Liebe und Respekt! - PROVIEH

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Liebe und Respekt! - PROVIEH
Heft 4   •   Dezember 2008   •   C44904

Liebe und Respekt!
Liebe und Respekt! - PROVIEH
2             editorial                                                                                                                                                                                    3

Liebe Mitglieder,                                   für Geflügel führt. Und die engagierten Tier-                                                                                 nung für ganzjährige
                                                    schützer Karin Mück und Jan Gerdes haben                                                                                      Freilandhaltung be-
liebe Leserinnen und Leser,
                                                    ihren ehemaligen Biohof Butenland umgewan-                                                                                    scheren ihnen immer
Liebe und Respekt, das wünschen wir Men-            delt zu einem Lebenshof für Tiere in Not, auf                                                                                 mehr Freunde, wie
schen uns für den Umgang miteinander. Ge-           dem sowohl Haustiere als auch Nutztiere ein                                                                                   unsere Fachreferen-
rade in der kalten und dunklen Jahreszeit wird      artgerechtes und würdevolles Dasein finden.                                                                                   tin Iris Weiland zu
uns das so bewusst wie selten sonst. Doch mit       Vorstandsmitglied Janet Strahl war bei ihnen                                                                                  berichten weiß.
wie viel Liebe gehen wir mit unseren nächs-         zu Gast.
                                                                                                                                                                                   Was auch in der Bio-
ten Mitgeschöpfen, den Nutztieren, um? Wie
                                                    Gerade das Thema Schlachtung führt immer                                                                                       haltung von Schwei-
viel Respekt bringen wir ihren artgemäßen Le-
                                                    wieder zu Auseinandersetzungen unter Tier-                                                                                     nen gerne verdrängt
bensbedürfnissen entgegen?
                                                    schützern, denn es gäbe doch die Möglich-                                                                                      wird, ist die grausa-
Religionen geben Menschen Orientierung bei          keit, durch eine vegetarische Lebensweise                                                                                      me Tatsache, dass
Fragen wie diesen. In diesem Heft finden Sie        ganz auf den Verzehr von Fleisch und damit                                                                                     den männlichen Fer-
Beiträge zum Thema Nutztierschutz aus der           auf die Notwendigkeit von Schlachtung zu                                                                                       keln in Deutschland
Sicht verschiedener Religionsgemeinschaften.        verzichten. PROVIEH ist sich aber einig dar-                                                                                   im Alter von wenigen
So erzählt Landesbischof Dr. Ulrich Fischer,        in, dass zur üblichen Tiernutzung in unserer                                                                                   Tagen immer noch
wie er die Tiere als Mitgeschöpfe des Men-          Gesellschaft seit jeher auch der Fleischverzehr                                                                                ohne       Betäubung
schen erlebt. Frau Dr. Hanna Rheinz von der         gehört und dass der Tod der Nutztiere durch       Stefan Johnigk mit Bunten Bentheimer Schweinen                               die Hoden heraus-
Stiftungsinitiative Jüdischer Tierschutz gibt ei-   die Schlachtung so leidensfrei wie möglich                                                                                     geschnitten werden.
nen Einblick in das jüdische Tierschutzrecht        geschehen muss. Ein aktueller Vorschlag der       Deutschland. Erneut mussten über Tausend            Deshalb führt PROVIEH mit wachsendem Er-
und seine Bedeutung für eine wahrhaftig um          EU-Kommission zur Änderung der Schlach-           Enten und Gänse ihr Leben lassen, weil die          folg eine deutschlandweite Kampagne zur
Menschlichkeit bemühte Gesellschaft. Und            trichtlinie wird dementsprechend kritisch von     Bundesregierung ihre Tierseuchenpolitik auf         Abschaffung der Ferkelkastration. Schon jetzt
auch aus Sicht des Buddhismus und der noch          PROVIEH kommentiert.                              irreführende Spekulationen des Friedrich-           zeigt sich Bewegung bei den Marktteilneh-
jungen Bahá’í-Religion zählt der mitfühlende                                                          Loeffler-Instituts (FLI) stützt. Die Hintergründe   mern. Daher freut sich unser Verein auf wei-
                                                    Auch zum Klonen von Nutztieren und zur Ver-       der Tragödie in Görlitz erhellt unser Vorstands-    tere aktive Unterstützung, denn es soll einen
Umgang mit Tieren zu den ethischen Grundla-
                                                    wendung von gentechnisch veränderten Pflan-       vorsitzender Prof. Lorenzen.                        heißen Winter geben für die Schweinebran-
gen menschlichen Handelns.
                                                    zen in Futtermitteln gibt es Neuigkeiten aus                                                          che. Unsere Kampagnenleiterin Sabine Ohm
Doch wie sieht es in der Praxis aus, in der sich    Brüssel – leider mit erheblichem Grund zur        Zu einem respektvollen Umgang mit Tieren ge-
                                                                                                                                                          lädt Sie ein, mehr zu erfahren.
die Nutztierhaltung viel zu oft stärker an Ren-     Sorge, wie unsere Mitarbeiterinnen Sabine         hört auch der vorbeugende Schutz vor Krank-
diten als an ethischen Werten orientiert? Wir       Ohm und Melanie Peters in ihren Beiträgen         heiten. Viele Biobetriebe hinterfragen kritisch     Gemeinsam mit Henne „Puttelchen“ aus un-
stellen Ihnen vier vorbildliche Menschen vor,       berichten. Es zahlt sich aus, dass unser Verein   die verordneten Pflichtimpfungen gegen die          serer Vorlesegeschichte für Kinder wünsche
die mit viel Liebe und Respekt ihren Nutztieren     sein Ohr so nah am Puls der Europäischen          Blauzungenkrankheit. Unser Mitglied Sabine          ich Ihnen besinnliche Feiertage und dass wir
unnötiges Leid ersparen. Ernst Herrmann Mai-        Politik hat und sich deshalb rechtzeitig mit      Zentis vom PROVIEH-Arbeitskreis Tierseuchen         zusammen auch im neuen Jahr 2009 viel für
er kämpfte erfolgreich dafür, seinen frei leben-    Briefaktionen und Gesprächen an Entschei-         gibt dazu Antworten in diesem Heft.                 den Schutz unserer Nutztiere bewegen.
den Rindern die Qual des Einfangens und des         dungsträger wenden kann mit dem Ziel, dass
                                                                                                      Schweine gelten als Glücksbringer und erfreu-
Transports zum Schlachthof zu ersparen. Bio-        kein neues Unrecht gegen das Wohl der Nutz-
                                                                                                      en sich gerade zum bevorstehenden Jahres-
bauer Niels Odefey beweist auf seinem Hof,          tiere in politischen Verordnungen verankert
                                                                                                      wechsel großer Beliebtheit. Besonders liebens-
dass die artgemäße Aufzucht von Masthähn-           wird.
