Leitfaden zum neuen Medizin-produkterecht - Informationsbroschüre 2021 - Hecht ...

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2021

Informationsbroschüre

Leitfaden zum
neuen Medizin-
produkterecht
Stand: Mai 2021

Foto: iStock / ljubaphoto
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Inhalt

          Seite

           3       Einleitung

           4       Produktarten

           4		         Allgemeines

           5		         Zuordnung der Pflichten

           6		         Sonderfälle

           7       Pflichten

           7		         Händlerpflichten

          10		Anpassungspflichten

          13       Anhang

          13		         Muster „Patienteninformation“

          14		         Muster „Qualitätssicherungsvereinbarung“

          Für die bessere Lesbarkeit wird in ZVA-Publikationen nicht ausdrücklich in geschlechtsspezifischen Personenbezeichnungen
          differenziert. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.

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Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

Leitfaden zum neuen
Medizinprodukterecht

I. Einleitung

Die EU-Medizinprodukteverordnung (Medical De-          Der wesentliche Treiber für ein europaweit neues
vice Regulation – MDR), die u. a. die Medizinproduk-   Medizinprodukterecht liegt bereits ein Jahrzehnt
terichtlinie (93/42/EWG) aus dem Jahr 1993 ersetzt,    zurück: 2010 kam heraus, dass die französische
wurde am 5. Mai 2017 veröffentlicht und trat am        Firma Poly Implant Prothèse jahrelang Brustimplan-
25. Mai 2017 in Kraft. Nachdem die eigentlich drei-    tate aus billigem Industrie-Silikon anstatt hochwer-
jährige Übergangsfrist, nach der die MDR verbind-      tigem Silikon für medizinische Zwecke verkauft hat,
lich anzuwenden ist, um ein Jahr verlängert wurde,     wie es im Zulassungsverfahren und durch den TÜV
gilt diese nun ab dem 26. Mai 2021.                    Rheinland zertifizierten Prozess vorgesehen war.
                                                       Die Implantate waren daher zwar vom Hersteller mit
Bisher wurde in Deutschland die EU-Medizinpro-         einem CE-Kennzeichen versehen, entsprachen aber
dukterichtlinie durch das deutsche Medizinpro-         nicht den Vorgaben und zeigten eine hohe Reiß-
duktegesetz umgesetzt. Im Unterschied zu einer         anfälligkeit. Diese betrügerische Praxis blieb über
EU-Richtlinie bedarf eine EU-Verordnung keiner         Jahre trotz Hinweisen auch von ausländischen Über-
nationalen Umsetzung, damit sie für die Bürger der     wachungsbehörden von der zuständigen benannten
einzelnen EU-Mitgliedstaaten gilt. Die MDR ist da-     Stelle unentdeckt. Vor diesem Hintergrund ist es
her ab dem 26. Mai 2021 in der gesamten EU un-         nachvollziehbar, dass der europäische Gesetzgeber
mittelbar geltendes Recht. Neben den unmittelbar       mit der MDR das Ziel verfolgt, die Sicherheit von
geltenden Regelungen enthält die MDR zusätzliche       Medizinprodukten und die Einhaltung der gesetzli-
Regelungsaufträge für die einzelnen Mitgliedstaa-      chen Vorgaben zu verbessern sowie die Transparenz
ten. Zu deren Umsetzung hat Deutschland ein neu-       der Lieferketten zu erhöhen. So ist es nicht verwun-
es Medizinproduktegesetz erlassen, das Gesetz zur      derlich, dass für die Hersteller von Medizinprodukten
Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betref-    mit dem neuen Medizinprodukterecht ein höherer
fend Medizinprodukte (Medizinprodukte-Durch-           regulatorischer Aufwand entsteht. Gleichwohl soll
führungsgesetz – MPDG). Es löst zum 26. Mai 2021       aber auch auf die Belange von kleinen und mitt­
das deutsche Medizinproduktegesetz ab. Während         leren Unternehmen Rücksicht genommen werden,
früher also in Deutschland nur das Medizinprodukte-    die in der Herstellung, dem Vertrieb und der Anwen-
gesetz angewandt wurde, müssen künftig sowohl die      dung von Medizinprodukten tätig sind. Und in der
Regelungen der MDR als auch die des MPDG beach-        Tat ändert sich für die überwiegend mittelständisch
tet werden.                                            strukturierten Augenoptikbetriebe im Großen und

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Ganzen nicht viel. Damit die gewünschte Qualitäts-      rechtlichen Händlerpflichten erfüllen. Wer hingegen
          sicherung dennoch erreicht wird, verlangt das neue      Medizinprodukte produziert, der gilt als Hersteller
          Medizinprodukterecht eine enge Verzahnung der           und alle anderen Akteure, die zwischen der Produk-
          verschiedenen Akteure innerhalb des jeweiligen          tion und der unmittelbaren Versorgung der Verbrau-
          Vertriebsweges. So soll gewährleistet werden, dass      cher eingeschaltet sind, können Anpasser, Impor­
          Informationen über Pro­bleme oder Mängel vom Her-       teure oder Bevollmächtigte eines Herstellers sein.
          steller zum Verbraucher (= Rückverfolgbarkeit der
          Produkte) und über Vorkommnisse und andere mel-         Da die Augenoptikbetriebe immer die Abgabe der
          depflichtige Ereignisse vom Verbraucher zurück zum      Sehhilfe an die Verbraucher verantworten, nehmen
          Hersteller zeitnah fließen.                             sie stets die Rolle eines „Händlers“ im Sinne der Me-
                                                                  dizinprodukteverordnung ein. Je nach Produkt müs-
          Aufgabe des Leitfadens ist es daher, die Begriffe des   sen sie aber auch weitere Rollen ausfüllen. Besonders
          neuen Medizinprodukterechtes zu erklären, Pflich-       relevant ist die Rolle als Anpasser bei der Versorgung
          ten insbesondere der Augenoptikbetriebe heraus-         der Verbraucher mit individuellen Korrektionsbrillen;
          zuarbeiten, die Schnittstellen zwischen den Augen-      unter Umständen kann hier auch zusätzlich die Rolle
          optikbetrieben und der augenoptischen Industrie         als Hersteller in Betracht kommen.
          auszuleuchten und Handlungsempfehlungen zu
          geben.                                                  Obwohl Augenoptikbetriebe Händlerpflichten zu
                                                                  erfüllen haben, führt dies nicht zu einem anderen
          Ausgehend von den verschiedenen augenoptischen          Berufsbild. Als Gesundheitshandwerk bleibt die
          Produkten sollen die verschiedenen medizinpro-          Augenoptik ein Gesundheitsberuf und wird nicht
          dukterechtlichen Pflichten dargestellt und erläu-       dem Einzelhandel zugeordnet. Der gesundheitliche
          tert werden. Zudem stehen am Ende des Leitfadens        Bezug der Augenoptik findet sich vielmehr in den
          Formulare sowie eine Musterqualitätssicherungs­         Dienstleistungen, die vom Medizinprodukterecht
          vereinbarung (QSV) bereit.                              nicht erfasst werden und in den Anpassungspflich-
                                                                  ten, die dann gelten, wenn Medizinprodukte be-
                                                                  arbeitet werden, damit sie den individuellen Bedürf-
                                                                  nissen der Verbraucher entsprechen.

