MISSION - LIEBENZELLER ...
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aUsGaBe 1/2 – JanUar / FeBrUar 2020 MiSSiOn Mit - Sonder on v beitrag nter ü ernst G ler Wenz Frankreich: Bei ebbe sieht man mehr Zentralasien: Wer hält wen? Sambia: Wenn es zum Davonlaufen ist aushalten, durchhalten, dranbleiben www.liebenzell.org
2 das erwartet mich 4 8 12 darum geht’s sonderbeitrag zum thema ita/ihl KonKret 4 Zentralasien: wer hält wen? 18 Wie kann man aushalten, 23 neue Studenten an der itA Johannes durchhalten, dranbleiben? 24 neue Studenten an der iHL Ernst Günter Wenzler 6 Sambia: wenn es zum das empFehlen wir davonlaufen ist editorial 26 buchtipps zum thema Hans-Peter Hertler 3 den Bettel hinschmeißen? und neuerscheinungen Johannes Luithle 8 Papua-neuguinea: wer trägt 27 medien, predigten und vorträge, die verantwortung? Fernsehsendungen zum thema Johannes Wälde liebenzeller mission aKtuell 28 tipps und termine 17 Liebenzeller Mission feierte 31 tv-programm 10 Burundi: dranbleiben 120. Geburtstag trotz hindernissen 17 121 zum thema dieser Ina Schütte „mission weltweit“ ratlos 11 Frankreich: bei ebbe sieht 32 Friedemann und elfriede man mehr! 20 ratlos vor dem Verlust Urschitz Peter Rapp der Mitte Prof. Dr. Roland Deines 31 impressum 12 Bangladesch: dranbleiben, weil er gute wege führt weltmission aKtuell Michael und Regine Kestner 22 »Mission zerstört keine 14 Malawi: durchhalten in kulturen« interview mit schwerpunkte stürmischen zeiten prof. dr. lothar Käser das tun unsere Missionare weltweit: Tobias Müller persönliches 16 deutschland: mit geduld GEMEINDEN GRÜNDEN und gottvertrauen 21 missionare unterwegs Christoph Scharf 21 Familiennachrichten MENSCHEN DIENEN PARTNERSCHAFT LEBEN MISSION FÖRDERN Titelbild: Junge Mutter in Burundi Foto: Ina Schütte
3 editorial den bettel hinschmeißen? „am liebsten würde ich den ganzen bettel hinschmeißen!“ wenn ihnen dieser satz unbekannt ist, dann leben sie entweder auf dem mond, wo die schwerkraft sechsmal 22 geringer ist als auf der erde, oder sie vegetieren im glashaus, wo es weder heiße sommer noch kalte winter gibt. Zugegeben: Unsere Ausschreibungstexte für freie Missionarsstellen klingen ein wenig nach Glashausidylle. Wir werben mit Schlagzeilen wie: Wir bieten quali- fizierte Vorbereitung vor Ort im Team. Sie arbeiten in einer erfahrenen Missions- gesellschaft mit. Wir geben Ihnen Möglichkeiten zur Weiterbildung. Und das alles stimmt ja auch. Als Liebenzeller Mission wollen wir gut aufge- aKtuelle inFos stellt sein. Unsere Mitarbeiter sollen einen zukunftsorientierten Arbeitsplatz O im internet unter: haben. Aber wir bieten noch mehr: Bei uns erleben sie Anfeindungen. Misser- www.liebenzell.org folge. Schwierigkeiten mit Missionarskollegen und einheimischen Mitarbeitern. O in der wöchentlichen Nachteile im Alltag. Finanzielle Einschränkungen. Die Liste ließe sich erweitern. Gebetsmail (bitte anfordern): In dieser Ausgabe kommen Missionare zu Wort, die eben auch das erleben, was www.liebenzell.org/ zwischen den Zeilen zu lesen ist und nicht im Ausschreibungstext steht. Men- gebetsanliegen schen, die am Ende ihrer eigenen Kräfte waren, berichten, wie sie am liebsten O in der LM-App „meine mission“ den Bettel hingeworfen hätten. unter www.liebenzell.org/app Damit stehen sie nicht alleine da. Wer in dieser Welt als Nachfolger von Jesus lebt, befindet sich oftmals mehr am Boden als in der Luft. Die Schwerkraft dieser Erde verhindert geistliches Abheben und erdet ihn. spenden Für Bartimäus war der Staubboden das gewohnte Lebensumfeld. Als Blinder liebenzeller mission konnte er nur betteln, um zu überleben. Als er hört, dass Jesus von Nazareth sparkasse pforzheim calw kommt, fängt er an zu schreien: „Jesus, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir“ iban: de27 6665 0085 0003 3002 34 (Lukas 18,38). Sogleich bleibt Jesus stehen, lässt ihn zu sich führen und fragt: bic: pzhsde 66 „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Daraufhin der Bettler: „Herr, dass ich die liebenzeller mission ist als sehen kann.“ Jesus reagiert und heilt Bartimäus. Er führt ihn aus der Dunkelheit gemeinnützig anerkannt. spenden, ins Licht. schenkungen und vermächtnisse In dieser „Mission weltweit“ lesen Sie, wie Jesus Christus seine Leute wieder müssen nicht versteuert werden. auf die Füße stellt und ihnen die Augen öffnet. Sie sehen seine Güte und Treue. Sie nehmen wahr, dass nicht wir Gott halten, sondern Gott uns hält. Mit unse- rem ganzen Bettel. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes neues Jahr. Und wo immer der Bettel schwer wird, fangen Sie an, zu Jesus zu schreien. Er hält es aus. Und er gibt Kraft zum Durchhalten. Bleiben Sie dran! Herzliche Grüße vom Missionsberg aus Bad Liebenzell Ihr Pfarrer Johannes Luithle mission weltweit 1–2/2020
4 darum geht’s zentralasien Rückblick: Die ersten vier Jahre lebten wir in der Hauptstadt, lernten die Sprache und Kultur, fanden unseren Platz. Dann der erste Heimatauf- enthalt. Wir gingen mit der Frage, wie und wo Wer hält wen? es für uns danach weitergeht. Gott hatte schon früher in uns den Wunsch gelegt, in eine nahe gelegene Kleinstadt zu ziehen. Dort wollten wir gerne eine kleine Gemeinde unterstützen. Mit der Zeit wurde aus dem Wunsch eine konkrete Vision. Wir träumten davon, für die Jugendli- es war im Dezember. Im advent. Karoline chen zum Anlaufpunkt zu werden und sie an hatte es endlich geschafft, die Weihnachts- unserem Leben teilhaben zu lassen. deko aufzuhängen. Die Kinder schliefen Im April waren wir wieder zurück in Zentralasi- schon. Ich hatte gerade den Hörer aufge- en. Die Sache gestaltete sich schwieriger als gedacht: Wir konnten in der Gegend kein Haus legt. In den vergangenen Tagen hatten wir zur Miete finden. In uns wuchs die Liebe zu der es schon gespürt. aber jetzt war es aus- Gemeinde. Wir pendelten von der Hauptstadt gesprochen: Wir müssen raus. Wir können aus und suchten weiter eine Möglichkeit, in die nicht bleiben. Das war der Moment, in dem kleine Stadt zu ziehen. Nachdem wir innerhalb weniger Monate schon dreimal mit Sack und etwas in uns zerbrach. Pack umgezogen waren, war es im November endlich soweit. Nach langem Hin und Her konn- te ein Haus gekauft werden. Es war so, wie wir es uns immer erträumt hatten: viel Platz, ein großer Garten, sogar einen Hühnerstall gab es und eine Garage, die als Werkstatt für alle mög- lichen Projekte dienen konnte. die ersten Wochen waren schwer Es wurde kalt. Der Strom fiel ständig aus. Wir mussten erst lernen, wie der Kohleofen zu bedie- nen ist. Trotz allem waren wir glücklich und dankbar. Endlich waren wir nah dran an den Menschen, die Gott uns aufs Herz gelegt hat. Und dann kam eben dieser Tag im Dezember. Vor sechs Wochen waren wir hierher gezogen. Jetzt sollten wir wieder packen und weiterzie- hen! Woher sollen wir die Kraft nehmen? Wohin überhaupt? Und was ist mit unserer Vision? Gott, was soll das?! Warum zerbricht jetzt alles, was du vorher bestätigt hast? Bei den Arbeiten auf dem Dachboden hatte Johannes schon vor einer Weile dieses grau- weißliche, lockere, flockige Zeug entdeckt. Es dauerte, bis wir realisiert hatten, was es Dankbarkeit öffnet eine war: ungebundenes Asbest! Sondermüll tür zur Freude. Diese als Isolierung auf unserem Dach! Die ört- liche Zementfabrik stellt bis heute Eter- herzenshaltung können nitplatten und Rohre her. Das Rohmate- wir nicht kaufen oder rial eignet sich als Isolierung. Wie wir besitzen. auch nicht kon- heute wissen, wurden viele Häuser mit servieren für die dürren diesem Gift gedämmt. Bei jenem Telefon- Zeiten. sie will geübt und gespräch hatte mein fachkundiger Onkel ausgesprochen, was wir eigentlich schon gelebt sein. Jeden tag. wussten: „Johannes! Wenn das Asbest ist, dann könnt ihr da nicht bleiben!“ Ans Limit kommen … Man muss nicht in einem fernen Land leben, um Grenzerfahrungen zu machen. Vielleicht blicken
