JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...

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JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
JAHRES
  BERICHT
 UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK
 DER HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN

                    2018
                                      1
JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
PROLOG
         Liebe Leserinnen und Leser,
         2018 haben wir eine Vielzahl an neuen digitalen Zugängen
         zu unseren Beständen geschaffen. Der Jahresbericht 2018
         steht darum unter der Überschrift „Zugänge und Einsichten.“
         Wie Zugänge und Einsichten sich gegenseitig bedingen und
         welche Rolle die Bibliothek hier einnimmt, erfahren Sie im
         Editorial. Die grafische Darstellung einer Computerplatine
         illustriert die digitale Vernetzung und führt Sie durch unsere
         Themen des Jahres 2018.

         In diesem Sinne - finden Sie beim Lesen neue Einsichten!

         Ihre Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin
JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
EDITORIAL   ZUGÄNGE UND EINSICHTEN
            Die Rollenverteilung zwischen Bibliothek und
            Wissenschaft stellt sich oft in der Weise dar,
            dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
            Erkenntnisse und Einsichten haben, während
            Bibliothekarinnen und Bibliothekare Zugänge
            bieten, die Voraussetzung für Einsichten und
            Erkenntnisse sind. Zugänge und Einsichten ste-
            hen in einer wechselseitigen Beziehung: Ohne
            Zugänge keine Einsichten – ohne Einsichten
            keine Zugänge. Letzteres sei nochmals anders
            gesagt: Recherchieren und Suchen gehört in
            den Entdeckungskontext von Forschung, Lehre
            und Studium.

            Welche Zugänge gestalten und schaffen Biblio-
            theken, um Einsichten zu ermöglichen? Dazu
            gehören Bücher, Zeitschriften, Kataloge, Meta-
            daten und Suchmaschinen, E-Books, E-Journals
            und Datenbanken, Ausleihen, Auskünfte, Rück-
            gaben, Magazine, Archive, Räume, alte und
            wertvolle Buchbestände, Bilder, Mikrofiches,
            Nachlässe und nicht zuletzt viele, serviceorien-
            tierte Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die
            tagein und tagaus bemüht sind, den nach Ein-
            sichten strebenden Nutzerinnen und Nutzern
            die Zugänge zu schaffen und zu vermitteln, die
            sie benötigen.
               Im Jahr 2018 haben wir oftmals Zugänge er-
            möglicht oder eröffnet. Andererseits waren wir
            leider auch in der Situation, im Zusammenhang
            mit dem Einstellungsstopp studentischer Hilfs-
            kräfte ab Oktober 2018, Zugänge einschränken
            zu müssen. Um welche Zugänge es 2018 ging,
            soll hier überblickhaft berichtet werden. Dazu
            gehört eine ganze Reihe an Servicefeldern und
            -themen, die zugleich für die Weiterentwicklung
            der UB von großer Bedeutung sind.

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1.      Zugänge brauchen Ordnung. Deshalb ist
        sehr erfreulich, dass die neue Benutzungs-
ordnung der UB so weit gediehen ist, dass sie
                                                     Zielzahl gibt die Open-Access-Strategie des
                                                     Landes Berlin bis 2020 und in den Folgejahren
                                                     mit weiteren Steigerungen vor.
                                                                                                         Fachinformationsdienste „Hochschulforschung“
                                                                                                         und „Sozial- und Kulturanthropologie“ (SKA)
                                                                                                         Zugänge zu aktueller Spezialliteratur zur Verfü-
                                                                                                                                                               Gerätschaften und Rechner waren die Re-Investi-
                                                                                                                                                               tionsmaßnahmen 2018 dringend erforderlich
                                                                                                                                                               und sehr willkommen – dies wird 2019 fortge-
an Präsidium und Senat bald zur Entscheidung                                                             gung. Darüber hinaus werden mit den Recherche-        setzt. Da die Benutzerverwaltung in der Biblio-
weitergeleitet werden kann. Weiterhin wurde
eine Clearingstelle in der Benutzungsabteilung
installiert, um für die gesamte UB Probleme
                                                     5.    Der Zugang zu Forschungsdaten steht
                                                           bei uns ebenfalls auf der Agenda. Wissen-
                                                     schaftlerinnen und Wissenschaftler werden im
                                                                                                         portalen der FIDs Daten und Inhalte unter-
                                                                                                         schiedlicher Herkunft zur Verfügung gestellt.
                                                                                                         Das Rechercheportal EVIFA des FID SKA hat
                                                                                                                                                               thekssoftware Alma noch immer nicht ganz
                                                                                                                                                               reibungslos funktioniert, werden die Datenflüsse
                                                                                                                                                               mit dem Identitätsmanagement der HU 2019
bei der Anmeldung von Nutzerinnen und                Umgang mit dieser Thematik fachlich geschult.       einen kompletten Relaunch bekommen, der den           neu konzipiert und implementiert – das ist eben-
Nutzern oder bei dem Benutzerkonto von HU-           Das DFG-geförderte E-Diss-Plus-Projekt, das         Zugang zu Inhalten und Ressourcen nutzer-             falls eine äußerst wichtige Voraussetzung, um
Angehörigen zu lösen. Um zu Zugängen im              sich dem Thema mit Blick auf Promovierende          freundlich sicherstellt. Zu den Schwerpunkten         Zugänge in der UB zu schaffen.
Grimm-Zentrum auch mobil Auskunft geben zu           widmete, wurde 2018 erfolgreich beendet. Unsere     des FID SKA gehört zudem die Auseinander-
können, wird zusätzlich ein „Walking Librarian“
vorgesehen – Mitarbeitende, die auf Nutzerinnen
und Nutzer aktiv zugehen, um sie zu beraten statt
                                                     Hochschulschriften sind außerdem nun für den
                                                     Zeitraum 1908 – 1974 nicht mehr nur über Mikro-
                                                     fichekataloge, sondern online über Primus zu-
                                                                                                         setzung mit Forschungsdaten im Hinblick auf
                                                                                                         deren Speicherung, Verarbeitung und den Schutz
                                                                                                         personenbezogener Daten.
                                                                                                                                                               10.   2019 feiern wir das 10-jährige Jubiläum
                                                                                                                                                                     der Zweigbibliothek Campus Nord und
                                                                                                                                                               des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums. Im
an der Theke darauf zu warten angesprochen zu        gänglich.                                                                                                 Hinblick darauf wird es diverse Renovierungs-
werden.

                                                     6.    Die Bestände in den Historischen Samm-        8.     Um in Bibliotheken Zugänge anbieten
                                                                                                                zu können, gehören auch gut nutzbare
                                                                                                                                                               und Umbaumaßnahmen geben.

2.     Zugänge kosten Geld. Wir freuen uns,
       mit dem Doppelhaushalt 2018/19 einen
Erwerbungsetat zu haben, der im Unterschied
                                                           lungen der UB, im Universitätsarchiv und
                                                     in der Kustodie sollen ebenfalls besser zugäng-
                                                     lich sein. Im Universitätsarchiv wurden die Find-
                                                                                                         Räume zu den Voraussetzungen. Das sind zum
                                                                                                         einen Räume, in denen sich Nutzerinnen und
                                                                                                         Nutzer befinden und die eine zeitgemäße Aus-
                                                                                                                                                               Vieles wurde 2018 erreicht, und viele der ge-
                                                                                                                                                               nannten – wie auch viele weitere – Aktivitäten
zu den Vorjahren auskömmlich ausgestattet ist        bücher bis 1945 digitalisiert und mit findbuch.     stattung erfordern, aber auch Räume, in denen         werden 2019 fortgesetzt. Den Leserinnen und
– dies möge auch in weiterhin bewegten Zeiten        net online gestellt. Auch Akten und Archivdoku-     Bücher gespeichert und aufbewahrt werden.             Lesern unseres Jahresberichts 2018 wünschen
so bleiben.                                          mente werden demnächst digital zugänglich           Zugänge dieser Art konnten jetzt verbessert           wir eine aufschlussreiche Lektüre, die hoffentlich
                                                     sein. In den Historischen Sammlungen der UB         werden durch Möblierungsmaßnahmen in der              neue Einsichten bezüglich unserer aktuellen

3.     Das Suchportal Primus bietet Zugang zu
       den Bücher- und Zeitschriftenbeständen,
die die UB für Forschende, Lehrende und Studie-
                                                     sind Zugänge zu alten und wertvollen Buch-
                                                     beständen geschaffen worden, die durch die
                                                     Mitwirkung der UB am DFG-Projekt zur Digita-
                                                                                                         Zweigbibliothek Campus Nord, das wieder-
                                                                                                         hergestellte Magazin im Dachgeschoss der
                                                                                                         Zweigbibliothek Rechtswissenschaft sowie das
                                                                                                                                                               Zugänge bringt, aus denen dann neue Erkennt-
                                                                                                                                                               nisse wachsen mögen.