          II. Produktarten                                        An dieser Stelle ist zu betonen, dass das Medizin-
                                                                  produkterecht auch künftig nicht den Berufszugang
                                                                  regelt. Hier gelten weiterhin die Regelungen der
                                                                  Handwerksordnung. Somit wird sichergestellt, dass
                                                                  in Deutschland nur Personen mit den notwendigen
          1. Allgemeines                                          Qualifikationen das Augenoptikerhandwerk aus-
                                                                  üben.
          Das Medizinprodukterecht regelt die Pflichten ver-
          schiedener Akteure in einer Vielzahl von Branchen.
          Für die Beantwortung der Frage, wer welche Pflich-         Das Berufsbild der Augenoptiker ändert sich
          ten zu erfüllen hat, kommt es nicht auf die Berufs-        durch das neue Medizinprodukterecht nicht.
          bezeichnung der handelnden Personen an. Ent-               Die Frage, wer welche Tätigkeiten eines zu­
          scheidend ist vielmehr, welche konkreten Aufgaben          lassungspflichtigen Handwerks in Deutsch-
          jemand bei der Versorgung der Bevölkerung mit              land ausüben darf, beantwortet nach wie vor
          Medizin­produkten hat. Diejenigen, die Medizinpro-         die Handwerksordnung.
          dukte als letztes Glied der Lieferkette an die Ver-
          braucher abgeben, müssen die medizinprodukte-

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2. Zuordnung der Pflichten

Welche Pflichten konkret zu erfüllen sind, richtet        Dies ist ein Unterschied zum alten Medizinproduk-
sich also danach, welche Rolle die jeweilige natür-       terecht. Grund für die Änderung ist, dass andernfalls
liche oder juristische Person bei der Versorgung          die Augenoptikbetriebe die Einhaltung der Herstel-
mit Medizinprodukten einnimmt. Die nachfolgen-            lerpflichten für das gesamte Produkt zu tragen hät-
de Tabelle fasst zusammen, welche Pflichten einen         ten. Dies, obwohl sie mit dem Fertigungsprozess von
Augen­optiker bei welchem Produkt treffen können.         Fassungen und Brillengläsern nichts zu tun haben.
                                                          Umgekehrt träfe die augenoptische Industrie keine
Es gilt also folgende Regel: Gibt der Augenoptiker        besonderen Pflichten nach dem Medizinprodukte-
Medizinprodukte an einen Verbraucher ab, dann             recht. Um kein Missverhältnis zwischen Verantwor-
treffen ihn die medizinprodukterechtlichen Händler-       tung und tatsächlicher Einflussmöglichkeit zu schaf-
pflichten. Ob weitere Pflichten gelten, muss im Ein-      fen, hat deshalb der Gesetzgeber davon abgesehen,
zelfall geprüft werden.                                   Korrektionsbrillen künftig als Sonderanfertigungen
                                                          einzustufen.
Typischerweise ist der Augenoptiker kein Hersteller
und kein Sonderanfertiger im Sinne der EU-MDR             Natürlich bleibt der Beitrag des Augenoptikers bei
und hat damit keine Herstellerpflichten zu erfüllen.      der Abgabe einer Korrektionsbrille wesentlich um-
Denn in der Regel bezieht der Augenoptiker Brillen-       fangreicher als der eines reinen Händlers. So sind zu
gläser und Brillenfassungen oder Kontaktlinsen von        den Pflichten eines Händlers nach EU-MDR bei der
der augenoptischen Industrie, sodass diese die sehr       Anpassung einer Korrektionsbrille zusätzlich die An-
umfangreichen Herstellerpflichten zu erfüllen hat.        passungspflichten nach § 9 MPDG zu erfüllen.

Tabelle 1
Zuordnung der medizinprodukterechtlichen Pflichten

                                              Händler­      Anpassungs-        Hersteller-       Pflichten
                                              pflichten      pflichten          pflichten       für Sonder­
                                                                                               anfertigungen

 individuelle Korrektionsbrille                  +                +                +/-              +/-

 Kontaktlinsen (zum Austausch)                   +                -                 -                -

 Kontaktlinsen (individuelle)                    +                -                +/-              +/-

 Kontaktlinsen (plane)                           +                -                 -                -

 Kontaktlinsen-Pflegemittel                      +                -                 -                -

 Lupen, Monokulare, etc.                         +                -                 -                -

 Fernrohrbrillen                                 +                +                 -                -

 Bildschirmlesegeräte                            +                -                 -                -

 Lesehilfen                                      +                -                 -                -

 Fassungen                                       +                -                +/-              +/-

 Brillengläser                                   +                -                 -                -

 Sonnenbrillen (plane)                           +                -                 -                -

 sonstige Handelsware (z.B. Fernrohr)             -               -                 -                -

                                                                                                                     ZVA | 5
3. Sonderfälle

          In aller Regel müssen Augenoptiker bei der Abgabe      Beim Nachverglasen, also beim Einschleifen neuer
          von individuellen Korrektionsbrillen die Händler-      Brillengläser in eine alte Fassung, entstehen für den
          und die Anpassungspflichten erfüllen. Ausnahms-        Augenoptikbetrieb Händlerpflichten in Bezug auf
          weise kommen noch weitere Pflichten nach dem           die neuen Brillengläser und Anpassungspflichten
          Medizinprodukterecht hinzu:                            infolge der Einarbeitung der Gläser. Insofern gibt
                                                                 es zur Abgabe einer individuellen Korrektionsbrille
          Dies ist zunächst dann der Fall, wenn zum Beispiel     nur die Besonderheit, dass sich die Händlerpflichten
          der Augenoptikbetrieb von der Industrie bezogene       nicht auf die Brillenfassung beziehen. Sowohl in der
          Fassungen oder Kontaktlinsen mit einem Eigen­          Rechnung als auch in der Patienteninformation nach
          label versieht, sodass der Betrieb im Rechtsverkehr    § 9 MPDG ist zu vermerken, dass eine Reparatur vor-
          als Hersteller dieser Produkte auftritt. Um dies zu    genommen wurde.
          vermeiden, muss für den Kunden trotz Verwendung
          eines Eigenlabels immer erkennbar bleiben, wer die     Auch andere Formen der Brillenreparatur sind wei-
          Fassungen tatsächlich hergestellt hat, bzw. die Her-   terhin möglich, ohne dass umfangreiche Pflichten für
          stellerpflichten übernimmt.                            den Augenoptikbetrieb entstehen: Müssen Teile der
                                                                 Brillenfassung ausgetauscht werden (z. B. Bügel oder
                                                                 Nasenpads), dann muss der Augenoptikbetrieb sich
             Hersteller im Sinne der EU-MDR ist nicht            beim Hersteller dieser Ersatzteile versichern, dass
             zwangsläufig der eigentliche Produzent eines        diese eingesetzt werden können. Diesen Nachweis
             Medizinproduktes, sondern derjenige, der            erbringt der Hersteller durch die Vorlage der Konfor-
             das Medizinprodukt unter seinem eigenen             mitätserklärung. Reparaturen wie Kitten und Löten
             Namen oder seiner eigenen Marke auf dem             der Brillenfassungen liegen genauso im Verantwor-
             Markt der Europäischen Union in Verkehr             tungsbereich des Augenoptikbetriebs wie sonsti-
             bringt.                                             ge Modifikationen der Fassung (Bügel verlängern,
                                                                 Erwärmen der Kunststofffassungen, Biegen von
             Beispiel: Wenn ein Augenoptiker Medizin-            Metallfassungen). All diese Arbeiten müssen fach-
             produkte von einem Hersteller mit Sitz außer-       gerecht ausgeführt werden und dürfen die Sicher-
             halb der Europäischen Union bezieht, so ver-        heit des Produktes nicht beeinträchtigen. Für den
             bleiben die Pflichten eines Herstellers nach        Augenoptikbetrieb erweitert sich der Pflichtenkreis
             der EU-MDR beim Augenoptiker.                       nach dem Medizinprodukterecht durch diese Tätig-
                                                                 keiten jedoch nicht.
             Zum anderen kann der Augenoptikbetrieb
             zum Hersteller bzw. zum Sonderanfertiger
             werden, wenn er die Brillenfassungen selbst            Reparaturen sind auch nach neuem Medizin-
             herstellt. Da dies nur sehr selten geschieht,          produkterecht unproblematisch möglich.
             soll von detailreichen Erläuterungen im Rah-
             men dieses Leitfadens abgesehen werden.
             Nähere Informationen erhalten Augenoptik-           Bei der Herstellung einer Franklinbrille entstehen,
             betriebe bei ihren Innungen.                        wie bei anderen individuellen Korrektionsbrillen
                                                                 auch, Händler- und Anpassungspflichten. Da mit-
                                                                 unter die konkrete Verwendung der Brillengläser von
                                                                 den Herstellervorgaben nicht erfasst wird, verlagert
                                                                 sich das Haftungsrisiko für bestimmte Schäden vom
                                                                 Hersteller auf den Augenoptiker. So sind die Brillen-

