JAHRES BERICHT 2020 - Zentralverband Gartenbau eV
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Editorial Sehr geehrte Damen und Herren, ein besonderes Jahr liegt hinter uns. Die Infektionskrankheit Covid-19 und die Gegenmaßnahmen haben unser aller Lebens- und Arbeitsalltag folgen- schwer beeinflusst. Sie hat auch die gärtnerische Branche vor immense He- rausforderungen gestellt, auf die wir mit vereinten Kräften reagiert haben. Frühzeitig wurden Hygienekonzepte erarbeitet, um Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen zu schützen. Gemeinsam mit anderen Verbänden der Bran- che haben wir uns bei der Politik für praktikable Lösungen für die Unterneh- men und für Saison-Arbeitskräfte stark gemacht. Die Betriebe wurden vom „Die Branche hat gezeigt, was ZVG und seinen Landesverbänden umfassend und fortwährend über die sie leisten kann.“ Anforderungen und Regelungen zum Arbeitsschutz, zur Unterbringung und zu den Hilfsmöglichkeiten für die Unternehmen informiert. Die Branche hat gezeigt, was sie leisten kann. Im Pandemiegeschehen wurde die Bedeutung einer heimischen Produktion deutlich – sei es Obst und Gemüse oder auch Blumen, Gehölze und Pflan- zen. Die gärtnerischen Betriebe und ihre Produkte haben eine neue Wert- schätzung erfahren. Der Gartenbau wurde als systemrelevant eingestuft. Angesichts von Reisebeschränkungen und geschlossenen Geschäften be- sannen sich viele Menschen auf den eigenen Balkon und Garten. Auch die Selbstversorgung erreichte einen höheren Stellenwert. Das hat der gärtne- rische Fachhandel deutlich gespürt. Höheren Umsätzen stehen höhere Aufwendungen gegenüber. Erst länger- fristig wird deutlich werden, wie sich das ungewöhnliche Marktgeschehen Jürgen Mertz, in diesem Jahr auf die Betriebsstrukturen ausgewirkt hat. Zumal die poli- Präsident des Zentralverbandes tischen und gesellschaftlichen Diskussionen im Hintergrund weiterlaufen. Gartenbau e. V. Ob CO2-Bepreisung, Torfreduktion oder Insektenschutz – die Themenliste ist lang und die Auswirkungen auf die Unternehmen vielfältig. Der ZVG setzt sich für verlässliche Rahmenbedingungen und politischen Leitplanken ein, damit diese Aufgaben zu stemmen sind. Angesichts der steigenden Anfor- derungen darf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe nicht vergessen werden. Nicht zuletzt macht sich der ZVG als Mitglied der Zukunftskommission Land- wirtschaft für die Belange des deutschen Gartenbaus stark.
06 Das Wirtschaftsjahr 2020 Gemüsebau Obstbau Zierpflanzenbau Gärtnerischer Einzelhandel Friedhofsgartenbau Baumschule Raumbegrünung und Hydrokultur 12 CORONA Ein Jahr im Ausnahmezustand 16 Politische Themen des Gartenbaus Umwelt und Klima Pflanzengesundheit Energie Grünpolitik Recht, Steuern, Arbeit und Soziales Bildung Forschung Europa
28 Gemeinsam für den Gartenbau Inhalt Aus den Bundesfachverbänden und den ZVG-Arbeitsausschüssen 44 50 Was uns bewegt Anhang Rückblick Branchendaten 30 Jahre Deutsche Einheit Positionen und Stellungnahmen Nachwuchskampagne Organigramm Impressum/Quellen
Das Wirtschaftsjahr 2020 7 Marktübersicht & Geschäftsklimaindex 2020 115 110 100 90 80 70 60 50 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Dez 20 Zierpflanzenbau Friedhofsgärtner Gemüsebau Obstbau Baumschule Einzelhandelsgärtner Die Corona-Pandemie hatte die Betriebe des Gartenbaus 2020 fest im Griff. Verschlossene Ab- satzkanäle und die Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften machten den Betrieben zu schaf- fen. Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden ließen die Aufwendungen der gärtnerischen Unternehmen steigen. Die Kosten waren erheblich. Gleichzeitig wurde eine höhere Wertschätzung von Obst und Gemüse aus heimischer Produk- tion deutlich und fehlende Reisemöglichkeiten wurden mit einer Rückbesinnung auf Balkon und Garten kompensiert. Durchwachsenes Jahr für den einen schwankenden und instabilen Markt. Absatzwege Gemüsebau brachen ohne die Gastronomie ein. Der Geschäftsklimaindex startete zu Beginn des Jah- Die Corona-Pandemie forderte die Erzeugerbetriebe für res mit einem Wert von 92 Punkten bereits im negativen frisches Gemüse bis an ihre Grenzen. Trotz der System- Bereich und verschlechterte sich dann weiter. Waren es relevanz hatte der Lockdown massive Auswirkungen auf anfangs noch die Wetterverhältnisse wie Trockenheit den Gemüsebau. Sogenannte Hamsterkäufe sorgten für und Dürre, kam im Frühjahr die Situation bei der Be-
8 ZVG-Jahresbericht 2020 schaffung von Personal und Saisonarbeitskräften so- wie Pflanzenschutz und der mediale Druck beim Thema Insektenschutz und auch beim Folieneinsatz dazu. Die Einschätzungen des Geschäftsklimas verbesserten sich zum April durch das günstige Klima im Frühjahr und den wachsenden Fokus der Gesellschaft auf die Lebensmittel- produktion in Deutschland. Gleichzeitig stiegen die Kos- ten für die Hygienemaßnahmen zum Infektionsschutz. Im Mai lag der Geschäftsklimaindex erstmals wieder über 100 Punkten, trübte sich jedoch zum Juni wieder leicht heblichen Frostschäden. ein. Im August normalisierte sich die zwischenzeitlich er- Lokal gab es auch wieder höhte Nachfrage. Mit steigenden Infektionszahlen und Hagelereignisse. Die zum der wachsenden Sorge um weitere Einschränkungen wur- Teil deutlich überdurch- de die Lage im September dann wieder negativer beur- schnittlichen Niederschläge im teilt. Diese Stimmung hielt im Oktober und November an. Frühjahr füllten in einigen Regionen Deutschlands De- Nach der Flächenausweitung im Vorjahr wurde für fizite aus den letzten Jahren, auch in tieferen Boden- 2020 wegen der ungünstigen Witterungsbedingungen schichten, teils wieder auf. und dem zeitweisen Arbeitskräftemangel durch die Co- Zu Beginn des Jahres stabilisierten sich die Preise rona-Pandemie mit einer kleineren Produktionsfläche für Kernobst durch einen guten Abverkauf, was die Ge- für Gemüse gerechnet. Demzufolge dürfte die Erntemen- schäftsklimastimmung etwas anhob, mit 91 Punkten ge nicht mehr an das Vorjahresniveau heranreichen. Die blieb sie jedoch im negativen Bereich. Zum April ver- Vegetationsperiode 2020 war mit den trockenen Mona- schlechterte sich der Geschäftsklimaindex vor allem