rende gekauft oder lizenziert hat. Mit dem Re-       lisierung und Verzeichnung von Buchbeständen        neue Leitsystem in der Zweigbibliothek Fremd-
launch des User Interface hoffen wir, unseren        des 18. Jahrhunderts (VD 18) ermöglicht wurden.     sprachliche Philologien.
Nutzerinnen und Nutzern die Zugänge zu er-           Wir versuchen, eine Beteiligung der UB an der          Damit, was aufbewahrt wird, auch dauerhaft
leichtern, die sie für die Gewinnung ihrer Ein-      zweiten Phase des VD 18 erfolgreich zu bean-        erhalten bleibt, sind Maßnahmen zur Bestands-                              Prof. Dr. Andreas Degkwitz
sichten und Erkenntnisse brauchen.                   tragen. Weitere Vorhaben zur Digitalisierung        erhaltung keine Kür, sondern unbedingte Pflicht.
                                                     von Archiv- und UB-Beständen sind in Planung,       Sehr erfreulich ist, dass entsprechende Dritt-

4.      Open Access versteht sich als freier Zu-
        gang zu Publikationen von Forschungs-
ergebnissen. Kostenfrei ist der Zugang zur
                                                     welche einen enormen Zuwachs an erleichterten
                                                     Zugängen schaffen werden. Auch die Kustodie
                                                     wird mit Digitalisierungsmaßnahmen zu einem
                                                                                                         mittelanträge eingereicht und bewilligt wurden.
                                                                                                         2.500 Bände wurden aus dem Altbestand sepa-
                                                                                                         riert, erfasst und einem Dienstleister zur Trocken-
Publikation – die Herstellung von Publikationen      verbesserten Zugang zu den Kunstschätzen der        reinigung übergeben. Der Bedarf bestandser-
jedoch nicht. Mit einem DFG-geförderten Pub-         HU beitragen, sobald die notwendigen Rahmen-        haltender Maßnahmen ist so groß, dass das, was
likationsfonds und Open-Access-Mitteln des           bedingungen dafür gegeben sind.                     auf dieser Strecke bisher geschah, definitiv nur
Landes Berlin ermöglichen wir Open Access und                                                            ein Anfang ist.
tragen damit zur Verbreitung dieses Publikations-
modells in Berlin und über Berlin hinaus bei.
Wir befinden uns 2017 mit 38,5 % Open Access
                                                     7.   Die UB würde nicht zum Kreis der großen,
                                                          wichtigen Bibliotheken Deutschlands ge-
                                                     hören, wenn sie keine Zugänge zu Spezial- und       9.   Zugang zu digitalen Medien und Diensten
                                                                                                              setzt IT-Ausstattung voraus, deren Betriebs-
auf einem guten Weg, um die Zielzahl von 60 %        Sondersammlungen bieten könnte. Neben der           potenziale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie
Open Access-Anteil des jährlichen Publikations-      Dissertationen-Sammlung und den Sammlung-           Nutzerinnen und Nutzer nicht warten lassen,
aufkommens der Berliner Hochschulen und              en bedeutender Wissenschaftler der Berliner         sondern die schlicht gut funktionieren sollen.
Forschungseinrichtungen zu erreichen – diese         Universität – heute HU – stellen wir über unsere    Angesichts stark in die Jahre gekommener

6                                                                                                                                                                                                               7
JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
INHALT
         02 PROLOG                                      42 Glücksfee verhilft zu Arbeitsräumen
                                                           Birgit Stumm
         04 EDITORIAL
                                                        44 Wie Glaubwürdig?
                                                           Eine Ausstellung über Fahrlässigkeit,
                                                           Betrug und die Prüfung von Integrität
         10 IM FOKUS                                       Thorsten Beck, Michael Seadle,
                                                           Melanie Rügenhagen
         12 Suchportal in neuem Gewand:
            Das neue Primus User Interface              48 Drei Orte – eine Ausstellung
            Ulrike Schenk                                  Anja Herwig, Anja Müller, Katharina Ventzke

         18 Recherche nach alten Hochschulschriften     50 Judaica-Portal: Literatur zum Judentum
            der Universitätsbibliothek                     Agnes Winter
            Carolin Näther, Christian Rüter
                                                        52 Modellhaft: Fördermittel für die
         22 Eine Bilanz: Drei Jahre FID Sozial- und        Restaurierung historischer Quellen im
            Kulturanthropologie                            Universitätsarchiv und in den
            Matthias Harbeck                               Bibliothekssammlungen
                                                           Aleksandra Pawliczek, Yong-Mi Rauch
         26 Aufbau eines Digitalen Archivs
            Aleksandra Pawliczek                        54 VD 18 – Digitaler Speicher der deutschen
                                                           Publikationsgeschichte
         30 Let’s open up science!                         Yong-Mi Rauch
            Die Universitätsbibliothek fördert
            Open Access an der Humboldt-Universität     56 Zur Kulturgeschichte des Studierens –
            zu Berlin                                      Ein kulturwissenschaftliches Seminar zu
            Christian Winterhalter                         den Kollegheften in den Historischen
                                                           Sammlungen der Universitätsbibliothek
                                                           Kerrin Klinger
         34 QUER BIB
         36 Das DFG-Projekt eDissPlus:                  60 KURZ NOTIERT
            Ein Dienst zum Publizieren von
            (dissertationsbegleitenden)                 64 NEUES ALTES
            Forschungsdaten auf dem edoc-Server
            Ben Kaden, Michael Kleineberg               68 UB IN ZAHLEN
         38 Ein neues Magazin für die Zweigbibliothek   72 PUBLIKATIONEN/VORTRÄGE
            Rechtswissenschaft
            Nadja Krüll                                 76 ORGANIGRAMM
         40 DSGVO – Die neue Datenschutzgrundver-       78 IMPRESSUM
            ordnung an der Universitätsbibliothek
            Michael Voß
JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
IM FOKUS
JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
IM FOKUS

           SUCHPORTAL
                                                                                                                  RECHERCHE, TREFFERANZEIGE UND WEITERVERARBEITUNG
                                                                                                                  Zwar gingen die Wünsche innerhalb der Gruppe der Befragten teils weit
                                                                                                                  auseinander, und auch die einzelnen Nutzungsgepflogenheiten unter-

           IN NEUEM GEWAND
                                                                                                                  schieden sich mitunter frappant. Weitgehend einig waren die Befragten
                                                                                                                  sich aber in dem Wunsch nach der Option, den Suchraum auf tatsächliche
                                                                                                                  HU-Bestände einschränken zu können. Daher setzten wir im neuen UI
                                                                                                                  die Funktion um, im Suchschlitz die Voreinstellung „HU-Katalog, Artikel
           DAS NEUE PRIMUS USER INTERFACE                                                                         und mehr“ für die globale Suche und „HU-Katalog“ für die HU-Bestände
                                                                                                                  vorzunehmen. Letztere schränkt die Suche auf Monographien und Sam-
                                                                                                                  melwerke der Universitätsbibliothek (UB) in gedruckter und elektronischer
                                                                                                                  Form ein:

           ULRIKE SCHENK

                                                                                                                  Vielfach wurde gewünscht, schon in der ersten Trefferliste möglichst viele
                                                                                                                  zielführende Informationen zu erhalten. Auf den ersten Blick soll erkenn-
                                                                                                                  bar sein, ob ein Titel vorhanden oder entliehen ist. Zudem soll schon hier
                                                                                                                  der Standort angegeben werden. Auch diesem Wunsch kamen wir nach.
           Im Herbst 2018, pünktlich zum Beginn des            Ref und JSTOR umfasst, um nur einige zu nen-       Bei Verfügbarkeit wird die Standortinformation (Zweigbibliothek) einge-
           Wintersemesters, gingen wir nach langem Vor-        nen. Die Universitätsbibliothek wählt aus diesem   leitet mit einem grünen „Verfügbar in“. Ist der Titel entliehen, beginnt die
           lauf und ausführlicher Testphase mit unserem        zentralen, fortwährend aktualisierten Index ein    Standortinformation mit einem blassgrauen „Entliehen in“.
           neuen Primus User Interface (UI) online. Bereits    speziell auf ihre Nutzerschaft zugeschnittenes        Mit dem Link „Volltext verfügbar“, den wir direkt in der Trefferliste an-
           2012 hatte Primus – eine lokale Namensvariante      Portfolio an Datenquellen aus und macht diese      bieten, entsprechen wir dem ebenfalls häufig geäußerten Bedürfnis nach
           des Produkts Primo der Firma ExLibris – un-         über Primus recherchierbar.                        einem schnelleren Zugriff auf Online-Ressourcen. Allerdings kann es je
           seren klassischen Onlinekatalog ersetzt. Das           Um das neue UI möglichst an die Bedürfnisse     nach Quellenart und Anbieterplattform unterschiedlich viele weitere Klicks
           damalige Werbemotto „Primus – unser Ein für         unserer Nutzerinnen und Nutzer anzupassen,         erfordern, bis man den Volltext erhält. Im Idealfall öffnet sich das PDF
           Alles“ sollte verdeutlichen, dass es sich bei       führten wir im Sommer 2017 Interviews mit          beim ersten Klick, häufiger führt der Weg aber über die Archivplattform der
           dem neuen Suchportal um weit mehr als einen         37 HU-Angehörigen durch, die verschiedenen         Zeitschrift, von wo aus man sich dann bis auf die Heft- und Seitenebene
           bloßen Bibliothekskatalog handelt: Neben dem        Statusgruppen angehörten, vom Erstsemester         durchklicken kann.
           Druckbestand der Humboldt-Universität (HU)          ohne Bibliothekserfahrung bis hin zur erfahrenen   Neu ist das Open-Access-Symbol in der Kurztrefferliste, das auf den ersten
           bietet Primus Zugang zu einer Vielzahl elektro-     Hochschulprofessorin. Vor allem interessierte      Blick anzeigt, ob ein Titel per Open Access frei zugänglich ist:
           nischer Ressourcen wie den Publikationen des        uns, welche Inhalte und Medienarten in Primus
           universitätseigenen edoc-Dokumentenservers,         erwartet und welche Anforderungen an die
           sämtlichen von der Deutschen Forschungsge-          Such- und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten
           meinschaft per Nationallizenz geförderten Ver-      gestellt werden. Obgleich die Primus zugrunde
           öffentlichungen sowie zu E-Books und E-Journals,    liegende Software nicht endlos viele (Um-)Ge-
           welche die Universitätsbibliothek lizenziert hat.   staltungsmöglichkeiten bietet, war uns dennoch
           Nicht zuletzt stellt ExLibris mit Primo Central     wichtig, das Recherchetool im Rahmen des
           einen gigantischen Datenpool zur Verfügung,         Möglichen so zu gestalten, dass es die Erwar-
           der die Angebote einschlägiger Verlage und          tungen und Anforderungen unserer Zielgruppen
           Datenbankanbieter wie Ebsco, Springer, Cross-       annähernd erfüllt.

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JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
Zudem lässt sich nun sofort erkennen, ob ein Artikel einer qualitätsge-       Mit Klick auf die drei Punkte erscheinen weitere Optionen:
     prüften, sogenannten „Peer-Reviewed“-Zeitschrift entstammt:

     Nicht zuletzt bietet das neue Primus UI in der ersten Trefferliste klarere,
     eindeutigere Icons bezüglich der jeweiligen Medienart. Zusätzlich steht
     oberhalb des Titels, um welche Medienart es sich handelt:
                                                                                   Die Reihenfolge der Export-Angebote entspricht den in den Interviews
                                                                                   geäußerten Priorisierungen unserer Nutzerinnen und Nutzer. Das RIS-
                                                                                   Download – d.h. der Export bibliographischer Daten in ein Literaturver-
                                                                                   waltungsprogramm – hat dabei hohe Priorität, da inzwischen sehr viele
                                                                                   HU-Angehörige die Campuslizenzen von Citavi und EndNote nutzen oder
                                                                                   mit anderen Literaturverwaltungsprogrammen arbeiten.

                                                                                   Neu ist, dass sich Favoriten-Titel nun auch mit Tags versehen und somit
                                                                                   gruppieren lassen. Die einzelnen Tags erscheinen dann unterhalb der Titel
                                                                                   und rechts als Facette:

     In unserer Nutzerumfrage legten die Befragten großen Wert auf leicht          Mit Klick auf den Titel erhält man eine übersichtliche Gesamtschau der
     zugängliche und gut handhabbare Weiterverarbeitungsmöglichkeiten.             bibliographischen Daten, der Standorte mitsamt Ausleihinformationen
     Im alten UI waren diese erst nach Klick auf die Detailebene verfügbar. Im     sowie eventuell weitere Links zum Inhaltsverzeichnis, zu Abstracts etc.
     neuen UI hat man bereits aus der ersten Trefferliste heraus eine Palette      Die Exportfunktionen werden auch in der Detailansicht noch einmal ange-
     an Möglichkeiten. Die bibliographischen Daten lassen sich per Mail ver-       boten, da viele sich erst nach genauer Sichtung eines Titels für die Weiter-
     senden, als fertiges Zitat ausgeben und mittels der Pinnnadel als Favorit     verarbeitung der Daten entscheiden (siehe Abbildung nächste Seite oben
     markieren.                                                                    links):

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JAHRES BERICHT - Humboldt-Universität zu ...
Der Bereich „Persönliche Informationen“ erscheint nicht als separates
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                                                                                    befindet sich neben den Kontaktdaten und der Sprachauswahl auch die
                                                                                    Funktion „PIN/Passwort ändern“:

     Dem Wunsch nach einer übersichtlichen Facettierung, d.h. der Möglich-
     keit, eine vorliegende Trefferliste nach bestimmten Kriterien wie Standort,
     Medienart etc. einzuschränken, entsprachen wir ebenfalls. Die Facetten
     befinden sich nach wie vor auf der linken Seite, jedoch verbesserten wir die
     Möglichkeiten der An- und Abwählbarkeit einer Facette, die im alten UI nur
     sehr versteckt auffindbar war und daher kaum genutzt wurde.
       Die aktiven Filter erscheinen oben links. Sie können für die gesamte
     Recherchesitzung gespeichert werden, indem man auf das kleine Schloss-
     Symbol klickt.
       Einige der genannten Funktionen sind erst dann nutzbar, wenn man in
     Primus angemeldet ist. Daher empfehlen wir das Login vor jeder Recherche.      HILFSANGEBOTE UND FEEDBACK
                                                                                    Um unsere Nutzerinnen und Nutzer an Primus heranzuführen, bieten
                                                                                    wir vierzehntägig Kurzeinführungen in das Suchportal an. Kurze Video-
                                                                                    Tutorials, die sich Einzelaspekten der Nutzung von Primus widmen, bieten
     DAS NUTZERKONTO                                                                zusätzlich ganz punktuell, schnell und auch mobil Hilfe zur Selbsthilfe.
     Ein Hauptaugenmerk legten wir auf die Gestaltung des Nutzerkontos in           Es bleibt eine spannende Aufgabe für die Universitätsbibliothek, Primus
     Primus. Nach erfolgtem Login ist das Konto mit Klick auf den Nutzer-           im Hinblick auf Inhalte, Design und Usability zu optimieren. Feedback der
     namen oben rechts aufrufbar und eröffnet die modulare Ansicht aller ver-       Anwenderinnen und Anwender ist dabei überaus hilfreich und erwünscht.
     fügbaren Funktionen: Informationen zu Ausleihen, Bestellungen, Gebühren,       Nur so können wir unseren Anspruch erfüllen, unseren Nutzerinnen und
     Sperren und Meldungen. Auch etwaige Inhalte sind bereits in einer Kurz-        Nutzern ein effizientes und ansprechendes All-Inclusive-Tool für die wissen-
     ansicht erkennbar:                                                             schaftliche Recherche zur Verfügung zu stellen.

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IM FOKUS

           RECHERCHE NACH ALTEN
           HOCHSCHULSCHRIFTEN
           DER UNIVERSITÄTS-
           BIBLIOTHEK
           CAROLIN NÄTHER, CHRISTIAN RÜTER