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Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

gläser einer Franklinbrille weniger stabil als bei einer
üblichen Korrektionsbrille. Deswegen muss der Au-           III. Pflichten
genoptiker schon aus zivilrechtlichen Gründen den
Kunden auf Gefahren aufmerksam machen, die aus
der geringeren Stabilität der Brillengläser herrühren.
Herstellerpflichten entstehen für den Augenoptik-           1. Händlerpflichten
betrieb nicht.
                                                            Da die Augenoptikbetriebe Medizinprodukte (ggfs.
Im Wesentlichen gilt Vergleichbares für z. B. form-         in angepasster Form) an die Verbraucher abgeben,
stabile Kontaktlinsen, die nachgearbeitet oder im           nehmen sie nach dem Verständnis der Medizinpro-
Durchmesser vom Augenoptiker/Optometristen re-              dukteverordnung (zumindest auch) die Rolle des
duziert werden.                                             Händlers ein. Damit haben sie verschiedene Prüf-
                                                            und Informationspflichten zu erfüllen. So schafft der
Allerdings hat der Augenoptikbetrieb bei der Rand-          Verordnungsgeber eine zusätzliche Kontrollinstanz,
bearbeitung von Kontaktlinsen die Herstellervor-            um sicherzustellen, dass die Verbraucher nur mit
gaben des Kontaktlinsenherstellers im besonderen            konformen Medizinprodukten – also mit Medizinpro-
Maße zu berücksichtigen: Schließt der Hersteller die        dukten, die im Einklang mit den gesetzlichen Vorga-
Randbearbeitung ausdrücklich aus oder verbietet             ben stehen – in Kontakt kommen.
sich eine Randbearbeitung aus fachlichen Gründen
(z. B. bei beschichteten Kontaktlinsen), dann wird
der Augenoptikbetrieb Hersteller der Kontaktlinsen.         a. Prüfpflichten – Art. 14 Abs. 2 MDR
Zusätzlich trifft ihn auch die volle zivilrechtliche Haf-
tung. Entspricht die Randbearbeitung der Kontakt-           In den Augenoptikbetrieben muss geprüft werden,
linsen den Herstellervorgaben, dann gibt es keine           dass die von den Herstellern gelieferten Medizinpro-
Besonderheiten. Geben die Herstellervorgaben in             dukte mit den notwendigen Angaben versehen sind.
Bezug auf die Bearbeitung der Kontaktlinsen nichts          Konkret ist folgendes zu prüfen:
vor und gibt es auch in fachlicher Sicht keine Beden-
ken, so übernimmt der Augenoptikbetrieb die volle           •	So müssen alle Medizinprodukte ein CE-Zeichen
zivilrechtliche Haftung für die Kontaktlinsenversor-          tragen und mit einer UDI (Unique Device Identifi-
gung, ohne die Rolle als Hersteller nach dem Medi-            cation) versehen sein – entweder auf dem Produkt
zinprodukterecht zu übernehmen.                               oder auf der Verpackung. 1

                                                            •	
                                                              Für jedes Medizinprodukt muss eine EU-Kon-
   Bei der Randbearbeitung von Kontaktlinsen                  formitätserklärung ausgestellt sein. Auch Zu-
   sind vom Augenoptiker die Herstellervorga-                 satzteile (beispielsweise die Nasenpads) zu Me-
   ben strikt zu beachten.                                    dizinprodukten sind wie ein Medizinprodukt
                                                              nach EU-MDR zu behandeln und bedürfen einer
                                                              Konformitätserklärung. Die Konformitätserklä-
                                                              rung ist nicht jedem Produkt beigelegt. Vielmehr

                                                            1 Die Kennzeichnungspflicht gilt für Kontaktlinsen und
                                                            Kontaktlinsenpflegemittel ab Mai 2023, für Brillenfas-
                                                            sungen und Brillengläser ab Mai 2025. Somit besteht erst
                                                            ab diesen Zeitpunkten eine Prüfpflicht der Augenoptik­
                                                            betriebe.

                                                                                                                        ZVA | 7
lassen, wobei bei der Zahl der Stichproben einerseits
                                                                                       die Dauer der Zusammenarbeit mit dem Hersteller
                                                                                       zu berücksichtigen ist und andererseits die Kenntnis
                                                                                       von Umständen, die auf Probleme schließen lassen.

                                                                                       Diese Erleichterung gilt indes nicht für die beson-
                                                                                       deren Prüfpflichten bei importierten Medizinpro-
                                                                                       dukten, wenn also der Hersteller der gelieferten
                                                                                       Medizinprodukte seinen Sitz außerhalb der EU hat.
                                                                                       Bei solchen Importen benötigen die „ausländischen“
                                                                                       Hersteller einen sogenannten Bevollmächtigten, ein
                                                                                       Unternehmen mit Sitz in der EU, der die Rolle des
                                                                                       Herstellers und somit all seine Pflichten für die Medi-
                                                                                       zinprodukte auf dem Unionsmarkt übernimmt. Mit-
                                                                                       unter ist dieser Bevollmächtigte auch der Importeur,
                                                                                       also das Unternehmen, das das Medizinprodukt als
                                                                                       erstes auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt. Ge-
                                                                                       gebenenfalls ist der Importeur aber auch ein eigen-
                                                                                       ständiges Unternehmen, sodass es bei importierten
                                                                                       Medizinprodukten gleich drei Akteure (Hersteller,
                                                                                       Bevollmächtigter und Importeur) geben kann, die
                                                                                       Pflichten nach der MDR zu erfüllen haben, bevor der
                                                                                       Augenoptikbetrieb das Produkt erhält.
Foto: Adobe Stock / New Africa

                                                                                       Bei importierten Medizinprodukten muss der Augen-
                                   ist der Hersteller verpflichtet, diese bereitzu-    optikbetrieb also zusätzlich prüfen, ob zu den bereits
                                   halten und auf Anfrage dem Augenoptikbetrieb        erwähnten Angaben auf dem Medizinprodukt selbst,
                                   vorzulegen.                                         auf seiner Verpackung oder auf einem beiliegenden
                                                                                       Dokument folgende Angaben vorhanden sind:
                                 •	Der Hersteller muss dem Medizinprodukt Infor-
                                   mationen in Form von Kennzeichnungen und            •	der Name des Bevollmächtigten und des Impor-
                                   gegebenenfalls einer Gebrauchsanweisung bei-          teurs, deren eingetragener Handelsname oder
                                   legen. Die Gebrauchsanweisung ist für Brillenfas-     eingetragene Handelsmarke,
                                   sungen und Brillengläser als Medizinprodukte der    •	ggfs. eine eingetragene Niederlassung und
                                   niedrigsten Risikoklasse entbehrlich. Etwas ande-   •	die Anschrift, unter der der Bevollmächtigte und
                                   res gilt für Kontaktlinsen: Hier muss der Augen-      der Importeur zu erreichen sind.
                                   optiker wie bisher die Gebrauchsanleitung dem
                                   Kunden aushändigen.
                                                                                          Bei importierten Produkten muss sich anhand
                                 Diese Prüfungen muss der Augenoptikbetrieb nicht         der Angaben die Frage beantworten lassen:
                                 bei jedem Medizinprodukt, das er erhält, vorneh-         Wer ist der Bevollmächtigte bzw. der Impor-
                                 men. Er kann sich vielmehr auf repräsentative, zu        teur und wie kann ich diese Personen errei-
                                 dokumentierende Stichproben beschränken. Über            chen?
                                 das Ausmaß der Stichproben enthält die MDR keine
                                 Regelung. Nach allgemeinen Grundsätzen müssen
                                 Stichproben einen Schluss auf die Gesamtheit zu-

          8 | ZVA
Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

Die Angaben des Bevollmächtigten und des Impor-               den – dann ist dies kein Fall fehlender Konformi-
teurs dürfen die vom Hersteller angebrachte Kenn-             tät des Brillenglases bzw. der Fassung. Fehlende
zeichnung nicht verdecken.                                    Konformität ist vielmehr dann anzunehmen, wenn
                                                              beispielsweise in der Brillenfassung die passend
                                                              geschliffenen Gläser nicht fixiert werden können
b. Beachtung der Transport- und Lagerbedingun-                oder wenn das Brillenglas keine Korrektionswir-
gen – Art. 14 Abs. 3 MDR                                      kung hat oder wenn sich die Beschichtungen lö-
                                                              sen. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Kunde sich
Die Augenoptikbetriebe müssen die Transport- und              über eine unerwartete allergische Reaktion, aus-
Lagerbedingungen der Hersteller beachten. Dies gilt           gelöst durch eine Brillenfassung, beschwert.
selbstverständlich ab dem Moment der Warenüber-
nahme, also ab dem Zeitpunkt, ab dem der Augen-           	Falls die fehlende Konformität zu einer schwer-
optiker auf die Produkte tatsächlich zugreifen kann.          wiegenden Gefahr (Leib und Leben) führen kann,
                                                              dann müssen auch die zuständigen Behörden in-
                                                              formiert werden. Für die Augenoptik dürfte dies
c. Informationspflichten – Art. 14 Abs. 4, 5 MDR              kaum relevant werden.