co- ten April und Mai und dem meist kühlen Juni sowie der ronabedingt dann deutlich auf 72 Punkte. Insbesonde- folgenden Trockenperioden im Sommer in den meisten re die nicht geklärte Verfügbarkeit von Arbeitskräften Regionen erneut eine Herausforderung und durch einen machte den Betrieben zu schaffen. Im Mai verbesserte hohen Beregnungsaufwand, oft schon im sehr frühen Ent- sich die Stimmung dann wieder. Vor allem mittelgroße wicklungsstadium, geprägt. Die Ernten waren je nach Kul- Betriebe konnten mit spartenfremden Arbeitskräften tur trotzdem solide. Engpässe kompensieren und der Markt zeigte sich auf- Spargel hingegen zeigte deutliche Verluste. Nach nahmefähig. Im Juli erreichte der Index erstmals wie- ersten Schätzungen fiel die Spargelernte 2020 um 19 der 100 Punkte. Das Hoch hielt jedoch nicht lange an. Im Prozent geringer aus als noch 2019. Damit dürften rund Sommer traf besonders den Süden und Osten eine län- 106.400 Tonnen geerntet worden sein. Als Folge der Coro- gere Trockenperiode mit Temperaturen von mehr als na-Krise wurde bis Ende des Jahres vermehrt im Lebens- 35 Grad. mitteleinzelhandel eingekauft und Zuhause gekocht, was Bedingt durch den Klimawandel bereiten dem Obst- sich in der höheren Nachfrage nach regionalen Produkten bau invasive Schaderreger wie die Kirschessigfliege und dem Absatz in der Direktvermarktung widerspiegelt. und verschiedene Wanzenarten zunehmend Probleme. Neben den Auswirkungen der Corona-Krise spielte das 2020 trat erstmals die gefürchtete Marmorierte Baum- Thema Pflanzenschutz eine übergeordnete Rolle. Im Ge- wanze in Erwerbsobstanlagen auf. Der geschützte An- müsebau können viele zentrale Schaderreger nur über bau im Beerenobst und Schutzsysteme gegen Hagel Notfallzulassungen bekämpft werden, die jeweils sehr und Starkregen im Stein- und Kernobst gewinnen an kurzfristig und für Produzenten nicht planbar ausgespro- Bedeutung. chen werden. Existenziell notwendig in der Corona-Krise war die Bewertung der Produktion durch die Bundesregierung als systemrelevant. Mit erheblichem Aufwand für die Be- triebe konnten so circa 80 Prozent der benötigten Sai- Herausforderungen für den Obstbau son-Arbeitskräfte einreisen, Pflanz- und Erntearbeiten konnten durchgeführt werden. Das obstbauliche Frühjahr begann mit einem frü- Das Abfallen des Geschäftsklimaindexes im Oktober hen Vegetationsbeginn und einer Vielzahl von Frost- stand im Widerspruch zur damaligen Marktlage beim nächten bundesweit. Im Norden wurde bis zu 20 Mal Obst und begründete sich eher mit der allgemeinen Ver- beregnet, da die Temperaturen sich oft um den Ge- unsicherung. Dabei spielte nicht nur Corona eine Rolle, frierpunkt bewegten. In Sachsen-Anhalt, Sachsen, sondern auch Sorgen um die Verfügbarkeit von Pflan- Thüringen und Bayern kam es am 11. Mai noch zu er- zenschutzmitteln oder Vorschläge zum Mindestlohn.
Das Wirtschaftsjahr 2020 9 loch fiel aus und auch die Herbstproduktion fand ihren Absatz. Nach Schätzungen der Agrarmarkt Informations-Ge- sellschaft (AMI) ist der Gesamtmarkt für Zierpflanzen im Jahr 2020 deutlich gewachsen. Es kam zu einem erneuten Wachstum von 5,2 Prozent, ausgehend von den ersten drei Quartalen des Jahres. Damit stieg das Marktvolumen auf mehr als 9,4 Milliarden Euro (zu Einzelhandelspreisen). Pro Einwohner ergibt sich ein Einkaufswert von fast 114 Die Vermarktung des Obstes, egal ob Beeren-, Stein- Euro für den Betrachtungszeitraum. Nach zunächst mas- oder Kernobst, verlief im Corona-Jahr zufriedenstel- siven konjunkturellen Einbrüchen im März erholte sich der lend. Man hatte den Eindruck, dass regionales Obst zu- Markt schnell. Alle Pflanzengruppen profitierten von den nehmend wertgeschätzt wird. Zuhausebleibern und dem Trend zur Pflanze. Für Schnitt- blumen wurden rund 38 Euro pro Kopf ausgegeben – das sind nochmals 1,04 Euro mehr als im Vorjahr. Das Wachs- tum zum Vorjahr beträgt aufgerundet 3 Prozent und er- Zierpflanzenmarkt 2020 trotzt reichte knapp 3,2 Milliarden Euro am Gesamtmarkt. der Pandemie Ein weiterer Gewinner waren die Gartenpflanzen, für die 56 Euro pro Kopf ausgegeben wurden. Das Die Stimmung im Zierpflanzenbau blieb zum Jahres- Wachstum dieses Segments betrug fast 7 Prozent und wechsel zunächst verhalten. Die steigenden bürokrati- stieg auf knapp 4,65 Milliarden Euro. Der Stauden- schen Anforderungen an die Unternehmen und die Dis- markt erreichte 640 Millionen Euro und wuchs erneut kussion um die CO2-Steuer belasteten die Branche. Der stark um nahezu 12 Prozent. Auch der Gehölzmarkt Geschäftsklimaindex startete mit 95 Punkten ins Jahr zeigt ein Wachstum von rund 7 Prozent auf etwas über 2020. Im März fiel er dann mit 68 Punkten auf einen nie 1,5 Milliarden Euro Marktanteil. Da das Bruttoinlands- gekannten Tiefpunkt. Pünktlich zum Saisonstart führte produkt (BIP) für das Baugewerbe für das Jahr 2020 die uneinheitliche Verkaufslage in den Bundesländern zu leicht stieg und der Anteil des nicht privaten Verbrauchs großer Unsicherheit. Glücklicherweise erholte sich das bei rund 40 Prozent lag, ist zu vermuten, dass der Ge- Geschäftsklima im Saisonverlauf wieder und erreichte im hölzmarkt noch stärker gewachsen ist. Der seit Jahren Juli seinen Höchstwert mit 108 Punkten. Das Sommer- schwächelnde Zimmerpflanzenmarkt profitierte von dem Run auf Blühendes und den trendigen Grünpflanzen. Der Marktanteil stieg um 6 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Das entspricht rund 19,40 Euro pro Einwohner. Das Sorgen- kind, die blühenden Zimmerpflanzen, performten vor allem bei späteren Kulturen und auch die Orchideen ver- kauften sich gut ab. Mit einem Plus von 3,8 Prozent stieg das Segment auf rund 1,1 Milliarden Euro. Die Trends des Vor- jahres wurden verstärkt fortgesetzt, die grünen Zimmerpflanzen wuchsen deutlich um 11 Prozent auf 535 Millio- nen Euro. Die Beet- und Balkonpflan- zensaison verlief, mit Blick auf das starke Vorjahr, sehr gut. Das Segment wuchs um 5 Prozent auf gut 1,95 Milliar- den Euro. Somit wurden pro Kopf mehr als 23 Euro ausgegeben. Auch der Kräu- termarkt entwickelte sich im Jahr 2020 positiv und erreichte mit 264 Millionen Euro ein Wachstum von 10,5 Prozent zum Vorjahr.
