Sommer 2021 - Jesuitenmission

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Sommer 2021
Sommer 2021 - Jesuitenmission
Editorial

      Liebe Leserinnen und Leser!
      „Bildung ist die mächtigste Waffe, mit der man die Welt verändern kann“, sagte der südaf-
      rikanische Nationalheld Nelson Mandela, und das gilt mehr denn je für die Menschen im
      Nachbarland Simbabwe, gerade auf dem Lande, in Gegenden wie Makonde.

      Notorisch instabile politische Verhältnisse, Korruption, anhaltende Dürre und nun die
      Corona-Pandemie mit all ihren Folgen: Die Dauerkrise des Landes manifestiert sich nicht
      nur in Hyperinflation, einer wirtschaftlichen Talfahrt, wachsender Armut und Gewalt auf
      den Straßen, sondern auch in einem Bildungssystem am Abgrund: Im ganzen Land, ge-
      rade an staatlichen Schulen, mangelt es an Büchern, Unterrichtsräumen, qualifiziertem
      Lehrpersonal. Armut oder der frühe Tod der Eltern – die HIV-Quote im Land ist weiter
      sehr hoch – beenden viele Schulkarrieren, ehe sie überhaupt beginnen können. Vor allem
      abseits der Städte ist die Lage prekär und die Rate jener, die nicht schreiben und lesen kön-
      nen, hoch: Viele Kinder schaffen es aufgrund der weiten Entfernungen kaum zur nächst-
      gelegenen Schule.
      In Makonde haben in den vergangenen 15 Jahren die Menschen mit den Jesuiten und
      jungen Architektinnen und Architekten aus München einen sprichwörtlichen Leuchtturm
      gebaut: Die St. Rupert Mayer‘s High School, kurz St Rupert’s, gibt als einmaliges Bildungs-
      projekt nicht nur 400 Schülerinnen und Schülern hochwertige Bildung mit Hochschulrei-
      fe, sie schafft Arbeitsplätze für Menschen aus der Umgebung, sie gibt Beispiel für nachhal-
      tige Energieversorgung und Kreislaufwirtschaft. Und all das in einer völlig abgehängten,
      vom Staat vergessenen Region.

      „Nehmt lieber Bildung an als Silber“, heißt es in den Sprüchen Salomos – aber ohne
      „Silber“ ist auch keine Bildung möglich. Daher bedanken wir uns ganz herzlich für Ihre
      Unterstützung für St Rupert’s in Simbabwe, eine Schule des „Fe y Alegria“-Netzwerks in
      Lateinamerika, für die Lehrer:innen-Ausbildung in Zentralafrika oder ein anderes unserer
      Projekte, das jungen Menschen Zukunft schafft.

      Wir wünschen Ihnen einen guten Sommer – bleiben Sie gesund!

      Ihre

      Klaus Väthröder SJ		                Mag. Katrin Morales
      Missionsprokurator		                Geschäftsführerin in Wien

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Hilfe für Ostafrika
                                                                                                 Inhalt

                                  04		 Eine Schule fürs Leben
                                  		   „learning from the roots“ vereint junge Menschen
                                  		   aus Simbabwe und München

                                  12		 Universelle Apostolische Präferenzen
                                  		   Projektpartner:innen über gemeinsame Perspektiven
                                  		   in verschiedenen Facetten

                                  16 „Ihr seid alle Geschwister“
                                  		   Papst-Besuch im Nordirak: Das Hochschulprogramm
                                  		   JWL macht seine Vision von Frieden greifbar

                                  20 Rechenschaftsbericht
                                  		   Klaus Väthröder SJ über ein Jahr des Leids
Titel Simbabwe: Kooperation der   		   und der Solidarität
TU München mit der St Rupert's
High School, Simbabwe
                                  24		 Rückblick: Projekte 2020
                                  		   Corona-Hilfe, Ricci Social Services China, Elijah Rumänien,
Rücktitel Afghanistan:            		   Katastrophenhilfe Beirut, Bildungsprojekte weltweit
Im Kampf gegen COVID verteilt
der JRS Hygiene-Kits
                                  30 Stiftung und Erbschaften
                                  		   Nachhaltige Unterstützung für unsere Projekte

                                  32 Neue Wege gehen im Lockdown:
                                  		   AGs für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit
                                  		   an Nürnberger Schulen

                                  34 Nachrichten und Termine
                                  		   Solidarität mit Pater Swamy - Kunstverkauf der
                                  		   Franz-Xaver-Stiftung - Webseminar „Japanische Perspektiven“

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        Schule des Lebens

                        Seit über 15 Jahren setzt learning from the roots
                        Potenziale frei, schafft Synergien, ändert Perspek-
                        tiven: bei Kindern und Jugendlichen der Rupert
                        Mayer's High School in Simbabwe wie bei jungen
                        Architekten und Ingenieuren aus München.

                        I
                            n seiner 2020 veröffentlichten sozioökologischen
                            Studie zu den Lebensumständen von Jugendlichen
                            im ländlichen Simbabwe zeichnet der Sozialwissen-
                        schaftler Wilson Majee ein düsteres Bild seiner Heimat.
                        Jungsein, irgendwo in den Weiten von Mashonaland oder
                        Matabeleland, ist, resümiert Majee, viel zu oft geprägt von

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„Hoffnungslosigkeit und einem Mangel an        Ein Leuchtturm im Nirgendwo
     Motivation, erwachsenen Vorbildern, an         Dieser Kampf ums tägliche Überleben
     Infrastruktur für Freizeitaktivitäten.“ Und,   bleibt den 16 Lehrerinnen und Lehrern der
     ganz entscheidend: „Es fehlt an Bildungs-      St Rupert Mayer's High School – kurz St
     möglichkeiten.“                                Rupert‘s – im Makonde Distrikt erspart:
                                                    „Die meisten katholischen Schulen im
     4,8 Millionen Kinder in Armut                  Land funktionieren“, berichtet Clemence
     Der Niedergang seines einst gerühmten          Mutimutema SJ, Direktor von St Rupert‘s.
     Bildungswesens ist ein besonders tragi-        Die jesuitische Oberschule im abgelegenen
     scher Faktor in einem Land, dessen lan-        westlichen Mashonaland funktioniert aber
     ger Leidensweg, markiert von kolonialen        nicht nur, sie strahlt wie ein Leuchtturm im
     Traumata, Zerrissenheit, Misswirtschaft,       Nirgendwo: mit fairen Löhnen für Lehr-
     Ausbeutung und Korruption, nicht enden         kräfte, erschwinglichen Schulgebühren und
     mag. All seinen Ressourcen und Potenzialen     Stipendien, dazu getragen von einer wech-
     zum Trotz. Es gibt viel zu wenige Schulen,     selseitig wirksamen Nord-Süd-Kooperation
     es mangelt an Lehrkräften, an Büchern, an      und einem nachhaltigen Konzept, das, über
     Klassenzimmern. Von den 6,3 Millionen          die Schülerschaft und ihre Familien hinaus,
     Jungen und Mädchen des Landes leben            die Gemeinschaft miteinbezieht.
     nach Angaben der UNICEF 4,8 Millionen
     in Armut, davon 1,6 Millionen in extremer      Doch die Verhältnisse vor Ort zeigen, gera-
     Armut. Der Corona-Lockdown bedeutet            de in dieser Zeit, warum diese Schule so Not
     für viele von ihnen das zumindest vorläu-      tut in dieser vergessenen Region: „Makonde
     fige Ende ihrer Schulkarriere. Symptoma-       ist eine marginalisierte Gesellschaft“, erklärt
     tisch ist die Behandlung des Schulpersonals    Pater Clemence: „Arbeitslosigkeit ist weit ver-
     durch seinen Arbeitgeber, den Staat: Kurz      breitet, auch unter jenen, die Abschlüsse ha-
     nach Wiedereröffnung der Schulen im            ben.“ Diese Situation macht es für die jungen
     Frühjahr dieses Jahres traten die Lehrkräfte   Menschen im abgelegenen Makonde doppelt
     an vielen öffentlichen Schulen einmal mehr     schwierig: „Sie müssen alle Hürden über-
     in den Streik, um auf ihre miserablen Ar-      winden, die ihre Herkunft aus einer margi-
     beitsbedingungen und Löhne aufmerksam          nalisierten Gesellschaft mit sich bringt“, und
     zu machen.                                     dann, wenn sie das geschafft haben, etwa

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St Rupert Mayer's High School Simbabwe

durch einen Schul- oder gar Hochschulab-
schluss, müssen sie sich, egal wo in Simbab-
we, in einer Gesellschaft mit sehr begrenzten
Möglichkeiten zurechtfinden.“

Der Beginn einer Freundschaft
So kann St Rupert‘s nicht das Land verän-
dern, aber ein Beispiel geben für Verände-
rung: Die St Rupert Mayer's High School
wurde im Jahr 2000 auf dem Gelände der
gleichnamigen Missionsstation gegründet,
unter der Ägide ihres ersten Direktors, des
Diözesanpriesters Ignatius Chazunguza und
des Jesuiten Wolfgang Tamm, damals Bil-
dungssekretär der Diözese Chinhoyi. 2004
übernahm der Jesuit Karl Hermann SJ die
Leitung der Missionsstation und initiierte
eine beispiellose Kooperation mit Studie-
renden und Lehrenden der Technischen
Universität München.