                                                                                                      wert sind die bunten Bentheimer Schweine,
chen ohne Tierquälerei wirtschaftlich möglich
                                                    Als politisch manifestiertes Unrecht erscheint    die leider zu den bedrohten Haustierrassen
ist und zu welchen Qualen die Stallpflicht                                                                                                                                              Geschäftsführer
                                                    auch der Umgang mit der Vogelgrippe in            gehören. Aber ihre Robustheit und gute Eig-
Liebe und Respekt! - PROVIEH
4              Inhalt / Magazin                                                                                                                        5
                                                                 Kurz notiert
    Kurz notiert
    Erfolg gegen Schweinemastanlage in Haßleben             5
    EU-Umweltaktion soll auch den Tierschutz fördern        5     Erfolg gegen                              EU-Umweltaktionsplan
    tierschutz und religionen
                                                                  Schweinemastanlage                        soll auch den Tierschutz
    Von der Liebe zu den Tieren                              6    in Haßleben                               fördern
    Mitgefühl mit allen Wesen                                9
    Schutz und Rechte der „Nutz“tiere im Judentum           11    Seit über fünf Jahren kämpft eine Bür-    Am 16. Juli 2008 veröffentlichte die
    Tierschutz aus Sicht der Bahá‘í-Religion                14    gerinitiative im brandenburgischen        EU-Kommission ihren EU-Umweltakti-
                                                                  Haßleben gegen die Pläne des hollän-      onsplan. In dem Strategiepapier geht
    Vorbildlich                                                   dischen Investors van Gennip, eine rie-   es unter anderem um ein „grüneres Be-
    Ein Lebenshof für Tiere                                 16    sige Schweinemastanlage mit 84.000        schaffungswesen“ in der EU: „Die Aus-
    Urias – von freien Rindern                                    Tieren zu errichten. PROVIEH begleitete   gaben der Behörden für die Beschaf-
    und Schlachtung ohne Angst                              31    den Widerstand u.a. mit Spendenauf-       fung von Waren und Dienstleistungen
    Der Hühnerrebell aus der Heide                          37    rufen (Stichwort „Schweineelend“) und     machen 16 % des Bruttoinlandsproduk-
                                                                  freut sich mit den Bürgern von Haßle-     tes der EU aus“, so dass „öffentliche
    Kampagne gegen Ferkelkastration
                                                                  ben, dass 2008 erneut die Genehmi-        Vergabestellen starke Signale an die
    Was in Holland möglich ist, soll in Deutschland               gung der tierquälerischen Megamast-       Anbieter aussenden können, indem sie
    unmöglich sein?                                         20    anlage erfolgreich abgewehrt werden       eine umweltgerechte Auftragserfüllung
    Politik und Recht                                             konnte. Nun will van Gennip mit einer     verlangen und damit die Nachfrage
    Fleisch von geklonten Tieren – schon bald                     reduzierten Anzahl von Mastschwei-        nach umweltfreundlicheren Produkten
    auf unserem Teller?                                     22    nen zurück an den Start gehen – doch      und Dienstleistungen ankurbeln.“ Aber
                                                                  auch die nun vorgesehene Zahl von         es geht nicht nur um Natur; im Nah-
    Die Tragödie in Görlitz und die Unvernunft der FLI      40
                                                                  insgesamt 64.000 statt 84.000 Mast-       rungsmittel- und Cateringbereich soll
    Aktuelles aus Brüssel                                         schweinen, Säuen, Ferkeln und Ebern       künftig eben auch der Tierschutz be-
    Geheime Pläne zur Verbreitung von gentechnisch                werden im van Gennip’schen Schwei-        rücksichtigt werden. Dazu gehört auch
    veränderten Organismen (GVO)                            25    neknast niemals ein artgemäßes Leben      die EU-weite Festlegung gemeinsamer
    EU-Schlachtrichtlinie: Kein großer Wurf                 34    führen können. Da auch der Verbleib       Kriterien und Richtwerte sowie die Be-
                                                                  der Schweinegülle offenbar noch man-      reitstellung von Leistungsbeschreibun-
    ARbeitskreis Tierseuchen
                                                                  gelhaft gelöst ist und die berechtigten   gen, um Marktverzerrungen in Europa
    Pfllichtimpfung gegen Blauzungenkrankheit                     Bedenken der Bürgerinitiative im Ver-     zu vermeiden. Das ist zwar kein Quan-
    – ja oder nein?                                         28    fahren durchaus ernst genommen wer-       tensprung in der EU-Tierschutzpolitik,
    Gefährdete Nutztierrassen                                     den, hoffen wir gemeinsam auf weitere     aber – wie der jüngst bekannt gewor-
    Aufwind für die Bunten Bentheimer                       43    Erfolge im Kampf gegen das Schwei-        dene Verzicht des Europäischen Parla-
                                                                  neelend. Ein herzlicher Dank geht         ments auf Käfigeier in den Kantinenkü-
    buch- und DVD-tipps                                           hiermit auch nochmal an alle Spende-      chen – ein weiterer wichtiger Schritt in
    Hörbuch-Tipp: Schräge Vögel und koschere Katzen         13    rinnen und Spender, die das Projekt so    die richtige Richtung.
    Mit Tieren reden ... und es funktioniert tatsächlich!   45    tatkräftig unterstützt haben.
    Videodokumentation „Gänsealltag“                        46                                                                        Sabine Ohm
                                                                                          Stefan Johnigk
    Kinderseite GänsefüSSchen                               18
    Impressum                                               47
    Das Allerletzte                                         48
Liebe und Respekt! - PROVIEH
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    Von der Liebe zu den Tieren
    oder: Wie ich Tiere als Mitgeschöpfe
    des Menschen erlebe
    von Landesbischof Dr. Ulrich Fischer              Wenn ich heute darüber nachdenke, so habe
                                                      ich in meiner Kindheit ein sehr natürliches
    Ich bin ein „Kind vom Land“. In meiner nord-      Verhältnis zu Tieren entwickelt. Sie waren
    deutschen Heimat wuchs ich in unmittelbarer       Teil meiner Lebenswelt und gehörten selbst-
    Nähe eines Bauernhofes auf. Die Kühe auf          verständlich dazu – als Nutztiere ebenso wie
    diesem Hof hatten Namen. Wenn wir sie             als zu schützende Lebewesen. Als ich später
    im Frühjahr auf die Weide und im Herbst           den Pfarrberuf ergriff und selbst eine Familie
    in den Stall trieben, konnten wir sie anspre-     gründete, gehörten Tiere stets zu unserer Fa-
    chen. So manches Mal habe ich zugeschaut,         milie: die Airdale-Terrier Ina und Quinto, die
    wenn eine Kuh gedeckt wurde oder wenn             uns bis zu ihrem Tod in Treue begleiteten, die
    sie kalbte. Einmal musste ich sogar bei einer     Schildkröten, die uns illegalerweise geschenkt
    schweren Geburt mit einem Strick mithelfen.       wurden und die dennoch unsere Kinder lieb
    Das Füttern der Schweine gehörte zu meinem        gewannen, die Fische im Aquarium, der Stall-     Hippotherapie erfreut sich großer Nachfrage
    sonntäglichen Vergnügen, allerdings fand          hase, der ein hohes Alter erreichte, und der
    meine Mutter es nicht lustig, wenn hinterher      Wellensittich, der plötzlich verstarb – und      wie auf der Pferdekoppel nach Fressbarem          nerschlag „raubtiersicher“ gemacht haben.
    meine Sonntagskleidung nach Schweinestall         dann natürlich die Pferde, die unsere älteste    suchten. Vor einigen Monaten haben wir aber       Und ein Huhn fand eines Abends nicht den
    roch. Der große Hofhund machte mir immer          Tochter vom zehnten Lebensjahr an fast täglich   wegen der Schäden, die sie an Blumen und          Weg zurück in den Stall und erfror bei –15° C
    wieder Angst, obwohl er völlig ungefährlich       auf dem benachbarten Reiterhof besuchte.         Pflanzen anrichteten, auf eine andere Form        kläglich. Die Bestattung fand nach Ende des
    war. Die Hühner, die wir selbst hielten, muss-                                                     der artgerechten Tierhaltung für die Hühner       Dauerfrostes in würdiger Weise statt.
    te ich bisweilen abends in den Stall tragen.      Heute nun leben wir wieder „auf dem Land“,       umgestellt. Sie bewohnen nun zwei Hühner-
    Wenn sie von meiner Mutter mit einem Beil         genauer: auf einem Reiterhof – gemeinsam         ställe, die ich nach einer dem Internet entnom-   Unsere besondere Freude ist die Pferdeherde,
    geschlachtet wurden, durften wir Kinder nicht     mit der Familie unserer ältesten Tochter, be-    menen Bauanleitung gefertigt habe, und ein        die inzwischen sieben Wallache, drei Stuten
    zuschauen. Dafür durften wir mithelfen, wenn      gleitet und umgeben von vielen Tieren. Unser     Freigelände, das zum Teil überdacht ist (we-      und zwei Ponys umfasst. Die große graslose
    das Huhn zum Essen zubereitet wurde. In den       eigener Haushund „Nemo“, ein Pointermisch-       gen drohender Vogelgrippe) und das etwa 40        Koppelfläche von etwa 2000 qm und eine
    damals noch strengen Wintern wurden selbst-       ling, versteht sich leidlich mit „Speedy“, dem   qm umfasst. Wie artgerecht diese Form der         uns von der Gemeinde zur Verfügung gestell-
    verständlich in unserem Vorgarten Vögel ge-       Promenadenmischling unserer Tochter, hat         Tierhaltung ist, beweisen uns die großartig       te zusätzliche Koppelfläche, die in regelmä-
    füttert. Ebenso selbstverständlich war es, dass   aber die drei Katzen vom 4000 qm großen          schmeckenden Eier, die reichlich gelegt wer-      ßigen Abständen abgegrast wird, bieten für
    wir die Marderfamilie, die auf dem Speicher       Gelände vertrieben. Nur abends kommen            den und mit denen wir so manche Besuche-          die Tiere hervorragende Lebensbedingungen.