zentralasien darum geht’s 5 Sie selbst auf haarsträubend schwierige Zeiten dass es okay ist, wenn wir jetzt nicht so engen zurück. Vielleicht stecken Sie mitten drin in Kontakt haben können, wie wir uns das wün- einer bedrückend ausweglosen Situation. Viel- schen würden. leicht verstehen Sie Gott nicht und es fällt Ihnen Wir wollen dankbar sein. Jeden Tag! Wir sehen schwer, ihm weiter zu vertrauen. viel Not um uns herum. Armut. Ungerechtigkeit. So ging es zumindest uns. Mittlerweile sind zwei Unsere Freunde leben in einem winzigen Haus. Jahre vergangen. Ab und zu tut sie noch weh, Er arbeitet 60 Stunden pro Woche als Schreiner, die Narbe in unseren Herzen. Der Schmerz über um über die Runden zu kommen. Wir können den Verlust einer Vision, die Gott uns gegeben uns nicht vorstellen, wie sie in dieser Situation hatte. Das Nicht-Verstehen von seiner Führung durchhalten. Es bewegt uns tief, wie geduldig in dieser Zeit. Die Zweifel, ob wir Gott vertrau- und fröhlich sie sich mit der ganzen Familie am en können, wenn er uns so weit gehen lässt und einzigen freien Tag der Woche in der Gemeinde dann nicht verhindert, dass alles innerhalb von einbringen. ein paar Tagen zerbricht. … und ein Wunder erleben Heute sehen wir, dass in dieser ganzen Katastro- phe auch ein Wunder geschehen ist: Gott hat unsere Herzen bewahrt. Nicht wir haben uns an Gott festgehalten. Er hat uns gehalten. Wir haben seinen Frieden gespürt, der alle Vernunft übersteigt. Die Vernunft schrie: „Wirf hin!“ oder „Wie kann das sein – wir haben so viel aufgege- ben und jetzt lässt Gott uns hängen!“ oder „Wa- rum gönnt Gott uns nicht einen Platz, an dem wir Wurzeln schlagen und nach den Heimatauf- enthalten einfach weitermachen können?“ Aber da war Gottes Friede in uns. Der Vernunft- übertreffer schenkte Geborgenheit im tobenden Sturm. Wir konnten die Spannung der vielen Fragen ertragen, ohne Gottes Handeln erklären zu müssen. Oft suchen wir schnell nach Erklä- rungen, weil ja „alles zum Besten dienen muss“. Doch manchmal ist es einfach dran, Gott Gott sein zu lassen und sein Handeln oder Zulassen auszuhalten. Es war sein Wunder an uns in dieser Situation, dass er uns vor Bitterkeit bewahrte. Eine wichtige Rolle hat unser Team gespielt. Es war für uns da. Hat mitgeweint. War mit uns erschrocken über Gottes Weg. Es hat mit uns in dieser Spannung ausgehalten. Es hat unsere Zweifel und die Enttäuschung angehört und nicht versucht, sie uns auszureden. Es hat uns erlaubt, zu straucheln, und für uns mitgeglaubt. Wie wir weitermachen Heute erleben wir, wie Gott uns versorgt. Wir haben uns entschieden, aufzuhören zu überle- Oben: Winter im Dorf. gen, was jetzt wäre, wenn wir hätten bleiben So gehen wir weiter. Wir akzeptieren Zweifel Die Temperaturen fallen können. Es gibt noch viele Fragen, auf die wir und verdammen uns nicht dafür. Wir üben uns bis auf –40 °C. keine Antwort wissen. Aber wir sehen, dass Gott darin, uns mit den Zweifeln Gott zuzuwenden. Unten: Pferderennen heute gut ist und erleben, wie er uns gibt, was Wir üben, dankbar zu sein. Dankbarkeit öffnet sich unser Herz wünscht. Das Haus konnte wie- eine Tür zur Freude. Diese Herzenshaltung kön- der verkauft werden. Wir haben ein schönes nen wir nicht kaufen oder besitzen. Auch nicht Haus zur Miete in der Hauptstadt gefunden, und konservieren für die dürren Zeiten. Sie will unsere Tochter kann hier in eine internationale geübt und gelebt sein. Jeden Tag. Das ist sehr Fotos: Johannes Schule gehen. Wir machen es zu Gottes Sache, herausfordernd. Es ist unser Weg in der Nachfol- dass wir wieder so weit weg von unserer Gemein- ge. Und das ist das Wunder, das geschieht: Gott de und den jungen Leuten wohnen. Wir erleben, selbst bewahrt unsere Herzen. Nicht wir halten dass ER uns trotzdem gebraucht, und vertrauen, Gott – ER hält uns! Johannes l mission weltweit 1–2/2020
6 darum geht’s sambia wenn es zum davonlaufen ist Wir kommen als neue Missionare nach Sambia. Nachmittag bezahle ich. Er freut sich und sagt Danke. Am Abend nach diesem langen Tag kommen wir in Ndola an, und er fragt Ein Ehepaar, das schon länger im Land ist, soll nach Benzingeld, damit er vollends nach Hause fahren kann. In uns unterstützen – aber es „hakt“ immer wieder. meinem Kopf hatte sich den ganzen Tag über Unmut über die ein- Missverständnisse, unterschiedliche Erwartungen, seitige Partnerschaft breitgemacht. Ich gebe ihm ein wenig Geld grundsätzlich verschiedene Lebenssituationen, und sage zum Abschied, dass wir uns über diese Art der Partner- schaft noch einmal unterhalten müssten und dass es so nicht einseitige Abhängigkeiten – manchmal ist es für weitergehen könne. beide Seiten zum Weglaufen. Ich bin stinksauer, weiß aber zugleich, dass ich mich danebenbenommen habe.ha Aber war ich Wir leben mittlerweile schon einige Jahre im nicht im Recht?! So kann es doch wirk- Land, haben Erfahrungen gemacht, in vielen lich nicht immer sein ... Wie sagte ein Gesprächen so manches gelernt und stel- ehemaliger holländischer Kollege: len heute andere Fragen als am Anfang. „Ich könnte ein super Missionar Aber wir haben auch viel Scheitern sein, wenn es die anderen erlebt. Trotz guter Absicht, durch- Menschen nicht gäbe!“ dachter Programme und viel In- vestition bleibt Erfolg (was im- ich brauche Geduld, aber sofort! mer das heißt) aus. Im Gegenteil: „Darum werft euer Vertrauen nicht weg, wel- Manchmal hat man den Eindruck, ches eine große Belohnung hat. Geduld aber das Land sei in einer Abwärtsspirale habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut gefangen. Der Kampf gegen Korruption scheint und das Verheißene empfangt.“ Britta und aussichtslos. Dringende Maßnahmen in den ich haben uns nach unserer Hochzeit des Öfte- Bereichen Bildung, Gesundheitswesen und ren gefragt, was uns dabei geritten hat, diese Verse Infrastruktur werden anscheinend Prestigepro- (Hebräer 10,35f) für den gemeinsamen Weg auszusuchen. jekten geopfert. Heute flatterte die Nachricht Aber ein Teilvers kommt in letzter Zeit immer häufiger in herein, dass ein wunderschöner Nationalpark in unseren Gesprächen vor: „Geduld aber habt ihr nötig.“ Sambia in eine offene Kupfermine umgewandelt Bei diesem Thema pralle ich oft mit Gott zusammen: „Das werden soll. Es ist zum Davonlaufen. könnte doch schneller gehen!“ – „Warum verändert sich hier nichts?“ – „Meine Güte, mein Gegenüber kapiert es ich könnte ein super Missionar sein, wenn … aber auch gar nicht!“ Was mir geholfen hat, eine andere Wir sind gemeinsam unterwegs, ein sambischer Kir- Perspektive zu gewinnen? Mich von Gott herausfordern chenleiter und ich. Das Auto stelle ich; den Sprit lassen. Meine ichzentrierte Denkweise an ihn abgeben. bezahle ich; das Essen bezahle ich; den Snack am Mich auf seinen Plan einlassen. Lebensmittelhilfe in Lusitu: Eine Frau hat 50 Kilogramm Mais bekommen – nun trägt sie die schwere Last dankbar nach Hause.
