Rundbrief der WASG Berlin
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Rundbrief der WASG Berlin 29. März 2007 Liebe Mitglieder, liebe Interessierte, Termine aufgrund der Fortsetzung des Sozialabbaus durch den rot-roten Senat hat sich der Landesparteitag der WASG am 10. Februar 14. April 07: Stadtweite 07 zur Ablehnung der Fusion und zur Gründung einer neuen Diskussionsveranstaltung zu Pro- Organisation in Berlin entschlossen. gramm und Satzung der zukünf- Mittlerweile hat ein Bundesparteitag die Fusion zwischen WASG tigen Regionalorganisation, 13 bis und Linkspartei.PDS auf Bundesebene beschlossen. Es ist da- 18 Uhr, im Haus der Demokratie, her nötig, jetzt mit dem Aufbau der neuen Organisation zu be- Greifswalder Str. 4 ginnen. Der Landesvorstand lädt deshalb alle Mitglieder der WASG und 28. April 07: Auftakt des Volks- Interessierte, die sich an der Gründung der neuen Organisation begehrens gegen die Privatsierung beteiligen möchten, zur Diskussion und Meinungsfindung über der Sparkasse die Entwürfe von Programm und Satzung ein. 29. April 07: Gründungsver- Stadtweite Diskussionsveranstaltung zu Programm und Satzung sammlung der neuen Organisation, 10 bis 18 Uhr im Bürgersaal des Samstag, 14. April 07, 13 bis 18 Uhr, im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Seniorenzentrums in der Stall- Straße 4, Tramlinie M4 oder mit den Buslinien 200 und 240 bis schreiberstraße 12 „Am Friedrichshain“ Bei diesem Treffen soll möglichst eine Klärung über die strittigen Fragen herbei geführt werden. Inhalt Gründungsversammlung der neuen Organisation Programmentwurf A: Seite 2 Sonntag, 29. April 07, 10 bis 18 Uhr im Bürgersaal des Senioren- zentrums in der Stallschreiberstraße 12, U-Bhf Moritzplatz Programmentwurf B: Seite 10 Hier wird die neue Organisation gegründet inklusive Diskussion Entwurf Satzung: Seite 14 und Beschlussfassung zu Programm und Struktur Entwurf Finanzordnung und Zu den Entwürfen: Ihr findet auf den nächsten Seiten die Beitragstabelle: Seite 18 Entwürfe zu Programm und Satzung. Die Strukturkommission hat einen Entwurf für eine Satzung der neuen Organisation erarbeitet. An manchen Stellen sind dabei unterschiedliche Positionen (Mehrheits- und Minderheitsvoten) formuliert. Die Programmkommission hat zwei Programmentwürfe veröffent- licht. Hier wird unter anderem zu klären sein, welcher der beiden Entwürfe die Grundlage der weiteren Beratung werden soll. Wir freuen uns auf Eure Teilnahme! Mit besten Grüßen, Lucy Redler für den Landesvorstand
Zur Arbeit der Programmkommission Mit den hier vorliegenden Entwürfen A und B der Pro- der von Landesvorstand einberufenen Versammlung am grammkommission wollen wir die Debatte auf Bezirks- 14. April zu klären, was der Gründungsversammlung am und Landesebene zum Gründungsmanifest der Regio- 29. April zur Grundlage der Diskussion empfohlen wird. nalorganisation beginnen, wie es der vergangene Selbstverständlich entscheidet die Gründungsversamm- Landesparteitag der WASG Berlin beschlossen hat. lung der neuen Regionalorganisation abschließend und Der Programmkommission ist es nicht gelungen, sich souverän auf der Grundlage der Diskussionen über alle auf einen Vorschlag zu einigen. Wir schlagen vor, auf Fragen. Programmentwurf A: Gründungsmanifest der Berliner Alternative für Arbeit, Solidarität und Gegenwehr BASG Der Entwurf A wird unterstützt von Sebastian Gerhard, Stephan Kimmerle, Michael Schilwa, Barbara Suhr-Bartsch Einleitung: Berlin braucht soziale Opposition! „Im Lauf der Zeit treffen die Menschen nur das, wonach sie zielen. Darum täten sie, wenn sie auch jetzt fehlschießen sollten, doch besser daran, nach etwas Hohem zu zielen.“ (Henry David Thoreau, ‘Walden’) Die im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien Dieser Wahlantritt führte auch dazu, dass das Thema sind sich einig: Sozialabbau, Privatisierungen und der Regierungsbeteiligung einer Partei mit linkem An- Lohnsenkungen sollen fortgesetzt werden. Ihr Streit spruch in den Mittelpunkt der Debatten um die Fusion geht nur noch darum, wie stark und wie schnell gestri- zwischen WASG und Linkspartei.PDS gerückt wurde. chen, gekürzt und verkauft werden soll. Ein Durchre- Alles Reden vom Widerstand gegen Sozial- und gieren dieses Programms ohne organisierte politisch- Stellenabbau wurde dem Berliner Realitätstest unterzo- soziale Opposition hat unsere Stadt einfach nicht gen. verdient. Die zahme und halbherzige Ablehnung von Regierungs- Wenn wir heute damit beginnen, die BASG aufzubauen, beteiligungen à la L.PDS Berlin durch WASG-Bundes- dann wird nicht nur am Namen deutlich, dass wir in der parteitage, die Weigerung zum Beispiel wenigstens den Tradition der Berliner WASG stehen. Und es gibt Nicht-Verkauf der Berliner Sparkasse zum tatsächlichen Gründe, Stolz auf diese Tradition zu sein. Widerstand Knackpunkt der Fusionsverhandlungen zu machen, gegen Privatisierungen von Wohnungen, Unterstützung zeigt die Schwächen und Defizite des Projekts WASG für kämpfende Belegschaften bei Orenstein & Koppel und der folgenden Parteineubildung zur „Linken“. (CNH), Bosch-Siemens-Hausgeräte und der Charité, Eine programmatische Grundhaltung, die sich auf eine unser Einsatz gegen Hartz IV – mit all diesen An- defensive Verteidigung sozialer Errungeschaften strengungen haben wir unseren Anspruch untermauert, beschränkte, eine zu starke Fokussierung allein auf soziale Opposition in dieser Stadt zu sein. Wahlbeteiligungen, vor allem aber gravierende Defizite Unser hartnäckiger Kampf um den eigenständigen An- an innerparteilicher Demokratie haben den Niedergang tritt zu den Abgeordnetenhaus-Wahlen am 17. Septem- der WASG beschleunigt. Deshalb kann und wird die ber 06 war richtig und notwendig. Ein äußerst be- BASG keine bloße Verlängerung der Berliner WASG scheidener Wahlkampfetat wurde kompensiert durch sein. einen engagierten, ja leidenschaftlichen Straßenwahl- Am 16. Juni hört die Bundes- (und damit auch die Berliner) kampf. 2,9 Prozent, 40.000 Zweit-, 50.000 Erststimmen WASG auf zu existieren. Es beginnt nun ein neuer Ab- und 14 Bezirksverordnete sind ein achtbares Ergebnis, schnitt im Kampf gegen Sozialabbau, Privatisierung und auch wenn das Wahlziel, der Einzug in das Abgeordne- Tarifflucht. Die Fortsetzung unserer sozialen Opposition in tenhaus, klar verfehlt wurde. Berlin bedeutet: Wir sind offen für Neues und Neue! 2 | Rundbrief 29. März 07