„Ich fand eine Primary School mit 400 Kin-
dern, eine Secondary School mit 200, einen
Kindergarten und das Krankenhaus vor“,
erinnert er sich an seinen Start in die Zustän-
digkeit für ein Gebiet von 4.000 Quadratki-
lometern Fläche. „Und um die Schulen stand
es nicht zum Besten.“ In Eigenorganisation
begann er mit Renovierungs- und Erwei-
terungsarbeiten, im ersten Jahr entstanden
zwei neue Blocks für Klassenzimmer.

Biogas, Solarbetrieb, Hochschulreife
Dass die Schule 17 Jahre später nicht nur um
ein neues Schulgebäude für die Secondary
School, zwei Wohnhäuser für Lehrer:innen,
einen Basketballplatz, ein Küchen- und Ge-
meinschaftsgebäude für das angeschlossene
Internat reicher ist, sondern über eine solar-
betriebene Wasserpumpe, eine Biogasanlage
und ein „SolarHome“-System mit Wasser-            Karl Herrmann SJ, damals Missionsoberer, und Prof.
speicher verfügt – und dass sie seit 2012 die     Hannelore Deubzer von der TU München starteten das
einzige Schule weit und breit ist, an der mit     Projekt, das heute auf simbabwischer Seite von Direktor
einem „A-Level“ Hochschulreife erworben           Clemence Mutimutema SJ betreut wird.

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Corona-Pandemie

     werden kann – all das ist begründet in Karl     nen vertreten“, erläutert die Architektin.
     Herrmanns Heimaturlaub in Bayern im             „Nachdem das bauliche Konzept stand
     Jahr 2005.                                      und es an die konkrete Umsetzung ging,
                                                     wurden Bauingenieure, Statiker, Umwelt-
     „In München begegnete ich Georg Roers SJ,       techniker, Akustiker und Lichtplaner in das
     den ich von meinem Philosophiestudium           Vorhaben eingebunden.“ Neben Hannelore
     kannte.“ Der Künstler-Seelsorger machte         Deubzer und ihrem Team vom Lehrstuhl
     Pater Karl, der die Schulen weiter voran-       Raumkunst und Lichtgestaltung zählt so
     bringen wollte, bekannt mit Erhard Fischer      auch Prof. Thomas Hamacher, Inhaber des
     vom Ausstellungshaus für christliche Kunst      Lehrstuhls für Erneuerbare und Nachhalti-
     und Prof. Hannelore Deubzer vom Lehr-           ge Energiesysteme, zu den Gründungsmit-
     stuhl für Raumkunst und Lichtgestaltung         gliedern von learning from the roots.
     an der TU München, die bald Initiatoren         2018 wurde mit dem TU eMpower Afri-
     des Vereins learning from the roots e.V. wer-   ca e.V. auf studentische Initiative hin ein
     den sollten. Hannelore Deubzer war auf der      zusätzlicher Verein gegründet, um weitere
     Suche nach einer tragfähigen Lösung, um         Projekte im Bereich erneuerbare Energien
     das Konzept „DesignBuild“ umzusetzen,           zu koordinieren.
     „eine alternative Forschungs-, Lern- und
     Lehrform, bei der die Studierenden bereits      Bunte Wände und ein Lehmofen
     in der Ausbildung konkrete Bauprojekte          Karl Herrmann erinnert sich an den ersten
     umsetzen können.“ Karl Herrmanns Schul-         Besuch aus München im Folgejahr durch
     projekt bot die Gelegenheit.                    zehn Studierende und ihre Dozenten Bar-
                                                     bara Schelle und Rudolf Graf: „Einige
     Interdisziplinär anpacken                       haben die ganze Mission vermessen bis
     Ein weiterer Kontakt zur Deutschen Gesell-      hin zur Grenze am Fluss Mupfure. Eine
     schaft christlicher Kunst sowie die Verbin-     zweite Gruppe hat einen Lehmofen für das
     dung zur Jesuitenmission in Nürnberg mit        Mädchen-Internat gebaut, und die Lehrer
     ihrem damaligen Prokurator Peter Balleis        strichen die Wände bunt an.“ Bald standen
     SJ ließen die Pläne Realität werden, und        auch die Pläne für neue Gebäude, mit de-
     interdisziplinär: „An der TU München sind       nen die frühere Secondary School jetzt als
     alle für das Bauen relevanten Fachdiszipli-     St Rupert Mayer High School an den Start

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Hilfe für Ostafrika

Bauen zwischen Tradition und Technik
Das High School-Gebäude
Ergänzung der bestehenden Räumlich-
keiten um neue Klassenzimmer, ein Leh-
rerzimmer, eine Bibliothek, einen Com-
puterraum, Freiluftterrassen, Sportplätze,
Gemüsegarten, Werkstatt. Viele Elemente
aus heimischen Materialien, etwa Pfeiler
aus gebrannten Lehmsteinen, zeugen von
architektonischer Inkulturation.

Die solare Wasserpumpe
Im Rahmen einer Diplomarbeit hat TU-
Student Jan Vincke ein System entwickelt
und installiert, das über Sonnenenergie den
Trinkwasserbedarf der ganzen Missionssta-
tion deckt und ein erhebliches Potential zur
Nutzung überschüssiger Energie zur Strom-
versorgung birgt. Seit April 2011 wird auch
das Priesterhaus über ein SolarHome-Sys-
tem mit Energie versorgt.

Gasversorgung: nachhaltig und effizient
Im Sommer 2012 haben sechs TU-Studie-
rende die erste Biogasanlage in der Missi-
on installiert, zunächst um die Küche des
benachbarten Krankenhauses mit Gas zu
versorgen. Das Biogas entsteht durch die
Vergärung organischer Substrate, die an-
schließend als Dünger dem Boden wieder
zugeführt werden.

Im Bau: der Science Block
Gerade entsteht ein neues naturwissen-
schaftliches Zentrum für Experimente
in Bio, Physik und Chemie. Der Science
Block sichert den Status der Schule als High
School, die zur Hochschulreife führt. Pho-
tovoltaik-Module dienen der Stromversor-
gung – und der Ausbildung von ortsansäs-
sigen Handwerkern und Schüler:innen im
Umgang mit dieser komplexen Technologie.