sambia darum geht’s 7 Britta, Emma und Lea (von hinten) bei einer kleinen Wanderung. Durchhalten ist gefragt, um ans Ziel zu kommen. Ganz links: Die Flammen- bäume haben sechs Monate Trockenzeit ausgehalten. Genau vor Beginn der Regen- zeit beginnen sie zu blühen. treue oder erfolg? Wir berichten in Rundbriefen und im Reise- dienst, was wir gearbeitet haben. Natürlich wol- len Missionsfreunde auch hören, dass sich etwas bewegt. Erfolge sollen präsentiert werden, denn es soll sich „lohnen“, weiter in uns zu „investie- ren“. Aber das ist nur die eine Seite. Viel wich- tiger ist, dass Gott einen viel größeren Horizont hat und meine Existenz niemals das Zentrum seiner Arbeit ist. Im Plan Gottes gibt es viele „kleine Rädchen“ – die ihm nicht weniger wich- tig sind als die zentralen Schaltstellen. Gott hat in Europa Jahrhunderte dunkles Mittel- alter ausgehalten. Es hat lange Zeit gedauert, bis ein Martin Luther seine Thesen an die Kirchen- tür gehämmert hat, um eine Diskussion anzufa- chen. Er hatte keine Ahnung, was er damit aus- Wir sind dankbar, dass wir das nicht konnten, Hans-Peter und Britta lösen würde. sondern nun besondere und wertvolle Freunde Hertler sind im Januar 2019 In Sambia haben wir noch keine 200 Jahre Mis- wurden. mit ihren drei Kindern zum sionsarbeit. Unsere Partnerkirche begann ihre Wenn man sich die vielen Herausforderungen dritten einsatz nach sambia Geschichtsschreibung im 20. Jahrhundert. Wir und Möglichkeiten in einem Land vor Augen ausgereist. nach zehn Jahren stecken also weltgeschichtlich gesehen noch in hält, weiß man nicht, wo man dranbleiben soll. in der schulung von ehren- den Kinderschuhen. Doch die Entwicklung ist Aber wir haben uns zum Ziel gesetzt, im Kleinen amtlichen Gemeindeleitern rasant, auch wenn sie uns aus der Hier-und- treu zu sein. Wir reduzieren Umweltverschmut- sind sie jetzt in der team- Jetzt-Perspektive immer noch wie Stillstand zung da, wo wir einen Einfluss darauf haben. leitung tätig. Dazu gehört die erscheint. Gott ist an der Arbeit. Er sucht und Wir gehen mit unseren Mitarbeitern fair um und enge Zusammenarbeit mit findet seine Menschen – aber Geduld haben wir unterstützen sie, auch wenn wir keinen Einfluss der einheimischen partner- nötig. Deshalb will ich wegsehen vom Ergebnis auf die Wirtschaft des ganzen Landes haben. kirche. und hinsehen zum Auftraggeber. Bei der Abrech- Beides tun wir wohl wissend, dass das immer hans-peter arbeitete als nung lobt der Gutsbesitzer (Matthäus 25,21): unbefriedigend ist, sobald man sich den großen Bankkaufmann und layou- „Gut gemacht, du treuer Knecht.“ – Er sagte Rahmen ansieht und die Probleme täglich vor ter und studierte theologie nicht: „… du erfolgreicher Knecht.“ Ich lege hof- Augen hat. (B.a.) in Bad liebenzell. fentlich nicht zu viel in diesen Bibeltext hinein, Vor allem wollen wir in Beziehungen dranblei- Britta sammelte nach dem wenn ich sage: Entscheidend wird nicht mein ben. Die Sache mit dem „Benzingeld“ musste abitur erste Missionserfah- Erfolg sein, sondern meine Treue! Und treu sein, bereinigt werden. Am nächsten Morgen habe ich rungen in Bolivien und ließ das kann ich. Es ist eine Entscheidung, die ich dem sambischen Bruder eine Entschuldigung sich dann am theologischen treffen kann. Erfolgreich sein, das kann ich geschrieben. Er hat mir daraufhin offen und ehr- seminar der liebenzeller nicht, denn ich kann keinen Menschen verän- lich mitgeteilt, dass es ihn sehr verletzt habe. Er Mission zur Gemeindepäda- dern oder zu Gott „hinschieben“. wollte mir keine Last sein, hatte aber in dem Fall gogin ausbilden. wirklich keine andere Möglichkeit. Er schrieb Verändern, was man verändern kann weiter, dass er trotzdem die Chance sieht, dass Gott fordert von mir nichts Unmögliches. Wir sich unsere Freundschaft durch solche Tiefen Fotos: hans-peter hertler haben das vielfach erlebt. So hat sich die Bezie- und Höhen entwickelt ... hung zu unseren Kollegen super entwickelt. Manchmal könnte man trotzdem (an sich) ver- Weil beide Familien dran geblieben sind, ist eine zweifeln. Aber die Perspektive der Ewigkeit hilft Freundschaft entstanden, die es in dieser Art in mir, in den Tälern nicht depressiv zu werden Deutschland niemals gegeben hätte. Dort wären und auf den Höhen nicht überheblich zu sein. wir nicht zum Durchhalten gezwungen gewesen Wo wir bereit sind, Gottes Willen zu tun, da wer- – wir hätten uns aus dem Weg gehen können. den wir auch seine Verheißung empfangen. Hans-Peter Hertler l mission weltweit 1–2/2020
8 darum geht’s papua-neuguinea Die Begeisterung im Kinderclub ist groß! wer trägt die verantwortung? „da kann man nichts machen, da musst du jetzt halt durch!“ vermutlich hat jeder diesen satz schon einmal gehört. diese aussage ist zwar unter gewissen umständen wahr, aber genau dieses durchhalten kann so unheimlich schwer sein. Steckt man in einer Situation, die an Grenzen weitermachen oder aufgeben? Dieselbe Frage bringt, kommen Gedanken auf wie: „Aufgeben stellten wir uns an unserem Platz. und alles hinwerfen ist eigentlich gar nicht so Seit Langem hatten wir in einem der Settlements schlimm, wie immer gesagt wird. Wo liegt das von Wewak einen „Kids Club“ am Laufen. Er Problem? Andere machen es ja auch!“ wurde und wird gut besucht, und unsere einhei- Johannes und Carolin Wälde Aber ich bin überzeugt, dass auf dem Aushalten mischen Mitarbeiter sind in der Regel motiviert leben mit ihren fünf Kin- und Durchhalten ein Segen liegen kann. Neh- und begeistert bei der Arbeit. Zusammen mit dern in Wewak. sie arbeiten men wir das Beispiel eines Profisportlers. Er hat einem der Pastoren unserer Partnerkirche über- im sozial-missionarischen den Wettkampf vor sich. Monatelanges Trai- legten wir, wie wir als nächsten Schritt die projekt „shape life Wewak“, ning liegt hinter ihm. Er ist fit und bereit für das Eltern der Kinder erreichen könnten. das sich vor allem um Kinder Rennen. Anfangs läuft alles gut, doch nach eini- Wir entschlossen uns, ein „Church and Commu- aus sozialen Brennpunkten ger Zeit machen sich die Muskeln bemerkbar. Es nity Mobilisation“-Projekt zu beginnen, bei dem kümmert. Weitere aufgaben ist unangenehm und schmerzhaft. Aber wenn vor allem die lokale Kirchengemeinde im Settle- sind die missionarische arbeit man den Läufer fragen würde: aufgeben wäre ment sozial-missionarisch aktiv werden sollte. im Gefängnis der hafenstadt, keine Option für ihn. Der Preis steht ihm vor Wir stellten das geplante Projekt der Gemeinde- die Mitarbeiterschulung und Augen und ist zum Greifen nah. Und nur, wenn leitung vor und diese war ganz begeistert. Bei teamleitung. er durchhält, kann er ihn gewinnen. Ansonsten ihrer nächsten Sitzung wollten sie offiziell darü- Johannes hat nach dem abitur wäre all das harte Training, die Einschränkun- ber abstimmen, ob sie als Kirche diese neue schreiner gelernt, carolin ist gen und der Verzicht in den vergangenen Arbeit durchführen würden. Bauzeichnerin. nach ihrem Wochen umsonst gewesen. Aufgeben? Niemals! Doch Wochen gingen ins Land. Jedes Mal, wenn ersten einsatz als technische ich nachfragte, bekam ich nur die Antwort, dass Missionare in ambunti/sepik krise in Wewak sie noch nicht darüber abgestimmt hätten. Das (2007 bis 2010) studierte Wie oft stehen wir in unserem Leben – bei der war eine sehr frustrierende Zeit und mir kamen Johannes theologie und Arbeit, in der Gemeinde, in der Ehe, in Bezie- die ersten Zweifel, ob es so eine gute Idee gewe- soziale arbeit an der ihl. hungen oder unserem Dienst – vor der Wahl: sen war, diese Arbeit anzuregen. Als nach drei
