede auf Erden Gerechtigkeit und Friede gehen Hand in Hand Autorin: Ulrike Koertge „E hre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden …“ – das Trostwort, gerichtet an die Hirten und gül- tig für alle Menschen, markiert den Auftakt der Geschich- Politik, in den Medien und in öffentlichen Debatten wird Friede oft heraufbeschworen. Andererseits ist der Begriff des Friedens alles andere als geklärt. Verstehen wir alle te der Menschwerdung Gottes, wie sie bei Lukas beschrie- dasselbe, wenn wir vom „Frieden“ sprechen? ben ist. Friede wird seit jeher herbeigesehnt: im Privaten in- Die strukturelle Dimension des Friedens nerhalb der Familie und im Freundeskreis genauso wie im großen Kontext der Weltpolitik. Friede ist „Sehnsuchts- Früher wurde Friede meist negativ als die Abwesenheit von und Suchbegriff“, der aus seinem „unerfüllten Über- Krieg oder physischer Gewalt definiert. Darauf, dass diese schuss“ seine utopische Sprengkraft bezieht.1 In vollem Definition zu kurz greift, machte in den späten 1960er Sinne nie erreichbar, ist Friede doch so etwas wie eine uns Jahren der norwegische Friedensforscher Johan Galtung zutiefst innewohnende Vision. Frieden zu schaffen oder aufmerksam. Ihm ist es zu verdanken, dass der traditionel- zumindest im Rahmen des uns Verfügbaren dazu beizu- le Friedensbegriff die notwendige Weitung erfuhr, indem tragen, dieser Wunsch beflügelt uns. Es ist uns bewusst, er die strukturelle Dimension mit einbezog: Gewalt defi- Illustration: istock/estherpoon dass Kriege und Gewalt von Menschen herbeigeführt und niert er als „die Ursache für den Unterschied zwischen dem damit umkehrbar sind. Gesellschaftliche Gewaltverhält- Potentiellen und dem Aktuellen, zwischen dem, was hätte nisse haben sich geschichtlich entwickelt; Krieg, Unfrie- sein können, und dem, was ist. Sie liegt dann vor, wenn den, strukturelle und kulturelle Gewalt sind von Men- Menschen so beeinflusst werden, dass ihre aktuelle soma- schen gemacht und daher historisch veränderbar. In der tische und geistige Verwirklichung geringer ist als ihre Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 9 potentielle Verwirklichung“2. Um Frieden handhabbar zu machen, plädiert Galtung für einen erweiterten Gewaltbe- griff, der neben der personalen auch die strukturelle Gewalt einbezieht: Ist ein Akteur vorhanden, der, beispielsweise mit seiner Faust oder mit verletzenden Worten, direkte Gewalt ausübt, handelt es sich um personale Gewalt. Han- delt es sich im Gegensatz dazu um in der Sozialstruktur Rollenklischees reprodu- verankerte Gewalt, wird von struktureller Gewalt gespro- zieren das Bild von der chen, beispielsweise, wenn Personen aufgrund ihres Ge- schlechts, ihrer Ethnie oder ihres sozialen Status gesell- „friedfertigen Frau“ und schaftliche Teilhabe verwehrt bleibt. Personale Gewalt ist dem „kriegerischen Mann“. unmittelbar sicht- und erfahrbar. Hingegen ist strukturel- le Gewalt häufig nicht direkt erkennbar, sondern in das System eingewoben und äußert sich in ungleichen Macht- verhältnissen und Lebenschancen. Zweifellos ist es ein großer Unterschied, ob Kinder zur Schule gehen und Gele- genheit erhalten, ihre Potenziale auszuformen, oder ob sie aufgrund von Armut genötigt sind, von klein auf zum Le- en rücken, wenn überhaupt, als Opfer in den Blick. Rol- bensunterhalt der Familie beizutragen. Und zweifellos ist lenklischees reproduzieren das Bild von der „friedfertigen es kein Zufall, dass im aktuellen Diskurs um Black-Lives- Frau“ und dem „kriegerischen Mann“. Frauen als Mittäte- Matter insbesondere auch das koloniale Erbe der westli- rinnen, Profiteurinnen, gar als Subjekte von Gewalt schei- chen Welt erneut kritisch in den Fokus gerät, wie auch der nen nicht vorzukommen. Ihr Aktionsradius scheint sich Beitrag der westlich geprägten Theologie, die im theologi- auf „erleiden und erdulden“ zu beschränken. Auch die schen Diskurs lange Zeit die Vorherrschaft ausübte und Erkenntnis, dass Frauen in der Lage sind, sich aktiv in einen wesentlichen Anteil hatte an der Zementierung von Friedensprozesse einzubringen, ist ein Verdienst der femi- Diskriminierung und Rassismus.3 nistischen Kritik am herkömmlichen Friedensdiskurs und Die Ausdifferenzierung des Gewaltbegriffs hat unmittel- gewinnt seit einigen Jahren mehr und mehr an Einfluss. bare Folgen für das Friedensverständnis: Friede wird nicht Wegweisend dafür ist die Einsicht von Simone de Beau- nur definiert als Abwesenheit von personaler Gewalt, son- voir, dass Männer die Norm, während Frauen das Andersar- dern zugleich als Abwesenheit von struktureller Gewalt. tige seien oder das „zweite Geschlecht“, wie es der Titel Abwesenheit von personaler Gewalt kann in Beziehungen ihrer 1949 erschienenen Monographie impliziert.4 Tatsäch- und Systemen zumindest annähernd erreicht werden. Ein lich ist es notwendig, die den Geschlechterverhältnissen solch „neutraler“ Zustand ist jedoch noch keinesfalls mit innewohnenden Machtverhältnisse zu thematisieren. Dazu Frieden zu identifizieren, allenfalls mit Waffenstillstand. zählen nicht nur die rein physische Gewalt gegen Frauen, Hingegen lässt sich eine Situation als umso „friedlicher“ sondern beispielsweise auch die perpetuierte Diskriminie- beschreiben, je weniger strukturelle Gewalt vorhanden ist. rung von Frauen als schlecht(er) bezahlte Arbeitskräfte oder Bewusst wird hier von einem Prozess, von einer Annähe- die mangelhafte Anerkennung der Reproduktionsarbeit5, rung an einen möglichst friedvollen Zustand gesprochen: die auch heute noch vorwiegend geschlechtsspezifisch und Friede an sich verbleibt im Unverfügbaren. Eschatologische meist von Frauen ausgeführt wird. Züge klingen an, impliziert dies doch ein Hinbewegen auf Eine wesentliche Kritik des Feminismus