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Leseprobe
Dr. Anne Fleck
Die 70 einfachsten
Gesund-Rezepte
Unkompliziert und gesund
kochen mit Doc Fleck
Bestellen Sie mit einem Klick für 15,00 €
Seiten: 208
Erscheinungstermin: 18. April 2022
Mehr Informationen zum Buch gibt es auf
www.penguinrandomhouse.deInhalt
Vorwort 70 GESUND-REZEPTE
Eine Ermunterung 7 Suppen 53
Salate 71
THEORIE Vegetarisch 97
Mit Fleisch 139
Einfach gesund essen? 10
Mit Fisch 171
Essen kann heilen – die Stunde null 16
Desserts 191
Gesund kochen fängt beim
Einkauf an 26
Gesund einkaufen – was Etiketten ANHANG
verraten 31
Rezeptregister 205
Was schmeckt wann am besten?
Der Saisonkalender 34 Gemüse von A bis Z 206
Heimische Helden –
Superfoods aus der Region 36
Was nicht zum gesunden Essen
gehört 40
Wie bleiben Vitalstoffe erhalten?
Richtig zubereiten und
aufbewahren 43
Was taugt Tiefkühlkost?
Selbst einfrieren, aber richtig 46
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EINFACH GESUND ESSEN?
»Einfach gesund essen – was heißt das?« Diese verunsichert. Leicht verliert man den Blick für
Frage wird mir häufig gestellt. Die Frage klingt das Wesentliche. Ausgewiesene oder selbster-
so simpel und ist doch diffizil, will man sie in nannte Experten klammern sich (noch) an seit
einer Art beantworten, die auch dem einzelnen Jahren überholte Weisheiten – zum Beispiel:
Menschen gerecht wird. Denn gesundes Essen »Fettarm ist gesund.« Die wissenschaftliche Evi-
ist meiner Meinung nach auch etwas sehr Per- denz bleibt zuweilen auf der Strecke. Doch was
sönliches, etwas ganz Individuelles nach Vorlie- in unseren Köpfen jahrzehntelang zementiert
ben, Verträglichkeit, Tradition und Alltagssitua- wurde, sitzt felsenfest.
tion. Um etwas Licht ins Dunkle zu bringen, will ich
Wir Menschen haben das einfache gesunde neueste Erkenntnisse verständlich rüberbringen
Essen verlernt. Das mag provokant klingen, aber und Sie, liebe Leserinnen und Leser, ermutigen:
in meiner täglichen Praxis sehe ich folgendes Gesund zu essen ist einfacher, als man glaubt.
Phänomen: Viele können einfach nur noch schlu- Gerade im vergangenen Jahr hat sich Erfreu-
cken, wie ein hungriger Pelikan. Aber gesund zu liches an der Ernährungsfront getan. Alte Er-
essen bedeutet auch, bewusst zu essen und zu nährungsmythen wackeln, langsam sickern Er-
genießen. kenntnisse, die zu Unrecht geschmäht wurden,
Das Wissen um die optimale Ernährung nach in offizielle Ernährungsempfehlungen, zum Bei-
den wissenschaftlich neuesten Erkenntnissen ist spiel in den USA und Kanada. Das über Jahre ge-
bedeutsam, aber nicht weniger wichtig ist eine gen jede wissenschaftliche Evidenz verachtete
gesunde Esskultur, in der einfache vollwertige Fett beispielsweise verliert peu à peu das Image
Zutaten und das gesunde Kauen unabdingbar des bösen Dickmachers. Na endlich! Grund
sind und eine Mahlzeit in guter Gemeinschaft also zu einem vorsichtigen Optimismus. Bevor
auch eine Rolle spielt. Inzwischen belegen Stu- ich mich in Details verliere, an dieser Stelle eine
dien, dass Essen in guter Gemeinschaft sogar wichtige Anmerkung vorweg:
präventionsmedizinisch sinnvoll ist und unsere Sie sollten bitte niemals ein sogenannter Foo-
Gesundheit fördert. die werden, also ein Mensch, dessen Alltag sich
Tummele ich mich im Internet zum Thema nur um das Thema »gesundes Essen« dreht und
»gesunde Ernährung«, fühle ich mich wie in einer für den die Diskussion über Ernährung einer
Komödie der Irrungen oder vielmehr einer Tra- Ersatzreligion gleichkommt. Zunehmend be-
gödie. Der Trend zur Suche nach neuen Hypes trachte ich mit Sorge den Zuwachs an Men-
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schen mit einer Orthorexia nervosa, also Men- Sie jeden Abend im Kreis Ihrer Lieben das iden-
schen, die zwanghaft im Denken verhaftet sind, tische Gericht, Brot mit Käse, Brot mit Wurst?
