Karotisdissektion unter langjähriger D-Penizillamin-Therapie bei Morbus Wilson
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Karotisdissektion unter Homepage: langjähriger www.kup.at/ D-Penizillamin-Therapie bei Morbus JNeurolNeurochirPsychiatr Wilson Online-Datenbank mit Autoren- Günther P, Hermann W, Kühn HJ und Stichwortsuche Schneider JP, Wagner A Journal für Neurologie Neurochirurgie und Psychiatrie 2007; 8 (4), 40-41 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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KAROTISDISSEKTION UNTER LANGJÄHRIGER D-PENIZILLAMIN-THERAPIE BEI MORBUS WILSON P. Günther1, W. Hermann2, H.-J. Kühn3, J.-P. Schneider4, A. Wagner1 1 Klinik u. Poliklinik f. Neurologie, Universität Leipzig, AöR, 2Klinik f. Neurologie; Paracelsus-Klinik Zwickau, 3 Inst. f. Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie u. Molekulare Diagnostik, 4Klinik u. Poliklinik f. Diagno- FALLBERICHT stische u. Interventionelle Radiologie, Abt. Neuroradiologie, Universität Leipzig, AöR Jahre bis auf eine Dysarthrie sowie stationären Aufenthaltes nahezu EINLEITUNG einen erhöhten Speichelfluß zurück- gebildet. Die Patientin befand sich komplett zurück. Bei Wiederauf- nahme zur Verlaufskontrolle wur- seit der Diagnosestellung bei uns in den lediglich noch eine verstärkte Eine Dissektion hirnversorgender Ar- regelmäßiger neurologischer Kon- Sprachanstrengung sowie ein ein- terien ist die zweithäufigste Ursache trolle mit stationären Verlaufsuntersu- geschränkter Wortschatz im Sinne für Hirninfarkte im jüngeren Lebens- chungen in einem ein- bis zweijähri- einer latenten expressiven Aphasie alter [1]. Mit den Fortschritten der gen Intervall. Die Therapie war bis- angegeben. Da ein Zusammenhang apparativen Diagnostik in den letzten her ohne Nebenwirkungen verlau- zwischen D-Penizillaminbehand- Jahren hat der Anteil diagnostizierter fen, wenn auch seit ca. einem Jahr lung und Karotisdissektion nicht spontaner Dissektionen zugenom- über eine erhöhte Hautfragilität be- sicher ist, wurde die bisherige The- men. Jedoch wird noch immer eine richtet wurde. Unter dem Verdacht rapie mit dem Chelatbildner unver- hohe Dunkelziffer oligo- und asym- eines Hirninfarktes kam die Patientin ändert fortgeführt. Eine Kontroll- ptomatischer Patienten angenom- dann mit akut aufgetretenen Wort- MRA ein Jahr nach dem Akutereig- men, die in die derzeitigen Angaben findungsstörungen und einer Schwä- nis zeigte eine vollständige Rekana- einer Inzidenz von ca. 2,6/100.000 che im rechten Arm zur Aufnahme. lisation der linken ACI, wobei im Einwohnern nicht einfließen [2]. Vorausgegangen waren linksseitige Bereich knapp unterhalb der Schä- Umstritten ist die Assoziation zu Halsschmerzen. Im Aufnahmebefund delbasis eine Gefäßschleife auffällig chronischen Infektionen, Hypertonie zeigte sich neu zur vorbestehenden war (Abb. 2). sowie zu Bagatelltraumen oder chi- Dysarthrie ropraktischen Maßnahmen. Patho- eine expres- genetisch wird eine zumeist heredi- sive Aphasie täre Bindegewebsschwäche postu- und arm- Abbildung 1: Diffusionsgewichtete MR- sowie repräsentative liert, die über eine systemische betonte Hemi- Angiographieaufnahme einer 37jährigen Patientin mit Dis- Arteriopathie zur Dissektion prädis- parese rechts. sektion der linken A. carotis interna (ACI) unter jahrelanger poniert [3]. Über einen möglichen Bildgebend Zusammenhang erworbener Binde- bestätigte sich Therapie mit D-Penizillamin bei Morbus Wilson. Die An- gewebsveränderungen und Dissek- in der MRT/ giographie (a) zeigt einen spitz auslaufenden Verschluß tionen ist dagegen wenig bekannt. MRA und in des proximalen Gefäßabschnittes und die MRT (b, c) einen Insbesondere sind vaskuläre Kompli- der digitalen Mediaterritorialinfarkt mit entsprechender Diffusionsstö- kationen durch Medikamente mit Subtraktions- rung (DWI, B1000[trace] [b] und ADC-Map [c]). Einfluß auf den Bindegewebsstoff- angiographie wechsel bisher kaum beschrieben eine Dissek- a b [4]. tion der lin- ken A. carotis interna (ACI) mit spitz aus- FALLBERICHT laufendem Gefäßverschluß und Territo- Wir berichten über eine 37jährige rialinfarkt im Patientin, die mit spontaner Dissek- vorderen tion der A. carotis interna in die Neu- Stromgebiet rologische Universitätsklinik Leipzig der linken A. aufgenommen wurde. Eigenanamne- cerebri media c stisch ist bei der Patientin seit 16 Jah- (Abb. 1). Die ren ein Morbus Wilson mit neuro- Symptomatik logischer Verlaufsform bekannt. Eine bildete sich progrediente zerebelläre Symptoma- unter einer tik mit Dysarthrie und Tremor führten Heparinisie- damals zur Diagnose, welche mit rung und einem intravenösen Radiokupfertest anschließen- gesichert wurde [5]. Unter der medi- den oralen kamentösen Therapie mit D-Penizill- Antikoagula- amin hatten sich die neurologischen tion bereits Symptome innerhalb der ersten zwei während des 40 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 4/2007 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
