MAAT - Staatliches Museum ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
MAAT NACHRICHTEN AUS DEM STAATLICHEN MUSEUM ÄGYPTISCHER KUNST MÜNCHEN Ausgabe 02 | 2 017 Viele Ägyptophile Bayern im Nildelta Hand in Hand Galerie der Meisterwerke Aus erster Hand Glücksfund Hausgemacht Göttlicher Falke „Ägypten erfassen“ Datenbankprojekt Mudira Wandervögel In Restauro 1983 1998 2005 2008 2016 Logisch – Ein neues Logo Wechselseitig 40 JAHRE FREUNDESKREIS www.smaek.de
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis MAAT Im Zentrum altägyptischer Wertvorstellungen steht Der Darb el Arba’in, der „Weg der Vierzig“, hat seinen Namen von den der Begriff Maat, der je nach Kontext Wahrheit und vierzig Tagen, die zur Bewältigung der Karawanenroute nötig sind, die vom Gerechtigkeit, aber auch Weltordnung bedeuten kann. Sudan durch die Sahara nach Ägypten führt. Auch der Freundeskreis des Der Mensch soll nach den Regeln der Maat leben, aber Ägyptischen Museums München e.V. hat einen Darb el Arba’in hinter sich, auch die Welt sich im Zustand der Maat befinden, wofür den langen Weg von vierzig Jahren, die ihn von kleinen Anfängen zu einem der König verantwortlich ist. Als Garant der Maat muss der größten Freundeskreise der Münchner Museen werden ließen. er diese stets aufs Neue verwirklichen, dieser Begriff ist Als sich die Redaktion von MAAT überlegte, ob das Jubiläum ein Anlaß daher Bestandteil zahlreicher Königsnamen: Snofru etwa wäre, ein Themenheft über den Freundeskreis zu gestalten, wurde schnell bezeichnet sich als „Herr der Maat“ und Amenemhet III. klar, dass die Problematik eines solchen Heftes nicht im Mangel, sondern gibt sich den Namen „Zugehörig zur Maat des Re“. in der Fülle der Themen liegen würde. Um den Umfang von MAAT 2 nicht Die ägyptische Kunst hat für diese zentrale Rolle der zu sehr anschwellen zu lassen, haben wir uns entschlossen, aus der sehr Maat ein schlüssiges Bild gefunden: Beim Totengericht, großen Vielfalt der Aktivitäten des Freundeskreises eine repräsentative in dem sich der Verstorbene vor dem Jenseitsrichter Auswahl zu treffen. Unsere Leser werden bei der Lektüre nach Berichten Osiris für sein Leben verantworten muss, wird sein über ihre eigenen Erlebnisse im Freundeskreis suchen, manche per- Herz aufgewogen gegen die Maat, die als kleine hocken- sönlichen Erinnerungen ausgraben und wohl auch das Eine oder Andere de Figur mit einer Feder als Kopfputz dargestellt wird. vermissen. Diese Feder ist gleichzeitig das Schriftzeichen für Maat, ihre Namenshieroglyphe. Wir hoffen natürlich auch, nein: wir sind uns sicher, dass Nichtmitglie- Der römische Dichter Aelian berichtet in den Varia His- der beim Durchblättern des Heftes Lust bekommen auf all das, was da toria, dass ägyptische Richter ein Schmuckstück aus berichtet wird. So schließt das Heft mit einer Einladung zur Geschenk- Lapislazuli um den Hals trugen, das sie „Wahrheit“, also Mitgliedschaft. Maat nannten; dabei handelt es sich um ein Amulett, das gleichfalls die Gestalt einer kleinen sitzenden Göttin zeigt. Wir wären glücklich, wenn Sie bei der Lektüre von MAAT 2 so viel Spaß haben wie wir, als wir uns beim Schreiben und Redigieren auf den Darb Bronze; H. 13,8 cm, Br. 3 cm, T. 4 cm el-Arba’in machten – gegen die Marschrichtung der Karawanen, zurück zu Spätzeit, 800 - 500 v. Chr. | ÄS 7275 den Anfängen des Freundeskreises. Und zum Chamsin, zum Fünfzigsten, wird es ein weiteres Themenheft Freundeskreis geben. 03