Keine Fusion in Berlin einer Regionalorganisation sehr bewusst. Weil wir nicht als folkloristischer „Berlin-Verein“ enden wollen, streben Die Berliner WASG hat immer und immer wieder erklärt, wir eine bundesweite Vernetzung mit allen an, die dem dass sie den Kampf um den Alleinantritt und ihren Wahl- „real existierenden Kapitalismus“ tatsächlich etwas ent- kampf als Bestandteil des Parteineubildungsprozesses gegensetzen wollen. betrachtet, als Versuch, die Koordinaten der neuen Dabei kann es angesichts der komplizierten Situation in Linkspartei wenigstens etwas nach links zu ver- der die deutsche Linke sich befindet keine einfachen schieben. Dieser Versuch ist gescheitert: Von Antworten geben: Wir streben eine bundesweite Ver- „Verschmelzung“ oder „Zusammenschluss auf Augenhö- netzung an sowohl mit den Aktivisten, die aufgrund der he“ kann keine Rede sein, beliebig interpretierbare pro- sich abzeichnenden Rechtsentwicklung nicht der neuen grammatische ‚Eckpunkte’, der Verzicht auf jegliche Partei angehören werden, als auch mit denjenigen, die Form von „roten Linien“ in der Frage der Regierungsbe- in entschiedener und klar erkennbarer Opposition auch teiligung – all dies kommt einer Kapitulation vor Wolf, innerhalb der neuen Partei wirken. In der Berliner Regio- Lederer & Co gleich. nalorganisation werden die Frage der weiteren bundes- Während die neue Linkspartei in Ostdeutschland und weiten Vernetzung und des Verhältnisses zu den be- Berlin nicht mehr als „PDS plus“ sein wird (und auch so stehenden bundesweiten Vernetzungsansätzen ein wahrgenommen wird), setzen in Westdeutschland viele zentraler Diskussionspunkt sein. enttäuschte Sozialdemokraten und kritische Gewerk- Die WASG war und die BASG wird eine Sammlungsbe- schafter ihre Hoffnungen darauf, dass mit der fu- wegung von unterschiedlichen Menschen, die sich aus sionierten Partei nach Jahrzehnten endlich eine gesamt- unterschiedlichen Motiven gegen die neoliberale Of- deutsche, ernsthafte politische Kraft links von Sozi- fensive zur Wehr setzen wollen. aldemokratie und Stalinismus entsteht. Wir verstehen uns als linke Opposition gegen alle In Berlin ist eine Fusion schlicht unmöglich. Die etablierten neoliberalen Parteien. Wir erklären offen, „Kunden“ der Jobcenter (vor denen wir als einzige Partei zu ergreifen, und zwar für die, die im Berliner Partei Wahlkampf gemacht haben) würden uns zu Recht Abgeordnetenhaus über keine Stimme verfügen: verprügeln, wenn wir nach einer Fusion mit dieser Ber- abhängig Beschäftigte, Prekarisierte und Erwerbslose. liner Linkspartei den zweifelhaften Mut hätten, dort noch einmal aufzukreuzen. Wir können uns nicht auf die Seite Eine Mitverwaltung der kapitalistischen Misere lehnen der Beschäftigten zum Beispiel der Berliner Charité wir ab. Zur Verantwortung linker Politik gehört, nicht Lö- stellen und gleichzeitig mit denen, die sie drangsalieren, sungskompetenz vorzugaukeln, wo Machtverhältnisse eine Partei bilden. eine Lösung im Interesse der Masse der Bevölkerung verhindern. Dann ist Widerstand angesagt. Wer wie die Berliner L.PDS in der Frage der Ladenöff- nungszeiten (ohne jeden Sachzwang zur Haushaltskon- Eine Regierungsbeteiligung kann es nur geben, wenn solidierung) frontal gegen Beschäftigte und Gewerk- Sozial- und Stellenabbau, Privatisierungen und schaften agiert, um für die Dussmanns dieser Republik Tarifflucht ausgeschlossen statt mitverantwortet werden. den Türöffner zu spielen, der macht deutlich, worum es Maßnahmen in Parlamenten und Verwaltungen finden geht: Die „Regierungsfähigkeit“ der Linkspartei 2009 – nur dann unsere Zustimmung, wenn sie sich positiv für und zwar um jeden Preis. Beschäftigte, Erwerbslose, Jugendliche, Rentner und andere von Sozialabbau Betroffene auswirken. Eine Be- Eine 20-Prozent-Partei, die bei Landtagswahlen die teiligung ist nur an Regierungen vorstellbar, die gegen Hälfte ihrer Wähler verliert (ein Minus von über 180.000 die Herrschaft des Profits ankämpfen. Alles andere Stimmen) und daraus nicht nur keinerlei politische, per- mildert nicht Ausbeutung und Armut, sondern macht sie sonelle oder sonstige Konsequenzen zieht, sondern erst regierbar und schwächt den Widerstand dagegen. stattdessen dem staunenden Publikum verkündet „Fortsetzung folgt“ – das hat es bisher noch nicht gege- Wir organisieren uns in der BASG, weil wir – wie ben. Millionen weltweit – genug haben von einer „Politik, die die Interessen von 3000 älteren weißen Geschäftsleu- Gleichwohl sind wir uns der begrenzten Möglichkeiten ten Vertritt“ (Sean Penn). Kapitel 2: Unser Leben ist mehr wert als ihr Profit „Politik kann man in diesem Lande definieren als die Durchsetzung wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung. Die Politik war bei uns eine Sache des Sitzfleisches, nicht des Geistes. Sie wurde in Bezirksvereinen abgehaspelt und durchgehechelt, und gegen den Arbeiter standen alle andern zusammen.“ (Kurt Tucholsky) Eigentlich ist doch alles ganz übersichtlich: Zuerst mal digen. Er muss arbeiten, heute vor allem um sein Ein- muss der Mensch essen und trinken, braucht Kleidung, kommen zu sichern – aber auch um sich produktiv in Bett und Badewanne, mithin ein wärmendes Dach über der Gesellschaft einzubringen. Ist der Mensch krank, ´m Kopf, um seine existenziellen Bedürfnisse zu befrie- gebrechlich oder aus anderen Gründen bedürftig, hat er WASG Berlin | 3
Anspruch auf Hilfe und Unterstützung der anderen. nationale Konzerne kontrollieren den Globus. Ihre Um- Darüber hinaus gehen die Bedürfnisse nach eigener satzsumme macht fast die Hälfte des Weltsozialproduk- Entwicklung und Bildung, Information und kultureller tes aus. Ihr Ringen um Absatzmärkte und Rohstoffe Anregung, nach sozialer Kommunikation und Ausein- führt zu Krisen, Umweltzerstörung und Kriegen. andersetzung, sowie nach Selbstbestätigung und krea- Die Schere zwischen arm und reich geht auf, internatio- tiver Selbstverwirklichung im eigenen und gemeinsamen nal und in Deutschland. Die Gewinne der deutschen Ex- Handeln – sei es in der Familie, in Freund- und Partner- portweltmeisterkonzerne steigen ins Unermessliche. Die schaften, in Interessensgemeinschaften oder ehrenamt- 30 DAX-Konzerne schütteten 2006 an ihre Eigentümer lichen Tätigkeiten, in Schule und Universität, in der Aus- 27 Milliarden Euro aus, so viel wie noch nie. Im gleichen bildung und am Arbeitsplatz. Zeitraum vernichteten diese Konzerne 44.000 Die Erfüllung dieser Bedürfnisse, die Gewährleistung Arbeitsplätze. der Möglichkeit für alle Menschen, am Prozess gesell- Die Beschäftigten sollen jetzt bis 67 ausgepresst schaftlicher Entwicklung teilzunehmen jenseits der Grö- werden am unsicherer werdenden Arbeitsplatz oder in ße des Geldbeutels, der Nationalität und des Ge- prekären Beschäftigungen mit Dumpinglöhnen. Inoffizi- schlechts – dafür setzt sich die BASG ein. ell 7 Millionen wird nur noch angeboten, als Arbeitslose Demgegenüber werden die sozialen Errungenschaften ohne jede weitere Perspektive unterhalb der offiziellen der letzten hundert Jahre von einer