nur noch ganz richtig zu essen, und die sich zum Wind of Change! Schenken wir unserem Essen
Beispiel nach dem Naschen von Schokolade in einen Moment echter Wertschätzung! Schärfen
Schuldkomplexen wälzen. Nein danke! So soll wir die Achtsamkeit für die Umstände, wie wir
und darf es nicht sein. Um langfristig gesund zu essen! Schärfen Sie Ihren Blick, Ihre Sinne, ver-
bleiben, genügt etwas Wissen über moderne Er- abreden Sie sich! Und schaffen Sie einfache Ri-
nährungslehre und über die einfache, unkompli- tuale! Kleine Schritte, kleine Ziele. Eines der für
zierte Art der Umsetzung im Alltag. Ernährung mich wichtigsten Rituale: Essen Sie möglichst an
ist einer der entscheidenden Schlüssel zur Ge- einem Esstisch, auch wenn Sie allein leben. Es
sundheit, davon bin ich überzeugt. Du bist, was braucht keine Tischdecke, kein Tafelsilber, kein
du isst. Aber mit einer gesunden Distanz zu teures Porzellan. Und vergessen Sie nie das ge-
übertriebenen Extremen, dafür mit Freude am sunde Kauen als ersten Schritt der guten Verdau-
Genuss. ung. Das Ritual des guten Kauens – kauen, bis
ein Brei im Mund entsteht – wird nicht nur durch
eine Linderung von Verdauungsbeschwerden
EINFACHE RITUALE wie Aufstoßen und Blähungen belohnt. Die über
Jahre durch schnelles Runterschlingen oder
Seit Jahren kritisiere ich, dass die Diskussion um durch Geschmacksverstärker in der Nahrung
gesunde Ernährung unsere Kultur des Essens abgestumpften Geschmacksnerven erholen sich
unberücksichtigt lässt. Diese teilweise verstö- spürbar. Die Entdeckung der Gemeinschaft, des
rende Debatte um das »WAS esse ich?« nimmt Kauens und der Langsamkeit als Ritual beim
so viel Raum ein, dass wir das »WIE esse ich?« Essen schenkt Ihnen mehr Sinnlichkeit und Ge-
vernachlässigen. Dabei sind die Rituale des Es- nuss. Der Mensch braucht umsetzbare Rituale
sens in Gemeinschaft in unserer Tradition ver- und gleichzeitig Vielfalt. So wird gesunde Ernäh-
haftet, der historische Brauch des gemeinsa- rung einfach.
men Essens wird seit Jahrtausenden zelebriert. Das Thema »gesunde Ernährung« wird zu-
Durch diese soziale Interaktion mit Menschen nehmend verzerrt diskutiert und ideologisiert.
steigert sich auch die Vielfalt der Ernährung Lebensmittel sind mehr als nur die Summe ihrer
und folglich auch die Gesundheit. Oder essen Inhaltsstoffe. Es wäre eine naive Perspektive,
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unsere Nahrungsmittel nur noch auf Nährstoffe müse einhergeht? Das bedeutet konkret: Insge-
zu reduzieren und daraus dann die Definition samt werden weniger Nährstoffe und wertvolle
des gesunden Essens abzuleiten. Dann würde sekundäre Pflanzenstoffe, Antioxidantien, Faser-
prinzipiell eine Vitamintablette mit der höchs- und Ballaststoffe aufgenommen. Dieses Argu-
ten Nährstoffkonzentration jedes ehrliche, ein- ment ist wohl eher zutreffend.