                                                                                                                        Abb. 1: Zettelkatalog des dritten Teils der Hochschulschriften im Außenmagazin in Adlershof
           DIE HOCHSCHULSCHRIFTENSAMMLUNG
           DER UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK
           Bereits seit Gründung der Universitätsbibliothek   Berlin:Univ.:R.-u.Staatswiss.Fak.:Diss.:1936:Balicki:F8   Gelegenheitsschriften. Es finden sich in der Samm-     licher Form oder als ausgedruckte und auf-
           (UB) im Jahre 1831 waren die Hochschulschriften    Diese Aufstellung nach dem geographischen                 lung zum Beispiel die Dissertationen von Ernst         geklebte Ausschnitte aus bibliographischen Ver-
           ein wichtiger Sonderbestand der Bibliothek. Als    Prinzip wurde bis 1965 beibehalten, von 1966              Cassirer, Kurt Tucholsky, Rudolf Virchow, Gregor       zeichnissen vor. Ein weiterer Teil der Karten ist
           Mitglied des 1819 gegründeten Akademischen         bis 1998 erfolgte die Aufstellung nach Numerus-           Gysi, Angela Merkel, Eckart von Hirschhausen,          handschriftlich verfasst. Die Karten des ersten
           Tauschvereins bekam die Universitätsbibliothek     Currens-Signaturen.                                       Alfred Biolek oder Claus Kleber - um nur einige        Teils sind größtenteils in lateinischer Sprache
           deutsche Universitäts- und Schulschriften zu-         Erst 1890 wurde mit der Katalogisierung der            zu nennen.                                             verfasst, während der zweite Teil hauptsächlich
           gesandt, ab 1832 wurden auch die Hochschul-        Hochschulschriften begonnen und ab 1899 wurde                                                                    aus deutschsprachigen Katalogkarten besteht.
           schriften der Berliner Universität in der Bib-     ein alphabetischer Katalog zur Erschließung der           DIE ALTEN KATALOGE                                     Aber auch Katalogkarten in Altgriechisch und
           liothek abgegeben und im Jahre 1838 verfügte       Sammlung erstellt.                                        Verzeichnet sind die Hochschulschriften vom            anderen Sprachen liegen vor. Der dritte Teil
           der Preußische Kultusminister zudem, dass             Mit dem Promotions-/Habilitationsjahr 1998             16. Jahrhundert bis 1974 in einem Katalog, der         besteht hauptsächlich aus gedruckten Katalog-
           von allen Preußischen Universitäts- und Schul-     endet auf Beschluss des Akademischen Senats der           aus drei Teilen besteht. Der erste Teil umfasst        karten, zu einem geringen Teil finden sich aber
           schriften jeweils ein Exemplar an die Bibliothek   Humboldt-Universität der Sammlungsauftrag                 den Zeitraum von den Anfängen ab 1556 bis 1816         auch maschinenschriftliche sowie handschrift-
           abzuliefern sei.                                   für die deutschsprachigen Hochschulschriften.             (ca. 53.500 Karten), der zweite Teil umfasst den       liche Katalogkarten.
              Die Hochschulschriften wurden zunächst nicht    Somit umfasst die Hochschulschriftensammlung              Zeitraum von 1817 bis 1907 (ca. 176.000 Karten)           Die Katalogkarten aller drei Teile des Katalogs
           katalogisiert. Um dennoch eine Benutzung zu        der UB Schriften von den Anfängen im 16. Jahr-            und der dritte Teil den Zeitraum von 1908 bis          stehen den Nutzerinnen und Nutzern der Univer-
           ermöglichen, wurden sie nach dem geogra-           hundert bis einschließlich 1998. Sie enthält              1974 (ca. 610.000 Karten). Die Katalogisate in allen   sitätsbibliothek mittlerweile nicht mehr zur Ver-
           phischen Prinzip aufgestellt. Hierbei ist der      größtenteils Dissertationen und Habilitationen            drei Teilen wurden nach den Preußischen Instruk-       fügung, sondern können nur noch von den Mit-
           (Hochschul-)Ort das erste Ordnungskriterium.       deutscher Universitäten, aber auch von Univer-            tionen (PI), ab 1975 dann nach den Regeln für die      arbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt werden.
           Die Aufstellung erfolgte alphabetisch nach dem     sitäten aus Frankreich, der Schweiz, den skandi-          alphabetische Katalogisierung (RAK) erstellt. Diese       Stattdessen steht der komplette Katalog als
           Ortsalphabet (Aachen bis Zürich). Aus diesem       navischen Ländern und den USA. Hinzu kommen               RAK-Titel sind bereits im Online-Katalog der UB        Mikrofiche-Ausgabe im Auskunftsbereich des
           Prinzip und weiteren Kriterien ergaben sich die    vor allem in ihren älteren Teilen Schulschriften,         nachgewiesen.                                          Grimm-Zentrums zur Einsicht und Recherche
           sogenannten geographischen Signaturen, die wie     Rektoratsreden, Vorlesungsverzeichnisse auslän-              Die Katalogkarten des ersten und zweiten            bereit.
           im folgenden Beispiel aufgebaut sind:              discher Universitäten und andere akademische              Teils liegen überwiegend in maschinenschrift-

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DIGITALISIERUNG DER KATALOGE                         an: In der Variante 1 baut man den alten Zettel-          talogisat in Primus und die dazugehörige Katalog-    es wünschenswert, den Gesamtbestand einer
Ein Mikrofiche-Katalog entspricht nicht mehr den     katalog digital nach. So lassen sich alphabetisch         karte ist in Abbildung 2 zu sehen.                   vollständigen Retrokatalogisierung zuzuführen,
Anforderungen an ein modernes Suchsystem.            die gescannten Karten digital durchblättern – so          Ist der Titel gefunden, werden alle relevanten       denn ohne Zweifel erhöht eine richtige und
2013 wurde deshalb ein Projekt in Angriff ge-        wie man es heutzutage gewohnt ist, durch die              Daten von der Scanaufnahme in die neue Titel-        ordentliche Titelaufnahme die Nutzung unge-
nommen, welches zum Ziel hatte, die Katalog-         eigene digitale Fotosammlung zu blättern. Der             aufnahme übertragen, die Signatur vergeben           mein. Über ein solches Projekt und dessen
inhalte online verfügbar zu machen. Es wurde         Vorteil einer solchen Präsentation ist, dass die          und gegebenenfalls buchbinderische Maßnahmen         Finanzierung wird weiter nachgedacht.
schnell deutlich, dass die Mittel nicht aus-         gewohnte Nutzungsweise eines Zettelkatalogs               vorgenommen.                                            Zudem ist der erste und zweite Teil der Hoch-
reichen würden, um alle drei Teile des Kataloges     in die digitale Welt übertragen wird und Titel/                                                                schulschriftensammlung weiterhin für heutige
gleichzeitig zu bearbeiten und eine vollständige     Autor, wenn vorhanden, auf jeden Fall gefunden            RESÜMEE UND AUSBLICK                                 Maßstäbe relativ unzugänglich. Da hier, wie oben
Retrokatalogisierung – also die Erstellung von       werden können. Ein Nachteil ist, dass dem ge-             Im Schnitt werden auf diese Art und Weise ca.        beschrieben, andere Voraussetzungen gegeben
ordentlichen Titelaufnahmen für den Katalog ein-     wohnten Suchsystem Primus an der UB ein                   25 Hochschulschriften pro Woche bearbeitet. Es       sind, wird ein mögliches Projekt zur besseren Ver-
schließlich einer Digitalisierung von Katalog-       weiteres, spezielles an die Seite gestellt werden         ist erfreulich, dass die Nutzung unserer Hoch-       fügbarkeit mit der skizzierten Variante 1 durch-
karten – zu finanzieren. Es wurde daher be-          muss.                                                     schulschriftensammlung signifikant gesteigert        geführt werden müssen. Denn automatisierte
schlossen, mit dem dritten und damit aktuellsten       Die Variante 2 ist die Integration der Scans und        werden konnte und nun auch die Leserinnen            Texterfassungsverfahren werden in diesem Fall
und umfangreichsten Teil der Sammlung zu             Textdaten in das Primus-Suchsystem der UB.                und Lesern, die nicht als Experten, sondern          deutlich schlechtere Ergebnisse erbringen, die
beginnen. Dafür sprach, dass es sich bei den         Hierfür werden die automatisiert erstellten Texte         eher zufällig in Primus auf eine solche Quelle       sich nicht eignen, um Suchanfragen in Primus be-
610.000 Katalogkarten um meistens gedruckte,         – auch mit ihren Fehlern – in die Suchindices             stoßen, diese nutzen können.                         friedigen zu können. Die UB möchte das Thema
selten maschinenschriftliche (ca. 20%), gut les-     integriert, so dass sie bei jeder normalen Suche             Mit dem Geschäftsgang „Katalogisierung            weiterverfolgen, um letztlich die gesamte Hoch-
bare Karten im internationalen Standardkata-         einer Nutzerin oder eines Nutzers berücksichtigt          nach Bedarf“ stellt die UB zumindest für             schulschriftensammlung digital durchsuchbar
logkartenformat (7,5 x 12,5 cm) handelte. Diese      werden. Wird ein entsprechender Titel gefunden,           ausgeliehene Bände eine Erschließung auf             zu machen.
Voraussetzungen machen es leichter, mithilfe         kann über einen Klick auf den Treffer die ge-             höherem Niveau sicher. Nichtsdestotrotz ist
von OCR-Software (Optical character recognition)     scannte Katalogkarte angezeigt werden. Der auto-
zumindest teilweise aus den gescannten Bildern       matisiert erstellte Text des Treffers lässt sich so mit
der Katalogkarten Text zu destillieren. Die Hoff-    den Inhalten auf der Katalogkarte vergleichen und                                   Abb. 2: Automatisierter Eintrag im Suchsystem Primus der UB nach Behandlung des
nung war, dass sich auf diese Weise Autor und        auf Übereinstimmung überprüfen.                                                     Scans mit OCR-Software mit Original-Katalogkarte
Titel in annähernd richtiger Textform automa-          Die UB entschied sich für die Variante 2, die
tisiert generieren lassen würden. Das ist wieder-    endlich, 2018, nach einigen Verzögerungen reali-
um die Bedingung für eine Suche nach den ge-         siert wurde. Zusätzlich wird nach einer Ausleihe
scannten Titeln in Suchsystemen.                     durch die Leserin oder den Leser die Titelauf-
   Anfang 2014 erhielt die UB nach Ausschrei-        nahme überarbeitet, um zukünftig den Titel noch
bung, Auswahl des Anbieters, Abtransport der         besser finden zu können.
Katalogkästen und automatisiertem Einscannen
durch eine Fremdfirma 610.000 Einzelbilder           RETROKATALOGISIERUNG NACH BEDARF
der gescannten Katalogkarten und fast ebenso         Sobald eine Nutzerin oder ein Nutzer eine Hoch-
viele Textdateien. Gleichzeitig wurde auch eine      schulschrift über Primus bestellt hat, wird bei der
Fehlerdatei übergeben, die allein schon 62.000       Bereitstellung des Titels eine Vormerkung für die
„warnings“ enthielt – fehlerhafte Texterkennungen,   weitere interne Bearbeitung angelegt. Nach er-
die das Scan- und OCR-System schon selbst ent-       folgter Nutzung und Rückgabe des Mediums
deckt hatte.                                         im Forschungslesesaal des Grimm-Zentrums
                                                     wird dieses der Medienabteilung übergeben. Es
AUFFINDBARKEIT DER                                   wird zunächst im Bibliothekssystem Alma ge-
HOCHSCHULSCHRIFTEN HEUTE                             prüft, ob bereits eine ordentliche Titelaufnahme
Nach der Überprüfung und technischen Bearbei-        zusätzlich zur Scanaufnahme vorliegt. Zum Teil
tung der Ergebnisse der Digitalisierung stellte      gestaltet sich die Suche nach der Scanaufnahme
sich die Frage, wie diese Inhalte den Nutzer-        schwierig, da die OCR-Software beim Einscannen
innen und Nutzern zur Verfügung gestellt werden      nicht immer zuverlässige Ergebnisse geliefert
können. Es boten sich grundsätzlich zwei Wege        hat. Ein Beispiel für ein derartig fehlerhaftes Ka-