Politik im Auftrag Armutsgrenze zu leben. der Unternehmer mehr und mehr außer Kraft gesetzt – 500.000 Jugendliche haben keinen Ausbildungsplatz, obwohl industrielle Entwicklung und technischer Fort- sind Erwerbslos oder geparkt in „Qualifizierungsmaß- schritt auf den Schultern der Lohnabhängigen dazu ge- nahmen“ und anderen Warteschleifen. Ausgebildete führt haben, dass heute immer weniger Arbeitszeit in erhalten keinen Arbeitsplatz. Mädchen und Frauen der Produktion benötigt wird, um die Bedürfnisse der werden weiterhin und zunehmend diskriminiert. Men- Menschen zu befriedigen. Die sozial gerechte Verteilung schen anderer Herkunft und Kultur zusehends ausge- des so geschaffenen gesamtgesellschaftlichen Reich- grenzt. tums könnte die Teilnahme aller am Prozess gesell- Die Macht der Konzerne bestimmt die Politik der schaftlicher Entwicklung sicherstellen. Eine solch ge- etablierten Parteien und ihrer Vertreter. Nicht die soziale rechte Verteilung dieses Reichtums ist aber nicht im und solidarische Teilhabe aller, sondern allein die Sinne von Unternehmern und ihren Politikern. Steigerung der Profite der Konzerne zählt. Die Renditen Während einerseits die ökonomisch, sozial und ökolo- beziehungsweise Gehälter von Aktionären und Ma- gisch zerstörerische Dynamik der herrschenden Verhält- nagern sind die Maxime der herrschenden Politik. Unter nisse immer offensichtlicher wird, ist andererseits die dieser Maxime des größtmöglichen Gewinns sprachen Ideologie von der Natürlichkeit der zugrundeliegenden sie von „blühenden Landschaften“ und größerer Effizi- Produktionsweise tief in den Köpfen verankert. Profit, enz, um dann Sozialabbau, Tarifflucht und Ausverkauf Konkurrenz und Egoismus erscheinen aber nur logisch der öffentlichen Daseinsfürsorge als politischen „Sach- – solange wir – gemeinsam mit anderen – keine Alterna- zwang“ zu exekutieren. Deshalb soll auch die gesetzli- tiven formulieren. che Rente auf ein Existenzminimum beschränkt und die medizinische Versorgung abhängig vom persönlichen Die Macht der Konzerne Geldbeutel gemacht werden. Wir leben im Kapitalismus. Das heißt heute: 500 multi- Kapitel 3: Arme Hauptstadt eines reichen Landes „Wenn das Berlin ist: Radikalismus in Militärfragen, Unbedingtheit gegen den Stahl- und Kohlen-Patriotis- mus; Haß gegen Verblödung durch die Pfarrer Mumm und Pfarrer Heuss; Sabotage der Vorbereitungen zum nächsten Schlachten durch Kriegsminister Geßler, Judikatur und Schule, wenn das alles ›Berlin‹ ist –: dann sind wir und unsre Freunde im ganzen Reich, in Hagen und an der Wasserkante, in der Mark und im sächsischen Industriebezirk, dann sind wir für diese Stadt, in der immerhin Bewegung ist und Kraft und pul- sierendes rotes Blut. Für Berlin.“ (Kurt Tucholsky, „Berlin! Berlin!“) Selbstverständlich war Berlin vor 1989 ein sub- fitieren können. Doch dieser Aufschwung kam nie und ist ventionierter Standort in Ost und West: das Schaufenster auch nicht in Sicht. So hat die Subventionierung der deut- des jeweiligen Weltsystems. In Ostberlin erfolgte der Ab- schen Einheit bis zur Mitte der neunziger Jahre nur Haus- bruch rasch und heftig, die Hauptstadt der DDR wurde besitzern und Immobilienhaien in einem reichen Bau- abgewickelt, die Industrie folgte wenige Monate später boom eine letzte Sumpfblüte ermöglicht. Danach fehlte nach. Dagegen konnten sich eine Reihe von Westberliner die finanzielle Deckung: die Beinahe-Pleite der Bankge- Strukturen bis zur Jahrtausendwende halten. Nach dem sellschaft Berlin besiegelte Anfang 2001 das Ende. Aber Abbau der (West-)Berlin-Zuwendungen bis 1994 gab es die parasitären Elemente der Berliner Ökonomie sind eine noch eine Chance: als Brückenkopf des Westens hätte Folge, nicht die Ursache der wirtschaftlichen Situation der Berlin von einem Aufschwung in den neuen Ländern pro- Stadt. Eine Teilabwicklung des parasitären Finanz-Über- 4 | Rundbrief 29. März 07
baus löst die Probleme der wirtschaftlichen Basis nicht. entscheidend. Nach kurzen Illusionen im Vereinigungsboom Die Schulden des Landes von über 60 Milliarden Euro hat auch Westberlin den Niedergang geteilt und ist heute können nicht aus eigener Kraft beglichen werden. sozial - wenn auch nicht kulturell – Teil des Ostens. Bei einer Bevölkerung von knapp 3,4 Millionen gab es in Die Haushaltssanierung ist dem rot-roten Senat zum Berlin im Jahr 2006 ca. 1,56 Millionen Erwerbstätige – Selbstzweck geworden. Dabei ist allen Verantwortlichen wobei die Ein-Euro-Jobber bereits mitgezählt werden. klar: Berlin kann den Schuldenberg niemals aus eigener Im Februar 2007 überstieg die Zahl der Arbeitslosen Kraft abbauen. Aber sie streichen und privatisieren wei- dennoch 277.000. In den letzten 15 Jahren kamen und ter – überall dort, wo sie nicht auf genügend Widerstand gingen verschiedene Visionen als “Ost-West-Dreh- treffen. scheibe” oder als “Wissenmetropole”. Tatsächlich nahm Wir wollen kein Berlin, in dem die Menschen mit der Anteil der Dienstleistungsbereiche – auch der höher staatlich gefördertem Niedriglohn statt regulären bezahlten Finanz- und Unternehmensdienstleistungen – Jobs ihr Auskommen finden sollen. zu, ohne aber den Abbau der industriellen Substanz Wir wollen kein Berlin, in dem mit dem öffentlichen auch nur ansatzweise auffangen zu können. Eigentum auch die Möglichkeiten der demokra- Mit 9,8 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten heute im tischen Gestaltung der Stadt verschleudert werden. produzierenden Gewerbe Berlins weniger Menschen als im öffentlichen Dienst. Aus eigener Kraft, das heißt auf Wir wollen kein Berlin, in dem Verträge mit Kapital- der Grundlage der existierenden produktiven Kapazitä- eignern heilig gesprochen, Tarifverträge aber gebro- ten und im Rahmen marktwirtschaftlicher Umvertei- chen werden. lungsprozesse, ist Berlin nicht lebensfähig und auf öf- Die BASG fordert die Aufstellung eines Haushalts für fentliche Unterstützung angewiesen – das bestreitet nie- das Land Berlin gemäß den Bedürfnissen der Men- mand. Die Frage ist nur, in welchem Umfang und zu schen in dieser Stadt, nicht gemäß den Verarmungsvor- welchen Zwecken. Die Abwicklung des Bankenskandals gaben des Bundes. Auf dieser Grundlage muss der und die gewährten öffentlichen Beihilfen zur Sicherung Kampf um die dafür nötigen Gelder vom Bund und für privater Kapitalanlagen sollen heute zum Einfallstor für eine Umverteilung von oben nach unten geführt werden. die Privatisierung der Sparkassen gemacht werden. Die Solange wir schwach bleiben – vereinzelt, alleine, un- wirtschaftlichen Probleme Berlins sind kein Ergebnis der organisiert – wird weiter gekürzt, egal wie sehr „es Landespolitik. Aber die verschiedenen Regierungskoali- quietscht” (Wowereit). Und wir werden