KMU-Leitfaden zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität - OBT AG
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Treuhand | Steuer- und Rechtsberatung Wirtschaftsprüfung | Unternehmensberatung Informatik-Gesamtlösungen KMU-Leitfaden zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität Mit effektivem Employer Branding und geeigneten Massnahmen den Fachkräftemangel angehen Alexander Fust | Marina Mahler | Alexander Graf | Thomas Züger | Nathalie Bolliger | Christoph Brunner www.kmu.unisg.ch www.obt.ch
Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 1 Zusammenfassung / Management Summary 3 2 Einleitung 6 3 Arbeitgeberattraktivität erhöhen durch Employer Branding und Candidate Journey 10 3.1 Entwicklung des Employer Brandings 10 3.1.1 Ziele definieren 10 3.1.2 Status quo erheben 12 3.1.3 Strategie entwickeln 13 3.1.4 Massnahmen entwickeln und umsetzen 15 3.1.5 Massnahmen überprüfen 15 3.2 Analyse des Rekrutierungsprozesses anhand der Candidate Journey 16 4 Massnahmen zur Förderung von Arbeitgeberattraktivität 20 4.1 Arbeitgeberattraktivität über Mitarbeiterbindung 20 4.1.1 Massnahmen im Arbeitsalltag 21 4.1.2 Massnahmen in der Führungskultur 22 4.1.3 Massnahmen im Bereich New Work 24 4.1.4 Massnahmen bei der Vergütung 26 4.2 Arbeitgeberattraktivität in der Rekrutierung 26 4.2.1 Allgemeine Massnahmen in der Kommunikation 26 4.2.2 Massnahmen bei den Kommunikationskanälen 28 4.3 Massnahmen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie 32 4.4 Messbarkeit und Kontrolle getroffener Massnahmen 32 5 Umfrageergebnisse: Förderung der Arbeitgeberattraktivität in der Praxis 34 5.1 Funktions- und Unternehmensangaben 34 5.2 Nutzung von Massnahmen zur Förderung der Arbeitgeberattraktivität 38 6 Schlussbetrachtung und Fazit 43 7 Literaturverzeichnis 44 8 Anhang 45 8.1 Erstellung einer Mitarbeiterumfrage 45 8.2 Umfrage: Förderung der Arbeitgeberattraktivität in der Praxis 46 8.3 Interviewleitfaden 49 9 Porträt der Interviewpartner und Danksagung 50 10 Porträt der OBT AG und des KMU-HSG 53 Drucksache myclimate.org/05-21-250587
Vorwort Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen intensiv zu spüren. KMU suchen nach quali fizierten Fachkräften, finden sie jedoch nicht immer. Diese Herausforderung wird sich aller Voraussicht nach weiter intensivieren, nachdem ein noch grösserer Anteil der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation nahe dem Pensionsalter ist. Somit stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln KMU ihre Arbeitgeberattraktivität sowohl für bestehende als auch für potenzielle Mitarbeitende unterschiedlicher Alters- stufen erhöhen können. Diesem in der KMU-Praxis viel beachteten und diskutierten Thema möchten wir uns im vorliegenden Leitfaden widmen. Wir wünschen viel Freude beim Lesen unseres Leitfadens und hoffen, dass wir die eine oder andere Inspiration bieten können. St.Gallen, im September 2021 Die Autoren Vorwort | 1
1 Zusammenfassung / Management Summary Die Rekrutierung und Bindung qualifizierter Fach- Employer Branding kräfte ist für KMU ein herausfordernder Prozess. Beim Employer Branding werden Erkenntnisse aus Neben dem Alltagsgeschäft gilt es, möglichst attrak- dem Marketing genutzt, um Firmen als Arbeitgeber- tiv auf potenzielle und bestehende Mitarbeitende marke aufzubauen und zu pflegen. Das Unternehmen zu wirken. Wir möchten ein Verständnis für die viel- kann sich dadurch bei bestehenden Mitarbeitenden fältigen Möglichkeiten auf dem Weg hin zu einer und möglichen Bewerbenden als attraktiver Arbeit- höheren Arbeitgeberattraktivität aufbauen und da- geber positionieren. Die Entwicklung des Employer bei die Erfolgsfaktoren unterschiedlicher Vorgehens Brandings besteht aus fünf Schritten: weisen aufzeigen sowie relevante Reflexionsfragen Projektziele definieren, zeitliches und finanziel- stellen. Dabei nehmen wir die Perspektive der Mit- les Budget sowie Projektablauf festlegen arbeitenden ein. Es lohnt sich, die eigene Arbeit Status-quo-Analyse von Arbeitgebereigen- geberattraktivität zu hinterfragen, Massnahmen zur schaften, vom Arbeitgeberimage und vom Verbesserung zu identifizieren, um nach deren Um- Arbeitsmarkt mit seinen Mitbewerbern setzung zukünftig mehr qualifizierte Fachkräfte zu Strategie definieren mittels Zielgruppenanalyse, finden und die Mitarbeiterbindung nachhaltig stär- Positionierung und Entwicklung der Arbeitgeber ken zu können. marke. Entscheiden Sie, wie Sie als Unternehmen wahrgenommen werden möchten. Arbeitgeberattraktivität als Erfolgsfaktor Massnahmen entwickeln und umsetzen Motivierte und qualifizierte Mitarbeitende sind ein mithilfe eines zielgruppenspezifischen Kommu- zentraler Erfolgsfaktor für den Fortbestand und das nikationsplans Wachstum von KMU. Auf dem Arbeitsmarkt lässt Massnahmen überprüfen mittels geeigneter sich jedoch ein ausgeprägter Fachkräftemangel Kennzahlen und langfristiger Beobachtung der beobachten, der demografische Wandel wird diesen Umsetzung Trend weiter intensivieren. Die Anteile der Genera- tionen in der Erwerbsbevölkerung verschieben sich Rekrutierungsprozess / Candidate Journey und mit ihnen ändern sich Präferenzen und Wertvor- Sie lernen die Reise eines Bewerbenden von der stellungen. Vor dem Hintergrund dieser Dynamik ersten Kenntnisnahme des Unternehmens über den möchten wir den Fokus auf die folgenden Fragen Bewerbungsprozess bis hin zum Onboarding oder richten: Wie können KMU ihre Arbeitgeberattrakti- zum ersten Arbeitstag kennen. Berührungspunkte vität für bestehende und potenzielle Mitarbeitende des Bewerbenden mit dem Unternehmen werden erhöhen? Wie können KMU ihr Employer Branding identifiziert, seine Empfindungen werden versucht (weiter)entwickeln? einzuschätzen. Berührungspunkte mit hoher Rele- vanz für die Mitarbeitenden bei gleichzeitig leichter Vorgehen Beeinflussbarkeit durch den Arbeitgeber sollten Es gilt, zunächst ein Verständnis für die grundlegen- priorisiert werden. Innerhalb dieser Priorisierung den Schritte bei der Entwicklung des Employer sollten zudem jene Punkte zuerst angegangen wer- Brandings zu entwickeln und in der Folge die Stär- den, welche die negativsten Emotionen oder Emp- ken und Schwächen des Rekrutierungsprozesses findungen bei Bewerbern hervorrufen. anhand der Candidate Journey zu identifizieren. Im Anschluss werden auf dieser Basis unterschied- lichste Massnahmen bei der Mitarbeiterbindung und der Mitarbeiterrekrutierung ermittelt. Zusammenfassung / Management Summary | 3