    unseres alten Hauses fröhliche Spiele veran-      sie, wenn meine Frau sie zum Füttern auf das     rin unseres Reiterhofes immer wieder beglü-       Durch die Einrichtung eines Futterautomaten
    staltete, die uns in mancher Nacht den Schlaf     Gelände lockt, während der Hund im Hause         cken. Allerdings mussten wir zu Beginn auch       ist eine regelmäßige Versorgung der Tiere mit
    raubte, nicht duldeten. Wir rückten ihr mit ei-   ist. Längere Zeit ärgerte sich der Haushund      manches Opfer unter den Hühnern beklagen:         Kraftfutter sichergestellt, daneben können die
    ner Marderfalle zu Leibe – allerdings mit mä-     über die zwölf freilaufenden Hühner, die sich    Sechs Tiere wurden vom Marder und von un-         Tiere nach dem von ihnen selbst bestimmten
    ßigem Erfolg.                                     mit dem ihnen zugewiesenen Areal nicht zu-       serem Kater gefressen, ehe wir nun den Hüh-       Rhythmus Heu und Stroh fressen. Zwei Un-
                                                      frieden gaben, sondern ständig im Vorgarten                                                        terstände – seit kurzem ein weiterer für die
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                                                                                                       Mitgefühl mit allen Wesen
    beiden Ponys – und ein Stallgebäude sorgen       denhaftung. Angesichts meiner überwiegend
    für Schutz gegen Wind und Regen und bieten       geistigen Tätigkeit als Bischof einer Landes-
    den Tieren die Möglichkeit, sich bei beson-      kirche erfahre ich in meiner Freizeittätigkeit
    ders kalten Temperaturen ins Schützende zu-
    rückzuziehen. Die Verortung der Tränkstelle in
                                                     als „Stallknecht“ unserer Tochter einen guten
                                                     Ausgleich, der mir auch körperlich gut tut. Vor   Tierschutz aus Buddhistischer Sicht
    einem Abstand von ca. 100 Metern von der         allem aber empfinde ich die Einbettung mei-
                                                                                                       Die Lehren des Buddhismus zum Umgang mit          Er sah auch, dass dieses Leid nicht nur Men-
    Heufutterstelle und eine Wegführung durch        nes Lebens in vielfältige natürliche Abläufe
                                                                                                       Tieren lassen sich nicht erklären, ohne auf die   schen widerfuhr: Die Legende besagt, dass
    Elektrobandabspannung, welche die Tiere          als etwas sehr Beglückendes: Unser Reiterhof
                                                                                                       Geschichte des Buddhismus einzugehen: Als         er über die schockierende Erkenntnis des
    zum „Umwegen“ auf der Suche nach Futter          grenzt an ein Landschaftsschutzgebiet. In un-
                                                                                                       der nordindische Prinz Siddharta, der später      menschlichen Leidens bei einem Ausritt nach-
    und Wasser zwingen, sorgen dafür, dass sie       mittelbarer Nähe unseres Grundstücks sam-
                                                                                                       der Buddha genannt wurde, vor ca. 2.500           denken wollte. Er rastete am Rande eines
    ständig in Bewegung sind, auch wenn sie          meln sich im Herbst die Zugvögel zu ihrem
                                                                                                       Jahren den Weg zur Erleuchtung fand, wollte       Ackers, der gerade gepflügt wurde. Nach-
    nicht von ihren Reiterinnen bewegt werden.       Zug gen Süden. Zu Abertausenden sitzen sie
                                                                                                       er alle fühlenden Wesen vom Leid befreien. Er     dem er zunächst das friedliche Idyll genossen
                                                     auf den Hochspannungsleitungen, ehe sie
    Die Pferde werden zum großen Teil für the-                                                         war behütet aufgewachsen, seine Eltern hat-       hat, sah er den Ochsen, der mühsam und un-
                                                     sich zu ihrer langen Reise aufmachen. Wenn
    rapeutische Zwecke eingesetzt. Die von unse-                                                       ten bewusst alle unangenehmen Erfahrungen         ter Peitschenhieben den Pflug zog, er sah die
                                                     ich entlang der Rheinauen jogge, stoße ich
    rer Tochter angebotene Hippotherapie erfreut                                                       von ihm ferngehalten. Erst im Erwachsenenal-      Tiere im Boden, die durch den Pflug getötet
                                                     auf Störche und Graugänse und auf viele Vo-
    sich großer Nachfrage, obwohl sie von den                                                          ter begegnete er der Unausweichlichkeit von       oder verletzt wurden.
                                                     gelarten, die ich im Einzelnen nicht kenne. In
    Krankenkassen nicht erstattet wird und von                                                         Alter, Krankheit und Tod und dem Leiden, das
                                                     unserem Garten erfreut mich der Anblick von
    den Eltern der Kinder selbst finanziert werden                                                     damit verbunden war.
                                                     Gartenrotschwänzchen und Blaumeisen, von
    muss. Deutlich aber ist zu sehen, dass diese     Buchfinken und Rotkehlchen.
    Form der Offen-Stallhaltung den Tieren außer-
    ordentlich gut tut. Die Pferde sind ungemein     Kürzlich besuchte ich in der Freilichtbühne
    ausgeglichen, lediglich wenn die Herde um        Ötigheim (unweit von Karlsruhe) das impo-
    ein weiteres Tier ergänzt wird, wie erst kürz-   sante Volksschauspiel „Franz von Assisi – der
    lich nach dem Tod des „Methusalems“, ist         Narr Gottes“. Und bei der Predigt des Franz
    eine gewisse Unruhe und Aggressivität nicht      an die Tiere wurde mir wieder deutlich, wie
    zu übersehen. Aber es ist eben wie bei den       sehr mich die von Franz propagierte Liebe zu
    Menschen: Die Rangordnung muss mühsam            den Tieren mein Leben lang schon geprägt
    hergestellt werden. Und wenn Worte nicht ge-     hat. Wer Tiere als Lebensbegleiter lieb ge-
    wechselt werden können, dann müssen eben         wonnen hat, kann sie nicht länger mehr als
    Hufe sprechen – bis der Friede in der Herde      bloße Fleischproduzenten ansehen, sondern
    wieder einkehrt.                                 muss sie als Geschöpfe Gottes und als Mitge-
                                                     schöpfe des Menschen wert achten und für sie
    Das Leben mit den Tieren hat für mich Bedeu-     Verantwortung übernehmen. Sich dieser fran-
    tung in vielfacher Hinsicht. Angesichts meines   ziskanischen Grundhaltung, die Konsequenz
    Berufes, in dem ich oft sehr gefordert bin,      des christlich-jüdischen Schöpfungsglaubens
    schenkt mir schon der Blick auf unsere Tiere     ist, nicht nur kognitiv nähern zu müssen, son-
    ein Stück Gelassenheit. Angesichts der Ge-       dern sie täglich wie selbstverständlich einüben
    fahr, durch die Beschäftigung mit Theologie      zu können, ist ein Geschenk, für das ich sehr
    und Kirchenleitung abzuheben, gibt mir der       dankbar bin.
    Kontakt mit den Tieren eine notwendige Bo-                                                         Begegnung auf Augenhöhe: Die „Buddha-Natur“ ist in allen fühlenden Wesen zu finden.
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     Dadurch wurde ihm klar, dass nicht nur die
     Menschen, sondern alle fühlenden Wesen –
                                                        gilt, was wesentlich für den Buddhismus ins-
                                                        gesamt ist: Statt Dogmen und begrenzender          Die jüdische Vision: Schutz und
     also auch Tiere – gleichermaßen leiden. Die-
     se Erkenntnis hat ihm keine Ruhe gelassen und
                                                        Regeln stehen Eigenverantwortung, Mitgefühl
                                                        und Weisheit – sowie die höchste Sichtweise,       Rechte der „Nutz“tiere im Judentum
     er suchte nach einer Lösung. Nach 7 Jahren         dass alle Wesen die Buddhanatur haben – im
     der Suche und Meditation erkannte er die of-       Mittelpunkt. Daher gibt es eigentlich keine all-   „Nichts Neues gibt es
     fene, klare und unbegrenzte Natur des Geis-        gemeingültigen Vorschriften, es kommt immer         unter dem Himmel”
     tes, was er als zeitlose, höchste Freude erfuhr.   auf die Situation und die Motivation an.            stellte der Prophet fest
     Dieses Potenzial, die Buddhanatur, wohnt al-                                                           und dies gilt auch für
     len fühlenden Wesen inne. Sie ist in ihrer Es-     Das Töten von Tieren allerdings sollte ein Bud-     den Tierschutz. Schon
     senz unzerstörbar und offen wie der Raum, in       dhist nach Möglichkeit unterlassen. Manchmal        vor fünftausend Jahren
     ihrer Erfahrung Freude und in ihrem Ausdruck       allerdings lässt es sich durch die menschliche      sind Tierschutz- und
     Liebe zum Nutzen der Wesen. Er sah, dass           Lebensweise nicht vermeiden, Tiere zu töten         Tierrechtsgesetze for-
     auf relativer Ebene die Ursachen für Glück         oder anders in Mitleidenschaft zu ziehen. Im        muliert worden, die an
     und Leid in unseren eigenen Worten, Taten          Tibet früherer Zeiten beispielsweise war es         ethischer Konsequenz
     und Gedanken liegen. Wir schaffen selbst die       aufgrund der klimatischen und geografischen         manches        moderne
     Welt, die wir erleben. Dies nannte er Karma,       Gegebenheiten in 3.500 m Höhe nicht mög-            Gesetzeswerk        über-
     das Gesetz von Ursache und Wirkung. Die            lich, auf Fleisch zu verzichten. Und selbst der     treffen. Vom jüdischen
     Wirkungen können kurzfristig oder in einem         Anbau von Pflanzen tötet viele Tiere, wie ja        Tierschutz ist die Rede,
     späteren Leben eintreten.                          schon der Buddha bei seinem Ausflug erkannt         der bis zum heutigen „Wie ein Hirte wird er seine Herde weiden…“ Lämmer haben im jüdisch-
                                                        hatte.                                              Tage gerade wegen christlichen Abendland hohe Symbolkraft
     Aber wie gehen Buddhisten mit dieser Erkennt-                                                          seiner Radikalität ver-
     nis um und was bedeutet Tierschutz für einen       Wer sein Mitgefühl im Geist halten und zum
                                                                                                            kannt, ja zum Ziel einer kollektiven Abwehr Fehldeutungen, vergessen worden. Doch die
     Buddhisten?                                        Besten der Wesen einsetzen möchte, kann
                                                                                                            geworden ist. Viele Tierschützer zitieren das Vorschriften zur Tierhaltung zeigen, wie eng
                                                        Mantras für Tiere sprechen. „Unser Lama
                                                                                                            Judentum als Beispiel archaischer Umgangs- die Zivilisationen mitsamt ihrer ethischen Er-
     „Der Buddha hat keine Regeln aufgestellt,          Ole Nydahl erzählt oft, dass er vor vielen