papua-neuguinea darum geht’s 9 Monaten endlich bestätigt wurde, dass sich die anderen, „lohnenderen“ Ziel investiert hätten? Kirche beteiligen möchte, begann die Suche Wäre es dann wirklich einfacher gewesen, hät- nach Mitarbeitern aus der Gemeinde. Denn Frei- ten wir uns eine ganze Menge Frust, Ärger und Settlements sind stadt- willige sollten mit den Bewohnern des Settle- manche schlaflose Nacht erspart? randsiedlungen mit ho- ments arbeiten und zusammen mit uns Missio- Im Rückblick können wir sehen, dass es genau her arbeitslosigkeit und naren das neue Projekt auf die Beine stellen. so richtig war. Es hat sich gelohnt, durchzuhal- Kriminalität, in denen sich Eigentlich keine schwere Aufgabe, aber die ten. Selbstverständlich gibt es auch jetzt noch vor allem menschen aus Suche nach Freiwilligen zog sich wieder über genug „Baustellen“. Aber wir sehen erste Erfol- dem hinterland niederlas- Monate hin. Mal kam eine wichtige Gemeinde- ge in der Arbeit: Vor zwei Monaten konnten wir sen. bessere straßen, ein versammlung dazwischen, dann musste ein zwei neue Trinkwasserbrunnen einweihen, wel- Flughafen, autos, medizini- anderer Einsatz geplant werden und ein weite- che die Wasserversorgung für die Kirche und das sche versorgung, internet, res Mal waren Ferien. angrenzende Settlement für die Trockenzeit große supermarktketten garantieren. Die Kirche steht nun voll und ganz und die hoffnung auf ein den Hund zum Jagen tragen? hinter dem Projekt und will es auch in anderen besseres leben zieht vor Meine Frustration wuchs und die Versuchung, Gemeinden weiterführen. Das Durchhalten hat allem die jüngere genera- einfach aufzugeben und wie bisher weiterzuma- sich mehr als gelohnt! tion wie ein magnet an. die chen, war groß. Ich sah keinen Sinn darin, die Ein weiterer Punkt, der mir bewusst wurde: Die modernen einflüsse einer Fotos: Johannes WÄlDe Kirche immer wieder zu fragen, ob sie nun wei- Wende geschah zu dem Zeitpunkt, als wir die großstadt überfordern nicht tergekommen wäre mit ihrer Suche nach Mitar- Verantwortung aus unseren Händen in die Hände nur, sondern lassen viele beitern. Die Ausreden wurden immer unglaub- Gottes abgaben. Kann es sein, dass wir so schnell neuguineer „untergehen“. in würdiger. Schließlich wollte ich mir nicht „die an unsere Grenzen kommen, weil wir verzwei- der hauptstadt port moresby Hacken ablaufen“, um einen Hund zum Jagen felt aus eigener Kraft versuchen, Dinge zu bewäl- gibt es etwa 60 legale und zu tragen. Wenn die Gemeinde vor Ort nicht tigen? Wir haben erfahren, was es bedeutet, illegale settlements, in der will, dann lassen wir es halt bleiben … wenn man die Führung an Gott abgibt. Es macht hafenstadt wewak an der Doch meine Frau und ich entschieden bewusst, frei von Druck und gibt Gelassenheit, wenn die nordküste sind es rund 20. dass wir durchhalten und dranbleiben wollen Dinge nicht so laufen, wie wir geplant haben. und vor allem, dass wir alles bei Gott abgeben: Ich weiß nicht, in welcher Situation Sie gerade aus unserem Verantwortungsbereich heraus und stecken. Doch ich möchte Ihnen Mut machen, in Gottes Verantwortung hinein. Somit began- durchzuhalten und nicht aufzugeben – aber nicht nen wir, täglich bewusst für die Kirche und die aus eigener Kraft, sondern im Vertrauen auf die neue Arbeit zu beten. Und nach einiger Zeit Kraft Jesu, der versprochen hat, jeden Tag mit konnten wir eine Veränderung sehen. Zuerst gab uns zu gehen und uns zur Seite zu stehen. es einen Wechsel der verantwortlichen Pasto- Johannes Wälde l ren. Einer ging in Rente, der andere wurde abge- löst. Ihre beiden Nachfolger waren total moti- viert, als sie von unserem geplanten Projekt hörten und machten sich sogleich auf die Suche nach Mitarbeitern. Keine zwei Wochen später hielt ich eine Namensliste mit 14 Männern und Frauen in der Hand, die sich an der neuen Arbeit beteiligen wollten! Bald darauf begannen wir mit dem Training für diese Freiwilligen und gin- Amy Wälde und ihre gen zusammen die ersten Schritte im Projekt. beste Freundin Was wir gelernt haben Bild unten: In den vergangenen Monaten musste ich immer Mitarbeitertreffen im wieder denken: Was wäre geschehen, wenn wir Projekt (links Manuel Feige, in der Krise aufgegeben, alles hingeworfen, die rechts Johannes Wälde) Hände abgewischt und unsere Energie in einem mission weltweit 1–2/2020
10 darum geht’s burundi dranbleiben trotz hindernissen schon auf meinem weg in die mission gab es immer wieder situationen, in denen alles gegen einen auslandseinsatz zu sprechen schien. aber ich erlebte gottes eingreifen. geschlossene türen öffneten sich, und mein weg ging weiter. 2014 reiste ich aus, und nach der Sprach- und afrika über Kigali/Ruanda nach Bujumbura/ Kultureinführung sollte ich in einem Projekt in Burundi. Doch eine Freundin, die mir helfen der damaligen Hauptstadt Bujumbura mitarbei- wollte und sich direkt mit der Fluggesellschaft ten. Doch zu Beginn der Präsidentschaftswahlen in Verbindung gesetzt hatte, bekam die Informa- 2015 kam es zu Aufständen. Wir Missionare tion, dass ich nur bis ins benachbarte Ruanda mussten das Land für kurze Zeit verlassen. Ich fliegen könnte. ina Schütte lebt und arbei- stand vor der Frage: „Geht es weiter?“ Ende Am nächsten Morgen gab es am Flughafenschal- tet seit Mai 2014 in Burundi, August 2015 war ich zurück in Burundi. Doch ter in Johannesburg weitere Probleme: Mein wo sie zunächst im landes- nicht alle Gefahren waren gebannt, unsere Name fehlte im System! Man schickte mich zum inneren die sprache Kirundi Arbeit war nur eingeschränkt möglich – und das Büro der Airline. Dort versuchte man mehrfach, sowie die Kultur des ostaf- für mich vorgesehene Projekt konnte nicht mehr die Buchung im Computer zu finden – erfolglos. rikanischen landes kennen- begonnen werden! Oft redete ich mit Gott über Ich wurde weggeschickt und fand mich morgens lernte. Jetzt engagiert sie die Situation: „Mein Weg in die Mission war so um 5 Uhr allein und ohne genug Geld für ein sich in der Großstadt schwer. Du hast mir immer wieder gezeigt, dass neues Ticket am Flughafen. Ich wusste nicht Bujumbura in der sozialen DU mich hier haben möchtest. Und jetzt sitze mehr, was ich tun sollte und betete: „Ich habe arbeit mit benachteilig- ich in Burundi und kann nichts tun.“ keine Ahnung, was du mit mir vorhast, aber hier ten und traumatisierten Über Weihnachten 2015 war ich außer Landes. kann ich nicht bleiben. Ich brauche deine Hilfe!