Arbeitgeberattraktivität über Mitarbeiterbindung Arbeitgeberattraktivität in der Mitarbeiterrekrutierung Ein Arbeitgeber wird als attraktiv wahrgenommen, Die Rekrutierung kann als eigene Marketingdisziplin wenn er auch wirklich so ist, wie er sich gibt. Glaub- betrachtet werden. Überlegen Sie, welche eigenen würdigkeit und Authentizität sind zentral, damit Stärken des Unternehmens in der Arbeitgeberkom- getätigte Massnahmen ihre Wirkung langfristig munikation selbstbewusst genutzt werden können entfalten können. Nachfolgend sind verschiedene (siehe Employer Branding). Massnahmen zur Erhöhung der Arbeitgeberattrak tivität aufgelistet: Allgemeine Massnahmen in der Kommunikation: Mitarbeitenden-Benefits veranschaulichen Ausgewählte Massnahmen im Unternehmensalltag: und zeigen, was neben dem Gehalt zusätzlich Angebot an Aus- und Weiterbildungs geboten wird möglichkeiten, gegebenenfalls Kostenbeteili- Mitarbeiterempfehlungen fördern, gegebenen gung bei externen Weiterbildungen falls mit eigenem Empfehlungsprogramm Förderung von Kollegialität und Teambuilding Empfehlungsplattformen nutzen (z.B. Kununu, mit gemeinsamen Sportaktivitäten und Glassdoor), Bewertungen kommentieren wiederkehrenden Team- oder Unternehmens aktiver Kontakt mit Bewerbenden in der anlässen HR-Kommunikation, auch ohne Vakanzen oder ansprechende Gestaltung des Arbeitsplatzes bei Absagen Digitalisierung nutzen zur administrativen Kooperationen mit Bildungseinrichtungen im Arbeitserleichterung, für unternehmensinterne Rahmen von Abschlussarbeiten, für Gastreferate Netzwerke, Informations-Management-Systeme oder Praxisprojekte oder digitale Stellenanzeigen-Vorlagen Praktikumsplätze anbieten, Traineeprogramme für Absolventen auflegen Ausgewählte Massnahmen in der Führungskultur: Teilnahme an Arbeitgeber Awards prüfen und kontinuierliche und abwechslungsreiche von der damit verbundenen Aufmerksamkeit Mitarbeiterbefragungen profitieren regelmässiger Austausch und Feedback eine positive Medienpräsenz mittels unter- anstelle von nur einmal stattfindenden schiedlichster Inhalte und Publikationen fördern Jahresgesprächen Mitarbeitende einbinden, nach ihrer Meinung Ausgewählte Massnahmen bei den Kommunika fragen und ihnen mehr Verantwortung über tionskanälen: tragen authentische Gestaltung von Webseite Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten und Karriereunterseite mittels Fotos, im Personalentwicklungsgespräch Videos und Statements von Mitarbeitenden Mitarbeitende über Job Enrichment auch aussagekräftige Stellenanzeigen inkl. fachspezifisch fördern Möglichkeit von Multipostings Wertschätzung zeigen und für gute Arbeit Teilnahme an Karrieremessen von Hoch Lob aussprechen schulen mit kreativem Auftritt Nutzung der Neuen Medien: Präsenz und Ausgewählte Massnahmen im Bereich New Work: Storytelling auf Plattformen wie LinkedIn, Freiheit und Selbständigkeit ermöglichen Facebook, YouTube oder Instagram eine Antwort auf die Frage nach dem «Purpose» Generation Z ansprechen und für sie inte (d.h. Zweck) des Unternehmens haben ressante Inhalte aufbereiten und über soziale selbstorganisierte Teams unterstützen, Netzwerke verbreiten die unter vorgegebenen Firmenzielen arbeiten Flexibilität ermöglichen bei Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsaufgaben agiles Arbeiten fördern und auf schnell wechselnde Anforderungen flexibel reagieren offen und modern gestaltete Büroräum lichkeiten Werthaltungen und Präferenzen der Digital Natives berücksichtigen 4 | Zusammenfassung / Management Summary
Kontrolle umgesetzter Massnahmen Die Aktivitäten rund um die Erhöhung der Arbeitge- berattraktivität beinhalten vorrangig weiche, schwer quantifizierbare Faktoren. In der Praxis erfolgt die Überprüfung von getätigten Massnahmen grossteils intuitiv und nicht mittels Kennzahlen. Sollen diese zur Beurteilung der eigenen Situation jedoch heran- gezogen werden, so gibt es einfach zu messende Kennzahlen mit grosser Wirkung (z.B. Anzahl einge- hender Bewerbungen pro Funktion, Anzahl Über- stunden, Fluktuationsrate, Mitarbeiterzufriedenheit als Umfrage, Unfall- und Krankheitstage). Umfrageergebnisse Die Verantwortlichen aus Geschäftsführung, Ge- schäftsleitung und Personalleitung von KMU und Grossunternehmen wurden befragt. Zentrale Her ausforderungen sind für die Befragten (n = 72) eine zu geringe Anzahl an Bewerbungen von gut ausgebildeten Fachkräften sowie grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung, auch wenn es um den Nachwuchs geht. Als wichtigster Treiber der Arbeitgeberattraktivität werden von den Befragten das Arbeitsklima und die Arbeitstätig- keit genannt, mit Abstand folgen die Arbeitsplatz sicherheit und die Unternehmenskultur. Im Bereich der getroffenen Massnahmen hat die Mehrheit der Befragten gute Erfahrungen mit Mitarbeiter empfehlungsprogrammen, mit der Mitarbeiter- partizipation in Form von Ideen und Verbesserungs vorschlägen, mit regelmässigen Teamevents und mit Feedbackmöglichkeiten von Mitarbeitenden an Führungskräfte gemacht. Zusammenfassung / Management Summary | 5
2 Einleitung Motivierte und qualifizierte Mitarbeitende sind wich- zwei Unternehmen) tätig sind. Diese Betriebe sind tig für alle KMU. Sie sind ein zentraler Erfolgsfaktor oft nur innerhalb ihrer Lieferkette bekannt, als End- für Fortbestand und Wachstum der Betriebe, weshalb verbraucher nimmt man sie oft nicht wahr, was das Finden und Binden der richtigen Mitarbeitenden ihnen die Bewerbersuche zusätzlich erschwert. Die elementar für deren Erfolg ist. Auf dem Arbeitsmarkt Hintergründe, warum den KMU im Zuge des Fach- hingegen lässt sich in verschiedenen Branchen ein kräftemangels immer häufiger die Bewerbenden grosser Fachkräftemangel beobachten. Der Kampf ausbleiben, sind also so unterschiedlich wie die um die Talente tobt. Vor dem Hintergrund des demo Betriebe selbst. grafischen Wandels und der Tatsache, dass die geburtenstarken Jahrgänge ab 1950 bereits oder Trotz dem allgemeinen Trend gibt es nun aber Fir- bald in Pension gehen werden (Bundesamt für Sta- men, die im Vergleich zu anderen weniger Mühe tistik, 2021), darf angenommen werden, dass sich haben, vakante Stellen zu besetzen und eine gerin- dieser Trend auch in den nächsten Jahren weiter gere Fluktuation aufweisen. Oft ist dies zusammen- verschärfen wird. Das Bundesamt für Statistik geht hängend mit Massnahmen, die sie zur Verbesserung in seiner Analyse der Bevölkerungsszenarien davon ihrer Arbeitgeberattraktivität ergriffen haben. Dar- aus, dass der Anteil der Erwachsenen im Alter von unter fällt etwa die Entwicklung eines Employer 20 bis 64 Jahren an der Gesamtbevölkerung von Brands1, einer Arbeitgebermarkenbildung. Das 61,5 % im Jahr 2018 auf 55,1% im Jahr 2050 sinken Employer Branding dient zur Kommunikation und wird (Bundesamt für Statistik, 2021). Der Kampf um Steigerung der wahrgenommenen Arbeitgeber die Talente («war for talents») wird sich somit aller attraktivität von potenziellen und bestehenden Mit- Voraussicht nach verstärken. Mit