LEONCE UND LENA Georg Büchner - Materialmappe
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Materialmappe LEONCE UND LENA Georg Büchner Ab 14 Jahren Spielzeit 09/10 Regie Lisa Maria Cerha Bühne Thurid Peine Kostüm Aleksandra Kica Es spielen Pippa Galli, Katharina v. Harsdorf, Antje Hochholdinger, Christine Jirku, Julia Schranz | Philipp Brammer, Klaus Haberl, Thomas Richter, Oliver Rosskopf, Othmar Schratt, Helmut Wiesinger, Hendrik Winkler Dramaturgie Rupert Klima Theaterpädagogik Ina Theißen
Inhalte Das Stück Seite 1 Der Autor Seite 2 Regie und Ensemble Seite 3 Anregungen für den Unterricht Seite 6 Vorbereitung Nachbereitung Seite 12 Anhang Seite 14 Kontakt: Ina Theißen Theatervermittlung T +43 (0)2742/90 80 60-694 theaterundschule@landestheater.net Szenenfotos in der Mappe: © Gerald Lechner
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Das Stück Das einzige Lustspiel von Georg Büchner LEONCE UND LENA entwarf der junge Autor anlässlich eines Preisausschreibens des Cotta-Verlags. Allerdings landete das Skript zu spät beim Verlag und wurde ungeöffnet zurückgesendet. Georg Büchner überarbeitete den Entwurf und ergänzte das Lustspiel um einen Akt, die Uraufführung 1895 in München sollte er selbst nicht mehr erleben. LEONCE UND LENA brauchte einige Jahrzehnte um anerkannt zu werden, heute ist es von deutschsprachigen Bühnen nicht mehr wegzudenken. Vielleicht ist es die Vielfalt der Themen, die seinen Reiz ausmachen. Gekonnt hält das Lustspiel die Waage zwischen komödienhafter Handlung, gewitzten Sprachspielen einerseits und politischer Satire sowie dem starken Motiv von Weltschmerz und Melancholie der jungen Protagonisten andererseits. Das Kernthema der Liebenden, die zueinander finden, obwohl sie sich nicht suchten wird um die Auseinandersetzung mit Müßiggang und Langeweile sowie der Frage nach der Bedeutung von Arbeit für das Leben des Menschen ergänzt. Für Prinz Leonce aus dem Reiche Popo besitzt das Leben keinen Sinn, Langeweile grassiert und jede menschliche Tätigkeitsform ist ihm verdrießlich. In Valerio findet Leonce einen Gleichgesinnten, der ebenfalls noch Jungfrau in der Arbeit ist und eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit besitzt. Während Leonce und Valerio sich weigern, nützliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft zu werden, ist König Peter vom Willen beherrscht, durch Denken der Welt beizukommen: „Der Mensch muss denken und ich muss für meine Untertanen denken, denn sie denken nicht, sie denken nicht‚. Er beschließt, seinen Sohn Leonce mit Prinzessin Lena vom Reiche Pipi zu verheiraten und ihm die Staatsgeschäfte zu übertragen. Die junge Prinzessin Lena wurde ihrerseits einem ihr unbekannten Prinzen versprochen und will der Bevormundung durch ihre Eltern entfliehen. Als Leonce von der Absicht hört, er solle seinem regierungsmüden Vater auf den Thron folgen, läuft auch er davon und begegnet auf der Reise unerkannt Prinzessin Lena… 1
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Der Autor Georg Büchner wird am 17. Oktober 1813 in einem kleinen Dorf im Großherzogtum Hessen-Darmstadt in Deutschland geboren. An diesem Tag unterliegen Napoleons Truppen gegen die große Koalition von Österreich, Preußen und Russland. Mit der Entscheidung dieser Völkerschlacht werden neue Weichen für die Geschichte Europas gelegt. Georg Büchner wächst als eines von fünf Kindern des Arztes Ernst Büchner und seiner Frau Caroline auf. Bevor er in die Schule kommt, übersiedelt die Familie in die Stadt Darmstadt. Er geht auf eine neu gegründete Schule, die „Privat-Erziehungs- und Unterrichtsanstalt‚ des Theologen Dr. Weitershausen. Bereits mit acht Jahren wird er in Geometrie, Geschichte, Physik, Latein, Griechisch und Französisch unterrichtet. Als er auf ein humanistisches Gymnasium wechselt, trainiert er den