                                                                                                            weisen mit Tieren, wie sie in „primitiven Stam- rungenschaften, zu denen auch der Monothe-
      sondern Empfehlungen als Freund gegeben.“         Jahren mit dem mittlerweile verstorbenen Me-
                                                                                                            mesgesellschaften mit blutigen Opferritualen” ismus zählt, an die Domestikation gekoppelt
      sagt Michaela Fritzges vom Buddhistischen         ditationsmeister Kalu Rinpoche im Winter mit
                                                                                                            üblich waren, und meinen, Tierethik sei ein sind. Hirtenleben, Ackerbau, Tempeldienst
      Zentrum der Karma-Kagyü-Linie in Kiel. „Da        einem VW-Bus durch Skandinavien fuhr. Die
                                                                                                            Produkt von Aufklärung und Atheismus. Doch – hier galt im Alten Israel vor allem das Ver-
      alles, was wir aussenden, früher oder später      Heizung war kaputt, trotzdem ließ der schon
                                                                                                            die jüdische Tradition wartet mit unbequemen    bot der Tierquälerei (tza`ar baalei chaim) als
      auf uns zurückfällt, ist es klug den Wesen zu     betagte Kalu Rinpoche es sich nicht nehmen,
                                                                                                            Wahrheiten auf: So galt das Tötungsverbot Ausdruck der Treue zum Schöpfer, der einen
      nutzen, so gut wir können, und zu vermeiden,      stets das Fenster zu öffnen und gute Wünsche
                                                                                                            ursprünglich auch für Tiere. Mensch und Tier Bund schloss mit Menschen und Tieren. „Der
      anderen bewusst Leid zuzufügen: aus Mitge-        für die Tiere zu machen, indem er ihnen das
                                                                                                            gelten als gleichwertig, dem Menschen ist Gerechte kennt die Seele seines Viehs”, for-
      fühl – oder wo das nicht möglich ist, wenigs-     Mitgefühlsmantra zurief: OM MANI PEME
                                                                                                            nicht die Ausbeutung der Natur erlaubt, son- derte König Salomon, denn ein Geschick
      tens aus eigenem Interesse.“                      HUNG!“
                                                                                                            dern verantwortungsvolle Pflege. Erst das Mit- teilen beide, sie altern, empfinden Schmerz,
     Im Umgang mit Tieren heißt das, dass wir uns                                                           gefühl mit allen Lebewesen der Erde macht sterben und sinken zurück in den Staub der
     der Buddhanatur jedes Lebewesens bewusst                                                               den Menschen zum Ebenbild Gottes!               Erde. König David galt als Inbegriff der Sorge
     sind und diese in ihm sehen. Der respektvol-         Anja Uhlenbrok im Gespräch mit Michaela                                                           und  des Schutzes, die der Hirte (Gott) jedem
                                                                                                            Leider sind diese unbequemen Wahrheiten
                                                               Fritzges, Buddhistisches Zentrum Kiel
     le Umgang mit Tieren und Handlungen, die                                                               auch in der jüdischen Welt, nicht zuletzt als einzelnen Geschöpf seiner Herde angedeihen
     das Leid von Tieren soweit möglich vermeiden,                                                          Folge systematischer Fehlübersetzungen und      lässt. Der Mensch ist aufgefordert, den Tieren
     ergeben sich daraus automatisch. Auch hier                                                                                                             gegenüber so zu handeln wie er selbst – im
Liebe und Respekt! - PROVIEH
12               Tierschutz und Religionen                                                                                                                                                                        13

      Ebenbild Gottes (be Zelem Elohim) – behan-         Wie radikal das jüdische Tierrecht ist, wird an     Schlachtung zumuten, gerade nicht mit den        Beweis stellen, indem sie den Schutz der Tiere
      delt wird. Tikkun, das Wiederherstellen des        den Pflege-, Schutz- und Ruhevorschriften deut-     viel zitierten Werten des jüdisch-christlichen   als vorrangiges Ziel jeder um Menschlichkeit
      Miteinanders aller Geschöpfe der Erde, das         lich: Sie gelten für Mensch und Tier, jedoch ist    Abendlandes vereinbar sind. Dies in Erinne-      bemühten Gesellschaft behandeln.
      Verbot, die Natur zu zerstören, sowie der Ap-      der Mensch aufgefordert, zuerst das Tier zu         rung zu rufen bedeutet, dass auch die Religi-
                                                                                                                                                              Dr. Hanna Rheinz,
      pell, Erbarmen zu üben, sind die Grundpfeiler      füttern, bevor er selbst isst, ebenso ist er ver-   onsgemeinschaften und die Politiker, die von
                                                                                                                                                              Stiftungsinitiative Jüdischer Tierschutz
      der Jüdischen Ethik, die sich erst realisiert im   pflichtet, sogar am Schabbat, dem Ruhetag,          Werten reden, ihre Glaubwürdigkeit erst unter
      Umgang des Menschen mit den schwächeren,           einem in Not geratenen Tier zu helfen. „Du                                                           www.tierimjudentum.de
      weil ihre Rechte nicht einfordernden Tieren.       sollst dein Mahl nicht einnehmen, bevor du
     „Wie ein Hirt wird er seine Herde weiden, mit
      seinem Arme sammelt er die Lämmer und in
                                                         nicht dafür Sorge getragen hast, dass jedes
                                                         deiner Tiere seiner Art gemäß gefüttert wor-
                                                                                                             Schräge Vögel und koschere Katzen
      seinem Busen trägt er sie, die Säugenden lei-      den ist” [Talmud Berachot 40a]. Für die Tier-                                                        oder Rindern ist es nicht auf das wechselhafte
      tet er.“ [Jesaja 40:11] „Ich werde meine Scha-     zucht gilt das Verbot des Verstümmelns und                                                           Mitgefühl der Menschen angewiesen, son-
      fe weiden, und ich werde sie lagern lassen, ist    der Kastration, und das Gebot eines artge-                                                           dern es genießt das göttlich verbriefte Recht,
      der Spruch Gottes des Herrn. Das Verlorene         rechten Umgangs mit Tieren, wobei verhindert                                                         am Leben zu bleiben: Es darf einfach nicht
      werd` ich aufsuchen, und das Versprengte           werden muss, dass Tiere überfordert werden,                                                          gegessen werden.
      werd` ich zurückführen, und das Verwundete         etwa, wenn unterschiedliche Tierarten zusam-
                                                                                                                                                              Mit erfrischender Schärfe, aber auch pole-
      verbinden, und das Kranke stärken.” [Eze-          mengespannt werden, was verboten ist.
                                                                                                                                                              misch klingt die Erzählung „Die goldene Hen-
      ckiel 34:15-16]
                                                         Das Mitgefühl für die Tiere ist der Ausgangs-                                                        ne. Plädoyer für die gesamtdeutsche Legebat-
     Unbequem für das Selbstverständnis des Men-         punkt der rituellen Speisegesetze, der Kasch-                                                        terie“. Es sticht empfindlich, wenn die illegalen
     schen ist, dass die biblische Schöpfungsge-         rut, mithin des Verbots, das Junge in der Milch                                                      Massenkeulungen im Zusammenhang mit der
     schichte [Genesis 1:29-31; 9:1- 11] eine ve-        seiner Mutter zu kochen [Exodus:19, 34 26,                                                           Vogelgrippe von einer jüdischen Tierschütze-
     getarische Lebensweise beschreibt. Erst nach        Deuteronomium 14:21]. Das utilitaristische                                                           rin als „gespenstisches Töten im Dienste der
     der Sintflut wurde der Verzehr des Fleisches        Denken, das die moderne Tierschutzgesetz-                                                            Volksgesundheit“ beschrieben werden.
     von Tieren, die als „Lebend Atmende” (nefesh        gebung mit ihrem Zwei-Klassen-Schutzgesetz
                                                                                                                                                            „Auf die Gefühle der Tiere Rücksicht zu neh-
     chaja) gelten [Genesis 9:3], und das Töten          von Tieren und „Nutz”tieren prägt, gilt im
                                                                                                                                                             men ist der verborgene Kern vieler Gebote“,
     bestimmter Tiere unter kontrollierten Schlacht-     alten Israel als ethisch verwerflich. So müs-       Mit Hintersinn, Sprachwitz und sehr viel Lie-
                                                                                                                                                             so die Autorin. „Dass Tiere Rechte haben, ist
     bedingungen erlaubt. Schmerzen und Leiden           sen auch „Nutz”tiere geschützt und gerettet         be erzählt die Psychotherapeutin Dr. Hanna
                                                                                                                                                             vielen jüdischen Menschen nicht mehr be-
     müssen unbedingt gemindert wurden; in Zei-          werden, selbst wenn dies den Interessen des         Rheinz Geschichten über Tiere, Menschen und
                                                                                                                                                             wusst.“ Weil das leider auch für alle anderen
     ten, als es noch keine Betäubungsverfahren          Menschen nicht dient. „So du triffst auf den        ihr zum Teil doch recht ambivalentes Verhält-
                                                                                                                                                             Menschen gilt, ob religiös oder nicht, wün-
     gab und das Bewusstlos-Schlagen des Tieres          Ochsen deines Feindes, oder auf seinen Esel,        nis zueinander. Ihre persönlich vorgetragenen
                                                                                                                                                             sche ich diesen Erzählungen möglichst viele
     zu erheblichen Verletzungen oder gar dessen         der irre geht, bringe ihm denselben zurück.         Erzählungen drehen sich um Tierschutz und
                                                                                                                                                             neue Hörer.