schwach bleiben, tionen sind immer wieder den Weg der Umverteilung solange wir uns gegeneinander ausspielen lassen: von unten nach oben gegangen. Beschäftigte gegen Erwerbslose, Qualifizierte gegen Soziale Opposition muß von den Realitäten ausgehen: Poli- Ungelernte, Inländer gegen Ausländer, Ost gegen West. tisch und juristisch ist Berlin zwar Hauptstadt der gesamten Solidarität ist keine Selbstverständlichkeit, im Gegenteil: Bundesrepublik, sozial und ökonomisch aber nur die Haupt- Mit dem Druck von oben wächst die Konkurrenz unter stadt des Anschlussgebietes Ostdeutschland. Trotz einiger den Betroffenen. Sonderfaktoren – einige Bundesbehörden, der Tourismus - Es gibt Alternativen! Aber nur gemeinsam können wir sind für die wirtschaftliche Lage seit 1990 die Deindus- sie umsetzen. trialisierung und Stagnation in der Stadt und in der Region Kapitel 4: Solidarität und Gegenwehr! „Unsre Herrn, wer sie auch seien, sehen unsre Zwietracht gern, denn solang sie uns entzweien, bleiben sie doch unsre Herrn.“ (Bertolt Brecht) Die Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik volution“, die zur Zeit auf dem lateinamerikanischen Deutschland fühlt sich zu Recht nicht mehr vertreten Kontinent dazu führt, dass die sozialistische Idee neu von den etablierten Parteien und ihren Politikerinnen gedacht und neu diskutiert wird. Sie ist das Ergebnis und Politikern. Deshalb sinkt die Beteiligung an Wahlen einer Bewegung und Beispiel für die Kraft, die die So- in diesem Lande seit Jahren. Die Einheitspolitik der neo- lidarisierung der unterdrückten und ausgebeuteten Men- liberalen Parteien führt zur unsozialen und unsolida- schen entwickeln kann. rischen Verteilung des vorhandenen Reichtums ohne Erste Schritte zur Übernahme der Bodenschätze Bolivi- Rücksicht auf Verluste. Das Ergebnis wird letztendlich ens und Venezuelas durch die Bevölkerung selbst, Zerstörung und Vernichtung aller Lebensgrundlagen Übernahme von Fabriken durch die Beschäftigten, Be- sein. ginn der Demokratisierung des Lebens und Arbeitens – Dagegen setzen wir die Kraft der Solidarität. Wir brau- das ermutigt den Widerstand international. Sichtbar chen die große und kleine Solidarität der abhängig wird: Es geht auch ganz anders – aber nicht von allein! Beschäftigten und Erwerbslosen, egal welcher Haut- Ein menschenfreundliches Leben ohne Kriege und Aus- farbe und Nationalität. beutung, in schönen Häusern mit sinnvoller Arbeit, freier Inspierierend ist dabei die sogenannte „bolivarische Re- Zeit und guter, allgemein zugänglicher und kostenloser WASG Berlin | 5
Bildungs- und Gesundheitsversorgung wird es nicht ge- überproportional besteuert, eine Börsenumsatzsteuer ben, wenn wir nicht heute dafür eintreten. Wenn sich die geschaffen und die Erbschaftssteuer reformiert werden. Betroffenen, die abhängig Beschäftigten und Erwerbs- Eine solche Umverteilung von oben nach unten wird auf losen, die Rentner und die Jugendlichen, die Schüler massiven Widerstand stoßen und kann nur von einer und die Lehrer – wenn wir uns nicht zusammentun, un- selbstbewussten gesellschaftlichen Bewegung der sere gemeinsamen Interessen formulieren und abhängig Beschäftigten und Erwerbslosen durchgesetzt verteidigen, wird es nicht besser. werden. Parlamentarische Initiativen zur Steuergesetz- Wir wollen eine solidarische Interessensvertretung von gebung reichen da nicht. Wir unterstützen daher die Po- Beschäftigten, Erwerbslosen, Jugendlichen und Rentne- sitionen der Gewerkschaften in tariflichen Ausein- rInnen aufbauen. Gegen den Klassenkampf von oben andersetzungen, insbesondere bei der Abwehr von ist es unser Ziel, den außerparlamentarischen Arbeitszeitverlängerungen. Widerstand zu stärken. Dazu brauchen wir eine poli- tische Organisation, in der die Erfahrungen ermüdender Weg mit Hartz IV Konkurrenz und alltäglicher Ausbeutung verarbeitet Für uns bleibt es dabei: Hartz IV muss weg. Zwangs- werden können. Damit wollen wir der Ohnmacht der arbeit und Spitzelei der Arbeitsämter, Straf-Kürzungen Einzelnen begegnen und Möglichkeiten öffnen für der Arbeitslosengelder und Zwangsumzüge – all das persönliche und kollektive Selbstbestimmung sowie für muss abgeschafft werden. neue Lebensentwürfe. Jede Arbeitslosenunterstützung, die diesen Namen Arbeitszeitverkürzung und Mindestlohn verdient, muss über der Armutsgrenze liegen. Die Festlegung der sogenannten „angemessenen Die seit Jahrzehnten andauernde Massenarbeitslosig- Wohnkosten” bedroht zehntausende Mieter in der Stadt keit ist nicht durch Niedriglohn, Sozialabbau und Wachs- mit dem Verlust ihrer Wohnung. Zwangsumzüge be- tumsversprechen zu bekämpfen. Eine Alternative ist ginnen nicht erst, wenn ein Gerichtsvollzieher vor der eine radikale Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochen- Tür steht. Sie beginnen da, wo Menschen wegen des stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Da- Drucks der Jobcenter eine neue Wohnung suchen durch kann begonnen werden, die vorhandene Arbeit müssen. auf alle aufzuteilen. Eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit ist nötig, weil nur so das Wachstum der Pro- Wir fordern: Keine Ein-Euro-Jobs – nirgends. Durch die duktivität für alle abhängig Beschäftigten eingesetzt Schaffung von mehr als 30.000 Ein-Euro-Jobs wurden werden kann. in Berlin keine neuen, „zusätzlichen” Beschäftigungsver- hältnisse geschaffen, sondern reguläre Arbeitsplätze in Darüber hinaus ist ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 der gleichen Größenordnung vernichtet. Während Euro die Stunde nötig, weil in weiten Bereichen die tarif- Erwerbslose mit der Drohung von Leistungskürzungen vertraglichen Regelungen keine Mindeststandards mehr zum Lohndumping gezwungen werden, versuchen der sichern. Durch den zunehmenden Druck auf die Senat und freie Träger die Folgen der Stellenstrei- Erwerbslosen wird die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt chungen der letzten Jahre kurzfristig zu überspielen. weiter erhöht, um einen Erdrutsch der bestehenden Löhne zu forcieren. Wir fordern ein Sozialticket, das diesen Namen verdient: Maximal 18 Euro, nicht mehr – so viel ist im Regelsatz Wir wissen, dass die Erfahrung von Arbeitsverdichtung für Hartz-IV-Empfänger nur vorgesehen für öffentlichen und Einkommenseinbußen viele Beschäftigte gegen- Nahverkehr. über Arbeitszeitverkürzungen skeptisch gemacht haben. Deshalb muss sich eine radikale Arbeitszeitverkürzung Löhne und Tarifverträge verteidigen – Arbeisplätze auf erweiterte Rechte der Belegschaften und ihrer erhalten Vertretungen in Betriebsräten und Gewerkschaften stützen. Ohne solche Kontroll- und Einflussmöglichkei- Der Ausstieg Berlins aus dem Flächentarifvertrag war ten würden weitere