Umgang in klassischer Rhetorik, die maßgeblich sein Schreiben beeinflussen wird. Auf Wunsch seines Vaters nimmt Georg Büchner in Straßburg das Studium der Medizin auf. Straßburg ist zu dieser Zeit neben Paris eine der größten Flüchtlingskolonien Frankreichs, Büchner erlebt die Unruhen und Demonstrationen gegen die Restaurationspolitik hautnah mit. In einem Brief formuliert er: „Meine Meinung ist die: wenn in unserer Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt. Wir wissen, was wir von unseren Fürsten zu erwarten haben. Alles, was sie bewilligten, wurde ihnen durch die Notwendigkeit abgezwungen. (…) Man wirft den jungen Leuten den Gebrauch der Gewalt vor. Sind wir denn aber nicht in einem ewigen Gewaltzustand? Weil wir im Kerker geboren und großgezogen sind, merken wir nicht mehr, dass wir im Loch stecken mit angeschmiedeten Händen und Füßen und einem Knebel im Munde. Was nennt ihr den gesetzlichen Zustand? Ein Gesetz, das die große Masse der Staatsbürger zum frohnenden Vieh macht, um die unnatürlichen Bedürfnisse einer unbedeutenden und verdorbenen Minderzahl zu befriedigen?‚1 1833 kehrt Büchner aus Straßburg zurück, er verbringt den Sommer in Darmstadt und zieht nach Gießen, um dort sein Studium fortzusetzen. Schmerzlich vermisst er seine Geliebt, mit der er sich ein Jahr zuvor heimlich verlobt hatte. Der hessische Landbote und Dantons Tod entstehen, Büchner wird politisch tätig und schreibt in der ständigen Angst, verhaftet zu werden. Schließlich flüchtet er 1835 vor polizeilichen Ermittlungen nach Straßburg. Dort entstehen Lenz, Leonce und Lena und Woyzeck. Zeitgleich arbeitet er an seiner Promotionsschrift Über das Nervensystem der Flußbarbe und unterrichtet ein Jahr später als Privatdozent an der Universität Zürich. Bei seinen medizinischen Forschungsarbeiten infiziert er sich mit dem Tuberkulosevirus. In seinem letzten Brief an seine Verlobte Wilhelmine Jaegle heißt es: „(…) Ich habe mich verkältet und im Bett gelegen. Aber jetzt ist’s besser. Wenn man so ein wenig unwohl ist, hat man ein so groß Gelüsten nach Faulheit; aber das Mühlrad dreht sich fort ohne Rast und Ruh. (…) Heute und gestern gönne ich mir jedoch ein wenig Ruhe und lese nicht; morgen geht’s wieder im alten Trab, du glaubst nicht, wie regelmäßig und ordentlich. Ich gehe fast so richtig, wie eine Schwarzwälder Uhr.‚2 Bald darauf verschlechtert sich sein Gesundheitszustand, seine Braut reist an und steht am Bett eines Sterbenden. Georg Büchner erliegt am 19. Februar 1837 im Alter von 23 Jahren seiner Krankheit und wird in Zürich beigesetzt. 1 Georg Büchner, „An die Familie“. In: „Werke und Briefe“, 1998 2 Georg Büchner, „An die Braut“. In: Ebd. 2
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Die Regisseurin Lisa Maria Cerha wurde 1978 in Vorarlberg geboren. Sie studierte Theaterwissenschaft, Vergleichende Literaturwissenschaft und Französisch in Wien, Berlin und Antwerpen. Sie assistierte am Burgtheater, Schauspielhaus Graz sowie am Volkstheater Wien u.a. bei Jan Fabre, Andreas Kriegenburg, Nicolas Stemann, Thomas Langhoff, Christoph Schlingensief, Matthias Fontheim, Barbara Weber, Elisabeth Gabriel, Cornelia Crombholz, Antoine Uitdehaag, Michael Schottenberg und Ramin Gray. Seit 2006 inszeniert sie selbst und bekam für ihre erste Inszenierung Der junge Brecht , eine Brecht-Collagen zum 50. Todestag 2006, am Saumarkttheater Feldkirch den Regiepreis des Wettbewerbes der freien Theaterszene der Hochschulen und Universitäten in Berlin. Weiters inszenierte sie am Volkstheater Wien Peterchens Mondfahrt, Misery und Read after Burning sowie am Volkstheater Wien in den Bezirken Reden mit Mama. Ihre Stückentwicklung und Inszenierung von Fantasy - Actionsstück kam ins Finale beim Jungwild-Wettbewerb im Dschungel Wien. Das Ensemble Lena Pippa Galli Leonce Oliver Rosskopf Rosetta Julia Schranz Valerio Klaus Haberl Gouvernante Antje Hochholdinger Staatspräsident Hendrik Winkler Hofmeister/Zeremonienmeister Philipp Brammer König Peter Othmar Schratt Hofprediger Thomas Richter Schulmeister Helmut Wiesinger 1.Polizist Christine Jirku 2.Polizist Katharina v. Harsdorf Bühne Thurid Peine Kostüme Aleksandra Kica Dramaturgie Rupert Klima 3