der 1960er und eine gute und gerechte Ordnung hin, in der Machtverhält- 70er Jahre bezieht sich auf die strikte Trennung von öffent- nisse egalitär gestaltet sind und alle Beteiligten das poten- licher und privater Sphäre. Eine Trennung, die zur Folge tiell Mögliche erreicht haben. Die Nähe zum biblischen hatte, dass häusliche Gewalt gegen Frauen nicht wahrge- Schalom liegt auf der Hand oder, um es in den Worten von nommen, geschweige denn strafrechtlich verfolgt wurde, Psalm 85 zu sagen: „Gerechtigkeit und Frieden küssen sich“ da sie im nicht sichtbaren, von der Öffentlichkeit abge- (Ps. 85,11). schirmten Raum stattfand. Erst in jüngster Zeit und maß- geblich beeinflusst durch entsprechende Kampagnen Friedensdiskurs und Genderperspektive wurden hier Anpassungen seitens des Gesetzgebers vorge- nommen.6 Darauf, dass der Bereich des Privaten insbeson- Ein Manko am gängigen Friedensdiskurs liegt in dessen dere auch im Fall von Konflikten und Kriegen immer einzu- androzentrischer Ausrichtung: Krieg und Frieden scheint beziehen ist, wird heute zu Recht aufmerksam gemacht.7 eine von Männern dominierte Angelegenheit zu sein; Frau- Sollen sich die Prozessmuster des Friedens jedoch zugunsten Jahrbuch 2020
10 75 Jahre Frieden Verpflichten Ulrike Koertge ist Theo- login. Sie ist Leiterin und Geschäftsf ührerin der EEB Niedersachsen. aller Menschen abbilden, muss die Geschlechterperspekti- Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit ve systematisch in die Konfliktursachenforschung und die und des Friedens Entwicklung von Friedensstrategien miteinbezogen werden. Einen wichtigen Meilenstein markiert die Beschlussfas- In der Kundgebung „Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit sung der UN Resolution 1325 aus dem Jahr 2000, in welcher und des Friedens“ erklärte die 12. Synode der Evangeli- alle Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert werden, die Gender- schen Kirche in Deutschland am 13.11.2019 in Dresden: perspektive in alle Friedenssicherungseinsätze zu integrie- „Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, Gemeinschaften und ren, die Rechte von Frauen zu schützen und Frauen gleich- Staaten in der Lage sind, Probleme und Konflikte in allen berechtigt in Konfliktschlichtung, Friedensverhandlungen Bereichen gesellschaftlichen und politischen Lebens auf und den Wiederaufbau mit einzubeziehen. Der UN-Sicher- konstruktive und gewaltfreie Weise zu bearbeiten. Es gibt heitsrat vertritt damit die Auffassung, dass die verantwort- erprobte Konzepte und Instrumente dafür, Wege aus Gewalt liche Partizipation von Frauen in Konfliktlösungsprozessen und Schuld zu finden, einander vor Gewalt zu schützen und in erheblichem Maße zur Wahrung und Förderung des Versöhnungsprozesse zu gestalten – in Friedenszeiten wie Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beiträgt.8 in Krisen- und Kriegssituationen. Auf dem Weg der Gerech- Heute rühmen sich neben Schweden auch Kanada, tigkeit und des Friedens hören wir Gottes Ruf in die Gewalt- Frankreich, Mexiko und Spanien feministische Außenpoli- freiheit. […] Vom Gerechten Frieden her zu denken heißt tik zu gestalten.9 Grundle- den Grundsatz zu befol- gend dabei ist der Blick gen: „Wenn du den Frie- nicht nur auf den Nachbar- den willst, bereite den staat oder die weltpoliti- Frieden vor.“11 sche Lage, sondern glei- Krieg, Unfrieden, struktu r elle Dieser Tradition ist chermaßen auf das Indivi- und kulturelle Gewalt sind die EEB Niedersachsen duum: Was brauchen die verpflichtet. Bewusst sind einzelnen Menschen vor von Menschen gemacht. wir als Gesamteinrich- Ort, um sicher und friedlich tung deshalb Mitglied in leben zu können? Drei Prin- der Initiative „Kirche für zipien sind dabei von Demokratie – gegen grundsätzlicher Bedeutung: Frauen wie auch Minderheiten Rechtsextremismus“. Einer der Schwerpunkte unserer Ar- erhalten die gleichen Rechte wie alle anderen auch. Explizit beit waren und sind Ideen und Projekte, die Friedensbil- zählen dazu auch reproduktive Rechte, die u.a. dazu führen, dung und Teilhabe zum Ziel haben. Davon stellen wir Ihnen dass weibliche Genitalverstümmelung verboten wird. Frau- in unserem diesjährigen Jahrbuch die „Ausbildung in Me- en müssen in der Politik präsent sein: nicht nur in der In- diation auf der Grundlage der Gewaltfreien Kommunikati- Foto: Jens Schulze nen-, sondern auch in der Außenpolitik. Als Ziel ist schließ- on“ (Artikel 4), das „Transkulturelle und interreligiöse lich eine gerechte Verteilung der Ressourcen formuliert10, Lernhaus der Frauen“ (Artikel 5) sowie das Qualifizierungs- was erneut deutlich macht: Es gibt keinen Frieden ohne angebot für Frauen: „Kompetent in Zeiten ständiger Verän- Gerechtigkeit. derung“ (Artikel 13) vor. Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
Standpunkt 11 Lassen sich gerne einladen: von der EEB ausgebildete Referentinnen und Referenten für Friedensbildung 1 Vgl. Artikel „Frieden“ von Dorothee Wilhelm in Wörterbuch der PROJEKTE UND VERANSTALTUNGS Feministischen Theologie, hrsg. von Elisabeth Gössmann u.a., FORMATE MIT DEM ZIEL DER Gütersloh 2002, S. 187. 2 Johan Galtung, Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und FRIEDENSBILDUNG UND TEILHABE Konfliktforschung, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 9. 3 Vgl. dazu den Artikel „Erbsünde Rassismus“ von Dominik Gautier • Mutig im Konflikt – Brücken bauen in einer in Publik-Forum Nr. 12, 2020, S. 28ff in Aufnahme der Gedanken des schwarzen Theologen James H. Cone: „Eine Theologie, die über polarisierten Gesellschaft, Seminar für Gott spricht, aber kein Wort über rassistische Gewalt verliert, ist ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitar- keine christliche Theologie, sondern der verlängerte Arm des beiter, zurzeit Kurse in der EEB Braunschweig Rassismus. Schweigen unterstützt die Gewalt.