Arbeitsverdichtung, Flexibilisierung der Startschuß für eine Lohnsenkungsspirale, weit über und das Produktivitätswachstum jede Neuregelung ver- den öffentlichen Dienst hinaus. Wir fordern eine Rück- puffen lassen: statt weniger Arbeit für alle gäbe es dann nahme der Kürzungen im öffentlichen Dienst und bei wieder immer mehr Arbeit für immer weniger. den Zuwendungsempfängern, zum Beispiel der freien Wohlfahrtspflege sowie die Rückkehr in den Flächentarif Als Sofortmaßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit setzen und ein Tariftreuegesetz in Berlin. wir uns in Berlin für ein Investitionsprogramm des Landes ein, das unmittelbar 10.000 neue Stellen vor Wenn 2009 der jetzige Absenkungstarifvertrag für das allem im Bildungsbereich schafft. Land Berlin ausläuft, will der SPD-L.PDS-Senat eine neue Runde der Erpressung der Gewerkschaft einleiten: Wir beharren auf der Forderung nach gleichem Lohn für Löhne oder Arbeitsplätze? Der Stellenabbau im öffentli- gleiche Arbeit – in Ost und West, für Frauen und chen Dienst ist ein Beitrag, die Arbeitslosigkeit weiter zu Männer. steigern, der „Stellenpool“ ein Mittel, Kollegen zu Umverteilung – von oben nach unten! schikanieren. Die BASG setzt auf den Erhalt aller Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und die volle Die BASG setzt sich für eine massive Umverteilung ein Einhaltung der Tarifverträge. – endlich von den Reichen zu den Armen und nicht Gegen Verlagerungen und Arbeitsplatzvernichtung mehr umgekehrt! Dazu muss eine Vermögenssteuer setzen wir gemeinsame Gegenwehr. Nur durch den wieder eingeführt, die Einkommen der Superreichen Kampf um Arbeitsplätze können Arbeitsplätze verteidigt 6 | Rundbrief 29. März 07
werden. Die De-Industrialisierung Berlins muss gestoppt sind nötig. werden. Hier sehen wir das Land Berlin in der Pflicht, Migranten sind auch in Berlin von der sozialen Entwick- einen Erhalt der Arbeits- und Ausbildungsplätze zu si- lung wie von der politischen Willensbildung klar abge- chern, indem Konzerne in öffentliches Eigentum über- koppelt. Wir setzen uns für die Abschaffung aller führt werden, die mit Entlassungen oder Schließungen diskriminierenden Ausländergesetze ein. Wir fordern drohen. das volle Wahlrecht für alle dauerhaft hier lebenden Nur dann kann sicher gestellt werden, dass nicht Menschen. einfach Manager in entfernten Konzernzentralen ent- Keinen Fußbreit den Faschisten: Angesichts einer scheiden, wie das Schicksal von Auszubildenden, zunehmend liberalen „Linken“ und der politischen Beschäftigten und ihren Familien aussieht. Vereinzelung der abhängig Beschäftigten und Erwerbs- Privatisierung stoppen, Rekommunalisierung be- losen gewinnen rechte, nationalistische und autoritäre ginnen! Antworten auf die soziale Frage an Zustimmung. Über die Konfrontation mit den faschistischen Organisationen Über Jahrzehnte ist ein öffentlicher Sektor entstanden, hinaus müssen diese sozial isoliert werden. der wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge, etwa der Gesundheitsversorgung, der Wohnungswirtschaft und Bildung und Ausbildung auch – mit den Sparkassen – der regionalen Kreditwirt- Das Scheitern des Drei-Gliedrigen-Schulsystems hat schaft übernommen hat. einen Namen: Rütli-Schule. Nicht zufällig ist bei Per- Dieser Sektor war keine Alternative zum Kapitalismus, spektivlosigkeit, Ausbildungsplatz- und Arbeitsplatz- sondern Ergänzung der privatkapitalistischen Wirt- mangel die Hauptschule in Nord-Neukölln ins Visier der schaft. Er wurde erkämpft, auch um schlimmste Aus- aufgescheuchte Öffentlichkeit geraten. Doch aus wirkungen der privaten Konkurrenz abzumildern. diesem Scheitern wird keinerlei ernsthafte Konsequenz In den letzten zehn Jahren wurde in Berlin privatisiert, gezogen. wofür sich Käufer fanden: Krankenhäuser, Wohnungen, Wir setzen uns für die solidarische Ganztags-Gemein- Gas, Wasser, Strom. Immer wurde versprochen, dass schaftsschule für alle von der ersten bis zur zehnten danach alles besser und flexibler und billiger werden Klassen ein. Mit reduzierter Klassengröße muss Bildung wird. für alle, unabhängig vom Einkommen der Eltern, zu- Das Gegenteil ist der Fall. Die Leistungen werden eben- gänglich gemacht werden. Kostenlose Bildung gilt für so teurer, wie Arbeitsbedingungen für die dort Beschäf- uns von der Kinderkrippe bis zur Universität und Volks- tigten schlechter werden. hochschule. Jegliche Form von Studiengebühren, auch in Form von Studienkonten, verschärfen die soziale Un- Wir treten dagegen dafür ein, diesen Sektor für die Mit- gerechtigkeit. bestimmung der Konsumenten und Beschäftigten zu öff- nen: Demokratische Diskussion und Entscheidung statt Wir setzen uns für eine Ausbildungsquote von zehn Pro- privatem Profit und Bürokratie. Als ersten Schritt fordern zent bezogen auf die Beschäftigten eines Betriebes ab wir den Stopp aller Privatisierungen und die Re-Kommu- 20 Mitarbeitern ein. Damit kann sicher gestellt werden, nalisierung der Wasserbetriebe. dass Jugendliche arbeitsplatznah einen Beruf erlernen können. Die öffentliche Daseinsvorsorge, zum Beispiel Kranken- häuser, Energieversorgung, Wasser, Bildungsbereich Internationale Solidarität statt kapitalistischer und Gesundheitsversorgung, gehört in öffentliche Hand. Globalisierung Solidarität von unten gegen Anpassung von oben Berlin ist die Hauptstadt eines kriegführenden Landes. Während in fremden Ländern deutsche Soldaten für im- Wir wehren uns gegen alle Formen von Diskriminierung perialistische Interessen eingesetzt werden, bereitet die sei es auf der Grund von Geschlecht, Nationalität, Haut- Bundesregierung die Militarisierung der inneren Si- farbe oder sexueller Identität. cherheit vor. Wir wollen nicht darauf warten, bis nach Nach wie vor werden Frauen schlechter gestellt, ersten Terroranschlägen hierzulande die öffentliche Ak- schlechter bezahlt, schlechter behandelt als Männer. zeptanz menschenrechtswidriger Verhörmethoden und Der wachsenden Verkommerzialisierung aller Lebens- die Hoffnung auf einen starken Staat um sich greifen. bereiche entspricht die zunehmende Vermarktung des Die von den reichen und mächtigen Nationen do- weiblichen Körpers als Objekt. Wo reaktionärste Ideolo- minierten Institutionen wie Weltbank, IWF und G8 sind gie von der Frau am Herd zurück gedrängt wurde, Mittel der Absprachen zur Sicherung der Vorherrschaft musste sie oft genug der Vorstellung der alles leis- über die Welt. Auch die UNO wird letztlich von diesen tenden Mutter und Beschäftigten weichen. Prekäre Regierungen dominiert und kontrolliert. Auf dieser Basis Beschäftigung, Sozialabbau, Privatisierungen – in all ist Frieden und gegenseitige Hilfe nicht möglich. Kriege diesen Bereichen sind besonders Frauen von den neo- und deutsche Auslandseinsätze, auch mit Segen der liberalen Angriffen betroffen. UNO, lehnen wir ab. Wir fordern eine bedingungslose Die BASG setzt sich für eine solidarische Gestaltung Schuldenstreichung gegenüber den Staaten der soge- des Lebens ein: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn nannten 3. Welt. und ein ausreichendes Angebot für alle Kinder von 0 bis Die Herrschenden Europas sind sich nicht einig: Soll die 14 Jahren werden Männern und Frauen ermöglichen, EU vor allem ein großer Binnenmarkt mit Billiglöhnen Familie und Beruf zu verbinden. Kampagnen gegen sein? Oder soll sie vor allem als Instrument gegen die häusliche Gewalt und staatliche Unterdrückung (§218) WASG Berlin | 7