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis Liebe Freundinnen und Freunde des QUO VADIS FREUNDESKREIS ? Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst, Dr. Louis Hagen Blickt man heute auf das Ägyptische Museum Mün- mit dem Umzug des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst in die Ga- Vorsitzender chen mit seinen herausragenden Exponaten und deren belsbergerstraße hat das Kunstareal München vor etwas mehr als drei des Vorstands exquisiter Präsentation in einem beeindruckenden Mu- Jahren ein weiteres hochkarätiges Museum mit einem tatkräftigen Freun- des Freundes- seumsbau, dann wundert man sich nicht darüber, dass deskreis hinzugewonnen. Zwischen Königsplatz und Theresienstraße bie- kreises des so ein Museum einen Freundeskreis hat. Man könnte tet das Kunstareal eine außergewöhnliche Vielfalt großartiger Museen mit Ägyptischen sich allerdings die Frage stellen, wofür ein Freundes- Werken aus der glanzvollen Hochkultur Ägyptens über die Antike bis hin Museums kreis noch benötigt wird, wenn man doch schon so viel zur Gegenwart. Zusammen mit vielfältigen kulturellen Einrichtungen, in- München e. V. erreicht hat. Wie so häufig lohnt ein Blick in die Vergan- ternational anerkannten Hochschulen und Galerien begeistert das Kunsta- Foto: obs/ Verband genheit, will man bestimmen, wohin man zukünftig will. deutscher Pfandbrief- real seine Besucher immer wieder mit neuen Einblicken und Perspektiven. banken (vdp) e. V. Die Gründung des Freundeskreises vor 40 Jahren kann Treibende Kraft bei der Formierung des Kunstareals waren neben der man durchaus als mutiges Projekt bezeichnen. Gehört tische Museum als integrales Element der Münchner Stiftung Pinakothek der Moderne, dem Freistaat Bayern und der Landes- die ägyptische Kunst nun einmal nicht zur kulturellen Kultur weiter zu etablieren und in Politik und Wirtschaft hauptstadt München insbesondere auch die dreizehn Freundeskreise der Identität Münchens und Bayerns. Zudem war die Staa- dafür zu werben. Wie vor 40 Jahren hat das Museum verschiedenen Häuser. Sie haben unter der Schirmherrschaft von SKH liche Sammlung Ägyptischer Kunst im Münchner Kul- auch heute das Glück, mit Frau Dr. Schoske und Herrn Herzog Franz von Bayern den Förderkreis Kunstareal ins Leben gerufen turleben noch wenig bekannt und potentielle Mitglieder Dr. Schlüter als ihrem Stellvertreter, über eine äu- und es sich zur Aufgabe gemacht, das Kunstareal München weiterzuent- waren bereits in den vielen vergleichbaren Vereini- ßerst engagierte, kreative und kompetente Leitung zu wickeln. Sein Potenzial liegt nicht nur in der Fülle seiner herausragenden Guido Redlich gungen anderer Museen engagiert. Glücklicherweise verfügen. Zusammen mit ihrem kleinen Team werden Häuser und Institutionen, sondern vor allem in der Vernetzung der Museen ließen sich die Gründer des Vereins davon nicht beein- laufend neue Forschungsprojekte und andere Aktivi- untereinander sowie in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Hoch- Vorsitzender des Förderkreises drucken, sondern ließen sich von dem Enthusiasmus täten entwickelt, die es zu fördern gilt. Die Attraktivität schulen und anderen kulturellen Institutionen – kurz: Kunst x Kultur x Kunstareal des damaligen jungen und frisch amtierenden Leiters des Museum aufrecht zu erhalten erlaubt keinen Still- Wissen = Erlebnis 3. Diese Vernetzung konnten 50.000 Besucher beim ers- Stiftungsrat der Stiftung Pinakothek Dr. Dietrich Wildung anstecken. Wäre dies nicht der Fall stand. Somit will der Freundeskreis das Museum auch ten Kunstareal-Fest im Jahr 2013 erleben, das vom Förderkreis Kunstare- der Moderne gewesen, dann wäre es nicht möglich gewesen einige weiterhin bei Neuerwerbungen, bei der Optimierung al initiiert wurde. Und dank des Engagements der Freundeskreise können der wichtigen Objekte für die Sammlung erwerben zu der Präsentation