KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3

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KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
KUNST
MUSEUM
BONN

     Alexej von Jawlensky 1 7
 Frank Bölter 1 9 Susan Philipsz 2 0
 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
         Joseph 1Beuys 2 4
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
„Eine für mich sehr faszinierende Auswahl

M AG A Z I N 2 0 2 1
                          von Positionen und Bildern in der neuen
                                 Sammlungspräsentation.“
                                        A N D R E A , B E SUC H E R I N

                                  „Herzlichen Dank
                         für die großartige Ausstellung der
                          gesammelten Werke von Noël.“
                                         A D R I A N, B E SUC H E R

                             „Abstrakte Kunst. Kunst generell.
                           Macht mich fertig. Ich will rauchen (...).
                            Liebe die Ausstellungen trotzdem.“
                                          S I NA , B E SUC H E R I N

                         „A bored exchange student found
                              some happiness here.“
                                           M A RC , B E SUC H E R

KUN ST MUS E UM B O NN

                                                      3
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Inhalt
                                                       Neu
                                                     im Team
                                                        6

                                                      Essay
                                                  Stephan Berg
                                                        26

                                                      Neue
                                                     Formate
                                                        36

Highlights
  2020                                                                         Gastbeitrag
      08

                                                                                     Till Briegleb
Candice Breitz                                                                                    29
   Labour
      10

                            Preview                Neue
                                                                               FREUNDE                        AU F
 Martin Noël                                                            D E S KUN ST MUS E UM S
                                                                                   40
                                                                                                          WIEDERSEHEN
                                                                                                               44

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      12                      2021                Projekte                KÜNST L E R*NNE N                     DA S
                                  14                                        EDITIONEN                  KUN ST MUS E UM B O NN
                                                                                 42                        S AG T DA N K E

                                                    Volontariat                                                  45

                        Alexej von Jawlensky     in der Forschung                                           IMP R E SSUM
                        Gesicht | Landschaft |          34                                                       46

                              Stillleben
                                  17

                    4                                               5
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Neu im Team          Dagmar Kürschner
                                                                                                                                                                                Registrar
                                                                                                                                                                                                                                          Dr. Stefanie Kreuzer
                                                                                                                                                                                                                                                Kuratorin
                                                                                                                                                                                                                                      Sempre Umberto!                    Questions?
                                                                                                                                                                     Mein Einstieg in die Kunst   durfte. Zurück im Rhein-         „Man stiftet Menschheit,         „Wie sollen wir uns
                                                                                                                                                                     kam ganz klassisch über      land arbeitete ich zuerst        wenn man Gesellschaft              verhalten, wenn
                                                                                                                                                                     das Studium der Kunst-       als Registrar bei der                stiftet; aber man               im Namen von
                                                                                                                                                                     geschichte an der Univer-    Galerie Thomas Zander              stiftet Gesellschaft,        Wirtschaftswachstum
                                                                                                                                                                     sität zu Köln. Während       und dann bei der Galerie           wenn man Zeichen               und Effizienz Dinge,
                                                                                                                                                                     des Studiums beteiligte      Sies + Höke in Düsseldorf,             austauscht.“             die wir für unbezahlbar
                                                                                                                                                                     ich mich u.a. im Kunst-      bevor ich nun wieder                                               halten, einen Preis
                                                                                                                                                                                                                                        UMB E RTO ECO
                                                                                                                                                                     museum Bonn an zwei          ins Kunstmuseum Bonn                                                  bekommen?“
                                                                                                                                                                     Videonalen und war           zurückkehren konnte.
                                                                                                                                                                                                                                                                   M I C H A E L J . SA N D E L
                                                                                                                                                                     beeindruckt, zu erleben,     Hier darf ich mich an der                     Bild
                                                                                                                                                                     wie eine Ausstellung         Entstehung großartiger           „...wir lieben zunächst ein
                                                                                                                                                                     Gestalt annimmt. Nach        Ausstellungen beteiligen,          Bild. Denn an der Liebe
                                                                                                                                                                     dem Magister ging ich        denn als Registrar über-             auf den ersten Blick
                                                                                                                                                                     nach Frankfurt am Main.      nimmt man unter ande-             muß gerade das Zeichen
                                                                                                                                                                     Aus einem zweijährigen       rem Verantwortung für                 ihrer Plötzlichkeit
                                                                                                                                                                     Volontariat wurden fünf      die Koordination von                        haften...“
                                                                                                                                                                     Jahre berufliche Tätigkeit   Transporten, Kurieren,
                                                                                                                                                                                                                                      RO L A N D BA R T H E S
                                                                                                                                                                     für das MMK, in denen ich    Leihverkehr, Versiche-
                                                                                                                                                                     an faszinierenden Aus-       rungs- und Zollformali-
                                                                                                                                                                     stellungen mitarbeiten       täten.
V. L . N. R . : JA N P H I L I P P N ÜH L E N, C H R I ST I NA K A L K A , ST E FA N I E KR E UZ E R , DAG M AR KÜRS C HNE R , F OTO : DAV ID E RT L

                                                                                                                                                                            Jan Philipp Nühlen                                                 Christina Kalka
                                                                                                                                                                                 Volontär                                                        Marketing
                                                                                                                                                                                                                                   Ich bin Christina, Kunst-     Kulturprojekte zur
                                                                                                                                                                     Seit September 2020 darf     einem Schwerpunkt auf            historikerin und seit Mai     EU-Kulturförderung
                                                                                                                                                                     ich als wissenschaftlicher   moderne Kunst. Nach              2020 verantwortlich für       beraten. Nun im institu-
                                                                                                                                                                     Volontär hier am Kunst-      dem Bachelorstudium              das Marketing im Kunst-       tionellen Kunstbetrieb
                                                                                                                                                                     museum Bonn die Foto-        habe ich dann den See­           museum Bonn. Ich habe         einen Blick hinter die
                                                                                                                                                                     grafien der Sammlung         rhein gegen die Themse           bildungspolitische Ver-       Kulissen werfen zu dür-
                                                                                                                                                                     erforschen und doku-         getauscht, um Contem-            anstaltungen durch-           fen, ist nicht nur inhalt-
                                                                                                                                                                     mentieren. Aufgewach-        porary Art Theory am             geführt, archäologisch        lich spannend, sondern
                                                                                                                                                                     sen im nicht ganz so weit    Goldsmiths College in            gegraben und interna-         auch persönlich berei-
                                                                                                                                                                     entfernten Dinslaken         London zu studieren. Nun         tionale                       chernd.
                                                                                                                                                                     hat es mich nach dem         freue ich mich, an den
                                                                                                                                                                     Abitur zunächst rhein-       Rhein und vor allem an
                                                                                                                                                                     aufwärts gezogen, bis        einen der Ursprungsorte
                                                                                                                                                                     nach Konstanz an den         meiner Begeisterung für
                                                                                                                                                                     Bodensee. Dort an der        Kunst zurückzukehren
                                                                                                                                                                     Uni habe ich Literatur-,     und hier in den nächsten
                                                                                                                                                                     Kunst- und Medienwis-        zwei Jahren das Kunst-
                                                                                                                                                                     senschaften studiert mit     museum zu unterstützen.

                                                                                                                                                                                                                               7                                    NEU IM TEAM
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Highlights
  2020
      CA N D I C E B R E I T Z

                                                                       AUSST E L LUNG S E RÖ F F N UNG MA RT I N NO Ë L . PA I N T P R I NT PAINT, 2020, F OTO : DAV ID E RT L
             L A B OU R
   2 0 . F E B – 2 . AUG 2 02 0
                 10

          MARTIN NOË L
      PA I N T P R I N T PA I N T
   1 2 . M Ä R – 1 3 . S E P 2 02 0
                  12

                                      9   H I G H L I G H T S 2 02 0
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
„Seit 25 Jahren
                                                                                                              befasst sich die Südafrikanerin
                                                                                                               mit dem Einfluss von Politik,
                                                                                                            Gesellschaft und Medien auf unsere
AUS ST E L LUNGS E RÖ F F NUNG CAND IC E B R E ITZ: L AB OUR, 2020, F OTO: DAVID E RT L

                                                                                                                    Selbstbestimmung.“
                                                                                                                                        MONOPOL

                                                                                                                 „Candice Breitz’
                                                                                                             Ausstellung war klasse.
                                                                                                                                                     „Die Videos von Candice Breitz
                                                                                                            Vor allem die Aufnahmen                     sind heftig. Weil Menschen
                                                                                                              der Geburten waren                  zur Sprache kommen, die man selten
                                                                                                                 beeindruckend,                           hört. Und weil die Bilder
                                                                                                                                                     der aus Südafrika stammenden
                                                                                                           zum Denken anregend und                      Künstlerin die Kraft haben,
                                                                                                                 augenöffnend.“                      alle Verhältnisse umzudrehen.“

                                                                                                                     H A N NA H ,                         SÜ D D E U T S C H E

                                                                                          Candice Breitz
                                                                                                                   B E SUC H E R I N                         ZE ITUNG

                                                                                          Labour                         „Sexarbeiterinnen in Südafrika,
                                                                                                                  Rassismus weltweit, die Schwere der Geburt:
                                                                                                               Die Themen von Candice Breitz sind feministisch
                                                                                                                  und politisch. In ihrer Retrospektive in Bonn
                                                                                                                ist zu erleben, dass die Künstlerin diese ernsten
                                                                                                                         Sujets leichtfüßig verwirklicht.“
                                                                                                                                       D L F KU LT U R

                                                                                                    10                                      11                       H I G H L I G H T S 2 02 0
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Martin Noël
paintprintpaint
   „Einfach                                  „Eine herausragende Ausstellung
                                                 des Kunstmuseums Bonn

 wunderschön.                                 erinnert an den vor zehn Jahren
                                               verstorbenen Bonner Künstler

   Klasse!“                                             Martin Noël.“

                                                 GE NE RAL-ANZE IGE R
  H E R B E R T, B E SUC H E R                          B ONN

         „In paintprintpaint

                                                                                                   AUSST E L LUNG S E RÖ F F N UNG MA RT I N NO Ë L : PA I N T P R I NT PAINT, 2020, F OTO : DAV ID E RT L
    überwiegen die strengen,
          graphischen, die
      ‚leiseren‘ Werke Noëls.
   In Holz- und Linolschnitten
    in sehr großen Formaten
        setzt er sich mit dem
  Verhältnis zwischen Linie und
        Fläche auseinander.“
             S C H N ÜS S – DA S B O N N E R S TA D T M AGA Z I N