fache Gericht blass aussehen lassen. Ernährung
ist fatalerweise zu einem reinen Bilanzieren von
Nährstoffen verkommen. Diese Ideologie des so- VIELFALT UND BALANCE
genannten Nutritionism provoziert auch Wider-
sprüche und Diskussionen ohne sinngebende Was wir täglich essen, ist genauso wichtig wie
Lösung. die Frage, was wir nicht essen. Doch was heißt
Ein kleines, aber entscheidendes Puzzlestück das? Der Ruf nach Konkretisierung begründet
fehlt in dieser Betrachtungsweise: Wir essen auch den großen Erfolg einiger Konzepte wie
nicht nur, um nicht zu verhungern. Essen als so- Paleo-, Mediterran-, Low-Carb- und veganer Er-
ziokultureller Faktor hat einen entscheidenden nährung. Aber bringt es das?
positiven Einfluss auf unsere Gesundheit. Ein Mein Tipp: Entspannt bleiben! Gesundes Es-
glänzendes Beispiel dafür bietet das sogenannte sen ist einfach. Die bestmögliche Gesundheit,
French Paradox, das den Wein liebenden und die wir alle wollen, erfordert eine Vielfalt an
Fett konsumierenden Franzosen eine vergleichs- Nährstoffen. Wer also auf seinem Teller regel-
weise gute Herzgesundheit attestiert. Gesundes mäßig extrem viel Getreide oder häufig Fleisch
Essen darf nicht auf eine banale Nährstoff- und hat und wenig Raum für andere Lebensmittel
Kalorienbilanz reduziert werden. wie Gemüse, Nüsse, Samen und Obst lässt,
Statistische Daten der Ernährungswissen- könnte mit einem Manko an Nährstoffen Be-
schaft liefern uns Zusammenhänge, aber nicht kanntschaft machen. Vielfalt bedeutet saiso-
per se die ausschließliche Ursache von Krank- nale Variation und bevorzugt regionale Aus-
heit. Fleisch- und Wurstesser leben recht un- wahl. Mutter Natur ist in ihrer Genialität der
gesund, das belegen Daten. Aber was ist die beste Garant für Vielfalt. Wer sich zum Beispiel
genaue Ursache? Ist es das Rinderfiletstück auf den einfachen und wunderbaren Wechsel
allein – oder nicht vielmehr die Tatsache, dass der Jahreszeiten als Einkaufshilfe verlässt, be-
Fleischkonsum oft mit weniger Liebe zum Ge- kommt schon mehr Abwechslung auf den Tel-
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ler und mehr Lebensmittel mit den frisches- Das daraus abgeleitete Fettarmdogma ist ein
ten Nährstoffen, da die Ware nicht erst Zeit und Irrtum. Mit Senken des Fettanteils und Steigern
Geld verschlingende und ökologisch unsinnige der Kohlenhydrate in der Ernährung klettert
Transporte durchmacht. Vielseitig essen bedeu- die Zahl der Übergewichtigen bei US-Amerika-
tet auch Abenteuer. Paracelsus sagte zu Recht: nern von 42 % auf 66 % im Zeitraum 1971–2011.
»Alles ist Gift, es ist Gift in allem; die Dosis macht Fett ist bisher mit dem Argument in Ungnade
das Gift.« Ernährung braucht Balance. Extreme gefallen, dass es eine höhere Energiedichte
Dogmen wie »nur Rohkost, nie Getreide, nie (9 kcal/100 g) als Kohlenhydrate oder Eiweiße
Fleisch, keine Eier, kein Fett« sind wissenschaft- (jeweils 4 kcal/100 g) hat.
