LASTEN-TRANSPORTE MIT DEM FAHRRAD - AGFS NRW
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AGFS Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. Heft 05 | Mai 2015 LASTEN- TRANSPORTE MIT DEM FAHRRAD © www.r-m.de | pd-f AGFS-Kongress Radstation Dormagen Das Quartier – Eröffnung nach Umbau ein Thema, das begeistert des Bahnhofs
AGFS Liebe Freunde der Nahmobilität, willkommen in der Zukunft! Die Zukunft beginnt mit jedem Augen- blick neu. Wir haben die Chance, die Zukunft aktiv zu gestalten – unsere Zu- kunft, in der wir alle leben, wohnen, ar- beiten und unsere freie Zeit verbringen wollen. Die AGFS hat ihr Zukunftsbild für die Städte und Gemeinden von morgen entwickelt: Nahmobil sollen sie sein, lebenswert und offen für alle. Die Wege, Plätze und Grünflächen sollen dazu an- regen, sich gerne und viel zu bewegen – und damit so nebenbei etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Unser neuer Film thematisiert genau das: „Städte in Bewegung“, zu finden auf unserer Homepage. Anschauen! Wir wollen Sie begeis- tern! Willkommen in der Zukunft! Das Bun- leme, die durch den Lieferverkehr verur- desministerium für Bildung und For- sacht werden. Aber auch hier gibt es Lö- schung hat im Wissenschaftsjahr 2015 sungen, wie unser Themenschwerpunkt die Zukunftsstadt thematisiert. Wir als in diesem Haft aufzeigt. AGFS sind Partner der Initiative. Unsere Schwerpunktthema lesen und dann neuen Broschüren liefern hier gute Dis- Innenstadtlogistik neu überdenken! kussionsbeiträge. Das alleine ist aber Willkommen in unserer gemeinsa- nicht genug. Bringen Sie sich mit ein men Zukunft! Ich freue mich auf Ihre Re- in die Diskussion um eine nachhaltige sonanz, vielleicht können wir in Kürze und nahmobile Zukunft unserer Städte. über Erfolge auch in Ihrer Kommune be- Überlassen Sie die Diskussion nicht den richten? autoaffinen Diskutanten. Das Auto hat einen wichtigen Platz in unserer Gesell- Ich wünsche Ihnen eine interessante schaft, aber es gibt auch andere Ver- und inspirierende Lektüre! kehrsmittel – jedes zu seinem Zweck. Diskutieren Sie mit! www.wissenschaftsjahr-zukunftsstadt.de Willkommen in der Zukunft! Wie wer- den wir zukünftig unsere Waren erhal- ten? Die Zukunft des Liefertransports in unseren Innenstädten steht auf dem Prüfstand. Weitermachen wie bisher ist keine Option. Verstopfte Straßen, hohe Ihre Christine Fuchs Luftbelastung und Lärm sind u.a. Prob- Vorstand der AGFS nahmobil 05 | 3
nahmobil 05 | Inhalt LASTENRÄDER 25 Neue Broschüren der AGFS: zum 32 Arnsberg: Mit dem Rad zum Ein- Fußverkehr, zur Bewegungsför- kaufen, weil … 07 Lastentransport derung und zu Radschnellwegen mit dem Fahrrad? 32 Verkehrssicherheitskampagne 26 AGFS verlängert Mitgliedschaften „Toter Winkel“ 09 Da geht noch was: „Transportieren mit dem Rad“ 27 Münster verteidigt Titel als 32 Sicherheit im Fokus: die Aktion fahrradfreundlichste Stadt „Geisterradler“ im Kreis Lippe 10 Die Radspediteure: mit dem Lastenrad durch die Stadt 27 AGFK Niedersachsen startet 33 Radeln von Punkt zu Punkt durch 11 Lastenräder erobern Dortmund 34 Fahrradsicherheitschecks 27 Gemeinsame Standpunkt- 12 Freie Lastenräder erobern beschreibung von StGB NRW, 34 Stadt Arnsberg stellt Radver- die Städte AGFS und ADFC kehrsförderung beim ADFC vor 13 So kommt die Thematik 27 Wissenschaftsjahr 2015: 34 Diensträder in Bonn in den Kommunen voran! Die Zukunft der Stadt 34 Dienstlich genutze Pedelecs 14 Praxisbeispiele in Arnsberg KOMMUNIKATION UND SERVICE AUS DER AGFS INFRASTRUKTUR 28 Internationaler Workshop zur 18 Der Deutsche Fahrradpreis 2015 Elektromobilität in Aachen: 35 Radstation am neuen „Potenziale nutzen“ Dormagener Bahnhof in Betrieb 20 Mensch, Boris! 29 STADTRADELN 2015: 36 Neue Fahrradboxen in Düsseldorf 21 Interview mit Minister Groschek Jetzt anmelden! 36 Nordbahntrasse fertiggestellt 22 Das Quartier – ein Thema, 30 Kreis Unna: das begeistert Radstationen im Aufwind 37 144 neue Stellplätze für Pendler entstanden 24 Der AGFS-Messestand im Zeichen 31 Neues Fahrradbarometer des Quartiers am Düsseldorfer Rheinufer 4 | nahmobil 05
37 Lückenschluss im Duisburger 44 Mehr als ein Rucksack: 49 Emscher-Weg mit neuer Webseite Radverkehrsnetz der ABUS Urbanite ST 7600 und Radreiseführer als innovative Transportlösung 38 Der Hammer Westen für urbane Trendsetter 49 Magazin Metropole Ruhr – in Bewegung zum Radfahren ins Ruhrgebiet 45 ABUS Hyban: der Fahrradhelm 39 Fahrradstraße in der Stadt mit dem Besten aus zwei Welten! 49 Mit dem Fahrrad über den Velen – sicher Rad fahren! Vennbahn Radweg 45 Mehr davon! 39 1. Bauabschnitt des Ruhrtalrad- Konrad Weyhmann in 50 Workshop Reiseassistenz weges nutzbar „aktiv Radfahren“ TERMINE UND UNTERNEHMEN FAHRRAD! FREIZEIT UND VERANSTALTUNGEN TOURISMUS 40 Willkommen, ROSE Bikes! 50 „Mit dem Rad zur Arbeit“ 46 Historischer Jakobsweg führt erfolgreich wie in jedem Jahr 41 Deutschlands schönster durch Coesfelds Innenstadt Fahrradladen mit dem Stores of 52 4. vivavelo Kongress 2016 the Year Award ausgezeichnet 47 Der neue Ludgerusweg in Berlin: Termin steht fest wird zertifiziert 42 Gemeinsam handeln für das 52 Was sonst noch passiert ... Fahrrad im Alltagsverkehr 47 Erfolgreiche Pilotprojekte für Radurlauber in NRW 53 Wanderpapst Manuel Andrack 42 Schwalbes Antwort auf den wird Markengesicht der Fatbike-Trend: Jumbo Jim 48 ADFC zeichnet zwei neue „Bergischen 100“ Qualitätsradrouten in NRW aus 43 Procore – die Reifenrevolution 55 Impressum 48 Radtourenkarte Werse-Ems- 43 Positive Resonanz für WSM Radweg: Münsterländer Fluss- auf der VELOBerlin Natur pur 44 ABUS Bügelschlösser – 48 Neuer Flyer der BahnRadRouten eine Erfolgsgeschichte mit Sicherheit nahmobil 05 | 5
/ LASTENRÄDER / Lastentransport mit dem Fahrrad? Auf dem Weg zu einer effizienten und nachhaltigen Stadtlogistik Den Verkehr mit schweren Lkws haben die meisten Kom- alle zu erreichen, wird mit dem aktuellen Lieferverkehr bereits munen inzwischen aus ihren Innenstädten verbannt und sich heute konterkariert. Dabei gibt es durchaus Lösungsansätze, damit im wörtlichen wie im übertragenen Sinn etwas Luft ver- die jedoch zwingend ein enges Zusammenwirken aller Betei- schafft. Doch mit der sowohl in der Vergangenheit wie auch ligten – KEP-Dienstleiter, Einzelhandel und unterschiedliche künftig rapide wachsenden Zahl der Kurier-, Express- und Pa- Ressorts in den Kommunen selbst – erforderlich machen. Dazu ket-Leistungen (kurz KEP) stehen sie vor neuen Herausforderun- gehören planerische Maßnahmen wie die Ausweisung neuer gen. So wuchs das KEP-Sendungsvolumen nach den Zahlen des Ladezonen inklusive einer deutlich konsequenteren Verkehrs- Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK) in den Jahren überwachung ebenso wie Maßnahmen des Gesetzgebers zur 2000 bis 2013 um 57 %. Die Folgewirkungen: parkende Liefer- Privilegierung von Wirtschaftsverkehren in Ladebereichen. Bei- wagen in der zweiten Reihe oder auf Geh- und Radwegen, ge- spiel: Einführung „Zickzack-Linie“, Zeichen 299 StVO, in Verbin- fährliche Überholmanöver und eine chronische Verstopfung oh- dung mit einem neuen Verkehrszeichen „Ladebereich“. nehin schon überlasteter Verkehrswege. Sinnvoll und notwendig erscheint auch die weitere Förde- rung von automatisierten Schließfächern und zentralen Abhol- Logistikdienstleister suchen neue Ansätze – stationen sowie die Einrichtung von sogenannten Mikro-De- zusammen mit Städten und Kommunen pots. Letztere dienen als Umschlagstellen (Hubs), von denen Der Trend zu immer mehr KEP-Verkehr wird auch in Zukunft aus im Nahbereich zu Fuß oder mit dem Lastenrad ausgeliefert weiter anhalten. Daran besteht nach Expertenmeinung kein wird. Lastenräder können hier künftig eine wichtige Funktion Zweifel. Treiber dieser Entwicklung ist neben dem wachsenden übernehmen, da sie den Radius und die Leistungsfähigkeit der Internethandel im B2C-Bereich vor allem der steigende Konkur- Zusteller rund um den Hub erweitern und die Möglichkeit bie- renzdruck im Einzelhandel, der zu einer weiteren Reduzierung ten, Sendungen sicher und wettergeschützt in Boxen aufzube- der Lagerflächen führt. Insbesondere kleinere Geschäfte sind wahren. dabei auf die Optimierung der Lieferketten unter dem Stichwort „just in time“ angewiesen. Vor diesem Hintergrund suchen in- Hindernisse auf dem Weg zwischen auch die Logistikdienstleister nach neuen Ansätzen. Gerade bei der Einrichtung von Mikro-Depots in zentralen In seiner „Nachhaltigkeitsstudie Innenstadtlogistik“ (02/2015) Lagen sehen Logistikexperten bislang allerdings noch Pro- fordert der BIEK dabei eine intensive Zusammenarbeit mit den bleme. Aber die sollten lösbar sein, denn aktuell gibt es diese Städten und Kommunen. Das gemeinsame Ziel: effizienter und Depots bereits: in Form von parkenden Liefer-Lkws, die ohne nachhaltiger Warentransport. Denn der größte Teil der Abholun- jede Planung, Beschlusslage oder Sanktionierung als Begleit- gen und Zustellungen auf der „letzten Meile“ findet in städti- erscheinung unserer modernen Lebenswirklichkeit hingenom- schen Ballungsräumen statt. men werden. Auch der technisch inzwischen problemlos machbare und Mit neuen Regeln, Mikro-Depots und Lastenrädern ökonomisch wie ökologisch sinnvolle Lastentransport per Fahr- ans Ziel rad erweist sich in der Praxis als nicht unproblematisch. So ist Die Zielsetzung, eine hohe Aufenthalts- und Lebensqualität beispielsweise das Befahren von Fußgängerzonen ohne eine in den Städten und Kommunen und sichere Verkehrswege für Unterscheidung zwischen normalen Fahrrädern und Spezial- © DPD © Mikael Colville-Andersen nahmobil 05 | 7
/ LASTENRÄDER / © Susanne Wrighton fahrzeugen für den touristischen Personentransport (Fahrrad- Pizza jährlich absolvieren, ergeben sich für Unternehmen hand- rikschas) ebenso untersagt wie für Lastenräder. Selbst der feste ökonomische Vorteile. Brieftransport per Rad ist heute in der Praxis nur unter Missach- tung der gesetzlichen Regeln möglich. Problematisch für Las- Herausforderung: Zukunft mitdenken tenräder, die meist einen längeren Radstand und als Dreiräder Lassen wir alles (ggf. mit kleinen Modifikationen) beim Alten eine deutlich höhere Spurbreite aufweisen, ist vor allem auch oder kümmern wir uns aktiv um die Gestaltung der Zukunft? die Infrastruktur. Zu schmale Radwege, keine ausreichenden Diese Frage wird in vielen Bereichen der kommunalen Stadt- Kurvenradien und kaum Platz zum Halten auf Gehwegen sind und Verkehrsplanung zur Nagelprobe. Auch in Bezug auf die neben den rechtlichen Problemen die größten Hindernisse. neuen Herausforderungen bei der Stadtlogistik. Dabei gilt es nicht nur, vielfältige ökonomische und ökologische Herausfor- Die Renaissance des Lastenrads hat bereits begonnen derungen im Blick zu haben, sondern auch ein attraktives, an In Europa waren Lastenräder viele Jahre eine selbstverständ- den Bedürfnissen der Menschen orientiertes Umfeld. Die Um- liche und kostengünstige Alternative zu Karren und Pferde- brüche in den Logistikprozessen, die sich beim Lkw-Verkehr auf droschken. In Fahrradländern wie den Niederlanden oder Däne- den Autobahnen genauso manifestieren wie beim Lieferver- mark sind sie inzwischen wieder eine Selbstverständlichkeit. kehr in den Innenstädten, sind ein gutes Beispiel dafür, dass Praktische Gründe und ein moderner „Lifestyle of Health and es nicht ausreicht, den Status quo zu verwalten. Statt Kosme- Sustainability“ machen die vielfältig nutzbaren Räder, die es tik am Stadtbild sind neue, zukunftsfähige Lösungen gefordert. inzwischen in allen möglichen Variationen mit und ohne Mo- Das sieht auch die KEP-Branche so, die für einen Informations- torunterstützung gibt, bei Lieferdiensten, Handwerkern, Ein- austausch zwischen den Kommunen und runde Tische „mit zelhändlern und vielen Familien beliebt. Auch in Deutschland kommunalen Vertretern, den KEP-Diensten und dem Handel, sind moderne Lastenräder für junge urbane Familien inzwi- moderiert durch die örtlichen Industrie- und Handelskammern“ schen gleichzeitig praktische Helfer, Ausweis einer neuen Hal- als Voraussetzung für die Umsetzung innovativer Konzepte tung und Statussymbol. Auch bei Lieferdiensten, wie Pizzabo- einer nachhaltigen Stadtlogistik wirbt. Zum dringend notwen- ten, ersetzen spezielle Lastenpedelecs inzwischen zunehmend digen Informationsaustausch zwischen den Kommunen kann den Motorroller und den Pkw. Die zentralen Argumente: Schnel- und wird die AGFS auch künftig ihren Beitrag leisten. Auf loka- ligkeit und keine Parkplatzprobleme beim Transport von A nach ler Ebene sind die Städte und Gemeinden gefordert, individu- B sowie niedrige Kosten im Unterhalt. Bei bis zu 30.000 km, elle Antworten zu finden und in gemeinsamer Arbeit die nötigen die Lieferpedelecs beispielsweise bei Dienstleistern wie Joey’s Weichen für die Zukunft zu stellen. 8 | nahmobil 05
/ LASTENRÄDER / Da geht noch was: „Transportieren mit dem Rad“ Aktionen der Umweltberatung der Verbraucherzentrale NRW Vom Wochenendein- portaufgaben eigene Radanhänger oder Lastenfahrräder an- kauf über Baumarkt- schaffen und Abstellraum hierfür vorhalten müssen. Daher wer- Besorgungen bis zum den die Umweltberater der Verbraucherzentrale NRW vor Ort Transport von Akten, anregen, entsprechende Ausleihmöglichkeiten für Radanhän- Koffern oder Getränke- ger und Lastenfahrräder einzurichten. In immer mehr Städten kästen bieten richtig bieten Vereine oder Stadtteilinitiativen, aber auch Baumärkte ausgestattete Fahr- oder Kaufhäuser schon Lastenfahrräder zur – oft kostenlosen – räder, Radanhänger Ausleihe an. oder Lastenfahrräder Die schon vorhandenen und ggf. neu hinzukommenden An- klimafreundliche und gebote wird die Umweltberatung bei einem Marktcheck vor Ort oft auch schnellere erheben. Die Ergebnisse veröffentlicht sie im Anschluss und Mobilitätsalternati- gibt Verbrauchern so einen Überblick über die Ausleihmöglich- ven zum Auto – insbe- keiten in ihrer Stadt. Zusätzlich werden