der Verschiebung arbeitenden und nutzt somit Erkenntnisse aus dem der Anteile der Generationen in der Erwerbsbevöl- Marketing (siehe Sponheuer 2010, S. 269; Immer- kerung verschieben sich auch die Präferenzen: Der schitt und Stumpf, 2019, S. 36). Bewerbermarkt wird heterogener, Ansprüche und Wertvorstellungen ändern sich. Insbesondere der Eine Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität lohnt sich Altersgruppe der Millennials / Generation Y und der in vielerlei Hinsicht. Neben der Lösung des eigentli- Generation Z wird nachgesagt, dass ihnen die Sinn- chen Problems des Fachkräftemangels kann allein haftigkeit ihrer Arbeit immer wichtiger wird (Fintz, schon die Entscheidung, etwas für seine Arbeitge- 2014). Sie wünschen sich eine gewisse Bestimmung berattraktivität zu tun, bei der Firma einen wertvollen in ihrer beruflichen Tätigkeit und KMU haben gute Prozess in Gang setzen: Man erkennt schnell, was Argumente dafür. von Mitarbeitenden gut und was schlecht aufge- nommen wird und wo im Bereich des eigenen Zu- Oft erkennen Betriebe eine Handlungsnotwendig- kunftspotenzials wichtige Stellschrauben liegen. keit anhand der Qualität und der Quantität der Bewer- bungen, die bei ihnen eingehen. Andere beschlies sen, an ihrer Arbeitgeberattraktivität zu arbeiten, weil ihrer Branche ein bestimmtes Image anhaftet. Dieses wird von möglichen Bewerbenden oft auto- matisch und vollkommen ungerechtfertigt auf alle dort tätigen Unternehmen übertragen, was die Betriebe in der Folge beim Finden und Halten quali- fizierter Mitarbeitenden beeinträchtigt. Andere KMU 1 Beim Employer Branding geht es darum, dass die Marken bildung aus dem Marketing angewendet wird, um den sind die Herausforderungen im Bewerbermarkt Arbeitgeber im Markt als attraktiv zu positionieren. Es geht mitunter schon gewohnt, da sie beispielsweise darum, diese Markenbildung zu planen, zu steuern und hoch spezialisiert im B2B (Business-to-Business, zu kontrollieren (siehe Sponheuer 2010, S. 269; Immerschitt also Geschäftsbeziehungen zwischen mindestens und Stumpf, 2019, S. 36 ff.). 6 | Einleitung
Eine hohe Arbeitgeberattraktivität sorgt aber auch Zufriedenheit der Mitarbeitenden, ihr Engagement für begeisterte Mitarbeitende: Laut der Top-Job- sowie auf ihre physische und psychische Gesundheit Studie der Universität St.Gallen (siehe Abbildung 1) aus (Bruch et al., 2021). Gleichzeitig reduziert sie die wirkt sich eine hohe Arbeitgeberattraktivität auf die Kündigungsabsicht der Mitarbeitenden. 27 % Zufriedenheit 17 % 23 % Produktivität 27 % 10 % Gesundheitszustand 16 % – 25 % Emotionale Erschöpfung – 23 % – 34 % Kündigungsabsicht – 36 % – 40 % – 30 % – 20 % – 10 % 0% 10 % 20 % 30 % Führungskräfte Mitarbeitende Abbildung 1: Effekte von Arbeitgeberattraktivität bei Führungskräften und Mitarbeitenden (Bruch et al., 2021) Wir möchten mit unserem Leitfaden zur Arbeitgeber Dabei interessieren uns konkrete Massnahmen, die attraktivität die folgenden Fragen adressieren: Ihnen helfen sollen, die Arbeitgeberattraktivität zu Wie können KMU ihre Arbeitgeberattraktivität erhöhen. Um diese Massnahmen zu entwickeln, in- für bestehende und potenzielle Mitarbeitende terviewten wir sowohl Persönlichkeiten aus KMU, erhöhen? die beim Swiss Arbeitgeber Award sehr gut ab Wie können KMU ihr Employer Branding ent geschnitten haben, als auch Experten im Bereich wickeln? A rbeitgeberattraktivität. An verschiedenen Stellen dieses Leitfadens finden Sie Zitate aus den geführten Interviews. Wir möchten uns herzlich bei den Inter- viewpartnern für ihre wertvolle Zeit und die spannen den Erkenntnisse bedanken (siehe Tabelle 1). Einleitung | 7
Datum des Name Funktion im Unternehmen Firma Dauer des Interviews Interviews 01.06.2021 Andreas Borner CFO und Personalleiter Dectris AG 60 min 08.06.2021 Stefan Barp GL-Mitglied und Leiter HR AFC Airflow Consulting AG 60 min 10.06.2021 Monica Bernardi Personalleiterin IMPAG AG 60 min 11.06.2021 Michel Ganouchi Inhaber recruma GmbH 60 min Projektleiter Employer Branding Kanton Zürich 08.06.2021 Monika Zemp Co-CEO Hunziker Partner AG 60 min Tabelle 1: Interviewpartner für den Leitfaden Gleichzeitig führten wir im Juni 2021 eine Umfrage Kapitel 4 geeignete Massnahmen zur Verbesserung durch, die an über 1’000 Führungskräfte von KMU der Arbeitgeberattraktivität abgeleitet werden. Hier- verschickt wurde. Die Ergebnisse finden Sie in Ka- bei werden wir Ihnen neben Massnahmen zur Mit- pitel 5 dieses Leitfadens. Zuvor stellt Kapitel 3 die arbeiterbindung auch geeignete Instrumente für die Grundlagen und einen möglichen Prozess für die Rekrutierung vorstellen. Entwicklung des Employer Brandings vor, bevor in Einleitung | 9
3 Arbeitgeberattraktivität erhöhen durch Employer Branding und Candidate Journey Der Prozess des Employer Brandings wird im Fol- Mitarbeitenden und möglichen Bewerbenden als genden ausgeführt, bevor wir im Anschluss daran attraktiver Arbeitgeber positionieren kann. Dies oft die Candidate Journey vorstellen, um den Rekrutie- mit dem Ziel, mehr und besser passende Bewerbun- rungsprozess zu optimieren. gen zu erhalten und die Stellen optimal zu besetzen. 3.1 Entwicklung des Employer Brandings Für die Entwicklung des Employer Brandings werden Das Employer Branding beschäftigt sich mit dem in verschiedenen Quellen die folgenden Schritte un- Aufbau und der Pflege von Firmen als Arbeitgeber- terschieden (siehe Abbildung 2), nämlich die Ziele marke (Gabler Wirtschaftslexikon, 2021a). Erkennt definieren, den Status quo erheben, eine Soll-Ana- nisse aus dem Marketing werden genutzt, damit lyse, die Strategieentwicklung und die Entwicklung / sich das Unternehmen gegenüber bestehenden Umsetzung der Massnahmen: 3. Wie soll die 4. Strategie 1. Ziele des 2. Status quo Firma als entwickeln 5. Konkrete Employer erheben Arbeitgeber (Zielgruppenanalyse, Massnahmen Brandings (oft mittels wahrgenommen Brandentwicklung, entwickeln und definieren Umfrage) werden Arbeitgeber umsetzen (Soll-Analyse)? positionierung) Abbildung 2: Vorgehen beim Employer Branding (eigene Abbildung in Anlehnung an Immerschitt und Stumpf, 2019, S. 49) 3.1.1 Ziele definieren Unternehmen beschäftigen sich aus verschiedenen Gründen mit der Entwicklung eines Employer Bran- dings. Am naheliegendsten sind Schwierigkeiten, bestehende Stellen zu besetzen, oder zu wenig gute Bewerbungen oder unzufriedenstellende Ergebnis- se von Mitarbeiterbefragungen. Folgende nicht ab- schliessende Auflistung zeigt mögliche Ziele, die mit einem Employer Branding erreicht werden sollen: Bekanntheit als Arbeitgeber erhöhen «Wir wollten weg vom klassischen Bau-Image.» (bei der relevanten Zielgruppe) Monika Zemp, Hunziker Partner AG Verbesserung der Qualität und Quantität der Bewerbungen Bindung bestehender Mitarbeitenden Verringerung der Fluktuationsrate Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation Arbeitgeberattraktivität verbessern (für bestehende und potenzielle Mitarbeitende) Erhöhung der Anzahl an Blindbewerbungen 10 | Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