lich bisher ohne eindeutige Evidenz und behin- Aktuelle Ergebnisse deuten darauf hin, dass
dern eher auf dem Weg zur optimalen individu- die Annahme »Die Zahl der Kalorien entscheidet,
ellen Ernährung. Gesundes Essen bedarf keiner egal, woher sie stammen« obsolet ist. Vielmehr
Exoten und keiner Extreme. scheint es, dass die Grundnährstoffe Eiweiß, Fett
und Kohlenhydrate sehr unterschiedlich auf un-
seren gesamten Hormonhaushalt und das Fett-
ERNÄHRUNG – NEUESTER STAND gewebe Einfluss nehmen. Die Forschung zeigt
DER FORSCHUNG nämlich, dass die Reduktion der Kohlenhydrate
bei einem inaktiven Lebensstil entscheidend ist,
Was ist heute State of the Art? Historischer um Erkrankungen wie metabolisches Syndrom,
Rückblick: Vor etwa 100 Jahren wurden die Insulinresistenz und Diabetes mellitus vorzubeu-
gängigen Ernährungsempfehlungen formuliert: gen (European Society for Clinical Nutrition and
viele Kohlenhydrate, stärkehaltige und fettarme Metabolism – ESPEN, Stand 2017). Ungünstig
Lebensmittel. Diese kohlenhydratfixierte Er- sind jedoch schlechtes Fett und die Kombina-
nährung mit Brot und Zucker ist für den bewe- tion aus Fett und Kohlenhydraten: Lebensmittel
gungsarmen Menschen von heute eine gefähr- wie Brot oder Croissants werden meist entwe-
liche Falle. Die legendäre 1963 veröffentlichte der mit Fett und Eiweiß in Form von Butter, Mar-
Seven-Countries-Studie macht als Ursachen garine, Käse oder Wurst belegt oder strotzen,
für Übergewicht, metabolisches Syndrom, gerade im Fall der Croissants, vor Zucker. Diese
Herz-Kreislauf-Krankheiten und Bluthochdruck Kombination züchtet bei mangelnder Bewegung
das Cholesterin und das Fett verantwortlich. Übergewicht.
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IM FOKUS: FETT, FLEISCH UND MILCH gesättigte Fette – beispielsweise »Fleisch erhöht
das Cholesterin« – wurde in der Vergangenheit
Was sind gute und schlechte Fette? Studien be- unzureichend vertieft. Mit der Lupe betrach-
legen die Bedeutung der Omega-3-Fettsäuren. tet steigt das Gesamtcholesterin, aber genauer
Eine Gefahr für die Gesundheit ist weniger die betrachtet das herzschützende HDL-Choleste-
Menge an Fettsäuren, sondern die Kombination rin und das nichtoxidierte LDL-Cholesterin, das
mit Kohlenhydraten und das Mengenverhältnis keine Arterienverkalkung fördert. Das oxidierte
der Fettsäuren zueinander. Das Verhältnis von LDL-Cholesterin, das wirklich böse, gefäßschä-
Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren in digende LDL-Cholesterin steigt per se nicht sig-
der aufgenommenen Nahrung hat sich im Ver- nifikant an.
gleich zu Zeiten unserer Ahnen von 3:1 auf bis zu Vor dieser Datenlage ist der moderate Ver-
20:1 verschlechtert. Dieses Ungleichgewicht der zehr von Fleisch ernährungswissenschaftlich
Fettsäuren aktiviert chronisch entzündliche Pro- tragbar. Gesundheitlich entscheidend jedoch ist
zesse als Ausgangspunkt vieler Erkrankungen. die Qualität: Eine möglichst artgerechte Haltung
Es gilt, diesen Fehler durch eine ausgewogene und eine kraftfutterarme Ernährung sorgen für
Zusammensetzung der Mahlzeiten auszubalan- einen höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren.
cieren. Inzwischen haben Fette, nicht nur die Da Fleisch nährstoffärmer ist und einen sauren
bekannten Vertreter der Omega-3-Fettsäuren, pH-Bereich aufweist, sollte es mit ausgleichen-
einen größeren Freifahrtschein. Die schlechten dem Gemüse oder Obst verzehrt werden.