bestehender Exponate und als Träger wir 2017 bereits das dritte Kunstareal-Fest begehen. können; dann hätte auch die Öffentlichkeitsarbeit des von Veranstaltungen finanziell unterstützen. Dies alles Vernetzung erleben und sich gegenseitig kennenlernen – Gelegenheit dazu Museums nicht so erfolgreich gestaltet werden können, kann gelingen, weil der Freundeskreis eine unver- bietet auch die Reihe „Neu im Kunstareal“, die ebenfalls vom Förderkreis dass sich das Interesse an der ägyptischen Kunst in der mindert lebendige Gesellschaft ist. Seine Mitglieder Kunstareal regelmäßig veranstaltet wird und zu der exklusiv die Mitglieder Münchner Bevölkerung und darüber hinaus erfreulich nehmen das laufende, mannigfaltige und interessante aller Freundeskreise eingeladen werden. Einen Besucherrekord ver- verbreiterte, was sich in einer schwunghaften Steige- Angebot des Museums wahr und sie unterstützen aktiv zeichnete dabei die Veranstaltung in Ihrem Museum, zu der mehr als 500 rung der Besucherzahlen niederschlug. Schließlich und unentgeltlich dessen vielfältige Aktivitäten. Beson- Freundinnen und Freunde der verschiedenen Häuser kamen. trug all dies sicherlich dazu bei, dass der Freistaat ders wichtig ist es, dass die Mitglieder des Freundes- Auch im digitalen Raum ist das Kunstareal München dank des Förderkrei- Bayern erkannte, dass dieses bayerische Kulturgut kreises ihre Begeisterung als Multiplikatoren auf Dritte ses Kunstareal und seiner engagierten Freundeskreise mit einer attrak- ersten Ranges eine neue Heimat benötigt, was schließ- übertragen. So wäre es schön, würde es gelingen, tiven Website vertreten. Die Realisierung des Internet-Auftritts und der lich in bester Museumslage Münchens im Jahr 2013 die Mitgliederzahl des Freundeskreises wieder über dauerhafte Betrieb werden ausschließlich aus den Mitgliedsbeiträgen des mit einem architektonisch beeindruckenden Bauwerk die 1000 er Marke zu bringen, wie dies 1985 erstmals Förderkreises und mit zusätzlichen Spenden einzelner Freundeskreise verwirklicht wurde. Ermöglicht haben diese Erfolge des gelang. Erfreulich wäre es auch, jüngere Menschen für finanziert. Auch hier ist der Freundeskreis des Ägyptischen Museums ein Freundeskreises ganz wesentlich seine - heute 900 - eine Mitgliedschaft zu erwärmen. Last but not least gilt großzügiger, engagierter und verlässlicher Partner, wofür ich Ihnen, den 04 Mitglieder. Nicht nur durch ihren finanziellen Beitrag, es Sponsoren zu gewinnen, die das Museum finanziell Mitgliedern, sowie Ihrem Vorsitzenden von ganzem Herzen danke! 05 den sie in Form ihres Jahresbeitrags und von Spenden unterstützen. Gemeinsam konnten wir schon viel bewegen – und als Förderkreis Kunst- geleistet haben, sondern vor allem durch ihre enga- Es gibt somit keinen Zweifel daran, dass der Freundes- areal werden wir uns auch in Zukunft bei der Verbesserung der Aufent- gierte aktive Unterstützung der vielen Veranstaltungen kreis des Ägyptischen Museums noch benötigt wird, haltsqualität, interdisziplinären Programmen, Orientierung, Kommunika- und Aktivitäten des Museums. Auf das in der Vergan- weil es noch viel zu tun gibt. Seine Mitglieder sind stolz tion und Organisation engagieren. Denn die Potenziale des Kunstareals genheit Erreichte kann der Freundeskreis zu Recht darauf, für den Erfolg eines Museums von erstem Ran- München als eines der führenden Kultur- und Wissenscluster sind noch stolz sein, gleichzeitig erwächst daraus die Pflicht, an ge in prominenter und attraktiver Lage Münchens und lange nicht gehoben! die erfolgreiche Arbeit aus 40 Jahren anzuknüpfen. An von internationalem Bekanntheitsgrad auch zukünftig Tätigkeitsfeldern mangelt es nicht. So gilt es, das Ägyp- einen wichtigen Beitrag leisten zu können. Ihr Guido Redlich