“ Kindern und ihren Familien. Es war unklar: Würde Gott die Tür nach Burun- ina schütte ist erzieherin di schließen? Dann wurde aus heiterem Himmel das Wunder im System und hat die ausbildung am und einem nicht nachvollziehbaren Grund mein In meiner Not ging ich zurück an den Schalter theologischen seminar Rückflug dorthin abgesagt. Nun stand ich da in und bat die Mitarbeiterin, mir doch den Gefallen der liebenzeller Mission Südafrika und suchte einen Ausweg. Am letzten zu tun und noch einmal nachzuschauen. Nach absolviert. Abend meines Aufenthalts dort erhielt ich schließ- einiger Diskussion gab sie nach – und sofort fand lich ein anderes Ticket von Johannesburg/Süd- sie voller Erstaunen meinen Namen auf der Pas- sagierliste! So konnte ich nach Kigali fliegen. Aber auch dort hatte ich Schwierigkeiten. Ein Verantwortlicher der Airline kam und fragte erstaunt: „Wie können sie hier sein? Sie sollten überhaupt nicht hier sein!“ Ich musste ihm jedes Detail der Reise erzählen, und auch hier mach- te Gott schließlich den Weg frei. Ich landete endlich wie geplant wieder in Burundi. Ganz offensichtlich hatte Gott hier eingegriffen und mir gezeigt, dass IHM nichts unmöglich ist. Es war nicht leicht, „dranzubleiben“. Aber sol- che Momente möchte ich in meinem Leben nicht missen, weil ich dann erleben darf, wie ER auch heute noch Wunder tut. Seit damals hat Gott viele Türen geöffnet. Ich selbst fühle mich in der sozial-missionarischen Arbeit und im Dienst an traumatisierten Kindern Foto: ina schÜtte am genau richtigen Platz. Gott hat mir dafür Gaben und Fähigkeiten gegeben, für diese Auf- Wezesha („stärken“) hilft rund gaben schlägt mein Herz und hier kann ich mich 1000 Frauen in der hauptstadt gut einbringen. Ina Schütte l durch Kleinkredite. das projekt Ina Schütte schult Mitarbeiter wird von einer internationalen des Wezesha-Projekts gemeinde betrieben.
FranKreich darum geht’s 11 Auf den Chausey- Inseln bei Ebbe Foto: BenJaMin rapp Bei Ebbe sieht man mehr die chausey-inseln, 15 Kilometer vor der normannischen Küste gelegen, sind europas größtes archipel. bei Flut sieht man 52 inseln, aber bei ebbe kommen sage und schreibe 365 kleine inseln zum vorschein! erlebt man nur die Flut, bleibt vieles von der wunderbaren landschaft verborgen. Freitagabend. Die Wettervorhersage für Sams- netzt und unsere Präsenz auf dem Wochenmarkt tag ist schlecht. Wegen heftiger Regenfälle ist genutzt hat? Wir wünschen es uns sehr, dass die wohl der Markteinsatz nicht möglich. Beim Mutter in der Gemeinde den Frieden findet, den Frühstück am Samstagmorgen zeigen sich erste Jesus ihr schenken kann! schöne Sonnenstrahlen, es regnet nicht. Also wäre es doch gut, auf den Markt zu gehen! Die ein Jahr am neuen Platz Das neue Zuhause der Gemeinde Kisten und der Tisch werden geholt, der Markt- Seit sieben Jahren bin ich regelmäßig auf dem Foto: KlaUs rapp stand aufgebaut. Es ist bedeckt, aber in mir Markt in Avranches und das wird gut angenom- kommt Freude auf. Zunächst ist es sehr ruhig, men. Ein Jahr sind wir nun in unseren neuen und ich nutze die Zeit für Gespräche mit den Gemeinderäumen. Viele Menschen haben wir Standnachbarn. Dann kommt jemand und schon eingeladen und auch manche schwierige nimmt den gratis angebotenen Kalender „Die Situation erlebt. Gute Saat“ für 2020 mit. Wir tun das, was in Frankreich möglich und Beim zweiten Rundgang über den Markt fängt es geboten ist. So bringen wir uns auch bei den Fei- an zu nieseln. Schnell stellen meine beiden Hel- erlichkeiten zum Volkstrauertag ein, indem wir fer den Bücherstand unter einen schützenden den geistlichen Teil der Gedenkfeier in Huisnes- Torbogen. Nach dem Schauer geht es zurück an sur-Mer mitgestalten. Ein Vorbereitungstreffen den alten Platz. Ein Gespräch nach dem anderen mit Verantwortlichen aus Schulen, Bürgermeis- ergibt sich. Wir werden auf einen Aperitif einge- tern und Kriegsveteranen fand in unseren laden. Zwei Passantinnen erkundigen sich nach Gemeinderäumen statt. Sie haben sich dafür be- der Gemeinde. dankt und sich bei uns wohlgefühlt. Wir suchen Peter und Sigrun rapp Sie kommen am Sonntag tatsächlich zum Gottes- weiterhin das Beste für unsere Stadt und die haben fünf, zum teil erwach- dienst. Wir singen das Lied „Toujours à mes Gegend, denn der Herr ermutigt uns dazu. sene söhne und leben seit cötés ... tu es merveilleux dans tout ce que tu Die Chausey-Inseln sind ein schönes Bild für 1991 in der normandie. nach fais“ (Immer an unserer Seite ... Du bist wunder- Tage, an denen wir „Ebbe-Erfahrungen“ machen dem sprachstudium haben bar in dem, wie du handelst). Die Losung des und dranbleiben müssen, wenn die Umstände sie zunächst eine Gemeinde Tages: „Ich will Frieden geben an dieser Stätte, schwierig sind und kein sichtbarer Erfolg zu ver- in alençon gegründet. seit spricht der Herr Zebaoth.“ (Haggai 2,9b) zeichnen ist. An Tagen mit Nieselregen, kaltem august 2012 sind sie für die Lied und Losung passen wunderbar zum Wind und einer gedrückten Stimmung, an denen Gemeindearbeit in avran- anschließenden Gespräch: Es stellt sich heraus, das Ausharren und Aushalten schwerfällt. ches verantwortlich. peter dass die ältere Dame in Avranches wohnt und „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, war bis zu seiner ausbildung Besuch von ihrer Tochter aus Paris hat. Diese ist schreibt Antoine de Saint-Exupéry. Immer wieder am theologischen seminar Christin und wünscht sich, dass ihre Mutter mit erleben wir, wie Jesus im Verborgenen handelt der liebenzeller Mission als Christen in Verbindung kommt. Ist es nicht ein- und auf seine Weise Menschen mit sich in Ver- polizist tätig, sigrun im ge- zigartig, wie Gott Menschen miteinander ver- bindung bringt und Umstände zusammenführt. hobenen Verwaltungsdienst. Peter Rapp l mission weltweit 1–2/2020
12 darum geht’s bangladesch dranbleiben, weil er gute wege führt gott hat michael in die mission berufen, auch regine die arbeit im ausland ans herz gelegt und uns beide zusammengeführt. doch es folgte eine zwei- jährige wartezeit auf die arbeitsgenehmigung und die visa für bangladesch. dranbleiben mussten wir lernen, schon zu anfang der mittlerweile 34 Jahre in der mission. Michael und regine kestner „Wenn die Arbeitsgenehmigung bis Ende März Gott hält uns aus leben seit 1985 in Bangla- nicht kommt, dann geht’s zu den Bergstämmen Besonders in den ersten zwölf Jahren bekamen desch. sie engagieren sich nach Taiwan“, meinte Ernst Vatter, der damali- wir Arbeitsgenehmigung und Visum oft nicht in der Gemeindearbeit, der ge Missionsdirektor, gegen Ende der langen rechtzeitig. Das setzte unter Druck, brachte außerschulischen theologi- Wartezeit. Beides, Bangladesch und Taiwan, manchen familiären Verzicht und Trennungen schen ausbildung (tee) und konnten wir uns gut vorstellen. Um den 20. mit sich. Wenn wir auf gepackten Koffern saßen im Kinderdorf in Khulna. März 1985 kamen die Papiere, und damit war und einen negativen Bescheid bekamen, musste Vor ihrer ausbildung am klar: Gott möchte uns in Bangladesch haben. die große Enttäuschung verkraftet