“ 4 Ihre damals provokante These lautete, weibliche Unterlegenheit und EEB Ostfriesland sei nicht naturgemäß, sondern gesellschaftlichen Ursprungs. • Ausbildung in Mediation auf der Grundlage Berühmt geworden ist ihre Aussage: „Man wird nicht als Frau der Gewaltfreien Kommunikation, zurzeit in geboren, man wird dazu gemacht.“ 5 Gemeint sind damit die Versorgung/Erziehung von Kindern, die der EEB Osnabrück angeboten Versorgung und Pflege von hilfsbedürftigen und älteren Personen • Fortbildung zum Referenten/zur Referentin und alle privaten und beruflichen Tätigkeiten, die dem Bereich der für Friedensbildung: Kontakt zu den 2019 Sorge-Arbeit zuzuordnen sind. Oft vollziehen sie sich im privaten Bereich, werden häufig nur unzureichend wertgeschätzt und, wenn ausgebildeten Referentinnen und Referenten überhaupt, schlecht(er) bezahlt. über: 6 Am 10.11.2016 trat das neue Sexualstrafrecht in Kraft. Durch die www.Friedensbildung-Niedersachsen.de Verankerung des Grundsatzes „Nein heißt Nein“ stellt die Reform eine erhebliche Verbesserung des Schutzes der sexuellen • Kompetent in Zeiten ständiger Veränderung Selbstbestimmung dar. – Qualifizierungsangebot für Frauen, regel- 7 Dass die systematische Vergewaltigung von Frauen und deren mäßige Kurse in der EEB Osterholz-Scharm- Versklavung durch das männliche Militär als Kriegswaffe systematisch-strategisch missbraucht wird, wurde insbesondere beck/Rotenburg/Verden im Zuge des Jugoslawien-Krieges öffentlich und ist in jüngster Zeit • Fachtage zum Themenbereich Kriegskinder mit der systematischen Versklavung von Jesidinnen durch den und Kriegsenkel, nächste Fachtage am sogenannten IS in den Jahren 2014ff erneut in das Blickfeld geraten. 29.10.2020 (Web-Seminar: Transgenerationa- 8 Bereits 1981 wurde mittels CEDAW (Convention on the Elimination les Erbe? – Kontaktabbruch in Kriegsen- of All Forms of Discrimination Against Women) ein vergleichbares kel-Familien) und am 15.4.2021 (Spurensuche. Anliegen verabschiedet, welches als Ziel die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau formuliert. Kriegsenkel und ihre Lebensprägungen), 9 Vgl. dazu und im Folgenden den Artikel „Menschen statt Grenzen“ Informationen über die EEB Hannover/ von Viola Rüdele in Publik-Forum Nr. 5, 2020, S. 13ff. Siehe auch Niedersachsen Mitte centreforfeministforeignpolicy.org 10 Die Perspektive des Gender Budgeting soll bewirken, dass Projekte • Transkulturelles und interreligiöses Lern- nur dann gefördert werden, wenn die Antragsteller eine haus der Frauen, im Zeitraum von 2020 – 2024 Foto: Stefan Heinze Genderanalyse ihrer Vorhaben gemacht haben und nachweisen sind fünf Lernhäuser an unterschiedlichen können, dass das Projekt keine negativen Auswirkungen auf Geschlechtergerechtigkeit hat. Standorten in Niedersachsen geplant 11 Siehe: www.ekd.de/kundgebung-ekd-synode-frieden-2019-51648. htm Jahrbuch 2020
12 75 Jahre Frieden Verpflichten Die Initiative „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ Ein konkreter Schritt auf dem Weg des gerechten Friedens Autor: Lutz Krügener „B lack Lives Matter“ „Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt.“ „Zusammen gegen Antisemi- tismus“ – Diese drei aktuellen Bewegungen bzw. Haltungen Millionen und in Deutschland zehntausende Menschen auf die Straße gehen. Sie demonstrieren für die gleiche Würde aller Menschen und gegen Rassismus, in welcher Form er seien hier schlagwortartig und stellvertretend für andere auch immer auftritt, ob als sogenannter Alltagsrassismus genannt. Sie stemmen sich gegen Rassismus, Gleichgültig- oder als offener bzw. struktureller Rassismus. Der Druck keit und Menschenverachtung und haben in 2019 und der Demonstrationen und anderer Proteste ist so stark, dass Foto: Gunnar Schulz-Achelis 2020 aus schockierenden Gründen eine starke Protestwel- auf allen gesellschaftlichen Ebenen nun über Rassismus, le auslösen können. Der schon lange vorhandene Rassis- Antisemitismus und weltweite Solidarität diskutiert wird. mus und Antisemitismus ist durch brutale Anschläge für Wie immer werden aber am Ende die Konsequenzen zählen, alle sichtbar geworden, hier bei uns in Deutschland und die Taten und Gesetze, die daraus hervorgehen und Wirk- anderswo in der Welt. Es ist ermutigend, dass weltweit lichkeit werden. Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 13 Prävention durch Bildungsarbeit Aus Sicht der „Initiative Kirche für Demokratie – gegen Es muss noch intensiver Rechtsextremismus“ (IKDR) in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers muss noch intensiver in die Prävention inves- in die Prävention tiert werden. Die Bildungsarbeit muss auf allen Ebenen investiert werden. gefördert werden. Dafür sollten verlässliche und tragfähi- ge Strukturen aufgebaut werden. Es sollten Antirassis- mus-Trainings auch in den kirchlichen Einrichtungen durchgeführt werden. Für diese Ausrichtung unserer Kir- che steht die IKDR seit ihrer Gründung vor 10 Jahren. Die EEB Niedersachsen könnte diese Ausrichtung des IKDR verstärkt aufgreifen und als eine Einrichtung der konföde- rierten Kirchen in Niedersachsen für die evangelische Kirche die entsprechenden verlässlichen Strukturen auf- bauen. Rassismus, Antisemitismus, Menschenverachtung und wirken. Wichtig ist dabei nicht nur der Protest gegen jeg- Gewalt oder einfach nur Gleichgültigkeit demgegenüber liche Form von Rechtsextremismus. Gerade als Kirche ist sind nicht neu. Die deutsche Geschichte zeigt auf grauen- es wichtig, sensibel zu sein für sogenannte rechtspopulis- volle Weise, dass hier die Ursachen für exzessive Gewalt tische Tendenzen in der „Mitte der Gesellschaft“. Eine bis zum Völkermord