auch Gebrauchtfahr- sondere in der städti- radmärke, Fahrradtauschbörsen und -auktionen sowie gemein- schen Nahmobilität. nützige Fahrradreparaturwerkstätten gelistet. Diese Möglichkeiten Weitere Informationen zu der Aktion „Transportieren mit und die damit ver- dem Rad“ der Verbraucherzentrale NRW gibt es unter: bunden Vorteile be- www.verbraucherzentrale-nrw.de/fahrrad kannter zu machen, ist das Anliegen der Verbraucherzentrale NRW während der Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit vom 30. Mai bis 5. Juni 2015. Im Rahmen der Aktion „Transportieren mit dem Rad“ werden die Umweltberater der Verbraucherzentrale NRW in 19 Städten Verbraucher mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Info-Bro- schüren, persönlicher Beratung und Aktionsständen auf Markt- plätzen und Umweltfesten über die vielfältigen Möglichkeiten, mit dem Rad zu transportieren, aufmerksam machen. Interes- sierte Verbraucher werden zu konkreten Schritten der persönli- chen Verkehrswende angeregt und begleitet. Das Ziel: Weg von den besonders luft- und klimabelastenden Kurzstreckenfahrten mit dem Auto! Die Aktionen werden in der Regel zusammen mit örtlichen Kooperationspartnern wie ADFC, VCD oder kommunalen Mobili- täts-, Klimaschutz- oder Fahrradbeauftragten durchgeführt. Um ein gutes und medienwirksames Beispiel zu geben, wird am je- weiligen Aktionstag eine prominente Person des öffentlichen Lebens zu einer Probefahrt auf einem Lastenfahrrad oder mit einem Radanhängergespann eingeladen. Für die Bürgerinnen und Bürger wird an den Aktionsstän- den eine mit einem Gewinnspiel verbundene Umfrage durch- geführt, bei der die Menschen nach ihren Wünschen zu Ange- boten und Maßnahmen gefragt werden, die das Transportieren mit dem Fahrrad erleichtern könnten. Diese Verbraucherwün- sche werden von den Umweltberatern ausgewertet und an ge- Bettina Willner, Umweltberaterin der Verbraucherzentrale NRW, eignete lokale Ansprechpartner kommuniziert, um die Bedin- mit einem Stand auf der Drahtesel-Messe Bielefeld am gungen für den Radverkehr zu verbessern und die Attraktivität 14. und 15. März 2015 von Rädern als Transportmittel zu erhöhen. Ausleihmöglichkeiten für Rad-Transportmittel sind sinnvoll, damit Verbraucher sich nicht für eher seltene größere Trans- Björn Rickert, Verbraucherzentrale NRW nahmobil 05 | 9
/ LASTENRÄDER / Duisburger Pony Riders seit mehr als zehn Jahren unterwegs Die Radspediteure: mit dem Lastenrad durch die Stadt Sechs engagierte Zweiradenthusiasten haben sich im Fahr- flexibel und wird im Straßenverkehr wegen seiner Auffälligkeit radkurierdienst Pony Riders zusammengeschlossen und arbei- sehr ernst genommen: Man wird gesehen! ten seit mehr als 10 Jahren in dieser Branche in Duisburg. Täglich legen die Kuriere zwischen 80 und 130 km auf dem Zweirad zu- „Mehr Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur“ rück, um zeitnah, schnell und zuverlässig ihre Transporte abzu- Hauptmotive, die Fahrradkuriere zu beauftragen, sind am wickeln. Drei Mitarbeiter leben inzwischen ausschließlich vom Ende das Geld und die hohe Flexibilität. Bei längeren Strecken – Fahrradkurierdienst. Seit einigen Jahren wird der Transportum- Duisburg hat alleine eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa fang größer, zwei Lastenräder ergänzen den Zweiradfuhrpark. 35 km – ist das Rad nicht konkurrenzfähig, in der City hingegen „Alles, was schnell durch die Stadt transportiert werden muss, sind die Dienste unschlagbar, zumal ein Teil der Fußgängerzo- landet bei uns. Besonders in der Innenstadt sind wir schneller nen in Duisburg für den Radverkehr freigegeben ist. Positiv be- als jedes Auto,“ erläutert Hendrik Richter die Geschäftsphilo- merken die Radkuriere eine stetige Verbesserung der Radver- sophie. Dokumententransporte, Zollpapiere, Druck- oder Den- kehrsinfrastruktur: Dort, wo neu gebaut wird, entstehen auch talerzeugnisse, es gibt eigentlich nichts, was die Zweiradspe- gute und großzügige Radverkehrsanlagen. Etwa ein Drittel der dition nicht transportieren kann, vorausgesetzt, es passt auf Aufträge werden inzwischen mit dem Lastenrad abgewickelt, das Bullitt Transportrad. Maximale 180 kg Zuladung sind mög- für den Rest darf das Rennrad zum Einsatz kommen, was das lich inklusive Fahrer. Das alles bewegen die Pony Riders ohne Herz des Fahrradkuriers dann doch höherschlagen lässt. Was Elektrounterstützung. Zur täglichen Postfachleerung in der wünschen sich die Fahrradkuriere? „Mehr Investitionen in die Hauptpost ist das Bullitt ebenso im Einsatz wie zu Apotheken- Radverkehrsinfrastruktur, die schnelle Umsetzung solcher Pro- auslieferungen und eben allen großvolumigen Transportan- jekte wie des Radschnellwegs Ruhr und natürlich viele neue forderungen. Der Transport von Einkäufen vom Supermarkt Kunden, die die Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit dieser Spe- nach Hause ist ein ebenso zunehmender Markt wie die Auslie- dition schätzen und durch Aufträge unterstützen!“ ferung von Restaurantessen in Thermoboxen. Und ab und zu ist auch mal ein Umzug dabei! Das Bullitt hat sich für die Fahrrad- Georg Puhe, Stadt Duisburg, profis bewährt. Als zweirädriges Transportrad ist es wendig und Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement 10 | nahmobil 05
/ LASTENRÄDER / Lastenräder erobern Dortmund Dass Klima- und Umweltschutz etwas mit dem schonenden Wirtschaft ein Lastenradrennen für Unternehmen und Bürger, Umgang mit Ressourcen und der Reduzierung von möglichen inklusive Konstruktions- und Konzeptwettbewerben, rund ums Emissionen zu tun haben, ist allgemein bekannt. Im Bereich der Cargobike durchgeführt. Damit unterstützt die Wirtschaftsför- Energieversorgung kann man auf Erneuerbare Energien setzen derung Dortmund auch Unternehmen wie das Start-up F&A Ma- oder einfach Energie sparen – beim Heizen, Kochen, Konsum nufaktur, das seit 2012 in Dortmund sehr erfolgreich Spezial- usw. Doch was tun auf unseren täglichen Wegen? Wie kann ich und Lastenräder baut. Mittlerweile hat sich auf Initiative der mit meiner Mobilität aktiv zum Klima- und Umweltschutz bei- Wirtschaftsförderung ein Netzwerk von Unternehmen gegrün- tragen? „Die Frage lässt sich leicht beantworten“, meint Cars- det, das die gewerbliche Nutzung von Lastenrädern forciert. ten Elkmann, Klimaschutzmanager der Stadt Dortmund. „Mit Carsten Elkmann möchte in diesem Jahr eine ganz neue Nut- jedem Kilometer, den ich nicht mit dem Auto zurücklege, ver- zergruppe für Cargobikes interessieren, für die häufig ein Auto meide ich große Mengen an Treibhausgas-, Feinstaub- und zu teuer ist: die Studierenden. Dazu soll das Umweltamt-Bullitt Lärmemissionen.