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IM FOKUS

           EINE BILANZ                                                                                            gesellschaften, Institute beider Fachrichtungen,
                                                                                                                  die außeruniversitäre Forschung und fachlich
                                                                                                                  einschlägige Museen vertreten.
                                                                                                                                                                      Angebote für die ethnologischen Fächer zu reali-
                                                                                                                                                                      sieren. So können Mehrwerte für die Forschung
                                                                                                                                                                      erzielt werden, die über die Angebote vor Ort
           DREI JAHRE FID                                                                                           Anders als im Vorläuferprogramm liegt der
                                                                                                                  Schwerpunkt der Arbeit des Fachinformations-
                                                                                                                                                                      hinausgehen.

           SOZIAL- UND KULTURANTHROPOLOGIE                                                                        dienstes nunmehr nicht allein auf der Erwerbung,
                                                                                                                  Erschließung und Bereitstellung von Printlitera-
                                                                                                                                                                      RETRODIGITALISIERUNG
                                                                                                                                                                      Ergänzt wird die digitale und überregionale Be-
                                                                                                                  tur vor allem aus dem Ausland, sondern ist um       reitstellung von Ressourcen durch die Digita-
                                                                                                                  zahlreiche Aufgaben erweitert worden.               lisierung wichtiger Materialien für den ortsun-
                                                                                                                                                                      abhängigen freien Zugriff. Diese wurde zwar im
           MATTHIAS HARBECK                                                                                       NEUAUSRICHTUNG DES ERWERBUNGS-                      Wesentlichen durch zusätzliche DFG-Anträge
                                                                                                                  PROFILS                                             und nur zu einem kleinen Teil aus FID-Mitteln
                                                                                                                  Hatte das SSG Volks- und Völkerkunde im Be-         finanziert, sie fügt sich aber in die Gesamt-
                                                                                                                  reich des Sammelns von Printliteratur noch          strategie des Fachinformationsdienstes, Zugang
                                                                                                                  einen Anspruch auf Vollständigkeit im Rahmen        zu digitalen Ressourcen zu ermöglichen und
                                                                                                                  eines mit Nachbardisziplinen abgestimmten           möglichst zu vereinfachen.
                                                                                                                  Bestandsprofils, versteht sich der FID SKA
                                                                                                                  jetzt eher als zentrale Dokumentationsstelle        UNTERSTÜTZUNG IM FORSCHUNGSDATEN-
                                                                                                                  der deutschsprachigen sozial- und kulturan-         MANAGEMENT
                                                                                                                  thropologischen Forschung sowie als Vermitt-        Ein komplett neues Arbeitsgebiet wurde mit der
                                                                                                                  ler nationaler und internationaler Forschungs-      Thematisierung von Forschungsdatenmanage-
                                                                                                                  ergebnisse (vor allem in Form von Literatur)        ment erschlossen, ein höchst aktuelles Feld
                                                                                                                  insbesondere zu methodisch-theoretischen,           mit erheblicher Dynamik. Dazu wurden in einem
                                                                                                                  beruflichen und fachhistorischen Fragen, aber       ersten Schritt der gegenwärtige Umgang mit
           Der Fachinformationsdienst Sozial- und Kultur-      Wissenschaftler der ethnologischen Fächer          auch zu wichtigen übergeordneten Diskursen in       Forschungsdaten in den ethnologischen Fächern
           anthropologie (FID SKA) ist von der Deutschen       mit Fachinformation zu versorgen bzw. bei          den ethnologischen Fächern. Der Anspruch, aus       erhoben und fachspezifische Schwierigkeiten
           Forschungsgemeinschaft (DFG) in einer ersten        der Suche und/oder der Handhabung von              allen Regionen alle publizierten ethnologischen     und Chancen der Datenarchivierung heraus-
           Förderphase von 2016 bis 2018 gefördert wor-        Fachinformationen – seien es Literatur, For-       Forschungsergebnisse umfassend vorzuhalten,         gearbeitet. Zudem wurden die Anbietersitua-
           den. Er steht in der direkten Nachfolge zum         schungsdaten oder forschungsunterstützende         ist damit aufgegeben worden. So würde bspw.         tion eruiert und aus den Erhebungen insgesamt
           Sondersammelgebiet (SSG) Volks- und Völker-         Werkzeuge – zu unterstützen. In enger Abstim-      eine in Belgien publizierte Studie zu Fischern in   fachgerechte Anforderungen an künftige Daten-
           kunde, das bereits seit 1998 an der Universitäts-   mung mit den zentralen Fachgesellschaften          Neuseeland nicht mehr notwendigerweise ge-          repositorien vor allem mit Blick auf Schutzbe-
           bibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin       dieses Fächerspektrums in Deutschland – der        sammelt werden. Trotzdem sind entsprechende         darfe und Nachnutzungsszenarien erarbeitet.
           (UB der HU) angesiedelt war, und richtet sich       Deutschen Gesellschaft für Sozial- und Kultur-     Anschaffungsvorschläge weiterhin möglich und        Die Diskussion der Ergebnisse führte zu einer
           an die Fächer, die in den Fachtraditionen der       anthropologie (DGSKA) und der Deutschen            erwünscht: Prämisse im FID-System ist es näm-       verstärkten Beschäftigung mit der Thematik in
           Völkerkunde/Ethnologie sowie der Volkskunde/        Gesellschaft für Volkskunde (dgv) – orientiert     lich vor allem, die Bedarfe der Forschenden zu      den Fächern und ihren Fachgesellschaften, die
           Empirische Kulturwissenschaft/Europäischen Eth-     sich der FID programmgemäß primär an den           erfüllen.                                           bereits im November 2018 in der Verabschie-
           nologie stehen. Für den Markennamen wurden          Bedürfnissen der Forschenden und Lehrenden                                                             dung eines wissenschaftspolitischen Positions-
           mit Sozial- und Kulturanthropologie Bezeich-        in den Ethnologien. Darüber hinaus erzielen        ÜBERREGIONALE BEREITSTELLUNG VON                    papiers der Deutschen Gesellschaft für Volks-
           nungen gewählt, die in beiden Fachtraditionen       die Dienstleistungen auch positive Effekte für     ONLINE-RESSOURCEN                                   kunde mündete.
           verwendet werden und auch im internationalen        andere Gruppen: Eine Reihe von Services wie        Dazu zählen zunehmend auch die mit Blick auf
           Raum anschlussfähig sind. Der FID SKA hat           das Rechercheportal EVIFA, die Retrodigitali-      digitale Publikationen neuen Bereitstellungs-       WEITERENTWICKLUNG DER VIRTUELLEN
           sich zur Aufgabe gemacht, erfolgreiche Aspekte      sierung ethnologischer Literatur und die Bereit-   wege: Der FID SKA hat sich gemeinsam mit            FACHBIBLIOTHEK EVIFA
           der SSG-Arbeit weiterzuführen und gleichzei-        stellung von Printliteratur per Fernleihe steht    dem Kompetenzzentrum für Lizenzierung (KfL)         Durch den Ausbau der virtuellen Fachbibliothek
           tig die Chancen des DFG-Förderprogramms             auch Studierenden sowie Interessierten anderer     bemüht, relevante Online-Ressourcen über-           EVIFA zum zentralen Fachportal mit modernem
           Fachinformationsdienste für die Wissenschaft        Fächer zur Verfügung. Beraten wird der FID –       regional bereitzustellen. So ist es gelungen,       Fachkatalog, News-Service und Präsentations-
           für deren Weiterentwicklung zu nutzen. Ziel         wie schon zuvor das SSG – von einem wissen-        für verschiedene Ressourcentypen (E-Books, E-       oberfläche für Digitalisate in zeitgemäßem
           ist es insgesamt, Wissenschaftlerinnen und          schaftlichen Beirat, dessen Mitglieder die Fach-   Journals und Online-Datenbanken) interessante       Design bekommen die skizzierten Dienstleis-