10 ZVG-Jahresbericht 2020 ser Absatzweg beeinflusste aber den Gesamtmarkt nicht stark. Die Monosträuße liefen vor allem über den System- handel mit einem starken Lebensmitteleinzelhandel und Discounter. Maßgeblich für höhere Umsätze waren in der Regel gestiegene Mengenanteile, die Preise fielen leicht. Bei den Schnittblumen, das nach wie vor größte Marktsegment, entfielen somit bis September 2020 rund 63 Prozent der privaten Ausgaben auf den Fachhandel Gärtnerischer Fachhandel (Blumenfachgeschäfte, Gärtnereien, Gartencenter, Wo- chenmärkte). Gerade bei den gemischten Sträußen ge- Das Jahr startete für den gärtnerischen Endverkauf mit wann der Fachhandel rund zwei Prozentpunkte und stieg einem Geschäftsklimaindex von 97 Punkten. Der Fach- auf über 80 Prozent des Marktanteils wie im Vorjahr. Der handel war etwas unzufriedener mit seiner damaligen Markt für blühende Zimmerpflanzen wuchs in den ersten Geschäftslage, aber die Beurteilung der Entwicklungen neun Monaten des Jahres 2020. Der Fachhandel verlor für die nächsten Monate fiel im Januar zunächst deutlich leicht beim Ausgabenanteil, etwas deutlicher noch am positiver aus. Im März stürzte der Index allerdings dann Mengenanteil des Gesamtmarktes. Gärtnereien und Gar- auf 59 Punkte. Er verbesserte sich bereits im April, lag tencenter profitierten jedoch durch höhere Kundenaus- zunächst aber noch deutlich unter den Werten aus den gaben. Der Systemhandel (Baumärkte, Lebensmittelein- Jahren zuvor. Im Mai erholte sich die Stimmung dann, um zelhandel, Discounter, Sonstige) profitierte, ähnlich wie in den folgenden Monaten auf höherem Niveau leicht zu bei den Schnittblumen, durch die Möglichkeit, ihre Läden schwanken. offen zu halten, bei Menge und Ausgaben. In den ersten Der Systemhandel konnte auch im Jahr 2020, gemes- neun Monaten 2020 entfielen rund 47 Prozent der Ausga- sen an den Gesamtausgaben der Ver- braucher, weiter zulegen. Der Fach- handel verlor seit dem Jahr 2017 zwei Prozentpunkte, so dass nun noch rund 59 Prozent der Verbraucher- ausgaben im Fachhandel getätigt werden. Bei den Mengenanteilen ver- lor der Fachhandel mit drei Prozent- punkten sogar noch deutlich mehr Anteile. Klar ist für das Jahr 2020, dass bestimmte Geschäftstypen wie Gartencenter, Gärtnereien sowie der Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter durch die Corona-Krise profitierten. Die Verschiebung der Ausgaben- und Mengenanteile inner- halb der einzelnen Pflanzengruppen fiel hier noch deutlicher aus. Der Schnittblumenmarkt war für das vergangene Jahr schwierig zu be- werten. Auf Verbraucherseite stiegen die Ausgaben. Vor allem der System- handel mit Discountern und Lebens- mitteleinzelhandel profitierte, da dieser weniger von Ladenschließungen betroffen war. Der ben für blühende Zimmerpflanzen auf den Fachhandel, Fachhandel zeigte sich bei den gemischten Sträußen rück- das entspricht einem Rückgang von einem Prozentpunkt läufig, die Preise fielen, ebenso die verkauften Mengen. zum Vorjahr. Die grünen Zimmerpflanzen erzielten da- Gemessen am Gesamtmarkt stellte er aber noch immer gegen starke Wachstumsraten bei den Ausgaben, wo- den Großteil der Ware. Zu einigen Anlasstagen, wie zum von vor allem Gartencenter und auch der Systemhandel Beispiel Ostern, als nicht vor Ort verkauft werden konnte, profitierten. Die Gartenpflanzen konnten 2020 erneut an stiegen auch die Ausgaben für Onlineware deutlich. Die- Marktbedeutung zulegen. Auch die Segmente der Kräu-
Das Wirtschaftsjahr 2020 11 ter, Stauden und Gehölze konnten ein Plus bei den Aus- gaben erwirtschaften. Bei Beet- und Balkonpflanzen gingen die Ausgaben deutlich nach oben, was primär durch Preiskompensa- tion stattfand, denn die verkauften Mengen stiegen nicht signifikant. Der Blumenfachhandel verlor zwei Prozent- gewissheit führte dazu, dass Betriebe ihre Lage und auch punkte Ausgabenanteil, Gartencenter und Gärtnereien ihre Erwartungen für 2020 als schlecht beziehungswei- profitierten jedoch. Die kleineren Segmente wie Stauden se ungünstig prognostizierten. Durch das überraschend und Kräuter legten ein überdurchschnittliches Wachstum gute Frühlings- und Frühsommergeschäft erholte sich der hin. Nicht in der Gesamtmarktstatistik erfasst wurden Geschäftsklimaindex im Mai wieder auf die Werte vor der die Gemüsepflanzen. Diese erlebten jedoch einen wah- Corona-Pandemie. Auf diesem hohen Level verweilte der ren Boom im Frühjahr, die Verbraucherausgaben stiegen Wert auch den Rest des Jahres. Dennoch gab es 2020 er- massiv zum Vorjahr. neut viele Arbeitsspitzen. Diese sind vor allem durch die regionalen Extremwettersituationen geprägt. Insbesonde- re der trockene April aber auch der Sommer machte vieler- orts zusätzliche Gießdienste unabdingbar. Damit verbun- den war ein erhöhter Aufwand an Personal und Kosten. Trotz dieser Widrigkeiten konnten sich die Betriebe auch 2020 als kompetente und zuverlässige Partner für die Grabpflege erweisen. Für viele Betriebe war das ab- gelaufene Jahr ein außergewöhnliches Jahr. Geprägt Gehölznachfrage beflügelt von groben Einschnitten in den Geschäftsabläufen, auch durch Schließungen der angeschlossenen Blumenläden Der deutsche Markt für Baumschulgehölze setzte 2020 aber auch von vielen Neuabschlüssen für Pflegeverträge. die jüngst begonnene, positive Entwicklung fort. Der Ge- So dass für zahlreiche Betriebe 2020 sogar ein gutes Jahr schäftsklimaindex bei den Baumschulen lag im Januar war, mit mehr Abschlüssen als in den Jahren davor. Inwie- bei 107 Punkten. Coronabedingt brach er im März zwar weit die Corona-Pandemie ein Umdenken in der Bevölke- auf 70 Punkte ein, erhöhte sich aber bereits im April auf rung für Grabpflege und Vorsorgeverträge geschaffen hat, 99 Punkte. Im Juli lag er dann mit 106 Punkten sogar über bleibt zu beobachten. dem Vorjahr und hielt sich auf dem höheren Niveau. In allen Absatzbereichen wurde rege Nachfrage re- gistriert. Im Bereich der öffentlichen Abnehmer konnte trotz Corona-Pandemie weitergearbeitet werden. Der Pessimismus bei Raumbegrünung Hauptabnehmer, die Unternehmen des Garten- und und Hydrokultur Landschaftsbaus konnten ihre Arbeiten im öffentlichen und privaten Bereich vollständig fortsetzen. Die priva- Das Wirtschaftsjahr der Branche der Raumbegrünung te Nachfrage wurde mutmaßlich durch pandemiebe- und der Hydrokulturspezialisten war eindeutig durch die dingte Substitutionsentscheidungen der Verbraucher Corona-Pandemie gekennzeichnet. Das zeigt auch der (Garten/Terrasse/Balkon statt Reisen/Events) beflügelt. Geschäftsklimaindex. Zum Jahresbeginn war die Branche Die schweren Waldschäden lösten eine andauernde optimistisch ins Jahr gestartet. Mit Beginn der Krise fiel Nachfrage nach Forstgehölzen aus. Einzig der Export die Einschätzung der Unternehmen sehr negativ aus. Der (20 Prozent des Handelsvolumens) wurde pandemie- Geschäftsklimaindex stürzte im März auf 55 Punkte ab bedingt teilweise gestört, in Großbritannien durch den und halbierte sich damit fast im Vergleich zum Vorjahr. Brexit. Viele Gehölzsortimente sind bereits knapp oder Auch in den Folgemonaten blieben die Geschäftsaussich- geräumt, der Preisanstieg setzt sich fort. ten deutlich pessimistischer. Im Juli war der Index immer- hin wieder auf 78 Punkte gestiegen. Nach einem leichten Hoffnungsschimmer im September verdüsterten sich die Aussichten zum späteren Herbst wieder. Die Unterneh- Zweigeteiltes Jahr beim Friedhof men hatten in den letzten Monaten mit den Lockdown- Regeln und den damit verbundenen Einschränkungen zu Die Friedhofsgärtner hatten 2020 ein zweigeteiltes Jahr. tun. Bei vielen Unternehmen sind die Umsätze bei den Zum einen fiel coronabedingt der Geschäftsklimaindex Firmenkunden eingebrochen. Eine regelmäßige Pflege im März auf ein historisches Tief mit 71 Punkten. Die Un- der Begrünungen in den Büros war nicht mehr möglich.