werden. theologischen seminar der Umso überraschender und unverständlicher war Michael konnte damit oft besser umgehen und liebenzeller Mission war für uns, dass Regine dann als nicht tropentaug- half Regine zu neuem Vertrauen: Gott wird es Michael Werkzeugmacher lich eingestuft wurde. Trotzdem verfolgten wir wohlmachen und hat das Beste für uns im Sinn. und regine erzieherin. das Ziel Mission weiter und hielten an Gottes Er hält uns aus, wenn wir klagen, anklagen und sie haben vier erwachsene Absicht fest. Weitere Herzuntersuchungen folg- seine Wegführung nicht verstehen. Er schenkt Kinder, die in Deutschland ten; am Ende meinte der Arzt, dass es sich schon auch immer wieder Lichtblicke, Ausblicke und und england leben, und zeigen würde, ob der Aufenthalt in den Tropen die Zuversicht: Ich bin treu und mache es gut. zwei enkelinnen. Probleme verursacht. Das galt auch, als Regine zur Geburt des zweiten Kindes nach Deutschland musste und Michael wegen Visa-Problemen und einer Flut nicht nach- reisen konnte. In dieser Zeit half ihm zu wissen, von Gott berufen und am richtigen Platz zu sein, die Sicht nach vorn und dass er Gottes Handeln im Alltag erkannte. Wie glücklich waren wir, als er unsere Tochter nach drei Monaten bei Regi- nes Rückkehr nach Bangladesch zum ersten Mal sah – und dass sie keine Behinderung hatte, wie es die Ärzte in Deutschland nach der ersten Ultraschalluntersuchung vermutet hatten. Regine bei einem Hausbesuch Fotos: elKe pFroMMer * Namen geändert
bangladesch darum geht’s 13 Gott handelt in unserem Alltag Hilfreich war und ist der Blick auf das, was Gott im einheimischen Gemeindeverband tut. Gera- de da, wo es Probleme in der Arbeit gibt, kom- men neue Gemeinden dazu und erfahren Men- schen die Liebe Jesu. Immer wieder wäre es einfacher gewesen, aufzugeben und in ein ande- res Land zu wechseln. Aber wir liebten unsere Berufung in ein Drittweltland, wo es Menschen schlechter geht als uns, und waren gewiss, am rechten Platz zu sein. Auch die Liebe zum Land und den Leuten half uns zu bleiben: Wir genossen die Landschaft, die Gastfreundschaft und die Kleidung. Uns nach. Wir kehren demnächst nach Bangladesch schmeckte das Essen und wir lernten, die Kultur zurück und sind gespannt, wie sich die Situati- zu schätzen. on entwickelt hat und ob die Familie noch Nicht nur mit Einheimischen gab es Auseinander- immer getrennt leben muss. setzungen, auch im Team waren wir nicht immer einer Meinung. Wenn wir Entscheidungen nicht dranbleiben im einsatz, in ehe und Familie, mittragen konnten, uns aber an Vereinbarungen im Gebet halten mussten, war es gut, Freunde zur Seite zu Trotz mancher Enttäuschungen wollen wir den haben, die seelsorgerlich weiterhalfen, im Gebet Menschen um uns Gutes tun. Sie hatten es im den Weg mitgingen und uns den Blick öffneten Leben nicht so einfach wie wir, kommen aus für Gottes Handeln. Wir mussten lernen, unter- schwierigen Verhältnissen und leiden unter schiedliche Auffassungen auszuhalten und ihrer Situation. Wir wollen dranbleiben, weil uns darunterzustellen, ohne uns selbst aufzuge- Gott an uns dranbleibt in seiner Treue! Galater ben. Wir versuchten, alle Menschen wertzu- 6,9f fordert uns auf: „Lasst uns aber Gutes tun und schätzen, weil so Gott mit uns umgeht. Hebräer nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir 10,35 lenkt unseren Blick auf das eigentliche auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. Darum, Oberes Bild: Besuch Ziel: „Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun in einem Dorf im Norden große Belohnung hat.“ an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Unteres Bild: Michael predigt Genossen.“ Dabei hilft: in der Weihnachtszeit. dranbleiben und Gutes tun l uns nicht mit anderen zu vergleichen, Es war herausfordernd, nicht im Alltagstrott die anders begabt sind, unterzugehen und trotz Kritik und finanzieller l dankbar und zufrieden zu sein mit dem, Engpässe Neues zu wagen. Gemeinsam mit den was wir haben, einheimischen Kollegen konnten wir im Kinder- l auch ohne Anerkennung weiterzumachen, dorf in Khulna eine Rinderfarm mit Biogasanla- l nach Versagen nicht aufzugeben, ge und später neue Wohnhäuser für die Jungen l um Verzeihung zu bitten, wieder und Mitarbeiter aufbauen. Das Grundstück wur- aufzustehen, neu anzufangen, de der vielen Überschwemmungen wegen auf- l das Wissen: Wir sind von Gott geliebt, geschüttet, die Schule für die Kinder verbessert so wie wir sind. und neu gebaut. l Und: Wir sollen mit uns selbst und Dranbleiben mussten auch die einheimischen mit anderen barmherzig sein. Pastoren und Dekane, die aus kirchenpoliti- schen Motiven versetzt wurden und schwierige Wenn es in unserer Ehe oder bei den Kindern Zeiten durchlebten. Oder Mitarbeiter, denen nicht so gut lief, brauchten wir Geduld und man Unwahrheiten nachsagte und die fast dar- mussten Dinge aufarbeiten. Wir hielten an dem an zerbrachen. Michael sieht seine Aufgabe im Versprechen fest, nicht aufzuhören, füreinander Gemeindeverband auch darin, diese Christen zu da zu sein. Dies galt auch in Krankheitszeiten begleiten und zu ermutigen. Wie zum Beispiel der Eltern. Als aber Michaels Mutter an Demenz Pastor Biswas*, der im Süden über Jahre hinweg litt, war es keine leichte Entscheidung, im Aus- Film-tipp: in einigen Dorfgemeinden treu seine Arbeit tat. land zu bleiben. Michael und regine kestner – Plötzlich warf man ihm vor, eine Gemeinde zu Paulus zählt in Römer 12,9-21 viele hilfreiche offenes Haus, offene Hand, spalten. Die Bezirksleitung forderte seine Ver- Verhaltensweisen auf: beharrlich sein in der offenes Herz setzung und die Räumung der Dienstwohnung Zwiesprache mit Gott, fröhlich hoffen, in Leid sie lieben die menschen und innerhalb von zwei Wochen – obwohl die Toch- geduldig sein. Wir haben gelernt: Gott kann uns berühren das leben und die ter im letzten Schuljahr und seine Frau vor Ort eine andere Sicht der Dinge schenken, wenn wir herzen der bangladescher. als Lehrerin tätig ist. Es war ein schwerer Schlag beten, ihm vertrauen und Gutes tun. Und: Er ist erleben sie mit regine und für Pastor Biswas, aber er kam der Versetzung der, der handelt! Michael und Regine Kestner l michael das land ihrer beru- fung. der Film ist kostenlos * name geändert im internet anzusehen: www.liebenzell.tv/462 mission weltweit 1–2/2020