Die Prüfpflichten und die Beachtung der Transport-        	Die Mitteilung an den Hersteller verträgt sich mit
und Lagerbedingungen treffen den Augenoptikbe-                der Datenschutzgrundverordnung. Nach Art. 9
trieb bei der Lieferung des Medizinproduktes. Bei der         Abs. 2 lit. f) DSGVO dürfen die für die Mitteilung
Abgabe der Medizinprodukte sind dann (gegebenen­              notwendigen Daten an den Hersteller weiterge-
falls) Anpassungspflichten zu beachten (siehe hierzu          reicht werden, da diese „zur Gewährleistung ho-
Kapitel III Ziffer 2, S. 10) und nach der Abgabe gelten       her Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei […]
dann Informations- und Kooperationspflichten:                 Medizinprodukten“ erforderlich ist.

• Fehlende Konformität des Medizinproduktes               • Registerpflicht
	Muss der Augenoptikbetrieb aufgrund von Re-             	Die EU-MDR sieht vor, dass die Händler (Augen-
  klamationen der Kunden oder aufgrund eigener                optiker) ein Register über die Beschwerden der
  Wahrnehmung annehmen, dass ein Medizinpro-                  Kunden führen. In das Register müssen die Be-
  dukt nicht der EU-MDR entspricht, dann muss er              schwerden eingetragen werden, die die Gläser,
  dies dem Hersteller mitteilen (bei Importen dem             die Brillenfassungen, die Fertiglesehilfen, die
  Bevollmächtigten und dem Importeur). Nun sind               Kontaktlinsen und die Kontaktlinsenpflegemit-
  die Vorgaben der MDR, die ein Medizinprodukt                tel betreffen. Beschwert sich der Kunde über fal-
  erfüllen muss, sehr umfangreich und vom Au-                 sche Refraktionswerte oder falsch eingeschliffene
  genoptikbetrieb nicht vollständig zu erfassen. Im
  Kern geht es daher darum, ob das Medizinprodukt
  unter normalen Verwendungsbedingungen sei-
  nen Zweck erfüllen kann und ob eine Gefährdung
  des Kunden durch die Nutzung des Medizinpro-
  duktes ausgeschlossen ist. Es geht hier um die
  Brillen­gläser, die Brillenfassungen, die Fertiglese-
  hilfen, die Kontaktlinsen und die Kontaktlinsen-
  pflegemittel. Macht der Kunde zum Beispiel eine
  Unverträglichkeit der Brille geltend – weil beim
  Einschleifen der Gläser ein Fehler unterlaufen
  ist oder die Messungen falsch durchgeführt wur-
                                                          Foto: ZVA / Heike Skamper

                                                                                                                               ZVA | 9
Brillengläser, so ist dies keine Beschwerde, die zu   2. Anpassungspflichten
             dokumentieren ist.
                                                                   „Jede natürliche oder juristische Person, die ein
           	Da die Hersteller die bei ihnen eingehenden Be-       serienmäßig hergestelltes Produkt an die in einer
             schwerden dokumentieren, können sie – bezogen         schriftlichen Verordnung festgelegten spezifischen
             auf ihre eigenen Produkte – für den Augenoptik-       Charakteristika und Bedürfnisse einer individuel-
             betrieb das Register führen. In der Muster-Qua-       len Patientin oder eines individuellen Patienten an-
             litätssicherungsvereinbarung ist die Übernahme        passt“ hat den Fertigungsprozess zu dokumentieren
             der Pflicht, ein Beschwerderegister zu führen,        und seinen Kunden zu informieren. Mit Blick auf die
             durch den Hersteller vorgesehen. In diesen Fällen     Augenoptik versteht der Gesetzgeber unter „Anpas-
             erschöpft sich die Aufgabe des Augenoptikbetrie-      sung“ also nicht die anatomische Anpassung einer
             bes lediglich darin, dem Hersteller die Beschwer-     Korrektionsbrille, sondern den Fertigungsvorgang
             den weiterzuleiten.                                   einer individuellen Korrektionsbrille, indem der Au-
                                                                   genoptikbetrieb Brillengläser in eine Brillenfassung
           • Kooperationspflicht                                   einschleift. Grundlage der „Anpassung“ ist eine
           	Die Augenoptikbetriebe müssen mit den zustän-         schriftliche Verordnung einer qualifizierten Person
             digen Behörden kooperieren, damit diese die           (in Deutschland ist dies der Augenoptikermeister
             Konformität eines Medizinproduktes prüfen kön-        bzw. eine nach der Handwerksordnung dem Augen-
             nen. Zu diesem Zweck müssen die Betriebe den          optikermeister gleichgestellte Person).
             Behörden auf Anfrage alle für diese Prüfung er-
             forderlichen Informationen und Unterlagen aus-
             händigen.                                                Die „schriftliche Verordnung“ nach dem Me-
                                                                      dizinprodukterecht darf nicht mit der „schrift-
           • Nachwirkende Pflichten                                   lichen Verordnung“ im Sinne des Sozial­
           	
            Die Augenoptikbetriebe müssen gewährleisten,              gesetzbuch V, das u. a. die Leistungen der
             dass die zuvor beschriebenen Informations- und           gesetzlichen Krankenversicherungen regelt,
             Kooperationspflichten bis zehn Jahre nach Ab-            verwechselt werden. So wird die „schriftli-
             gabe der Medizinprodukte fortgelten. Der Inha-           che Verordnung“ nach dem SGB V als fach-
             ber eines Augenoptikbetriebes muss dafür Sorge           ärztliche Verordnung verstanden und sie ist
             tragen, dass diese Pflichten von seinem Rechts-          in einigen Versorgungsfällen Voraussetzung
             nachfolger übernommen werden. Falls es keinen            für die Abrechnung mit den Krankenkassen.
             Rechtsnachfolger gibt, dann müssen die Daten             Die medizinprodukterechtliche „schriftliche
             dem jeweiligen Hersteller zur Verfügung gestellt         Verordnung“ kann hingegen auch von einem
             werden. Die Daten zur Erfüllung der Informati-           Augenoptikermeister ausgestellt werden und
             ons- und Kooperationspflichten dürfen auch ohne          ist Voraussetzung für die Fertigung (= „Anpas-
             Einwilligung des jeweiligen Kunden gemäß Art. 9          sung“) und Abgabe der Brille.
             Abs. 2 lit. f) DSGVO weitergeleitet werden.