“ an den AStA der TU Dortmund übergeben werden. Die Ausleihe Doch welche Alternativen gibt es zum Auto? Klar, zu Fuß, mit könnte über die Plattform von RUDOLF des Netzwerks VeloCi- dem Rad oder mit den Öffis kann ich das Auto ersetzen. Doch tyRuhr laufen, auf dem schon jetzt Lastenräder ausleihbar sind. wie transportiere ich damit meine Mit dem Lastenrad wurde eine schweren Lasten? „Auch hierauf echte Steilvorlage im „heimspiel“ gibt es eine einfache Antwort“, er- für den Klimaschutz geliefert. klärt der Klimaschutzexperte. „Mit einem Lastenrad zum Beispiel, Carsten Elkmann, Klimaschutz- und diese finden gerade in Dort- manager der Stadt Dortmund mund immer mehr Beachtung.“ Das zeigte auch ein Test, der im Sommer 2013 in Dortmund durch- geführt wurde. Vier unterschied- liche Nutzergruppen haben für Auch in anderen Fachberei- eine Radsaison jeweils ein Bul- chen der Verwaltung wird das litt Lastenrad vom Nutzradladen Lastenrad genutzt, beispiels- Punta Velo aus Dorsten zur Verfü- weise bei den Friedhofsbe- gung gestellt bekommen. Initiiert trieben. „Das Lastenrad ist äu- wurde die Aktion vom Fahrrad- ßerst flexibel anwendbar und netzwerk VeloCityRuhr und dem Umweltamt der Stadt Dort- superschnell. Deutlich schneller als herkömmliche Rä- mund. Zu den Nutzern zählten das generationsübergreifende der“, so Uli Heynen, Leiter der Technischen Dienste für Wohnprojekt WAT im Tremonia Wohnpark, der Verein „Die Ur- die Friedhöfe in Dortmund. Mit Zuladungen von bis zu banisten“ vom Union Gewerbehof sowie das Umweltamt und 180 kg und mit großer Transportbox ist es für die meis- das Netzwerk VeloCityRuhr selbst. Das WAT Wohnprojekt, das ten unserer Dienstfahrten geeignet. Seit diesem Jahr VeloCityRuhr Netzwerk und das Umweltamt haben ihre Räder nutzen die Friedhofsbetriebe zwei i:SY-20"-Räder mit letztlich gekauft. Mit dem Bullitt Lastenrad des Umweltamtes montiertem Transportkorb und E-Antrieb. Eine Ladung wird der Test seither fortgesetzt. Immer wieder wird das Rad für des elektrisch unterstützen Rades kostet gerade mal einen Zeitraum von mehreren Wochen verliehen, zuletzt an Fa- 0,10 Euro und reicht bis zu 80 km. Die gleiche Distanz milien im Projektgebiet von „So läuft das“, dem Konzept zur mit dem Dienstwagen kostet im Durchschnitt 24 Euro. Förderung der Kinder- und Jugendmobilität. Auch hier war die Resonanz durchgängig gut. Nur die Frage nach der Abstellmög- lichkeit wirft Probleme auf, wenn keine Garage oder Abstell- flächen am Haus zur Verfügung stehen. Kindertransport und Einkäufe rangierten ganz oben auf der Skala der Fahrzwecke, direkt gefolgt vom Image, das man mit dem Bike generiert. Das Argument Kostenreduktion lässt auch die Logistikbran- che aufhorchen. Gerade die letzte Meile des Transports verur- sacht besonders hohe Kosten. Auch hier bieten sich in vielen Fällen Nutzräder an. UPS hat das 2013 im Dortmunder Innen- stadtbereich getestet und in Schwerte dauerhaft etabliert. Ralf Finger, Logistikexperte der Wirtschaftsförderung Dortmund, wirbt bei den Logistikunternehmen im Ruhrgebiet für die Nut- zung von Cargobikes und hat im vergangenen Jahr zusam- © Stadt Dortmund men mit der IHK zu Dortmund und weiteren Partnern aus der nahmobil 05 | 11
/ LASTENRÄDER / Freie Lastenräder erobern die Städte Was mit einem Lastenrad auf Kölner Straßen begann, ist angeregt, selbst eigene freie Lastenrad-Projekte nach dem Köl- mittlerweile zu einem deutschlandweiten Trend geworden: ner Vorbild ins Leben zu rufen. Die Erfahrungen der mittler- „Freie“ Lastenräder stehen für eine Transportalternative, die weile über 30 Initiativen zeigen: Lastenräder wie KASIMIR in die Umwelt schont und Spaß macht. Köln, RUDOLF in Dortmund, Hannah in Hannover oder daniel in München erobern schnell die Herzen ihrer begeisterten Nut- Entspannt den Wochenendeinkauf nach Hause transportie- zer – und sie sind vor allem für innerstädtische Kleintransporte ren, die Kinder zum Kindergarten kutschieren oder die Grillaus- eine echte Alternative zum Auto. Interessierte Initiativen kön- rüstung an den Baggersee bringen – all das geht einfach und nen über die Wiki-Plattform dein-lastenrad.de Wissen und Er- unkompliziert mit einem Lastenrad. Lastenräder sind umwelt- fahrungen austauschen und finden wertvolle Tipps, um selbst freundliche Transportmittel, deren Potenziale in Deutschland ein freies Lastenrad-Projekt zu starten. wielebenwir e.V. bietet noch nicht annähernd ausgeschöpft sind. Das Projekt „KASIMIR zudem interessierten Kommunen und Städten Beratung bei der – Dein Lastenrad“ ist angetreten, das zu ändern. KASIMIR ist Implementierung von freien Lastenrädern in den innerstädti- ein von wielebenwir e.V. in Köln entwickeltes Modellprojekt und schen Mobilitätsmix an. Webportal für gemeinschaftlich genutzte Lastenfahrräder. Das Um neue Initiativen beim Start zu unterstützen und das erste freie Lastenfahrrad Deutschlands steht seit März 2013 deutschlandweite Netzwerk weiter zu etablieren, veranstaltet allen Bürgerinnen und Bürgern Kölns zum Ausprobieren und wielebenwir e.V. am 20. Juni 2015 erstmalig das „Forum freie zur regelmäßigen Lastenräder“ in freien Nutzung zur Köln. Die eintä- Verfügung. gige Konferenz Das Dreirad richtet sich an In- mit großer Trans- itiativen und In- portkiste kann teressierte, die eine Waschma- selbst ein Lasten- schine oder den rad-Projekt ins Le- Großeinkauf samt ben rufen möch- Kindern trans- ten oder bereits portieren – und etabliert haben. es macht Spaß. Dabei geht es um Über die Webseite Themen wie die www.kasimir-las- Organisation, die tenrad.de kann Auswahl des Las- das Rad reserviert tenrads, das Mar- und bis zu drei keting oder die Tage am Stück un- Finanzierung. An- entgeltlich ent- schließend soll liehen werden. die Konferenz Um eine mög- KASIMIR, das Kölner Lastenrad, Foto: wielebenwir e.V. jährlich stattfin- lichst hohe Be- den. Die stetig kanntheit zu erreichen, entwickelten die Initiatoren ein steigende Zahl an Initiativen zeigt deutlich: der Bedarf an alter- einfaches, aber wirkungsvolles Verleihkonzept: Als Stadt- nativen und umweltfreundlichen Mobilitätslösungen für städ- nomade wechselt KASIMIR alle zwei bis vier Wochen seine Aus- tische Kleintransporte ist groß. Innovative Konzepte wie „KA- leihstation. So kommt er in der Stadt herum und wird von vielen SIMIR – Dein Lastenrad“ machen Spaß und schaffen so einen Bürgerinnen und Bürgern entdeckt. Der Verleih über Cafés, Bü- einfachen Zugang, um Lastenräder auszuprobieren und die In- ros und Bürgerzentren schafft ein Gemeinschaftsgefühl und för- nenstädte zu entlasten. dert die Bindung und Selbstverantwortung für das Lastenfahr- Christian Wenzel, wielebenwir e.V. rad. Als Gemeingut steht es für die Idee der gemeinschaftlichen Nutzung von Gütern. So werden Ressourcen geschont und „ge- JUNI meinsam genutzte Lastenräder können der entscheidende Bau- 20. Forum freie Lastenräder am 20. Juni 2015 stein in einem zeitgemäßen Mobilitätsmix ohne eigenes Auto Das Forum in Köln bietet einen Erfah- sein“, so Hannes Wöhrle vom Verein wielebenwir e.V. rungsaustausch für Initiativen sowie Unterstützung von Interessierten bei der Organisation und Umsetzung eines Das Kölner Lastenrad als Vorbild eigenen Lastenrad-Projektes. Anmeldung und Informatio- Auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus hat das nen dazu unter: grüne Lastenrad mittlerweile große Aufmerksamkeit erlangt www.wielebenwir.de/projekte/forum-freie-lastenrader und viele Initiativen in ganz Deutschland und Österreich dazu 12 | nahmobil 05