                                    12                                          13   H I G H L I G H T S 2 02 0
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Preview
                      D O RO T H E A                                                                  S OU N D A N D S I L E N C E
            VO N S T E T T E N - KU N S T P R E I S                                                  DE R KLANG DE R STILLE
                    J U N G E KU N S T                                                                  I N D E R KU N S T D E R
                AUS D E R S C H W E I Z                                                                      G E G E N WA R T
                  B I S 2 5 . A P R 2 02 1                                                            2 7 . M A I – 5 . S E P T 2 02 1
                              16                                                                                     21

 2021         A L E X E J VO N JAW L E N S KY
              GESICHT | LANDSCHAFT |
                        STILLLE BE N
                     B I S 1 6 . M A I 2 02 1
                                 17
                                                                                                             WA LT E R SW E N N E N
                                                                                                             DA S P H A N T O M D E R
                                                                                                                     MALEREI
                                                                                                            3 . J U N – 2 9 . AUG 2 02 1
                                                                                                                         22

                      V I D E O NA L E . 1 8                                                       AUS G E Z E I C H N E T # 5
          F LU I D S TAT E S . S O L I D M AT T E R S                                                  S T I P E N D I AT E N
                 4 . M Ä R – 1 8 . A P R 2 02 1                                              D E R S T I F T U N G KU N S T F O N D S :
                               18                                                                          SU N G T I E U
                                                                                                  14 . O K T – 1 2 . D E Z 2 02 1
                                                                                                                  23
                     F R A N K B Ö LT E R
               U LT R A A L L I N C LUS I V E
               1 8 . A P R – 2 9 . AUG 2 02 1                                                           PA S S I E R S C H E I N I N
                              19                                                                            D I E Z U KU N F T.
                                                                                                           J O S E P H B E U YS ,
                                                                                                          K AT I N K A B O C K ,
                     SUSA N P H I L I P SZ                                                          C H R I S T I A N JA N KOWS K I ,
                        T H E CA L L I N G                                                                   JON RAF MAN
            E I N E K L A N G I N S TA L L AT I O N                                                 7 . O K T 2 02 1 – 9 . JA N 2 02 2
                F Ü R DA S V I K T O R I A BA D                                                                      24
                  2 9 . A P R – 4 . J U L 2 02 1
                               20

                                                                     JOS E P H B E U YS
                                                     S C H L I T T E N, 19 69 , HO LZS C H L I T T E N
                                              (G E ST E MP E LT MI T Ö L FA R B E [ B R AUN K R E UZ ] ),
                                                       F I LZ , GURT E , STA B L A MP E , F E T T
                                                         © VG B I L D-KUN ST, B O N N 2 02 1
                                                                F OTO : R E N I H A N S E N

                                                                      15                                                     P R E V I E W 2 02 1
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Dorothea von                                                                                                                                                                                                                                                              Gesicht |

                                                                                                                                                  AL EX E J VO N JAWL E N S KY, DAM E M IT FÄC HE R , 19 09 , Ö L AUF KARTO N, MUS E UM W IE S BAD E N, F OTO: B E R ND F IC KE RT
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Landschaft |
         Stetten-Kunstpreis                                                                                                                                                                                                                                                          Stillleben
                                                                                                                                                                                                                                                                                     B I S 1 6 . M A I 2 02 1

                                              Junge Kunst                                                                                                                                                                                                                            1971 hat das Kunstmuseum

                                            aus der Schweiz
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Bonn das Werk von Alexej
                                                                                                                                                                                                                                                                                     von Jawlensky (1864-1941)
                                                                                                                                                                                                                                                                                     zuletzt in einer Einzelaus-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     stellung gezeigt. 50 Jahre
                                                                                                                                                                                                                                                                                     später widmet sich das
                                                             B I S 2 5 . A P R 2 02 1                                                                                                                                                                                                Kunstmuseum erneut seiner
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Kunst und folgt in einer
                                                                                                                                                                                                                                                                                     exemplarischen Auswahl
                                                                                                                                                                                                                                                                                     von rund 80 Gemälden und
Seit 1984 wird im Kunstmu-              Acht Schweizer Kunstex-                                                                                                                                                                                                                      Zeichnungen der Entwick-
seum Bonn alle zwei Jahre               pert*innen wurden gebe-                                                                                                                                                                                                                      lung der drei großen The-
der mit 10.000 Euro dotierte            ten, jeweils eine/n Künst-                                                                                                                                                                                                                   men Gesicht, Landschaft,
Dorothea von Stetten-                   ler*in für den Wettbewerb                                                                                                                                                                                                                    Stillleben, auf die sich Jaw-
Kunstpreis verliehen. Mit               zu nominieren. Eine Jury                                                                                                                                                                                                                     lensky konzentriert hat. Die
Tschechien nahm der För-                bestimmte aus dieser Aus-                                                                                                                                                                                                                    Ausstellung mit Leihgaben
derpreis 2014 erstmals die              wahl drei Finalist*innen,                                                                                                                                                                                                                    aus dem Museum Wiesba-
junge Kunstszene eines der              die ihre Werke in einer                                                                                                                                                                                                                      den und anderen öffentli-
deutschen Nachbarländer in              Gruppenausstellung im                                                                                                                                                                                                                        chen und privaten Samm-
den Blick. Nach den Nieder-             Kunstmuseum zeigen wer-                                                                                                                                                                                                                      lungen führt von frühen, seit
landen und Dänemark rich-               den. Die Finalist*innen                                                                                                                                                                                                                      1901 entstandenen Porträts
tet sich der Preis 2020 nun             2020 sind Marie Matusz,                                                                                                                                                                                                                      und Stillleben zu intensiv
an Nachwuchskünstler*in-                Jan Vorisek und Hannah                                                                                                                                                                                                                       farbigen Gemälden. 1914

                                                                                        Alexej von
nen aus der Schweiz, die                Weinberger. Auf der Basis                                                                                                                                                                                                                    beginnt Jawlensky mit der
noch am Anfang ihrer Kar-               der vor Ort präsentierten                                                                                                                                                                                                                    Serie der Variationen über
riere stehen und noch keine             Arbeiten legt die Jury die/                                                                                                                                                                                                                  ein landschaftliches Thema,
internationale Anerken-                 den eigentliche/n Preis­                                                                                                                                                                                                                     es folgen ab 1917 die Mysti­
nung erfahren haben.                    träger*in fest.                                                                                                                                                                                                                              schen Köpfe, die Abstrakten

                                                                                        Jawlensky
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Köpfe und die kleinformati-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     gen Meditationen, an denen
                                                                                                                                                                                                                                                                                     der Künstler bis 1937 arbei-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     tet. Trotz der großen Indivi-
                              MAR I E MAT USZ                                                                                                                                                                                                                                        dualität seines Wegs hat
                T H E WO R L D WANTS TO B E D E C E I VE D                                                                                                                                                                                                                           Jawlensky der Malerei bis
                         T HE R E F O R E D E C E I VE I T
                               (D E TAI L ), 2 019
                                                                                                                                                                                                                                                                                     zur Gegenwart im Blick auf
               ALUM INIUM, NE O P R E N, KARTO N, STO F F                                                                                                                                                                                                                            die Bedeutung der Farbe,
                        IN STAL L AT IO N SAN S IC HT                                                                                                                                                                                                                                des Seriellen und Spirituel-
                                NI L ALT MAN,
                                                                                                                                                                                                                                                                                     len wichtige Anregungen
                                  MÜNC HE N
                      C OURT E SY D I E KÜN ST L E R I N                                                                                                                                                                                                                             gegeben.
                            F OTO: D I R K TAC KE

                                                                                                  Die Ausstellung wird realisiert in Kooperation mit dem Museum Wiesbaden, das zeitgleich
                                                                                           ein Konvolut der wichtigsten Werke von August Macke aus der Sammlung des Kunstmuseums Bonn zeigt.
                                                                                                             Die Ausstellung wird unterstützt durch die Hans Fries-Stiftung, Köln.

                                                                      16                                                                17                                                                                                                                                           P R E V I E W 2 02 1
KUNST MUSEUM BONN - Alexej von Jawlensky 17 Frank Bölter 19 Susan Philipsz 2 0 Walter Swennen 2 2 Sung Tieu 2 3
Frank Bölter
                                                                                                                                                                ultra all inclusive
BJØ R N ME L HUS, SUGAR, 2020 © D E R KÜN ST L E R,
VG B IL D-KUN ST, B O NN 2021

                                                                                                                                                                Ausstellung für Kinder
                                                                                                                                                                und Jugendliche
                                                                                                                                                                1 8 . A P R – 2 9 . AUG 2 02 1

                                         Videonale. 18 – Festival für Video                                                                                     Der von Frank Bölter (*1969)
                                                                                                                                                                eingerichtete Ausstellungs-
                                                                                                                                                                                                      Ausgehend von der Falt-
                                                                                                                                                                                                      technik des Origami mit
                                                                                                                                                                                                                                             Eigenbrötlerei zu nur noch
                                                                                                                                                                                                                                             gemeinsam handhabbaren

                                          und zeitbasierte Kunstformen                                                                                          raum ultra all inclusive ist
                                                                                                                                                                gleichzeitig Installation sei-
                                                                                                                                                                ner Werke, Künstleratelier,
                                                                                                                                                                                                      ihrer Charakterisierung als
                                                                                                                                                                                                      Kunsthandwerk oder Hobby
                                                                                                                                                                                                      erhalten die hier entstehen-
                                                                                                                                                                                                                                             Aktionen. Dynamisch kann
                                                                                                                                                                                                                                             sich der harmlose Bastel-
                                                                                                                                                                                                                                             prozess unerwartet verselb-