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Corona-Pandemie

     Die Projekte bringen Arbeitsplätze und Know How. 2006 stellten Studierende Missionsprokurator Peter Balleis SJ Modelle
     vor. Rechts und auf dem Titel: Mathias Stelmach, jetzt Lehrstuhl-Mitarbeiter und weiter aktiv für St. Rupert's.

     ging. Im Fokus waren zunächst „die Basics“,                    Wettbewerb, Vergleich und Abgrenzung
     erinnert sich Hannelore Deubzer und zählt                      zueinander“, schildert die Professorin Han-
     auf: „ein festes Dach über dem Kopf, eine                      nelore Deubzer den akademischen Alltag.
     praktische Raumaufteilung und ein funk-                        Die Erfahrungen, die sie bei dem afrika-
     tionierendes Energiekonzept“. Eine Aus-                        nischen Projekt machen, „nämlich etwas
     stellung in der Gemeindehalle informierte                      Konkretes zu verursachen, etwas für diesen
     die Bevölkerung über Pläne für die Schule.                     Ort Wichtiges zu leisten, mit eigenem En-
     „Währenddessen halfen die Münchner Stu-                        gagement und Einsatz bewirken zu kön-
     denten als Maurer-Lehrlinge beim Bau der                       nen, sind von unschätzbarem Wert.“ Und
     Lehrerhäuser, beim zweiten Besuch im glei-                     sie brachten einen Wertewandel: „Es hat
     chen Jahr nahmen sie Hacke und Schaufel                        die Grenzen zwischen Lehrenden und Ler-
     zur Hand, beim Ausgraben des Fundamen-                         nenden verändert, wir waren ein Team und
     tes des Schulgebäudes.“                                        angewiesen auf jeden, der sich bereit erklärt
                                                                    hat, dabei zu sein.“
     Learning from the roots, das Lernen an
     der Wurzeln, ist Programm. Es gibt immer                       Kulturen im Gleichgewicht
     mehr jungen Menschen aus einer struktur-                       Schuldirektor Clemence Mutimutema SJ
     schwachen ländlichen Region eine existen-                      ist überzeut, dass der Gewinn des Projekts
     tielle Chance in der eigenen Heimat und                        weit über die geschaffenen Innovationen
     stärkt zugleich diese Wurzeln: ihre Identi-                    und den exzellenten Standard der Schule
     tät und ganz handfest die Herkunftsregi-                       hinausgeht: „Der kulturelle und technische
     on als solche; durch Arbeitsplätze vor Ort,                    Austausch bringt ein Gleichgewicht: Die Fä-
     durch den Anbau von Obst und Gemüse                            higkeiten der Universitätsstudenten werden
     im schuleigenen Garten, durch den Einsatz                      herausgefordert und sie werden zu geerdeten
     nachhaltiger Technologien, von denen die                       Menschen, die in der Lage sind, Theorie um-
     ganze Community profitiert.                                    zusetzen. Unseren Schülern vermitteln sie
                                                                    Dinge, die über die grundlegende Fähigkeit
     Teamgeist statt Wettbewerb                                     des Lesens und Schreibens hinausgehen, und
     Nicht minder profitieren die jungen Deut-                      motivieren sie für die Zukunft.”
     schen: „Unsere jungen Studierenden er-
     fahren ihre Ausbildung in der Regel als                                                           Steffen Windschall

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                                                                                              Kirgistan

                            Unsere Bitte für Simbabwe
    Die beiden jungen Männer auf dem Titelfoto und das Bild auf dieser Seite spiegeln, was pas-
    siert, wenn aus einer Projektpartnerschaft Freundschaft wird. Die Zusammenarbeit der Tech-
    nischen Universität München mit der St Rupert‘s High School in Simbabwe gibt ein wunder-
    bares Beispiel einer Nord-Süd-Kooperation, die mehr ist als einseitiger Technologie-Transfer.
    Sowohl die Schülerinnen und Schüler aus Makonde wie auch die Münchner Studierenden
    werden zu gemeinschaftlich „global Lernenden“, resümiert Schuldirektor Clemence Mutimu-
    tema SJ den großen wechselseitigen Nutzen des Vereinsprojekts leaning from the roots.

    Ein Science Block für die Zukunft von St Rupert's
    Dabei hängen Erfolg und Scheitern in St Rupert’s auch von Faktoren ab, auf die wir wenig
    Einfluss haben. Pater Clemence berichtet vom Zusammenbruch des Stromnetzes nach Ma-
    terialdiebstählen im April, davon, dass die wirtschaftliche Lage Simbabwes die Familien von
    immer mehr Schülerinnen und Schülern in extreme Armut stürzt. Und trotz eines desolaten
    Bildungssystems stellt der Staat hohe Ansprüche an die kleine Schule in der Provinz: Damit
    sie weiter als High School anerkannt wird, muss in der Oberstufe naturwissenschaftlicher
    Unterricht mit entsprechender Ausstattung möglich sein.

    Mit unserer Unterstützung errichtet der Verein learning from the roots mit jesuitischen Partnern
    vor Ort gerade den „Science Block“. Geplant sind auch der Bau einer neuen Schulkantine und
    weitere Projekte zur natürlichen Energieversorgung. Studierende haben bereits Machbarkeits-
    analysen für Mikrowind- und Mikrowasserkraftwerke erstellt.

    Haben Sie ganz herzlichen Dank
                                                                         Spendenkonto Österreich
    für Ihre Unterstützung!                                              IBAN: AT94 2011 1822 5344 0000
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    jesuitenmission.de/StRuperts • jesuitenmission.at/StRuperts
                                                                         Stichwort: X31212 St. Ruperts
Eine gemeinsame Perspektive
     in verschiedenen Facetten
     „Mehr als etwas tun“: In der Osterausgabe haben wir die neuen Leitlinien der Je-
     suiten vorgestellt. Heute berichten Partner:innen, was die UAPs für sie bedeuten.

     Eine gemeinsame Perspektive sollen sie bie-          rin, in unserem Ökologieprogramm hier in
     ten, unsere Fantasie beflügeln und Sehnsüchte        Kambodscha weiterzuarbeiten. Mein Team
     wecken, die vier Universellen Apostolischen          und ich, wir fühlen uns ermutigt in unserer
     Präferenzen der Jesuiten: Ein Weg zu Gott –          Arbeit mit marginalisierten Gemeinschaf-
     an der Seite der Benachteiligten – mit jungen        ten und Schüler:innen, im Einsatz für den
     Menschen – für die Schöpfung.                        Schutz der natürlichen Ressourcen, die für
     Universell sollen sie sein, also überall – jeweils   die lokalen Gemeinschaften lebenswichtig
     konkret vor Ort – Orientierung geben. Wir            sind. Die Universellen Apostolischen Präfe-
     haben Projektparter:innen gefragt, wie sie die       renzen sind vor allem eine Einladung. Eine
     UAPs in ihrer konkreten Arbeit erleben und           Einladung zur Zusammenarbeit, dazu, das
     sich von ihnen leiten lassen: Die gemeinsame         gemeinsame Arbeiten mit den lokalen Ge-
     Perspektive gewinnt so an ganz unterschiedli-        meinschaften zu vertiefen und die eigene
     chen Akzentuierungen und Facetten.                   Vorgehensweise immer wieder auch in Fra-
                                                          ge zu stellen. Sich zu fragen, ob die Bemü-
     Identitätsstiftung                                   hungen in eine gute Richtung führen. Wir
     „Ich schätze an den UAPs, dass sie uns Ori-          müssen uns immer wieder fragen, wie es mit
     entierung für unsere Arbeit und auch für             dem „Gemeinsam unterwegs sein“ aussieht.
     unsere Identität geben. Sie bestärken uns da-        Ist es ein Weg in Richtung Friede und Ver-

12 jesuitenweltweit
Universelle Apostolische Präferenzen

söhnung? Begleiten wir die Jugendlichen          und Freuden hören und antworten. Geseg-
wirklich in Richtung einer hoffnungsvollen       net sind die, die die Jugend begleiten, ihre
Zukunft? Arbeiten wir ernsthaft und mit          Hoffnungen und Nöte ernst nehmen. Ge-
ganzem Herzen daran, unser gemeinsames           segnet sind die, die bereit sind, zusammen-
Haus zu schützen und zu erhalten? Wir hö-        zuarbeiten und den Schrei unserer Erde zu
ren die Einladung, aktiv zu werden, mehr         hören, der gleichzeitig der Schrei zukünfti-
zu tun. Im Moment fehlt uns noch, die ers-       ger Generationen ist. Ich sehe unsere Präfe-
te Präferenz, Menschen auf einem Weg zu          renzen als Einladung. Wenn wir diesen vier
Gott zu begleiten, deutlicher in unsere Ar-
beit einzubinden. Wir hoffen, dass uns das
irgendwann in der Zukunft gelingen wird.

               Liesl Lim, Ökologieprogramm,
                      Jesuit Service Cambodia

Inspiration und Segenszusage
Für mich sind die Universellen Apostoli-
schen Präferenzen in ihrer einfachen, leicht
verständlichen Sprache eine große Hilfe
und Inspiration. Sie fühlen sich für mich
vertraut an und sind mir immer wieder Ruf
zur persönlichen Umkehr.