FALLBERICHT Einsatz von D- auf die Überprüfung der Therapie- Abbildung 2: (a) Kontrastmittelgestützte MR-Angiographie Penizillamin wirksamkeit sondern auch auf die einer 37jährigen Patientin mit Dissektion und Verschluß in der Behand- Kontrolle potentieller Nebenwirkun- der linken A. carotis interna (ACI) unter jahrelanger Thera- lung von Bin- gen richten. Besonders für einen pie mit D-Penizillamin bei Morbus Wilson. Die Verlaufs- degewebser- Morbus Wilson untypische Sympto- kontrolle nach einem Jahr (b) zeigt die Rekanalisation des krankungen me im Verlauf der Erkrankung, wie Gefäßes und zusätzlich eine Schleife (Coiling) im Bereich in der Derma- Paresen oder Sprachstörungen, soll- tologie [9]. ten immer zu einer Gefäßdiagnostik der Schädelbasis (Pfeil). Jedoch wird veranlassen. über diesbe- a b zügliche Ne- Literatur: benwirkungen 1. Brandt T, Orberk E, Grond-Ginbach C. und insbeson- Klinik und Therapie der Dissektionen hirn- dere über vas- versorgender Arterien. Nervenarzt 2006; 77: 17–30. kuläre Kom- plikationen 2. Schievink WI. Spontaneous dissection of the carotid and vertebral arteries. N Engl J Med in der Lang- 2001; 344: 898–906. zeitanwen- 3. Brandt T, Grond-Ginbach C. Spontaneous dung wie bei cervical artery dissection – from risk factors der Therapie towards pathogenesis. Stroke 2002; 33: 657–8. des Morbus 4. Mjolnerod OK, Rasmussen K, Dommerud Wilson selten SA, Gjeruldsen ST. Congenital connective-tis- berichtet [10]. sue defect probably due to D-penicillamine treatment in pregnancy. Lancet 1971; I: 673–5. Eine Karotis- 5. Biesold D, Günther K. Improved method for dissektion als investigation of copper metabolism in patients Komplikation with Wilson’s disease using 64Cu. Clin Chim einer jahrelan- Acta 1972; 42: 353–9. gen D-Peni- 6. Walshe JM. Penicillamine, a new oral zillamin-Ein- therapy for Wilson’s disease. Am J Med 1956; nahme ist in 21: 487–95. der Literatur 7. Raab W. Zur Wirkung von D-Penizillamin bisher nicht (Dimethylcystein) auf dermale Proteine des Menschen; Vergleich mit Acetylcystein. Arch beschrieben, Derm Forsch 1974; 248: 315–20. könnte aber 8. Raab W, Gmeiner B. D-Penicillamine in hier in kausa- dermatology: influence on enzymatic activ- lem Zusammenhang zur Therapie mit DISKUSSION dem Chelatbildner stehen. Zusätzlich ities of human skin in vitro. Arch Derm Res 1975; 254: 87–93. könnte bei der Patientin eine schädel- 9. Harris ED, Sjoerdsma A. Effect of penicilla- Seit seiner Einführung ist D-Penizill- basisnahe Schleifenbildung der lin- mine on human collagen and its possible ap- plication to treatment of scleroderma. Lancet amin Mittel der ersten Wahl zur Be- ken ACI ein Triggerfaktor gewesen 1966; 2: 996–9. handlung des Morbus Wilson [6]. sein. Zumindest muß aber ein prä- 10. Brewer GJ. Wilson’s disease: a clinician‘s Der Einsatz wird allerdings durch disponierender Einfluß der Langzeit- guide to recognition, diagnosis, and manage- Nebenwirkungen begrenzt, die sich therapie mit D-Penizillamin auf die ment. Kluwer Academic Publishers, Boston- in initial auftretende Hypersensitivi- Entstehung der spontanen Karotis- Dordrecht-London, 2001. tätsreaktionen und ernster zu neh- dissektion vermutet werden. Da bei mende autoimmunologische Phäno- der Behandlung mit D-Penizillamin mene einteilen lassen. Seit langem Nebenwirkungen insgesamt häufig Korrespondenzadresse: ist auch bekannt, daß D-Penizillamin sind und selbst noch nach langer Dr. med. Peter Günther über eine Spaltung von Disulfidbrük- Therapiedauer auftreten können, Klinik und Poliklinik für Neurologie ken eine verstärkte Löslichkeit von sollte dies in der Betreuung von Pati- Universität Leipzig, AöR Kollagen und anderen Proteinen der enten mit Morbus Wilson berück- D-04103 Leipzig, Liebigstraße 22a Dermis bewirkt [7, 8]. Diese kolla- sichtigt werden. Regelmäßige Kon- E-Mail: genolytische Eigenschaft führte zum trollen müssen sich daher nicht nur peter.guenther@medizin.uni-leipzig.de J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 4/2007 41
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