                                            Fluid States. Solid Matters                                                                                         Labor und Werkstatt für
                                                                                                                                                                die Museumsgäste. Geprägt
                                                                                                                                                                von der jederzeit möglichen
                                                                                                                                                                                                      den und gezeigten Objekte
                                                                                                                                                                                                      aufgrund ihrer Überdimen-
                                                                                                                                                                                                      sionierung eine brisante
                                                                                                                                                                                                                                             ständigen. Irritationen oder
                                                                                                                                                                                                                                             gar Katastrophen sind ein-
                                                                                                                                                                                                                                             geplant. Gleichzeitig nimmt
                                                                                                                                                                gestalterischen Beteiligung           Aufladung. Spielerisch-                Frank Bölter sein Publikum
                                                                                       4 . M Ä R – 1 8 . A P R 2 02 1                                           der Museumsgäste unter-               harmloses Falten wird zu               ernst im Sinne einer Befähi-
                                                                                                                                                                liegt der Raum einer ständi-          wahnwitzigen Herausforde-              gung, eines Gemeinschafts-
                                                                                                                                                                gen Veränderung.                      rungen und Zumutungen,                 erlebens und der Teilhabe an
                                                      Die VIDEONALE.18 –                  Zukunft, wie Migration(en),            merloch, Michelle-Marie                                                                                     künstlerischen Prozessen.
                                                      Festival für Video und zeit­        unseren Umgang mit natür-              Letelier, Dana Levy, Anne                                                                                         Im Laufe der Ausstel-
                                                      basierte Kunstformen präsen-        lichen, tierischen und                 Linke, Lukas Marxt &                                                                                        lung werden vier großfor-
                                                      tiert 31 internationale künst-      menschlichen Ressourcen,               Michael Petri, Bjørn Melhus,                                                                                matige Falt-Arbeiten mit
                                                      lerische Positionen aus             Identitätspolitiken sowie die          Ana María Millán, Michael                                                                                   Frank Bölter entstehen.
                                                      dem Bereich Video und               Frage wie das eine mit dem             Klein & Sasha Pirker,                                                                                       Kinder, Jugendliche und
                                                      Bewegtbild unter dem Titel          anderen zusammenhängt.                 Morgan Quaintance, Úna                                                                                      Erwachsene – egal ob Bast-
                                                      Fluid States. Solid Matter.                                                Quigley, Aykan Safoğlu,                                                                                     ler*innen, Unbedarfte oder
                                                      In der eigens für die Ausstel-            Künstler*innen:                  P. Staff, Rhea Storr, Ingel                                                                                 Origami-Cracks – sind
                                                      lung konzipierten Architek-         Paula Abalos, Tekla Asla-              Vaikla, Ana Vaz, Gernot                                                                                     immer eingebunden. Auf-
                                                      tur (von Ruth Lorenz, maas-         nishvili, Eliane Esther Bots,          Wieland.                                                                                                    bau, Verwandlung, Zerstö-
                                                      kant, Berlin) verdichten sich       Viktor Brim, Adam Castle,                                                                                                                          rung und Verschwinden:
                                                      die Einzelpositionen zu             Eli Cortiñas, Emily Vey                     Die Eröffnungstage                                                                                     all inclusive.
                                                      einer komplexen Erzählung           Duke & Cooper Battersby,               werden begleitet durch
                                                      über den Zustand unserer            Mouaad el Salem, Mahdi                 ein umfangreiches Online-
                                                      Welt. Die Künstler*innen            Fleifel, Ellie Ga, Beatrice            Festivalprogramm (4.3.-                                                                                                F R A N K B Ö LT E R
                                                      reflektieren – oft aus sehr         Gibson, Russel Hlongwane,              6.3.2021) mit Künstler*in-                                                                                            TO T H E WO R L D’ S
                                                                                                                                                                                                                                                  E N D I N H AST I NG S, 2 014 ,
                                                      persönlicher Perspektive –          Heidrun Holzfeind, Che-Yu              nengesprächen, Führungen,
                                                                                                                                                                                                                                                © VG B I L D-KUN ST, B O NN 2 02 1
                                                      die großen Themen der               Hsu, Sohrab Hura, Ida Kam-             Vorträgen und Performances.                                                                                   F OTO : A L E X A N D E R BATT R E L L

                                                                                                                                                                                      Die Ausstellung wird unterstützt durch BTHVN2020 aus Mitteln der
                                                                                   Alle Informationen und Termine finden Sie unter:                                         Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Nordrhein-Westfalen,
                                                                                                 videonalefestival.org                                                                            der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises.

                                                                                                       18                                                                                                          19                                                     P R E V I E W 2 02 1
Susan Philipsz – The Calling
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Die Ausstellung Sound and
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Silence wird anlässlich des
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Jubiläums des 250. Geburts-

                       Eine Klanginstallation                                                                                                                                                                                                                                           tags von Ludwig van Beetho-
                                                                                                                                                                                                                                                                                        ven realisiert und damit mit
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Blick auf eine Biografie, in die

                         für das Viktoriabad                                                                                                                                                                                                                                            sich die Wege vom Klang zur
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Stille und zurück, der Wider-
                                                                                                                                                                                                                                                                                        stand gegen das Verstummen
                                                                                                                                                                                                                                                                                        der Welt exemplarisch ein-
                                                   2 9 . A P R – 4 . J U L 2 02 1                                                                                                                                                                                                       geschrieben haben. Die Aus-
                                                                                                                                                                                                                                                                                        stellung widmet sich davon
                                                                                                                                                                                                                                                                                        ausgehend der Frage, wie die
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Kunst der Gegenwart Stille

                                                                                                                                                                                                  TAT IANA B L AS S, HAL F O F T HE S P E E C H O N T HE G ROUND – D EAF P IANO, 2010
                                                                                                                                                                                                                                                                                        sichtbar und hörbar macht.
Die schottische Künstlerin, Tur-                                                                                                                                                                                                                                                        Dabei berücksichtigt sie in
ner-Prize-Trägerin und Teil-                                                                                                                                                                                                                                                            besonderer Weise, dass Stille
nehmerin an der documenta 13                                                                                                                                                                                                                                                            und Schweigen selbst immer
(2012) hat eigens für das Vikto-                                                                                                                                                                                                                                                        nur in Beziehung zum Klang
riabad, einem zentralen Bon-                                                                                                                                                                                                                                                            fassbar sind. In einem breiten
ner Ort voller Erinnerungen,                                                                                                                                                                                                                                                            Panorama, das Installationen,
eine neue Klanginstallation                                                                                                                                                                                                                                                             Performances, Videos, Filme,
entwickelt. Dabei begegnet                                                                                                                                                                                                                                                              Fotos, Zeichnungen umfasst,

                                                                                                                                                                                                  © TAT IANA B L AS S, F OTO : EV E RTO N BAL L AR D IN
sie der Stille des Viktoriaba-                                                                                                                                                                                                                                                          wird so der Klang der Stille in
des mit dem Klang ihrer eige-                                                                                                                                                                                                                                                           ganz unterschiedlicher Weise
nen Stimme, die immer wie-                                                                                                                                                                                                                                                              begreifbar als ambivalenter
der Raum für schweigende                                                                                                                                                                                                                                                                Ausdruck von Leere und
Zwischenräume lässt. Inspi-                                                                                                                                                                                                                                                             Fülle, Sehnsucht und Bedro-
riert wurde sie dabei durch die                                                                                                                                                                                                                                                         hung, Schönheit und Schei-
These des italienischen Radio-                                                                                                                                                                                                                                                          tern. Die Ausstellung umfasst
pioniers Guglielmo Marconi,                                                                                                                                                                                                                                                             Werke von 55 internationalen
dass jeder Klang, der einmal                                                                                                                                                                                                                                                            Künstler*innen, u.a. Marina
erzeugt wurde, niemals zu rei-                                                                                                                                                                                                                                                          Abramović, Laurie Anderson,
ner Stille verebbt, sondern viel-                                                                                                                                                                                                                                                       John Baldessari, Tatiana Blass,
mehr als leise Spur unser Uni-                                                                                                                                                                                                                                                          Christoph Büchel, John Cage,
versum durchzieht. Wie Echos                                                                                                                                                                                                                                                            Hanne Darboven, Annika
der Vergangenheit beschwört                                                                                                                                                                                                                                                             Kahrs, Teresa Margolles, Yoko
die Künstlerin Spuren der eins-                                                                                                                                                                                                                                                         Ono, Susan Philipsz, Anri
tigen Lebendigkeit und Vitali-                                                                                                                                                                                                                                                          Sala, Jorinde Voigt, Gillian

                                                                                                                                     Sound and Silence
                                                              V I K TO R I A BA D, B O N N 2 02 0 , F OTO : S O NJA WE R NE R

tät dieses Ortes herauf. Klang-                                                                                                                                                                                                                                                         Wearing, Samson Young.
lich eröffnet sie dabei ein breites                                                                                                                                                                                                                                                          Die Ausstellungsarchi-
Spektrum von Variationen und                                                                                                                                                                                                                                                            tektur wurde von der Berli-
spiegelt damit die ganze Band-
breite menschlicher Natur.
     The Calling versteht sich
                                                                                                                                       Der Klang der                                                                                                                                    ner Architektin Ruth Lorenz
                                                                                                                                                                                                                                                                                        entworfen. Ein umfassen-
                                                                                                                                                                                                                                                                                        der Katalog mit Essays zum
als Teil der Ausstellung Sound
and Silence, in der das Kunstmu-                                                                                                     Stille in der Kunst                                                                                                                                Thema der Ausstellung und
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Texten zu den Künstler*innen

                                                                                                                                      der Gegenwart
seum Bonn das Thema der Stille                                                                                                                                                                                                                                                          begleitet die Ausstellung.
in seiner ganzen Breite zwi-
schen erfülltem Schweigen und
erzwungenem Verstummen,
zwischen scheinbarer Lautlo-
sigkeit und hörbaren überstei-                                                                                                           2 7 . M A I – 5 . S E P 2 02 1
genden Soundclustern auslotet.

                                                                                                                                                           Die Ausstellung wird gefördert durch BTHVN2020, aus Mitteln der
                               Die Ausstellung wird unterstützt durch BTHVN2020 aus Mitteln der Beauftragten                                   Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Nordrhein-Westfalen,
             der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises.               der Stadt Bonn, des Rhein-Sieg-Kreises und der Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung.

                                                                                                                                20                                                     21                                                                                                                P R E V I E W 2 02 1
AUSGEZEICHNET #5
Das Werk des 1946 in Brüs-
sel geborenen Malers Walter

                                      WALT E R SWE NNE N, O HNE T IT E L (T Ê T E D E MO RT, E NTO NNO IR), 1987, Ö L AUF L E INWAND
Swennen ist bislang vor

                                                                                                                                                                                        Stipendiaten der Stiftung
allem in Belgien gewürdigt
worden. Die gemeinsam
vom Kunstmuseum Bonn,
dem Kunstmuseum Den
Haag und dem Kunst
Museum Winterthur ent­
                                                                                                                                                                                        Kunstfonds: Sung Tieu
wickelte Ausstellung weitet
diesen Blick ins Internatio-                                                                                                                                                            14 . O K T – 1 2 . D E Z 2 02 1
nale und ermöglicht mit
rund 65 Arbeiten von den
frühen 1980er Jahren bis zur