     Tod führte, war die Schächtvorschrift, Tiere        So du siehst den Esel deines Hassers erlie-         den ethischen Umgang unserer Gesellschaft
     durch einen einzigen Schnitt mit einem schar-       gend unter seiner Last, und du wolltest unter-      mit der belebten und unbelebten Natur. Die      Das Hörbuch ist im Selbstverlag direkt bei der
     tenfreien Messer zum Entbluten zu führen, der       lassen, es ihm leichter zu machen (…), mach         unstillbare Profitgier des Menschen ist ebenso Autorin erhältlich und kostet 10.- €. Der Erlös
     höchste Stand der Schlachttechnologie. Über-        es (ihm) leichter mit ihm.” [Exodus 23:4-5]         Thema wie das Glück des Schweines, nach         kommt den Tieren der Initiative Jüdischer Tier-
     dies wurde nur jenen Personen das Schlachten        Wer die Strenge der jüdischen Tierschutzethik,      den jüdischen Speisegesetzen nicht gegessen     schutz  zugute.
     erlaubt, die nicht aus Lust und Grausamkeit tö-     wie sie hier zum Ausdruck kommt, in die heuti-      zu werden.
                                                                                                                                                             Bestellungen bei: Hanna Rheinz,
     ten. Das Jagen von Tieren, ebenso wie Renn-         ge Zeit übersetzt, erkennt, dass die Bedingun-
                                                                                                             Das Schwein gilt im Judentum als unrein, doch   Schießstattweg  19, 82362 Weilheim
     sport und Tierwetten waren verboten, weil sie       gen, die wir den Tieren in den Fleischfabriken
                                                                                                             spiegelt es auch die Gier des Menschen sym-
     zu Tierquälereien führen.                           und den Forschungslabors, bei Transport und
                                                                                                             bolisch wider. Aber im Gegensatz zu Schafen                                    Stefan Johnigk
Liebe und Respekt! - PROVIEH
14               Tierschutz und Religionen                                                                                                                                                                           15

     Tierschutz aus Sicht der
                                                                                                           Menschen oder einem Tier Schmerz zufügt.          Tierschutzorganisationen eingeräumt wird.
                                                                                                           Da gibt es keinerlei Unterschied.“                Aus Sicht der Bahá’í-Lehren klingt das so:
                                                                                                                                                            „Tatsächlich ist es schlimmer, einem Tier zu

     Bahá’í-Religion
                                                                                                           Die alltäglichen Grausamkeiten im Umgang          schaden, denn der Mensch hat Sprache, er
                                                                                                           mit Nutztieren gehen vor allem auf die Unwis-     kann sich beklagen, kann schreien und jam-
                                                                                                           senheit der Menschen zurück und erfordern         mern. Wenn ihm Unrecht geschieht, kann er
                                                                                                           Aufklärungsarbeit, wie sie auch PROVIEH           sich an die Obrigkeit wenden und sie wird
                                                                                                           leistet. „Der Mensch hat diese Wahrheit al-       ihn vor seinem Angreifer schützen. Aber das
                                                                                                           lerdings nicht begriffen. Er wähnt, dass sich     unglückliche Tier ist sprachlos. Es kann seinen
                                                                                                           körperliche Empfindungen auf menschliche          Schmerz weder ausdrücken noch seinen Fall
                                                                                                           Wesen beschränken. Deshalb ist er zu den          vor die Obrigkeit bringen. Wenn ein Mensch
                                                                                                           Tieren ungerecht und grausam.“                    einem Tier tausend Übel zufügt, kann es ihn
                                                                                                           Die Verantwortung für jegliches Tun und Las-      weder mit Worten abwehren noch vor Ge-
                                                                                                           sen liegt aus Sicht des Bahá’í-Glaubens allein    richt ziehen. Deshalb ist es besonders wichtig,
                                                                                                           beim Individuum. Jeder Mensch ist sich selbst     dass ihr den Tieren die größte Rücksicht er-
                                                                                                           und Gott gegenüber zu täglicher Rechenschaft      weist und zu ihnen eher noch gütiger seid als
                                                                                                           pflichtig. Auch wenn die Bahá’í-Religion au-      zu euren Mitmenschen.“
                                                                                                           ßer dem Verbot von Drogenkonsum keine                                                   Stefan Johnigk
                                                                                                           einschränkenden Ernährungsgebote kennt, so
                                                                                                           spricht sie sich doch eindeutig für einen maß-
                                                                                                           vollen Fleischkonsum aus und räumt einer ve-
                                                                                                           getarischen Lebensweise einen klaren Vorzug                Seit Mitte    des 19. Jahrhunderts
                                                                                                           ein. „Was den Verzehr von Tierfleisch und die              hat sich die Religion der Bahá’í
                                                                                                           Enthaltsamkeit davon angeht, … so ist er (der              (sprich: baha‘i ) von ihren Ursprün-
                                                                                                           Mensch) nicht darauf angewiesen noch ge-                   gen in Persien weltweit verbreitet.
                                                                                                           zwungen, Fleisch zu essen. Auch ohne Fleisch               Ihre rund 7,7 Millionen Anhänger
                                                                                                           zu essen, kann er im Besitz größter Kraft und              leben überwiegend in Indien, dem
                                                                                                           Energie sein… Wahrlich, Tiere zu töten und                 Iran, in Schwarzafrika, Südamerika
     „…ist es hungrig, lasst sie es füttern…“ – Tierliebe erwächst aus dem direkten Umgang                 ihr Fleisch zu essen, stehen im Widerspruch                und den USA. Die Bahá’í-Gemein-
                                                                                                           zu Mitleid und Mitgefühl. Wenn sich jemand                 de in Deutschland zählt zwischen
     Die Bahá’í-Gemeinschaft legt besonderen              Im Bahá’í-Glauben wird dem Tierschutz eine                                                                  5.000 und 10.000 Mitglieder. Die
                                                                                                           mit Körnern, Früchten, Öl und Nüssen wie
     Wert auf lebenslange Erziehung und Bildung.          wichtige Bedeutung beigemessen. Der Mensch                                                                  Bahá’í berufen sich auf die Lehren
                                                                                                           Pistazien, Mandeln und so weiter begnügen
     Gerade beim mitfühlenden Umgang mit Tie-             ist nicht nur aufgefordert, mit seinen Mitmen-                                                              ihres Religionsstifters Bahá’u’lláh, in

                                                                                                                                                            INFOBOX
                                                                                                           könnte, wäre dies zweifellos besser und an-
     ren kommt es auf die Erfahrungen der frühen          schen mitfühlend und gütig umzugehen. Viel-                                                                 deren Mittelpunkt die Einheit Gottes,
                                                                                                           genehmer.“
     Kindheit an. „Erzieht Eure Kinder von den frü-       mehr soll er „jedem Lebewesen höchste Güte                                                                  die Gleichwertigkeit aller Religionen
     hesten Tagen an, unendlich zart und liebevoll        bezeigen, hegen doch in allen körperlichen       Das Tier steht im Gegensatz zum Menschen                   und die Einheit der Menschheit als
     zu Tieren zu sein. Ist ein Tier krank, lasst die     Vorgängen, wo immer der Tiergeist betroffen      auch in der modernen Welt weitgehend recht-                unteilbarer Gemeinschaft stehen.
     Kinder es zu heilen versuchen; ist es hungrig,       ist, Mensch und Tier dieselben Gefühle. (…)      los da. Auch wenn sein Schutz gesetzlich
     lasst sie es füttern; ist es durstig, lasst sie es   Welcher Unterschied besteht denn wirklich,       verankert ist, können zu seinen Gunsten nur
     tränken; ist es schwach, lasst sie dafür sorgen,     wenn es um körperliche Empfindungen geht?        Einzelpersonen vor Gericht ziehen – zumin-       Zitate im Text: Abdu’l-Bahá (* 1844, † 1921), persi-
     dass es ausruht.“                                    Die Gefühle sind dieselben, ob man einem         dest bis endlich ein Verbandsklagerecht für      scher Schriftgelehrter und ältester Sohn Bahá’u’llahs.
Liebe und Respekt! - PROVIEH
16              Vorbildlich                                                                                                                                                                                           17

     Ein Lebenshof für Tiere
     Die Tierschutzstiftung Hof Butenland
     Gleich hinterm Deich auf der Halbinsel But-       siel genauer erkunden können. So ist „Urlaub
     jadingen haben sich zwei Menschen ihren           auf dem Bauernhof“ auch für die Kollegen von
     Traum vom friedlichen Zusammenleben von           Jan Gerdes kein Fremdwort mehr. Aber dass
     Mensch und Tier verwirklicht. Eine neue Zeit      ein kompletter landwirtschaftlicher Betrieb in
     in alten Gemäuern – wer Jan Gerdes’ und Ka-       einen Lebenshof für Nutztiere umgewandelt         Respektvolle Begegnung zwischen Tier und Mensch: Jan Gerdes mit Henne Elvira
     rin Mücks einzigartigen Lebenshof besucht,        wird, das ist schon etwas ganz Besonderes.