/ LASTENRÄDER / © Aleksander Slota, VCD So kommt die Thematik in den Kommunen voran! Lastentransport mit dem Fahrrad boomt. Mit dem Aufkom- Betriebshof, das Ordnungsamt, städtische Betriebe wie die men der Pedelecs ist auch bei den Transporträdern eine Elektri- Friedhofsgärtnerei, aber auch Transporte zwischen räumlich ge- fizierung zu beobachten. Immer mehr Lastenräder werden mit trennten Dienststellen sein. Die getroffenen Maßnahmen müs- E-Unterstützung angeboten. Wie können Städte und Gemein- sen nach außen kommuniziert werden, damit die Kommune als den das Thema auch in ihrer Kommune fördern? Einige Anre- Vorbild wirken kann. gungen: 4) Kommune als Initiator 1) Infrastruktur schaffen Die Ausleihe und Bereitstellung von Lastenrädern an Betriebe Das für Kommunen primäre Arbeitsfeld ist die Schaffung einer für einen bestimmten Testzeitraum kann bei den Firmen zu Um- optimalen Infrastruktur mit Bezug auf die Innenstadt-Logistik. stiegseffekten führen. In Kooperation mit der regionalen IHK Dazu bedarf es einer kommunalen Willenserkärung, mit der das und anderen Wirtschaftpartnern bieten sich Beratungen für Ziel klar definiert wird. Ein eindeutiges Verwaltungshandeln Firmen an, wie die nicht motorisierte Mobilität das eigene Be- muss auf die Verbesserung von Straßen, Wegen und Plätzen als triebskonzept unterstützen kann. Grundlage der Mobilität für die Belange des nicht motorisierten Lieferverkehrs ausgerichtet sein. Beispielsweise muss das Netz 5) Öffentlichkeitsarbeit für den Radverkehr durchlässiger sein als für den motorisierten Das Thema „nicht motorisierte Lastentransporte“ einer breiten Verkehr (Fahrradstraßen, in Gegenrichtung geöffnete Einbahn- Öffentlichkeit vorzustellen und damit Akzeptanz zu schaffen, ist straßen, Diagonalsperren u.v.m.). ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld für Kommunen. Hier bieten sich eigene Aktionstage mit Schwerpunkt Lastentransport oder 2) Ordnungsrahmen anpassen die Beteiligung an bestehenden Aktionen (Fahrradaktionstage, Das ordnungspolitische Instrumentarium bietet zahlreiche Umweltfeste) an. Auch kann eine Publikation (Print oder online) Möglichkeiten, die nicht motorisierte Mobilität auch im Last- hilfreich sein, die u.a. alle Möglichkeiten der eigenen Stadt auf- entransport zu unterstützen. Das beginnt bei der stringenten zeigt. Verfolgung von Verstößen bei unerlaubtem Parken in der zwei- ten Reihe oder auf Geh- und Radwegen. Zeitliche und räumli- Die Übersicht ist nicht vollständig, sondern soll der Anre- che Einschränkungen für motorisierten Lieferverkehr zugunsten gung dienen, eigene Projekte auf den Weg zu bringen. Im Fol- nicht motorisierter Lieferdienste und erweiterte Freigaben für genden stellen wir Ihnen eine kleine Auswahl von interessan- die Fußgängerzone sind weitere Ansätze, um den Einsatz von ten und vorbildhaften oder anregenden Ideen und Projekten Cargobikes zu unterstützen. vor. Bei allen Projekten und Untersuchungen zeigt sich immer wieder: Es gibt ein hohes Potenzial in allen Einsatzbereichen 3) Kommune als Vorbild für den Umstieg auf und den Einstieg in eine emissionsarme Die eigenen Abläufe in der Verwaltung können analysiert wer- Innenstadtlogistik auf der Basis von Lastenrädern und Lasten- den, um das Potenzial für nicht motorisierte Transporte zu er- pedelecs. mitteln. Mögliche Ansatzpunkte können z.B. der Bau- und Lassen Sie sich inspirieren! nahmobil 05 | 13
/ LASTENRÄDER / Das Lastenrad im Internet l Verleihplattform für Transporträder Die kostenfreie Lastenrad-Leihbörse velogistics.net führt Be- Viele weitere Informationen über den sitzer und Nutzer von Frachträdern zusammen. Wer noch keines der zweirädrigen Transportgenies sein Eigen nennt, kann über Einsatz und die Beschaffung sowie eine die Plattform Kontakt zu Verleihern aufnehmen. Velogistics er- nutzungsgerechte Modellauswahl von möglicht so eine gemeinschaftliche Nutzung. Die Seite funk- tioniert über eine Google-Maps-gestützte Suche weltweit und Lastenrädern finden sich im Internet. straßengenau. Mittlerweile sind knapp 190 Räder verzeichnet Wir stellen hier einige Webseiten ohne (Stand: 10.04.2015), die meisten in Deutschland und Öster- reich, aber auch Nutzer aus den USA oder Großbritannien, Anspruch auf Vollständigkeit kurz vor. Schweden oder Australien sind bereit, ihr Lastenrad zu verlei- hen. Die Nutzung des Service ist kostenfrei – die Seite ist kein gewerblicher Lastenradverleih, sondern eine werbefreie Ver- mittlungsplattform. Sie ist zu finden unter www.velogistics.net. l Lasten auf die Räder! Eine der größten und umfangreichsten Sammlungen von Informationen rund um das Lastenrad wurde als Förderprojekt des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesam- © Amac Garbe-DLR tes 2013/14 vom VCD durchgeführt: das Infoportal „Lasten auf die Räder!“. Vorgestellt werden erfolgreiche Einsätze von Las- tenrädern, eine Marktübersicht von Lastenrad-Modellen bietet Interessierten Hilfestellung, Informationen rund um Beschaf- fung und Betrieb ergänzen diesen Teil. Spannend sind auch die Tipps für Kommunen, die aufzeigen, wie der Einsatz von Las- tenrädern im Wirtschaftsverkehr gefördert werden kann. Ein dreimonatlicher Newsletter, eine Terminübersicht, Hintergrund- material und hochauflösendes Bildmaterial runden das Service- angebot ab. Hier geht es lang: lastenrad.vcd.org. l nutzrad.de Ein weiteres, sehr umfangreiches Portal ist die Seite nutz- rad.de. Sie wird von privat unterhalten und bietet mit über 460 Lastenrad-Modellen (Stand: 10.04.2015) eine sehr umfangrei- che Marktübersicht. Auch die Kategorisierung der einzelnen Räder wird akribisch umgesetzt, anhand kleiner Piktogramme bekommt der User einen visuellen Eindruck von der Bauart des Rades. Ergänzt wird der Kalaog um ein Händlerverzeich- nis und weitere Informationen. Die Seite ist zu finden unter www.nutzrad.de. l „Ich ersetze ein Auto“ Das Institut für Verkehrsforschung des DLR hat als Förder- l dein-lastenrad.de nehmer des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra- Eine ganz andere Intention hat die Seite dein-lastenrad.de. struktur im Projekt „Ich ersetze ein Auto“ Lastenräder im Praxis- Die Seite ist angelegt als Wiki für freie Lastenräder (siehe auch einsatz bei Kurierdiensten getestet. Der breit angelegte Flot- Beitrag auf Seite 12) und bietet Informationen zur Planung und tenversuch gab acht Kurierzentralen deutschlandweit die Mög- Umsetzung eines eigenen Lastenrad-Projektes. Die Seite ist zu lichkeit, elektrifizierte Lastenräder zu nutzen. Die 40 zweiräd- finden unter dein-lastenrad.de. rigen iBullitts und der dreirädrige CargoCruiser wurden zum festen Bestandteil der Logistik der beteiligten Unternehmen. In der 21-monatigen beobachteten Projektlaufzeit beförderten 14 | nahmobil 05