                                      © VG B IL D -KUN ST, B O NN 2021, F OTO: HV-ST UD IO
Gegenwart den deutsch-                                                                                                                                                                                                                                                               onskunst dokumentierten.
landweit ersten musealen                                                                                                                                                                                                                                                             2017 reflektierte die Foto-
Überblick auf das mehr als                                                                                                                                                                                                                                                           grafin Viktoria Binsch-
vier Jahrzehnte umfassende                                                                                                                                                                                                                                                           tok das Medium Fotografie
Gesamtwerk.                                                                                                                                                                                                                                                                          vor dem Hintergrund des
      Von Beginn an bilden                                                                                                                                                                                                                                                           unendlichen Stroms digita-
Malerei und Text im Werk                                                                                                                                                                                                                                                             ler Bilder und stellte grund-
dieses Künstlers, der in den                                                                                                                                                                                                                                                         sätzliche Fragen nach unse-
1960er Jahren zunächst                                                                                                                                                                                                                                                               rem Umgang mit Bildern
als Dichter der Beatnik-                                                                                                                                                                                                                                                             und ihren gesellschaftli-
Generation im Kreis der                                                                                                                                                                                                                                                              chen und politischen Funk-
Brüsseler Bohème um                                                                                                                                                                                                                                                                  tionen. 2018 schuf die Bild-
Marcel Broodthaers bekannt                                                                                                                                                                                                                                                           hauerin Frauke Dannert
wurde, eine untrennbare,                                                                                                                                                                                                                                                             eine eindrucksvolle Wand-
immer aber paradoxe Ein-                                                                                                                                                                                                                                                             arbeit, die den „White Cube“
heit. Dabei geht es Swennen                                                                                                                                                                                                                                                          grundlegend veränderte.
nie um die Versprachli-              Mit seiner Haltung, die                                                                                zeitig als der experimen­                                                                                                                2019 verwandelte Agnes
chung des Bildes, sondern            konzeptuell die Möglichkei-                                                                            tierfreudigste. In seiner be-                                                                                                            Meyer-Brandis den Ausstel-
vielmehr um die Grenzen              ten, Probleme und Grenzen                                                                              wussten Suche nach größt-                                                                                                                lungsraum in ein Labor an
der Sprache, jenseits                des Mediums austestet,                                                                                 möglicher Heterogenität                                                                                                                  der Schnittstelle zwischen
derer sich die Malerei als           gehört er in eine Linie mit                                                                            bleibt er dabei immer sei-                                                                                                               Kunst und Wissenschaft.
eine Praxis bewegt, die              dem belgischen Maler Raoul                                                                             nem grundlegenden Ziel                                                                          AUSGEZEICHNET ist ein
einer eigenen, per se                De Keyser und dem Nieder-                                                                              verpflichtet, Bilder zu er-                                                                     gemeinsam mit der Stif-                        In diesem Jahr hat sich
widersprüchlichen Logik              länder René Daniëls. Unter                                                                             zeugen, die sich selbst als                                                                     tung Kunstfonds konzi-                   die Jury für die Künstlerin
folgt.                               diesen erscheint er gleich-                                                                            Stolperfalle be­g reifen.                                                                       piertes Ausstellungsfor-                 Sung Tieu (*1987 in Vietnam,
                                                                                                                                                                                                                                            mat. Jeweils im Herbst                   lebt und arbeitet in Berlin)
                                                                                                                                                                                           SUNG T I E U                                     bespielen ehemalige Sti-                 entschieden, deren medial
                                                                                                                                                                            R E CYC L I NG – A R MY ST YL E , 2 02 0
                                                                                                                                                                                  V I D E O DAT E I MI T LO O P
                                                                                                                                                                                                                                            pendiat*innen des Kunst-                 breit gefächertes Werk poli-
                                                                                                                                                                                     AUS V I E R B I L D E R N,                             fonds für sechs Wochen                   tische und gesellschaftliche

 Walter Swennen
                                                                                                                                                                              Z W E I F E R N S E H B I L DS C H I R ME                     einen Raum in der Samm-                  Machtverhältnisse reflek-
                                                                                                                                                                                          © SUNG T I E U                                    lung des Kunstmuseums                    tiert und ihre historischen
                                                                                                                                                                               C OURT E SY D I E KÜN ST L E R I N
                                                                                                                                                                                  UN D E MA L I N, LO N D O N
                                                                                                                                                                                                                                            Bonn. Die Ausstellungsreihe              Voraussetzungen unter-
                                                                                                                                                                                     F OTO : P L AST IQUE S                                 wirft einen musealen Blick               sucht. Für ihre eigens für das
                                                                                                                                                                                                                                            auf vom Kunstfonds geför-                Kunstmuseum entwickelte
                                                                                                                                                                                                                                            derte künstlerische Positio-             Rauminstallation setzt Sung
                                                                                                                                                                                                                                            nen. Den Auftakt bildeten                Tieu sich intensiv mit der

        Das Phantom der Malerei                                                                                                                                                                                                             2016 Mischa Leinkauf und
                                                                                                                                                                                                                                            Matthias Wermke, die per
                                                                                                                                                                                                                                            Foto und Video ihre Akti-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Sammlung des Museums
                                                                                                                                                                                                                                                                                     und ihrer Geschichte ausei-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     nander.

                                 3 . J U N – 2 9 . AUG 2 02 1

              Die Ausstellung wird unterstützt durch die Stiftung Kunst der Sparkasse in Bonn.                                                                                                                            Die Ausstellungsreihe ist eine Kooperation mit der Stiftung Kunstfonds.

                                                                                                                                       22                                                                                                                23                                              P R E V I E W 2 02 1
Passierschein in
                                                                                                                                           das Land Nordrhein-West­
                                                                                                                                           falen das Projekt beuys2021
                                                                                                                                           initiiert, das landesweit in
                                                                                                                                           Zusammenarbeit mit zahl­

    die Zukunft
                                                                                                                                           reichen Institutionen den
                                                                                                                                           Künstler, sein Leben sowie
                                                                                                                                           sein Werk mit unterschied­
                                                                                                                                           lichen Themensetzungen
                                                                                                                                           und -bezügen vorstellt.
                                                                                                                                                 Ausgehend von seinen
                                                                                                                                           Multiples, von denen
                                                                                                                                           das Kunstmuseum Bonn eine
                                                                                                                                           fast vollständige Sammlung
                                                                                                                                           besitzt, zeigt die Ausstellung
                                                                                                                                           drei wesentliche Themenbe-
                                                                                                                                           reiche des Künstlers: Beuys
                                                                                                                                           als Zeichner, Natur als Meta-
                                                                                                                                           pher für gesellschaftliche
                                                                                                                                           Prozesse sowie die theore-
                                                                                                                                           tischen Überlegungen und
                                                                                                                                           Aktionen von Beuys. Die
                                                                                                                                           dort verhandelten Ideen
                                                                                                                                           bilden den Ausgangspunkt
                                                                                                                                           für die Interaktion mit drei
                                                                                                                                           zeitgenössischen künstleri-
                                                                                                                                           schen Positionen: Katinka
                                                                                                                                           Bock, Christian Jankowski
                                                                                                                                           und Jon Rafman.
                                                                                                                                                 Wobei das Aufeinander-
                                                                                                                                           treffen der aktuellen künstle-
                                                                                                                                           rischen Werke mit jenen
                                                                                                                                           von Beuys nicht als eine Fort-
                                                                                                                                           schreibung zu verstehen ist,
                                                                                                                                           sondern die kritische Betrach-
                                                                                                                                           tung, die Weiterführung oder
                                                                                                                                           die Umkehrung, die Reibung
                                                                                                                                           oder gar der Bruch mit dem
                                                                                                                                           Beuys’schen Denken wer-
                                                                L I N KS
                                                                                                                                           den bewusst herausgefordert.
                                                          K AT I N K A B O C K                       Bereits der Titel der Aus­            Gerade hierin liegt auch die
                                                          F E R MATA , 2 02 0                        stellung Passierschein in             Relevanz und Aktualität der
                                                C OURT E SY D I E KÜN ST L E R I N UN D
                                                                                                     die Zukunft. Joseph Beuys,            von Beuys ab den 1960er Jah-
                                                    GA L E R I E G R E TA ME E RT,
                                                © H UGA R D & VA NOV E RS C H E L D E
                                                                                                     Katinka Bock, Christian               ren provozierten neuen Blick-
                                                                                                     Jankowski, Jon Rafman, die            und Lebensperspektiven,
                                                                  OBEN                               ab Oktober 2021 im Kunst-             wobei der titelgebende „Pas-
                                                           JOS E P H B E U YS
                                                       CA P R I -BAT T E R I E , 19 85
                                                                                                     museum Bonn zu sehen sein             sierschein in die Zukunft“,
                                               G LÜH L A MP E MI T ST E C K E R FASSUNG              wird, verweist auf die visio-         gemäß dem viral in die

          Joseph Beuys,                              I N HO LZ K I ST E , Z I T RO N E ,
                                                     K A RT E I M O F F S E T D RUC K
                                                       KUN ST MUS E UM B O N N
                                                                                                     näre Kraft von Kunst und
                                                                                                     ihrer gesellschaftlichen Funk-
                                                                                                     tion. Im Jahr des 100. Geburts-
                                                                                                                                           Gesellschaft vordringenden
                                                                                                                                           Multiple-Gedanken für
                                                                                                                                           uns neue intellektuelle Nah-

Katinka Bock, Christian Jankowski,
                                                   © VG B I L D-KUN ST, B O N N 2 02 1
                                                        F OTO : R E N I H A N S E N                  tages von Joseph Beuys hat            rung bereithält.

           Jon Rafman                                                      Die durch die Ausstellung verursachten CO2-Emissionen werden mit Unterstützung
                                                                 der Freunde des Kunstmuseums Bonn e.V. in Zusammenarbeit mit der Initiative Art to Acres ausgeglichen.

                                                                               Mit freundlicher Unterstützung durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft
          7 . O K T 2 02 1 – 9 . JA N 2 02 2                                      des Landes Nordrhein-Westfalen und durch beuys 2021. 100 jahre joseph beuys.