Einerseits sind sie leicht zu verstehen, an-
dererseits sind sie eine große Herausforde-      Aufforsten gegen die Klimakrise in Kambodscha:
rung. Sie sind ein Ruf, sie fordern uns auf,     jesuitenmission.de/klimaschutz · jesuitenmission.at/klimaschutz
in die Tiefe zu gehen. Dieses in die Tiefe
gehen erfordert kontinuierliche Selbstrefle-     Einladungen oder Segnungen in unserem
xion und geistliches Gespräch, wenn wir sie      Alltag Raum geben, dann kann unser Han-
ernst nehmen wollen.                             deln und Tun motiviert sein von unserer
                                                 Sehnsucht, Christus nahe zu sein, Ihm zu be-
Seit P. General Arturo Sosa SJ die UAPs          gegnen in den Armen, in den Jugendlichen,
2019 öffentlich gemacht hat, habe ich zu         in Seiner Schöpfung. Deshalb ist die spiritu-
ihnen zwei Bilder im Kopf: Das eine Bild         elle Dimension für mich fundamental.
ist eher persönlich und spirituell, das zweite
eher institutionell.                             Ein anderes Bild, das mir dazu in den Sinn
                                                 kommt, ist das von vier Fenstern in einem
Von Anfang an klangen die Präferenzen für        Raum. Fenster, die uns helfen, nach innen
mich wie Segensworte: Gesegnet sind die,         zu sehen, auf das Leben in unseren Gemein-
die hinhören und Gottes Stimme in ihrem          schaften und Einrichtungen. Fenster, durch
Herzen Raum geben und anderen auf die-           die wir auch mit der Welt in Beziehung ste-
sem Weg helfen. Gesegnet sind die, die mit       hen und interagieren. Wir brauchen alle vier
den Armen unterwegs sind, auf ihre Sorgen        Fenster, um eine integrale und umfassende

                                                                                         jesuitenweltweit 13
Den Ausgestoßenen dienen in China: jesuitenmission.de/riccisocialservices · jesuitenmission.at/casaricci

     Perspektive zu haben, um zu sehen, wo wir                     Deshalb sind wir zur Zusammenarbeit auf-
     stehen und wer wir sind. Wenn eines dieser                    gerufen, als eine gemeinsame Gesellschaft
     Fenster geschlossen ist, fehlt eine der Licht-                Jesu, in der jeder seine eigenen, spezifischen
     quellen. Das Hauptfenster ist sicher unsere                   Erfahrungen mit den verschiedenen Licht-
     Beziehung zu Gott und die Unterscheidung                      quellen bzw. Fenstern hat. Ich finde, dass
     der Geister im Hören auf Seine Stimme.                        der Austausch zwischen unseren Einrich-
                                                                   tungen und Apostolaten über die Präferen-
                                                                   zen etwas sehr Bereicherndes ist. So können
                                                                   die Präferenzen als Referenzpunkt dienen,
                                                                   wenn wir unsere Apostolischen Pläne ma-
                                                                   chen oder auswerten.

                                                                   Oft wird gesagt, dass es bei den Präferen-
                                                                   zen mehr um ein „Sein“, als ein „Tun“ geht.
                                                                   Diese Interpretation überzeugt mich nicht
                                                                   vollständig. Die UAPs bringen beide Di-
                                                                   mensionen in einer kreativen Spannung zu-
                                                                   sammen. Mir ist das Wort „Werden“ lieber.
                                                                   Ich denke, die UAPs können uns verwan-
                                                                   deln, während wir sie praktizieren. In einem
                                                                   chinesischen Bild wären sie alle Wegweiser
                                                                   des Weges, auf dem Gott uns begegnen
                                                                   möchte. Ein Gott, der uns entgegenkommt.

     Seit 2007 leitet der argentinische Jesuit Pater Fernando                                   Fernando Azpiroz SJ,
     Azpiroz SJ die Casa Ricci.                                                          Ricci Social Services, Macau

14 jesuitenweltweit
Universelle Apostolische Präferenzen

Alles für die Jugend
Papst Franziskus insistiert, dass die erste
Präferenz die wichtigste ist. In meinen Au-
gen sind alle vier gleichwertig. Seit ich nach
meinem Studium in Innsbruck wieder in
meine ostafrikanische Provinz zurückgekehrt
bin, merke ich allerdings, dass ich mit dem
Herzen im Südsudan bin. Deshalb liegt mein
Schwerpunkt gerade auf zwei Präferenzen:
Mitgehen mit den Armen und Ausgegrenz-
ten, und mit der Jugend. Die Jugend bildet
die zukünftige Generation, die die Entwick-
lung dieses Landes gestalten wird. Ein Land,
das unter Hunger, Krieg, Krankheit, Anal-
phabetismus und fehlender Bildung leidet.
Deshalb gehören viele der Jugendlichen zu
den Armen und Ausgegrenzten. Oft wurden
sie gekidnappt, um als Kindersoldaten zu
dienen. Viele sind in Lagern für Binnenver-
triebene groß geworden. Und doch ist diese
Jugend die Zukunft des Landes.

Ich denke, unser Haupteinsatz sollte im Be-
reich der Bildung liegen. Wenn Afrika nicht
sehr in seine Jugend investiert, werden wir
uns weiter im selben Teufelskreis von Armut,
Hunger und Krankheiten bewegen, während          Mit der Jugend will Allan Ggita SJ eine bessere Zukunft schaffen:
ein paar wenige sich auf Kosten der anderen      jesuitenmission.de/suedsudan · jesuitenmission.at/loyolasuedsudan
extrem bereichern.
Wenn ich auf die UAPs schaue, scheint mir,       lich sicher fühlen können. Als Jesuiten, als
,dass es darum geht, die Jugend in sämtli-       Kirche, haben wir im Südsudan eine starke
chen Bereichen zu begleiten: im Bereich der      Stimme, man hört uns zu, aber wir müs-
Spiritualität, Umwelt und dabei, Wege aus        sen diese Chance auch nutzen. Wir müssen
Armut und Exklusion zu finden.                   den jungen Menschen eine Stimme geben,
                                                 wo sie sonst keine haben. Damit die Regie-
Für mich bedeutet das nicht, große Kirchen       rung sie zu ihrer Priorität macht. Viele junge
und besonders moderne Schulen zu bau-            Menschen wollen nach Europa oder Nord-
en, sondern wirklich mit den Jugendlichen        amerika, weil sie den lokalen Systemen nicht
unterwegs zu sein, in ihren Freuden und          trauen. Ich denke, unsere Aufgabe ist es, sie
ihren Ängsten, ihren Hoffnungen und Ent-         davon zu überzeugen, dass es an ihnen liegt,
täuschungen; mit ihnen zu träumen und sie        das Afrika zu formen, das sie haben wollen.
erfahren zu lassen, dass es in dieser schein-
bar so hoffnungslosen Welt doch Hoffnung              Allan Ggita SJ, Director of Development,
gibt. Jugendliche müssen sich bei uns wirk-                               Jesuits Eastern Africa

                                                                                          jesuitenweltweit 15
Myanmar

     Ihr seid alle Geschwister!
     Längst sind in Erbil die Plakate des Besuches von Papst Franziskus wieder ab-
     genommen. In den Herzen der Menschen im Nordirak bleibt der Nachklang
     seiner Botschaft: You are all brothers and sisters! Das Hochschul-Programm
     JWL könnte diese Vision Realität werden lassen

     F
             ür Yousif bleibt es ein unvergessli-     viele Christen in den Süden nach Bagdad
             cher Tag. Schon seit er klein ist, be-   und Basra gezogen sind. Nagham hat früh
             wunderte er den Papst. Seine Mutter      geheiratet, mit dem Fall Saddams ist die Fa-
     Nagham erzählt oft die Geschichte, wie er        milie zurück in ihre Heimatstadt geflohen,
     als Kleinkind – gerade erst sprechen gelernt     da um die Jahrtausendwende die gewaltsa-
     – vor dem Fernseher saß und, wenn immer          men Überfälle auf Christen im Süden stark
     der Papst im Fernsehen zu sehen war, gesagt      zugenommen hatten. Ihr begonnenes Uni-
     hat: „Das ist mein Papst“. Nicht nur für ihn     versitätsstudium musste sie abbrechen.
     ging ein großer Traum in Erfüllung, als er
     im März 2021 Papst Franziskus bei seinem         2014 musste die Familie wieder fliehen, dies-
     Besuch in Qaraqosh Blumen überreichen            mal vor dem IS. Zuflucht fanden sie im na-
     durfte, sondern auch für seine Mutter Nag-       hen Erbil, der Hauptstadt der Region Kurdi-
     ham und die Christen in Qaraqosh.                stan-Irak. Nagham hat zwei Söhne und eine
                                                      Tochter, ihr mittlerer Sohn Yousif hat Triso-
     Christen auf der Flucht                          mie 21. Das machte es für die Mutter un-
     Naghams Familie kommt ursprünglich aus           möglich, ihren Traum von Höherer Bildung
     Qaraqosh. Aufgewachsen ist sie in Basra,         zu verwirklichen, bis sie im Jahre 2017 ihr
     da unter dem Regime von Saddam Hussein           Online-Studium mit Jesuit Worldwide Lear-