anderen internationalen Blöcke politisch weltweit in Er- muss gestoppt werden. Gegen die kapitalistische scheinung treten? Beide Varianten sind Ausgangspunkt Globalisierung setzen wir internationale Solidarität und neuer Konflikte und neuer Krisen. gemeinsamen Widerstand. Einig sind sich die Regierungen Europas aber im Ver- Umwelt such, Sozialabbau, Privatisierungen und Lohndumping mittels der EU zu erzwingen beziehungsweise sich hin- Während die Regierungen der kapitalistischen Metropo- ter der EU zu verstecken. Das reicht bis hin zum SPD- len mit Schiffen, Flugzeugen und Panzern weltweit ihre L.PDS-Senat in Berlin, der die Privatisierung der Spar- Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, ziehen sie kasse erst der EU-Kommission anbietet, um dann vom angesichts der ökologischen Probleme der Weltwirt- Zwang aus Brüssel zu fabulieren. Ausdruck des ge- schaft besorgte Gesichter und feilschen um die Konkur- meinsamen neoliberalen Projekts war auch die zurecht renzbedingungen ihrer nationalen Industrien. Wir wollen gescheiterte Verfassung. verhindern, dass unter dem Druck gesellschaftlich pro- Der Ausbau der Festung Europa gegen Flüchtlinge duzierter Naturprobleme die Lebensbedingungen hier und anderswo unumkehrbar beschädigt werden. Kapitel 5: Selbst aktiv werden – gemeinsam streiten „Ran an das Gold vom alten Duck!“ (Panzerknacker in Walt Disneys Panzerknacker und Co, Nr. 5, Seite 15) Diese Ziele können nicht von irgendeiner Organisation Arbeitsplätze bei Orenstein & Koppel (CNH) und BSH oder Partei stellvertretend durchgesetzt werden. Sie (Bosch-Siemens-Hausgeräte) unterstützte und die müssen durch die Aktivitäten vieler Menschen erstritten Charité-Beschäftigten gegen Lohnraub und Stellenab- werden. Dafür machen wir uns stark. Auch die BASG bau, für einen Tarifvertrag täglich in ihrem Arbeitskampf wird nicht durch die Vertretung der Beschäftigten, begleitete. Erwerbslosen, Jugendlichen und Rentner die Verhält- Eine Nachtschicht als Streikposten vor dem Waschma- nisse verändern, sondern nur im gemeinsamen Kampf schinenwerk in Spandau brachte neben der konkreten für gemeinsame Interessen. Hilfe für die Streikenden Diskussionen und Einblick für Gegen die Angriffe der Unternehmer und ihren Re- uns und die Kollegen bei BSH. Die Streikposten vor der gierungen im Bund und in Berlin ist es unser Ziel, den Charité konnten sich darauf verlassen, von WASGlern außerparlamentarischen Widerstand zu stärken. Dazu Hilfe zu bekommen. werden wir durch aktive Mitarbeit in Gewerkschaften In dieser praktischen Unterstützung konnte sich die und sozialen Bewegungen einen Beitrag leisten. Denn WASG Berlin die ersten Erfolge von Bekanntheit und nur mit Bewegung in den Betrieben und auf der Straße Vertrauen der Betroffenen erarbeiten. Das will die BASG lassen sich die Verhältnisse verändern. fortsetzen. Wir bringen dabei unser Engagement, unsere Vorstel- Doch bei all diesen betrieblichen und gewerkschaftli- lungen und unsere Ansichten in die Bewegungen mit ein chen Auseinandersetzungen wird immer wieder sicht- und bieten allen, die diese Ideen teilen an, bei der bar: Die Unternehmer haben die „Sozialpartnerschaft“ BASG mit zu machen. Gleichzeitig setzen wir uns im In- längst beerdigt und sind zu ihrer klassischen, härteren teresse der von Sozialabbau, Privatisierung und Gangart des Klassenkampfs zurück gekehrt. Teile der Tarifflucht Betroffenen ein für Gegenwehr, die unter- Gewerkschaftsspitzen versuchen dies zu ignorieren schiedliche Vorstellungen, Einzelpersonen und Parteien („Traditionalisten“); andere erproben sich in neuer An- beziehungsweise Organisationen, Methoden und Mittel biederung an den neoliberalen Kapitalismus und wollen verbindet. selbst Standortsicherung betreiben („Modernisierer“). Soziale Bewegungen sind voll von Widersprüchen. Sie Beide Varianten tragen dazu bei, die Gewerkschaften leben von Auseinandersetzungen. Auch dabei wollen nicht als Gegenmacht zur Verteidigung der auf Arbeit wir uns einbringen. angewiesenen Bevölkerung zu nutzen. Sie machen aus diesen Organisationen der arbeitenden Bevölkerung Gewerkschaften Formationen der „Gestaltungsmacht“ inklusive Co-Man- Die Gewerkschaften als wichtigste soziale Bewegung angement und „sozialer Abfederung“, wo nichts mehr sind einerseits gefordert wie nie, gegen die Attacken auf abzufedern ist. den Lebensstandard der arbeitenden und erwerbslosen Ein Erfolg von zwei Jahren WASG war, auch diese Her- Bevölkerung sowie auf Arbeitsbedingungen und Löhne angehensweisen innerhalb der Gewerkschaften in zu reagieren. Andererseits bleibt dies oft zögerlich, Frage zu stellen: Der angeblichen Alternativlosigkeit erleben sie Mitgliederschwund und immer wieder hef- neoliberaler Angriffe wurde auch hier etwas entgegen tige Zerreißproben. gestellt; die Unterordnung der Gewerkschaften unter die Die BASG steht auch hier in der Tradition der WASG SPD wurde herausgefordert. Auch hier gilt es, diese Berlin, die zum Beispiel die Streiks um den Erhalt der Arbeit fortzusetzen und Alternativen zur sozialdemokra- 8 | Rundbrief 29. März 07