                                                                                                         ausgebildeten Landwirtschaftsmeister dazu,          Gemeinsam mit den Animal Angels, einer
     kommt aus dem Staunen gar nicht mehr her-         Die Ferienwohnungen der beiden waren je-
                                                                                                         Hof Butenland zu einem Ort der respektvol-          Tierschutzorganisation, die selbst zwölf Kühe
     aus. Jan Gerdes führte den bäuerlichen Fami-      denfalls von März bis September 2008 aus-
                                                                                                         len Begegnung zwischen Tier und Mensch              auf Hof Butenland untergebracht hat, planen
     lienbetrieb zunächst dreißig Jahre lang kon-      gebucht, und viele Urlauber wurden anschlie-
                                                                                                         umzugestalten. Hier ist niemand eingesperrt.        und bauen Jan Gerdes und Karin Mück ein
     ventionell, bevor er auf die Bewirtschaftung      ßend Tierpaten oder waren es schon.
                                                                                                         Gleich zu Beginn unseres Besuches kommen            Kuhaltersheim. Rinder, die ausschließlich mit
     nach Demeter-Richtlinien umstieg und schließ-
                                                       Die Tierschutzstiftung Hof Butenland kümmert      uns ungefähr hundert weiße und braune Hüh-          Blick auf ein einziges Leistungsmerkmal wie
     lich seinen Betrieb ganz den Tieren widme-
                                                       sich nicht nur um Haustiere im klassischen Sin-   ner entgegen, eskortiert von dem Göttinger          beispielsweise die Milchmenge gezüchtet
     te. Die Tierschutzstiftung Hof Butenland liegt
                                                       ne wie Hunde, Katzen und Pferde, sondern          Miniaturschwein Luigi. Er wurde aus schlech-        werden, sind dadurch häufig in ihrer Gesund-
     auf der Landspitze zwischen Jadebusen und
                                                       auch um misshandelte Rinder, Schweine,            ter und ganz gewiss nicht artgerechter Zirkus-      heit und Reproduktionskraft beeinträchtigt.
     Wesermündung, idyllisch eingebettet in Wie-
                                                       Gänse, Enten und Hühner. Lebewesen also,          haltung befreit. Das Schicksal, als tierisches      Nicht artgerechte Futter- und Lebensbedingun-
     sen zwischen Burhave und Fedderwardersiel.
                                                       die gemeinhin nur einem Zweck zu dienen           Lebewesen in Menschenhand niemals die art-          gen tun ein Übriges, um die Lebenserwartung
     Eine klassische Urlaubsregion, welche die Be-
                                                       haben, nämlich dem der menschlichen Er-           eignen Bedürfnisse ausleben zu können, teilen       auf ein Minimum sinken zu lassen. Auf soge-
     sucher im Museum und Nationalparkhaus in
                                                       nährung. Gerade dieser Umstand bewog den          fast alle Butenländer Tiere. Ob es die Legehy-      nannten Kuhdatenblättern werden neben dem
     der ehemaligen Zollstation in Fedderwarder-
                                                                                                         briden aus der Batteriehaltung sind, die Mast-      Geburtsdatum des jeweiligen Tiers sämtliche
                                                                                                         enten aus der Intensivhaltung oder die von          tierärztlichen Befunde und Eingriffe festgehal-
                                                                                                         den Animal Angels befreiten Kühe, sie alle er-      ten. Ziel des Kuhaltersheims ist es zum einen,
                                                                                                         fahren auf Hof Butenland liebevolle Fürsorge        den auf Hof Butenland lebenden Rindern ein
                                                                                                         durch Karin Mück und Jan Gerdes, tierärzt-          artgerechtes Leben zu ermöglichen; gleichzei-
                                                                                                         liche Betreuung durch den Veterinär Rolf Ur-        tig soll aber auch die Lebenserwartung von
                                                                                                         bich sowie seelische Unterstützung durch die        Tieren dokumentiert werden, die sich zum Teil
                                                                                                         Tierpsychologin Nadin Uhlig. Die Menschen           zuvor in konventioneller Haltung befunden
                                                                                                         in und um den Hof sind allesamt erfahrene           haben. Denn wie hat es der Vater von Jan
                                                                                                         Praktiker im Umgang mit notleidenden Groß-          Gerdes so punktgenau getroffen: „In der Tier-
                                                                                                         und Kleintieren. Zurzeit leben neben den hun-       haltung wird viel gesündigt“. Die Tierschutz-
                                                                                                         dertzwanzig Hühnern noch achtundzwanzig             stiftung Hof Butenland möchte dieser traurigen
                                                                                                         Rinder, vier Pferde sowie mehrere Schweine,         Realität ein positives Signal entgegensetzen –
                                                                                                         Hunde, Katzen, Enten und Gänse frei auf dem         ein Signal für das Leben.
                                                                                                         Hof und den angrenzenden Weideflächen.
                                                                                                         Diese werden von Betriebsleiter Jan Gerdes                                                    Janet Strahl
     „Was ist denn das?“ Ein ehemaliges Batteriehuhn erkundet die Freiheit – grüne Zweige waren ihm      professionell bewirtschaftet und stellen die Fut-   Mehr zur Stiftung Hof Butenland – Lebenshof für Tiere:
     bisher unbekannt.                                                                                   tergrundlage für die Rinder und Pferde dar.         www.stiftung-fuer-tierschutz.de
Liebe und Respekt! - PROVIEH
18                                                                                                                                                                                                                19

     Puttelchens erstes                                 ge Henne war einfach nur glücklich. Ab und                                                           Menschen uns so schlecht behandeln?“ Luigi
                                                        an hörte man ein sanftes „Groooh“ der Hüh-                                                           blickte sie aus seinen klugen Augen an und
     Weihnachten                                        ner, und einige sangen sich mit ihrem ganz                                                           sagte: „Darauf habe ich auch keine Antwort,
                                                        eigenen Lied in den Schlaf. Puttelchen schaute                                                       Puttelchen.“ Auf einmal wurde es still, und
     Es war eine sternenklare, kalte Nacht. Im Hüh-
                                                        aus dem Fenster in eine verzauberte Welt. Die                                                        im Stall herrschte eine bedrückte Stimmung.
     nerstall aber war es wohlig warm. Auf dem
                                                        Bäume sahen aus, als wären sie mit Millionen                                                        „Hört ihr das auch?“, fragte Johanna, das Al-
     Boden lag eine dicke Schicht duftenden Heus.
                                                        kleiner Diamanten überschüttet worden. Sie                                                           phahuhn. Alle lauschten angestrengt. Ja, jetzt
     Die Fressnäpfe waren mit goldgelbem Mais
                                                        funkelten und blitzten mit den Sternen um die                                                        hörten sie es auch. Aus der Ferne drang leises
     und prallen Weizenkörnern gefüllt. Auf den
                                                        Wette, die zu Tausenden am klaren Winter-                                                            Gackern und Singen zu ihnen. Der Gesang
     Sitzstangen hockten dicht aneinander geku-
                                                        himmel standen. „Das ist Raureif“ hatte das                                                          wurde lauter und lauter, und dann sahen sie
     schelt die Hühner. Puttelchen saß am Fenster
                                                        Alphahuhn Puttelchen erklärt. Das Allerschöns-                                                       es: Eine riesige Hühnerschar kam auf den Hof
     und schmiegte sich an seine Mama. Die jun-
                                                        te aber war eine riesige Tanne, die mitten auf                                                       zu. Jetzt konnte Puttelchen sie erkennen. Es
                                                                                                                                                             waren die armen zerrupften und apathischen
                                                                                                                                                             Hennen aus der Legebatterie. Wie viel Kraft
                                                                                                                                                             musste es sie gekostet haben, diesen weiten
                                                                                                          Aufgeregt drängten sich die Hühner ans Fenster…    Weg zum Hof zurückzulegen! Nun hatten alle
                                                                                                                                                             Hühner im Stall mitbekommen, was draußen
                                                                                                          dem Hof stand und mit Dutzenden bunter Lich-
                                                                                                                                                             vor sich ging, und sie drängten sich aufgeregt
                                                                                                          ter geschmückt war. Puttelchen konnte sich gar
                                                                                                                                                             gackernd an die Fenster. Sie sahen, wie die
                                                                                                          nicht sattsehen. Luigi, der kühne, stolze Hahn,
                                                                                                                                                             Menschen vom Hof nach draußen eilten und
                                                                                                          saß auf der obersten Sprosse der Hühnerlei-
                                                                                                                                                             die Scheunentore öffneten, so dass die vielen
                                                                                                          ter und überblickte seine Hühnerschar. „Wisst
                                                                                                                                                             Hühner hineinlaufen konnten. Hier seid ihr
                                                                                                          ihr, dass wir heute Nacht eine ganz besonde-
                                                                                                                                                             in Sicherheit, dachte Puttelchen, und drückte
                                                                                                          re Nacht haben?“, fragte er. „Heute Nacht
                                                                                                                                                             sich ganz fest an seine Mama.