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Frage und Antwort Um die SchauspielerInnen des Landestheaters etwas besser kennen zu lernen, haben wir den Protagonisten von LEONCE UND LENA ein paar persönliche Fragen gestellt. Pippa Galli im Portrait Die junge Schauspielerin wurde 1985 in Wien geboren und war regelmäßig auf vielen Wiener Bühnen zu sehen: Theater des Augenblicks, Akademietheater, dietheater, Schauspielhaus, Volkstheater, Wiener Festwochen, Theater in der Drachengasse und andere. Weiters spielte sie am Waldviertler Hoftheater und bei den Sommerspielen Melk. Fernseherfahrung sammelte Pippa Galli unter anderem in „Kommissar Rex‚, „Tatort‚, „Kronprinz Rudolf‚ und „Zodiak‚. Seit 08/09 ist sie Ensemblemitglied am Landestheater Niederösterreich und war zum Beispiel als Pünktchen in „Pünktchen und Anton‚ und Angelina in „Cosmic Fear oder der Tag an dem Brad Pitt Paranoia bekam‚ zu sehen. In „Leonce und Lena‚ spielt sie Prinzessin Lena. 1. Wie sind Sie mit Theater zum ersten Mal in Berührung gekommen? Über meine Eltern. Sie sind beide Schauspieler und ich habe quasi schon als Kind Theaterluft geschnuppert. 2. Welche ist/war Ihre Lieblingsrolle? Immer die, an der ich gerade arbeite. 5. Welchen Beruf hätten Sie, wenn Sie nicht Schauspielerin wären? Fotografin, Konditorin oder Tänzerin. 6. Wer ist Ihr persönliches Vorbild? Alle Menschen, die ihren eigenen Weg gehen, unangepasst und integer sind. Und von den Tieren kann man auch viel lernen, finde ich. 7. Wie würden Sie sich selbst beschreiben? Klein aber schnell. 11. Was unternehmen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Spazieren, lesen, fantasieren und mit meinen Liebsten lachen. 13. Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Gute Flasche Rotwein, Korkenzieher, Weinglas. 14. Wie würde Ihr perfekter Urlaub aussehen? Ohne Plan in den Tag hinein leben. 15. Wie lautet Ihr Lebensmotto? Schön langsam. 4
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Oliver Rosskopf im Portrait Er wurde 1981 in Prottes/Niederösterreich geboren und absolvierte seine Schauspielausbildung an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Graz. Es folgten Engagements am Schauspielhaus Graz, Stadttheater Klagenfurt, dietheater in Wien, sowie bei den Sommerspielen auf der Rosenburg. Oliver Rosskopf war in einigen österreichischen Kinofilmen zu sehen und gehört seit der Spielzeit 07/08 zum Ensemble des Landestheaters Niederösterreich. Er spielte unter anderem neben Roland Düringer als Bleichenwang in „Was ihr wollt‚ und in der Rolle des Schürzinger in „Kasimir und Karoline‚. In der aktuellen Inszenierung spielt er Leonce. 1. Wie sind Sie mit Theater zum ersten Mal in Berührung gekommen? Ich war der Zwerg im Weihnachtsstück mit zwei Jahren. 2. Welche wäre Ihre Lieblingsrolle? Neben der Vaterrolle seit sieben Monaten? Naja vielleicht „Lady Macbeth‚. 5. Welchen Beruf hätten Sie, wenn Sie nicht Schauspieler wären? Irgendwas mit Sport oder vielleicht doch Kindergärtner, nachdem ich mich schon durch die BAKIP manövriert habe. 6. Wer ist Ihr persönliches Vorbild? Mein Sohn. 7. Wie würden Sie sich selbst beschreiben? Unglaublich toll, unglaublich schön, unglaublich ehrgeizig … einfach unglaublich und unglaublich bescheiden – jetzt schwer damit beschäftigt meine wachsende Nase zu verstecken. 11. Was unternehmen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Sport. 13. Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Lisa, Leander, „Bezaubernde Jeannie‚. 14. Wie würde Ihr perfekter Urlaub aussehen? Erst mal auf Urlaub. 15. Wie lautet Ihr Lebensmotto? Ganz ehrlich – ich hab‘ keines. 5