liegen. Gegen dieses Gedankengut und Abgrenzung von „ganz rechts“ ist einfach und für jeden noch mehr gegen rechtsextremistische Taten wenden sich Christen und jede Christin klar. Aber wo wird eine Grenze auch kirchliche Gruppen seit langem. Sie bringen sich gezogen, wenn in unserer Kirche und in der Gesellschaft aktiv in die Proteste der Zivilgesellschaft ein. Sie versu- vereinfachende, antidemokratische und pauschalisierende chen, in Bündnissen und Protesten für Menschenwürde, Positionen bezogen werden? Wann gibt es eine berechtigte Demokratie, Solidarität, Empathie und für ein friedliches Meinung in einem Diskurs und wann gilt es zu vertreten: und gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen zu „Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“? Foto: Wilfried Manneke Gottesdienst im Zusammenhang mit einer Demonstration in Eschede im Juni 2018 Jahrbuch 2020
14 75 Jahre Frieden Verpflichten rig, aber wichtig, mit dieser Bildungsarbeit schon in diesem Alter, besser noch früher, anzusetzen. In dieser Zeit ent- stehen und verfestigen sich Weltbilder und Einstellungen, die später nur noch schwer zu verändern sind. Die Arbeits- hilfe wird Ende des Jahres kostenlos zu beziehen sein. Auch bei Konflikten vor Ort berät die IKDR und vermittelt Kon- takte. Dabei arbeitet sie zusammen mit kirchlichen Akteu- ren, zivilgesellschaftlichen Organisationen und öffentli- chen Einrichtungen. Vorsitzender ist Pastor i. R. Wilfried Manneke. Er hat Lutz Krügener ist Pastor die IKDR 2010 mitgegründet und ist 2018 bundesweit be- und war in seiner Eigen- kannt geworden durch die Verleihung des „Paul-Spie- schaft als Referent für Frie- densarbeit bis Juli 2020 gel-Preises für Zivilcourage“ vom Zentralrat der Juden in Geschäftsführer der Initiative Deutschland. Seine Erfahrungen aus über 20 Jahren Arbeit „Kirche für Demokratie – ge- gegen „Rechts“ hat er in dem Buch „Guter Hirte – Braune gen Rechtsextremismus“ in der Ev.-luth. Landeskirche Wölfe“1 festgehalten. Seine Stellvertreterin ist Superinten- Hannovers. dentin Antje Marklein. Geleitet wird die IKDR von einem 12-köpfigen Sprecher- bzw. Sprecherinnenrat und den zwei Geschäftsführern, Lutz Krügener (bis Juli 2020) und Jürgen Schnare. Einmal im Jahr findet eine Vollversammlung mit einem öffentlichen Hauptvortrag statt. Im Jahr 2019 stand „Antisemitismus heute – Erfahrungen und Anfragen an die Evangelische Kirche“ im Zentrum der gut besuchten Ver- anstaltung. Die IKDR hat über 160 Mitglieder als Einzelpersonen IKDR – 10 Jahre aktiv für Demokratie, oder Organisationen. Es ist sehr erfreulich, dass 2019 auch Menschenwürde und Solidarität die EEB Niedersachsen Mitglied geworden ist. Dies hat den Anstoß gegeben, dass im nächsten Jahr eine Ausweitung Um diese Auseinandersetzung in der Kirche zu fördern, der IKDR auf alle Kirchen in Niedersachsen angestrebt haben sich verschiedene Einzelpersonen und Initiativen wird. in der „Initiative Kirche für Demokratie – gegen Rechtsex- tremismus“ (IKDR) in der Ev.-luth. Landeskirche Hanno- vers zusammengeschlossen. Die 2010 gegründete Initiati- ve bildet ein offenes Netzwerk von Gruppen und Initiativen, die in Niedersachsen aktiv sind. Als Motto hat sich die Initiative den Slogan gesucht: „Unser Kreuz hat keine Ha- ken.“ Sie verbindet Einzelpersonen, Organisationen, Kir- Die EEB Niedersachsen chengemeinden und -kreise sowie Initiativen aus Kirche könnte diese Ausrich- und Gesellschaft. Die IKDR tritt mit ihrer Arbeit rechtsextremen, rassis- tung des IKDR verstärkt tischen, antisemitischen und menschenfeindlichen Hal- aufgreifen und … für tungen und Handlungen innerhalb und außerhalb der Kirche entgegen. Sie unterstützt demokratische Beteili- die evangelische gung und Bildung für ein Leben in einer offenen Gesell- Kirche entsprechende schaft und für die Anerkennung der uneingeschränkten Würde eines jeden Menschen. Dies geschieht durch Unter- Strukturen aufbauen. stützung von Aktionen und Bereitstellung von Material zur Information, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit. Ein Schwerpunkt liegt auf der Bildungs- und Präventionsar- Foto: Wiebke Barth beit. Aktuell werden z.B. Materialien zu „Verschwörungs- theorien“ erarbeitet mit konkreten Unterrichtsentwürfen und Methoden für Jugendliche ab 13 Jahren. Es ist schwie- Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 15 Bunt statt braun, Demonstration in Eschede im Juni 2018 Informationen und die Möglichkeit Mitglied zu werden finden Sie auf: www.ikdr-hannover.de oder schreiben Sie an: ikdr@kirchliche-dienste.de oder rufen Sie an unter: 0511 1241 512 Die Homepage bietet Tipps und Antworten, z.B. Unterstützung erwünscht — als neues Mitglied auf häufig gestellte Fragen wie: Zeichen setzen • Was tun, wenn ... • Warum die evangelische Kirche sich gegen Durch eine aktive oder passive Mitgliedschaft kann die Rechtsextremismus engagieren muss Arbeit der Initiative unterstützt werden. Je mehr Mitglieder, • Zehn Thesen von Christen gegen Rechts desto deutlicher wird das Engagement der Kirche für einen extremismus freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. • Was können Kirchengemeinden gegen Rechts- Als Mitglied setzt man ein klares Zeichen gegen politischen extremismus tun? Streiten mit Neo-Nazis? Extremismus und gegen menschenverachtende, ausgren- zende, rassistische, juden- oder islamfeindliche Äußerun- Über die Geschäftsstelle können verschiedene gen von Parteien, Organisationen oder Einzelpersonen. Materialien versandt oder verliehen werden. Mitglied in der IKDR kann man werden als Einzelperson, Hier ein kleiner Auszug: als Kirchengemeinde oder Kirchenkreis, als Organisation, • Arbeitshilfe „Wir müssen mal nach dem/n Initiative oder Arbeitskreis. Vorausgesetzt wird, sich zu den Rechten sehen“ Grundlagen der IKDR zu bekennen und mit einem selbst • Karte „10 Thesen gegen Rechtsextremismus“ festzulegenden jährlichen Beitrag (5,00 – 50,00 Euro) das • Banner „Unser Kreuz hat keine Haken“ für Anliegen der IKDR zu unterstützen. Foto: Wilfried Manneke Kirchturm oder Demo • Predigthilfe und Ideen für Ansprachen und 1 Wilfried Manneke, Guter Hirte – Braune Wölfe“, u.v.m. bene!, München 2019 Jahrbuch 2020