                                                                                                          wurde Gottes Sohn geboren, und morgen
                                                                                                          ist Weihnachten, das höchste Fest der Men-                                               Janet Strahl
                                                                                                          schen. Der Gottessohn wurde in einem Stall
                                                                                                          geboren, und seine Eltern, Maria und Joseph,
                                                                                                          nannten ihn Jesus. Er verkündigte den christli-             GEWINNSPIEL
                                                                                                          chen Glauben, einen Glauben des Mitgefühls                  Mal uns ein Bild von
                                                                                                          und der Nächstenliebe.“ Bei diesen Worten                   Puttelchens Weihnachts-
                                                                                                          verdunkelten sich Puttelchens runde, goldene                fest!
                                                                                                          Augen. Da war er wieder, der schreckliche

                                                                                                                                                            INFOBOX
                                                                                                          Albtraum. Sie sah sie wieder vor sich, die un-              Der Gewinner bekommt von uns ein
                                                                                                          zähligen Hühner in der entsetzlichen Legebat-               PROVIEH-Überraschungspäckchen.
                                                                                                          terie, aus der sie geflüchtet war. „Luigi, ich              Viel Spaß wünschen Janet Strahl
                                                                                                          verstehe das nicht. Wie kann das ein Glaube                 und das PROMA-Team!
     Geborgenheit bei mitfühlenden Menschen finden – Puttelchens Weihnachtswunsch für alle Käfighennen.   der Liebe und des Mitgefühls sein, wenn die
20              Kampagne gegen Ferkelkastration                                                                                                                                                                   21

     Was in Holland möglich ist, soll in
     Deutschland unmöglich sein?
     Unser Nachbar im Westen geht bei der Ab-          Nach diesem schnellen Erfolg führen PRO-
     schaffung der grausamen und unnötigen Fer-        VIEH und Wakker Dier seit dem Sommer
     kelkastration mit Siebenmeilenstiefeln voran.     2008 in Deutschland eine Kampagne mit
     Warum sollen dann die armen Tiere bei uns         dem noch weitergehenden Ziel der gänzli-
     noch leiden, wenn die Niederländer schon          chen Abschaffung der Ferkelkastration durch.
     aufzeigen, wie es besser geht? Dort hat die       Dieses Ziel wird jetzt auch in den Niederlan-
     Kampagne unserer niederländischen Part-           den angestrebt; dafür setzt sich seit einigen     Bereits jetzt laufen in einzelnen Betrieben Pilotversuche zur Mast unkastrierter Ferkel.
     nerorganisation Wakker Dier die Akteure im        Monaten der holländische Verein „Schweine
     niederländischen Schweinesektor zunächst          in Not“ ein (www.varkensinnood.nl). Er droht     verband Bioland auf einer Veranstaltung in              Sollten den schönen Worten nicht bald Taten
     binnen kurzer Zeit dazu bewogen, ein Ab-          den Einzelhandelsketten: Sollten sie Fleisch     Fulda bekannt, schnellstmöglich auf Ebermast            folgen, wird die Kampagne von PROVIEH
     kommen zur Abschaffung der betäubungslo-          von Kastraten nicht auslisten, werde gegen       umsteigen zu wollen – ganz wie auch von                 und Wakker Dier ab Ende 2008 in die heiße
     sen Ferkelkastration zu treffen. Seit September   sie vor Gericht Klage wegen Verstoßes gegen      PROVIEH auf dieser Veranstaltung mit Nach-              Phase gehen: Mit Radiospots nach holländi-
     dieses Jahres werden dort Kastrationen also       das Tierschutzgesetz, das das „Zufügen von       druck vorgeschlagen.                                    schem Vorbild und mit Aktionen vor den Fili-
     nur noch unter CO2-Narkose mit anschlie-          unnötigen Schmerzen“ verbietet, eingereicht.                                                             alen der großen „Kastrationssünder“ werden
                                                                                                         Für eine vollumfängliche Umstellung der deut-
     ßender Schmerzbehandlung vorgenommen,             Diese Androhung wirkte unverzüglich. Wie                                                                 dann Verbraucherinnen und Verbraucher im
                                                                                                         schen Schweineerzeugung auf Ebermast fehlt
     so dass ab März 2009 in den Niederlanden          der niederländischen Fachpresse ab Mitte Ok-                                                             ganzen Land über die noch immer übliche
                                                                                                         noch die sogenannte „elektronischen Nase“,
     kein Fleisch von betäubungslos kastrierten        tober zu entnehmen war, haben Aldi und Lidl                                                              Ferkelkastration, über bestehende Alternati-
                                                                                                         die Tiere mit Ebergeruch automatisch aufspürt
     Schweinen mehr verkauft wird.                     beschlossen, in den Niederlanden ab 2009                                                                 ven hierzu und über die laxe Haltung der ver-
                                                                                                         und aussortiert. Ein solches Gerät wird von In-
                                                       kein Fleisch von kastrierten Schweinen mehr                                                              antwortlichen Akteure aufgeklärt. Wie in den
                                                                                                         stituten der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft
                                                       zu verkaufen.                                                                                            Niederlanden ist es nämlich durchaus möglich
                                                                                                         bereits entwickelt. Die Hauptakteure (Schwei-
                                                                                                                                                                und erforderlich, alle Kräfte im Sektor zu bün-
                                                       Beide Discounter wurden von uns aufgefor-         neerzeuger und -mäster, Schlacht- und Verar-
                                                                                                                                                                deln, so dass die Verantwortlichen bald einen
                                                       dert, ihrem eigenen guten Beispiel auch in        beitungsbetriebe, Interessensverbände und
                                                                                                                                                                vernünftigen Zeitplan für den Ausstieg aus der
                                                       Deutschland zu folgen. Sie lehnten dies bisher    Handel) sind nun eingeladen und gefordert,
                                                                                                                                                                Ferkelkastration in Deutschland verbindlich
                                                       ab, obwohl es mittlerweile Anbieter gibt, die     dieser wichtigen technischen Neuerung durch
                                                                                                                                                                festlegen können. Dann kann mit Elan an der
                                                       willens und in der Lage wären, ihnen die ent-     Bereitstellung entsprechender Mittel in einem
                                                                                                                                                                Weiterentwicklung der „elektronischen Nase“
                                                       sprechende Ware zu liefern.                       Entwicklungsfonds zum Durchbruch zu verhel-
                                                                                                                                                                sowie an der Optimierung der Fütterung und
                                                                                                         fen. So könnten die Akteure beweisen, dass
                                                       In kleinen und mittleren Schlachthöfen kön-                                                              des Schlachtalters zur Minimierung der Zahl
                                                                                                         es ihnen mit der „Düsseldorfer Erklärung“ vom
                                                       nen die wenigen Tiere, deren Fleisch beim                                                                der Tiere mit Ebergeruch gearbeitet werden.
                                                                                                         29.09.2008 ernst ist: In ihr haben der Deut-
                                                       Erhitzen den unangenehmem Ebergeruch              sche Bauernverband (DBV), der Verband der              Interessierte aktive Mitglieder, die gerne an
                                                       entwickelt, schon jetzt durch Kochproben          Fleischwirtschaft (VDF) und der Hauptverband           solchen Aufklärungsaktionen mitwirken möch-
                                                       aussortiert werden, wie die Praxis in ande-       des Deutschen Einzelhandels (HDE) in Düssel-           ten, können sich unter info@provieh.de infor-
                                                       ren europäischen Ländern beweist. Während         dorf gemeinsam erklärt, die Ferkelkastration           mieren und in die Liste eintragen.
                                                       NEULAND, dessen Mitglieder seit Mai 2008          baldmöglichst ganz abschaffen zu wollen.
                                                       nur noch unter Isofluran-Betäubung kastrieren,   „An Ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ heißt es
     Eine schmerzhafte Verstümmelung weniger:          sich eher zurückhaltend zur Ebermast äußert,      schon in der Bibel…                                                           Sabine Ohm, Büro Brüssel
     Unkastriertes männliches Ferkel
                                                       gab am 30. Oktober 2008 der Ökoanbau-
22              Politik und Recht                                                                                                                                                                          23

     Fleisch von geklonten Tieren –                                                                     schon bald auf unserem Teller?