CORONA: Ein Jahr im Ausnahmezustand
CORONA: Ein Jahr im Ausnahmezustand 13 Corona-Pandemie fordert die Branche heraus 2020 befand sich der Gartenbau wie alle Wirtschaftsbereiche in Deutschland im Ausnahmezustand. Die Corona-Pandemie mit ihren Auswirkungen auf Produk- an Vorschriften. Das betraf Schließungsvorgaben für Gar- tion und Handel hat die Branche außerordentlich gefordert. tenbaubetriebe, Fördermaßnahmen sowie Vorschriften Gemeinsam hat sich der ZVG mit seinen Landesverbänden zur Einreise und Unterbringung von Saisonarbeitskräften und weiteren Verbänden für die gärtnerischen Unterneh- gleichermaßen. Die Stimmung im Gartenbau sank auf ei- men eingesetzt. nen nie dagewesenen Tiefpunkt. Der Geschäftsklimaindex stürzte in den einzelnen Sparten regelrecht ab. Mit meh- ren Umfragen wurde die Situation der Betriebe erfasst, um Absatzkanäle offenhalten passgenau den Bedarf der Branche gegenüber der Politik Im Frühjahr zeigten sich zunächst massive Verwerfungen in kommunizieren zu können. der Wertschöpfungskette. Der erste Lockdown im März traf Dem Einsatz der Verbände ist es aber auch zu verdan- die Branche in der Hochphase der Frühjahrsblüher und zu ken, dass – wenn auch mit vielen Auflagen und Einschrän- Beginn der Saisonarbeiten. Oberstes Ziel im ZVG war daher kungen – in den meisten Bundesländern die Gartenbaube- zunächst, möglichst alle Absatzkanäle offen zu halten und triebe wieder öffnen und ihre Produkte verkaufen durften. den Einsatz von Saisonarbeitskräften zu ermöglichen. Die Am längsten dauerte die vollständige Schließung in Bay- nötige Versorgung und Selbstversorgung der Bevölkerung ern und stellte für diese Betriebe eine besondere Heraus- hat letztlich dazu geführt, dass der Gartenbau als system- forderung dar. relevant angesehen wurde. Gärtnereien und Gartencenter Die Lage der Betriebe verbesserte sich im Laufe des sollten laut Bund-Länder-Beschluss offen bleiben. Auch die Jahres, was auch an der gestiegenen Wertschätzung der Vorgaben für die Arbeitskräfte sollten einheitlich sein. heimischen Produkte und der Beschäftigung der Konsu- menten mit dem eigenen Garten lag. Mit den steigenden Infektionszahlen im Herbst und weiteren Einschränkungen Flickenteppich an Vorschriften zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurden die Betrie- Allerdings führten unterschiedliche Auslegungen in den be erneut mit sehr unterschiedlichen Schließungsszenarien einzelnen Bundesländern zu einem wahren Flickenteppich in den Bundesländern konfrontiert.
14 ZVG-Jahresbericht 2020 Hilfestellungen für Betriebe Der ZVG hat zusammen mit seinen Landesverbänden der Arbeit der Verbände profitiert. dafür gesorgt, dass die Betriebe umfassend informiert Der Deutsche Gartenbautag musste abgesagt werden waren. So wurde ein Katalog mit allen wichtigen Fragen Auf digitalem Wege hielt der ZVG sein Informtionsange- und Antworten erstellt. Dazu zählten Fragen zum Verhal- bot aufrecht, beispielsweisemit dem Technik live - Ener- ten im Quarantänefall oder zur Stundung von Steuern, gietag, der zahlreiche Interessierte anlockte. genauso wie Fördermöglichkeiten und Maßnahmen im Zuge des Corona-Hilfspaketes. Für besondere Fragestel- Verbände stehen zusammen lungen, wie Kurzarbeitergeld oder alle Fragen im Zusam- Die Corona-Krise hat auch den engen Zusammenhalt in der menhang mit der Einreise Verbändelandschaft wei- und Beschäftigung von ter gestärkt. So konnte die Saison-Arbeitskräften wur- Verfügbarkeit von Saison- den weitere Merkblätter Arbeitskräften nur in enger entwickelt und den Be- Zusammenarbeit mit dem Wir bieten Ihnen einen trieben zur Verfügung ge- Deutschen Bauernverband Abhol- und Lieferservice stellt. Bitte tragen Sie eine Mund- Mehr Infos: (DBV), dem Deutschen Neben den FAQ’s und Nasen-Bedeckung am Kunden- Raiffeisenverband (DRV) parkplatz, im Eingangs- und den Merkblättern wurden Wartebereich sowie auf dem über den Bundesausschuss Leitlinien zur Infektions- gesamten Verkaufsgelände. Obst und Gemüse (BOG) vermeidung in Sammel- Vielen Dank für Ihre Mithilfe! und die Bundesfachgrup- unterkünften und im pen Gemüsebau und Obst, laufenden Produktions- in enger Abstimmung mit betrieb erarbeitet und in den zuständigen Bundes- Zusammenarbeit mit der ministerien, zum Erfolg ge- Sozialversicherung für führt werden. Landwirtschaft, Forsten 1,5 Meter Für die Betriebe mit und Gartenbau (SVFLG) Endverkauf hat der ZVG in verschiedene Sprachen Verehrte Kunden, mit dem Handelsver- übersetzt. So konnten angesichts der Corona-Pandemie bitten band Heimwerken, Bauen sich die Betriebe bereits wir Sie, 1,5 Meter Abstand zu anderen und Garten (BHB), dem Kunden zu halten. Insbesondere an den Desinfizieren Sie vor der ersten Einigung Kassen ist Rücksichtnahme von allen Industrieverband Gar- gefordert! bitte Ihre Hände zwischen Regierung und ten (IVG), dem Verband Danke sagen auch alle Mitarbeiterinnen Vielen Dank für Ihre Mithilfe! Branche auf die Einreise und Mitarbeiter! Deutscher Garten-Cen- der dringend benötigten ter (VDG), unterstützt vom Saison-Arbeitskräfte vor Verband des Deutschen bereiten. Für den End- Blumen- Groß- und Im- verkauf wurden Hand- porthandels (BGI) und dem lungsempfehlungen zur Fachverband Deutscher Umsetzung der Hygiene- Um die gärtnerischen Betriebe bei ihrer Ar- Floristen (FDF) die Internet- vorschriften und der Kun- beit zu unterstützen, hat der ZVG eine Viel- seite www.mit-abstand- denführung einschließlich zahl an Informationsmittel zusammenge- gruen.de ins Leben gerufen. der erforderlichen Hin- stellt. Hinweisschilder und Hygienetipps für Dort können die Unterneh- weisschilder erstellt. den Verkaufsbereich erleichtern zusätzlich men ihr Engagement zum Die wichtigen FAQ’s Schutz der Kunden und Mit- wurden fortlaufend aktu- die Arbeit. arbeiter sichtbar machen. alisiert und den Mitglie- Mit dem zweiten Lockdown dern zur Verfügung ge- im November wurden auf stellt. Letztlich kamen mehr als 20 Ausgaben zusammen. Anregung der Landesverbände neue Hilfestellungen für Monatelang wurden alle Erläuterungen und Hilfestellun- direktabsetzende Betriebe zur Verfügung gestellt, um die gen der gesamten Branche frei zur Verfügung gestellt. Stärken der gartenbaulichen Produkte hervorzuheben. Damit haben auch diejenigen Betriebe, die die Arbeit Ein wichtiger Meilenstein der politischen Arbeit war, dass auf Landes- und Bundesebene nicht durch eine Mitglied- auch die Produktionsbetriebe von den Ad-hoc-Hilfen profi- schaft unterstützen während der ersten Krisenzeit von tieren konnten.