16 75 Jahre Frieden Verpflichten Frieden „M ediation kann einen wichtigen Beitrag zum ge- sellschaftlichen und politischen Frieden leis- ten.“ Dieser Auffassung sind Cornelia Timm und Kurt ermöglichen Südmersen vom Orca-Institut für Konfliktmanagement und Training. Sie leiten berufsbegleitende Ausbildungen in Mediation, die in den EEB-Regionen Braunschweig, Olden- burg und Osnabrück durchgeführt werden. Mehr als tau- Mit Mediation send Menschen im norddeutschen Raum sind seit 1999 durch sie zu Mediatorinnen und Mediatoren qualifiziert Konflikte bearbeiten worden. Grundlage bildet dabei die Gewaltfreie Kommunikati- on, die Cornelia Timm und Kurt Südmersen bei deren Autor: Frieder Marahrens Entwickler Marshall B. Rosenberg gelernt haben. Schmun- zelnd erinnern sie sich auch an Zeiten, als „Mediation“ noch mit „Meditation“ verwechselt werden konnte. Aus- druck findet dieses Missverständnis beispielsweise im EEB-Jahrbuch 2011/12, wo im letzten Moment in einer Überschrift Mediation zu Meditation „korrigiert“ worden war. Ein beigefügtes Blatt klärte über den Fehler auf. In- Foto: privat zwischen ist der einst ungewohnte Begriff allgemein ver- traut. Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 17 Die von der EEB Niedersachsen angebotenen Ausbildungen entsprechen den Standards des Bundesverbandes für Me- diation und schließen mit einem Zertifikat ab. Die Ausbil- dung richtet sich an Menschen, die • in sozialen, pädagogischen, beratenden, juristischen Berufsfeldern arbeiten, • als Multiplikatorin oder Multiplikator in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenarbeit tätig sind, • in Institutionen, Organisationen und Firmen mit Kon- flikten zu tun haben, Frieder Marahrens ist Pas- • sich in der Teamleitung und Personalführung oder in tor und war von 2012 bis der Betriebsratsarbeit engagieren, August 2020 als pädagogi- scher Mitarbeiter und • im Bereich „Mediation“ arbeiten wollen. Geschäftsführer der EEB In der Ausbildung wird das Konzept der klientenzentrierten Osnabrück tätig. und systemorientierten Mediation vermittelt, das der Kon- fliktvermittlung sowohl in beruflichen Arbeitsfeldern als auch in persönlichen bzw. sozialen Lebensbezügen dient. Grundlage für die Haltung und die Sprache der Mediatorin- nen und Mediatoren ist die „Gewaltfreie Kommunikation“. Neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen ste- hen die Arbeit am eigenen Konfliktverhalten und die Ent- faltung einer wertschätzenden Haltung im Mittelpunkt. Daraus ergibt sich eine prozessorientierte Kursgestaltung, die die Stärkung der Konfliktfähigkeit und die Erweiterung der persönlichen Potentiale der Teilnehmenden beinhaltet. Auf die Haltung kommt es an Wichtig ist Cornelia Timm und Kurt Südmersen die Aneig- nung dieser wertschätzenden Haltung und nicht allein das Erlernen einer Vier-Schritt-Methode. Der persönliche inne- Ausbildung in Mediation re Frieden ist dabei die Voraussetzung für den äußeren Frieden in Staat, Gesellschaft, Beruf und privatem Leben. Mediation ist eine Methode zur Konfliktbearbeitung. Sie Er ist nicht darauf ausgerichtet, eine Schuldige bzw. einen eröffnet Konfliktparteien neue Handlungsoptionen. Mit Schuldigen in einem Konflikt zu finden. Vielmehr kann die Unterstützung von Mediatorinnen und Mediatoren können neu eingeübte Haltung des Nicht-Beurteilens den Frieden beide Seiten Möglichkeiten entdecken, um zu einer einver- nehmlichen und für alle vorteilhaften Lösung zu kommen, selbstverantwortlich und gemeinsam. Sogar in scheinbar aussichtslos verfahrenen Streitigkeiten kann dies gelin- gen. Mediation dient der Stärkung der Konfliktkompetenz der Betroffenen. Sie behalten die Verantwortung für die Lösung ihres Konfliktes und werden durch die Mediation Der persönliche innere unterstützt, ihre Interessen so zu vertreten, dass anderen Frieden ist die Voraussetzung dadurch kein Schaden zugefügt wird. Mediatorinnen und Mediatoren schaffen als „allparteiliche Dritte“ Vorausset- für den äußeren Frieden in zungen und Rahmenbedingungen, damit Konfliktparteien Staat, Gesellschaft, Beruf ihre Konflikte bearbeiten und in einen konstruktiven Prozess der Auseinandersetzung treten können. Die Kon- und privatem Leben. fliktparteien erlangen die Fähigkeit, den Konflikt eigenver- Foto: privat antwortlich, einvernehmlich und zum beiderseitigen Vor- teil zu regeln. Jahrbuch 2020
18 ermöglichen. Symbolisiert wird dieses gegensätzliche Ver- halten in den beiden Tieren Giraffe und Wolf. Am erfolg- reichsten ist das eigene Vorbild, wie Albert Schweitzer meint: „Das gute Beispiel ist nicht nur eine Möglichkeit, andere Menschen zu beeinflussen. Es ist die einzige.“ Die Orientierung des Handelns am Begriff Frieden macht nach Auffassung von Timm und Südmersen deutlich, dass es sich um eine immerwährende Herausforderung handelt: „Es gibt keinen Zustand, der, einmal erreicht, dann auch zu halten ist.