Fette sind Transfette aus industrieller Herstel- Milch und Milchprodukte sind beliebte Grund-
lung, zum Beispiel Billigmargarine, Frittierfett, nahrungsmittel und stehen derzeit oft in der
gehärtetes Fett sowie empfindliche Pflanzenöle, Kritik. Langzeitstudien und Bewertungen des
wenn sie durch zu hohes Erhitzen oxidieren. Max-Rubner-Instituts, die den Zusammenhang
Sogar die Transfette aus der Kuh in Butter und von Milch und Milchprodukten mit Übergewicht,
Milch, die viele Jahre im Verdacht standen, Herz- Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes mellitus
erkrankungen zu provozieren, sind nach einer und Krebs umfassend untersuchen, demonstrie-
großen Metaanalyse (De Souza, 2015, BMJ) vom ren weitgehend übereinstimmend: kein erhöhtes
Vorwurf »gesundheitsschädlich« freigespro- Risiko durch Milchkonsum. Nur für Prostatakrebs
chen, ebenso die gesättigten Fette zum Beispiel findet sich ein eindeutig erhöhtes Risiko, mögli-
aus Fleisch oder Kokosfett. Die Diskussion gegen cherweise auch für Akne vulgaris. Vollfette Milch-
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produkte enthalten mehr fettlösliche Vitamine (E, FAZIT FÜR DEN ALLTAG
D, K, A – meine Eselsbrücke »EDEKA«), sind für
Diabeteskranke empfohlen und schützen sogar In unserer Küche werden raffinierte leere Kohlen-
besser vor Übergewicht als fettarme Produkte. hydrate deshalb ersetzt durch
Bei Neigung zu Allergien und Hauterkrankun- ● wasser- und ballaststoffreiche, magen-
gen sowie bei bekannter Laktoseintoleranz sollte füllende und antioxidativ wirkende Lebens-
man kuhmilchfreie Alternativen (Schafsmilch, mittel (Gemüse, Salate, Beeren, Pilze etc.),
Ziegenmilch oder Milchersatz wie Reis-, Hafer-, ● protein- und fettreiche Nahrungsmittel
Kokos- oder Mandeldrink ohne Zusätze) wählen. pflanzlichen Ursprungs (zum Beispiel Nüsse,
Gegen einen moderaten Konsum von Milch und Mandeln, Samen, Avocados, Oliven und
Co. – etwa 250 mg/ml pro Tag – ist zum jetzigen ballaststoffreiche Hülsenfrüchte),
Zeitpunkt kein lautstarker Einspruch zu erheben. ● qualitativ hochwertige Fette sowie
● in Maßen fette Meeresfische, Fleisch, Eier,
Milch und Milchprodukte aus nachhaltiger
MODERNE ERNÄHRUNG – QUO VADIS? Produktion.
In den vergangenen Jahren wird die Low-Carb- Überzeugende Ernährungsleitlinien (zum Bei-
Methode (weniger Kohlenhydrate) systematisch spiel Heart and Stroke Foundation, Kanada
erforscht und breit publiziert und zu Recht befür- 2017) empfehlen ausdrücklich gute Fette und
wortet. Aktuell zeigt sich jedoch, dass Low Carb setzen auf eine einfache, lebensmittelbasierte
nicht für jeden Menschen die optimale Ernäh- und nährstofforientierte Ernährung. Die Re-
rung ist und dass die Zufuhr von Kohlenhydraten zepte in diesem Buch spiegeln diesen moder-
immer in Abhängigkeit von individueller Konstitu- nen Ansatz, diese Vielfalt und Abwechslung
tion und körperlicher Muskelarbeit dosiert wer- wider. Dass sie trotzdem einfach zuzubereiten
den sollte. Die moderne Ernährung geht einen sind, ist Su Vössing zu verdanken, die ihre ganze
dynamischen Schritt weiter: Kohlenhydrate wer- Erfahrung als Spitzenköchin bei der Rezeptent-
den flexibel nach Ausmaß der Bewegung aufge- wicklung eingesetzt hat, um mit minimalem Auf-
tischt. Wer aktiv ist und sich bewegt, kann mehr wand ein besonders gesundes und dabei ge-
qualitativ gute, ballaststoffreiche Kohlenhydrate schmacklich perfektes Essen auf den Teller zu
genießen als der Stubenhocker. zaubern.