tischen Version der Verzichtslogik zu verbreiten und für in Berlin entstehen kann, wollen wir gemeinsam mit kämpferische und demokratische Verhältnisse einzutre- anderen, mit Gewerkschaftern und Aktiven der sozialen ten. Bewegungen und Projekte, diskutieren und entwickeln. Das hat nichts damit zu tun, die Gewerkschaften zum Die durch die WASG erreichten Bezirksverordneten- Handlanger einfach einer anderen Partei zu machen, mandate können jetzt – wie im Wahlkampf angekündigt sondern ist Bestandteil des Ringens innerhalb der – genutzt werden, um den Widerstand zu stärken. Die Einheitsgewerkschaften des DGB um politische Ant- BASG wird dazu mit den Bezirksverordneten zu- worten auf die aktuellen Herausforderungen. sammenarbeiten. Unser Anspruch ist dabei, den BVV- lern, wann immer nötig, gegen den Druck der parlamen- Verhältnis zu sozialen Bewegungen tarischen Logik und der sogenannten Sachzwänge mit Auch andere soziale Bewegungen – sei es der den Anforderungen der sozialen Opposition in dieser Widerstand gegen den Ausverkauf der Berliner Spar- Stadt und in jedem einzelnen Bezirk den Rücken zu kasse, Mietervereinigungen, Initiativen zur Rekommu- stärken. nalisierung der Wasserbetriebe oder antifaschistische Wir sind anders als die etablierten Kräfte: Bei uns gilt je- Initiativen – sind eingenständig und vielfältig. Wir haben derzeitige Wähl- und Abwählbarkeit unserer Vertrete- dabei immer wieder ehrgeizige Ziele, unseren Beitrag rinnen und Vertreter auf allen Ebene. Wir wollen keine zu leisten. Beim Volksbegehren gegen die Privatisierung abgehobenen Politiker, die von der Bewegung leben der Sparkasse wollen wir als neue Kraft mit zahlreichen statt für sie. Wir setzen uns dafür ein, dass Funktionäre Infotischen, Veranstaltungen und Aktionen gegen den in der gleichen Welt leben, wie die Menschen, die sie Ausverkauf in dieser Stadt Druck aufbauen. Je mehr un- vertreten wollen. Dazu gehört auch, Einkommen aus po- terschiedliche Akteure dabei Initiativen ergreifen – umso litischer Tätigkeit, das über ein durchschnittliches Ein- besser! kommen hinausgeht, für die politische Arbeit und soziale Soziale Opposition in dieser Stadt zu sein, heißt für uns: Bewegungen zur Verfügung zu stellen. Wir wollen gerade in diesen Auseinandersetzungen den Lebendige Kraft Beweis antreten, konsequente Interessensvertretung zu sein. So können wir Menschen erreichen, Vertrauen auf- Wir haben zu fast allem mindestens eine Meinung – und bauen, Mitstreiter gewinnen und deutlich machen: Wir werden schon daher die Diskussionen lebendig und so- sind politische Opposition zu allen im Abgeordneten- lidarisch weiterführen: Wie kann eine Alternative zum haus vertretenen Parteien. heutigen kapitalistischen System aussehen? Wie funktioniert sozialistische Demokratie? Wie stehen wir Linke Alternative auch im Abgeordnetenhaus nötig zum „bedingungslosen Grundeinkommen“? Wir halten es weiterhin für nötig, dass dieser außer- In der BASG bestimmen und gestalten die Mitglieder die parlamentarische Widerstand auch eine parlamen- Politik. Die BASG ist vor Ort präsent und aktiv. Wer mit tarische Vertretung findet. Deshalb ist es unser Ziel, uns gemeinsam für die hier dargelegten Ziele eintreten dass sich zu den nächsten Abgeordnetenhauswahlen will, ist willkommen. eine linke Alternative zu Sozialabbau, Lohnkürzungen Die BASG eint, dass wir unseren Beitrag dazu leisten und Privatisierungen entwickelt, die den Einzug ins wollen, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Landesparlament schaffen kann. In welcher Form eine Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein solche Alternative in den nächsten Monaten und Jahren verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx) WASG Berlin | 9
Programmentwurf B: Gründungsmanifest Der Entwurf B wird unterstützt von Erhard Bartels und Matthias Stöhr Viele Menschen in diesem Land fühlen sich in ihrer ma- Das Spektrum reicht dabei von Sozialistinnen und So- teriellen Existenz bedroht. Sie spüren, dass die Grund- zialisten über Sozialdemokratinnen und Sozialdemo- lagen unseres Sozialstaates, das heißt der sozialen Si- kraten bis zu sozial orientierten Christinnen und Chris- cherung und des öffentlichen Lebens, durch die neolibe- ten. rale Politik zerstört werden. Diese Breite der politischen Überzeugungen und Theo- Mehrere Millionen Menschen haben keine Arbeit. Viele rietraditionen, die wir vereinen, ist eine unserer wichtigs- von ihnen haben unter den derzeitigen politischen Be- ten Stärken. Uns eint die Erkenntnis, dass wir zu- dingungen keine Aussicht, je wieder einen Existenz si- sammen die überwältigende Mehrheit in diesem Land chernden Arbeitsplatz zu finden. sind – aber eben nur gemeinsam. Die Massenarbeitslosigkeit geht mit Verarmung, Ver- Außerparlamentarische soziale Opposition schuldung und sozialer Ausgrenzung vieler Betroffener einher. Gleichzeitig wächst bei vielen abhängig Beschäf- Wir wissen, dass die parlamentarische Arbeit ohne eine tigten und Selbständigen die Angst vor dem Verlust des sie tragende außerparlamentarische Bewegung nichts noch vorhandenen Arbeitsplatzes oder vor Verarmung. erreichen kann. Die außerparlamentarische Bewegung Die im Gefolge der Agenda 2010 eingeleiteten Ver- zu stärken und zu unterstützen wird immer ein wichtiges änderungen haben einen breiten Armutssektor geschaf- Ziel der xyz sein. Verbesserungen für die vom Sozialab- fen, zu dem bundesweit ca. 11 Millionen und in Berlin bau Betroffenen und Bedrohten sind gegen die Inter- mehr als eine halbe Million Menschen gehören. essen der Mächtigen und Starken auch im Parlament Verantwortlich für die Verarmung von Millionen Men- nicht einfach durchzusetzen. Dazu bedarf es erhebli- schen ist die neoliberale Politik der regierenden Partei- chen Drucks von unten. Die xyz will diesen Druck en. Die neoliberale Politik führt zu einer immer mehr fördern. Sie wird mit Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, zunehmenden Umverteilung von unten nach oben. Sie kritischen Teilen der Kirchen und Verbände nicht nur führt damit auch zur Verarmung des Staates und zum diskutieren, sondern außerparlamentarische und Niedergang des nicht gewinnorientierten öffentlichen parlamentarische Auseinandersetzungen in Verbindung Sektors wie Bildung, Gesundheitswesen und Infrastruk- bringen, um den sozialen Forderungen mehr Nachdruck tur. und Durchsetzungskraft zu verschaffen. Wir stehen in der Tradition der WASG Soziale Alternative im Parlament Die xyz ist eine Nachfolgeorganisation der WASG. Wir wissen aber genauso, dass eine effektive Inter- essenvertretung auch die Präsenz in parlamentarischen Das Gründungsprogramm und das Landeswahlpro- Gremien einschließen muss. Deshalb ist die Gründung gramm Berlin der WASG haben für uns weiter Geltung. einer Partei aus der xyz heraus binnen einer über- Die WASG war angetreten, den Vormarsch des Neolibe- schaubaren Frist notwendig. Die Arbeit in Parlamenten ralismus in unserem Land aufzuhalten. Das Problem be- ist für uns nicht Selbstzweck, sondern Mittel der so- steht weiter. Der neoliberale Unsinn feiert in unseren zialen Opposition. Wir wollen damit: Parlamenten und in der Gesellschaft immer wieder fröh- liche Urstände. Also treten wir wieder an. Wir halten an die für viele Menschen nicht durchschaubaren unseren Zielen fest. Wir sind die soziale Alternative. parlamentarischen Vorgänge verständlicher machen und in die Öffentlichkeit bringen; Unser politisches Handeln orientiert sich an der Leitidee der sozialen Gerechtigkeit. Politische Entscheidungen die sozialen Initiativen, Verbände und Gewerk- dürfen die Zukunftsfähigkeit der Welt und des Men- schaften stärker