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tungen ein Gesicht. Hier hat sich allerdings          KONTINUIERLICHE RÜCKKOPPLUNG MIT
gezeigt, dass es manchmal schwierig ist, den          DER FACHCOMMUNITY
projektierten Zeitplan einzuhalten: Zwar hatte        Der FID hat verschiedene Wege genutzt, um
ein vorbereitendes Seminar, das Ideen für die         einerseits Bedürfnisse seiner Zielgruppen zu
Neugestaltung von EVIFA entwickeln und das            eruieren, Diskussionen in Gang zu setzen oder
Portal auf seine Usability überprüfen sollte,         voranzutreiben und andererseits Ergebnisse und
planmäßig im Sommersemester 2016 stattge-             neue Services in die Forschungscommunitys hin-
funden, die daraus abgeleiteten ersten Entwürfe       einzutragen: Dies sind der Beirat, Arbeitsgruppen,
konnten aber erst im Sommer 2017 zu einem             Workshops, Fortbildungen und Vorträge auf
neuen Design umgesetzt und erst Ende 2018 in          Tagungen, Artikel und Mitteilungen in Fach-
ein neues Content Management System über-             organen, aber auch Umfragen, Interviews und
führt werden. Da zudem ein Wechsel der Such-          Schulungen. Die vergleichsweise gute Akzeptanz
maschine vollzogen werden musste, mit dem             der registrierungspflichtigen Online-Ressourcen
ein Neuaufbau des Suchindexes verbunden war,          mit konstant knapp 200 berechtigten Nutzer-
hat sich der offizielle Relaunch der Betaversion      innen und Nutzern, die rege Resonanz in den
von EVIFA (www.evifa.de) bis Ende Januar 2019         Fächern auf die Aktivitäten im Bereich Forschungs-
verzögert. Trotz der mit einer Betaversion ver-       datenmanagement und die Partnerschaft mit
bundenen kleineren Mängel überzeugt das Re-           dem Datenservicezentrum Qualiservice der
sultat und ist die Grundlage für einen weiteren       Universität Bremen in der mittlerweile bewillig-
Ausbau.                                               ten zweiten Förderphase (2019-2021) zeigen, dass
                                                      die Arbeit des FID Früchte trägt.

Herr Harbeck auf der DGV-Tagung 2017 in Berlin beim   AUSBLICK AUF DIE ZWEITE FÖRDERPHASE
Lunchtalk Forschungsdatenmanagement                   Durch die Kooperation mit Qualiservice wird
                                                      künftig die fachlich adäquate Archivierung ethno-
                                                      graphisch-qualitativer Forschungsdaten möglich
                                                      sein, die damit zusammenhängenden Heraus-
                                                      forderungen können im Prozess begleitet und
                                                      Probleme dadurch zeitnah gelöst werden. Mit
                                                      dem neuen Portal, weiteren Ressourcen, die be-
                                                      reits im Januar und Februar 2019 als FID-Lizenz
                                                      freigeschaltet werden konnten, sowie der voran-
                                                      schreitenden retrospektiven Digitalisierung eth-
                                                      nologischer Materialien bietet der Fachinfor-
                                                      mationsdienst Sozial- und Kulturanthropologie
                                                                                                           Relaunch des Fachportals EVIFA unter www.evifa.de
                                                      schon jetzt eine Fülle an attraktiven forschungs-
                                                      unterstützenden Angeboten.
                                                         In seiner zweiten Förderphase werden weitere
                                                      Arbeitsfelder – u.a. die Verzeichnung ethnolo-
                                                      gischer Nachlässe und die Anreicherung der im
                                                      deutschsprachigen Raum verbreiteten Gemein-
                                                      samen Normdatei für die Verschlagwortung von
                                                      Materialien – erschlossen, um die Informations-
                                                      versorgung in den ethnologischen Fächern und
                                                      die Sichtbarkeit ethnologischer Forschungsergeb-
                                                      nisse weiter zu verbessern.

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IM FOKUS

           AUFBAU EINES
           DIGITALEN ARCHIVS
           ALEKSANDRA PAWLICZEK

                                                                                                                 Beispiel für eine typische Aufbewahrung von Akten im Universitätsarchiv

           DIE ÜBERLIEFERUNG DES ARCHIVS DER HU
           Das Archiv der Berliner Alma Mater, einer          Findbücher, die Archivarinnen und Archivare        einige von ihnen sehr umfangreich, andere nur          kann seit Mitte 2018 die Recherche im Gesamt-
           der wichtigsten Universitäten Preußens und         erstellen, wenn sie Bestände ordnen, bewerten      kleine Splitter.                                       bestand bis 1945 bequem online erfolgen. Dies
           Deutschlands, bewahrt einen der bedeutendsten      und verzeichnen, waren bislang nur im Lesesaal        Anders als Bibliotheken bewahren Archive aus-       erleichtert die Entscheidung, wie fruchtbar ein
           Bestände der deutschen Bildungsgeschichte aus      des Universitätsarchivs analog verfügbar. Wer      schließlich unikale Bestände auf. Eine Verknüp-        Besuch im Lesesaal werden kann. Damit hat
           den letzten zwei Jahrhunderten. Die Historie       den Archivbesuch vorbereiten wollte, war auf in-   fung der Findbücher mit anderen, bereits existie-      das Universitätsarchiv einen großen Schritt
           von institutionellen und personellen Verknüp-      dividuelle Auskunft angewiesen. Jetzt stehen die   renden Katalogen ist deshalb nicht möglich. Eine       in eine Richtung getan, die den Archivsektor
           fungen, Unterlagen von Professorinnen und          Findbücher über die Geschichte der Universität     Übersicht über die vorhandenen Bestände ist eben-      rapide verändert.
           Professoren sowie Nobelpreisträgern, von Stu-      und ihres Personals in der Zeit vor dem Zweiten    so einmalig wie die Bestände selbst, sie orientiert      Darüber hinaus sind natürlich weiterhin Find-
           dierenden und Instituten liegt hier zur Einsicht   Weltkrieg auch digital zur Verfügung und können    sich daran, was im Archiv tatsächlich überdauert       bücher im analogen Zustand vorhanden, die
           bereit. Ergänzt wird die Überlieferung durch       ubiquitär genutzt werden.                          hat. Während der ersten 150 Jahre der Universität      nach und nach in das Online-Portal eingepflegt
           Dokumente zur Geschichte der Charité, die von                                                         existierte kein Universitätsarchiv. Die einzelnen      werden. Gleichzeitig werden Akten neueren Da-
           1810 bis 2004 Teil der Universität war.            FINDBÜCHER ONLINE                                  Verwaltungseinheiten trugen selbst Sorge für ihre      tums verzeichnet, um auch die Bestände aus
             Nahezu 2000 Regalmeter Akten seit Grün-          Die bereits unter der Adresse www.archiv-hu-       nicht mehr benötigten Unterlagen. Dies führte          der Zeit nach 1945 systematisch zugänglich zu
           dung der Universität im Jahr 1810 bis zum          berlin.findbuch.net veröffentlichten elektro-      nicht selten zu rigiden Säuberungen der Altakten.      machen.
           Ende des Zweiten Weltkrieges werden im Archiv      nischen Findbücher umfassen alle Bestände          Die Überlieferung wurde auf diese Weise durch die
           in Adlershof aufbewahrt. Für wissenschafts-        des Archivs aus dem 19. Jahrhundert, aus der       räumlichen Gegebenheiten mitbeeinflusst. Vieles,       WAS GENAU SIND FINDBÜCHER UND WAS
           historische, aber auch biographische oder ge-      Zeit des Ersten und des Zweiten Weltkrieges,       was heute die historische Forschung beschäftigt,       KANN MAN DARIN FINDEN?
           nealogische Forschungen ist der Bestand eine       der Weimarer Republik und des National-            hat deshalb nicht überdauert, anderes ist in Krie-     Findbücher ermöglichen den Zugang zu Infor-
           einzigartige Quelle. Um diese reichhaltige         sozialismus. Digital präsentiert werden zudem      gen zerstört worden.                                   mationen einzelner Aktenkonvolute und Do-
           Überlieferung zu recherchieren, werden die         auch Findbücher zu Nachlässen von Wissen-             Um das vorhandene Archivgut einzusehen              kumente und sind in ihrem Inhalt, wie oben
           ans Archiv abgegebenen Bestände sukzessive         schaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit       und daraus Erkenntnisse privater oder wissen-          beschrieben, ebenso einmalig wie die Akten
           geordnet, verzeichnet und über Findbücher          der Geschichte der HU eng verbunden waren.         schaftlicher Art zu ziehen, ist der Gang in den        selbst. Sie werden nach Kontexten von Archiva-
           zugänglich gemacht.                                Nahezu 200 Nachlässe bewahrt das Archiv auf,       Lesesaal des Archivs weiterhin nötig, allerdings       rinnen und Archivaren erstellt, die jedes einzelne