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ESSEN KANN HEILEN –
DIE STUNDE NULL
Es war eine sympathische Frau Ende 30, mit Ernährung darf man nie überschätzen: Gegen
wässrig blauen Augen und dunklen Haaren na- schweres Rheuma, einen gebrochenen Arm,
mens Thea, die mich als junge Assistenzärztin Pneumonie, einen Hundebiss, Blinddarment-
vor etwa 17 Jahren in der Ambulanz des Uni- zündung oder defekte Herzklappen zum Beispiel
versitätsklinikums durch die Frage »Was kann ist sie ein stumpfes Schwert – aber man darf sie
ich denn sonst noch tun?« berührte. Ich spürte auch niemals unterschätzen. Schon der zu Leb-
ihre lähmende Ohnmacht im Umgang mit ihrer zeiten verehrte Arzt und Begründer der Medi-
schweren Autoimmunerkrankung und ihrem zin als Wissenschaft, Hippokrates von Kos (etwa
deutlichen Übergewicht, gegen die sie trotz soli- 460–370 vor Christus), sagte zu Recht, »unsere
der Medikation und radikaler Diätversuche nicht Nahrungsmittel sollten Heilmittel, unsere Heil-
ankam. Es gibt Momente im Leben, an die man mittel sollten Nahrungsmittel sein«.
sich auch noch Jahrzehnte später haargenau er- Hier einige komplexe Beispiele aus meiner
innert. Aus einem Impuls fühlte ich, mit einer Um- Praxis. Sie sollen Ihnen Mut machen: Mit ein-
stellung der Ernährung könnte mehr gehen. Das fachem, gutem Essen geht sogar bei schweren
war die Stunde null, dieser erste Moment – »Iss Fällen eine Menge für die Gesundheit.
dich gesund!« – wurde ein neues Element mei-
ner täglichen Arbeit, und ich ahnte damals noch
nicht, was alles damit möglich ist. Im Lauf der ADIPOSITAS UND
Jahre spezialisierte ich mich immer weiter, ver- AUTOIMMUNKRANKHEIT
suchte, valide Studien aufzuspüren und modern
umzusetzen. Die Erfolge meiner Patienten über- Thea beklagte die Folgen einer Autoimmun-
zeugten mich: Ernährung kann heilen. Letztlich krankheit, in ihrem Fall eine chronische Entzün-
haben mir die Heilungserfolge gezeigt, dass die dung der Schilddrüse (Hashimoto-Thyreoiditis),
Kombination aus klassischer Medizin, Vorsorge- die durch Mangel an Schilddrüsenhormonen
medizin, Naturheilkunde und innovativer Ernäh- den gesamten Stoffwechsel beeinträchtigt.
rungsmedizin, die sich dem neuesten Stand der Starker Haarausfall, Müdigkeit und das über die
Forschung verpflichtet fühlt und nicht veralteten Jahre steigende Gewicht ließen sie verzweifeln.
Dogmen hinterhertrauert, richtig ist. Ihr Job als Verkäuferin strengte sie an, sie fühlte
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sich ausgelaugt. Ihre eigenen Diätversuche wa- ren Balsam für die Immunzellen reduzierte sie
ren zu radikal und züchteten den fatalen Jo-Jo- zuckerhaltige Lebensmittel, mied industriell ge-
Effekt. Die körperliche Untersuchung zeigte, härtete Fette, aß weniger Kohlenhydrate, wenn,
dass ihre Haut am gesamten Körper sehr rau dann als bewusste Beilage, setzte bei Getreide
und schuppig war. Sie fühlte sich nicht mehr mehr auf Buchweizen (botanisch ein Knöterich,
wohl in ihrer Haut und in ihrem Leben. Auch kein Weizen) und verzehrte wenig Milchpro-
ihre Stimmung hatte sich verändert, sie war viel dukte. Nach einigen Wochen besserte sich ihr
reizbarer als früher. Nach meiner Empfehlung Zustand, sie fühlte sich ausgeglichener, die Haut
führte Thea erstmals über mehrere Wochen re- war weniger trocken, das Energielevel deutlich
gelmäßig ein Ernährungsprotokoll. Dabei fiel gebessert. Thea hatte endlich Lust, sich zu be-