                       24                                                                                         25                                              P R E V I E W 2 02 1
Das Museum
in Zeiten
                                                       Geben wir es ruhig zu: Der Kunstbetrieb, als       traum war, wurde durch Corona auf eine
                                                       dessen tätigen und damit mitverantwortlichen       ganz andere Weise Wirklichkeit als gedacht.
                                                       Teil ich mich jederzeit sehe, hat uns in den             Auch wenn wir uns noch mitten in der
                                                       letzten Jahren nicht nur Spaß gemacht. Die         Pandemie befinden, ist aber immerhin doch
                                                       Geschwindigkeit, mit der vermeintliche neue        jetzt schon klar, dass Corona uns (die Museen)
                                                       Mega-Trends erst hochgejubelt und in der           gezwungen hat, das eigene Tun noch einmal
                                                       nächsten Minute schon wieder vergessen             anders zu hinterfragen, als wir das in den

von Corona
                                                       waren, irritiert ebenso sehr wie die die totale    letzten Jahrzehnten getan haben. Und ganz
                                                       Fixierung auf ökonomische Bewertungen und          sicher kann man davon ausgehen, dass diese
                                                       die inflationäre und scheinbar nicht aufzuhal-     Krise die Pragmatik der Museen im Umgang
                                                       tende Zunahme von Kunstmessen und Kunst-           mit Blockbustern, glamourösen internationa-
                                                       Biennalen, bei denen sich bisweilen zudem die      len Leihgaben und immer gigantischeren
                                                       Frage stellt, ob die Biennalen nicht eigentlich    Projekten deutlich beeinflussen wird. Man
                                                       als die effizienteren Kunstmessen funktionie-      muss ja nicht gleich das Zeitalter einer neuen
                                                       ren. Zunehmend erscheint es schwieriger,           Bescheidenheit ausrufen, aber etwas mehr
                                                       Inhalte oder Fragen künstlerischer Qualität        Konzentration auf die eigenen Bestände und
                                                       überhaupt noch ernsthaft zu diskutieren. Der       die Bereitschaft zu mehr kollegialer, hori-
                                                       symbolische Mehrwert, der seit jeher die Kunst     zontaler Kooperation tun vermutlich
                    von                                adelt, wird, so scheint es, heute vor allem als    uns allen gut.
                                                       Marketinginstrument eingesetzt, mit dessen               Nach dem ersten Shutdown waren wir
                    Stephan Berg                       Hilfe man die teilweise irrwitzigen Wertsteige-    dann von Mitte Mai bis Ende Oktober wieder
                                                       rungen und Auktionsrekorde, die vor allem          geöffnet und erlebten wiederum eine ganz
                                                       im Feld der Gegenwartskunst erzielt werden,        andere Wirklichkeit. Nach der ersten Eupho-
                                                       rechtfertigt. Der Kunstbetrieb, noch in den        rie, schnell ein funktionierendes Alternativ-
                                                       1960er Jahren ein relativ überschaubares           programm entwickelt zu haben, herrschte
                                                       Refugium für Connaisseure und Eingeweihte,         nun die Corona-Normalität, und die war und
Nach einem knappen Jahr, in dem wir mit und unter      hat sich zu einem globalen Kunst-Zirkus ent-       ist nicht nur anstrengend, sondern auch un­b -
                                                       wickelt, der sich weitgehend den Maximen           efriedigend. Ganz wesentlich liegt das natür-
den Folgen von Corona leben, hat sich die Welt in      turbokapitalistischer Effizienz und steter         lich daran, dass ein noch weitgehend verun­
                                                       Beschleunigung gebeugt hat. Wir – und damit        sichertes Publikum nur sehr zögerlich den
vielen Bereichen grundlegend verändert hat. Mit        meine ich den Markt der Galerien und Messen        Weg zurück in das Museum und zu seinen
                                                       ebenso wie den institutionellen Betrieb der       „Live“-Angeboten gefunden hat. Ein Stück
Blick auf die aktuellen Zahlen scheint es zudem sehr   Museen, Kunsthallen und Kunstvereine –             weit mag dafür auch das Sicherheitskonzept
                                                       sind alle mehr oder weniger zu atemlosen           der diversen Krisenstäbe verantwortlich
realistisch, davon auszugehen, dass dieses Virus       Verkäufer*innen von Themen und künstleri-          sein, die ausgerechnet uns als Häuser mit
                                                       schen Positionen geworden, die kaum, dass          einem ohnehin hohen Sicherheitsstandard
uns auch mittelfristig weiter beschäftigen wird und    wir sie platziert haben, schon wieder durch        hohe Auflagen machen. Aber wesentlicher
                                                       den nächsten „Hype“ ersetzt werden müssen.         ist etwas Anderes: Unter den Einwirkungen
uns dabei ganz massivgerade in einem Bereich                 So gesehen ist der Wunsch nach Inne­         von Corona ist das Museum als sozialer Ort
                                                       halten, nach Verlangsamung, nach einem             des Diskurses und der Begegnung zumindest
einschränkt, der für uns unverzichtbar erscheint:      zumindest temporären Ausstieg aus diesem           temporär zum Erliegen gekommen. Allein
                                                       Hochgeschwindigkeitskarussell von Bling-           im Kunstmuseum Bonn finden normaler­-
das soziale und kommunikative Miteinander der          Bling-Eitelkeiten mit extrem begrenzter Halt-      weise Monat für Monat zwischen 150-200
                                                       barkeitsdauer zumindest bei mir erheblich          Veran­staltungen, Führungen, Workshops,
Menschen. Was sich dadurch für die Kultur, die         gewachsen. Bisweilen hatte ich mir sogar vor-      Künstler*innengespräche statt, von den
                                                       gestellt, der gesamte Betrieb müsste einfach       Eröffnungen und den Previews ganz zu
Kunst und die Museen ändert, worin die Heraus­         mal für ein Jahr ausgesetzt werden, erstens,       schweigen. Dieses ganze fundamental wich-
                                                       um wieder zur inneren Besinnung zu kom-            tige Grundrauschen des Museumsbetriebs
forderungen, aber auch die Chancen dieser Krise        men, und zweitens, um festzustellen, ob und        ist aktuell weggebrochen. Dieses momentane
                                                       was der Öffentlichkeit fehlt, wenn die (Gegen-     Defizit zeigt aber andererseits auch ganz
liegen, versucht dieser persönliche Erfahrungs­-       warts-)Kunst plötzlich Pause macht. Wie            deutlich, was das Museum heute und auch
                                                       wir wissen, kam es anders und mein Traum,          in der Zukunft als Basis dringender denn je
bericht schlaglichtartig zu beleuchten.                der natürlich ein Stück weit auch ein Alp-         braucht: Den lebendigen, engagierten und

                            26                                                                      27                                                     E S SAY
Die Reifen der
                                                                                                                                           Ökonomie –
bitte auch kontroversen direkten Austausch
mit der Kunst. Über die Zukunft des Museums
wird seit Jahrzehnten diskutiert, stets unter
der Signatur, es müsse sich fundamental

                                                                                                                                         platzen oder platt
ändern, wenn es zukünftig noch eine Chance
haben wollte. Dabei wird gerne übersehen,
dass sich wenige kulturelle Institutionen in
den letzten vierzig Jahren so radikal transfor-
miert haben wie gerade die (Kunst-)Museen.

                                                                                                                                              gehen?
Von Orten stiller Andacht und rein introver-
tierter Forschung sind sie heute weitgehend
zu hocheffizienten Eventmaschinen mutiert,
die sich nolens volens als Teil der Tourismus-
industrie begreifen (müssen).
      Die momentane Corona-Situation könnte
uns möglicherweise zeigen, dass das Ziel der
Museen nicht unbedingt sein muss, ihre Identi-
tät permanent neu zu erfinden, sondern ihre
jeweilige Identität besser zu kommunizieren                                                                                                                     von
und transparenter zu diskutieren. Zu der
Wahrheit des Kunstmuseums Bonn beispiels-                                                                                                                  Till Briegleb

                                                                                                            F OTO: DAV ID E RT L
weise gehört es, dass die Institution aufgrund
ihrer klaren Ausrichtung auf Gegenwarts-
kunst und trotz der Einbettung in die Bonner
Museumsmeile nicht in größerem Umfang
an den Besucher*innenströmen beispielsweise
der Bundeskunsthalle oder des Hauses der
Geschichte partizipiert. Ebenfalls wichtig:
Als Haus mit einer standortbedingt größten-                                                                                        Unser jährlicher Gastbeitrag beschäftigt sich mit
teils auf Kunst aus Deutschland nach 1945 aus-
gerichteten Sammlung können wir auch zu der             wort gibt es darauf noch nicht, schlicht, weil                             aktuellen musealen oder gesellschaftlichen Fragestel-
Debatte zu den Folgen der Globalisierung für            dazu noch keine verlässlichen Zahlen vorlie-
die Kunst nicht wirklich Substanzielles bei-            gen. Zu mutmaßen, dass die nächsten Jahre                                  lungen. Für den diesjährigen Essay haben wir den
steuern. Wir stellen aber auch andererseits fest,       vor allem für den freien aber auch für den insti-
dass unser vorwiegend regionales Publikum               tutionellen Kulturbetrieb hart werden dürften,                             freien Journalisten Till Briegleb eingeladen, sich mit
bei uns etwas Anderes sucht: nämlich die spe-           fällt aber nicht schwer. Immerhin hat der Rat
zifische Identität eines Hauses, dessen Samm-           der Stadt Bonn noch deutlich vor Corona eine                               den Themen Klima und Nachhaltigkeit auseinander-
lung und deren damit verknüpften Wechsel-               siebzigprozentige Erhöhung unseres Ankaufs-
ausstellungen neben gesellschaftlichen und              etats beschlossen. Mit den 250.000 Euro, über                              zusetzen. Themen, die uns alle etwas angehen und die
allgemeinen Themen pointiert die Frage ver-             die wir dann ab 2021 verfügen, können wir
handeln, welchen Herausforderungen sich                 immer noch keine großen Sprünge machen.                                    auch für Museen eine hohe Priorität haben müssen.
das Medium der Malerei heute zu stellen hat.            Aber der Schritt weist in die richtige Richtung,
      Bleibt zum Schluss die Frage, ob die              weil er das Museum in seinem Identitätskern –                              Mit Unterstützung der Freunde des Kunstmuseums
Kultur, die Kunst, die Museen die wirtschaft­           seinen sammlungsbezogenen Inhalten – stärkt
lichen Folgen der Pandemie überstehen                   und eben nicht dort, wo man sich schnelle                                  Bonn e.V. werden wir in diesem Jahr mit der Initia-
werden. Eine einigermaßen belastbare Ant-               Effekte verspricht.
                                                                                                                                   tive Art for Acres kooperieren, um die durch unsere
                                              STE PHAN B E RG
                                                                                                                                   Hauptausstellungen 2021 verursachten CO2-Emissio-
                              ist seit 2008 Intendant des Kunstmuseums Bonn.
                                                                                                                                   nen zu kompensieren und für den Schutz der Regen-
                  Dieser Text ist ursprünglich erschienen in der W E LT vom 11. August 2020
                                      Überarbeitete und gekürzte Fassung.                                                          wälder einzusetzen.