CORONA: Ein Jahr im Ausnahmezustand 15 Lösungen gefunden Mit Kreativität und Engagement und deren Absatzmarkt damit jetzt stellten und stellen sich die gärt- schon zum zweiten Mal völlig weg- nerischen Betriebe der Heraus- gebrochen ist. Letztlich werden die forderung. Lockdown und Rei- kommenden Jahre erst zeigen, wel- sebeschränkungen haben dem che Betriebe letzten Endes durch deutschen Gartenbau aber auch die Zeit der Pandemie gekommen eine neue Wertschätzung ge- sind. bracht. Die Branche wurde als sys- Die Beschränkungen und höhe- temrelevant eingestuft. Balkon und ren Anforderungen haben die Bran- Garten wurden zum Zufluchtsort che außerordentlich gefordert. Co- als sich Urlaubspläne auflösten. rona hat die Betriebe vor ungeahnte Die Versorgung mit heimischen Aufgaben gestellt, aber auch vor Produkten bekam einen höheren Augen geführt, was der Gartenbau Stellenwert. Zwar konnten teils zusammen schaffen kann. höhere Preise erzielt werden, dem stehen allerdings auch Die Herausforderungen werden mit Ablauf dieses Jah- deutlich höhere Aufwendungen gegenüber. res nicht enden. Die Corona-Pandemie wird die Branche Aber es gab auch Bereiche im Gartenbau mit ganz be- auch im Jahr 2021 noch fordern. Zusammenhalt, Flexibi- sonderer Betroffenheit, wie Gemüsebaubetriebe, die ihren lität, Kreativität und Solidarität sind auch in Zukunft das Anbau auf die regionale Gastronomie ausgerichtet haben Gebot der Stunde. „4 Wege für einen grünen Lockvember und Lockzember” In der Corona-Krise haben die Menschen ein großes Be- (GMH) hat daher Marketinganregungen, Handlungsan- dürfnis nach Geborgenheit, Gesundheit und nach einem leitungen und Anzeigenvorlagen für die Gärtnereien er- schönen Zuhause. Gärtnerische Produkte wie Blumen stellt. Diese vermitteln die Stärken der gartenbaulichen und Pflanzen, frische Kräuter, Obst und Gemüse können Produkte für den Verbraucher in diesen schwierigen Zei- einen wichtigen Beitrag dazu leisten und den Wegfall anderer ten. Initiiert wurden diese Vorlagen vom ZVG und seinen Freizeitaktivitäten zu kompensieren. Das Grüne Medienhaus Landesverbänden. 4 Wege für einen grünen Lockvember Der deutsche Gartenbau Der deutsche Gartenbau Der deutsche Gartenbau Der deutsche Gartenbau
Politische Themen des Gartenbaus
Politische Themen des Gartenbaus 17 Umwelt und Klima Der Klimawandel und seine Auswirkungen beschäftigen Politik und Branche weiterhin gleichermaßen. So war das Jahr geprägt von Diskussionen zu Klimaschutz, Torfminderung und Insektenschutz. Es stehen politische Entscheidungen an, die einschneidende Effekte für die gärtnerischen Betriebe haben werden. CO2-Bepreisung fordert Gartenbau heraus CO2-Kosten bei Investitionen in erneuerbare Energien und Die Bundesregierung hat ihre Pläne zum Erreichen der Kli- Energieeffizienzmaßnahmen. maschutzziele umgesetzt und zum 1. Januar 2021 eine nationale CO2-Bepreisung von fossilen Energieträgern ein- geführt. Das stellt die gärtnerischen Unternehmen mit ge- Unterstützungsangebote greifen nicht schütztem Anbau vor große Herausforderungen, denn der Die Bundesregierung hat Eckpunkte für Entlastungen vorge- Gartenbau steht in einem intensiven europäischen und legt, die befürchten lassen, dass der Gartenbau nicht oder internationalen Wettbewerb. Eine Verteuerung der Unter- nur begrenzt berücksichtigt wird. So beschränkten die vor- glaskulturen aus deutscher Produktion kann wegen des gelegten Regelungen im Entwurf der Carbon-Leakage-Ver- hohen Importanteils nicht durch höhere Preise auf dem hei- ordnung die möglichen Entlastungen zunächst auf Sekto- mischen Markt aufgefangen werden. ren, die bereits dem EU-Emissionshandel unterliegen. Damit Der Gartenbau braucht daher dringend eine praxistaug- wird den nationalen Erweiterungen im Brennstoffemissions- liche und unbürokratische Regelung, die den kleinen und handelsgesetz (BEHG) nicht Rechnung getragen. Weitere mittleren Unternehmen im nationalen Emissionshandel Sektoren müssen erst in einem aufwändigen Verfahren nach Entlastungen gewährleistet und so die Dekarbonisierung Antragsstellung aufgenommen werden. fördert. Eine alleinige Entlastung über die geplante Absen- Ein Antrag kann aber nur von einem Unternehmenszu- kung der Umlage im Zuge des Erneuerbare-Energien-Geset- sammenschluss oder einem Interessenverband getätigt wer- zes (EEG) reicht bei weitem nicht aus. den, der mindestens 80 Prozent des in Deutschland erzielten Benötigt werden Investitionsförderungen, zum Beispiel Umsatzes des Sektors repräsentiert. Derartige Zusammen- über das Bundesprogramm Energieeffizienz, steuerliche schlüsse gibt es allenfalls in staatlich geregelten Pflichtmit- Sonderabschreibungen auf Investitionen in erneuerbare gliedschaften wie den Industrie– und Handelskammern, Energien, Abschaffung der Stromsteuer, Senkung der Ab- nicht aber in der Landwirtschaft und im Gartenbau. gaben und Umlagen im Strompreis oder die Erstattung der Die Einbeziehung des EU-Binnenmarkthandels ist richtig
18 ZVG-Jahresbericht 2020 und entspricht der Forderung des ZVG. Allerdings muss die 50 Prozent Torfanteil und bis 2030 um mindestens 70 Pro- Handelsintensität vollständig und nicht nur zu 75 Prozent zent Torfanteil in Blumenerden für den Hobbybereich an- berücksichtigt werden. gestrebt. Bis 2025 wird eine Reduktion um mindestens Die Orientierung an den Carbon-Leakage-Regelungen des 20 Prozent Torfanteil in Kultursubstraten und bis 2030 um EU-Emissionshandels ist nicht geeignet, praktikable und un- mindestens 30 Prozent Torfanteil in Kultursubstraten in der bürokratische Einordnungen und Berechnungsgrundlagen gärtnerischen Produktion von Zierpflanzen, Stauden und für die Leistung von finanzieller Unterstützung zu gewähr- Gehölzen anvisiert. Voraussetzung ist die Verfügbarkeit von leisten. Weitere Einschränkungen über Mindestschwellen nachhaltigen Torfersatzstoffen. Der Industrieverband Garten oder Abzug eines Selbstbehalts lehnt der ZVG ebenfalls ab. (IVG) hat parallel eine Selbstverpflichtung der Substrat- und Erdenindustrie zur Torfminderung veröffentlicht. Der ZVG beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema und Torfminderung hat immer Handlungsbereitschaft signalisiert. Er bekennt Das Bundeslandwirtschaftsministerium arbeitet weiter an sich zum ressourcenschonenden Umgang beim Einsatz von der Umsetzung der Torfminderungsstrategie und hat bei den Torf und unterstützt