           26                                                                                                                                                                                                          27
AUF DEM WEG ZUM DIGITALEN ARCHIV
                                                                            Für Archivbestände ist es ausgesprochen wichtig,          Außerdem entsteht durch die Onlinestellung
                                                                            ihre Sichtbarkeit zu steigern, um den großen              eine weitere Möglichkeit zur Erschließung: die
                                                                            Schatz an Wissen und Geschichte auch in ge-               Verknüpfung der digitalen Findbücher mit den
                                                                            wandelten Strukturen der Wahrnehmung präsent              digitalisierten Akten selbst. So werden Akten und
                                                                            zu machen.                                                Aktenbestände, die schon in digitaler Form vor-
                                                                              Die bereits elektronisch verfügbaren Find-              liegen, mit den digitalen Findbüchern verknüpft
                                                                            bücher ermöglichen die Recherche allerdings nur           und auf diese Weise ebenfalls zugänglich
                                                                            in einem Teil der vorhandenen Archivbestände.             gemacht.
                                                                            So bedeutsam die Geschichte der Universität                  Geplant ist also, die sekundären Informa-
                                                                            bis 1945 ist, sie ging nach 1945 weiter. Auch hier-       tionen über die Bestände mit primären Daten
                                                                            zu liegen zahlreiche Materialien im Archiv bereit         aus den Beständen selbst zu verknüpfen und
                                                                            und auch diese werden systematisch erschlos-              einen Raum zu schaffen, der den Archivbesuch
                                                                            sen und ihre Zugangsdaten online gestellt. Ab-            – zumindest manchmal – zu einer virtuellen
                                                                            hängig von geltendem Archivrecht und Daten-               Reise umwandeln wird.
                                                                            schutz sind nicht alle Materialien bereits frei
                                                                            zugänglich. Zudem ist schon aufgrund des
                                                                            großen personellen und finanziellen Aufwands,
                                                                            den Digitalisierungsprojekte mit sich bringen,
                                                                            nur eine schrittweise Onlinestellung des Be-
                                                                            standes möglich.
Abb. oben: Personalaktenbestände; Abb. unten: Aufbewahrung von Nachlässen
                                                                            Kontrollbücher der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin
Konvolut in die Hand nehmen, um seinen Inhalt
zu ermitteln, den kontextuellen Zusammenhang
herzustellen, ihm einen Titel, eine Datierung
und einen Inhaltsüberblick zuzuordnen. Die
Grundlage der Ordnung bilden der chronolo-
gische und der administrative Zusammen-
hang, die sich aus der Entstehung der Akten in
einzelnen Verwaltungseinheiten der Universität
ergeben. Diese unterliegen Veränderungen, sie
werden reformiert, umstrukturiert, neu definiert
und neuem Personal zugeordnet. Auch diese
Vorgänge fließen in die Findbücher des Archivs
mit ein.
  Denn historische Erkenntnisse erwachsen
nicht zuletzt aus den Entscheidungszusammen-
hängen. Der Inhalt eines Dokuments ergibt oft
erst Sinn, wenn man seine Provenienz erkennen
kann, wenn nachvollziehbar wird, von wem es
stammt, bei welchem Vorgang und mit welchem
Ziel es entstanden ist. Darum werden im Archiv
                                                                                                                                      Akten im Universitätsarchiv.
der HU längst vergangene universitäre Struk-
turen rekonstruiert und verwaltet, die für das                                                                                        Abb. gegenüberliegende Seite: Der Zettelkatalog des
Verstehen ihrer Geschichte notwendig sind.                                                                                            dritten Teils der Hochschulschriften.

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IM FOKUS

           LET’S OPEN UP SCIENCE!
                                                                                                                    patibel ist. Beratend aktiv war die UB auch, als      Drei“ (Elsevier, Springer Nature, Wiley), in deren
                                                                                                                    im Sommer 2018 im Kontext einer deutschland-          Portfolio ein hoher Anteil des weltweiten Pub-
                                                                                                                    weiten Investigativrecherche mehrerer Medien          likationsaufkommens im Zeitschriftenbereich
                                                                                                                    das Thema der sogenannten „Raubverlage“ in            konzentriert ist. Die HU unterstützt das Pro-

           DIE UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK FÖRDERT                                                                       der Öffentlichkeit sehr präsent war.3 Neben der
                                                                                                                    universitätsinternen Beratung des Präsidiums
                                                                                                                                                                          jekt DEAL,6 dessen Ziel darin besteht, bundes-
                                                                                                                                                                          weite Lizenzverträge mit großen Wissenschafts-

           OPEN ACCESS AN DER HUMBOLDT-                                                                             stellte die UB in Abstimmung mit der Presse-
                                                                                                                    und Öffentlichkeitsarbeit der HU Informationen
                                                                                                                                                                          verlagen abzuschließen und einen wesentlichen
                                                                                                                                                                          Schritt zur breiten Transformation des wissen-