                                                  28                                                                                                           29                    GA S T B E I T R AG
„I can’t breathe“ ist das Menetekel zur Zeit. Es                                                                                                                        morgen ist ungefähr so verantwortungsvoll          und den 21,7 Grad Rekordtemperatur am Polar-
 beschreibt nicht nur eine rassistische Struk-                                                                                                                          wie Rauchen in der Schwangerschaft.                kreis, den brennenden Wäldern bei Herrn Bol-
 tur in der US-amerikanischen Gesellschaft, die                                                                                                                              Es ist schade, dass man das inzwischen        sonaro und für Xi Jinpings Betonoffensive in
 mit staatlicher Gewalt schwarzen Menschen                                                                                                                              so klar sagen muss. Aber es sind nicht ein-        China, für die er in den letzten vier Jahren so
 den Atem abdrückt. Auch die außer Kontrolle                                                                                                                            fach irgendwelche bösen Mächte, die pro Jahr       viel Zement verbraucht hat wie die USA in den
 geratenen Waldbrände in Kalifornien (und                                                                                                                               37 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in den gas-       letzten 100. Böse Mächte? Oder vielleicht doch
 anderswo) rauben den Menschen die Luft. In                                                                                                                             förmigen Abfalleimer werfen, aus dem wir           unsere Ess- und Konsumgewohnheiten, von
 den Intensivstationen und Krankenbetten der                                                                                                                            unsere Lungen füllen. Es ist eine Idee, der mehr   höchster Stelle legitimiert mit dem Glauben
 Covid-Welt sorgt ein mikroskopischer Virus,                                                                                                                            oder weniger alle anhängen, die seit dem letz-     an ewiges Wirtschaftswachstum?
 dessen gesamte Population weniger als ein                                                                                                                              ten Weltkrieg von wachsendem Wohlstand                  Versorgt Bolsonaro seine rücksichtslo-
 Gramm wiegt, für den gleichen verzweifelten                                                                                                                            profitiert haben. Es ist die Idee des Wachs-       sen Freunde in der Agrarindustrie nicht viel-

                                                                                                      © VG B IL D -KUN ST B O NN, 2021 , F OTO: T IL L B R IE G L E B
 Ausruf des Erstickens. Und wenn man von der                                                                                                                            tums, speziell des exponentiellen Wachstums,       leicht deswegen mit den Resultaten eines

                                                                                                      KO NR AD KL AP HE C K, D E R L AUF D E R WE LT, 19 6 8
 Straße in Minneapolis, wo Derek Chauvin den                                                                                                                            also des Anstiegs der Wirtschaftsleistung um       Urwaldinfernos, damit sie auf gigantischen
 wehrlosen George Floyd mit dem Knie erwürgt                                                                                                                            einen bestimmen Prozentsatz jedes Jahr, die        neuen Flächen immer mehr Futtermittel für
 hat, über die brennende Ostküste der USA                                                                                                                               uns in den Untergang führt. Der Lungenvirus        Tönnies Schlachthöfe anbauen können? Pla-
 weiter aufzoomt, die Oberfläche des Planeten                                                                                                                           und seine Vermehrung könnten uns lehren,           niert Xi Jinping nicht vielleicht deswegen sein
 mit den Millionen Lungenkranken hinter                                                                                                                                 warum man solchen Potenzierungen Einhalt           halbes Land zu mit einem Baustoff, der pro
 sich lässt, dann gelangt man in die Atmo-                                                                                                                              gebieten muss.                                     Tonne bei der Herstellung eine Tonne CO2 frei-
 sphäre, wo gerade entschieden wird, ob in 50                                                                                                                                Für alle, die lieber nochmal im Compu-        setzt, damit wir ständig neue Sneakers, Smart-
 Jahren überhaupt noch Leben auf der Erde                                                                                                                               ter nachschlagen, was exponentielles Wachs-        phones und Spielzeuge aus China zu unschlag-
 atmet. „Atemlos durch die Nacht“, das wird                                                                                                                             tum genau heißt, weil sie in der Schule Mathe      baren Preisen kaufen können? Und warum
 2070 vermutlich kein fröhlicher Anlass für                                                                                                                             gehasst haben, erklären das Internetpädago-        schmelzen nochmal die Polkappen? Doch
 Schlager mehr sein.                                                                                                                                                    ginnen und -pädagogen gerne mit der Zom-           nicht etwa, weil bis zum Covid-Ausbruch auf
       Denn „Ich kann nicht mehr atmen“ ist die                                                                                                                         bie-Apokalypse. Wenn ein Zombie pro Stunde         deutschen Flughäfen 248 Millionen Passagiere
 Ankündigung des Todes, des baldigen Todes.                                                                                                                             zwei Menschen zombifiziert, dann dauert            jährlich gezählt wurden, weil hier 66 Millio-
 Wir können drei Wochen ohne Essen überle-                                                                                                                              es wie lange, bis ganz Europa aus Zombies          nen Fahrzeuge zugelassen sind und unsere
 ben, drei Tage ohne Trinken, aber kaum                                                                                                                                 besteht? 18,59 Stunden, Reisezeit mal nicht ein-   Autoindustrie ihre EU-Umweltrichtlinien
 3 Minuten ohne Luft. Und deswegen ist es ein                                                                                                                           gerechnet. Und wenn der Glaube, dass noch          tatsächlich unter Aussparung der SUV-Sparte
 bisschen schwer zu verstehen, warum die                                                                                                                                immer Luft nach oben ist, sich als Wirtschafts-    erfüllen darf?
 Menschheit seit einigen Jahrzehnten alles                                                                                                                              weisheit exponentiell verbreitet, dann wird             Da hilft kein Husten, Röcheln und
 tut, um den einzigen Stoff, der alle Lebewesen      Milliarden Tiere, die wir jährlich aufessen,                                                                       die Luft in einer Welt der beschränkten Res-       Schluchzen. Alle Probleme, die wir gerade
 auf dem Erdapfel verbindet und am Leben             und das wahnsinnig viele Futter, das sie                                                                           sourcen irgendwann sehr dünn. Der Wirt-            auf der Welt haben, sind Teilprobleme die-
 erhält, so hemmungslos zu vergiften, dass           brauchen und für das 80 Prozent der Welt­                                                                          schaftstheoretiker Kenneth Boulding hat das        ser Idee vom ewigen Wachstum, beziehungs-
 irgendwann nicht mal mehr Luftanhalten              agrarfläche verbraucht wird.                                                                                       schon vor Jahrzehnten auf die treffende For-       weise des bösen Erwachens, wenn festgestellt
 hilft. Und was noch viel schwerer zu verstehen           Auch alle Jugendlichen mit vollen Körben                                                                      mel gebracht: „Jeder, der glaubt, exponentiel-     wird, dass das ewige Füllhorn der Werbe-
 ist: Warum tun wir das, obwohl wir seit min-        in der Drogerie können sich mit wenigen Klicks                                                                     les Wachstum kann andauernd weitergehen            versprechen seine Wohltaten doch nicht für
 destens 50 Jahren, seit der Veröffentlichung        in ihrem geliebten Internet darüber infor-                                                                         in einer endlichen Welt, ist entweder ein Ver-     jeden ganz ausschüttet. Weiße Polizisten drü-
 der Studie Die Grenzen des Wachstums                mieren, wie ihr hemmungsloser Konsum von                                                                           rückter oder ein Ökonom.“                          cken schwarzen Menschen ja nicht wegen
 des Club of Rome, ständig die untrüglichen          Palmölprodukten den Menschen in Indonesien                                                                              Tatsächlich ist die Welt gar nicht zu klein   ihrer Pigmente die Kehle zu, sondern weil die
 Informationen darüber vermehren, wer                durch ständig brennende Urwälder die Tränen                                                                        für die Menschheit, sie ist zu klein für ihre      Angst vor Statusverlust in einer konkurriere-
 schuld daran ist?                                   in die Lungen treibt, die Orang-Utan-Popu-                                                                         Gewohnheiten. Mit den Agrarflächen, die frei       nen Gesellschaft alte Ideen von Stämmen und
       Niemand, der in der Kantine, beim Döner-      lation und auch viele andere Tierarten dra-                                                                        würden, wenn wir keine methanrülpsenden            Klans wiederbelebt: reich gegen arm, weiß
 laden oder beim Pizzabelag Fleisch bestellt,        matisch dezimiert, und nach dem Verbrauch                                                                          Paarhufer mehr essen würden, ließen sich drei      gegen schwarz, rechts gegen links. Das Wohl-
 kann heute mehr behaupten er wisse nicht,           beiträgt zum Plastikstrudel im Pazifik, der                                                                        weitere Planeten ernähren. Aber der Glaube,        standsversprechen der Wachstums-Idee, die
 dass er mit dem Verzehr erhitzter toter Tier­-      inzwischen zehnmal so groß ist wie das Land,                                                                       dass Waren keine Vorgeschichte haben, wird         sich ständig damit bewirbt, dass es allen besser
 muskeln am Regenwald zündelt, Seuchen               in dem sie einkaufen gehen. Und wer durch das                                                                      ja auch von jeder und jedem hyperventiliert,       geht, solange die Reichen immer reicher wer-
 befördert, Meere und Grundwasser ver-               Plastik- und Quallenmeer auch noch mit dem                                                                         die/der uns was verkaufen möchte. Und              den, gerät halt immer mehr in Kollision mit
 seucht, die Artenvielfalt zerstört, Antibiotika     Kreuzfahrtschiff fährt, ein Häuschen im Speck-                                                                     deswegen verhalten wir Wachstumsgläubigen          persönlichen Lebenserfahrungen beim Penny-
 unschädlich macht und Methan wie Lachgas            gürtel der Städte baut oder keine Flugscham                                                                        uns eben kollektiv wie Verrückte und lassen        markt, mit Mindestlöhnen und Staffelmieten,
 in die Luft freilässt, Gase die um ein vielfaches   kennt, sollte sich wenigstens verbieten, Sorge                                                                     immer schneller die Luft raus aus dem Gum-         oder unter dem Beatmungsgerät.
 klimaschädlicher sind als CO2, Lachgas 310          für das Klima und die Artenvielfalt zu äußern.                                                                     miboot, auf dem wir durchs Weltall schippern.           Und haben Sie persönlich schon mal
 mal schädlicher. Ja Pardon, dafür ist nicht         Denn schlechtes Gewissen heilt keine Wunden.                                                                            Also halten wir einmal kurz den Atem an       das Mikroplastik in ihrem Körper gemessen,
 das Fleisch verantwortlich, sondern die 100         Und Ignoranz gegenüber den Schäden von                                                                             und besinnen uns, wer schuld ist am Ozonloch       beim Tierarzt von Parasiten im Bauch ihres