16 jesuitenweltweit
Jesuit Worldwide Learning Irak

ning (JWL) begonnen hat. Sie absolvierte das             sie vertiefen und als Mediatoren umset-
Diplom in Liberal Studies der renommierten               zen. Wie weit aber dieser Weg auch für die
Regis University, einer der Partner-Unis von             Christen im Irak ist, zeigen P. Marc Stephan
JWL, und wählte den Schwerpunkt Soziale                  Giese SJ, ein Jesuit aus Deutschland, der
Arbeit. Nach ihrem Abschluss zog sie mit ih-             in Amman arbeitet, und ein gescheiterter
rer Familie in das inzwischen vom IS befrei-             Besuch in Alqosh, einem Dorf der Chaldäi-
te Qaraqosh. Dort eröffnete sie zusammen                 schen Christen: Seit der IS-Bedrohung wer-
mit der syrisch-katholischen Gemeinde ein                den alle Zufahrten zum Dorf von eigenen
JWL-Lernzentrum, wo sie seitdem über 100                 Kontrollposten überwacht. Als Fremde aus
junge Leute in Englisch unterrichtet – Chris-            Deutschland, selbst mit römischen Pries-
ten wie Muslime.                                         terkragen, konnten wir ohne die Genehmi-
                                                         gung der Bürgermeisterin, die telefonisch
Das Misstrauen sitzt noch tief
Seit dem Papstbesuch im März werden
dort auch der „Peace Leader“-Kurs und ein
Kurs für Tutoren angeboten. Die Kurse fin-
den vor allem bei Frauen hohen Anklang,
der Anteil weiblicher Studentinnen beträgt
über 80 Prozent. Viele teilen ein ähnliches
Schicksal wie Nagham und sehen gerade
im eLearning eine große Chance sich wei-
terzubilden. „Ihr seid alle Geschwister“,
diese Friedensbotschaft des Papstes wollen

„Das ist mein Papst“: Yousif überreichte Franziskus einen Blumenstrauß. Seine Mutter Nagham konnte mit JWL ihren
Traum von Höherer Bildung verwirklichen.

                                                                                              jesuitenweltweit 17
Kritische und offen denkende junge Menschen ermöglichen einen offenen und toleranten Irak: „Peace Leaders“ als
     Pioniere einer neuen Zivilgesellschaft.

     in dem Moment nicht erreichbar war, das                 Hochschule für Philosophie München hat
     Dorf nicht betreten, um das 1000 Jahre alte             einen Teil des Kurses erstellt.
     Bergkloster, den ehemaligen Sitz der Patri-
     archen, zu besuchen. Bei den Christen als               Zusammen mit dem JWL Research Team
     Minderheit herrscht viel Abgrenzung un-                 und Magdalena Nauderer, JWL-Repräsen-
     tereinander und Angst vor den Muslimen.                 tantin im Irak, steigen die „Peace Leader“-
     Papst Franziskus schloss in seine Botschaft             Absolventen nun tiefer ein, um gezielt be-
     der Geschwisterlichkeit jedoch nicht nur                stimmte Konflikte in ihrer Gemeinschaft
     Christen aller Denominationen mit ein,                  und im Lager zu erforschen und um eine
     sondern auch die muslimischen und jesidi-               Veränderung zu bewirken. Bei der Graduie-
     schen Brüder und Schwestern.                            rung der „Peace Leaders“ im Domiz Camp
                                                             kamen zwei Frauen aus Alqosh dazu, die
     Die neuen Friedensstifter                               den Weg von ihrer christlichen Enklave hin
     Im Gegensatz zu dem Erlebnis an der Dorf-               zu den muslimischen Geschwistern aus Sy-
     grenze von Alqosh waren die Begegnungen                 rien gefunden haben, weil sie während des
     mit den JWL-Peace Leaders im Khanke                     Peace Leader-Kurses verstanden haben, was
     Camp der Jesiden, im Domiz Camp mit                     ihnen und uns zum friedlichen Zusammen-
     syrischen Flüchtlingen und in Erbil mit                 leben helfen kann.
     jungen Christen sehr ermutigend. Alle ha-
     ben das sechsmonatige Programm absol-                   Renaissance der Bildung
     viert, das vom „Peace Institut“ des Hekima              Bis vor kurzem unterhielt JWL im Irak
     University College angeboten wird. In den               sechs Lernzentren mit 550 Studenten.
     Reden bei ihrer Abschlussfeier sprachen                 Mittlerweile sind viele jesidische Absolven-
     sie von der persönlichen Veränderung, die               ten aus dem Khanke Camp in die Sinjar-
     sie im Laufe des Kurses erfahren durften.               Berge zurückgekehrt, wo viele von Ihnen
     Professor Barbara Schellhammer von der                  Zeugen des Genozides durch den IS im Au-

18 jesuitenweltweit
Jesuit Worldwide Learning Irak

gust 2014 wurden. Dort haben sie ein neu-       eine bessere Vergangenheit, für einen offe-
es JWL-Lernzentrum eröffnet, um weiteren        nen und toleranten Irak.
jungen Leuten Zugang zu höherer Bildung
zu geben, ein weiteres ist schon in der Pla-    Genau 50 Jahre nach der Schließung des
nung. Auch in diesem Jahr wird noch ein         Bagdad College hat Nagham mit sechs
neues Zentrum in Sulaymaniyah im Klos-          anderen Kommilitoninnen und Kommili-
ter unseres vermissten Mitbruders Paolo         tonen in Erbil ihren Diplom-Abschluss ge-
Dall’Oglio SJ entstehen. Es ist anzuneh-        macht. Es bleibt die große Hoffnung, dass
men, dass Paolo im Juli 2014 vom IS umge-       mit der Bildung von mehreren Tausend
bracht worden ist. Das von ihm gegründete       junger Leute jeder Herkunft, kritischer und
Kloster ist ganz dem interkulturellen und       offen denkender Menschen, das von Papst
interreligiösen Lernen und Dialog gewid-        Franziskus gesäte Wort „Ihr seid alle Ge-
met, in einer Stadt, die traditionell das in-   schwister“ zur neuen Realität wird.
tellektuelle Zentrum in Kurdistan ist und
deren Einwohner unter Saddams Tyrannei                       Peter Balleis SJ, JWL-Präsident
Schreckliches erleiden mussten.

Aber auch in der Ebene von Ninive, im
Christendorf Qaraqosh, das Papst Franzis-
kus besucht hat, und in Bartella, wo JWL
Lernzentren betreibt, wollen der Priester
Abouna Ammar und das JWL-Team Wege
finden, wie sie in weiteren Dörfern der Re-
gion, christlichen wie auch muslimischen,
höhere Bildung für die Jugend zugänglich
machen können.