           UNIVERSITÄT ZU BERLIN                                                                                    zum Thema zusammen, um den Wissen-
                                                                                                                    schaftlerinnen und Wissenschaftlern Hinweise
                                                                                                                                                                          schaftlichen Publizierens hin zu OA zu machen.
                                                                                                                                                                             Zugleich muss auch den unterschiedlichen
                                                                                                                    zur schnellen Identifizierung unseriöser Publi-       Formen der wissenschaftlichen Kommunikation
                                                                                                                    kationsangebote an die Hand zu geben.4                und Publikationskulturen Rechnung getragen
           CHRISTIAN WINTERHALTER                                                                                     Die OA-Informationen auf den Webseiten              werden. 2018 wurden daher die Vorbereitungen
                                                                                                                    der UB wurden im vergangenen Jahr überar-             für einen neuen Förderfonds aufgesetzt, der
                                                                                                                    beitet und neugestaltet, sodass für die Wissen-       sich auf OA-Monografien und -Sammelbände
                                                                                                                    schaftlerinnen und Wissenschaftler nunmehr            bezieht.7 Die neue Förderlinie konnte im Januar
                                                                                                                    ein umfangreiches Informationsangebot zu den          2019 in einer Pilotphase gestartet werden. Mit
                                                                                                                    vielfältigen Aspekten von OA zur Verfügung            dem Monografienfonds wurde dem OA-Service-
                                                                                                                    steht. Die UB wird ihr Beratungsangebot suk-          angebot ein wichtiges Element hinzugefügt,
                                                                                                                    zessive ausbauen.                                     welches zu einer adäquaten Berücksichtigung
                                                                                                                                                                          des gesamten Fächerspektrums an der HU bei-
                                                                                                                    FÖRDERN UND VERHANDELN                                tragen wird.
                                                                                                                    Mit dem Jahr 2018 konnte die UB durch die
                                                                                                                    Einrichtung eines Publikationsfonds auch das          ERSCHLIESSEN UND ERSCHEINEN
                                                                                                                    Angebot der Förderung des OA-Publizierens in          Die Offenheit von Zugängen zu wissenschaft-
                                                                                                                    wissenschaftlichen Verlagen deutlich ausbauen.5       licher Information ist jedoch ungenügend, wenn
                                                                                                                    Mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemein-           die Suche danach erfolglos bleibt. Daher ist es ein
           Open Access – der freie Zugang zu wissen-             nannt. Damit wurde auch die UB in ihrer Rolle      schaft (DFG) konnten Artikel von HU-Ange-             wesentliches Ziel der UB, die offenen Zugänge
           schaftlicher Information – ist zweifellos kein        als zentrale Ansprechpartnerin gestärkt und        hörigen in genuinen OA-Zeitschriften gefördert        auch schnell auffindbar zu machen. Dies ge-
           neues Thema an der Humboldt-Universität               konnte seither das Service-Angebot rund um         werden, ein Angebot, das sich zunehmender             schieht etwa dadurch, dass die kostenfrei zugäng-
           (HU). Bereits 1997 wurde der edoc-Server als          Open Access (OA) deutlich ausbauen.                Nachfrage erfreut. Begleitet wird dieses Angebot      lichen Ressourcen in den verschiedenen von der
           Publikationsmöglichkeit für wissenschaftliche                                                            von zahlreichen Rahmenvereinbarungen, welche          UB genutzten Nachweissystemen verzeichnet
           Veröffentlichungen HU-Angehöriger aufgesetzt          BERATEN UND INFORMIEREN                            die UB inzwischen mit Verlagen oder Initiativen       werden und somit zugleich in gemeinschaftlich
           und 2006 verabschiedete der Akademische               Mit dem Wandel des wissenschaftlichen Publi-       abgeschlossen hat. Durch diese Rahmenverträge         genutzten überregional und international ge-
           Senat eine Open-Access-Erklärung,1 die mit der        zierens sind zweifellos viele Fragen und Heraus-   können Autorinnen und Autoren ihre Artikel viel-      nutzten Suchsystemen Eingang und Verbreitung
           Unterzeichnung der Berlin Declaration on Open         forderungen verbunden, sodass Beratung und         fach mit deutlich reduzierten Artikelgebühren         finden. Ist die UB hier der Datenlieferant und
           Access to Knowledge in the Sciences and Huma-         Information der Wissenschaftlerinnen und           veröffentlichen oder die Kosten dafür sind sogar      kümmert sich um die globale Verbreitung der
           nities2 einherging. Auch in den folgenden Jahren      Wissenschaftler zentral ist und auf vielerlei      gänzlich abgedeckt.                                   an der HU entstandenen OA-Publikationen, so
           engagierte sich die Universitätsbibliothek (UB)       Ebenen stattfinden muss. So etwa bei der Be-         Wenngleich diese Rahmenverträge wichtige            nutzt sie zugleich diese Quellen, um frei zugäng-
           vielfältig in Projekten und Initiativen, welche die   gleitung der Cluster im Rahmen der Exzel-          Verlage umfassen, so bestanden 2018 noch              liche Publikationen – seien es Zeitschriften-
           Förderung von Open Access zum Ziel hatten.            lenzinitiative, waren doch bei der diesjährigen    keine Publikationsvereinbarungen mit den „Großen      artikel, Monografien oder andere Texte – in ihr
           Mit Professor Dr. Andreas Degkwitz wurde im           Antragsstellung explizit Angaben zur Ausge-                                                              zentrales Suchsystem Primus einzuspielen. An
           Februar 2017 der Direktor der UB zugleich zum         staltung der Wissenschaftskommunikation ge-        3 https://www.hu-berlin.de/de/beschaeftigte/raub-     der weiteren Verbesserung dieser Datenflüsse
           Open-Access-Beauftragten der Universität er-          fordert. Oder bei der Beratung zu der Frage,       verlagemedien                                         wird intensiv gearbeitet, um die generell hohe
                                                                                                                    4 https://www.ub.hu-berlin.de/de/forschen-publizie-
                                                                 welche Optionen des OA-Publizierens im kon-
                                                                                                                    ren/open-access/tipps-werkzeuge-und-weitere-infos/
           1 https://edoc-info.hu-berlin.de/de/nutzung/oa_hu     kreten Fall bestehen und welche Form mit den       predatory-publishing                                  6 https://www.projekt-deal.de/
           2 https://openaccess.mpg.de/Berliner-Erklaerung       Anforderungen des Forschungsförderers kom-         5 https://www.ub.hu-berlin.de/publikationsfonds       7 https://www.ub.hu-berlin.de/publikationsfonds-mono

           30                                                                                                                                                                                                               31
MESSEN UND ZÄHLEN                                     KOOPERIEREN UND VERNETZEN
                                                                                                            Messen und Zählen ist ein weiterer wichtiger          Die Aktivitäten der UB finden dabei nicht im
                                                                                                            Bestandteil der Aktivitäten der UB rund um OA.        luftleeren Raum statt, sondern sind eingebunden
                                                                                                            Zum einen geht es darum, die Fortschritte auf         in einen intensiven Austausch auf regionaler,
                                                                                                            dem Weg zu OA sichtbar zu machen, zumal in            nationaler und auch internationaler Ebene. So
                                                                                                            der Berliner OA-Strategie konkrete Ziele formu-       ist die UB Mitglied bzw. Unterstützerin zahl-
                                                                                                            liert sind, die bis 2020 erreicht werden sollen.9     reicher Initiativen und Gremien. Deren Ziel
                                                                                                            Bis dahin sollen 60% der Veröffentlichungen           ist es – mit jeweils unterschiedlichen Schwer-
                                                                                                            der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler          punkten – die Transformation hin zu OA zu
                                                                                                            an Berliner Einrichtungen OA verfügbar sein.          befördern und zugleich jene Strukturen auf-
                                                                                                            Die UB ist intensiv daran beteiligt, Stand und        zubauen, die dieses Modell zu einer nachhaltig
                                                                                                            Entwicklung dieses Ziels zu ermitteln und die         nutzbaren Grundlage für das wissenschaftliche
                                                                                                            jeweils gewählten Wege des Open Access sicht-         Publikationswesen machen.12 Den Aktivitäten auf
                                                                                                            bar zu machen. Für das Jahr 2017 konnte so ein        Berliner Ebene kommt dabei eine besondere
                                                                                                            OA-Anteil von 38,5 % ermittelt werden, eine           Bedeutung zu. Im engen Austausch mit dem
                                                                                                            Steigerung von mehr als 7 Prozent im Vergleich        Open-Access-Büro Berlin13 und insbesondere mit
                                                                                                            zum Vorjahr.10                                        den Bibliotheken der Freien Universität, der
                                                                                                               Zum anderen bemüht sich die UB um eine             Technischen Universität und der Charité geht es
                                                                                                            verbesserte Datenbasis und liefert selbst Daten       darum, die Berliner OA-Strategie mit Leben zu
                                                                                                            an das Projekt OpenAPC, in dessen Kontext die für     füllen – ganz im Sinne des aus einem anderen
                                                                                                            die OA-Publikationen aufgewandten Zahlungen           Kontext stammenden Slogans: „Global denken
                                                                                                            weltweit transparent gemacht werden sollen.11         – lokal handeln.“

Open-Access-Anteil für Zeitschriftenartikel von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen
des Landes Berlin, Publikationsjahr 2017, https://doi.org/10.14279/depositonce-7866

Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von OA-Publi-        ten Jahr auch Forschungsdaten veröffentlicht
kationen weiter zu steigern. Denn Offenheit          und frei zugänglich gemacht werden. Über den
braucht Sichtbarkeit und langfristige Verfügbar-     edoc-Server sind die Veröffentlichungen weltweit
keit.                                                breit sichtbar, in ihrer Authentizität gesichert,
                                                     durch Nutzung von Identifikatoren wie DOI
PUBLIZIEREN UND BETREUEN                             (Digital Object Identifier) eindeutig referenziert
Ganz in dem genannten Sinne steht auch der           und – durch parallele Speicherung seitens der
gemeinsam mit dem Computer- und Medien-              Deutschen Nationalbibliothek – dauerhaft ar-
service betriebene edoc-Server als OA-Publika-       chiviert. Dies sind nur einige der Vorteile der Pub-
tionsserver der HU den Angehörigen der Uni-          likation auf dem institutionellen Repositorium.        9 http://www.open-access-berlin.de/strategie/index.   12 https://www.ub.hu-berlin.de/de/forschen-publizie-
versität für ihre Publikationen zur Verfügung.8      Genutzt wird dafür die weltweit am weitesten           html                                                  ren/open-access#section-3
Seit nunmehr 21 Jahren können hier Zeitschriften,    verbreitete und gemeinschaftlich weiterent-            10 Hübner, Andreas; Voigt, Michaela; Finke, Pamela;   13 http://www.open-access-berlin.de
Konferenzveröffentlichungen, Zweitveröffent-         wickelte Software DSpace. Um für das jeweilige         Riesenweber, Christina (2019): Open-Access-Anteil
                                                                                                            bei Zeitschriftenartikeln von Wissenschaftlerinnen
lichungen von bereits erschienenen Zeitschriften-    Publikationsvorhaben die passende Lösung zu
                                                                                                            und Wissenschaftlern an Einrichtungen des Landes
artikeln, Hochschulschriften und seit dem letz-      finden, wird die technische Infrastruktur von          Berlin: Datenauswertung für das Jahr 2017. http://
                                                     einer Beratung und Betreuung der Autorinnen            dx.doi.org/10.14279/depositonce-7866
8 https://edoc.hu-berlin.de/                         und Autoren begleitet.                                 11 https://www.intact-project.org/openapc/

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