“ Üben der vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation mit Hilfe Tätigkeiten in Myanmar und Ost-Timor einer Dolmetscherin. als Erfahrungsschatz Diese Erfahrung machten Cornelia Timm und Kurt Südmer- sen selbst bei ihrem Engagement 2004 bis 2009 in Myan- mar. Dort trainierten sie einflussreiche Menschen, um den damaligen Weg des südostasiatischen Landes von der Diktatur zur Demokratie mit voranzutreiben. Partnerinnen und Partner vor Ort waren baptistische und katholische Organisationen wie die Shalom-Foundation und die Cari- tas. Ein weiteres Ziel des vom Auswärtigen Amt in Berlin geförderten Projektes war, die unterschiedlichen ethni- schen Gruppen, die im ehemaligen Birma seit dem Ende der Kolonialisierung verfeindet waren, in einen friedlichen Cornelia Timm und Kurt Südmersen, Trainer der EEB-Mediations- Kontakt zu bringen und Vorurteile abzubauen. Kurt Süd- ausbildung, mit dem Organisationsteam in Myanmar. mersen sieht heute zwar kritisch auf den Weg Myanmars AUSBILDUNG IN MEDIATION AUF DER GRUND Abschluss LAGE DER GEWALTFREIEN KOMMUNIKATION Die Ausbildung schließt mit einem Zertifikat ab. NACH MARSHALL B. ROSENBERG Die Ausbildung entspricht in Art, Umfang und Berufsbegleitende 200 Stunden-Ausbildung Struktur den Standards, wie sie vom „Bundesver- nach den Standards des Bundesverbandes für band Mediation e.V.“ entwickelt wurden. Das Zerti- Mediation fikat wird ausgestellt von der EEB Niedersachsen, dem Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V. und In der Geschäftsstelle Osnabrück für 2021 bis 2022 dem Orca-Institut für Konfliktmanagement und in Planung (Beginn: 23.4.2021) in Kooperation mit Training. dem Bildungswerk ver.di und dem ORCA-Institut für Konfliktmanagement und Training Inhalte und Module der Mediationsausbildung Die 200 Std.-Ausbildung besteht aus neun Modu- Teilnahmevoraussetzungen: len: sieben Wochenenden (Fr./Sa.) incl. Kolloquium Einlassen auf das Lernen in und mit einer Gruppe, und zwei Bildungsurlaubswochen (Mo. – Fr.). Zwi- Bereitschaft zur Anwendung der Mediation in schen den einzelnen Modulen besteht die Möglich- beruflichen, gesellschaftlichen oder privaten keit, in selbst gewählten Intervisionsgruppen Lebensbezügen, Bereitschaft zur Auseinanderset- miteinander zu üben und das Gelernte zu vertiefen. zung mit dem eigenen Konfliktverhalten in Grup- penprozessen, Übungen und Rollenspielen. Weitere Informationen und Veranstaltungsorte Fotos: privat finden Sie unter www.eeb-niedersachsen.de Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 19 unter der Regentschaft der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, meint aber: „Es gibt nach wie vor dort unglaublich viele Menschen, die Gutes wollen.“ Trotz des Schicksals des Volkes der Rohingyars, das inzwischen auch in der Weltpolitik zur Kenntnis genommen wird, lässt ihn das für den Frieden doch hoffen. Im Jahr 2009 bildeten Cornelia Timm und Kurt Süd- mersen schließlich in zwei Abschnitten Menschen in Ti- „Das gute Beispiel ist mor-Leste in Mediation und Gewaltfreier Kommunikation aus. Seit dem Bürgerkrieg und dem damit verbundenen nicht nur eine Möglichkeit, Genozid hatte sich die deutsche Gesellschaft für internati- andere Menschen zu onale Zusammenarbeit (GiZ) u.a. zur Aufgabe gemacht, zivile Strukturen in dem völlig zerstörten Land wiederauf- beeinflussen. Es ist die zubauen. Der damalige Präsident, José Ramos-Horta, hatte einzige.“ Albert Schweitzer Jahre zuvor den Friedensnobelpreis für seine Bemühungen um eine friedliche Lösung im Osttimor-Konflikt erhalten. Für Timm und Südmersen war es eine große Herausforde- rung, die im Land herrschenden Strukturen der Konfliktlö- sung, die stark mit Korruption verknüpft waren, mit Vor- stellungen von Konfliktbearbeitung wie der Mediation in Verbindung zu bringen. Auch auf diese Erfahrung weisen sie gerne in ihren EEB-Seminaren hin. Die buchstäbliche Nähe von „Mediation“ und „Medita- tion“ findet übrigens ihren lebendigen Ausdruck in Kurt Südmersen. Als Zen-Lehrer sucht er seinen inneren Frieden in Übungen, die es ihm, wie er meint, ermöglichen, auch sich selbst in Offenheit und mit Wertschätzung zu begegnen. Gruppenarbeit zu den Gefühls wörtern – in Myanmar ist ihre Verwendung eher unüblich. Foto: privat Jahrbuch 2020
20 75 Jahre Frieden Verpflichten Transkulturelles und interreligiöses Lernhaus der Frauen Ein landesweites Projekt der EEB Niedersachsen in Kooperation mit dem Frauenwerk im Haus kirchlicher Dienste Autorin: Dr. Vivien Neugebauer „W enn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor.“ ruft die 12. Synode der Evangelischen Kir- che in Deutschland aus.1 TRANSKULTURALITÄT UND INTERKULTURALITÄT Die deutsche Gesellschaft hat sich in den letzten Jahr- zehnten durch Globalisierung, Migration und Fluchtbewe- Mit einer vermehrten Bewusstheit über gungen immer mehr zu einer Einwanderungsgesellschaft das Ausmaß der Globalisierung soll der entwickelt. Sie ist dadurch auch kulturell und religiös Transkulturalitätsbegriff ausdrücken, vielfältiger geworden. Hierin liegt ein großer Reichtum und dass Kulturen vernetzt sind und ver- zugleich eine große Herausforderung. Denn der Umgang mischt werden. Viel verbreiteter ist mit Vielfalt und Unterschieden ist nicht selbstverständlich jedoch (noch) der Begriff der „Interkultu- und fällt nicht jedem Menschen leicht. Aufgrund von Un- ralität“, der für „zwischen verschiedenen wissenheit und Ängsten kann es sogar zu Abwehr und Kulturen“ steht. Damit ist die Vorstellung Vorurteilen kommen. Dies spiegelt sich in den teilweise verbunden, dass unterschiedliche Kultu- kontrovers geführten Debatten der letzten Jahrzehnte zum ren sich begegnen, austauschen und Thema „Deutschland – ein Einwanderungsland!