Nach der Festlegung der Ziele des Employer Bran- sein, dass die Geschäftsführung in der Entwicklung dings wird das Projekt lanciert. Dazu braucht es ein und Umsetzung des Projekts stärker involviert oder klares Commitment der Unternehmensleitung. Das sogar die treibende Kraft ist. heisst, die ganze Geschäftsleitung und insbeson- dere die Geschäftsführung müssen hinter dem Pro- Es gilt, neben den Projektzielen auch das zeitliche jekt stehen und die Notwendigkeit befürworten. Es und finanzielle Budget, die Projektdauer, Erfolgs- braucht während des Projekts immer wieder den messgrössen und den Projektablauf zu definieren. Einbezug der Geschäftsleitung, damit sie über die Die nachfolgende Tabelle 2 bietet dazu eine Vorlage. Schritte informiert ist. Bei kleineren Firmen kann es Bezeichnung Inhalte Projektziele Involvierte Personen Projektverantwortung Zeitliches Budget Finanzielles Budget Strategieentwicklung Finanzielles Budget Umsetzung (z.B. Design, Videos usw.) Projektdauer Projektablauf Erfolgsmessgrössen Tabelle 2: Vorlage für die Projektlancierung (eigene Darstellung) Reflexionsfragen Wer könnte intern die Entwicklung der Arbeit geberattraktivität angehen und eine Leidenschaft dafür entwickeln? Wie hoch ist das Budget für die Entwicklung des Employer Brandings? Wie offen sind Sie, um mit externen Dienst leistern in der Entwicklung der Arbeitgebermarke zusammenzuarbeiten? Welche Firmen könnten Sie nach ihren Erfahrungen mit der Entwicklung des Employer Brandings fragen? Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität | 11
3.1.2 Status quo erheben Ein für KMU gangbarer Kompromiss ist eine von Bevor der Status quo erhoben wird, lohnt es sich, Beratern bereitgestellte Hilfe zur Selbsthilfe. Dabei zuerst zu überlegen, wer dieses Thema gerne um- begleitet die Beraterin bzw. der Berater das Unter- setzen und angehen möchte. Gibt es in der Firma nehmen als Coach und übernimmt z.B. das Projekt- eine oder mehrere Personen, die für dieses Thema management. Die Kosten können somit deutlich eine grosse Leidenschaft entwickeln können? Oft reduziert werden. wird das Projekt durch die zuständige Person im HR im Zusammenspiel mit dem Marketing ausgeführt Unabhängig davon, ob für die Entwicklung des Em- bzw. vorangetrieben. In kleineren Firmen kann auch ployer Brandings Hilfe beansprucht wird oder nicht, überlegt werden, ob sich einzelne Mitarbeitende geht es in einem nächsten Schritt darum, den Sta- dafür interessieren. tus quo zu erheben. Wie wird das Unternehmen als Arbeitgeber bei den Mitarbeitenden wahrge- Aus Beobachtungen und Gesprächen wissen wir, nommen? dass insbesondere bei den kleineren Firmen das Know-how und die Erfahrung fehlen, um das Emp Die Ist-Analyse kann verschiedene Dimensionen loyer Branding aufzubauen. Deshalb stellt sich die beinhalten, wie etwa die Arbeitgebereigenschaften, Frage, wie dieses Know-how aufgebaut und Erfah- das Image und den Vergleich mit dem Arbeitsmarkt rungen gesammelt werden können. Sollen zur Un- und mit Mitbewerbern. Wir unterscheiden die Inhalte terstützung der Entwicklung und Umsetzung des und die Methoden in der folgenden Tabelle, um den Employer-Branding-Konzeptes externe Beratungs- Ist-Zustand herauszufinden. dienstleistungen in Anspruch genommen werden? In der Praxis zeigt sich, dass eine umfangreiche Unterstützung durch externe Dienstleister kosten intensiv für KMU ist – entsprechende Beratungskos- ten können schnell CHF 15’000 – 30’000 übersteigen. Ziel Themen Methoden Arbeitgeber Stärken und Schwächen des Unternehmens Mitarbeitendenbefragung (siehe Anhang) eigenschaften als Arbeitgeber aus Sicht der Mitarbeitenden Fokusgruppen von Mitarbeitenden Leistungen des Unternehmens für die Austrittsinterviews Mitarbeitenden Workshops mit den Mitarbeitenden Prozesse im Personalwesen (z.B. Rekrutierung, Onboarding, Personalentwicklung) Gelebte Werte Womit identifizieren sich die Mitarbeitenden? Kommunikation nach aussen und innen Arbeitgeberimage Wie wird das Unternehmen von verschiedenen Rankings des Arbeitgeberimages Zielgruppen (potenziellen Bewerbenden Befragung von Bewerbenden / Mitarbeitenden / unterschiedlicher Positionen / Funktionen) Arbeitnehmenden in der Branche wahrgenommen? Social-Media-Resonanz (wie und wo wird über Ihr Unternehmen gesprochen / geschrieben?) Analyse der Blindbewerbungen (Anzahl und Qualität) Analyse des Analyse der Positionierung von Unternehmen, Mitarbeitende nach ihren vorherigen Arbeitgebern Arbeitsmarkts die nach ähnlichen Kompetenzen in der gleichen und ihrer Positionierung bei potenziellen Mitarbei- und der Mitbewerber Region / im gleichen Markt suchen tenden befragen Bestehende Studien zu den Präferenzen von Mitarbeitenden und Arbeitsuchenden anschauen Karrierewebseiten / Stellenanzeigen der Mitbewerber untersuchen Tabelle 3: Arbeitgebereigenschaften, Image und Analyse des Arbeitsmarkts mithilfe verschiedener Methoden (i.w.S. Immerschitt und Stumpf, 2019) 12 | Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
Betreffend Kosten-Nutzen-Verhältnis lohnen sich 3.1.3 Strategie entwickeln vor allem die in der Tabelle hervorgehobenen Mass- Es geht nun darum, wie das Unternehmen als Arbeit nahmen. Durch eine Umfrage (siehe Ausführungen geber wahrgenommen werden soll. Folgende drei im Kapitel 8.1) oder durch Interviews sollen die wich- Faktoren sind hierfür zentral (Immerschitt und tigsten Schwächen und Stärken als Arbeitgeber her Stumpf, 2019): ausgefunden werden. Zum Beispiel kann gefragt Zielgruppenanalyse werden, was Sie als Arbeitgeber auszeichnet und Brandentwicklung wieso Ihre Mitarbeitenden bei Ihnen arbeiten. Die Arbeitgeberpositionierung Stärken und Schwächen können gemäss Immer- schitt und Stumpf (2019) folgendermassen unter- Zuerst wird die Zielgruppenanalyse durchgeführt. teilt werden: Wer soll angesprochen werden? Dazu werden die Fähigkeiten / Erfahrung der Mitarbeitenden bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden un- die internen Prozesse terschieden und ihre Bedürfnisse betrachtet (z.B. die interne Kommunikation Lernende, Fachkräfte unterschiedlicher Abteilungen, die Werte der Mitarbeitenden jüngere und ältere Mitarbeitende mit unterschied die Qualität der Zusammenarbeit lichen Werten, Personen mit administrativen Auf der Unternehmensstandort gaben, Führungskräfte usw.). Es lohnt sich, die Ziel- der Unternehmenserfolg gruppen zu benennen und zu definieren. Welche Image in der Branche und dieser