                                                                   In der schriftlichen Verordnung sind alle „für die in-
              Händlerpflichten gelten für alle Medizin-            dividuelle Anpassung von serienmäßig hergestellten
              produkte, die vom Augenoptiker verkauft              Medizinprodukten erforderlichen Daten“ enthalten.
              werden. Dies sind Prüf- und Informations-            Dies sind die Korrektionswerte (Sphäre, Zylinder,
              pflichten, eine Register- und eine Kooperati-        Achse, Prisma, Basis, Addition). Diese Daten bezie-
              onspflicht sowie die Verpflichtung, die Trans-       hen sich auf die Brillengläser, die tatsächlich in die
              port- und Lagerbedingungen zu beachten.              vom Kunden ausgewählte Fassung eingeschliffen
                                                                   werden. In der Gesetzesbegründung zum MPDG

10 | ZVA
Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

wird darauf hingewiesen, dass „in den ausgestellten        hört nicht zu den zu speichernden Anpassungsdaten,
schriftlichen Verordnungen enthaltenen erforderli-         da diese kein Maß der Korrektionsbrille darstellt.
chen Daten auf der Basis eigener Untersuchungen
bzw. Messungen der individuellen Patientenbedürf-          Hinsichtlich der Produktidentifikation ist wichtig
nisse bzw. -charakteristika […] beruhen und die we-        zu wissen, dass der Gesetzgeber hierfür die Ver-
sentlichen Merkmale und Eigenschaften […] des fi-          wendung einer sogenannten UDI (Unique Device
nalen angepassten Produktes beschreiben“ müssen.           Identification) vorsieht. Die UDI ist eine individuelle
Dies widerspricht jedoch nicht der Möglichkeit, die        Kennung, mit der Kunden in der Datenbank EUDA-
von einem Dritten (von einem Augenarzt oder von            MED (European database on medical devices) die
einem anderen Augenoptiker) gemessenen Daten               Beschreibung eines konkreten Produkts aufrufen
zu nutzen. Damit aus den Refraktionsdaten die Be-          können sollen. Zurzeit befindet sich diese Datenbank
stellwerte ermittelt werden können, müssen jedoch          noch im Aufbau, sodass bis dahin die Augenoptiker
zusätzlich die Angaben vorliegen, die eine gegebe-         auch ihre betriebsinternen Produktbeschreibungen
nenfalls notwendige Umrechnung der Daten für die           verwenden können.2
Bestellung der konkreten Brillengläser zulassen.
                                                           Angaben zur Identifizierung des Patienten sind
Immer dann, wenn – wie dies bei der Fertigung von          Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Anschrift.
individuellen Korrektionsbrillen der Fall ist – „serien-   Zusätzlich sollte noch eine Angabe zur telefonischen
mäßig hergestellte Medizinprodukte“ (= Brillengläser       oder elektronischen Kontaktaufnahme gespeichert
und Brillenfassung) auf die individuellen Bedürfnis-       werden.
se des Kunden angepasst werden, entstehen Doku-
mentations- und Informationspflichten:                     Die Erklärung über den Stand der Technik setzt
                                                           voraus, dass der Augenoptikbetrieb die fachlich not-
                                                           wendigen Arbeitsschritte ausgeführt hat, um zu ge-
a. Dokumentationspflicht                                   währleisten, dass die individuelle Korrektionsbrille
                                                           den einschlägigen Normen (z. B. DIN EN ISO 21987)
Der Augenoptikbetrieb muss den Fertigungsprozess           entspricht.
dokumentieren, die Dokumentation zehn Jahre auf-
bewahren und auf Verlangen der zuständigen Behör-
de vorlegen. Die Dokumentation umfasst folgende            b. Informationspflicht
Daten:
                                                           Weiter muss der Augenoptikbetrieb den Kunden
• die schriftliche Verordnung,                             über die Brillenfertigung entsprechend der Doku-
• die Anpassungsdaten,                                     mentation informieren (siehe im Anhang Muster „Pa-
•	
  die Angaben zur Identifizierung des Patienten            tienteninformation“). Entbehrlich sind lediglich die
  und der verwendeten Produkte sowie                       „Angaben zur Identifizierung des Patienten“. Auch
•	die Erklärung, dass das Produkt dem aktuellen           wenn der Inhalt der Informationspflicht klar ist, so
  Stand der Technik angepasst wurde.

Wie bereits ausgeführt sind die Korrektionswerte,
                                                           2 Die Registrierung in der EUDAMED ist für die Hersteller
also die Bestelldaten, bereits in der (hier maßgebli-      erst ab 2024 verpflichtend (mit dem Ausnahmefall „Melde-
chen medizinprodukterechtlichen) schriftlichen Ver-        pflichtiges Vorkommnis“) und die Kennzeichnungspflicht
ordnung enthalten. Die Koordinaten des Zentrier-           mit der UDI für Klasse I Medizinprodukte sogar erst ab
                                                           2025 verpflichtend. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte es ge-
punktes, x- und y-Werte in der final ausgerichteten
                                                           nügen, nur die betriebsinterne Produktbeschreibung zu
Brillenfassung, sind Anpassungsdaten, die zusätz-          verwenden. Sobald eine UDI-Kennzeichnung vorhanden
lich zu dokumentieren sind. Die Pupillendistanz ge-        ist, sollte diese – auch schon vor 2025 – angegeben werden.

                                                                                                                         ZVA | 11
ist die Frage offen, in welcher Form der Kunde die
           Patienteninformation zu erhalten hat. Denkbar ist
           sowohl eine elektronische Information etwa per E-
           Mail oder im Kundenportal oder eine ausgedruckte
           Erklärung. Der Gesetzestext spricht von „aushändi-
           gen“, was eher auf die Übergabe eines Dokumentes
           schließen lässt. Solange es keine Vorgaben gibt, ist es
           den Betrieben zu überlassen, die notwendigen Infor-
           mationen so zu übermitteln, dass diese dem Kunden
           dauerhaft vorliegen.

              Die Anpassungspflichten kommen nur bei der
              Abgabe von individuellen Korrektionsbrillen
              in Betracht. Hierbei handelt es sich um eine
              Dokumentationspflicht und eine Informa-
              tionspflicht.

           c. Sonstiges

           Die Anpassungspflichten gelten nicht für Fertigle-
           sehilfen und Kontaktlinsen. Zwar werden bei diesen
           Produkten auch Messungen vorgenommen. Auf der
           Grundlage der Messungen wird dann aber entweder
           ein bereits produziertes Medizinprodukt ausgewählt
           (Fertiglesehilfe oder Austauschkontaktlinse) oder
           ein Medizinprodukt wird für die Versorgung her-
           gestellt (individuelle Kontaktlinse). In beiden Fällen
           erfolgt keine Anpassung des Produktes an die indivi-
           duellen Bedürfnisse eines Kunden.

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Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

Patienteninformation im Sinne von § 9 Abs. 2 MPDG

1. Schriftliche Verordnung (§ 3 Nr. 3 MPDG)

Name, Vorname

            Sphäre             Zylinder        Achse            Prisma            Basis           Addition

  R

  L

2. Anpassungsdaten

                                                 xR               xL                yR               yL

 ermittelte Koordinaten des
 Zentrierpunktes in der ausgerichteten
 finalen Brillenfassung

Im Falle von Bifokalgläsern:

                                                xnR               xnL              ynR               ynL

 ermittelte Koordinaten des
 Zentrierpunktes in der ausgerichteten
 finalen Brillenfassung

3. Angaben zur Identifizierung der verwendeten Produkte

 Produktspezifikation Brillenglas (rechts)
 Fließtext, Beschreibung laut Rechnung des Augenoptikers
 oder UDI – verpflichtend, sobald vorhanden

 Produktspezifikation Brillenglas (links)
 Fließtext, Beschreibung laut Rechnung des Augenoptikers
 oder UDI – verpflichtend, sobald vorhanden

 Produktspezifikation Brillenfassung
 Fließtext, Beschreibung laut Rechnung des Augenoptikers
 oder UDI – verpflichtend, sobald vorhanden

4. Anpassererklärung
Sie erhalten ein Medizinprodukt, das nach dem aktuellen Stand der Technik individuell für Sie angepasst wurde.