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 ANREGUNGEN FÜR DEN UNTERRICHT Vorbereitung Einführung 1) Zusammentragen, welche Informationen über Stück, Autor bzw. das Theater, die Neuinszenierung und Besetzung vor dem Vorstellungsbesuch gesammelt werden können. Vor dem Theaterbesuch 1) Was ist der Unterschied zwischen einem Dramentext und einer Theaterinszenierung? 2) Sammelt Theatermittel, die zur Gestaltung einer Inszenierung dazugehören. 3) Für den Vorstellungsbesuch können Beobachtungsaufgaben entsprechend dieser Theatermittel vergeben werden. Z.B. Einsatz von Musik, Licht, Sprachbehandlung, Arrangement auf der Bühne (wo spielt was), Bühnenbild, Kostüme, Dramaturgie und Rhythmus der Theatervorstellung etc. Themen aus LEONCE UND LENA A) Arbeit und Langeweile Das Thema vom Umgang mit Arbeit bildet in Büchners Werk einen Schwerpunkt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm im Zuge der Industrialisierung die Arbeit in den Fürstentümern und Städten enorm zu. Für zahlreiche Theoretiker dieser Zeit wurde die Frage nach dem Wert der Arbeit und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft Teil ihrer soziologischen und philosophischen Betrachtungen. Büchner selbst stellte Arbeiter und Müßiggänger besonders radikal im Hessischen Landboten und in Dantons Tod gegenüber, bei LEONCE UND LENA nimmt er eine skurrile Gesellschaft der Nicht-Arbeitenden ins Visier. Heute wird der Begriff Arbeit nicht mehr ausschließlich auf die Erwerbstätigkeit bezogen und die Frage nach der Bedeutung von Arbeit spielt für jeden Heranwachsenden eine entscheidende Rolle in der Lebensgestaltung und -planung. Lese-Kostprobe A Nehmt euch Zeit zum gemeinsamen Lesen und lasst eine Person die Regieanweisungen und Handlungsbeschreibungen vorlesen. Gebt in eigenen Worten wieder, was in dem kurzen Ausschnitt verhandelt wird. Was erfahrt ihr über die Figuren? Szene ist auf der nächsten Seite eingefügt. 6
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Szenenausschnitt A VALERIO (setzt sich auf den Boden) Seht diese Ameisen, liebe Kinder, es ist bewundernswürdig – welche Ordnung, welcher Fleiß. – (Herr), es gibt nur drei Arten, sein Geld auf menschliche Weise zu verdienen: es finden, in der Lotterie gewinnen, erben oder stehlen, wenn man die Gabe hat, keine Gewissensbisse zu bekommen. Wer sein Geld auf eine andere Art erwirbt, ist ein Schuft. LEONCE Denn wer arbeitet, ist ein subtiler Selbstmörder, und ein Selbstmörder, ist ein Verbrecher, und ein Verbrecher ist ein Schuft, also, wer arbeitet, ist ein Schuft! – (zu Valerio) Aber Edelster, dein Handwerk, deine Profession, dein Gewerbe, dein Stand, deine Kunst? VALERIO (mit Würde) Herr, ich habe die große Beschäftigung, müßig zu gehen, ich habe eine ungemeine Fertigkeit im Nichtstun, ich besitze eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit. Keine Schwiele schändet meine Hände, der Boden hat noch keinen Tropfen von meiner Stirne getrunken, ich bin noch Jungfrau in der Arbeit, und wenn es mir nicht der Mühe zu viel wäre, würde ich mir die Mühe nehmen, Ihnen diese Verdienste weitläufiger auseinanderzusetzen. LEONCE Was für ein erbaulicher Lebenslauf. _________________________________________________________________________________________________________________ 1) Fragen zum Thema, Gesprächsimpuls Wie würdet ihr Arbeit definieren? Was ist das Gegenteil von Arbeit? Erarbeitet in Kleingruppen eine Kurzdefinition für den Begriff „Arbeit‚ – und erstellt eine List mit Synonymen und dazugehörigen Begriffe, die euch dazu einfallen. Die gesammelten Begriffe werden wie ein Brainstorming an der Tafel aufgeschrieben und diskutiert. Arbeitsblatt 1 im