Zielgruppen sind kritisch für das Unternehmen? bei potenziellen Arbeitnehmenden die Attrakti- vität der Angebote, die Vergütung, die Karriere- In einem nächsten Schritt wird die Positionierung möglichkeiten, die Attraktivität der Arbeit usw. pro Zielgruppe (und zielgruppenübergreifend) vorge nommen: Falls der Standort als eine Schwäche betrachtet Wofür soll die Arbeitgebermarke stehen? wird, so stellt sich die Frage, was den Standort aus- Mit welchen drei Begriffen lässt sich die Arbeit- zeichnet (z.B. Nähe zu Erholungsgebieten, Sport gebermarke beschreiben? Mit welchen Begriffen usw.). Jeder Standort hat auch immer Stärken, die soll welche Zielgruppe Ihr Unternehmen in es zu erfassen (und danach zu kommunizieren) gilt. Verbindung bringen? Es lohnt sich, dass diese Begriffe auch authentisch sind und somit zur Bei den Werten kann gefragt werden, für welche Firma passen. drei Werte das Unternehmen aus Sicht der Mitarbei- Was ist die Unique Employment Proposition tenden steht oder wie die Zusammenarbeit unterei- (UEP), also das Versprechen des Unternehmens nander beschrieben werden kann. Nach einer Um- gegenüber potenziellen und bestehenden frage werden die Ergebnisse mit einzelnen Personen Mitarbeitenden, die sich aus der Arbeitgeber- oder in den Teams besprochen und Punkte (z.B. positionierung ergibt? Sie gibt Antwort darauf, Schwächen) identifiziert, die es zu verbessern gilt. wieso sich z.B. eine Fachkraft für Ihre Firma als Es gilt, zu verstehen, weshalb einzelne Punkte von Arbeitgeberin interessieren soll (Immerschitt den Mitarbeitenden als weniger gut eingeschätzt und Stumpf, 2019). wurden und wie sie verbessert werden können. Welche Personen passen aus Sicht der Werte, der Erfahrung, der fachlichen Expertise zum Als Inspiration können Karrierewebseiten/Stellen Unternehmen? anzeigen von Mitbewerbern oder auch von Vorzeige firmen anderer Branchen mit hoher Arbeitgeberatt raktivität angeschaut werden. Als Inspirationsplattform in der Schweiz können etwa der Swiss Arbeitgeber Award (https://swissarbeitgeberaward.ch/) und das Great Place to Work Institute (https://www.great- placetowork.ch/) dienen. Bei beiden gibt es die Mög- lichkeit, nach Unternehmensgrösse zu filtern und die prämierten Firmen zu erkennen. Ein Besuch der Karrierewebseiten dieser Firmen kann spannende Ideen für die eigene Entwicklung und Umsetzung der Arbeitgeberattraktivität liefern. Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität | 13
Die Ergebnisse aus der Umfrage und den Interviews nterschieden (siehe weiter unten). Welche Stärken u werden verdichtet. Neben den zu verbessernden und Werte wurden genannt? Lässt sich eine Gewich- Punkten (und den daraus abgeleiteten Massnahmen) tung erkennen? Welche Stärken und Werte wurden werden die Stärken und Werte gesammelt, die Ihre am meisten genannt? Lässt sich dadurch ein Ranking Firma ausmachen. Dabei wird nach Zielgruppen erstellen (siehe Tabelle 4)? Werte Gewichtung der Werte Stärken Gewichtung der Stärken (von 1 bis 10) (von 1 bis 10) Tabelle 4: Gewichtung der Werte und Stärken der Firma, je nach Zielgruppe Zielgruppe Besprechung der Zielgruppe Welche Positionierung Über welche Kanäle möchten möchten wir erreichen? wir dies kommunizieren? Z.B. Produktions- Haben Freude an der Umsetzung Z.B. Entwicklungsmöglichkeiten, Z.B. Karrierewebseite, Videos, mitarbeitende von technischen Lösungen, Konkretisierung der Kultur. Testimonials von verschiedenen haben fachliches und technisches Was macht es aus, bei Ihnen zu Personen (z.B. auf der Webseite Know-how, der Austausch arbeiten? Welche Arbeiten und in Stelleninseraten), Image untereinander ist ihnen wichtig, die machen Freude usw.? broschüre für Mitarbeitende, … Unterstützung durch die Vorgesetz- ten schätzen sie besonders usw. … … … … Tabelle 5: Zielgruppenadressierte Positionierung und Kommunikationskanäle Der Fokus sollte jedoch nicht rein auf die Aussen Reflexionsfragen wirkung gerichtet werden, denn das Employer Bran- Wie möchten Sie sich als Firma zielgruppen ding entfaltet nur dann seine grösste Wirkung, wenn übergreifend positionieren? es glaubwürdig ist und von den bestehenden Mitar- Was unterscheidet Sie von anderen beitenden gelebt wird. Es sollen keine Versprechen Arbeitgebern? gemacht werden, die nicht gehalten werden können. Was macht das Arbeiten bei Ihnen so besonders? Mit welchen Stärken (als Arbeitgeber) möchten «Ein Kardinalfehler beim Employer Branding ist, zuerst den Sie sich positionieren? Fokus auf die Aussenwirkung zu richten. Was innen nicht Über welche Kanäle und wie möchten Sie brennt, kann aussen nicht leuchten.» diese Stärken und Werte (Positionierung) Michel Ganouchi, recruma GmbH kommunizieren? Können sich die bestehenden Mitarbeitenden Folgende Checkliste kann helfen, die Arbeitgeber mit der Arbeitgebermarke und der Positionierung marke zu bewerten: identifizieren? 14 | Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
Prüfkriterien Ja, neutral, nein Glaubwürdig und authentisch für die Zielgruppe(n) Einheitlich trotz zielgruppenspezifischer Ausrichtung Konsistent und widerspruchsfrei Alleinstellend, unverwechselbar (gegenüber Mitbewerbern) Klar und prägnant Emotional wirksam Dauerhaft nutzbar (auch in Zukunft) Attraktiv für die Zielgruppe (bestehende und potenzielle Mitarbeitende) Verständlich für die Zielgruppe(n) Gut und einfach darstellbar für die Kommunikation … Tabelle 6: Prüfkriterien für die Arbeitgebermarke (in Anlehnung an Wolf I.O. Group) 3.1.4 Massnahmen entwickeln und umsetzen 3.1.5 Massnahmen überprüfen Nach der Entwicklung der Arbeitgebermarke und Die grosse Arbeit ist nun getan. Es lohnt sich jedoch, der -positionierung, die auf die Zielgruppen ange- die langfristige Umsetzung im Auge zu behalten. passt wurden, kommt die konkrete Umsetzung. Es Werden die Werte gelebt? Wie nehmen ist wichtig, dass die Zielgruppe der Bewerbenden Bewerbende das Unternehmen wahr? für sich entscheiden kann, ob sie zum Unternehmen Wie authentisch ist die Kommunikation passt oder nicht. Die Texte sollen in der für die Ziel- nach aussen? gruppe relevanten Sprache formuliert und idealer- Sind es die richtigen Kommunikations weise durch die Mitarbeitenden selbstverfasst wer- massnahmen und -kanäle? den. Die Glaubwürdigkeit ist zentral. Wo suchen die Bewerbenden nach Informationen? Welche Botschaften sollen gesendet werden? Die Wie erfolgreich ist das Employer Branding? Oertli Instrumente AG organisierte dazu z.B. ein zwei- tägiges Fotoshooting und einen Videodreh mit einer Dazu können verschiedene Kennzahlen definiert professionellen Fotografin und einer Visagistin. Die werden (siehe auch Kapitel 4.4), z.B. die Erhöhung Mitarbeitenden wurden angefragt, ob sie sich foto- der Anzahl passender Bewerbungen