an den parlamentarischen Konflik- schen nicht gefährden. Darum ist eine Politik nötig, die ten beteiligen; Alternativen anbietet. Sprachrohr für außerparlamentarische Forderungen Demokratie und Menschenrechte für alle sind grund- werden, diese Forderungen auf die parlamentarische sätzliche Voraussetzungen für eine gerechte, men- Bühne heben und damit Öffentlichkeit für die Men- schenwürdige und friedliche Gesellschaft. schen herstellen, denen sonst nicht zugehört wird; Informationen, die nur im parlamentarischen Raum Wir sind eine Sammlungsbewegung zu erlangen sind, für die soziale Bewegung nutzbar Genauso wie es die WASG war, ist die xyz eine Samm- machen. lungsbewegung aller vom Sozialabbau Betroffenen und Regierungsbeteiligung? Bedrohten. Sie alle arbeiten bei uns zusammen, um die neoliberale Offensive zum Umbau unserer Gesellschaft Eine eventuelle Beteiligung an Regierungen kommt für aufzuhalten und die sozialen Sicherungen zu erhalten. uns nur in Frage, wenn dieses zu einem grundlegenden 10 | Rundbrief 29. März 07
Politikwechsel in Richtung unserer Forderungen führt. wird. Das ist derzeit nicht möglich. Wir brauchen mehr selbstbestimmte Arbeit. Wir werden nicht versuchen, uns als das „kleinere Übel“ Häufig wissen die Betroffenen am besten, wo sie ihre anzupreisen. Besonders werden wir beachten, dass Arbeitskraft zum Nutzen der Gesellschaft einbringen eine Regierungsbeteiligung die außerparlamentarische können. Für Menschen, die nicht arbeiten können, z. B. Opposition nicht behindern darf, sondern sie stärken auch weil die Gesellschaft ihnen keine Arbeit zur Verfü- muss. gung stellt, brauchen wir ein repressionsfreies und Was ist Politik? existenzsicherndes Grundeinkommen. Heute wird in der Politik gerne von Sachzwängen gere- Steuerpolitik det, denen sich die Politikerinnen und Politiker zu Nachdem in der Vergangenheit Steuergeschenke an beugen hätten. Da die Neoliberalen wissen, dass ihre Reiche und Konzerne in Milliardenhöhe gemacht Politik von den Menschen abgelehnt wird, versuchen sie wurden, stellen dieselben Politikerinnen und Politiker in meist gar nicht, diese Politik als wünschenswert darzu- der Folge fest, dass der Staat nicht genügend Geld zur stellen, sondern konzentrieren sich darauf, das Vor- Verfügung hat, um Investitionen und soziale Errungen- handensein von Wahlmöglichkeiten zu leugnen. „Es gibt schaften zu finanzieren. keine Alternative“ ist die Standardaussage aller Neolibe- Ob Kindergärten, Bildung, Forschung, Feuerwehr, raler von Margret Thatcher bis zur Berliner Links- Gesundheitswesen oder soziale Dienste, es gibt einen partei.PDS. Diese Aussage ist falsch. Es gibt immer riesigen Bedarf an nicht gewinnorientierten öffentlichen Alternativen. Politik ist das Aufzeigen dieser Alternativen Dienstleistungen. Wir fordern die Steuern auf hohe Ein- und die Entscheidung über sie. kommen, Vermögen und für Unternehmen wieder auf Wer Alternativen leugnet, lässt Politik zur bloßen ein vernünftiges Niveau anzuheben und daraus mehr Verwaltung verkommen. öffentliche Beschäftigung zu finanzieren. Denn öffentli- Falsche Wirtschaftspolitik che Beschäftigte erzeugen öffentliche Dienstleistungen, die uns allen zu Gute kommen. Die Produktivität hat in unserem Land einen Stand er- reicht, der in seiner Höhe in der Geschichte einmalig ist. Privatisierung schadet der Bevölkerungsmehrheit Diese hohe Produktivität schafft die Grundlage für einen Die Verarmung des Staates durch die Steuerpolitik ist steigenden Lebensstandard, für mehr Freizeit, eine durchaus gewollt, denn sie ermöglicht es, das öffentli- bessere soziale Absicherung, eine bessere Versorgung che Eigentum unter Wert an Privatunternehmen zu ver- mit öffentlichen Dienstleistungen und den Umbau der kaufen. Wir lehnen diese Politik ab, die nur wenigen Wirtschaft in Richtung ökologische Nachhaltigkeit. Reichen nutzt und der Mehrheit der Bevölkerung Durch die neoliberale Wirtschaftspolitik werden alle schadet. Im Gegensatz zu öffentlichen Unternehmen diese Möglichkeiten nicht genutzt. Stattdessen müssen Private zusätzlich zu den Kosten noch einen verwandelt sich diese Quelle des Wohlstands in eine Gewinn erwirtschaften. Quelle des Leids. Was die Arbeit erleichtern kann, Teilweise senken die Privaten vorerst die Preise. vergrößert den Stress; was die Arbeitszeit ergiebiger Dieses basiert in der Regel auf einem Zurückfahren der macht, vermehrt die Arbeitslosigkeit. Erhaltungsinvestitionen, langfristig führt diese Unter- Durch den Produktivitätsfortschritt könnten wir weniger nehmenspolitik zu einem starken Steigen der Kosten arbeiten und besser leben. In der jetzigen Situation und Preise, sobald die aufgeschobenen Investitionen müssen einige mehr arbeiten und andere können fast nachgeholt werden müssen. Diese Erfahrung haben nichts konsumieren. Das ist absurd. schon viele Länder und Gemeinden machen müssen, die bei der Privatisierung die Vorreiterrolle gespielt Richtige Wirtschaftspolitik haben. Oft müssen die Verbraucherinnen und Verbrau- Die Wirtschaft hat der Versorgung des Menschen zu cher aber auch gar nicht so lange warten. Sobald das dienen. Die Unterwerfung des Menschen unter die In- Privatunternehmen seine Gewinne nicht mehr hoch teressen der „Wirtschaft“ lehnen wir ab. Die Steigerung genug findet, erhöht es die Preise, wie zum Beispiel die der gesamtgesellschaftlichen Produktivität muss zum Berliner Wasserbetriebe. Wohl aller genutzt werden. Alle Menschen haben ein Insbesondere gehört die öffentliche Daseinsvorsorge in Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand. öffentliche Hand, da alle Menschen sie zum Leben brau- Deshalb fordern wir eine deutliche Verkürzung der chen. Daher muss sicher gestellt werden, dass die Kauf- Arbeitszeiten. Da die Arbeit immer weniger wird, muss kraft der Anspruchsberechtigten keine Rolle spielt. sie umverteilt werden. Auch starke Verkürzungen der Gesundheit, Bildung und Sicherheit braucht auch, wer sie Arbeitszeit sind mit vollem Lohnausgleich möglich. Da- gerade nicht bezahlen kann. Dieses können und wollen durch würden die Reallohnverluste der letzten Jahre private Unternehmen nicht leisten. Obendrein gibt es hier ausgeglichen und das Nachfrageproblem unserer Wirt- häufig natürliche Monopole, wenn bis in jeden Haushalt schaft gelindert werden. verzweigte Leitungsnetze geschaffen werden müssen, Von der Arbeit muss der Mensch leben können. wie zum Beispiel bei Strom, Wasser und Telefon. Eine richtige Konkurrenz ist hier gar nicht möglich. Wir fordern für alle Beschäftigungsverhältnisse einen Mindestlohn, der sicher stellt, dass durch eine Vollzeit- arbeit ein Einkommen über der Armutsgrenze erzielt WASG Berlin | 11
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