die Torfminderungsstrategie. Die Bran- gärtnerischen Verbänden konkrete Minderungsziele ent- chengespräche mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium sprechend der Strategie gefordert. Um die Ziele des Klima- werden fortgeführt. Die gärtnerischen Betriebe benötigen schutzplanes 2050 einzuhalten, hat sich der ZVG gemeinsam allerdings Zeit, um Minderungspotenziale wirtschaftlich mit dem Bund deutscher Baumschulen (BdB), dem Handels- tragbar umzusetzen. Um Wettbewerbsverzerrungen zu ver- verband Heimwerken, Bauen und Garten (BHB) und dem meiden, bedarf es einer übergeordneten europäischen Vor- Verband Deutscher Garten-Center (VDG) auf eine Reduktion gehensweise. des Torfeinsatzes bei Produkten für den Endverbraucher im gärtnerischen Fachhandel (Einzelhandelsgärtnereien, Bau- und Gartenmärkte, Gartencenter, GartenBaumschulen) Immer weniger Wirkstoffe verständigt. Bis 2025 wird eine Reduktion um mindestens Beim Pflanzenschutz stehen immer weniger Wirkstoffe und Mittel zur Verfügung. Dabei werden im Nationalen Aktions- plan nachhaltiger Pflanzenschutz mindestens drei Wirk- stoffklassen je Anwendungsgebiet (AWG) als Ziel benannt. Viele zentrale Schaderreger können nur über Notfallzulas- sungen bekämpft werden. Der Saldo der Antragsbearbeitung in Lückenindikatio- nen ist nur gering positiv, neu zugelassene Anwendungs- gebiete wiegen abgelaufene und nicht zugelassene AWG kaum auf. Unter anderem führt die Diskussion um Biodi- versitätsauflagen dazu, dass immer weniger Firmen bereit sind, Zulassungserweiterungen für Lückenindikationen zu beantragen. Auf nationale gesonderte Bewertungen sollte nach An- sicht des ZVG verzichtet werden, wenn die Bewertung bei den Verfahren der gegenseitigen Anerkennung in anderen Mitgliedstaaten abgeschlossen war. Der ZVG lehnt zudem erhöhte nationale Auflagen zum Schutz der Biodiversität ab, die dazu führen, dass Anteile von Kulturflächen grund- sätzlich von der Anwendung ausgenommen werden. Verbundvorhaben Lückenindikationen wird fortgeführt Die Förderphase des Modell- und Demonstrationsvorha- bens „Verbesserung der Verfügbarkeit von Pflanzenschutz- mitteln für kleine Kulturen in Gartenbau und Landwirt- schaft“ ist am 31. Juli 2020 ausgelaufen. Seitdem wird das Verbundvorhaben ausschließlich aus Eigenmitteln fortge- führt. Weil die Harmonisierung in der Europäischen Union
Politische Themen des Gartenbaus 19 bei der Pflanzenschutzzulassung nach wie vor nicht abge- schlossen ist, bleibt der Arbeitsaufwand groß. Das Verbundvorhaben ist seit seiner Gründung im Juli 2013 fester Bestandteil der nationalen Lückenstruk- turen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Lückenindikationen (BLAG-LÜCK). Überaus positiv ist hierbei die enge Anbin- dung an die Bund-Länder-Arbeitsgruppe und seiner Unter- arbeitsgruppen (UAG). Das Verbundvorhaben war innerhalb der EU Vorreiter bei der Organisation und Leitung gemeinsa- mer EU-weiter Projekte zum Schließen von Bekämpfungslü- cken und bei der Einstellung von Informationen und Daten in die gemeinsame Lückendatenbank der EU, der EUMUDA. Besondere Situation beim Insektenschutz Der Bund wird ab 2021 die Anwendung von Pflanzenschutz- mitteln und Bioziden mit ausdrücklicher Relevanz für Insek- ten in ökologisch besonders schutzbedürftigen Bereichen verbieten. Das wird deutliche Konsequenzen für dort wirt- schaftende Betriebe haben. Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium haben mehrfach zu Runden Tischen eingeladen, um im Dialog mit den Verbänden Lösungen zu vereinbaren. Von gemeinschaftlich getragenen Lösungen ist man allerdings nach wie vor weit entfernt. Der ZVG fordert, die besonde- re Situation der Sonderkulturen für Ausnahmeregelungen führt. Inzwischen haben sich der Markt und die Ansprüche zum Pflanzenschutz in Schutzgebieten zu berücksichtigen. des Handels weiterentwickelt. Mit dem Floritray ist im Jah- Das Bundesumweltministerium hat einen Entwurf für ein re 2019 eine neue Mehrwegpalette für den Transport von Insektenschutzgesetz vorgelegt, zu dem der ZVG Stellung ge- Blumen und Pflanzen auf den Weg gebracht worden. Der nommen hat. Der ZVG lehnt eine Ausweitung der Ziele des ZVG unterstützt den Einsatz von Mehrwegpaletten und Naturschutzes ab, die nicht vom Insektenschutzprogramm motiviert seine Mitglieder, die für sie passenden Systeme gedeckt sind. Weiterhin lehnt der ZVG die Ausweitung der für die Vermarktung einzusetzen. generellen Abstandregelung für die Anwendung von Pflan- zenschutzmitteln auf zehn Meter an Gewässern und dem damit verbundenen pauschalen Verbot der Anwendung ent- Wasser schieden ab. Denn die Abstandsregelungen werden mittel- Angesichts von wiederkehrender Trockenheit und Bewäs- spezifisch über das Pflanzenschutzrecht bei Zulassungen serungsproblemen wir das Thema der Wasserverfügbar- in den Anwendungsbestimmungen festgelegt. Darüber hin- keit für den Gartenbau immer dringender. Die Wassernut- ausgehende Regelungen sind nicht nötig. Das Bundesland- zung muss fair mit anderen Wassernutzern ausgestaltet wirtschaftsministerium arbeitet an Detailregelungen zum und dabei unter anderem auch die regionale Ernährung, Pflanzenschutz im Fachrecht, wie die Anpassung der Pflan- aber auch die gartenbauliche Produktion, mitgesichert zenschutz-Anwendungsverordnung. werden. Für die Produktion von Zierpflanzen, Gehölzen, Obst und Gemüse ist eine ausreichende Bewässerung dringend erforderlich. Gleichermaßen gilt dies für den Verpackung Dienstleistungsbereich, beispielweise für Stadtgrün und Die Deutsche Umwelthilfe fordert eine verpflichtende Mehr- auf Friedhöfen. Der steigende Bewässerungsbedarf muss wegquote, eine steuerliche Besserbehandlung von Mehr- begleitet werden. Dazu zählen die Erstellung von Wasser- wegsystemen und eine Abgabe von 20 Cent auf Einweg- speichern, mit den Wasserbehörden vor Ort abgestimmte transportverpackungen. Der ZVG hat sich bereits in den und zu sichernde Verfügbarkeit von Grund-, Oberflächen- 90er Jahren intensiv für die Verwendung von Mehrwegver- und Trinkwasser sowie der Förderung der Einrichtung von packungen eingesetzt. 1992 wurde auf Initiative der Vereini- Boden-und Wasserverbünden. Das Bundesumweltminis- gung Deutscher Blumenmärkte im ZVG das System Palettino terium wird eine Wasserstrategie erarbeiten, bei der sich entwickelt und 1999 flächendeckend in Deutschland einge- der ZVG einbringen wird.