     Durch Klonen werden von einem Organismus         tisch mit dem Erbgut der Körperzellen, die sich   bensmittelsicherheit (EFSA) zu diesem Thema      schluss vom 3. September 2008 die Europäi-
     erbgleiche weitere Organismen erzeugt. Klo-      in der Teilungsfolge aus ihr entwickelt haben.    in Auftrag gegeben, und im Sommer 2008           sche Kommission auf, eine Gesetzesinitiative
     nen kommt in der Natur häufig vor bei vie-       Dennoch wird auf internationaler politischer      wurde eine Eurobarometerumfrage zu diesem        in Gang zu bringen, die das Klonen von Tie-
     len Pflanzen und vielen wirbellosen Tiere. So    Ebene für möglich gehalten, dass das Klonen       Thema durchgeführt, bei der über 25.000          ren zur Nahrungsmittelproduktion verbietet,
     entstehen alle Quallen im Meer durch Klonen      von Nutztieren zur Lebensmittelherstellung        europäische Bürgerinnen und Bürger befragt       um insbesondere der Wahrung des Tierschut-
     aus Polypen, und Gärtner vermehren viele         schon bald Wirklichkeit werden könnte.            wurden.                                          zes und dem Wohlergehen der Tiere „in vol-
     Pflanzen durch Klonen. Bei Wirbeltieren fehlt                                                                                                       lem Umfang Rechnung zu tragen“. Einzelne
     die Fähigkeit zum natürlichen Klonen völlig.     Bis heute sind Dänemark und Norwegen die          Die Ergebnisse der EFSA und der Eurobaro-        Abgeordnete, unter ihnen Elisabeth Jeggle,
     Daraus entwickelten die Agrokonzerne eine        einzigen europäischen Länder, die ausdrück-       meterumfrage liegen weit auseinander. Wäh-       Mitglied des Europäischen Parlaments und Vi-
     neue Geschäftsidee: Was auf natürliche Wei-      lich alle Arten des Klonens von Tieren durch      rend die EFSA es für sehr unwahrscheinlich       zepräsidentin der Intergroup „Animal Welfa-
     se nicht möglich ist, könnte auf künstliche      Gesetze regulieren. Für die Europäische Uni-      hält, dass Lebensmitteln von geklonten und       re“ (Tierschutz) forderten: Erst müssen offene
     Weise erreicht werden. Gäbe es die Idealkuh      on (EU) wurde lediglich ein Regelwerk entwi-      konventionell gezüchteten Tieren verschieden     Fragen beantwortet werden, bevor man über
     oder das Idealschwein und gelänge es, von        ckelt in Form von Vorschriften und Richtlinien,   sein könnten, gaben etwa zwei Drittel der Be-    das Klonen von Nutztieren diskutieren könne.
     ihnen erbgleiche Kopien herzustellen, die sich   die Fragen der Lebensmittelsicherheit und Tier-   fragten an, dass sie das Klonen für moralisch    Dass Klonen von Nutztieren für die Nahrungs-
     reißend verkaufen ließen, das wäre doch ein      gesundheit und des Tierschutzes regeln und        verwerflich halten. Acht von zehn Befragten      versorgung des Menschen notwendig sei, sei
     Geschäft! Man könnte das „Produkt“ paten-        Kontrollen ermöglichen. Zuständiges europäi-      merkten an, dass die langfristigen Auswir-       schon jetzt mit einem deutlichen „Nein“ zu
     tieren lassen und würde selbstverständlich die   sches Organ ist die Generaldirektion Gesund-      kungen des Klonens noch nicht hinreichend        beantworten.
     Gewinnabsicht wieder hinter dem Vorwand          heit und Verbraucher (DG SANCO) der Eu-           erforscht seien. Deshalb forderten sie weitere
     verbergen, durch Klonen könnte der Hunger        ropäischen Kommission. Da die Kommission          Studien zur Abschätzung der Risiken des Klo-     Wie sich die Kommission entscheiden wird,
     auf dieser Welt besiegt werden.                  das Ausmaß des Klonens „kurz vor einer weit-      nens für den tierischen und menschlichen Or-     ist noch offen. Zwar betont sie, dass alle kon-
                                                      verbreiteten wirtschaftlichen Nutzung“ sieht,     ganismus. Außerdem forderten sie eine Kenn-      troversen Stellungsnahmen berücksichtigt wer-
     Doch dieser Geschäftstraum ist unrealistisch,    erwartet sie, dass Fleisch von geklonten Tieren   zeichnungspflicht für solche Produkte.           den, doch es wird befürchtet, dass sich Euro-
     denn noch immer sind unsere Vorstellungen        noch vor 2010 in die globale Nahrungskette                                                         pa auch in diesem Fall nach dem Wind der
     von der Beschaffenheit und den Funktionen        gelangt. Um die längst überfällige Regelung       Befürchtungen bestehen, dass sich die Kom-       internationalen Märkte richten wird, vor allem
     des Erbguts geradezu kindlich naiv. Zur Na-      des Klonens von Nutztieren zu beheben, hat        mission der eher befürwortenden Haltung          nach dem aus den Vereinigten Staaten. Aus
     ivität gehört die Auffassung, bei Wirbeltieren   die Kommission Anfang dieses Jahres eine          der EFSA anschließen könnte. Daher forderte      den USA, Australien, Neuseeland und ver-
     sei das Erbgut der befruchteten Eizelle iden-    Studie an die Europäische Behörde für Le-         das Europäische Parlament (EP) in einem Be-      schiedenen asiatischen Ländern, einschließlich
24                  Politik und Recht / Aktuelles aus Brüssel                                                                                                                                                          25

                                                                                                             Geheime Pläne zur Verbreitung von gen-
                                                                                                             technisch veränderten Organismen (GVO)
                                                                                                             in der europäischen Landwirtschaft
                                                                                                             Große Agrarkonzerne wie Monsanto versu-
                                                                                                             chen immer aggressiver, gentechnisch verän-
                                                                                                             derte Futtermittel wie Genmais oder Gensoja
                                                                                                             in die europäischen Massentierhaltungen zu
                                                                                                             verkaufen, um die wachsenden Tierbestände
                                                                                                             zu füttern. Die Genlobby erfreut sich nach
                                                          Japan, Südkorea und China wird berichtet,
                                                                                                             eigenem Bekunden „bester Beziehungen“
               Klonen bedeutet identisch                  dass das Klonen von Nutztierarten Fortschrit-
                                                                                                             zur Kommission – was sich seit Aufhebung
               vervielfältigen – somit die exakte         te macht. Diese Länder haben jedoch keine
                                                                                                             des Moratoriums (2004, auf Druck der USA)
               genetische Kopie eines Lebewesens          besondere, auf die Kontrolle des Klonens von
                                                                                                             in immer neuen Zulassungen von transge-
               herstellen. Obwohl die Struktur der        Tieren ausgerichtete Gesetzgebung. Doch die
                                                                                                             nen Sorten niedergeschlagen hat. PROVIEH
               Erbsubstanz innerhalb des Zellkerns        US-Zulassungsbehörde für Lebensmittel und
                                                                                                             kämpfte in den vergangenen Monaten gegen
               nicht willentlich verändert wird, be-      Medikamente (FDA) hat schon zu Anfang die-
                                                                                                             diese Entwicklung an, z. B. mit Schreiben an
               einflusst der Klonvorgang häufig un-       sen Jahres erklärt, Fleisch- und Milchprodukte
                                                                                                             die zuständigen Umwelt- und Landwirtschafts-
               gewollt die Regulation des Erbguts.        von geklonten Rindern, Schweinen und Ziegen
                                                                                                             minister der 27 Mitgliedsstaaten sowie mit
               Über die resultierenden Langzeitfol-       seien sicher für den Verzehr. Deshalb scheint
                                                                                                             einer Briefaktion an die 27 Kommissionsmit-
               gen können bisher keine sicheren           es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis
                                                                                                             glieder, die bisher – wegen Uneinigkeit im
               Aussagen gemacht werden. Erschre-          die US-Regierung grünes Licht für das Klonen
                                                                                                             Ministerrat – noch jedes Mal das letzte Wort
               ckend ist zudem die „Erfolgsquote“         von Nutztieren gibt.
                                                                                                             bei der Zulassung neuer GVOs hatten. Aber
               der Klonprozesse: Nur in Ausnahme-                                                            die Gentechnik in Futtermitteln ist in Wahrheit
                                                          Unter diesen Gesichtspunkten ist es umso
               fällen (0,5 – 5,0 Prozent) entstehen                                                          nur die Spitze des Eisbergs der schleichenden
                                                          dringlicher, dass eine Regelung auf gesamt-
               beim Klonen Tiere, die augenschein-                                                           Einführung von Gentechnik in unsere Nah-
                                                          europäischer Ebene gefunden wird, die klare
               lich gesund sind. Das bedeutet, dass                                                          rungskette.
                                                          Vorschriften und Grenzen für das Klonen von
               95 bis 99,5 Prozent der geklon-
     INFOBOX

                                                          Nutztieren und einen größtmöglichen Schutz
               ten Embryonen entweder noch im                                                                Wie am 26. Oktober durch die britische
                                                          der Tiere zum Ziel aufweisen.
               Mutterleib sterben oder so schwe-                                                             Zeitung „The Independent“ bekannt wurde1,
               re Missbildungen erleiden, dass            PROVIEH wird sich weiterhin mit aller Kraft für    plant der gentechnikfreundliche Kommissi-
               sie kurz nach der Geburt sterben.          ein umfassendes Verbot von geklontem Fleisch       onspräsident Barroso heimlich und hinter ver-
                                                          für die Nahrungsmittelproduktion einsetzen.        schlossenen Türen gemeinsam mit „Sonderge-
                                                                                                             sandten“ der 27 Staats- und Regierungschefs
                                                                                            Melanie Peters   (unter Umgehung der Umwelt- und Landwirt-
                                                                                                             schaftsminister!) eine Charme-Offensive, um
     Zu möglichen Risiken des Klonens siehe auch www.fda.gov/cvm/CloneRiskAssessment.htm
                                                                                                             die „Widerspenstigen“ in Europa zu zähmen
     Die Haltung europäischer Verbraucherinnen und Verbraucher siehe unter http://ec.europa.eu/food/food/    1
                                                                                                              www.independent.co.uk/environment/green-living/euro-
     resources/docs/eurobarometer_cloning_en.pdf                                                             pes-secret-plan-to-boost-gm-crop-production-973834.html
                                                                                                                                                                       Vom Feld unbemerkt auf unsere Teller: Genmais
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