Anhang enthält beispielhafte Definitionen für verschiedene Begriffe Welche Tätigkeit zählt als Arbeit, welche nicht? Begründet eure Aussage. Arbeitsblatt 2 im Anhang enthält eine Liste mit Tätigkeiten 2) Arbeitsaufgaben, Theatereinheit Notiert drei Wunschberufe, oder Berufe, bei denen ihr glaubt, dass das Berufsprofil euren Begabungen entspricht.3 Einem dieser Berufe werden typische Bewegungen zugeordnet und als Bewegungsablauf einstudiert. Die Bewegungen sollten vergrößert werden und durch das Aneinanderbauen oder Verschränken wie eine Choreografie festgelegt werden. Kleingruppen von 4-5 Schülern präsentieren ihre Bewegungsabläufe gemeinsam, sie bekommen vorab Zeit sich abzusprechen, ob sie gleichzeitig oder nacheinander präsentieren und ob vielleicht Bewegungsmuster wiederholt oder mit anderen kombiniert werden können. 3 Vorlagen z.B. für den Abgleich von „Persönlichkeits-“ und „Berufsprofil” in: WEGWEISER ZUR BERUFSWAHL, Reinhard Schmid und Claire Barmettler, 2002 7
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Lest die oben stehende Szene aus LEONCE UND LENA dazu. Was geschieht, wenn sich der Prinz während des Gesprächs die Haare schneiden lässt? Wenn eine der beiden Figuren selbst arbeitet oder mehrere Personen um sie herum Tätigkeiten ausüben? Die kleinen Szenen werden jeweils von den Schülern, die zuschauen beschrieben und gemeinsam ausgewertet. Variante: Entscheidet euch für 1 Körperhaltungen, die Warten ausdrückt. In Kleingruppen von 4-5 Schülern bringt ihr euch untereinander eure Körperhaltungen bei und baut sie hintereinander, so dass ihr die Haltungen im Loop nacheinander präsentieren könnt. Lest die oben stehende Szene aus LEONCE UND LENA dazu. Wie wirkt die Szene jetzt, mit einer Choreografie des Wartens im Hintergrund. B) Liebesspiel und Liebesschicksal, Sprachspiel, Lustspiel Das schicksalhafte Zusammentreffen der Protagonisten mutet märchenhaft und romantisch an. Die Figuren sind typenhaft gezeichnet, die Sprache ist verspielt. Das alles macht LEONCE UND LENA trotz seiner zynischen Kritik an Fürstenwillkür und dem Motiv der großen Melancholie zu einem komödiantischen Lustspiel. Lese-Kostprobe B Nehmt euch Zeit zum gemeinsamen Lesen und lasst eine Person die Regieanweisungen und Handlungsbeschreibungen vorlesen. Gebt in eigenen Worten wieder, was in dem kurzen Ausschnitt verhandelt wird. Was erfahrt ihr über Lena, gibt es Ähnlichkeiten zu der Figur von Leonce, die ihr im ersten Szenenausschnitt kennen gelernt habt? Stellt eine Kurzcharakteristika der Figuren auf. Szene ist auf der nächsten Seite eingefügt. 8
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Szenenausschnitt B LENA Ja, jetzt! Da ist es. Ich dachte die Zeit an nichts. Es ging so hin, und auf einmal richtet sich der Tag vor mir auf. Ich habe den Kranz im Haar - und die Glocken, die Glocken! (Sie lehnt sich zurück und schließt die Augen.) Sieh, ich wollte, der Rasen wüchse so über mich und die Bienen summten über mir hin; sieh, jetzt bin ich eingekleidet und habe Rosmarin im Haar. Gibt es nicht ein altes Lied: Auf dem Kirchhof will ich liegen Wie ein Kindlein in der Wiegen... GOUVERNANTE Armes Kind, wie Sie bleich sind unter Ihren blitzenden Steinen. LENA O Gott, ich könnte lieben, warum nicht? Man geht ja so einsam und tastet nach einer Hand, die einen hielte, bis die Leichenfrau die Hände auseinandernähme und sie jedem über der Brust faltete. GOUVERNANTE Aber er soll ja ein wahrer Don Carlos sein! LENA O Gott, ich könnte lieben, warum nicht? GOUVERNANTE Aber - er soll ja ein wahrer Don Carlos sein. LENA Aber ein Mann - GOUVERNANTE Nun? - er soll ja ein wahrer Don Carlos sein. LENA Aber - ein Mann den man nicht liebt. Warum schlägt man einen Nagel durch zwei Hände, die sich nicht suchten? Was hat meine arme Hand getan? (Sie zieht einen Ring vom Finger.) Dieser