Ort, Betrieb, Datum

                                                                                                                     ZVA | 13
Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV)

                                                  zwischen

                                          A. Industrie GmbH

                 – AG                 (Registerbehörde),               (Registernummer) –

              vertreten durch                (Vertretungsverhältnis offenlegen!) Hr. Mustermann

                                                 Musterstr. 7

                                12345 Musterstadt, Bundesrepublik Deutschland

                                (nachfolgend auch kurz „HERSTELLER“ genannt)

                                                     und

                                B. Augenoptiker Mustermann GmbH

                 – AG                 (Registerbehörde),               (Registernummer) –

              vertreten durch                (Vertretungsverhältnis offenlegen!) Hr. Mustermann

                                                 Musterstr. 7

                                12345 Musterstadt, Bundesrepublik Deutschland

                                 (nachfolgend auch kurz „HÄNDLER“ genannt)
                          (zusammen nachfolgend auch kurz „PARTEIEN“ genannt)

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Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

Inhaltsverzeichnis

1. Zweck & Ziel                                        2. Geltungsbereich

Diese Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) regelt     Gegenstand dieser QSV sind alle nachfolgend auf-
die regulatorischen Verpflichtungen und Verant-        geführten Medizinprodukte, die der HÄNDLER vom
wortlichkeiten zwischen der Industrie als HERSTEL-     HERSTELLER zur Bereitstellung auf dem Markt be-
LER und dem Augenoptikbetrieb in seiner medi-          zogen hat. Diese QSV umfasst dabei auch alle Leis-
zinprodukterechtlichen Funktion als HÄNDLER.           tungen und Dienstleistungen, (z.B. die Anpassung),
Damit wird eine wichtige Voraussetzung für eine        die vom HÄNDLER im Zusammenhang mit der Be-
wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Zusammen-      reitstellung auf dem Markt der genannten Medizin-
arbeit zwischen den PARTEIEN geschaffen.               produkte notwendig sind.

Die QSV basiert auf den relevanten Anforderungen       [Auswahl: Liste der Produkte mit Artikelnummern /
der einschlägigen Rechtsvorschriften und Normen        Produktcodes / Basis-UDI-DI oder Ähnliches]
von Medizinprodukten. Die Anforderungen der Euro-
päischen Medizinprodukteverordnung Nr. 2017/745,       Beide VERTRAGSPARTNER verstehen unter „Be-
auch „Medical Device Regulation“ genannt (nach-        reitstellung auf dem Markt“ jede entgeltliche oder
folgend „EU-MDR“), sind von beiden PARTEIEN zu         unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb,
berücksichtigen.                                       zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Uni-
                                                       onsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit,
Die QSV soll sicherstellen, dass der HERSTELLER        wobei Prüfprodukte für die klinische Prüfung ausge-
und der HÄNDLER sich der aus der EU-MDR erge-          nommen sind (vgl. Punkt 27 Artikel 2 der EU-MDR).
benden Pflichten sowie Verantwortlichkeiten be-
wusst sind und diese in einvernehmlicher Kooperati-
on nachgehen. So soll die Konformität sowie Qualität   3. Inkraftsetzung der
der augenoptischen Produkte über die gesamte Lie-      Qualitätssicherungsvereinbarung
ferkette gewährleistet werden.
                                                       Die vorliegende QSV wurde in gegenseitiger Abspra-
Die vom HERSTELLER gelieferten augenoptischen          che zwischen HERSTELLER und HÄNDLER getrof-
Produkte dienen [zur Korrektion von Fehlsichtigkeit,   fen. Diese QSV tritt bei Unterzeichnung in Kraft und
zum Ausgleich von Funktionsdefiziten der Augen,        wird damit für beide VERTRAGSPARTNER als ver-
zur Bestimmung von augenoptischen Parametern           bindlich erklärt.
und …]. Dabei werden vom HERSTELLER die not-
wendigen regulatorischen Anforderungen der Ver-
ordnung (EU) 2017/745 MDR und anwendbarer har-         4. Vertragsdauer
monisierte Normen eingehalten.
                                                       Die QSV tritt mit Unterzeichnung beider PARTEIEN
                                                       in Kraft. Das durch die QSV begründete Vertragsver-
                                                       hältnis endet durch schriftliche (§ 126b BGB) Kün-
                                                       digung einer der PARTEIEN mit einer Frist von zwei
                                                       Wochen zum Monatsende. Auch nach Beendigung
                                                       des Vertragsverhältnisses gelten die in der EU-MDR

                                                                                                                   ZVA | 15
genannten Aufbewahrungsfristen und Informations-       • Der HERSTELLER hat eine EU-Konformitäts-
           pflichten fort.                                          erklärung für das Medizinprodukt ausgestellt und
                                                                    hält diese zur Einsicht bereit.
           Beendet der HÄNDLER seine Geschäftstätigkeit           • Das Medizinprodukt ist identifizierbar und der
           durch Veräußerung des Unternehmens, so endet             HERSTELLER hat ggf. eine UDI für das Medizin-
           ohne weitere Willenserklärung das durch die QSV          produkt vergeben.
           begründete Vertragsverhältnis. Der HÄNDLER stellt
           sicher, dass die nachwirkenden Pflichten aus der       Zur Überprüfung dieser Anforderungen kann der
           EU-MDR vom Erwerber seines Unternehmens über-          HÄNDLER ein Stichprobenverfahren anwenden,
           nommen werden.                                         dass für die an ihm vom HERSTELLER gelieferten
                                                                  Medizinprodukte repräsentativ ist.
           Das Recht beider Parteien zur fristlosen Kündigung
           aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
                                                                  5.3 Dokumentation, Archivierung

           5. Inhalt der QSV                                      Der Hersteller erstellt die technische Dokumentati-
                                                                  on gemäß MDR vorgaben und alle sonstigen regula-
           5.1 Eingangsprüfung, Rückweisungen                     torisch geforderten Dokumente. Er hält die gesamte
                                                                  Dokumentation für die Einsichtnahme durch Be-
           Der HERSTELLER liefert die Produkte in einer von       hörden noch mindestens zehn Jahre, nachdem das
           ihm gewählten und geeigneten Verpackung aus, die       letzte von der EU-Konformitätserklärung erfasste
           bei ordnungsgemäßem Transport durch einen Trans-       Produkt in Verkehr gebracht wurde, bereit.
           portdienstleister (hier ggf. konkreten Namen an-
           gegeben) Transportschäden verhindert, soweit die       Der Hersteller stellt dem Händler folgenden Doku-
           Verpackung nicht in Absprache mit dem HÄNDLER          mente zur Verfügung:
           anderweitig definiert ist. Die Verpackung muss den
           gültigen gesetzlichen Entsorgungsbestimmungen          • die EU-Konformitätserklärung (auf Anfrage)
           des Herstellerlandes entsprechen.                      • die für Brillengläser / Fassungen relevanten Infor-
                                                                    mationen gemäß Anhang I Abschnitt 23 der MDR.
           Der HERSTELLER fügt jeder Lieferung die notwen-          In Produktkatalogen, Produktinformationen, auf
           digen Angaben bei, die dem HÄNDLER eine Identi-          der Website und auf der Verpackung stehen zu
           fikation, Zuordnung zur Bestellung und eine Prüfung      jedem Produkt die notwendigen Angaben, die die
           auf Transportschäden ermöglicht. Dazu zählt min-         Identifizierung des Produkts und des Herstellers
           destens ein Lieferschein mit Bestellnummer, Artikel-     ermöglichen, sowie alle für den Anwender oder
           nummer (sofern vorhanden) und Mengenangaben.             gegebenenfalls dritte Personen relevanten Infor-
                                                                    mationen über die Sicherheit und Leistung des
                                                                    Produkts sowie Nutzungseinschränkungen, Vor-
           5.2 Konformitätserklärungen                              sichtsmaßnahmen oder Warnungen.