/ LASTENRÄDER / die Kuriere mit den Elektro-Lastenrädern ca. 127.000 Sendun- l Autofreie Innenstadt Basel fördert gen – dies sind rund 8% aller Aufträge der beteiligten Firmen. Dabei legten die Kuriere mit den Fahrzeugen eine Strecke von Lastenräder In der Innenstadt von Basel gelten seit 6. Januar 2015 neue etwa einer halben Million Kilometer zurück. Einige Spitzenreiter Zufahrtsregelungen. Motorisierte Kraftfahrzeuge dürfen nur nutzten das Projektfahrzeug für 400 Aufträge monatlich. Fazit: noch in der Zeit von 5.00 bis 11.00 Uhr die Innenstadt befah- „Das Projekt ‚Ich ersetze ein Auto‘ war ein wichtiger Schritt zur ren. Ab 11.00 Uhr ist dies nur mit Sondergenehmigung möglich. Etablierung von Elektro-Lastenrädern in der Kurierbranche – Dies hat für die Fahrradkuriere zu einer sprunghaften Zunahme das große technische Potenzial dieser Fahrzeuge ist aber bei von rund 20% mehr Aufträgen geführt. Die beiden Kurier- Weitem noch nicht ausgeschöpft.“ Im Internet zu finden unter dienste in Basel berichteten übereinstimmend, dass die Fahr- www.ich-ersetze-ein-auto.de. ten mit Cargo.Bikes deutlich mehr nachgefragt werden. Haus- lieferdienste per Lastenrad gibt es in der Schweiz schon länger. l CYCLELOGISTICS – Moving Europe Mit den Zufahrtsbeschränkungen in der Innenstadt hat sich das Transportvolumen von Einzelhändlern an Kunden, die in der In- Forward nenstadt wohnen, deutlich erhöht. So hat der bisher bereits Die Europäische Union führt mit dem Projekt CYCLELOGIS- tätige Hauslieferdienst von Firmen wie Migros und COOP nun TICS einen Feldversuch in europäischen Kommunen durch. Die auch Restaurants und viele weitere Geschäfte als Partner. Wei- erste Förderperiode lief von 2011 bis 2014, die zweite Periode tere Informationen unter www.velolieferdienste.ch. läuft von 2014 bis 2017. In acht europäischen Städten werden Methoden erprobt, wie der Lastentransport auf Fahrradbasis flächenhaft umgesetzt werden kann. Das Projekt hat zur Grün- l München: Einjähriger Versuch dung eines europäischen Verbandes für Lastenräder geführt. Im Internet entstand dazu eine umfangreiche Informations- zur Lastenradnutzung Seit November 2014 sind sie im Einsatz, die neuen Lasten- sammlung in englischer Sprache inklusive einer Marktübersicht räder in München. Mit wissenschaftlicher Begleitung hat die zu Lastenrädern und einer Best-Practice-Sammlung. Zu finden Stadt München den Ratsbeschluss umgesetzt, das Förderpro- unter cyclelogistics.eu. gramm „Lastenräder/Lasten-Pedelecs für Münchener Gewerbe- treibende“ durchzuführen. Insgesamt 13 Unternehmen beteili- gen sich und haben ein Lastenrad angeschafft. Die IHK für Mün- l Forschung für das Lastenrad: chen und Oberbayern betreut das Projekt als Kooperations- WIV-RAD partner. Zweiter Baustein ist die Ausleihe von Lastenrädern an Das Institut für Verkehrsforschung des DLR führt als Förder- Unternehmen. Für vier Wochen stellt die Stadt München ein nehmer des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra- Lastenrad gegen eine geringe Leihgebühr zum Testen zur Verfü- struktur das Projekt „Untersuchung des Einsatzes von Fahrrä- gung, sowohl rein muskelbetrieben als auch in der Pedelec-Ver- dern im Wirtschaftsverkehr“ (WIV-RAD) durch. Darin wird unter- sion (zweirädrige Lastenräder des Herstellers „Larry vs. Harry“, sucht, ob und in welchen Wirtschaftsbereichen Potenziale für Modell „Bullit“ mit verschließbaerer Transportbox). Weitere In- verstärkte Fahrrad- und Lastenradnutzung vorhanden sind. Der formation unter www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/ Ergebnisbericht wird für November 2015 erwartet, eine Projekt- Referat-fuer-Arbeit-und-Wirtschaft/News/Lastenraeder-RAW. übersicht gibt es unter www.dlr.de, im Suchfeld „WIV-RAD“ ein- html. geben. l Modellprojekt Hamburg: Nachhal- l Emissionsfreie Logistik bei Großver- tiges Lieferkonzept für die Innenstadt anstaltungen Gemeinsam testen die Freie und Hansestadt Hamburg und In Hamburg hat die Deutsche Evangelische Kirche auf ihrem UPS (United Parcel Service) ab 1. Februar 2015 in einem zwei- 34. Kirchentag 2013 das Thema „Emissionsfreie Logistik“ wei- jährigen Modellprojekt eine neue Form der City-Logistik. Mit ter ausgebaut. Waren auf den bisherigen Kirchentagen auch dem Ziel, die Verkehre und damit die Emissionen durch die schon Fahrradkuriere im Einsatz, so wurden 2013 erstmalig in Paketzustellung in der Innenstadt zu reduzieren, wird UPS an größerem Umfang auch Lastenräder eingesetzt. Mit Förderung bis zu vier zentralen Standorten Container als Zwischenlager durch den Nationalen Radverkehrsplan wurde systematisch der aufstellen. Von hier aus werden Zusteller die Pakete zu Fuß mit Gütertransport auf Lastenräder verlagert. Es wurden verschie- einer Sackkarre, mit Lastenfahrrädern oder mit einem elekt- dene Typen von Lastenrädern genutzt, von Briefkisten bis zur risch unterstützten Fahrrad zu den Empfängern bringen. Abge- Europalette wurde fast alles transportiert. Der Schwerpunkt lag holte Sendungen werden von den UPS-Mitarbeitern in den Con- auf den Materialtransporten für die einzelnen Veranstaltungen. tainer verbracht, der dann abends abgeholt und zurück in die Mit dem Projekt sollten die vielfältigen Vorzüge des Einsat- UPS-Niederlassung transportiert wird. Ein Modellversuch mit zes von Lastenrädern bei Großveranstaltungen getestet wer- einem Lagercontainer am Neuen Wall wurde bereits 2012 er- den. Die Erfahrungen des Projektes wurden sowohl im Rahmen folgreich initiiert. Die vereinbarte Ausweitung des Versuches einer Tagung als auch in dem „Leitfaden Lastenräder einset- soll wegweisend für die Gesamtstadt werden und positive Aus- zen“ dokumentiert. Dieser Leitfaden ist online erhältlich unter wirkungen auf die Verkehrssituation in der Innenstadt sowie www.kirchentag.de, als Suchbegriff „Lastenrad“ eingeben. auch eine erhöhte Aufenthaltsqualität nach sich ziehen. Es wer- nahmobil 05 | 15