Ein toleranter Irak ist möglich
Mit diesem Engagement steht JWL in der            Bildung ohne Grenzen
Tradition der Jesuiten im Irak. Im Auftrag
vom Papst kamen 1935 amerikanische Jesu-          Weniger als ein Prozent aller Geflüch-
iten nach Bagdad, um dort eine Schule und         teten haben Zugang zu Universitätsbil-
später eine Universität zu gründen. Von           dung – JWL bringt den Wandel: Was mit
1935 bis 1969 haben insgesamt 150 Jesu-           1.000 Studienplätzen in Flüchtlingsla-
iten in diesen Institutionen gearbeitet und       gern in Kenia, Malawi, Jordanien, im Irak
wesentlich zu einem modernen und offenen          und in Afghanistan begann, hat sich zu
Geist im Land für Menschen aller Denomi-          einem globalen Bildungsnetzwerk ent-
nationen und Religionen beigetragen. Mit          wickelt, an dem 2020 4.143 Studierende
der Ausweisung aller US-Bürger aus dem            – 56 Prozent von ihnen sind weiblich –
Irak mussten auch die Jesuiten 1969 gehen.        an 18 Standorten partizipieren konnten.
Dann kamen das Saddam-Regime und die
Kriege und schließlich der Niedergang des         jesuitenmission.de/JWL
Landes. Aber bis heute ist der Name „Bag-         jesuitenmission.at/JWL
dad College“ ein leuchtender Begriff für

                                                                              jesuitenweltweit 19
Hilfe für Ostafrika

      Rechenschaft 2020
      der Jesuitenmission Deutschland und Österreich

      Neue Gemeinschaft in der Einsamkeit
      Die Pandemie hat uns ein Jahr der Trauer, der Isolation und neuer Armut gebracht.
      Und ein Jahr großer Solidarität. Klaus Väthröder SJ blickt zurück auf 2020

      Am Morgen des 9. März 2020 flog ich             den Betrieb in den beiden Jesuitenmissio-
      von Guwahati nach Delhi, um von der             nen aufrechterhalten. Die Mitbrüder und
      indischen Hauptstadt die Rückreise nach         Mitarbeiter:innen der Jesuitenprovinzen
      Frankfurt anzutreten. In Nagaland, im           Deutschland, Lettland, Litauen, Öster-
      Nordosten Indiens feierten wir mit den Je-      reich, Schweden und Schweiz haben die
      suiten der Kohima Region und P. General         Zeit der Lockdowns genutzt, um sich neu
      Arturos Sosa das 50-jährige Jubiläum der        aufzustellen und die Zielmarke des 27. Ap-
      Präsenz der Jesuiten unten den Nagas. Es        ril 2021 zu erreichen. Seit diesem Tag, Ge-
      war ein sehr schönes Fest in den Bergen von     denktag des Heiligen Petrus Canisius, fir-
      Kohima, allerdings bereits überschattet von     miert auch jesuitenweltweit in Deutschland
      Gerüchten über einen Virus, der eventuell       und Österreich als Werk der neuen Provinz
      die Rückreise unmöglich machen wird. Ich        "Jesuiten in Zentraleuropa" und ich über-
      kam mit einem letzten der Flieger aus Indi-     nehme eine zusätzliche Aufgabe als Delegat
      en in Deutschland an.                           für Ökologie und Soziales.

      Gut ein Jahr später sind die Mitbrüder und      Corona-Hilfe rettet Leben
      die Menschen in Indien wieder in meinen         Unser Spendenergebnis (14,3 Mio. Euro in
      Gedanken und Gebeten angesichts einer           Deutschland, knapp 1,7 Mio. in Österreich)
      pandemischen Katastrophe mit Hunderttau-        lag 2020 über dem Durchschnitt, was Sie
      senden Todesfällen. Allein in der zweiten Ap-   aus dem beigelegten Rechenschaftsbericht
      rilwoche 2021 sind 20 indische Jesuiten im      ersehen können. Dank Ihrer Großzügigkeit
      Zusammenhang mit dem Virus gestorben.           konnten Wien und Nürnberg gemeinsam
                                                      mehr als 1,5 Millionen Euro für die Coro-
      Europäische Jesuiten rücken zusammen            na-Hilfe zur Verfügung stellen. Mit großer
      Im Unterschied zu vielen Organisationen,        Gewissheit kann ich Ihnen sagen, dass diese
      Geschäften und Unternehmen konnten wir          Unterstützung sehr vielen Menschen das

20 jesuitenweltweit
Hilfe für Ostafrika

Leben gerettet hat. Unsere Partner:innen       Spendensammeln. Seit Jahren sind unsere
haben tausende Menschen über Schutz-           beiden Jesuitenmissionen mit vielen Men-
maßnahmen informiert, Masken und Hy-           schen verbunden im gemeinsamen Dienst
gieneartikel zur Verfügung gestellt oder sie   am Aufbau des Reiches Gottes. Es ist eine
mit dem Lebensnotwendigsten versorgt,          Gemeinschaft entstanden der gegenseiti-
wenn alle Einkünfte weggebrochen sind.         gen Anteilnahme, die über das Spenden-
Nur durch Ihre große Hilfsbereitschaft war     sammeln hinausgeht, die gerade in Zei-
dies möglich. Dafür möchte ich Ihnen von       ten der Krise uns gegenseitig halten und
Herzen danken!                                 unterstützen kann. In den ersten Wochen
                                               der Kontaktsperre hat P. Trieu Nguyen im
Danke für Zusammenhalt und Teilhabe!           Namen der Jesuitenmission viele Spender
In den vergangenen Monaten ist es in un-       und Spenderinnen angerufen, um Sie zu
seren Büros in Nürnberg und Wien einsam        ermutigen, sich nach ihrem Wohlergehen
geworden. Seit März 2020 hatten wir keine      zu erkundigen und sie nach ihren Gebets-
Besucher mehr aus unseren Projekten und        anliegen zu fragen. Allabendlich haben wir
viele der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen     für unsere Wohltäterinnen und Wohltäter
sind oft im Homeoffice. Anstatt zu reisen      gebetet, für deren Eltern und Kinder, für
oder das Team in Wien zu besuchen, sitze       Verwandte und Bekannte, für Nachbarn
ich in Nürnberg und spreche mit kleinen        oder Freundinnen, die sie miteingeschlos-
Bildern auf meinem Computerbildschirm.         sen haben wollten. Auch wir wurden ermu-
                                               tigt mit guten Wünschen und Dankbar-
Gegenüber dieser Einsamkeit habe ich das       keit, die uns entgegengebracht wurden.
Gefühl, dass eine andere Gemeinschaft ge-
wachsen ist. Henri Nouwen, ein bekann-         In dieser gegenseitiger Verbundenheit dan-
ter spiritueller Autor und Seelsorger, hat     ke ich Ihnen für all Ihre Unterstützung und
ein Büchlein geschrieben, „Die Spiritua-       wünschen Ihnen Gottes Segen.
lität des Fundraisings“. Darin geht es um
Dienst, Umkehr, Gebet, gemeinsame Visi-                                Klaus Väthröder SJ,
onen und Teilhabe im Zusammenhang mit                                  Missionsprokurator

                                                                           jesuitenweltweit 21
Schule möglich machen in der Krise
     Inmitten von Leid und Armut erfahren Tausende Kinder in Peru Unterstützung im
     Kampf gegen die Folgen der Pandemie und für ihr Recht auf Bildung

     Zu Beginn der Pandemie, als der Präsenz-        setzt war. Mit einem weiteren technischen
     unterricht weltweit mit einem Schlag aus-       Gerät in der Familie wird das Problem be-
     gesetzt wurde und die Schulsysteme selbst       seitigt. „Viele unserer Familien haben meh-
     in Europa auf die Probe und vor die Fra-        rere Kinder im Schulsystem, aber nur ein
     ge gestellt wurden, wie man Bildung trotz       Handy zuhause, das sich zwei oder drei Ge-
     Distanz aufrechterhalten kann, standen in       schwister für das E-Learning teilen. Deshalb
     manchen Ländern ganz andere Aspekte im          haben wir die Tablet-Initiative gestartet. Für
     Vordergrund. Vor allem dort, wo Bildung         die Kinder ist es eine enorme Erleichterung
     Sorgen um Gesundheit, Nahrungsmittel-           und verbessert die Kommunikation mit ih-
     versorgung und finanzielles Überleben un-       ren Lehrerinnen und Lehrern“, so eine Mit-
     tergeordnet ist, und es an technischen Mög-     arbeiterin von Fe y Alegria.
     lichkeiten zur Gänze fehlt. Für Tausende
     Schülerinnen und Schüler in Peru hat sich       Das Recht aufs Lernen
     die Situation mit einer großen Portion Un-      Wie Rosa haben auch 5555 andere Kinder
     terstützung durch das internationale jesuiti-   und Jugendliche in Fe y Alegria-Schulen im
     sche Xavier Network gewendet: erfreuliche       März ihre eigenen Tablets erhalten, um so
     Neuigkeiten in Zeiten der Pandemie!             dem Unterricht wieder folgen zu können.
                                                     Mit anhaltendem Distance Learning war
     Vier Geschwister, ein Handy                     die Frage nach Interaktion und einem Aus-
     Strahlend hält die kleine Rosa ihr neues Ta-    tausch zwischen Lehrpersonal und Schüle-
     blet in die Kamera. Sie besucht eine Schule     rinnen und Schülern immer lauter gewor-
     des Schulnetzwerks Fe y Alegria (FyA) in        den. Auch dort, wo man bisher mit weniger
     Lima und hat sich bisher einen Computer         Ressourcen ausgekommen ist. „Bildung
     mit ihren drei Geschwistern geteilt. Haus-      darf nicht aufhören, und die einzige Mög-
     übungen rechtzeitig abgeben war nicht           lichkeit ist, den jungen Menschen, den Ju-
     drin, wenn der Computer wieder mal be-          gendlichen, Kindern, alle Ressourcen zur