20 ZVG-Jahresbericht 2020 Pflanzen- Mit Pflanzen, Früchten, Samen, Holz und anderen pflanzli- chen Produkten können weltweit Schädlinge und Pflanzen- gesundheit krankheiten verschleppt werden, die bisher in Deutschland nicht vorkommen und gegen die es keine Bekämpfungs- möglichkeiten gibt. Viele Veranstaltungen, die sich dem Thema widmen sollten, sind der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen und mussten, wie auch der Deutsche Garten- bautag, abgesagt oder verschoben werden. Gerade im Jahr 2020, das die Ausbreitung verhindern Generalversammlung der Vereinten Die Pflanzengesundheit wird als die Disziplin definiert, in der Maßnahmen zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und Nationen zum Internationalen -schädlingen festgelegt und umgesetzt werden, um deren Jahr der Pflanzengesundheit Ausbreitung in neue Gebiete zu verhindern. Die Regelungen ausgerufen hat, macht die Corona- betreffen die Pflanzenproduktion und den Pflanzenhandel Krise einer breiten Öffentlichkeit gleichermaßen aber auch den persönlichen Reiseverkehr. deutlich, dass die Globalisierung mit der Internationalisierung Leichte Rückverfolgung durch Pflanzenpass des Personenverkehrs und der EU-weit greift seit Mitte Dezember 2019 eine neue Verord- Warenströme neben vielen Vorteilen nung zur Pflanzengesundheit. Sie schreibt unter anderem auch gravierende Risiken beinhaltet. einen Pflanzenpass vor, der über die Herkunft importierter Pflanzen Auskunft gibt. Sollte ein Schädlingsbefall auf die Ware zurückzuführen sein, kann ihr Ursprung leicht ermit- telt und weitere Schäden schnell verhindert werden. In der Branche haben die neuen Regelungen für große Unruhe ge- sorgt. Eine Vielzahl an Betrieben musste sich neu registrie- ren lassen. Die Ausweitung der Kennzeichnungspflicht mit einem Pflanzenpass ist ein weiterer großer administrativer Aufwand für die Unternehmen. In der Praxis der Betriebe und der Pflanzengesundheits- dienste heißt das unter anderem: Ex- und Importkontrollen umsichtig durchführen, Pflanzenbestände regelmäßig kont- rollieren, das Monitoring optimieren und ein Auge auf neue Schadsymptome und neue Schaderreger haben, Betriebe registrieren, Pflanzenpässe ausstellen und Rückverfolgun- gen sicherstellen. In Deutschland werden aktuell die recht- lichen Regelungen der EU in nationales Recht umgesetzt. Zum Entwurf des neuen Gesetzes zur Pflanzengesundheit hat der ZVG im November bereits Stellung bezogen und unter anderem eine deutlichere Klarstellung der Entschädi- gungsregeln eingefordert. Bereits in 2021 wird das neue Pflanzengesundheitsrecht evaluiert. Bis zum 14. Dezember 2021 muss der EU-Kommis- sion, dem EU-Parlament und EU-Rat ein Bericht vorgelegt werden. Dabei geht es auch um die Erfahrungen zur Auswei- tung der Pflanzenpasspflicht samt einer Kosten-Nutzen- Analyse für die Unternehmen. Hier gilt es, für die Branche ein Resümee zu ziehen, die geltenden Regelungen kritisch zu hinterfragen und Verbesserungsvorschläge in die Diskus- sion einzubringen.
Politische Themen des Gartenbaus 21 Energie Dreh- und Angelpunkt aller Diskussionen über den Energieein- satz im Gartenbau ist die CO2-Bepreisung, die vor allem die Un- terglas-Unternehmen ab 2021 stark beein- flussen wird. Mit der neuen Förderrichtlinie zur Steigerung der Energieeffi- rung bestehender Anlagen oder der Neubau von energie- zienz und CO2-Einsparung in Landwirtschaft und Gartenbau effizienten Anlagen zur Minderung der CO2-Emissionen steht der Branche wieder eine Förderperspektive für mehr vorgesehen. Die Höhe der Zuwendung wird in den neuen Energieeffizienz und — jetzt neu — auch für die Umstellung Förderbedingungen nach der Fördereffizienz berechnet. auf regenerative Energieträger zur Verfügung. Der ZVG hatte Der ZVG sieht darin vor allem bei Investitionen in Energieef- gehofft, dass mit dem neuen Programm Anreize geschaffen fizienz eine neue, deutlich höhere Hürde, um in den Förder- werden, um die sehr kostenintensive Umstellung in den Be- genuss zu kommen. Der ZVG hat große Bedenken, dass das trieben voranzutreiben, befürchtet jetzt allerdings, dass die Programm bei diesen Investitionen anders als alle Vorgän- Belastung, die auf die Betriebe aus dem Brennstoffemis- gerprogramme, den Gartenbau aus dem Auge verloren hat sionshandelsgesetz (BEHG) zukommt, durch das neue Bun- und für die Branche nur von geringem Interesse sein wird. desprogramm nur ansatzweise ausgeglichen werden kann. Neben dem Bundesprogramm bedarf es daher zusätzlich einer umfassenden Entlastung bei den CO2-Kosten durch Programm steht im Wettbewerb das BEHG. Neu aufgenommen wurde in die Richtlinie die Förderung der Erzeugung von regenerativer Energie zur betrieblichen Eigennutzung und Abwärmenutzung sowie mobile Geräte Teil des Klimaschutzplans und Maschinen, die regenerative Energien nutzen. Bei der Das Bundesprogramm Energieeffizienz für Landwirtschaft regenerativen Energieerzeugung steht das neue Programm und Gartenbau ist seit 2020 Teil des Klimaschutzplans 2030 im Wettbewerb mit der Bundesförderung für Energie- der Bundesregierung für den Sektor. Dafür stehen aus dem effizienz in der Wirtschaft der Kreditanstalt für Wiederauf- Energie- und Klimafonds (EKF) insgesamt 156 Millionen Euro bau (KfW). Hier werden die Förderkriterien, aber auch die bis zum 31. Dezember 2023 zur Verfügung. Ziel des Klima- administrative Abwicklung entscheiden, für welches Unter- schutzplans 2030 ist es, den CO2-Ausstoß der Landwirtschaft nehmen welches Programm am attraktivsten ist. bis 2030 um 14 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 2014 zu Der ZVG sieht am neuen Förderprogramm großen Bedarf senken. zur Nachbesserung, um die gesetzten Einsparziele errei- Im Förderprogramm sind bei den Investitionsmaßnah- chen zu können und ist dazu im intensiven Dialog mit allen men wie bisher Einzelmaßnahmen sowie die Modernisie- Verantwortlichen.
22 ZVG-Jahresbericht 2020 Grünpolitik Besonders das letzte Jahr zeigte deutlich, wie wichtig Stadtparks, Flusswiesen oder Friedhöfe für die tägliche Naherholung und für soziale Begegnungen sind. Durch die Corona-Pandemie stieg die Nutzung des urbanen Grüns überproportional an. Unter dem Titel „Kommunen im Klimawandel: was braucht Stadtgrün im Städtebauprogramm die Grüne Infrastruktur?“ fand im März 2020 der dritte ge- Obwohl es sehr erfolgreich war, wurde das Städtebau- meinsame Parlamentarische Abend von ZVG, dem Bund programm „Zukunft Stadtgrün“ 2020 als eigenständiges deutscher Baumschulen (BdB), dem Bundesverband Gar- Programm beendet und in die drei verbliebenen Förder- ten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL)und dem Bund programme integriert. Der ZVG und die anderen grünen Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) statt, um gemein- Verbände setzten sich stark für den Erhalt dieses eigen- sam über den Klimawandel und dessen Auswirkungen in ständigen Programms ein. Denn die Chancen auf die Um- den Städten und im ländlichen Raum zu diskutieren. Dabei setzung der zukunftsweisenden Ansätze des Weißbuches verwies ZVG-Präsident Jürgen Mertz auf Handlungsbedarf Stadtgrün können nur umgesetzt werden, wenn die För- von Kommunen und politischen Entscheidern. Gemeinsam derungen des Stadtgrüns weiterhin klar benannt werden. mit dem BGL, dem BdB, dem bdla und dem Deutschen Na- turschutzring (DNR) fordert der ZVG ein Förderprogramm für kommunales Grün. Urbanen Raum aufwerten Mit der im Jahr 2020 veröffentlichten Bundeskompensa- Gerade die Corona-Krise zeige, wie unverzichtbar Grün für tionsverordnung sollen die Regelungen für Ausgleichs- den Einzelnen und die Gesellschaft ist. Mit wirksamen und maßnahmen vereinheitlicht und vereinfacht werden. umfassenden Investitionen in die grüne Infrastruktur kön- Für den ZVG geht der Ansatz nicht weit genug. Das hat nen Städte und Kommunen einen wichtigen Beitrag leisten, er seit Bekanntwerden des Verordnungsentwurfes deut- Naherholungsgebiete zu schaffen und gezielt gegen Effek- lich gemacht. Unter anderem fordert er, den urbanen te des sich verändernden Klimas zu wirken. Der Gartenbau Raum stärker einbeziehen, beispielsweise durch die Auf- steht mit seinen Produkten und Dienstleistungen genau für wertung bestehender Grünanlagen, die Erstellung neuer das, was Stadtgrün ausmacht und bietet in Qualität und Grünanlagen sowie Gebäudebegrünung und der Dachbe- Quantität Antworten auf die Fragen des Klimawandels. grünung.