/ LASTENRÄDER / UPS in der Innenstadt, Foto: UPS Die BentoBox in Berlin, Foto: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin den insgesamt weniger Emissionen, vor allem aber auch weni- sen, könnte ihr Einsatz auch ausgeweitet werden. Die Stadtver- ger Flächenbedarfe für die Zustellfahrzeuge benötigt, weil we- waltung trägt mit dem Pilotversuch zur Umsetzung der Strategie niger Fahrten und Haltevorgänge auftreten. „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ bei, die helfen soll, die Belastung Um den Lieferverkehr angrenzender UPS Zustelltouren zu an Lärm, Feinstaub und Stickoxiden zu senken. www.stuttgart.de reduzieren, werden weitere Container nach dem gleichen Prin- zip am Hopfenmarkt, in der Straße Raboisen und in der Welker- straße eingesetzt. Das Modellprojekt soll Aufschluss darüber l Frankfurter Westen mit geben, ob ein entsprechendes Konzept auch für größere Ein- Elektro-Bakfiets-Flotte zugsbereiche überzeugend ist und ob es auch für andere Logis- Seit 2013 wird im Projekt „Leben im Westen“ eine Flotte von tikbereiche offen und anwendbar sein könnte. Elektro-Bakfiets bereitgestellt. An E-Mobility-Stationen können Helma Krstanoski, Pressestelle der Behörde für Wirtschaft, diese Elektro-Fahrzeuge von Mietern der Wohnungsgesellschaf- Verkehr und Innovation der Stadt Hamburg ten KEG und WBG sowie weiteren Interessenten ausgeliehen werden. Aufladen, Wartung und Versicherung sind inklusive. Ziel ist es, in randstädtischen Wohngebieten für die Fahrt zwi- l Stadt Stuttgart schafft zwei Dienst- schen den Stadtteilen, zum Einkaufen, für den Ausflug in die lastenräder an Frankfurter Innenstadt oder andere Ziele im Rhein-Main-Gebiet Mitarbeiter der Stadt Stuttgart können jetzt für Dienstfahr- alternative Mobilitätsformen zur Verfügung zu stellen und die ten auch zwei eLastenräder nutzen. Die Räder kommen probe- Erfahrungen damit zu evaluieren. Die Kosten der Ausleihe be- halber im Garten-, Friedhofs- und Forstamt zum Einsatz, da die tragen symbolisch 5 Euro pro Tag. Mitarbeiter häufig kleinere Mengen über überschaubare Dis- www.lebenimwesten.de tanzen transportieren müssen. Amtsleiter Volker Schirner prä- sentierte die beiden Räder im Februar der Öffentlichkeit. „Wir wollen zeigen, dass die Räder aus vielerlei Gründen eine her- l Berliner erproben die BentoBox vorragende Alternative zum Auto sind: Meine Mitarbeiter kom- Die BentoBox wurde vorrangig als innerstädtischer Um- men oft schneller zum Ziel, sie müssen nicht lange einen Park- schlag- und Konsolidierungspunkt entwickelt, in dem Sendun- platz suchen, sie halten sich fit und schonen die Umwelt“, so gen der Dienstleister gebündelt werden können. Das funktio- Schirner. niert in zwei Richtungen: Sendungen können für ein Zielgebiet Insgesamt könnten die Räder über das Jahr verteilt 300 km in der Box gesammelt werden, um von dort kleinräumig weiter- rollen, was im Vergleich zu benzinbetriebenen Autos rund 120 verteilt zu werden. Oder Sendungen können aus dem Zielgebiet kg CO² einsparen würde. Für die beiden Räder investiert die eingesammelt werden, um dann zu Zielen außerhalb des Ge- Stadt 4.700 Euro. Sollten sich die Räder in der Praxis bewei- bietes transportiert zu werden. 16 | nahmobil 05
/ LASTENRÄDER / CargoBike Dortmund, Foto: Stadt Dortmund Lastenräder halten auch in den Stadtverwaltungen Einzug. Die Stadt Ahlen setzt ein Lastenpedelec als Abfallsammelfahrzeug ein. Foto: Stadt Ahlen Der Prototyp der BentoBox besteht aus einem Stahlgehäuse, angelegten Wettbewerb zur nachhaltigen Logistik. Bestandteile in dem sich sechs herausnehmbare und frei bewegliche Mo- waren u.a. ein Lastenradrennen, ein Konstruktionswettbewerb dule und ein Bedienterminal befinden. Jedes dieser Module be- und eine Begleitausstellung. Mit mehr als 1.000 Besuchern war herbergt unterschiedlich große Fächer, die je nach Größe und die Kick-off-Veranstaltung ein großer Erfolg. CargoBike Dort- Anforderung der Packstücke genutzt werden können. Die mo- mund hat sich selber folgende Arbeitsschwerpunkte gesetzt: bilen Module können auch komplett bei einem Logistikdienst- • Bekanntmachen von Cargobikes bei Unternehmen und leister beladen oder bei einem Großkunden entladen werden. Multiplikatoren. Die BentBox kann zukünftig beispielsweise in Wohngebie- • Erleichterung des Zugangs zu Cargobikes für Testzwecke. ten, im Inneren von Shopping-Malls und in Gebieten mit einer • Unterstützung bei der Entwicklung von Anwendungs- hohen Dichte von Büros zum Einsatz kommen – als Standort ist konzepten in Zusammenarbeit mit Hochschulen und jeder Ballungsraum mit dem notwendigen Sendungsaufkom- anderen Forschungsanstalten. men geeignet. Die einzigen Voraussetzungen sind eine für Kun- • Förderung der technischen Weiterentwicklung von den wie Dienstleister frei zugängliche Fläche sowie die Strom- Cargobikes durch Vernetzung der Konstrukteure, zufuhr. Hersteller und Händler. Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. In einem Folge- • Schaffung und Weiterentwicklung von Cargobike- projekt soll die BentoBox bis 2016 weiterentwickelt werden förderlichen Rahmenbedingungen. Organisation eines und dann verbessert wieder in Berlin zum Einsatz kommen. Zu Unternehmensnetzwerkes zum Thema Cargobike. finden unter www.bentobox-berlin.de. • Federführung bei gemeinsamen Veranstaltungen und Messeauftritten des Netzwerkes. l Netzwerk CargoBike Dortmund Seit Jahresbeginn ist das Netzwerk CargoBike Dortmund ak- gegründet tiv, ein erstes Treffen mit 24 interessierten Firmen legte dazu CargoBike-Dortmund ist eine Initiative der Wirtschaftsförde- den Grundstein. Für 2015 sind drei weitere Netzwerktreffen vor- rung der Stadt Dortmund und der IHK zu Dortmund. Gemein- gesehen, um den Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und das sam mit weiteren Partnern propagiert und unterstützt Cargo- Netzwerk weiter auszubauen. In der Überlegung sind weiter- Bike-Dortmund den Einsatz von Lastenfahrrädern (Cargobikes) hin die Anstellung eines Netzwerkmanagers, der Aufbau einer für professionelle Anwendungen in Wirtschaftsunternehmen. Internetplattform sowie die Gründung eines Trägervereins. Cargobike-Dortmund stellt die kommerzielle Nutzung von Carg- Weitere Informationen und Kontakt unter www.cargobike- obikes in den Fokus. Cargobike-Dortmund versteht sich als eine dortmund.de. Initiative zur Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung. Gestar- tet wurde die Initiative im September 2014 durch einen breit nahmobil 05 | 17
/ AUS DER AGFS / Der Deutsche Fahrradpreis 2015 Drei neue Kategorien, 16 Jurymitglieder, 113 Bewerbungen: rungsschichten, auch selbst Hand angelegt. Durch diese bis- Am 18. Mai 2015 wurde der 15. Deutsche Fahrradpreis verlie- lang beispiellose Bürgerinitiative ist ein 22 km langer Radweg hen. Zum zweiten Mal fand die Preisverleihung auf dem Natio- entstanden, der Radfahren trotz der Höhenunterschiede in der nalen Radverkehrskongress, dieses Jahr in Potsdam, statt. Stadt zu einer echten Alternative macht. Mit ihrem außergewöhn- lichen Engagement haben die Bürger auch die Stadtverwaltung Zum 15. Geburtstag gab es für den Deutschen Fahrradpreis überzeugt. Diese übernahm 2011 die Bauherrschaft für das Pro- nicht nur drei neue Kategorien, sondern auch die höchste Zahl jekt, das mittlerweile auf 32 Millionen Euro geschätzt wird, und an Bewerbungen in der Geschichte des Wettbewerbs. 