14 darum geht’s malawi durchhalten in stürmischen zeiten wir sind gerne missionare und können auf segensreiche Jahre in malawi zurückblicken. gott hat uns viele geniale begegnungen geschenkt, uns gute ratgeber zur seite gestellt und uns befähigt, chichewa zu lernen. wir wurden aber auch mit herausforderungen konfrontiert, die zweifel aufkommen ließen. Wir haben uns damals gefragt: Sind wir wirklich Am nächsten Morgen sollte es noch viel schlim- am richtigen Platz? Sollen wir bleiben? Möchte mer kommen. Als ich aufwachte, lag meine Frau Gott uns eine neue Platzanweisung geben? Oder bewusstlos neben mir. Ich nahm sofort Kontakt will er bezwecken, dass wir ihm vorbehaltlos mit einer in Malawi lebenden Krankenschwester vertrauen? – Welche Erfahrungen waren es, die auf, mit der ich deutsch reden konnte. uns so herausforderten und in denen wir durch- Zu jener Zeit lebten wir in einem Dorf, rund 250 halten mussten? Kilometer von den beiden größten Städten des Wir waren nach Josias Geburt gerade einige Landes entfernt. Ich beschloss, zunächst Hilfe in Wochen zurück in Malawi, als er eine starke einem 60 Kilometer entfernten Krankenhaus zu Bronchitis bekam. Diese war so heftig, dass er suchen. In meinem Kopf spielten sich viele Sze- sieben Tage stationär ins Krankenhaus musste. narien ab, meine Gedanken kreisten. Ich holte tobias und Sarah Müller Wir haben immer noch das Bild vor Augen, wie eine Matratze, legte sie ins Auto und darauf mei- leben seit august 2011 in er da auf der Station im Kinderbettchen lag und ne Frau. In aller Eile packte ich einen Koffer mit Malawi. seit september über Schläuche Sauerstoff bekam. Kleidung für uns alle. Dann ging die Fahrt los, 2018 sind sie für schu- Später war Sarah sehr ernsthaft erkrankt. Sie mit unseren beiden kleinen Kindern und einem lungsarbeit unter pastoren hatte starke Kopfschmerzen und fühlte sich guten Freund und Mitarbeiter des Projekts. Er und Gemeindeleitern, die nicht gut. Da sie kein Fieber hatte, gingen wir schaute nach Sarah, während ich fuhr. missionarischen impact- zunächst nicht von Malaria aus. Doch als es Als ich in jenem Krankenhaus ankam, wurde mir einsätze und administrative nicht besser wurde, machten wir einen Test. gesagt, dass dort nur die Erstbehandlung geleis- aufgaben verantwortlich. Schnelltests und Medikamente zur Behandlung tet werden kann. Ich müsse selbst zusehen, dass Zuvor waren sie im Dorfent- haben wir immer im Haus. ein Krankenwagen und medizinische Begleitung wicklungsprojekt Ubwenzi Also doch, es war Malaria. Die Tropenkrankheit aus Blantyre oder Lilongwe kommt und meine sowie am chisomo-Zentrum war sehr versteckt ausgebrochen. Ich betete für Frau in ein größeres Krankenhaus in einer die- tätig. meine Frau und gab ihr die entsprechenden Me- ser Städte fährt. tobias ist elektroinstalla- dikamente. Mitten in der Nacht musste sie ge- teur, hat die ausbildung weckt werden, um die zweite Dosis einzunehmen. Was hilft in einer solchen Situation nicht? am theologischen seminar Es bringt nichts, wenn man sich vorwirft: „Hät- der liebenzeller Mission Mit diesem Krankenwagen wurde te ich nur schneller gehandelt!“ Oder wenn man absolviert und war danach Sarah abgeholt. fragt: „Warum passiert so etwas?“ – Was mir Gemeinschaftspastor mit dagegen geholfen hat, in dieser Situation durch- schwerpunkt Jugendarbeit zuhalten und Kraft zu tanken, das waren die im raum herrenberg. sarah kleineren und größeren Ermutigungen. Mittler- ist Jugend- und heimerzie- weile hatten wir Familie und Kollegen infor- herin von Beruf. Die beiden miert. Viele meldeten sich und sandten ermuti- haben zwei Kinder. gende Nachrichten. Familie Berger organisierte für uns den Krankenwagen. Es ermutigte auch, malawische Freunde zu haben wie unseren Mit- arbeiter, der sich während der Fahrt um Sarah kümmerte. Foto: toBias MÜller Als der Krankenwagen aus dem rund 300 Kilo- meter entfernten Hospital kam und Sarah nach Blantyre transportierte, fuhren wir dem Wagen hinterher. In der Klinik empfing uns schon Fami- lie Berger. Hinter ihnen lag eine 220 Kilometer
malawi darum geht’s 15 lange Fahrt, und sie nahmen mir die Kinder ab, Natürlich haben wir uns als Ehepaar auch darü- damit ich bei Sarah sein konnte. ber unterhalten, was gewesen wäre, wenn alles Seit der Abfahrt im Dorf waren mittlerweile 14 anders ausgegangen wäre. Wir waren uns einig: Stunden vergangen. Sarah war vor der Fahrt Diese Erfahrung hat uns reifer und auch demü- vom einen zum anderen Krankenhaus zu sich tiger gemacht. Sie hat unseren Glauben gestärkt. Foto: toBias MÜller gekommen. Als ich sie nun in der Klinik in Blan- Gott hat es geschenkt, dass wir ihm weiterhin tyre in guten Händen wusste, machte sich auch hier in Malawi dienen dürfen. Dennoch wollen bei mir Erleichterung breit. wir nie aus den Augen verlieren, dass unser Nach fünf Tagen konnte sie entlassen werden, wahres Zuhause im Himmel ist. Wir freuen uns und wir konnten noch einige Tage bei Familie über jeden Tag, den wir gemeinsam verbringen Volz, unseren ehemaligen Missionarskollegen, dürfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, son- in der kleinen Stadt Zomba wohnen. Das half dern reine Gnade. Das mag sehr „geistlich-kor- Motto des Krankenhauses der uns, den Genesungsverlauf zu beobachten und rekt“ klingen, aber es ist die Wahrheit. Adventisten, in dem Sarah wieder zu Kräften zu kommen, bevor wir ins Mittlerweile wohnen wir in Zomba und haben behandelt wurde: »Wir kümmern Dorf zurückkehrten. eine neue Aufgabe. Gott hat es nicht zugelassen, uns, Gott heilt.« dass uns diese und andere Erfahrungen aus der Was hat uns geholfen, durchzuhalten? Bahn geworfen haben. Im Gegenteil: Wir konn- Da sind unsere Kollegen, Freunde und Familien- ten durchhalten und dürfen weitermachen. angehörigen zu nennen, die uns aus nah und fern Wohin uns Gott auch immer führen wird: Er ist unterstützt haben. Sie ermutigten uns, damit wir an unserer Seite. Tobias Müller l trotz allem einen kühlen Kopf bewahren und die richtigen Entscheidungen treffen konnten. Es war mir in der akuten Situation gar nicht bewusst gewesen, wie ich „geführt“ wurde. Es war uns, auch emotional gesehen, eine große Hilfe, wie sehr uns die Liebenzeller Mission mit ihren Mitarbeitern in der Zentrale in Deutsch- land unterstützte. Wir wurden noch dankbarer, mit einer so familiären und gleichzeitig profes- sionell arbeitenden Missionsgesellschaft arbei- ten zu dürfen. Was uns aber letztendlich geholfen hat, durch- Foto: annette FinK zuhalten, war das Wissen: Wir haben einen guten und treuen Gott, der uns seine Nähe nicht nur in den Höhen des Lebens verspricht, son- dern besonders in den Tiefen bei uns ist. In die- In Malawi werden Kranke auch im Beiwagen von Motorrädern befördert. sen Stunden und Tagen wurde uns neu bewusst, was es bedeutet, dass man nie tiefer als in Got- tes Hände fällt. Er ist unser Beschützer, Beglei- ter, Ermutiger und Hoffnungsspender, und dies gilt über den Tod hinaus. Sarah in den Anfangsjahren in Malawi; rechts hinten Josia im Tragetuch. Foto: toBias MÜller mission weltweit 1–2/2020