“ bis heu- trotz ihrer Unterschiede gegenseitig te wider. Zwar sind Fortbildungen zur Förderung von inter- beeinflussen. In der interkulturellen kulturellen Kompetenzen und die Ausrichtung auf Diver- Begegnung kann das Eigene und das sität gerade in verwaltenden Institutionen und in Fremde erfahren werden. Dies impliziert Unternehmen inzwischen vermehrt selbstverständlich auch, dass wir es mit zwei feststehenden, geworden. Gleichzeitig sind gegenwärtig ein rauerer Um- klar umrissenen Kulturen zu tun hätten, gangston wie auch rassistische und antisemitische Äuße- die als geradezu geschlossene Systeme rungen wahrnehmbar. Wie können wir Frieden erhalten zu verstehen wären. Ein Blick in unsere oder gar schaffen, wenn die Idee von einem „Wir“ und ei- Kulturgeschichte genauso wie in unsere nem „Anderen“ weiter fortbesteht? Gegenwart zeigt, dass dies eine unzutref- Diesem dualen Denken steht das Konzept der Transkul- fende Vorstellung ist. Seit jeher haben turalität gegenüber. Es ist der Ausgangspunkt und zentra- sich Kulturen in jeglicher Hinsicht gegen- ler Grundgedanke des transkulturellen und interreligiösen seitig beeinflusst – sei es zur Entwicklung Lernhauses der Frauen, das die EEB Niedersachsen in den von Staatsmodellen, von Sprachen oder nächsten Jahren landesweit umsetzen will. Das Lernhaus in den verschiedenen Wissenschaften. macht erfahrbar, dass wir Menschen angesichts unserer Kulturen sind eben nicht klar zu umrei- religiösen und kulturellen Prägungen recht verschieden ßen, da sie keinesfalls statisch sind oder sind und gleichzeitig sind wir uns auch recht ähnlich. wie geschlossene Einheiten funktionie- Zugleich existieren im Alltag vielfältige und durchaus ren. Darum sind sie auch nicht voneinan- auch gegensätzliche Bedürfnisse, die auf religiös-kulturel- der abzugrenzen. Stattdessen sind sie le Haltungen zurückgeführt werden. Diese können wiede- fließend und dynamisch. Dies entspricht rum zu Konflikten führen, die es zu klären und zu organi- der Idee der Transkulturalität. sieren gilt – sei es für den Sportunterricht, für das Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
Standpunkt 21 Kantinenessen oder für öffentliche Trauerfeiern. Es müs- sowie interreligiöse Tole- sen konkrete Antworten dafür gefunden werden, inwiefern ranz einsetzen, um so einen und wie weit Menschen in ihren unterschiedlichen Prägun- Beitrag für ein friedliches gen und Einstellungen berücksichtigt werden können, und solidarisches Zusam- sodass das Miteinander aller Beteiligten funktioniert. menleben zu leisten. Vielerorts wurden in solchen Fällen gute Lösungen gefun- Das Lernhaus-Projekt den, die Vorbildcharakter haben. Nichtsdestotrotz sind richtet sich an Frauen mit Verfahrensweisen, die nach ein und demselben Schema und ohne Migrationsge- funktionieren, nicht zielführend. Stattdessen sind Kompe- schichte. Diese Frauen im tenzen gefragt, um fortwährend und individuell angemes- Lernhaus zusammenzu- sene Lösungen in konkreten Situationen zu finden. bringen entspricht ganz der Dr. Vivien Neugebauer ist Idee, dass Integration keine pädagogische Mitarbeiterin in der Landesgeschäftsstel- Das Lernhaus der Frauen: kulturell und Einbahnstraße ist und alle le der EEB Niedersachsen. religiös vielfältig, Begegnungen auf Augenhöhe, angeht. Da Frauen grund- Seit 2019/2020 leitet sie das eigenverantwortetes Lernen sätzlich privat und beruf- Projekt „Transkulturelles und interreligiöses Lern- lich an vielen Schnittstel- haus der Frauen“. Im transkulturellen und interreligiösen Lernhaus der len tätig sind, stellen sie Frauen erarbeiten sich die Teilnehmerinnen im Laufe eines Schlüsselfiguren für ein Jahres Qualifikationen, um in konfliktträchtigen Situatio- gelingendes Miteinander nen vermitteln und Brücken zwischen unterschiedlich dar. Darüber hinaus haben Fotos: Jens Schulze, Patrick Slesiona geprägten Menschen bauen zu können. An einem Lern- sie einen wesentlichen An- haus-Kurs können 15 bis 20 Frauen teilnehmen, die sich teil an der Integration ihrer monatlich treffen und am Ende, nach erfolgreicher Teil- Familien und ihres sozialen nahme das Zertifikat „Kulturmittlerin“ erhalten. Das Ziel Umfelds. Insofern leisten sie einen wichtigen Beitrag zum dieser Qualifizierung ist es, dass die Kulturmittlerinnen gesellschaftlichen Zusammenhalt und können somit Par- sich innerhalb ihrer beruflichen und persönlichen Kontex- allelgesellschaften entgegenwirken. Das Projekt will sie in te für einen Dialog auf Augenhöhe und transkulturelle dieser Funktion gezielt stärken und fördern. Jahrbuch 2020
22 75 Jahre Frieden Verpflichten Frauen leisten einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt ... darin sollen sie gezielt gestärkt und gefördert werden. Ein weiteres wichtiges Merkmal eines Lernhaus-Kurses ist die möglichst heterogene Zusammensetzung. Dahinter ZEITRAUM DES GESAMTPROJEKTES: steht die Überzeugung, dass Vielfalt eine wertvolle Res- 2020 – 2024 source ist und immer ein Mehr an Entwicklungsmöglich- DAUER DES JEWEILIGEN LERNHAUSES: keiten und Handlungsoptionen bietet. So zielt das Lern- 1 JAHR MIT CA. 12 TREFFEN haus darauf ab, dass Frauen mit unterschiedlichen religiösen, nicht-religiösen und weltanschaulichen Prä- Ziel: gungen, Frauen unterschiedlichen Alters und Frauen mit Frauen qualifizieren sich zu Kulturmittlerinnen: unterschiedlichen familiären und beruflichen Hintergrün- Sie fördern die Dialogfähigkeit und transkultu- den daran teilnehmen. Das einende Merkmal der Teilneh- relle sowie interreligiöse Toleranz innerhalb merinnen ist ihr Interesse, das Miteinander in einer religi- der Gesellschaft und tragen zu einem friedli- ös wie kulturell vielfältigen Gesellschaft mitzugestalten. chen und solidarischen Zusammenleben auf Eine wichtige Erfahrung vorangegangener Lernhäuser Augenhöhe bei. ist: Die persönliche Begegnung zeigt, dass die erlernten Zielgruppe: Kategorien, mit deren Hilfe wir uns die Welt in ein über- Frauen mit und ohne Migrationsgeschichte schaubares Ordnungssystem übersetzen, an der Realität sowie verschiedener Religionen, Weltanschau- scheitern. Wie wir zusammenleben wollen, macht sich ungen und beruflicher Kontexte jeden Alters, fortan nicht mehr an den Religionen oder den Kulturen die sich