auf offene Stel- grafieren und eine Botschaft auf Video aufnehmen len um 20 %, die Erhöhung der durchschnittlichen möchten. Die Mitarbeitenden waren frei in ihren Bot- Verweildauer der Mitarbeitenden im Unternehmen schaften und die Rückmeldung war überwältigend. um 10 % in den nächsten drei Jahren, die Erhöhung Es nahmen viel mehr Personen als gedacht am Foto der Blindbewerbungen um 20 % oder die Reduktion shooting teil, was ein schöner Beweis für die Iden- der Rekrutierungskosten um z.B. 10 % usw. tifikation mit der Firma ist. Die Karrierewebseite wurde stark überarbeitet und mit Videos und Botschaften der Mitarbeitenden ver- sehen, damit für Bewerbende klarer wird, wofür die Oertli Instrumente AG steht. Auch Testimonials von Mitarbeitenden (als Referenz) wurden glaubwürdig in eigenen Worten erstellt und in Stellenanzeigen sowie auf der Webseite publiziert. Schliesslich wurde eine Imagebroschüre für Bewerbende mit der Vorstel- lung der Firma und der Arbeitgebermarke angefer- tigt. Daraus resultierte ein zielgruppenspezifischer Kommunikationsplan. Das heisst, auf welchen Web- plattformen, Veranstaltungen usw. soll die Arbeit gebermarke für welche Zielgruppe kommuniziert werden? Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität | 15
Was sind mögliche Massnahmen, die für KMU ohne grossen Aufwand umgesetzt werden können? Falls Sie sich nun denken sollten, dass dies zwar ein spannender Prozess ist, Sie jedoch keine Zeit für all diese Schritte haben, so können wir nachfolgend relevante Handlungsoptionen darstellen, die mit wenig Aufwand und grosser Wirkung umgesetzt werden können. Wir fragten Michel Ganouchi, was er KMU mit einem überschauba- ren Budget empfiehlt, um ihren Auftritt als Arbeitgeber nach aussen zu verbessern. Er gab die folgenden Tipps: Umfrage / Interviews mit Mitarbeitenden zu den wichtigsten Stärken und Schwächen als Arbeitgeber durchfüh- ren: Wieso arbeiten die Mitarbeitenden gerne im Unternehmen? Stellenanzeigen attraktiver gestalten: Die Stellenanzeige ist ein wichtiges Kommunikationsmittel. Wie kann sie die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens am besten transportieren? Einrichtung Karrierebereich: Auf Ihrer Webseite können Sie einen Karrierebereich einrichten, der Jobinteressen- ten relevante Infos zu Ihrem Unternehmen neben den offenen Stellen liefert. Mögliche Inhalte sind Mitarbeiterstorys/-porträts, Unternehmenskultur / Unternehmenswerte, Übersicht der Mitarbeiterbenefits usw. Die Arbeitsatmosphäre wird von vielen Mitarbeitenden als zentral eingestuft. So stellt sich die Frage, wie wertschätzend die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden umgehen und wie die Arbeitsatmosphäre eingeschätzt wird. Freuen sich die Mitarbeitenden, bei Ihnen (und Ihren Führungskräften) arbeiten zu dürfen? 3.2 Analyse des Rekrutierungsprozesses wie den Net Promotor Score4 während des Bewer- anhand der Candidate Journey bungsprozesses überprüfen. Für die Verbesserung der externen Arbeitgeber attraktivität lohnt sich insbesondere die Erstellung Es ist wichtig, zu verstehen, dass es in Ihrem Unter- und Analyse einer Candidate Journey. nehmen keine einzige, allgemeingültige Candidate Journey gibt. Der Pfad und die Berührungspunkte Falls Sie bereits im Unternehmen mit Customer der Bewerbenden mit Ihrem Unternehmen können Journeys2 gearbeitet haben, ist Ihnen das Konzept sich unterscheiden. Es sollten daher mehrere Sze- bekannt. Anders als bei der Customer Journey ste- narien aus der Sicht bestimmter Personas5 durchge- hen bei der Candidate Journey nicht Kunden, son- spielt werden. Eine Persona kann beispielsweise dern potenzielle Mitarbeitende im Fokus: Die Reise nach Altersgruppe, Ausbildungsgrad, Art der Stelle der potenziellen Mitarbeitenden soll sich von der und anderen Attributen definiert werden. Es lohnt ersten Kenntnisnahme des Unternehmens über den sich, in diesem Zusammenhang zunächst eine Be- Bewerbungsprozess bis hin zum Onboarding oder werbergruppe oder Funktion zu priorisieren. Überle- zum ersten Arbeitstag erstrecken. gen Sie sich, welche Art von Bewerbenden derzeit besonders relevant ist und bei welchen Stellen Sie Es geht anders ausgedrückt darum, sich in die Lage mit der Bewerbersituation (Anzahl und Qualität) eines Bewerbers zu versetzen und dessen individu- nicht zufrieden sind. elles Empfinden während bestimmter Kontaktpunk- te mit Ihrem Unternehmen nachzuvollziehen. Denken Hier einige Beispiele möglicher Berührungspunkte, Sie den Bewerbungsprozess eines Kandidaten durch. die sich je nach Art der Bewerbenden bzw. Ihrer Der Zeitaufwand hierfür kann in einem überschau- gewählten Persona unterscheiden können: baren Rahmen von ein bis zwei Tagen g ehalten wer- den, aber auch darüber hinausgehen, wenn Sie eine umfassendere Analyse durchführen wollen. 3 Möch- ten Sie auf Berater als Unterstützung bei der Analyse Ihrer Candidate Journey zurückgreifen, sollten Sie mit minddestens CHF 2’000 – 2’500 an Honorarkos- ten rechnen. Zudem können Sie die sogenannte Candidate Experience (d.h. die Wahrnehmungen der Bewerbenden) beispielsweise über Kennzahlen 4 «Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie einem guten Freund oder Bekannten unser Unternehmen auf Basis Ihrer Erfahrung während des Bewerbungsprozesses weiterempfehlen würden?» Für weitere Kennzahlen siehe Kapitel 4.4. 2 Siehe Fust et al. (2020) für weiterführende Infos zur Erstellung 5 Personas sind fiktive Personen, die für die typische Zielgruppe einer Customer Journey. mit ihren Eigenschaften, Bedürfnissen und Zielen stehen. 3 Beispielsweise Erhebungen mittels Interviews von ehemaligen Sie sind ein zentraler Bestandteil bei der Entwicklung von Kandidaten. Produkten und Services (Gabler Wirtschaftslexikon, 2021c). 16 | Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