22 jesuitenweltweit
Verfügung zu stellen, damit sie weiterler-        ist trotz der schwierigen Lebensumstände
nen“, sagt P. Ernesto Cavassa SJ, der Gene-       wichtig für sie. „Ich spüre eine große Un-
raldirektor von Fe y Alegria Peru dazu.           terstützung durch dieses Tablet. Ich danke
                                                  Gott für die Möglichkeit, dass unsere Töch-
Die Technik ist ein Segen                         ter weiterlernen können“, sagt eine Mutter
Die Tablets sind bereits mit den erforderlichen   aus Lima.
Applikationen, Programmen und Ressourcen
für den Unterricht ausgestattet. Ein pädago-      Vom Radio zum Tablet
gisches Team hat diese vorher zusammenge-         Kaum denkbar war so eine Ausrüstung zu
stellt. Auch das staatliche Schulprogramm         Beginn der Pandemie, als FyA damit be-
„Aprendo en Casa“, übersetzt „Ich lerne zu-       schäftigt war, humanitäre Hilfe anzubieten,
hause“, ist über die Tablets gut erreichbar.      Nahrung und Hygieneartikel zu verteilen,
„Es gibt viele Applikationen, mit denen man       die Menschen zu versorgen.
verschiedene Dokumente in Word und als            Um die Schülerinnen und Schüler über-
pdf öffnen kann“, erklärt Rubelia Tunti, eine     haupt zu erreichen, hat FyA viel Kreativität
Lehrerin aus Puno in Peru. Für sie ist das, was   spielen lassen und ein eigenes Radionetz-
wir als technisches Minimum betrachten,           werk entwickelt. Für die Kinder, die sonst
nicht so selbstverständlich, schließlich hat      weite Fußwege in die Schule haben, kein
man bisher ohne oder mit nur wenigen tech-        Handy oder Tablet besitzen, wurden die
nischen Hilfsmitteln auskommen müssen             Bildungsprogramme „Schule im Radio“,
                                                  „Kein Raum“ und „Ich lerne zuhause“ als
                                                  Radiosendungen vorgespielt. Alles, um den
„Mit dem Tablet kann ich meine Aufgaben           Unterricht nur irgendwie aufrecht zu erhal-
schneller erledigen und habe auch die Mög-        ten. Mancherorts ist das immer noch so.
lichkeit, Schul-Apps zu nutzen.“                  Tausende Kinder in Peru sind einen großen
           Alexia Guevara, Schülerin aus Lima     Schritt weiter!

                                                  Dank Ihrer Unterstützung im Kampf gegen
Nicht nur die Schülerinnen und Schüler            Covid-19 und die Folgen konnten wir an
sind dankbar. Auch bei den Eltern ist die         vielen Plätzen der Welt Leid lindern und 47
Erleichterung groß. Bildung für ihre Kinder       Projekte mit 1.489.684 Euro fördern.

                                                                               jesuitenweltweit 23
Gute Lehrer für eine bessere Zukunft
     Sie trotzen dem Bürgerkrieg und meistern die Pandemie: Gut ausgebildete Lehrkräfte des
     JRS machen in der krisengeschüttelten Zentralafrikanischen Republik Hoffnung

     „Im Dezember 2020 eskalierte erneut die       (ECW) gelang, Tausende Kinder im Lock-
     Gewalt zwischen Regierung und Rebellen,       down zuhause zu unterrichten.
     was unsere Arbeit sehr beeinträchtigt hat“,   Gute Lehrerinnen und Lehrer und funk-
     berichtet JRS-Landesdirektor Alain Rusu-      tionierende Schulen tun Not im Land mit
     ku, „durch den Lockdown mussten wir un-       seinem Durchschnittsalter von 17,6 Jahren,
     sere Bildungsprogramme aussetzen.“ Doch       doch das Bildungssystem ist marode: Früh-
     Alain hat auch gute Nachrichten: „Die         kindliche Bildung hat trotz eines enormen
     Lage normalisiert sich. Nach drei Monaten     Bedarfs keinen hohen Stellenwert, und es
     Corona-Lockdown wurden Anfang März            gibt keine fundierte pädagogische Ausbil-
     2021 wieder die Schulen geöffnet.“ Die        dung. Einen Ausweg bietet seit 2005 der
     Hoffnung auf Frieden bestärkt auch die        JRS mit hochwertigen Aus- und Weiterbil-
     (angehenden) Lehrerinnen und Lehrer, die      dungsangeboten für Lehrkräfte im Rahmen
     Ausbildungseinheiten des Jesuiten-Flücht-     des weltweiten Programms Global Education
     lingsdiensts (JRS) durchlaufen.               Initiative. Die Gesamtkosten belaufen sich
                                                   auf etwa 20 Euro pro Person und Tag.
     Eine qualifizierte Ausbildung
     Eine von ihnen ist Melanie Endjidondeye
     (49). Sie hat früher auf dem Markt ihrer      „Bildung ist sehr wichtig für unsere Ge-
     Heimatstadt Bambari Obst und Gemü-            sellschaft, weil sie das Gewissen formt.“
     se verkauft, aber wollte sich weiterbilden.        Melanie Endjidondeye, Vorschullehrerin
     Nach ihrer JRS-Ausbildung arbeitet sie
     jetzt als Vorschullehrerin – auch in einer
     Einrichtung des JRS. 2020 war sie Teil der    Dank Ihrer Unterstützung konnten wir
     „Radioschule“, mit der es dem JRS und         2020 die Ausbildungsprogramme mit
     der Organisation Education Cannot Wait        8.000 Euro fördern.

24 jesuitenweltweit
Mehr als Tropfen auf heißem Stein
Neue Häuser und Werkstätten, Arbeitsplätze und Computer – nahe Sibiu verbessert
„Elijah“ direkt und nachhaltig die Lebensumstände von Roma-Familien.

Das Sozialprojekt „Elijah“ wächst und          Aber es gibt noch viele Familien, die in er-
betreibt in Siebenbürgen/Rumänien mitt-        bärmlichen Hütten leben. Mit dem Hilfspro-
lerweile an sieben Standorten sechs Sozial-    jekt „Casa de piatra“ werden elf winterfeste
zentren, zwei Musikschulen, vier Lehrwerk-     Häuser und damit das Fundament für ein
stätten und ein Schüler:innenwohnheim.         würdevolles Leben geschaffen.
Leiterin Ruth Zenkert sagt: „Unsere Hilfe
scheint wie ein Tropfen auf dem heißen         Große Not durch Covid 19
Stein. Wir müssten eigentlich noch in 100      Der Baufortschritt wurde durch das Virus
Dörfer gehen. Aber für den Einzelnen, dem      eingebremst, und auch sonst hat die COVID-
wir aus dem Elend helfen, ist es sein ganzes   Krise die Ärmsten besonders hart getroffen.
Leben.“                                        Viele Väter verloren ihr Einkommen als Ta-
                                               gelöhner und den meisten Familien blieb der
Fundament der Würde                            Zugang zu Nahrungsmitteln verwehrt. Über
Im September haben 32 Jugendliche die          tausend COVID-Lebensmittelpakete, die die
Wohngemeinschaften und Studentenzim-           Mitarbeiter von ELIJAH verteilten, haben et-
mer der Casa Francis bezogen. Sie besu-        was Not kompensiert.
chen Ausbildungsstätten in den Bereichen
Lebensmittelverarbeitung, Technik, Ar-
chitektur, Wirtschaftswissenschaften und       „Ich bin stolz auf unser Team. Alle Mitar-
Musik. Alle Sozialzentren wurden mit           beiter, denen wir begegnen, strahlen.“
gebrauchten Laptops und Internetzugang                Ruth Zenkert, „Elijah“-Mitgründerin
ausgestattet, damit auch während der Co-
rona-Lockdowns möglichst viele Schüle-
rinnen und Schüler dem Online-Unter­richt      Danke, dass Sie 2020 mit uns „Elijah“ mit
folgen können.                                 250.000 Euro unterstützt haben!