           Bevor der HÄNDLER die vom HERSTELLER bezo-             Der Händler dokumentiert
           genen Medizinprodukte auf dem Markt bereitstellt,
           überprüft der HÄNDLER, ob alle folgenden Anforde-      • die schriftliche Verordnung,
           rungen erfüllt sind:                                   • die Anpassungsdaten, soweit diese nicht Be-
                                                                    standteil der schriftlichen Verordnung sind,
           • Das Medizinprodukt oder seine Verpackung trägt       • die Angaben, die erforderlich sind, um den Patien-
              die CE-Kennzeichnung.                                 ten zu identifizieren,

16 | ZVA
Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

• die Angaben, die erforderlich sind, um das ange-        – Nenngröße in Millimeter
  passte Produkt zu identifizieren,                       – Maße des Zusatzteils bei Mehrstärkengläsern
• die Erklärung, dass das Produkt nach dem aktuel-            in Millimeter
  len Stand der Technik angepasst wurde.                  – Farbe, falls zutreffend.
                                                          – Bezeichnung der Beschichtung
Der Händler bewahrt die Dokumentation zehn Jahre          – 
                                                            Handelsname des Materials oder/und die
auf und legt sie der zuständigen Behörde auf Verlan-          Brechzahl
gen vor.                                                  – 
                                                            Soll-Scheitelbrechwert (=Messwerte) wo zu-
                                                              treffend
Um den Händler in seiner Pflicht zu unterstützen, ein     – Verfahren zur Messung des Nahzusatzes, falls
Register der Beschwerden, der nicht konformen Pro-           nicht das Verfahren, das die Fläche verwendet,
dukte und der Rückrufe und Rücknahmen zu führen              auf der sich der Nahzusatz befindet.
(Artikel 14, Absatz 5 der MDR), führt dieses Register     Das sind bei Brillenfassungen alle Angaben nach
der Hersteller.                                           DIN EN ISO 12870 Punkt 9, die auf der Brillenfas-
                                                          sung angegeben werden müssen.
Dazu leitet der Händler Beschwerden und Berich-           – Modellbezeichnung
te der Patienten oder Anwender über mutmaßliche           – Farbangabe
Vorkommnisse im Zusammenhang mit einem Pro-               – Scheibenlänge mit Kastensymbol □
dukt, das er bereitgestellt hat, unverzüglich an den      – Abstand zwischen den Brillengläsern
Hersteller weiter und stellt ihm auf Anfrage alle In-     – Gesamtbügellänge.
formationen zur Verfügung.                              • Den Namen, den eingetragenen Handelsnamen
                                                          oder die eingetragene Handelsmarke des Herstel-
                                                          lers und die Anschrift seiner eingetragenen Nie-
5.4 Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit                  derlassung.
                                                        • Die Losnummer oder die Seriennummer des Pro-
Der Hersteller macht folgenden Angaben auf der            dukts.
Kennzeichnung (nach MDR Anhang I Abschnitt 23.2.        • Das Herstellungsdatum
zutreffende Punkte für Brillengläser und Brillenfas-    • Einen Hinweis auf der Verpackung, dass es sich bei
sungen)                                                   dem Produkt um ein Medizinprodukt handelt.
                                                        • Das CE-Zeichen.
• Den Namen, Typbezeichnung oder Handelsna-             • Die UDI spätestens ab 26.05.2025.
  men des Produkts.
• Alle unbedingt erforderlichen Angaben, aus de-
  nen der Anwender ersehen kann, worum es sich
  bei dem Produkt handelt.
  Das sind bei Brillengläsern alle Angaben nach DIN
  EN ISO 14889 Punkt 6, die auf der Brillenglas-Tüte
  angegeben werden müssen.
  – Angabe, dass es sich um ein rechtes oder ein
      linkes Brillenglas handelt, falls zutreffend.
  – Brechwert und Nahzusatzwirkung in Dioptrien
      (Sph, Cyl, Achse, Add, Prisma, Basis)
  – 
    Prismatische Wirkung des Zusatzteilprismas
      bei Mehrstärkengläsern, falls vorhanden.
  – 
    Lage des Fern-Bezugspunktes bei asphäri-
      schen Mehrstärkengläsern.

                                                                                                                  ZVA | 17
Hierzu können die Symbole nach DIN EN ISO 15223-1     5.5 Lagerung, Verpackung und Weitertransport
           (Medizinprodukte - Bei Aufschriften von Medizin-
           produkten zu verwendenden Symbolen, Kennzeich-        Für Brillengläser und Brillenfassungen gibt es außer
           nung und zu liefernde Informationen) verwendet        dem Schutz vor mechanischen Beschädigungen kei-
           werden:                                               ne besonderen Lagerungs- und Transportbedingun-
                                                                 gen. Sie sollen in einem geschlossenen, trockenen
                                                                 und ggf. temperierten Raum gelagert oder in einer
            Hersteller                                           geeigneten Verpackung weitertransportiert werden.

            Bevollmächtigter Repräsentant                        [KL-Firmen können Ihre Lagerbedingungen je nach
            in der EU                                            Bedarf formulieren]

            Importeur
                                                                 5.6 Abgabe der Produkte an den
                                                                 Endverbraucher (EV)

            Händler
                                                                 Der Händler weist den EV in den bestimmungsge­
                                                                 mäßen Gebrauch der Brille inklusive der richtigen
            Herstelldatum                                        Pflege und Handhabung ein.

                                                                 Der Händler klärt den EV über die eventuellen Nut-
            Medizinprodukt                                       zungseinschränkungen und Risiken auf.

                                                                 Hierzu gehören insbesondere:
            Losnummer

                                                                 • Einschränkungen beim Führen eines Kraftfahr-
                                                                   zeugs
            Katalognummer
                                                                 • der Hinweis, dass Brillengläser generell nicht un-
                                                                   zerbrechlich sind
            Seriennummer
                                                                 Der Hersteller gibt dem Händler alle notwendigen
                                                                 Informationen (Anpasshinweise, Gebrauchshinwei-
            Unique Device Identifier                             se, Nutzungseinschränkungen, Warnhinweise, usw.)
                                                                 bereits in seinen Produktkatalogen (VK-Preisliste,
                                                                 Produktinformationen). Dadurch kann der Händ-
           [KL-Firmen können weitere Angaben zur Kennzeich-      ler den EV schon vor der Bestellung der Brille über
           nung machen]                                          eventuelle Nutzungseinschränkungen und Risiken
                                                                 informieren.
           Der Händler prüft, ob die Kennzeichnung vollständig
           vorhanden ist.                                        Der Händler gibt bei der Abgabe des angepassten
                                                                 Produktes dem EV eine Erklärung mit den folgenden
           Der Hersteller gewährleistet die Rückverfolgbarkeit   Angaben mit:
           über die Losnummer / Seriennummer / Auftrags-
           nummer und sobald verfügbar, über die UDI.            • die schriftliche Verordnung,
                                                                 • die Anpassungsdaten, soweit diese nicht bereits
                                                                   Bestandteil der schriftlichen Verordnung sind,