Politische Themen des Gartenbaus 23 Recht, Steuern, Arbeit und Soziales 2020 Neben den vielen durch die Corona- Pandemie ausgelösten rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen gab es weitere Themen, die die Arbeit des Jahres 2020 geprägt haben. Umsatzsteuerpauschalierung den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Die Betriebe bei der Nach Auffassung der EU-Kommission entspricht die bishe- Umsetzung der Vorschriften für die Arbeitssicherheit und rige deutsche Regelung der Umsatzsteuerpauschalierung den besonderen Hygienevorschriften zu unterstützen, war nicht der EU-Mehrwertsteuersystem-Richtlinie. Dort wird deshalb ein wesentlicher Teil der Arbeit des letzten Jahres. eine Umsatzsteuerpauschalierung nur für solche Betriebe Genauso wichtig war es aber auch, immer wieder deutlich vorgesehen, für die die Anwendung der allgemeinen Um- zu machen, dass die Situation im Gartenbau und der Land- satzsteuerregelungen mit besonderen verwaltungstechni- wirtschaft nicht vergleichbar ist mit den Zuständen in der schen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Bundesregierung Fleischindustrie. hat in den Verhandlungen mit der Kommission die Position vertreten, dass die deutsche Regelung mit der EU-Mehr- wertsteuersystem-Richtlinie vereinbar sei. Trotzdem hat die Bauen im Außenbereich EU-Kommission ein Vertragsverletztungsverfahren gegen Ein Thema, das für gartenbauliche Betriebe immer wichtig Deutschland eingeleitet. Zusätzlich gibt es ein wettbewerbs- ist, ist das Bauen im Außenbereich. Manchmal verstecken rechtliches Verfahren von französischer Seite gegen die sich Änderungen in Gesetzentwürfen, die auf den ersten deutsche Regelung. Blick nicht zu erkennen sind. Mit einem Gesetzentwurf zur Die Bundesregierung hat, unter Einbeziehung des Berufs- Mobilisierung von Bauland sollen den Kommunen mehr stands, Verhandlungen mit der EU-Kommission aufgenom- Werkzeuge an die Hand gegeben werden, um leichter Wohn- men, um diese Verfahren möglichst abzuwenden. Aktuell raum schaffen zu können. Eine leichtere Einbeziehung von gibt es einen mit der Kommission abgestimmten Vorschlag. Außenbereichsflächen am Rande einer Bebauung ist hierzu Danach wird in Zukunft die Anwendung der Umsatzsteuer- vorgesehen. Das kann vor allem Gartenbaubetriebe treffen, pauschalierung wahrscheinlich nur noch möglich sein, die häufig in Orts- oder Stadtrandlagen liegen und deren be- wenn der Gesamtumsatz des Unternehmers 600.000 Euro triebliche Interessen nicht immer mit den Interessen einer im Jahr nicht übersteigt. Bevor dieser abgestimmte Vor- Wohnbebauung in Einklang zu bringen sind. Hierauf hat der schlag aber nicht in deutsches Recht umgesetzt ist, wird es ZVG in einer Stellungnahme hingewiesen. Gleichzeitig hat er auf EU-Ebene keine Entscheidung zu den anhängigen Ver- positiv angemerkt, dass innerstädtisches Grün gefördert und fahren geben. Das Gesetzgebungsverfahren wurde noch im erhalten werden soll. Hier hat der ZVG deutlich gemacht, Dezember 2020 abgeschlossen. Dies ist zwingende Voraus- dass Friedhöfen als innerstädtische Grün- und Ruheflächen setzung dafür, dass in weiteren Schritten auch die Verfahren eine besondere Bedeutung zukommt, neben ihrer kulturel- auf EU-Ebene hoffentlich beendet werden können. len Funktion. Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz Herausforderungen für 2021 Die Unterbringung von Saisonarbeitskräften und die Ar- Die Anforderungen an die Betriebe werden nicht weniger. beitsbedingungen auch in der gartenbaulichen Produktion Hier möglichst praxisnahe Hilfestellungen für die Umsetzung sind – auch aufgrund der Corona-Pandemie — stärker in zu geben, bleibt eine ständig aktuelle Herausforderung.
24 ZVG-Jahresbericht 2020 Bildung Bildung ist die Grundlage für wirt- schaftlichen Erfolg. Spätestens die Co- rona-Pandemie hat detailliert gezeigt, vor welchen großen Herausforderungen das Bildungssystem und die Bildungsak- teure stehen. Es gibt viel zu tun. Digitalisierung als größte Herausforderung wurde die Forderung aufgenommen, auch bei sogenann- Der Lockdown und die geschlossenen Berufs- und Fach- ten flüchtigen Prüfungsleistungen zur Abnahme zwei Prü- schulen haben plastisch vor Augen geführt, dass Lehr- fer zuzulassen. Die geforderte Abnahme durch drei Prüfer einrichtungen eine digitale Infrastruktur, administrative verschärft und verstetigt die wachsenden Engpässe bei Kräfte vor Ort und das Know-how in Punkto Anwendung der Gewinnung von ehrenamtlich tätigen Prüfern – das hat und Didaktik brauchen, um die Ausbildung weiterhin qua- die ZVG-Umfrage bei den Landesverbänden bestätigt. litativ gewährleisten zu können. Bereits vor Corona hatte der ZVG die Politik darauf hingewiesen, sich mit dem The- ma Digitalisierung zu beschäftigen und Lehrer und Aus- Förderinstrumente für Betriebe bilder in die Diskussionen miteinzubeziehen. Wiederholt Seit 2015 hatte sich der ZVG für eine ganzheitliche Ausbil- hatte der ZVG dafür plädiert, die Handlungsempfehlungen dungsförderung eingesetzt, bundesweit von der Vorberei- der Enquette-Kommission im Sommer 2021 im Zuge der tung über die Unterstützung während der Ausbildung bis Novelle des Berufsbildungsgesetzes abzuwarten. zum Abschluss einer erfolgreichen Ausbildung. Dies wurde insbesondere in 2015 und 2016 im Zuge der „Flüchtlings- krise“ in zahlreichen Gesprächen mit dem Bundesland- Berufsbildungsgesetz auf die Schnelle wirtschaftsministerium und Vorstandsmitgliedern der Trotz zahlreicher Proteste seitens der Arbeitgeber, so auch Bundesagentur für Arbeit diskutiert. 2020 wurde nun die des ZVG, ging es dem Gesetzgeber nicht schnell genug. So Assistierte Ausbildung als Ausbildungsförderinstrument schnell, dass nach dem Inkrafttreten zum 1. Januar 2020 verstätigt – als Teil des Gesetzes zur Förderung der beruf- bis heute einzelne Punkte in der Umsetzung nicht geklärt lichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiter- sind. Weiterhin hatte der ZVG mit großem Unmut die for- entwicklung der Ausbildungsförderung. Damit wurde eine mal bedingte Herausnahme des Nachweises beruflicher langjährige Forderung des ZVG erfüllt. Mit der Assistierten Praxis aus der Regelzulassung aufgenommen. Da dies alle Ausbildung werden Auszubildende vor und während der Agrarberufe betrifft, hat sich der ZVG dafür stark gemacht, Ausbildung – individuell nach ihren jeweiligen Bedürfnis- den Unmut aller Agrarverbände dem Gesetzgeber gegen- sen – unterstützt. Dazu gehören beispielweise Sprach- über zu äußern und diesen Punkt bei der geplanten Evalu- unterricht, Wissensvermittlung in Allgemeinbildung und ierung des Gesetzes in 2025 unbedingt zu berücksichtigen. Fachtheorie, aber auch Hilfen bei Problemen im sozialen Als weiterer Punkt in der gemeinsamen Positionierung Umfeld.
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