auf, dass sie sehr unregelmäßig isst, reichlich wegen, und fuhr wieder Fahrrad. Das Gewicht
Käsebrote verzehrt, also die Kombination Koh- verbesserte sich in den ersten zwei Monaten
lenhydrate/Zucker aus Brot und Fett aus Käse, langsam. Eine Analyse ihres Protokolls zeigte
außerdem zuckerhaltige Joghurts, viel Obst und mir: Während ihrer Arbeit als Verkäuferin ver-
Süßigkeiten und als Getränke Apfelschorlen und gaß sie das Trinken, auch das schmälerte die
Fruchtsmoothies bevorzugt. Eine unverbesser- erfolgreiche Gewichtsabnahme. Nach Studien-
liche Kombination, um Gewicht zu steigern. Als lage empfahl ich ihr, nicht nur Wasser, sondern
erste Strategie balancierten wir ihr Immunsys- besonders grünen Tee wegen der enthaltenen
tem durch hochwertige Fette aus. Studien be- Substanz Epigallocatechingallat (EGCG) zu trin-
legen, dass wertvolle Fettsäuren überaktiven ken. Dieser Rat erwies sich als zielführend und
Autoimmunzellen entgegenwirken, sie in ihrer hilfreich für die Gewichtsabnahme und für das
Aktivität dämpfen. Der neue Speiseplan setzte Steigern von regulatorischen T-Zellen, die für
auf Fisch, Nüsse, Mandeln, Samen, hochwerti- das Verhindern von Autoimmunprozessen von
ges Lein-, Hanf- und Olivenöl, reichlich antioxi- entscheidender Bedeutung sind. Die Umstel-
dativ wirkendes Gemüse und zuckerarmes Obst lung der Ernährung schlug an. Im Laufe der ver-
in Maßen. Selenreiche Paranüsse verzehrte sie gangenen Jahre konnten auch die Hormonprä-
zwei- bis dreimal täglich, da Selen nach Studi- parate, die für ihre Schilddrüsenunterfunktion
enlage das Immunsystem stabilisiert. Als weite- lebensnotwendig sind, reduziert werden.
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REFLUX zukleistern. Es galt, den Rückfluss von Magen-
säure in die Speiseröhre zu verhindern, indem
Robert war Anfang 50, als er Hilfe bei mir suchte. man den »Türsteher« am Mageneingang, einen
Sein Blick war nervös und seine Ausstrahlung speziellen Muskel, am Erschlaffen hinderte. Die
hektisch, getrieben. Vor einigen Jahren fiel dem empfohlene Ernährungsstrategie für Robert lau-
bisher sonst gesunden Mann gelegentliches tete: Saures, Süßes, Scharfes, sehr Fettes mei-
Sodbrennen und Aufstoßen nach dem Essen den, Nikotin streichen. Der regelmäßige Verzehr
auf, vor allem nach süßen, scharfen und fetti- von eiweißhaltigen Nahrungsmitteln (Käse, Ei,
gen Speisen. Als ich ihn kennenlernte, hatte sich Fisch, Fleisch, Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse,
aus dem gelegentlichen sauren, brennenden Mandeln, Samen) stimuliert die Magenschleim-
Quälgeist in der Speiseröhre eine Palette an Be- haut zur Ausschüttung von Gastrin. Diese Subs-
schwerden entwickelt: morgendliche Heiserkeit, tanz signalisiert dem »Türsteher« am Magenein-
unangenehmer Mundgeruch, Müdigkeit und ge- gang: »Dicht machen!« Auf diese Weise wird ein
ringe Belastungstoleranz im Alltag. Der gesunde Säureübertritt in die Speiseröhre verhindert. Ro-
Schlaf, den er als Selbstständiger dringend für bert hielt sich an das simple Tagesschema: fünf
die tägliche Arbeit als Leiter eines kleinen Wä- kleine Mahlzeiten, zu jeder Mahlzeit mindestens
schereiunternehmens und für seine Familie eine Handvoll Eiweiß. Er mied zudem scharfe Ge-
brauchte, war durch das nächtliche Brennen in würze, zusatzstoffreiche Lebensmittel und säure-
der Speiseröhre beeinträchtigt. Der Befund der reiches Obst. Der notwendige Verzicht auf Kaf-