18 | ZVA
Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

• die Angaben, die erforderlich sind, um das ange-     5.8 Schwerwiegende Vorkommnisse und Rückruf
   passte Produkt zu identifizieren, und
• die Erklärung, dass das Produkt nach dem aktu-       Der HÄNDLER teilt dem HERSTELLER unverzüg-
   ellen Stand der Technik angepasst wurde (gültige    lich mit, wenn der HÄNDLER der Auffassung ist
   nationalen oder internationalen Normen spiegeln     oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihnen
   im Allgemeinen den Stand der Technik wider)         auf dem Markt bereitgestelltes Medizinprodukt des
                                                       HERSTELLERS nicht der EU-MDR 2017/745 ent-
                                                       spricht und/oder von dem Medizinprodukt eine
Anmerkung 1:                                           schwerwiegende Gefahr ausgeht.
Eine Gebrauchsanweisung ist für Medizinprodukte
der Klassen I und IIa ausnahmsweise entbehrlich,       (Der HÄNDLER ist laut der EU-MDR 2017/745 ver-
wenn eine sichere Anwendung dieser Produkte ohne       pflichtet alle Beschwerden und Berichte seitens
Gebrauchsanweisung gewährleistet ist.                  Angehöriger der Gesundheitsberufe, der Patienten
                                                       oder Anwender über schwerwiegende Vorkomm­
Da die Brille durch Fachkreise (Augenoptiker) an den   nisse im Zusammenhang mit dem vom HERSTELLER
EV abgegeben wird und der EV hierbei über den rich-    bezogenen Medizinprodukten unverzüglich an den
tigen Gebrauch, Nutzungseinschränkungen und Ri-        HERSTELLER weiterzuleiten.)
siken aufgeklärt wird, ist die sichere Anwendung des
Produkts auch ohne Gebrauchsanweisung gewähr-          Der HÄNDLER arbeitet mit dem HERSTELLER so-
leistet. Somit werden Brillengläser und Brillenfas-    wie mit den zuständigen Behörden zusammen, um
sungen vom Hersteller ohne Gebrauchsanweisung          sicherzustellen, dass bei Bedarf die erforderlichen
ausgeliefert.                                          Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um die Kon-
                                                       formität des Produkts herzustellen, es vom Markt zu
Anmerkung 2:                                           nehmen oder zurückzurufen.
Jede vom Augenoptiker nachträglich vorgenomme-
ne Bearbeitung eines Brillenglases (Tönung, Lack-      Der HÄNDLER verpflichtet sich, der zuständigen
hartversiegelung, Entspiegelung, …), die über die      Behörde auf Ersuchen alle Informationen und Unter-
fassungsgerechte Brillenglasrandung hinausgeht,        lagen auszuhändigen, die dem HÄNDLER vorliegen
wird in dessen eigener Verantwortung durchgeführt      und die für den Nachweis der Konformität des vom
und schließt jegliche herstellerseitige Haftung aus.   HERSTELLER bezogenen Medizinprodukts erfor-
                                                       derlich sind. Der HÄNDLER informiert den HER-
                                                       STELLER unverzüglich über das Ersuchen der zu-
5.7 Reklamationen (Vorkommnisse)                       ständigen Behörde. Der HERSTELLER arbeitet eng
                                                       mit dem HÄNDLER zusammen, um das Ersuchen der
Erhält der HÄNDLER Informationen aus dem Markt,        zuständigen Behörde so schnell es geht zu bearbei-
dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Medizinpro-     ten. Entsprechende bzw. angefragte Informationen
dukt reklamiert wird, informiert er unverzüglich den   können dann direkt vom HERSTELLER an die zu-
HERSTELLER, damit dieser die ggf. erforderlichen       ständige Behörde zur Verfügung gestellt werden.
Korrekturmaßnahmen einleiten kann. Der HÄND-
LER wird alle dafür notwendigen Informationen über     Der HÄNDLER kooperiert mit den zuständigen
das Produkt sowie den Endverbraucher aus seinem        Behörden auf deren Ersuchen bei allen Maßnah-
Kundenregister dem HERSTELER zur Verfügung             men zur Abwendung von Gefahren, die mit den vom
stellen.                                               HERSTELLER bezogenen Produkten verbunden
                                                       sind und die er auf dem Markt bereitgestellt hat. Der
                                                       HÄNDLER stellt einer zuständigen Behörde auf Er-
                                                       suchen unentgeltliche Proben des Produkts zur Ver-

                                                                                                                 ZVA | 19
fügung oder gewährt ihr, sofern dies nicht praktika-   Beide Parteien verpflichten sich, die Geheimhal-
           bel ist, Zugang zu dem Produkt.                        tungspflicht sämtlichen Angestellten, und/oder Drit-
                                                                  ten, die Zugang zu den vertraulichen Informationen
           (Der HÄNDLER ist laut der EU-MDR verpflichtet          haben, aufzuerlegen.
           im Falle schwerwiegender Gefahr die zuständige
           Behörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und       Werden den Parteien vertrauliche Informationen
           Medizinprodukte (BfArM), zu informieren. Der HER-      von dritter Seite bekannt gemacht, haben sie sich
           STELLER verpflichtet sich den HÄNDLER in diesem        wechselseitig hierüber unverzüglich zumindest in
           Fall zu unterstützen und dabei bei der Übermittlung    Textform zu benachrichtigen.
           der genauen Angaben zur Nichtkonformität und zu
           bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen ausschlag-      Die Vertragsparteien beachten die einschlägigen
           gebend zu helfen.)                                     datenschutzrechtlichen    Vorschriften.   Personen-
                                                                  bezogene Daten werden die Vertragsparteien ein-
           Ist der HERSTELLER der Auffassung oder hat er          ander nach Möglichkeit nicht zur Verfügung stel-
           Grund zu der Annahme, dass ein von ihm an den          len. Für den Fall, dass wider Erwarten dennoch eine
           HÄNDLER bereitgestelltes und somit in Verkehr ge-      Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag
           brachtes Medizinprodukt möglicherweise nicht der       der jeweils anderen Vertragspartei (in diesem daten-
           MDR 2017/745 entspricht, ergreift dieser unverzüg-     schutzrechtlichen Kontext auch kurz „Verantwort-
           lich die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um         licher“ genannt) erfolgt, wird die beauftragte Partei
           die Konformität dieses Produkts herzustellen. Der      (in diesem datenschutzrechtlichen Kontext auch
           HERSTELLER verpflichtet sich, den HÄNDLER über         kurz „Auftragsverarbeiter“ genannt) mit dem Verant-
           das nichtkonforme Produkt zu informieren und falls     wortlichen eine Auftragsverarbeiter-Vereinbarung
           notwendig die erforderlichen Korrekturmaßnahmen        im Sinne von Artikel 28 der Datenschutz-Grundver-
           in Kooperation mit dem HÄNDLER einzuleiten.            ordnung (EU-DSGVO) abschließen.

           Bei Nichteinhaltung dieser QSV muss der HÄNDLER        Auf Ersuchen der zuständigen Behörde darf der
           den HERSTELLER über diesen Sachverhalt und sich        HÄNDLER alle Informationen und Unterlagen nach
           daraus ergebenden Maßnahmen zur Korrektur un-          Rücksprache mit dem HERSTELLER an diese aus-
           verzüglich informieren.                                händigen, sofern die dem HÄNDLER vorliegenden
                                                                  Informationen und Unterlagen für den Nachweis der
                                                                  Konformität eines vom HERSTELLER bezogenen
           6. Vertraulichkeit / Geheimhaltung                     Medizinproduktes erforderlich sind. Dabei kooperie-
           und Datenschutz                                        ren HERSTELLER und HÄNDLER eng miteinander.
                                                                  So stellt der HERSTELLER nach Aufforderung dem
           Beide PARTEIEN verpflichten sich, über die jeweils     HÄNDLER oder der zuständigen Behörde auf Anfra-
           die andere Partei betreffenden vertraulichen Infor-    ge die erforderlichen Informationen zur Verfügung.
           mationen Stillschweigen zu bewahren und diese nur      Der HÄNDLER verpflichtet sich den HERSTELLER
           für die Durchführung dieser QSV und den damit ver-     unverzüglich über die ausgehändigten Informatio-
           folgten Zweck zu verwenden. „Vertrauliche Informa-     nen und Unterlagen an die zuständige Behörde zu
           tionen“ sind alle Informationen und Unterlagen der     unterrichten.
           jeweils anderen Partei, die als vertraulich gekenn-
           zeichnet oder aus den Umständen heraus als vertrau-
           lich anzusehen sind, insbesondere Informationen
           über betriebliche Abläufe, Geschäftsbeziehungen
           und Know-how, sowie sämtliche Arbeitsergebnisse.

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Leitfaden zum neuen Medizinprodukterecht 2021

7. Schlussbestimmungen

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages un-    wenn sich in dem Vertrag eine Lücke herausstellen
wirksam oder nichtig sein oder werden, so berührt     sollte. Zur Ausfüllung der Lücke verpflichten sich die
dies die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieses   Vertragspartner, auf die Etablierung angemessener
Vertrages nicht. AO und IND verpflichten sich, un-    Regelungen in diesem Vertrag hinzuwirken, die dem
wirksame oder nichtige Bestimmungen durch neue        am nächsten kommen, was die Vertragschließenden
Bestimmungen zu ersetzen, die dem in den unwirk-      nach dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung be-
samen oder nichtigen Bestimmungen enthaltenen         stimmt hätten, wenn der Punkt von ihnen bedacht
wirtschaftlichen Regelungsgehalt in rechtlich zu-     worden wäre
lässiger Weise gerecht werden. Entsprechendes gilt,

Datum, Stempel, Unterschriften

Musterstadt,                                          Musterstadt,

HERSTELLER GmbH                                       HÄNDLER GmbH

                                                                                                                 ZVA | 21
Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Jan Wetzel
           Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA)
           Association of optometrists
           Alexanderstraße 25 a, 40210 Düsseldorf
           Tel. +49 (0) 211 863235-0
           info@zva.de, www.zva.de

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