                                                                            jesuitenweltweit 25
Weiter im Dienst der Ausgestoßenen
     Unter dem strengen Auge der Behörden bleiben die Ricci Social Services an der Seite
     Lepra- und HIV-kranker Menschen in China.

     Noch heute infizieren sich jährlich über          Im Jahr 2017 hatte die Regierung ein neues
     200.000 Menschen mit Lepra, einer tücki-          Gesetz zur Beaufsichtigung ausländischer
     schen bakteriellen Infektionskrankheit, die       NGOs in China verabschiedet. In einem
     Nervensystem, Atemwege, Haut und Augen            aufwändigen Prozess gelang es 2020, die
     befällt. Seit über 30 Jahren stehen die „Ricci    Dienstleistungen des RSS auf Grundlage ei-
     Social Services“ (RSS), gegründet von Pater       nes eigenen Evaluationssystems schrittweise
     Luis Ruiz auf der chinesischen Insel Taikam,      zu systematisieren, um den neuen Anfor-
     im Dienst jener, die durch die Krankheit an       derungen der Regierung besser zu entspre-
     den äußersten Rand der Gesellschaft gedrängt      chen. 2020 entwickelte der RSS zudem ein
     werden, geben medizinische Unterstützung          Programm für Kinderschutz und führte
     und helfen, den – immer noch oftmals stig-        Mitarbeiter:innen und Freiwillige darin ein.
     matisierten – Leprakranken und ihren Famili-      Große Erleichterung herrscht darüber, dass
     en, in der Gesellschaft Fuß zu fassen. 2004 hat   2020 keiner der 600 Lepra-Patient:innen
     der RSS das erste katholische AIDS-Zentrum        an COVID-19 erkrankt ist.
     in China eröffnet: Ein besonderer Schwer-
     punkt liegt hier auf der Versorgung betroffe-
     ner Kinder und der Kinder von Betroffenen.        „Das Jahr der Pandemie gab uns kostbare
                                                       Gelegenheit, unsere Dienste effektiver zu
     Keine COVID-Fälle in RSS-Einrichtungen            gestalten“
     Derzeit unterhalten die „Ricci Social Servi-          P. Fernando Azpiroz SJ, RSS-Vorsitzender
     ces“ in 13 Provinzen Chinas 50 Programme
     mit 64 Lepra-Zentren für insgesamt 4.000
     Patient:innen, dazu fünf Heime für 40             Dank der Unterstützung unserer Spen-
     HIV-infiziertete Kinder und 300 HIV-posi-         derinnen und Spender aus Deutschland
     tive Mütter sowie Einrichtungen für 1.500         und Österreich konnten wir RSS 2020 mit
     Studierende aus mittellosen Familien.             155.567 Euro unterstützen.

26 jesuitenweltweit
Der Weg zur Veränderung: Bildung
Der venezolanische Staat lässt Schulpersonal im Stich, das Bildungssystem ist am Boden.
Dank Ihrer Unterstützung konnte das Schulnetzwerk Fe y Alegría 200 Stellen neu besetzen.

Ivonne Palacios ist Lehrerin in Venezuela        gleitet. Viele Schulen sind an entlegenen
und lebt von umgerechnet etwa drei Dollar        Orten, Lehrkräfte, die hier arbeiten, erhal-
pro Monat. Am Wochenende bereitet sie            ten zusätzliche Unterstützung. Denn die
Essen zu und verkauft es. „Vor 25 Jahren         staatlichen Gehälter sind viel zu niedrig,
konnte ich meinen Kindern ein gutes Leben        decken kaum die Grundbedürfnisse. „Wir
bieten, das College meines Sohnes bezahlen,      Lehrerinnen und Lehrer, die noch hier sind,
seine Kleidung. Ich hatte die Sicherheit, für    sind es aufgrund unserer Berufung und der
meine Bedürfnisse und die meiner Kinder          Überzeugung, dass Bildung der Weg zu
aufkommen zu können", erklärt sie.               Veränderung ist“, sagt Lisceth Rojas, Di-
                                                 rektorin der Fe y Alegría-Schule Las Mayas.
Viele schmeißen hin                              Ivonne ist geblieben, weil sie findet, dass je-
Jetzt ist alles anders. Das Land befindet sich   mand den Kindern und Jugendlichen sagen
in einer wirtschaftlichen und politischen        muss, dass dieser Zustand „nicht das ist, was
Dauerkrise. Corona verschlimmert die Lage        wir wollen“, und was zu tun ist, um dieses
massiv. Die Unterrichtsgestaltung ist gerade     Land zu verbessern.
in der Pandemie sehr schwierig, „Unsere Kin-
der haben keine Computer, kein Internet. Es
gibt auch viele Lehrkräfte, die so leben.“ Die   „Wir Lehrerinnen und Lehrer in Venezuela
miserablen Bedingungen lassen viele den Job      haben uns neu erfinden müssen“
oder gar das Land wechseln und sorgen für               Ivonne Palacios, Lehrerin „Las Mayas“
ständigen Bedarf an neuem Lehrpersonal.

Mehr Berufung als Beruf                          jesuitenweltweit Deutschland und Öster-
2020 hat das jesuitische Schulnetzwerk Fe        reich konnte dank Ihrer Hilfe das Projekt
y Alegría 200 Stellen neu besetzt und mit        mit einer Gesamtsumme von 55.946 Euro
Workshops und Weiterbildungskursen be-           unterstützen.

                                                                                jesuitenweltweit 27
Die Schmetterlinge von Bamiyan
     In Afghanistan ist Schule für Mädchen keine Selbstverständlichkeit. Der JRS verhilft
     Hunderten zu ihrem Recht auf Bildung.

     In Afghanistan gibt es 3,7 Millionen Kin-        ins JRS-Zentrum zu kommen, um zu lernen.
     der, die derzeit nicht zur Schule gehen. Be-     Dank des BEA-Programms können das jetzt
     troffen sind vor allem Mädchen. Das „But-        283 von ihnen im eigenen Dorf tun!
     terfly Effect Affiliate“ (BEA)-Programm des      Die Idee ist, Studentinnen mit fortgeschritte-
     Jesuiten-Flüchtlingsdiensts (JRS) trägt den      nen Englischkenntnissen in ihre Heimatge-
     Wandel in die Dörfer.                            meinden zu senden, um dort Mädchen, man-
     Der „Butterfly Effect“, Schmetterlingsef-        che erst 10 Jahre alt, die englische Sprache zu
     fekt, ist ein Begriff aus der Chaostheorie,      lehren. Davon profitieren nicht nur die Schü-
     und drückt aus, dass eine kleine Verände-        lerinnen, sondern auch die BEA-Lehrerinnen,
     rung eine große Wirkung haben kann. Auf          die so ihre didaktischen Fähigkeiten verbes-
     Farsi bedeutet „bea“ zudem so viel wie „nä-      sern: Bildungschancen für Mädchen und
     herbringen“. Das BEA-Programm des JRS            junge Frauen, die den Verlauf ihrer Zukunft
     bringt also „Affiliates“, Partnerinnen und       verändern können!
     Partner, in entlegene Landesregionen, um
     insbesondere den Mädchen zu ihrem Recht
     auf Bildung zu verhelfen.                        „Ich bin gesegnet und glücklich, ein Mäd-
                                                      chen zu sein. Mit meiner Ausbildung und
     Lernen im eigenen Dorf                           Erfahrung kann ich Chancen für andere
     Denn vielerorts sind die Hürden hoch: auf-       Frauen und Mädchen schaffen.“
     grund der Armut vieler Familien, unwegsa-                              Bashria Jan Sarwari,
     men Geländes, kriegerischer Auseinanderset-            ehemalige JRS-Schülerin und Lehrerin
     zungen und auch kultureller Barrieren. In der
     Region Bamiyan sind die Jesuiten seit fast 20
     Jahren mit Bildungsangeboten präsent, die        Mit Ihrer Unterstützung aus Deutschland
     aber nicht alle Kinder im Einzugsgebiet errei-   und Österreich haben wir den JRS Afgha-
     chen: Vielen Mädchen wird es nicht erlaubt,      nistan 2020 mit 76.253 Euro unterstützt

28 jesuitenweltweit
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