für ein gesellschaftliches Miteinander fest, sondern will zwischen Individuen ausgehandelt wer- engagieren wollen den. Dies entspricht auch unserer transkulturellen Lebens- Gruppengröße: 15 bis 20 Teilnehmerinnen wirklichkeit, in der wir uns immer weniger auf tradierte Inhalte: Kommunikationsmuster verlassen können, um uns in ihr • Wissen über Wertevorstellungen und Regeln zurechtzufinden. Neue Kommunikationsmuster können unterschiedlicher Kulturen und Religionen auch nicht von einer Gruppe entwickelt und für alle geltend • Kommunikationstechniken mit praktischen gemacht werden. Stattdessen müssen sie aus der real exis- Übungen tierenden heterogenen Gruppe heraus entwickelt werden, • das Entwickeln einer Dialoghaltung, die wo sie angewendet werden sollen, um für diese Lebensre- Empathie und Respekt für andere einschließt alitäten angemessen zu sein. • das Erarbeiten von Handlungsstrategien zur Foto: Jens Schulze Die Ausgestaltung eines jeden Lernhauses wird von Lösung von transkulturellen und interreligiö- zwei Säulen getragen: als Erstes braucht es das Handwerks- sen Konflikten zeug, um sich selbst kennenzulernen und einander auf Evangelische ErwachsenenBildung Niedersachsen
75 Jahre Frieden Verpflichten 23 umsetzen. Die Umsetzung wird durch eine multireligiöse und -kulturelle Steuerungsgruppe begleitet, die über die Standorte in Niedersachsen berät und entscheidet. Das erste Lernhaus wird in Hannover implementiert und die weiteren werden an EEB Geschäftsstellen in ganz Nieder- sachsen angebunden sein. Eine Chance stellen dabei die ländlichen Räume Niedersachsens dar, die stärker auf das Miteinander und die Mitgestaltung der Akteurinnen ange- wiesen sind. Für die Gemeinschaft ist es hier besonders wichtig, sich gegenseitig mitzunehmen. Egal ob im ländlichen oder städtischen Raum, die be- stehende kulturelle und religiöse Vielfalt ist eine berei- chernde Chance, die es zu ergreifen gilt. Entscheidend für unser Zusammenleben ist, sich vorurteilsfrei zu begegnen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede wahrzunehmen und sich miteinander auf den Weg zu machen. Dafür braucht es zum einen entsprechende Orte und zum anderen auch Kompetenzen, um diese Begegnungen erfolgreich zu ge- stalten. Das transkulturelle und interreligiöse Lernhaus der Frauen bietet beides und wir freuen uns, es in den nächsten Jahren in Niedersachsen umzusetzen. Augenhöhe zu begegnen. Dies geschieht mit Hilfe von Biographiearbeit, Gewaltfreier Kommunikation nach Mar- Prominente Unterstützung shall B. Rosenberg und der Dialogmethode nach Martina und Johannes F. Hartkemeyer. Es ist das Ziel, dass die Das transkulturelle und in- Teilnehmerinnen im Laufe des Kurses eine eigene Dialog- terreligiöse Lernhaus der haltung entwickeln, die Empathie und Respekt für andere Frauen steht unter der einschließt. Schirmherrschaft der Lan- Die zweite Säule besteht darin, dass die Frauen die Tref- desbeauftragten für Migra- fen inhaltlich und organisatorisch aktiv mitgestalten. Über tion und Teilhabe, Doris die thematischen Schwerpunkte, z.B. Wertvorstellungen Schröder-Köpf. Als Förderer unterschiedlicher Religionen und Kulturen, hinaus gibt es haben bereits die Hanns-Lil- kein festgeschriebenes Curriculum. Auf diese Weise kom- je-Stiftung, die Klosterkam- men die Lebenssituationen wie auch die Interessen und mer Hannover, die Dr. Buh- Bedarfe der Teilnehmerinnen zum Tragen. Da auch diese mann-Stiftung für interreligiöse Verständigung und das vielfältig sein dürften, üben die Teilnehmerinnen das erlern- LEADER-Regionalmanagement Göttinger Land ihre Förde- te Handwerkszeug direkt in der Aushandlung dessen ein. rung zugesagt. Darüber hinaus unterstützen die Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig, die Ev.-luth. Landeskirche Das Lernhaus der Frauen in Niedersachen Hannovers, die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg und die Ev.- Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe das Projekt aus Die Idee zum transkulturellen und interreligiösen Lern- Kollekten- und Sachmitteln. haus der Frauen wurde 2005 als ein bundesweites Modell- projekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, 1 Siehe: www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Lesebuch- Frauen und Jugendliche (BMFSFJ) konzipiert und in meh- Synode-2019.pdf reren Städten – Berlin, Frankfurt am Main und Köln – bis 2 Vgl. Genenger-Stricker, Marianne; Hasenjürgen, 2008 umgesetzt. Aktuell werden an den Standorten Ham- Brigitte; Schmidt-Koddenberg, Angelika (Hrsg.): Fotos: privat, Doris Schröder-Köpf Transkulturelles und interreligiöses Lernhaus burg (Frauenwerk der Nordkirche), Münster (Haus der Fa- der Frauen: Ein Projekt macht Schule. Opladen, milie) und Ulm (VHS – Frauenakademie) Lernhäuser ver- 2009. anstaltet. Von 2020 bis 2024 will die EEB Niedersachsen in Ko- operation mit dem Frauenwerk im Haus kirchlicher Diens- te das Lernhaus an fünf Standorten in Niedersachsen Jahrbuch 2020
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Bildungsarbeit Seite 26 Seite 38 Digitales Bildungskonzept Wie Menschen Krisen für die EEB Niedersachsen bewältigen Autorinnen: Ulrike Koertge, Autorin: Angela Biegler Susanne Sander Seite 40 Seite 28 Bildungsurlaub Pflegeausbildung digital Autorinnen: Jutta Salzmann, Autor: Michael Rilke Katharina Redent Seite 30 Seite 43 Des Märchens neue Kleider Nur wer sich ändert, Autorin: Kerstin Bothe bleibt sich treu Autorin: Anna-Maria Muschik Seite 32 Digitale Premiere: Seite 47 Webseminare für Leitungen Arbeitshilfen der von Eltern-Kind-Gruppen EEB Niedersachsen Autorin: Kerstin Bothe Autor: Peter Blanke Seite 35 Spiritual Care – eine eigene Haltung entwickeln Autorin: Andrea Hesse
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