Ring sticht mich wie eine Natter. (…) GOUVERNANTE (bestimmt) Lieber Engel, du bist doch ein wahres Opferlamm. LENA Ja wohl - und der Priester hebt schon das Messer. - Mein Gott, mein Gott, ist es denn wahr, dass wir uns selbst erlösen müssen mit unserm Schmerz? Ist es denn wahr, die Welt sei ein gekreuzigter Heiland, die Sonne seine Dornenkrone und die Sterne die Nägel und Speere in seinen Füßen und Lenden? GOUVERNANTE Mein Kind, mein Kind! ich kann dich nicht so sehen. - Es kann nicht so gehen, es tötet dich. Vielleicht, wer weiß! Ich habe so etwas im Kopf. Wir wollen sehen. Komm! (Sie führt die Prinzessin weg.) __________________________________________________________________________________________ 1) Fragen zum Thema, Gesprächsimpuls Machen eure Eltern euch Vorschriften oder treffen Entscheidungen darüber, wie ihr euer Leben gestalten sollt? Gibt es auch heute noch sogenannte Zwangsheirat oder politische Arrangements und was glaubt ihr, sind die Beweggründe dafür - was spricht dagegen? Was müsste geschehen, damit ihr Reißaus nehmt und von Zuhause weglauft? Kennt ihr Jugendliche, die das ausprobiert haben oder nicht mehr zuhause leben? Glaubt ihr, es gibt für jeden Menschen einen passenden Partner oder eine Partnerin? Wartet da draußen in der Welt jemand, der zu euch passt? 9
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 2) Arbeitsaufgabe: Redebilder und Metaphern entwickeln Nehmt euch den obigen Textausschnitt in Kleingruppen vor. Welche Bilder benutzen die Figuren um den emotionalen Zustand von Lena zu beschreiben? Sammelt weitere Metaphern, Redewendungen oder Bilder aus der Natur, die man verwenden könnte, um Lenas Gefühle zu beschreiben. Um die Wette fabulieren: Jetzt ist Kreativität und Spontanität gefragt. Stellt euch im Kreis oder Halbkreis auf. Nehmt euch vor, gemeinsam durch die Beschreibung einer Situation und passender Bilder eine spezielle Stimmung herzustellen, z.B. Vorfreude. 1 Person beginnt: „es war als ob die Grashalme zitterten.‚ Die 2. Person ergänzt das Bild: „auch die Blätter an den Bäumen bebten.‚ Oder fügt etwas neues hinzu: „Lena hatte den Eindruck, dass in ihrem Körper Kugeln hin- und her- rollten.‚ So geht es reihum, bis jeder ein Vorstellungsbild zu der Stimmung beigetragen hat C) Utopie einer neuen Gesellschaft und zynische Kritik an Fürstenwillkür Lesekostprobe C Nehmt euch Zeit zum gemeinsamen Lesen und lasst eine Person die Regieanweisungen und Handlungsbeschreibungen vorlesen. Klärt gemeinsam alle Worte, die euch unverständlich erscheinen. Was schlagen Leonce und Valerio vor, wie der Staat unter ihrer Führung regiert werden soll. Entschlüsselt die Metaphern! Szenenausschnitt C (Alle entfernen sich, außer Leonce, Lena, Valerio) LEONCE Nun Lena, siehst du jetzt, wie wir die Taschen voll haben, voll Puppen und Spielzeug? Was wollen wir damit anfangen? Wollen wir ihnen Schnurbärte machen und ihnen Säbel anhängen? Oder wollen wir ihnen Fräcke anziehen, und sie infusorische Politik und Diplomatie treiben lassen und uns mit dem Mikroskop daneben setzen? Oder hast du Verlangen nach einer Drehorgel auf der milchweiße ästhetische Spitzmäuse herumhuschen? Wollen wir ein Theater bauen? (Lena lehnt sich an ihn und schüttelt den Kopf.) Aber ich weiß besser was du willst, wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zählen Stunden und Monden nur nach der Blumenuhr. Und dann umstellen wir das Ländchen mit Brennspiegeln, daß es keinen Winter mehr gibt und wir uns im Sommer bis Ischia und Capri hinaufdestillieren, und wir das ganze Jahr zwischen Rosen und Veilchen, zwischen Orangen und Lorbeern stecken. VALERIO Und ich werde Staatsminister und es wird ein Dekret erlassen, daß wer sich Schwielen in die Hände schafft unter Kuratel gestellt wird, daß wer sich krank arbeitet kriminalistisch strafbar ist, daß jeder der sich rühmt sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion! __________________________________________________________________________________________ 10