113 Be- hat es gemeinsam mit den Bürgern realisiert. Die Jury lobte den werbungen bekamen die 16 ehrenamtlichen Juroren zu lesen, außerordentlichen und beispiellosen Einsatz der Bürger. um daraus je drei Nominierte in den Kategorien „Infrastruk- tur“, „Service“ und „Kommunikation“ zu wählen. Die Gewinner 2. Platz: Radhaus Offenburg wurden am 18. Mai 2015 auf dem Nationalen Radverkehrskon- Mit dem Radhaus hat die Stadt Offenburg auf einer Grund- gress in Potsdam ausgezeichnet. Der erste Platz jeder Katego- fläche von 55 m² 120 Fahrrad-Abstellplätze auf fünf Ebenen ge- rie war mit 3.000 Euro dotiert. Wir stellen die Gewinner und die schaffen. Die Funktionsweise ist denkbar einfach: Der Radfah- nominierten Projekte vor. rer positioniert sein Rad in einer der diebstahlsicheren Boxen und das System stellt diese automatisch auf einer Lagerfläche ab. Der Vorgang dauert maximal 60 Sekunden. Durch die insge- samt zwölf Zugänge zu den Boxen gibt es keine langen Warte- Der Deutsche Fahrradpreis wird jährlich vom Bundes- zeiten. Die Stadt ließ das Fahrradparkhaus 2013 errichten und ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) berichtet von einer sicheren und stabilen Technik. Die Jury be- und von der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrrad- zeichnete das Radhaus als Leuchtturmprojekt und mit seinen freundlicher Städte Kreise und Gemeinden in Nordrhein- 10 m Höhe als „landschaftlichen Hingucker“. Westfalen e.V. (AGFS) ausgelobt. Partner des Wettbe- werbs sind der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) und der 3. Platz: Konsequente und nachhaltige Entwicklung der Verbund Service und Fahrrad (VSF). Infrastruktur für Radfahrer in einem Mittelzentrum Jeder Radfahrer in der Stadt soll sich ernst genommen und wohlfühlen, hat die Stadt Ingelheim sich zum Ziel gesetzt. Des- halb gründete sie 2009 ein Gremium, das monatlich zusam- menkommt, um über die Wünsche von Radfahrern zu beraten und Machbares umzusetzen. Durch die regelmäßigen Treffen werden die Bedingungen für den Radverkehr kontinuierlich ver- bessert. Als Erfolg kann das Gremium unter anderem ein Fahr- radparkhaus am Bahnhof mit 400 Plätzen verzeichnen. Die Jury lobte, dass die Maßnahmen gut ineinandergreifen und als Bilder von der Preisverleihung finden Sie unter: Blaupause für andere Städte dienen können. www.der-deutsche-fahrradpreis.de Kategorie Infrastruktur 1. Platz: Bürgerprojekt Nordbahntrasse Wuppertal Der Bürgerverein Wuppertalbewegung hat es mit viel Eigen- initiative und Überzeugungsarbeit geschafft, die verwahrloste, stillgelegte Nordbahntrasse für den Rad- und Fußverkehr nutz- bar zu machen. Die Mitglieder legten der Stadt eine Machbar- keitsstudie vor, sammelten Spenden in Höhe von drei Millionen Euro und übernahmen zunächst die Rolle des Bauherrn und späteren Betreibers der Trasse. Darüber hinaus haben die Mit- glieder und Unterstützer des Vereins, quer durch alle Bevölke- 18 | nahmobil 05
/ AUS DER AGFS / Kategorie Service Kategorie Kommunikation 1. Platz: Fahrräder für Flüchtlinge 1. Platz: Fahrradfreundliches Karlsruhe: „Tu’s aus Liebe“ Zu Beginn stand die Idee des ADFC Saarland, 100 gespen- Mit der Kampagne „Tu’s aus Liebe“ will die Stadt Karls- dete Fahrräder verkehrstauglich aufzubereiten und an Flücht- ruhe den Radverkehrsanteil erhöhen und gleichzeitig für mehr linge zu überreichen. Dieses Ziel hat die Initiative bei Weitem Sicherheit sorgen. Mit entspannter Tonart macht die Kampa- übertroffen. Nicht nur, weil die saarländische Bevölkerung mitt- gne Auto- und Radfahrer auf sich aufmerksam und plädiert für lerweile fast 600 Fahrräder gespendet hat. Vor allem die Tatsa- mehr Rücksichtnahme auf beiden Seiten. Die Macher haben be- che, dass die Flüchtlinge im Projekt selbst helfen und ihre Fähig- wusst darauf verzichtet, den mahnenden Zeigefinger zu erhe- keiten einbringen können, hat die Jury überzeugt. Damit leistet ben, sondern setzen auf eine positive, emotionale Ansprache. der ADFC einen Beitrag zur sozialen Integration. Die Flüchtlinge, Die Idee wird in kreativen Maßnahmen umgesetzt. So übt bei- die oft in Stadtrandlagen untergebracht und dort kaum mobil spielsweise eine Physiotherapeutin mit dem wartenden Kino- sind, gewinnen durch die Fahrräder ein wenig Selbstbestim- publikum auf charmante Weise den Schulterblick. Die Jury fand mung und Lebensqualität zurück. Fahrradkurse für Anfänger die Kampagne deshalb preiswürdig, weil sie das ernste Thema und Kompetenzkurse für Fortgeschrittene stellen sicher, dass mit Leichtigkeit angeht und dabei alle Verkehrsteilnehmer ein- die Teilnehmer sich im Straßenverkehr gut zurechtfinden. bezieht. 2. Platz: Kostenlose Leihfahrräder für jedermann 2. Platz: Lasten auf die Räder! 150 Fahrräder stehen für die 36.000 Einwohner in Emsdet- „Lasten auf die Räder!“ fordert der VCD Bundesverband in ten zur kostenlosen Nutzung bereit. Die Kolpingsfamilie Ems- seiner Kampagne, die 2013 an den Start ging. Er verfolgt damit detten hat diese Aktion bereits 2009 ins Leben gerufen. 20 Hel- das Ziel, Unternehmen und Kommunen die verschiedenen Ein- fer haben seitdem gespendete Räder repariert, umgebaut und satzmöglichkeiten von Lastenrädern aufzuzeigen und für diese orange lackiert. Diese stehen nun ohne Schloss im Stadtgebiet Transportart zu begeistern. Dazu dienen ein umfangreiches und können ohne Registrierung genutzt werden. Lediglich ein Informationsportal im Internet, ein regelmäßiger Newsletter Hinweistext bittet die Nutzer, die Fahrräder nach Gebrauch wie- sowie Informations- und Netzwerkveranstaltungen. Als High- der für alle zugänglich zu machen und nicht abzuschließen. Er- light wurden E-Lastenräder auf der IAA Nutzfahrzeuge 2014 vor- gebnis: Die Emsdettener nehmen das Angebot gerne an und gestellt. Die Kampagne hat nicht nur in den Medien eine gute die Zahl der Fahrraddiebstähle ist fast um die Hälfte zurückge- Resonanz erzeugt. Auch Logistik- und Einzelhandelsvertreter gangen. Das fanden auch die Juroren beachtlich. sehen inzwischen, nach Abgaben des Verkehrsclubs, Lastenrä- der als ernsthafte Alternative. 3. Platz: mooxi-bike Fahrradfolierung Aus Alt mach Neu. Das ist das Prinzip der Fahrradfolierung 3. Platz: Miteinanderzone von mooxi-bike, die Bettina Wiedner aus Hamburg seit Mai Um die Innenstadt Aschaffenburgs fahrradfreundlicher zu 2014 designt und vertreibt. Mit der selbstklebenden Fahrrad- gestalten, plante die Verwaltung im Mai 2012 für eine Test- Folie können Stilbewusste und Individualisten ihr Fahrrad nach phase von einem Jahr die Fußgängerzone und den angrenzen- ihren ganz persönlichen Wünschen gestalten. Das Sortiment den Stadtpark für Fahrradfahrer zu öffnen. Voraussetzung da- enthält 13 verschiedene Muster, auf Wunsch kann der Käufer für war, dass eine begleitende Kommunikationskampagne für aber auch sein eigenes Design auf die Folie drucken lassen. Die mehr Rücksicht unter den verschiedenen Verkehrsarten wirbt. Jury fand, Wiedners Produkt drückt das aktuelle Lebensgefühl So wurde die „Miteinanderzone“ ins Leben gerufen. Dem Auf- und Stilbewusstsein vieler Radfahrer aus. Außerdem trägt es taktworkshop folgten Informationsstände und positive Bericht- dazu bei, dass alte Räder mit Freude weiter benutzt werden und erstattung in der lokalen Presse. Eine Verkehrszählung in der nicht frühzeitig auf dem Schrottplatz landen. Innenstadt hat ergeben, dass 90% der Radfahrer mit Bedacht fahren und die Fußgänger im Blick haben. nahmobil 05 | 19
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