Online Bewerbermanagement (Hoch-)Schulmarketing Eigene Webseite Eingangsbestätigung Hochschulmesse Eigene Karrierewebseite Zwischenbescheid Unternehmensvortrag LinkedIn / Xing Einladung zum Telefoninterview Gastvorlesung Kununu-Bewertungen Einladung zum persönlichen Interview Sponsoring Social-Media-Präsenz Einladung zum Assessment-Center Absolventenkongress Wikipedia Absage nach Vorauswahl Material in Erstsemestertüten Stellenanzeige auf Jobplattform Absage nach Telefoninterview Studentenbroschüre Google MyBusiness Absage nach persönlichem Interview Traineebroschüre Schnuppermöglichkeit Vorstellung des Berufs bei Schülern … … … Tabelle 7: Beispiele möglicher Berührungspunkte (Verhoeven, 2016, S. 62) Berührungspunkte können in den folgenden Phasen Die identifizierten Berührungspunkte sollten anhand des Bewerbungsprozesses identifiziert werden (Ver- ihrer Relevanz für die Bewerbenden und der Emp- hoeven, 2019, S. 36): findung/Emotion während des Erlebnisses bewer- Anziehung: Person wird auf das Unternehmen tet werden. Als Ergebnis können Sie eine sogenann- aufmerksam te Candidate Journey Map erstellen. Diese könnte Information: Informationssuche auf Karriere wie folgend in Abbildung 3 aussehen. webseite oder über andere Kanäle Bewerbung: Übermittlung der Bewerbungs unterlagen Auswahl: Absolvierung des Auswahlverfahrens Onboarding: Überführung in das Arbeitsverhältnis Bindung: erste Erfahrungen mit dem Arbeits alltag (beispielsweise erster Arbeitstag) positiv Anziehung Information Bewerbung Auswahl Onboarding Bindung Messeauftritt Infobroschüre Erster Arbeitstag Bewerber-Bewertung Karriere- Vertragsangebot Image- webseite anzeige E-Recruiting Feedback Kontakt nach Vertrags- unterzeichnung Bewerbungs- gespräch Rückfragen negativ Hohe Relevanz Relevanz Geringe Relevanz Abbildung 3: Candidate Journey Map (Verhoeven, 2016, S. 37) Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität | 17
Eine tiefer gehende Analyse kann über das in Ta belle 8 ersichtliche Schema durchgeführt werden. Hierbei wird den eigentlichen Ursachen eines be- stimmten Erlebnisses des Bewerbers auf den Grund gegangen. Es geht um die Identifikation der Grund- ursache, der Sie etwa durch die 5-W-Methode6 auf die Spur kommen können. 6 Hierbei wird von einem bekannten Problem ausgehend bis zu fünfmal in Folge nach dessen Ursache gefragt («Warum?»), wobei jeweils auf die Antwort der vorhergehenden Warum- Frage abgestützt wird, um schliesslich die eigentliche Grundursache eines Problems zu identifizieren. Peters Beschreibung Beschreibung Beschreibung … Candidate Journey Ereignis Ereignis Ereignis Berührungspunkt #1 Berührungspunkt #2 Berührungspunkt #3 Mit … anonym anonym anonym … (Person / Funktion) Mit … Stellenanzeige auf Karrierebereich auf Bewerberformular auf … (Kontaktpunkt, Technik) LinkedIn eigener Webseite Webseite Peters Emotionen … Ursachen hinter den Kulissen, bspw. Zwischen … dass Peter dieses Erlebnis hatte? speichern der z.B: Eintragungen nicht Technik / IT möglich Organisationsstruktur + Zuständigkeiten … Prozesse + Schnittstellen Ausbildung Informationsfluss Zeit / Arbeitsauslastung Einstellung / Haltung Tabelle 8: Beispiel einer Candidate-Journey-Analyse (in Anlehnung an Dr. Simone Begré – siehe Fust et al., 2020) Darauf können etwaige Massnahmen basierend auf Berührungspunkte mit hoher Relevanz für den Mit- den folgenden Faktoren priorisiert werden: arbeitenden bei leichter Beeinflussbarkeit durch den Relevanz für den Bewerber (hoch vor niedrig) Arbeitgeber sollten priorisiert werden. Innerhalb Möglichkeit des Arbeitgebers, die Empfindung dieser zu priorisierenden Berührungspunkte sollten beim Berührungspunkt zu beeinflussen (leicht zudem jene Punkte priorisiert werden, die die nega- vor schwer) tivsten Emotionen oder Empfindungen bei Bewer- Bewerberbewertung/-empfindung bern hervorrufen. (schlecht vor gut) Massnahmen Relevanz für die Bewerben- Beeinflussung durch den Priorisierung (1, 2, 3) den (gering, mittel, hoch) Arbeitgeber (gering, mittel, hoch) Tabelle 9: Bewertung der Massnahmen aus der Candidate Journey 18 | Grundlagen für das Angehen von Massnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
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4 Massnahmen zur Förderung von Arbeitgeberattraktivität In diesem Kapitel wollen wir nun das Wissen der Diese Top-10-Gründe können sich über die Jahre befragten Interviewpartner und weitere Erkennt hinweg und je nach Zielgruppe verändern. Wichtig nisse aus der Praxis zusammenführen und Ihnen die scheint dabei, die eigenen Mitarbeitenden zu befra- wichtigsten Massnahmen vorstellen, die im besten gen, was ihnen wichtig ist (siehe Kapitel 8.1). Fall für nachhaltig begeisterte Mitarbeitende sorgen und zu einer höheren Anzahl an qualifizierten Bewer- Wir konnten auf der Basis unserer Expertengesprä- benden führen. Dabei werden wir zuerst verschiede- che auch erkennen, welche Bereiche Potenzial für ne Hebel und Möglichkeiten im Bereich der Bindung effektive und gut umzusetzende Massnahmen ha- von bestehenden Mitarbeitenden vorstellen, bevor ben, um nicht nur von aussen als attraktiver Arbeit- wir die Potenziale in der Kommunikation beleuchten. geber wahrgenommen zu werden, sondern auch wirklich einer zu sein. Die Glaubwürdigkeit ist zent- 4.1 Arbeitgeberattraktivität ral. Für einen langfristigen Effekt aller Anstrengun- über Mitarbeiterbindung gen zum Thema ist es wichtig, ein Bewusstsein für Laut einer Studie des Personaldienstleisters die Situation der Arbeitgeberattraktivität im eigenen Randstad7 (2021) sind die Top-10-Attribute für die Betrieb über verschiedene Bereiche hinweg zu Attraktivität eines Arbeitgebers die folgenden, d.h., schaffen. Nur dann, wenn die Einstellung überall im innerhalb dieser Bereiche lohnen sich etwaige Betrieb passt, kann Arbeitgeberattraktivität authen- Massnahmen besonders: tisch sein, wirklich gelebt werden und langfristige Effekte bringen. Dann erzielen Kommunikations- massnahmen, welche die Arbeitgeberattraktivität nach aussen hin (d.h. im Zuge der Rekrutierung von 1. Angenehme Arbeitsatmosphäre Mitarbeitenden) stärken, eine höhere Effektivität. 2. Attraktives Gehalt und ebensolche Nebenleistungen Wir werden in den nächsten Kapiteln konkrete Mass- 3. Arbeitsplatzsicherheit nahmen für die Mitarbeiterbindung und die Rekru- 4. Work-Life-Balance tierung neuer Mitarbeitenden ausführen. 5. Finanzielle Tragfähigkeit des Unternehmens «Die Haltung von Geschäftsleitung und Führungskräften 6. Interessante Tätigkeit ist zehnmal wichtiger als jede gut gemeinte Massnahme. 7. Karrieremöglichkeiten Arbeitgeberattraktivität muss im Unternehmen ernst ge- 8. Gute Weiterbildung nommen werden.» 9. Möglichkeit für Home-Office / Remote Work Michel Ganouchi, recruma GmbH 10. Arbeitsort Tabelle 10: Top-10-Gründe, in der Schweiz einen Reflexionsfragen Arbeitgeber zu wählen (Randstad, 2021) Welche drei Ideen kommen Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie darüber nachdenken, die Arbeit geberattraktivität Ihres Betriebes zu erhöhen? In welchen Unternehmensbereichen sind diese Ideen zu verorten? 7 Vergleicht man die Studie des Personaldienstleisters Welche Prioritäten werden aktuell gesetzt? Randstad aus dem Jahr 2021 mit jener von 2019 bzw. aus der Liegen die Massnahmen schwerpunktmässig in Zeit vor Covid-19 scheint sich die Rangordnung nicht wesentlich der Rekrutierung oder in der Bindung von geändert zu haben. Die Arbeitsatmosphäre, das Gehalt und Mitarbeitenden? Nebenleistungen werden nach wie vor am stärksten gewichtet. Welche Top-10-Punkte sind Ihren Mitarbeitenden Die Arbeitsplatzsicherheit hat zwar zugenommen, war aber bereits vor Covid-19 einer der stärksten Faktoren für die Wahl am wichtigsten? eines Arbeitgebers. 20 | Massnahmen zur Förderung von Arbeitgeberattraktivitä