Magenspiegelung bestätigte den Verdacht: Die fee, Süßigkeiten und Nikotin fiel ihm anfangs sehr
Speiseröhrenschleimhaut war bedrohlich ange- schwer. Bereits nach etwa drei Wochen bemerkte
griffen: Reflux. Um seine massive Nervosität im er eine deutliche Besserung der Symptome. Das
Umgang mit den Symptomen in den Griff zu krie- motivierte ihn zum Weitermachen. Nach mehre-
gen, rauchte er gelegentlich, was die Symptome ren Monaten ließ sich die Besserung auch in der
verschlimmerte. Säurepumpenhemmer nahm Magenspiegelung objektivieren. Die Medikation
er unregelmäßig und ohne wesentliche Besse- brauchte er nicht mehr. Und das Beste: Die bes-
rung. Mein Ziel ist es immer, das Übel bei der sere Schlafqualität gab ihm Lebensqualität – er
Wurzel zu packen und nicht nur Symptome zu- hatte wieder Spaß an seinem Leben und abends
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mehr Energie für seine Familie. Nach etwa vier sprüche im Elternhaus vor allem vonseiten des
weiteren Monaten konnte Robert auch wieder Vaters empfand sie als sehr hoch, und sie baute
maßvoll Kaffee, Schokolade und Zitrusfrüchte im Alltag leicht innerlichen Druck auf. Im Alter von
vertragen. Kleine Veränderungen, große Wirkung. 13 Jahren verspürte sie erstmals nächtliche Ge-
lenkschmerzen beidseits in den Fingermittelge-
lenken und Füßen, im Lauf der Jahre entwickelte
RHEUMA sich eine starke Morgensteifigkeit, die über eine
Stunde anhält. Im Kindesalter wurden ihre Be-
Marie war eine junge Frau Ende 20, Schauspiele- schwerden bagatellisiert: »Wachstumsschmerz,
rin und Kinderbuchillustratorin mit hochaggressiv es wird schon nicht so schlimm sein.« Marie er-
entzündlich-rheumatischer Erkrankung, der so- zählte mir, dass sie als Kind trotz der Schmer-
genannten rheumatoiden Arthritis. Eine sensible, zen etwas Positives fühlte – die Zuwendung ihrer
zarte Erscheinung, ihr Gesichtsausdruck hatte Großmutter. Nach deren Tod nahm Maries Ge-
etwas Verletzliches, fast Kindliches. Ihre Hände, lenkschmerz dramatisch zu.
genauer ihre Hand- und Fingergelenke, zeigten Es dauerte Monate, bis eine solide Diagnose
schwere, rötlich gefärbte und druckschmerz- durch einen Facharzt für Rheumatologie ge-
hafte Schwellungen. Es fiel ihr schwer, Dinge wie stellt und sie bei starken Gelenkschmerzen und
eine Zahnbürste zu greifen, selbst das Schuhe- -schwellungen einer modernen Medikation zu-
zubinden war nicht mehr möglich. Wegen ihrer geführt werden konnte. Die Medikamente, ge-
Schmerzen mied sie soziale Kontakte. Die Be- stand sie mir im Erstgespräch, nahm sie nur
funde sprachen für sich: Die Laborwerte zeigten unregelmäßig und widerwillig aus Angst vor Ne-
deutlich erhöhte Entzündungswerte (C-reaktives benwirkungen. Ich machte ihr klar, dass man
Protein), der DAS-28 (Disease Activity Score) als schweres Rheuma, das in der Übersetzung »flie-
Maß für die Stärke der Erkrankung belegte eine ßender Schmerz« heißt, in der Regel nicht allein
hohe Krankheitsaktivität. Das Röntgenbild zeigte durch eine innovative Ernährung heilen könne
glücklicherweise noch keine Gelenkzerstörung. und alle Optionen gezielt verfolgt werden müss-
Außerdem fand ich heraus, dass Marie sehr ehr- ten Ich empfahl Marie reichlich Gemüse, ge-
geizig und perfektionistisch veranlagt ist. Die An- dünstet und als Rohkost, und als antientzündli-
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