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 1) Arbeitsaufgaben, kreatives Schreiben Zwei Minuten schreiben: Nehmt euch ein Blatt und Stift. Achtet nicht auf die Rechtschreibung und nicht auf Schönschrift. Hier geht es um die Idee. Der erste Satz beginnt folgend, schreibt weiter, was euch in zwei Minuten einfällt: „Wenn man mich zum König/zur Königin krönen würde, dann…‚ „Wenn ich alles Geld der Welt hätte, dann…‚ 11
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Nachbereitung Fragenkatalog zur Vorstellung Bei einem Gespräch in der Klasse gibt es sicherlich einiges rund um den Vorstellungsbesuch zu besprechen. Um das Gesehene zu reflektieren, empfiehlt es sich kurz die ersten Eindrücke und Erinnerungen zu sammeln: Was war ein beeindruckendes Moment bei eurem Theaterbesuch? (beim Einlass, vor Beginn der Vorstellung, Besonderheiten der Inszenierung, Auslass und Nachklang?) Welche Szene oder Sequenz ist euch besonders in Erinnerung geblieben? Was hat sie besonders gemacht? Für die Auswertung einer Theateraufführung ist es oft hilfreich möglichst nah am Bühnengeschehen zu bleiben, um dann vielleicht die Inszenierung mit der Vorlage oder euren Erwartungen zu vergleichen. Es bietet sich an, die Aufführung thematisch in Arbeitsgruppen zu reflektieren. Welche Figuren sind aufgetreten? Welche Verhältnisse untereinander waren zu erkennen? Waren die Rollen typgerecht besetzt? Oder habt ihr euch Figuren anders vorgestellt? Welche Figur hat euch beeindruckt? Warum? Kanntet ihr Rollen aus dem Dramentext? Welche waren abgewandelt? Habt ihr jemanden vermisst? Was gab es alles auf der Bühne zu sehen? Hat sich die Bühne verwandelt? Wann und wie? Ist euch etwas an den Kostümen aufgefallen? Konntet ihr an der Bekleidung etwas über die Figuren lesen? Wo und in welcher Zeit könnte die Geschichte spielen, wenn ihr nach der Ausstattung geht? Neben Kostüm und Bühnenbild – welche anderen Theatermittel haben in der Inszenierung eine Rolle gespielt? Beschreibt einen Moment der Inszenierung, bei dem Licht- oder Musikeinsatz Bedeutung hatte Erinnert ihr euch an die erste Szene? Beschreibt kurz eure Eindrücke der letzten Szene. Hatte die Inszenierung einen bestimmten Rhythmus, eine erkennbare Dramaturgie, einen Höhepunkt, einen Spannungslauf? 12
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Wenn die verschiedenen Aspekte zusammengetragen sind, geht’s ans Auswerten, Fragen beantworten und den Meinungsaustausch. Viel Spaß beim Diskutieren! Gibt es eurer Meinung nach eine Entwicklung in der Inszenierung? Wenn ihr die Aussage des Stücks in einem Satz, einem Motto oder in einer Moral benennen müsstet – wie würde sie lauten? Könnt ihr Vergleiche zwischen den Schwierigkeiten der Figuren im Stück und euch bekannten Problemstellungen ziehen? Was an der Inszenierung würdet ihr als zeitgenössisch bezeichnen? Hat das Stück aus dem Jahre 1835 etwas mit eurer Gegenwart zu tun? Gab es etwas in der Inszenierung, das euer Interesse geweckt hat? Was habt ihr euch von der Inszenierung erwartet? Was hat euch überrascht / irritiert / gefallen? Wie würdet ihr die Geschichte inszenieren? Was könnte eine Fortsetzung sein? Gäbe es ein mögliches anderes Ende? Solltet ihr noch Fragen haben, kommen wir gerne mit euch ins Gespräch. Wir freuen uns auch über eure Auswertungen, Kritiken und Meinungen zu der Inszenierung LEONCE UND LENA am Landestheater Niederösterreich! 13