                               Till Briegleb                                                                                                                                                                           31                                        GA S T B E I T R AG
Kuscheltiers gehört, die vor fünf Jahren noch            tum bedeutet, aber deswegen leider überhaupt
                                                                                                                                               Lieblingswerk
                         keinen deutschen Winter überlebt hätten,                 kein Gehör finden bei Entscheidern mit Mathe-
                         oder sich im Urlaub gefragt, warum das ganze
                         Meer nur noch voll Quallen ist? Richtig, wenn
                                                                                  Sechs, die mehr auf den Wachstumsglauben
                                                                                  vereidigt sind als aufs Grundgesetz.
                                                                                                                                        „Polkes Werk ist für mich zu einer Konstante geworden,
                         man so immer weiter fragt, bekommt man
                         Schnappatmung oder fängt wieder an, Nikotin
                                                                                        In dem steht nämlich: „Eigentum verpflich-
                                                                                  tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
                                                                                                                                                  auf die ich mich verlassen kann.“
                         und Kondensat in die Lunge zu saugen. Aber               Allgemeinheit dienen.“ Und was gibt es mehr an
                         genau deswegen hört David Attenborough in                Allgemeinheit als die Luft, die uns alle verbindet,
                         der Mitte seiner konkreten Apokalypsen bei               erhält und schützt, und die wir gerade behan-
                         Netflix immer mit den schlechten Nachrich-               deln, als sei die Atmosphäre eine Sitzheizung
                         ten auf, holt einmal tief Luft, um dann zu sagen,        im nagelneuen SUV, mit dem wir auf immer                                                                Ausgerechnet dieses Werk             und Mücken im Licht der
                         dass sich Ökosysteme schnell regenerieren                neuen Autobahnen mit einem Verbrauch von                                                                des vor zehn Jahren ver-             Straßen­laternen verirren.
                         können, wenn man die Ursachen ihrer Zer-                 17 Litern dahindüsen, als gäbe es kein Morgen,                                                          storbenen Polkes, einem              Schnell entpuppt es sich
                         störung abstellt. Doch dafür, und das sagt der           und uns von Starkwetterphänomenen, Bienen-                                                              Künstler, der Zeit seines            jedoch als ein für Polke
                         rührendste Held der Weltrettung nicht dazu,              sterben und Schelfeis-Tsunamis im Autoradio                                                             Lebens für Überraschun-              so übliches Spiel mit Gegen-
                         braucht es eine neue Idee. Eine neue Idee des            bei der Pause doch nicht die schöne Currywurst                                                          gen sorgte, den Kunstbe-             sätzen: Zahlreiche Schmet-
                         Wirtschaftens.                                           unterm Heizpilz vergällen lassen.                                                                       trieb regelrecht verhöhnte           terlinge, Sinnbilder der
                              Bruchstücke dieser Idee liegen überall                    Seien wir doch mal echt verrückt und                                                              und dem man nie so recht             Unsterblichkeit, sowie
                         in den Buchhandlungen herum und müss-                    tun das Vernünftige: Weniger! Weniger prot-                                                             trauen konnte – einem                die lebendige Farbgebung
                         ten nur einmal zusammengeführt und in die                zen und blenden, weniger glauben, was Men-                                                              Kunstkritiker, der für ein           stehen den unter Arkaden
                         Praxis umgesetzt werden. „Wohlstand ohne                 schen sagen, die ihre Interessen verschleiern,                                                          Interview aus Großbritan-            gedrängten Ensor-ähnli-
                         Wachstum“ heißt es bei dem Wirtschafts-                  weniger Kaufanreizen folgen, weniger Fleisch                                                            nien nach Köln reiste, gab           chen Skeletten gegenüber.
                         wissenschaftler Tim Jackson, „auskömm-                   essen, weniger bauen und wegwerfen, weni-                                                               er etwa wissentlich die              Hat man die Totenköpfe
                         liches Wirtschaften“ in dem Vorschlag der                ger fliegen, bis es klimaneutrale Antriebe gibt,                                                        falsche Adresse und blieb            einmal bemerkt, wer-
                        „Gemeinwohl-Ökonomie“ von Christian Felber,               und weniger „Scheiß drauf!“ denken, weil doch                                                           unauffindbar – ist für               den auch die Fliegen in
                        „Doughnut Economics“ bei Kate Raworth oder                eh alles schon zu spät ist. Das macht garan-                                                            mich zu einer Konstante              ein gänzlich anderes Licht
                        „Gaia“ in der Künstlerwelt und Philosophie,               tiert Platz für mehr. Auch Platz für mehr sau-                                                          geworden, auf die ich                gerückt und statt mit
                         wo es die uralte und fast vergessene Weisheit            bere Luft, mehr nachwachsenden Wald und                                                                 mich verlassen kann:                 Urlaubsnächten eher mit
                         meint, dass Kooperation eine bessere Welt                mehr Vogelgezwitscher. Und weil wir dabei                                                               Selten im Depot, hängt das           dem Teufel, Tod und Verder-
                         schafft als Konkurrenz. Allgemein aber wird              als Menschheit auch noch den blöden Kon-                                                                Werk nahezu immer in                 ben assoziiert. Gerade die-
                         diese Idee „Nachhaltiges Wirtschaften“ oder              kurrenz- und Machtzwang verlieren, bleiben                                                              den Ausstellungsräumen               ses Zusammenbringen
                        „Postwachstumsökonomie“ genannt bei den                   durch weniger Hass auch mehr Menschen                                                                   zur Sammlung, sodass                 von scheinbar Unverein­
                         vielen holistisch denkenden Autoren, die zwar            am Leben. Endlich wieder frei atmen für alle.                                                           ich ihm schon seit Jahren            barem führt dazu, dass
                         rechnen können, was exponentielles Wachs-                Das wäre es doch.                                                                                       auf meinem Gang durchs               sich Polkes Arbeiten zwar
                                                                                                                                                                                          Museum begegne. Auf                  stets einer unmittelbaren
                                                                                                                                                                                          den ersten Blick lässt es            Erschließbarkeit entzie-
                                                                                                                                                                                          mich stets an laue Spät-             hen, man gerade deshalb
                                                                                                                                                                                          sommerabende im Süden                jedoch nicht müde wird sie
                                                                                                                                                                                          denken, an dunkle Stun-              bei jedem Museumsbesuch
                                                                                                                                                                                          den, in denen sich Fliegen           erneut aufzusuchen.

                                                                                                                                                                                 L I SA KU N D E
                                                                                                                                                                            Studentin, Universität Bonn

                                                                                                                                                         SIGMAR POLKE, OHNE TITEL (AUF MAX ERNST BEZOGEN), 1981
                                                                         TILL BRIEGLEB                                                                   ACRYL, LACK UND GRAFIT AUF NESSEL, KUNSTMUSEUM BONN
F OTO : B JÖ R N LU X

                                       ist Autor bei der Süddeutschen Zeitung und dem Kunstmagazin art. Neben den Themen                                     © VG BILD-KUNST, B ONN 2021, FOTO: RENI HANSEN
                                Kunst, Architektur und Theater hat er sich in den letzten Jahren verstärkt mit dem Zusammenhang
                                          von Kultur, Umwelt und Wachstum beschäftigt. Für die Septemberausgabe von art
                                entwickelte er einen Schwerpunkt mit großer Umfrage zum Thema „Wie grün ist der Kunstbetrieb?“.
                                Er ist Autor diverser Bücher über Kunst und Architektur sowie des Essaybandes Die diskrete Scham,                                   Sie möchten uns Ihr Lieblingswerk vorstellen?
                                                 außerdem arbeitet er als freier Operndramaturg. Er lebt in Hamburg.                             Dann senden Sie uns Ihren Text per E-Mail an kunstmuseum@bonn.de. Wir freuen uns!

                                                                            32                                                                                                       33                                         L I E B L I N G SW E R K
Neue Projekte:                                                                                                                                                                                                                                                                    sichtbarer zu machen und
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ihre Erforschung zu stärken.

                                                                                                                                                                                                                               RUD O L F B O NV IE, 14 P E RS O NE N - 25 NAR Z I S S E N, 19 76. S E R IE VO N 14 S C HWARZ -W E I SS-F OTO G RAF IE N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Ein wissenschaftliches

                                                                        Volontariat                                                                                                                                                                                                                                                                       Begleitprogramm ermög-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          licht den Volontär*innen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          dabei den Austausch unter-

                                                                        in der Forschung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          einander sowie die aktive
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Teilnahme an aktuellen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Museums- und Forschungs-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          diskursen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Hier am Kunstmuseum
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bonn beschäftigt sich

                                                                                                                                                                                                                               KUN ST M US E UM B O NN, © VG B IL D -KUN ST, B O NN 202 1
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Jan Philipp Nühlen seit
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          September 2020 mit den
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Fotografien der Sammlung.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Ziel seines zweijährigen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Forschungsvolontariats
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ist es, die fotografische
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Sammlung zu dokumentie-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ren und somit zugänglich
A N D R EAS GURS KY, B IB L IOT HE K, 19 9 9 , C -P R INT / D IAS E C

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          für Forschung und Wissen-
KUN ST MUS E UM B O NN, © VG B IL D -KUN ST, B O NN 2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          schaft zu machen. Nach
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          zwei Jahren Forschung ist
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          eine Ausstellung der Werke
                                                                                                                                                                         Zu den zentralen Aufgaben     Kultur und Wissenschaft                                                                                                                            im Museum geplant. Eine
                                                                                                                                                                         eines Museums zählt neben     des Landes Nordrhein-                                                                                                                              Online-Veröffentlichung
                                                                                                                                                                         dem Sammeln, Ausstellen       Westfalen ins Leben ge-                                                                                                                            und ein Sammlungskatalog
                                                                                                                                                                         und Vermitteln auch das       rufenen Förderprogramm                                                                                                                             sollen ebenfalls entstehen.
                                                                                                                                                                         wissenschaftliche Arbeiten.   „Forschungsvolontariat                                                                                                                             Damit ergänzt das For-
                                                                                                                                                                         Gemeinsam mit 24 anderen      Kunstmuseum NRW“ un-                                                                                                                               schungsvolontariat das
                                                                                                                                                                         Kunstmuseen in NRW            terstützt die Kunstmuseen                                                                                                                          bereits etablierte Volonta-
                                                                                                                                                                         bietet das Kunstmuseum        des Landes in ihren samm-                                                                                                                          riat am Kunstmuseum
                                                                                                                  ÜBER DIE
                                                                                                    F O T O G R A F I S C H E S A M M LU N G
                                                                                                                                                                         Bonn nun erstmals seit        lungsbezogenen Aufgaben                                                                                                                            Bonn um ein forschungs-
                                                                                                                                                                         September 2020 ein Aus-       und fördert dabei die Aus-                                                                                                                         bezogenes Profil und die
                                                                        Mit über 400 Werken und einer Sammlungsge-       1970er Jahre wie Katharina Sieverding, Jürgen   bildungsprogramm an,          bildung junger Nachwuchs-                                                                                                                          gezielte Vernetzung mit
                                                                        schichte seit den 1970er Jahren bietet die       Klauke, Anna & Bernhard Johannes Blume, Imi
                                                                        fotografische Sammlung des Kunstmuseums          Knoebel, Monika Baumgartl und Rudolf Bonvie.    das der Erschließung und      wissenschaftler*innen. Ziel                                                                                                                        der dichten Museums­
                                                                        einen einzigartigen Einblick besonders in die
                                                                        deutsche Kunstfotografie von den 1960er
                                                                                                                         Aber auch Werke von Bernd und Hilla Becher
                                                                                                                         und ihren Schüler*innen aus der sogenannten     Erforschung der eigenen       ist es, eine Möglichkeit zu                                                                                                                        landschaft in Nordrhein-
                                                                        Jahren bis heute. Zu den knapp 100 Künst-
                                                                        ler*innen der Sammlung zählen Schlüsselfigu-
                                                                                                                         Düsseldorfer Fotoschule sind in der Sammlung
                                                                                                                         vertreten. Zu ihnen zählen beispielsweise
                                                                                                                                                                         Sammlungen gewidmet ist.      schaffen, die verschiedenen                                                                                                                        West­f alen. Eine tolle
                                                                        ren der rheinischen Kunstszene der 1960er und    Candida Höfer, Andreas Gursky und Jörg Sasse.   Das vom Ministerium für       Kunstsammlungen in NRW                                                                                                                             Bereicherung!