16 darum geht’s deutsch land stadt unterwegs und mittendrin, wenn etwas los ist und wir mitmachen können. Heute haben wir Gottesdienste mit bis zu 70 Besuchern, und auch die monatlichen Mitarbei- terabende mit einem gemeinsamen Abendessen sind fester Bestandteil der Gemeindearbeit. Schwester Hilde Häckel ist täglich unterwegs und knüpft Beziehungen. Sie lädt fast jede Woche Leute zum Essen ein und baut kräftig mit an der Gemeinde. Beziehungsarbeit braucht Zeit, und diese nehmen wir uns. Sektenimage und rückschläge In den ersten Jahren hier hat Inka als Tagesmut- ter gearbeitet. Viele Familien sind dadurch über ihre Kinder in unser Gemeindehaus gekommen. Die Berührungsängste wurden abgebaut, das merken wir bis heute. Trotzdem sind wir als Landeskirchliche Gemeinschaft für viele Men- schen immer noch so etwas wie eine Sekte. Geduld ist gefragt. Wir erklären gerne und Bei der Gemeindefreizeit in Meetzen immer wieder, dass wir als Gemeinde innerhalb der evangelischen Nordkirche zu Hause sind. mit geduld und In unserem Jugendkreis ist seit Jahren ein Kom- men und Gehen. Unzählige kleinere oder größe- re Änderungen im Konzept haben wir schon erlebt. Unsere Tochter Maike konnte zwei Freun- gottvertrauen dinnen in die Jugendarbeit einladen. Beide füh- len sich hier sehr wohl, stellen ihre Fragen und kommen gerne. Der wöchentliche Eltern-Kind- Kreis ist unterschiedlich frequentiert, findet aber kontinuierlich statt. Mit drei bis vier Haus- „das ist ja wunderschön hier“, hören kreisen haben wir Treffpunkte für fast alle Altersgruppen. Dazu gibt es in monatlichen wir immer wieder von gästen, die bei Abständen den Frauenkreis, die Männerarbeit uns an der ostseeküste ihren urlaub sowie Paarabende, die in unserem Kontext genießen. stimmt, die gegend ist besonders wichtig sind, weil es auch hier zu schön. aber wir leben in einem Trennungen kommt. Der Teufel hat in manche Beziehungen viel Unruhe hineingebracht, aber bundesland, in dem der glaube an wir erleben dankbar, dass Jesus stärker ist! Jesus bei vielen menschen noch Immer wieder kommt es zu Rückschlägen in der Christoph und inka Scharf keine rolle spielt. Arbeit, wenn fähige Mitarbeiter berufsbedingt leben seit sommer 2010 in wegziehen, mit Aufgaben oder ihrer Lebenssitu- Bad Doberan an der ostsee Die Kirchen sprechen von 15 bis 17 Prozent Kir- ation überfordert sind. Dann müssen wir auch und sind in der missiona- chenmitgliedern. Aber nur drei bis fünf Prozent mal „bremsen“ und Aktivitäten zurückschrau- rischen Gemeindearbeit der Einwohner beteiligen sich am Gemeindele- ben. Wie in jeder Gemeinde ist es ein nicht ein- tätig. Zuvor arbeitete Familie ben. Immerhin – als wir vor 17 Jahren in Schwe- fach zu bewältigender Spagat, neben dem äuße- scharf in schwerin. chris- rin begannen, lag die Zahl der aktiven Christen ren Wachstum das innere Wachstum der Ge- toph stammt aus Berlin, ist noch bei ein bis zwei Prozent. meinde im Blick zu behalten – wir brauchen An- Krankenpfleger und hat die Missionsarbeit ist Beziehungsarbeit, und die gebote für am Glauben interessierte Menschen ausbildung am theologi- leben wir in unserem Gemeindeaufbau in Bad genauso wie für diejenigen, die schon länger schen seminar der lieben- Doberan. Die Menschen sind zurückhaltend, es dabei sind und im Glauben wachsen wollen. Foto: christoph scharF zeller Mission absolviert. braucht Zeit und Geduld, bis sie sich öffnen und Zu „Bibel & Café“ am Montagnachmittag bei inka kommt aus Mecklen- kommen. Für uns Mitarbeiter heißt das: Gott Schwester Hilde kommen seit Jahren mehrere burg-Vorpommern und ist vertrauen, denn ER baut die Gemeinde, und wir Frauen. Sie lesen zusammen Gottes Wort und Krankenschwester von Beruf. machen mit. Neben dem Umbau des ehemaligen bekommen Antworten auf ihre Fragen. Ob sie Die beiden haben fünf, zum Freizeitheims „Haus Gottesfrieden“ zu einem einmal den „letzten Schritt“ in ein verbindliches teil erwachsene Kinder. Gemeindezentrum sind wir in unserer Klein- Leben mit Jesus wagen? Christoph Scharf l
liebenzeller mission aKtuell 17 Der Liebenzeller Hochschulchor unter Leitung von Bezirkskantor Attila Kalman Fotos: elKe pFroMMer liebenzeller mission feierte 120. geburtstag 2019 feierten wir das 120-jährige bestehen der liebenzeller mission. wir denken BAD LIEBENZELL. Schon der musikalische Auftakt durch die Stu- gerne an den festlichen geburtstag am dentinnen und Studenten machte den 600 Gästen am 13. Novem- 13. november zurück, den wir mit vielen ber deutlich, dass Gott die Ehre gehört, wenn ein Missionswerk gästen und Freunden erlebt haben. diesen Tag begehen kann. Videobotschaften, Vorträge, Erinne- nun gehen wir weiter. wir befinden uns rungen, Impulse und Lieder brachten den Dank für Gottes Füh- im 121. lebensjahr des werkes. rung in 120 Jahren zum Ausdruck. Bernd Brandl, Professor für Kirchen- und Missionsgeschichte an ein blick in psalm 121 lohnt sich deshalb. der Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL), erinnerte an die „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der geistlichen Wurzeln. Wie andere Glaubensmissionen habe sich Himmel und Erde gemacht hat“, bekennt das Werk auf Gottes Versorgung verlassen. „Ich bin fest davon der beter. Ja, das haben wir als liebenzel- überzeugt, dass uns diese grundsätzliche Abhängigkeit und das ler auch im zurückliegenden Jahr erfah- Stehen mit leeren Händen vor ren. er, der weltherrscher, hat uns versorgt. Gott davor bewahrt haben, er gab uns in den vergangenen zwölf unser Vertrauen auf falsche monaten unser tägliches brot. wir danken Sicherheiten zu setzen.“ Diese ihm, dass er menschen bereit gemacht Abhängigkeit zwinge ins Gebet hat, die arbeit unserer missionare zu und in das rückhaltlose Ver- unterstützen und mitzutragen. trauen in Gott. Revolutionär sei gewesen, dass ich möchte aber auch ihnen „danke“ sowohl der Initiator James sagen, die sie hinter uns standen und Hudson Taylor wie auch der im gebet und mit gaben zum ausdruck Gründer der Liebenzeller Mis- brachten: die liebenzeller mission ist Bernd Brandl spricht über sion, Pfarrer Heinrich Coerper, meine mission. „120 Jahre Liebenzeller Mission – nicht nur ordinierte Theolo- Wurzeln und Flügel“ gen, sondern auch Frauen für zum neuen Jahr spreche ich ihnen die die Mission mobilisierten. Au- schlussworte aus psalm 121 zu: „Der Herr ßerdem habe Coerper neben den Ländern in Übersee ebenso behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Deutschland als Missionsland gesehen. Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang „Dies Haus soll ein Bethaus sein“ wurde 1905 bei der Grundstein- und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ legung des Missionshauses festgehalten. Pfarrer Johannes Luith- le berichtete, dass zur Stärkung des Gebets anlässlich des 120. in christus verbunden grüßt sie herzlich, Geburtstages ein 24-Stunden-Bethaus im Missionshaus eröffnet auch im namen der missionsleitung, worden sei. Im Vorfeld der Feier hätten Mitarbeiter, Studierende und Missionsfreunde 120 Stunden für die Anliegen der Mission ihr gebetet. Volker Gäckle, Rektor der IHL, betonte in seinem „Wort zum Auf- bruch“, dass Missionsgesellschaften verstärkt begründen müss- pfarrer Johannes luithle ten, warum es ein Menschenrecht ist, von Jesus Christus, dem Erlöser der Welt, zu hören. Deutschland sei Missionsland und es ps: ende Januar versenden wir die zuwen- gelte, das Evangelium auch in die digitale Welt zu tragen. dungsbestätigung für ihre steuererklärung. Claudius Schillinger sie haben eine Frage dazu? sie erreichen uns so: telefon 07052 17-7139, e-mail: spenden@liebenzell.org mission weltweit 1–2/2020
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