4.1.1 Massnahmen im Arbeitsalltag Kollegialität und Teambuilding fördern ist ein Alle befragten Experten waren sich darin einig, dass weiterer Faktor: Darunter sind sportliche Betätigun- die Gestaltung des Aus- und Weiterbildungs gen zu verstehen wie etwa die gemeinsame Teilnah- angebotes der Betriebe eine wichtige Rolle dabei me an Sportveranstaltungen, ein Kraftraum im Be- spielt, Mitarbeitende langfristig zu entwickeln und trieb, ein Tischfussball oder ein Skiwochenende der zu halten. Dabei sind jedoch nicht nur interne Ange- Belegschaft gemeinsam mit den Partnern. Auch bote relevant, sondern auch die Möglichkeiten für wiederkehrende Team- oder Unternehmensveran- externe Weiterbildungen. Werden zusätzlich die staltungen sind denkbar, bei denen eine Person aus finanziellen Kosten zumindest in grossem Umfang dem Team etwas für die anderen vorbereitet. Damit übernommen, so ist dieses Engagement vonseiten diese Massnahmen die volle Wirkung entfalten kön- der KMU ein bedeutender Treiber auf dem Weg hin nen, lohnt es sich, die Mitarbeitenden die Anlässe zu mehr Arbeitgeberattraktivität. selbst organisieren (z.B. mit Vorgabe eines Budgets) oder ihre Ideen einbringen zu lassen. «An einem Tag pro Jahr gibt es bei uns ein Teamentwick- lungsseminar. Und absolut alle Mitarbeitenden nehmen an Der Arbeitsplatz ist ein zentraler Ort für die Mit diesem Seminar teil.» arbeitenden und so lassen sich dazu verschiedene Monika Zemp, Hunziker Partner AG Fragen stellen: Fühlen sich die Mitarbeitenden wohl an ihrem Für interne Programme sind neben den klassischen Arbeitsplatz? Verkaufs- oder Führungsschulungen zusätzlich The- Wie kann der Arbeitsplatz mit wenig Mitteln men interessant, von denen Teilnehmende auch aufgewertet werden? fernab des Arbeitsplatzes profitieren, z.B. Persön- Haben Sie einen Coworking-Space oder ein lichkeitsentwicklung, Resilienz oder Verhaltensrol- etabliertes Startup besucht, das dem Wohl len. Gleichzeitig wird die gezielte Förderung einzelner fühlen der Mitarbeitenden eine hohe Bedeutung Mitarbeitenden mittels externer, fachspezifischer beimisst? Welche Elemente könnten auch für Aus- und Weiterbildungen sehr geschätzt und sollte Sie spannend sein? idealerweise darüber hinaus z.B. bei der Förderung Wo können sich die Mitarbeitenden ungezwun- eines MBA mit einer Vertragsverlängerung verknüpft gen austauschen? werden. «In unseren Indoor-Begegnungszonen wie auch auf der «Aus- und Weiterbildung ist in unserem Betrieb sehr wich- Terrasse treffen sich unsere Mitarbeitenden gerne für ge- tig. Alle Mitarbeitenden belegen als Teil unseres internen meinsame Pausen, Mittagessen oder nach der Arbeit zur Ausbildungsmodells eine 50- bis 70-stündige Schulung.» Erholung oder für sportliche Aktivitäten. Dies fördert die Monika Zemp, Hunziker Partner AG. gemeinsame Freude und den Zusammenhalt.» Monica Bernardi, IMPAG AG Gleichzeitig können die Möglichkeiten der Digitali- sierung vielfältig ausgeschöpft werden. Normaler- weise bei Mitarbeitenden unbeliebte Tätigkeiten wie die Stunden- oder Spesenerfassung können auch über das Smartphone ermöglicht und dadurch vereinfacht werden. Es gibt zuverlässige Program- me, welche die Informationen von Spesenzetteln über ein Foto automatisiert ins relevante System übertragen. Im HR kann man über digitale Tools wie Massnahmen zur Förderung von Arbeitgeberattraktivitä | 21
z.B. Stellenanzeigen-Vorlagen schneller und effizien- 4.1.2 Massnahmen in der Führungskultur ter arbeiten. Die interne Kommunikation lässt sich Als zentrale Schwerpunkte stehen im Bereich der über unternehmensinterne Netzwerke wie die Soft- Führungskultur der Austausch mit den Mitarbeiten- waretools Yammer, Microsoft Teams, Beekeeper den, die Mitarbeitereinbindung und das Aufzeigen oder ähnliche fördern. Auch können Erfolge (z.B. von Entwicklungsmöglichkeiten im Fokus. Fotos von Objekten) über einen Whatsapp-Chat in der Firma oder über den firmeneigenen Instagram- Als bedeutendes Tool im Dialog mit den Mitarbei- Kanal einfach und erfolgreich geteilt werden. tenden wurde von allen befragten Experten die Mög- lichkeit der Mitarbeiterbefragung genannt. «Unsere interne Kommunikationsplattform (Yammer) lockert die Arbeitsatmosphäre auf und fördert die Kommunikation «Professionelle Mitarbeiterbefragungen bilden die Basis unter den Mitarbeitenden. Von informativen Posts aus dem unserer Unternehmenskultur. Die daraus gewonnenen Er- eigenen Projektbereich bis hin zu lustigen Fotos von gemein- kenntnisse nutzen wir gezielt für entsprechende Massnah- samen Ausflügen – all das darf und soll hier Platz finden.» men, welche unser Unternehmen weiter bringen.» Monica Bernardi, IMPAG AG Monica Bernardi, IMPAG AG Auch Informationsmanagementsysteme lohnen sich Aufgrund der Interviewergebnisse können wir fol- zu etablieren. Dort können Anleitungen zu Prozessen gende Erfolgsfaktoren für die Konzeption und Durch und gebündeltes Wissen zum Unternehmen trans- führung von Mitarbeiterbefragungen ausmachen parent und jederzeit zugänglich hinterlegt werden, (siehe auch Anhang 8.1): was die Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der Mitarbeitenden fördert. Kontinuität: Die Befragungen sollten in regelmässi- gen Abständen erfolgen. So gibt es als Ergebnis keine einmalige Momentaufnahme, sondern ein fortwährendes Stimmungsbild über Jahre hinweg. Abwechslung: Denken Sie an verschiedene Arten von Mitarbeiterbefragungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Aktive Mitarbeit: Alle Teams und Abteilungen sollten an der Befragung teilnehmen und sich im Anschluss die Resultate anschauen und Massnahmen entwi- ckeln bzw. umsetzen. Benchmarking: Schaffen Sie die Möglichkeit zum Vergleich. Entweder zu anderen Betrieben im Rah- men eines Wettbewerbs oder über die Fremdein- schätzung Dritter. «Benchmarking ist wichtig. Mit einer Befragung überprüfen wir für jeden Mitarbeiter das Commitment zu Vision und Leitbild. Die Auswertung enthält seine eigene Meinung sowie die Bewertung durch acht weitere Personen.» Stefan Barp, AFC Air Flow Consulting AG «Die Auswertung von Mitarbeiterbefragungen darf nicht allzu zeitversetzt stattfinden – ansonsten besteht die Gefahr, dass sich in der Zwischenzeit schon zu viel verändert hat.» Andreas Borner, Dectris AG «Ein wichtiger Erfolgsfaktor einer Mitarbeiterbefragung ist der tatsächliche Wille, auf Basis der Umfrageergebnisse etwas umzusetzen. Ohne Veränderungswillen und die not- wendige Ressourcenzuteilung bringt alles nicht viel.» Andreas Borner, Dectris AG 22 | Massnahmen zur Förderung von Arbeitgeberattraktivitä
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