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Arbeitsblatt 1) Der Begriff Arbeit und seine Unterbegriffe Einigt euch in Kleingruppen auf eine Kurzdefinition für den Begriff „Arbeit‚ – welche Synonyme und dazugehörigen Begriffe fallen euch ein. Die gesammelten Begriffe werden wie ein Brainstorming an der Tafel aufgeschrieben und diskutiert. Anbei eine beispielhafte Definitionen nach Ethik-Prof. Dr. Hans Ruh Quelle: http://www.hausarbeitsethik.ch/folienset.htm Arbeit ist jede zielgerichtete Anstrengung, die insgesamt konstruktiv ist. Genauer: Arbeit ist jede zielgerichtete Anstrengung, deren Hauptziel(e), Nebenziel(e) und abschätzbare oder riskierte 'Nebenwirkungen' zusammen insgesamt konstruktiv sind. (Problem: Was heisst hier konstruktiv? - Begründung: solange Arbeit ein positiv gewerteter Begriff ist, dürfen destruktive Tätigkeiten nicht unter ihn gefasst werden.) Erwerbsarbeit bezeichnet Tätigkeiten zwecks Erwerb von Geld. Dazu gehört selbständige und unselbständige Erwerbstätigkeit. Schattenwirtschaft/Schwarzarbeit/Grauarbeit bezeichnet Tätigkeitsbereiche, die prinzipiell gleich sind wie diejenigen der Erwerbsarbeit, aber nicht steuertechnisch erfasst werden und auch nicht in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eingehen. Eigenarbeit bezeichnet Tätigkeiten, deren Ergebnis selber konsumiert wird, also z.B. private Gemüsegartenarbeit, die eigene Wohnung selber renovieren oder den Staubsauger selber reparieren. Haus- und Familienarbeit bezeichnet die Arbeiten der Hausfrau bzw. des Hausmannes. Manchmal wird diese Arbeit weiter untergliedert in Hausarbeit als Handarbeit und in Familienarbeit als Beziehungsarbeit. Dies ist aber nicht unproblematisch, da in der Haus- und Familienarbeit die Handarbeit immer auch - und z.T. ausserordentlich stark - Beziehungsbotschaften transportiert. Freiwilligenarbeit bezeichnet unbezahlte (oder auch symbolisch entschädigte) Tätigkeiten, die innerhalb von Institutionen direkt an den KonsumentInnen dieser Arbeit geleistet werden, z.B. Besuchsdienste, Behindertentaxifahren, Verkauf in Fairmondo-Läden etc. Ehrenamtliche Arbeit bezeichnet unbezahlte Tätigkeiten in leitenden Funktionen bzw. mit weiterreichenden Entscheidungskompetenzen. Dazu gehören auch unbezahlte politische Funktionen. Ich-Zeit ist ein Begriff aus dem Tätigkeitenmodell von Hans Ruh. Es bezeichnet Investitionen in die eigene physische und psychische Gesundheit und Entwicklung, z.B. Sport als Pflege des eigenen Körpers oder Investitionen in die eigene Persönlichkeitsbildung. Es ist sinnvoll, auch diese Tätigkeiten als Arbeit zu verstehen, u.a. weil sie sehr wohl produktivitätsrelevant (oder im Falle ihres Fehlens stark gesundheitskostensteigernd) sind. Freizeit bezeichnet Tätigkeiten, die nicht von einem Zweck her entworfen sind, z.B. Unterhaltung. 14
Materialmappe LEONCE UND LENA | 09/10 Arbeitsblatt 2) Wann wird eine Tätigkeit zur Arbeit? Füllt die vorgeschlagene Liste4 aus oder erstellt eine eigene Liste mit Tätigkeiten und diskutiert eure Entscheidungen, ob die Tätigkeit als Arbeit zu definieren ist oder nicht. Zur Argumentation entscheidet euch für entsprechende Kriterien (Spalte 3). TÄTIGKEIT ARBEIT KEINE ARBEIT KRITERIUM Hausaufgaben Ein Arbeiter trägt ein Werkzeug von A nach B, damit der Meister nicht sieht, dass er nichts zu tun hat Boxen Ein Mann gräbt ein Loch in die Erde und schüttet es wieder zu Abspülen Auto waschen Ein Pfarrer führt eine Taufe durch und trinkt anschließend mit der Familie Kaffee. Schüler diskutieren in der Pause über den Unterrichtsstil des Lehrers. Bauern kippen Obst ins Meer. Kinder bauen am Strand eine Burg. Tanzen Der Deutschlehrer geht ins Theater. Fußballspielen Eine Ameise repariert mit anderen ihren Bau, den ein Spaziergänger zerstört hat. Ein Hund bellt einen Briefträger an. Eine Schriftstellerin, die ein Buch schreiben will, sitzt im Café und beobachtet Menschen. 4 Aus: Storch, Günther: „Was ist Arbeit?“ in „DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE – EINE DIDAKTIK“ 15
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