                                                                                                                                               34                                                                 35                                                                                                                                               N E U E P ROJ E K T E
Wenn schon,                                                                                                                               denn schon.
          Sie sehen hier im Museum eine besondere Sammlung:                                                                             gespräche am Sonntag) und      Museumsbesuch bereichern        lungsbegleitende Flyer,
                                                                                                                                        Experimentierfreudige (Offe-   oder eben auch für manche       Wandbeschriftungen und
             Es sind Kunstwerke, die in den Jahren nach 1945                                                                            nes Atelier am Sonntag) ent-   Museumsgäste erst ermögli-      eben auch Saalzettel sowie
                bis heute in Deutschland entstanden sind.                                                                               stammen diesem Selbst-         chen. Das sind im Kunstmu-      der Audioguide.
                                                                                                                                        verständnis nach möglichst     seum Bonn die Publikationen          Das Kunstmuseum
                         Dazu gehört die Malerei.                                                                                       zielgruppen- und bedürfnis-    auf den Bänken, die guck-mal-   Bonn ist als öffentliche
                                                                                                                                        orientierten und damit auch    Karte für Kinder mit ihren      Einrichtung, als Ort der
                                                                                                                                        inklusiven Angeboten.          Eltern, das sind der Museums-   Erbau-ung und der Bildung,
          Sie war für die Sammlung unseres Museums lange Zeit                                                                                Neben den personellen     koffer, die Wunder-Kunst-       als Sozialraum und Spiel-
           besonders wichtig. Deshalb können Sie verschiedene                                                                           Vermittlungsformen spielen     Tüte, die KUNST-STATIONEN       stätte für die Begegnung
                                                                                                                                        im Museum auch Materialien     zu den Themen „Sehen“ und       mit Kunst der Umsetzung
               Arten von Malerei der letzten 70 Jahre in der                                                                            und Angebote eine wichtige     „Farbe“ (in Zeiten von Corona   der UN-Behindertenrechts-
                            Ausstellung sehen.                                                                                          Rolle, die den selbständigen   leider weggeräumt), ausstel-    konvention verpflich­tet.

      Die Kunstwerke einiger Künstlerinnen und Künstler werden
      als Werkgruppen in eigenen Räumen gezeigt. Werkgruppen
                sind Kunstwerke, die zusammengehören,
       weil sie zum Beispiel in der gleichen Zeit entstanden sind.
                     Oder das gleiche Thema haben.

      So können Sie den Stil und die Entwicklung einer Künstlerin
                 oder eines Künstlers gut erkennen.

Mit diesen Worten leitet          verwendet. Gleichzeitig kann    nen zu initiieren, entsprechen
die Audioführung der Muse-        sie hilfreich sein für Men-     nicht nur den Aufgaben von
ums-App des Kunstmuse-            schen mit geringen Schreib-     Bildungsarbeit, sondern all-
ums Bonn den Bereich „Kunst       und Wortschatzkenntnissen       gemein dem Anspruch, Kunst
nach 1945“ in Leichter Sprache    oder mit krankheitsbeding-      im Museum zu zeigen und zu
ein. Auch die Saalzettel der      ter Konzentrations- und Auf-    vermitteln. Unsere breit gefä-
Sammlungspräsentation Nur         nahmeschwäche. Sie dient        cherten Angebote zum Bei-
nichts anbrennen lassen enthal-   somit der Teilhabe von lern-    spiel für Ein- und Zweijährige
ten Informationen in Leichte      oder bildungsschwachen, von     (Mal-Atelier), für Drei- und
Sprache übersetzt. Manche         erkrankten oder die deutsche    Vierjährige in Kitas (Kunst
entdecken dies mit Freude,        Sprache erst erlernenden Per-   und Spiele), für psychisch
                                                                                                   F OTO : B R I T T S C H I L L I NG

andere mit Irritationen. Was      sonen. Teilhabe zu ermög-       erkrankte Menschen (Kunst-
ist eigentlich Leichte Sprache?   lichen ist fester Bestand-      SpurenSuche) oder für Men-
      Leichte Sprache wird als    teil des Selbstverständnisses   schen mit Demenz (Farben
geschriebene und gespro-          eines Museums. Menschen         im Kopf), aber ebenso für Stu-
chene Sprache von und mit         mit Kunst in Kontakt zu brin-   dierende (Art Abend), für
Menschen mit Lernschwäche         gen, Gespräche und Reflexio-    Sonntagsausflügler (Kunst-

                                             36                                                                                                                                   37                                    N E U E F O R M AT E
Die Vereinten Nationen haben die Vereinbarung
                                                         über Rechte von Menschen mit Behinderung geschrieben.

                                                                   In schwerer Sprache heißt die Vereinbarung:
                                                                         Behinderten-Rechts-Konvention.

                                                         Die Vereinbarung schützt die Rechte von allen Menschen
                                                           mit Behinderungen. Die Länder müssen dafür sorgen,
                                                      dass die Menschen mit Behinderungen ihre Rechte bekommen.

                                                     Viele Länder haben versprochen, sich an diese Regeln zu halten.
                                                       Auch Deutschland muss sich seit 2009 an die Regeln halten.

                                                               Deshalb hat die Bundes-Regierung den Nationalen
                                                                             Aktions-Plan erstellt.

                                                                                      AU S : L E I C H T E S P R AC H E .
                                                                            Hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
F OTO : B R ITT S C HIL L ING

                                                                                                  Berlin 2014

                                Leichte Sprache
                                                  Leichte Sprache unter­-            guides sowie der aktuellen                   Von der Fachsprache
                                                  liegt definierten Regeln.          Saalzettel.                            im Kunstkontext unterschei-
                                                  Im Unterschied zu ein-                  „Die Kernfunktion der             det sich Leichte Sprache
                                                  facher Sprache gehen die           Leichten Sprache ist es, ge-           ebenso wie von Formulie-
                                                  Kriterien für Leichte Spra-        schriebene Information so              rungen in einem Arbeitsbo-

                                im Kunstmuseum
                                                  che über solche wie kurze          aufzubereiten, dass sie auch           gen für eine Schulklasse.
                                                  Sätze und Vermeidung von           von Leser*innen mit gerin-             Wir sind es gewohnt, Men-
                                                  Fremdwörtern weit hinaus.          ger Leseerfahrung und/oder             schen unterschiedlich anzu-
                                                  Die Regeln betreffen Typo-         Beeinträchtigungen, die das            sprechen, beziehungsweise
                                                  grafie, Wortbildung, Satz-         Lesen erschweren, selbstän-            sie zu Wort kommen zu las-
                                                  gefüge sowie die Semantik.         dig rezipiert werden kann.             sen. Die Vielfalt spiegelt sich
                                                  Daher werden Texte nicht           Konstitutiv für Texte in               bei den ausstellenden Künst-
                                                  in Leichte Sprache abge-           Leichter Sprache sind des-             ler*innen, im Team der Kunst-
                                                  wandelt, sondern übersetzt         halb die Verständlichkeit              vermittlung (wir arbeiten
                                                  und anschließend von               und die Perzipierbarkeit,              auch „IM TANDEM“), vor
                                                  einer Prüfgruppe, die der          wobei letztere die Vorausset-          allem aber im Publikum
                                                  Zielgruppe entspricht, auf         zung für erstere ist. Alle             wider. Diese Vielfalt schät-
                                                  Verständlichkeit kontrol-          anderen Sprach- und Text-              zen wir. Leichte Sprache ist
                                                  liert. Das war auch das Vor-       parameter treten hinter                eines von zahlreichen Mög-
                                                  gehen der professionellen          diese beiden Funktionen                lichkeiten, das Kunstmu-
                                                  Übersetzer*innen bei der           zurück.“ (Leichte Sprache.             seum attraktiver und
                                                  Herstellung des Audio-             Dudenverlag. Berlin, 2016)             zugänglicher zu machen.

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Wir für unser
                                                              Museum!
  KUNST
                                                In enger Abstimmung mit dem Intendanten des Museums kaufen wir
                                            zeitgenössische Kunstwerke sowie Werke des Rheinischen Expressionismus,
                                           um die großartige Sammlung des Museums sinnvoll zu erweitern. Ein weiterer
                                         Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Unterstützung der Museumspädagogik mit dem

FREUND*IN
                                            Ziel, auch schon die ganz jungen Menschen für unser Museum zu begeistern.
                                         Als Freund*innen des Kunstmuseums Bonn erhalten Sie die Moglichkeit, hinter die
                                                               Kulissen des Kunstbetriebes zu blicken.

  BONN
                                                                   Kunstfreund*in werden lohnt sich!
                                                     ArtCard: (u.a.) freier Eintritt ins Kunstmuseum Bonn und die Kunst-
                                                          und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

                                                          Einladung zu exklusiven Festakten und Ausstellungspreviews
                                                                in Anwesenheit der ausstellenden Künstler*innen

                                                                       Teilnahme am KUNST!SONNTAG:
                                                            Besuch von Künstler*innen, Sammler*innen, Galerist*innen

                                                               Vorkaufsrecht auf ausgewählte Künstler*inneneditionen

  www.freunde-kunstmuseum-bonn.de                         Teilnahme an Kunstreisen und Exkursionen unter der Leitung
                                                                   des Intendanten des Kunstmuseums Bonn

                                                                                     Spendenbescheinigung

                                                                      Fragen, Wünsche, Anregungen?
                                                                           Sprechen Sie uns an!
                                    VORSTAND DES VEREINS:
                                    CAROLIN SCHARPFF-STRIEBICH (VORSITZENDE)      T +49 (0) 228 36 76 11 78          KAROLINE SCHEIDEMANN M.A.
                                    PROF. DR. STEPHAN BERG,DR. HEDIE VON ESSEN,   F +49 (0) 228 77 62 20             HELMUT-KOHL-ALLEE 2
                                    DR. ALEXANDER LAUTZ, WOLFGANG MIESSEN,        WWW.FREUNDE-KUNSTMUSEUM-BONN.DE    53113 BONN
                                    CHRISTOPH SCHEUR                              INFO@FREUNDE-KUNSTMUSEUM-BONN.DE   DEUTSCHLAND
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