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis 03 EDITORIAL MAAT AUSGABE 02 VIELE ÄGYPTOPHILE eines solchen Förderkreises im „Bayerischen Staats- ministerium für Unterricht und Kultus“ beim zuständi- 04 GRUSSWORTE WOLFRAM PEITZSCH gen Museumsreferenten auf offene Ohren und freudige 07 VIELE ÄGYPTOPHILE WOLFRAM PEITZSCH Unter dieser Überschrift beschäftigte sich die Direkto- Zustimmung. Dieses Wohlwollen galt es zu nutzen und rin des Ägyptischen Museums, Sylvia Schoske, 1995 in Taten folgen zu lassen. Professor Dr. Wildung hatte 13 AUFBAU EINER MUSEUMSEIGENEN FACHBIBLIOTHEK einem Beitrag für den Sammelband „Staatliche Samm- sich mit einigen spektakulären Ägypten-Ausstellungen 13 BAYERN IM NILDELTA DIETRICH WILDUNG lung Ägyptischer Kunst München“ mit dem Freundes- im Münchner Haus der Kunst, die vielen von uns noch kreis, seiner Entstehung, Entwicklung und seinen Akti- gut in Erinnerung sind, im Bewusstsein einer breiteren 14 HAND IN HAND – DER FREUNDESKREIS UND DIE UNTERSTÜTZUNG vitäten. Öffentlichkeit verankert und „sein Museum“ zu einem DER MUSEUMSPÄDAGOGIK ROXANE BICKER Was allerdings 1995 und – erst recht – heute 40 Jahre Publikumsmagneten erster Ordnung gemacht: Ins- 16 WARUM BRAUCHT ES ÜBERHAUPT DIE FÖRDERUNG DURCH EINEN nach der Gründung des Vereins ohne Wenn und Aber besondere die Nofretete-Echnaton-Ausstellung (vom FÖRDERVEREIN? | FÖRDERUNG DES NAGA-PROJEKTES stimmt, stimmte ganz zu Beginn unseres Daseins als Januar bis März 1976) und die zahlreichen Führungen 17 GALERIE DER MEISTERWERKE SYLVIA SCHOSKE gemeinnütziger Verein, so noch nicht, - da waren es eher noch „ziemlich wenige“! Aber immerhin, diese hatten so viele ernsthaft interessierte Personen auf den Plan gerufen, dass die Gründung eines Vereins 46 AUS ERSTER HAND wenigen begeisterten Ägyptenfreunde schafften das zur Förderung der Staatlichen Sammlung Ägyptischer Fundament für ein Vereinsleben, das auch 40 Jahre Kunst nicht nur möglich, sondern auch höchst sinnvoll 47 RESTAURIERUNG DES GRABSTEINES VON FRIEDRICH VON später immer noch blüht und wichtige Beiträge zum erschien. Im damaligen Staatsministerium für Unter- SCHLICHTEGROLL ARNULF SCHLÜTER pulsierenden Leben im Museum liefert. richt und Kultus wusste man, nach dem Motto: „das 48 GLÜCKSFUND – ENTDECKUNG IM MAGAZIN BRIGITTE DIEPOLD Geld liegt auf der Bank“, wo man anzusetzen hatte: In der seinerzeit noch jungen und doch schon von pul- 50 HAUSGEMACHT SYLVIA SCHOSKE ANFÄNGE sierendem Leben erfüllten Bayerischen Landesbank. 51 ERINNERUNGEN AN ZEHN JAHRE FREUNDESKREIS GERLINDE JOBST Doch zurück zu den Anfängen: Ende der 60-er bzw. Dort waren Banker als Vorstandsmitglieder am Werk, Anfang der 1970-er Jahre wurden die – nicht zuletzt die geradezu prädestiniert erschienen für die Aufgabe, 52 GÖTTLICHER FALKE DIETRICH WILDUNG durch Kriegsereignisse – auf verschiedene Institutionen einen Förderverein für die Sammlung ins Leben zu ru- 54 „ÄGYPTEN ERFASSEN“ SYLVIA SCHOSKE verstreuten Ägyptiaca von Professor Dr. Hans Wolfgang fen. Einer von ihnen war Dr. Hubert Schmid, seinerseits Müller unter dem Namen „Staatliche Sammlung Ägypti- ehemaliger Leiter der Haushaltsabteilung des Bayeri- 56 VIERZIG JAHRE – EINE LANGE ZEIT SIEGLINDE BALLOUT scher Kunst“ in den Räumen der Münchner Residenz schen Staatsministeriums der Finanzen. Das zweite in 57 FÖRDERUNG DES DATENBANKPROJEKTES MUDIRA im Hofgartentrakt erstmals nach dem Krieg wieder hohem Maße interessierte Vorstandsmitglied der Bank zusammengeführt. Damit hat er die Grundlage dafür war Dr. Hans-Peter Linss, ein kosmopolitischer Banker 57 EIN LEBEN OHNE ALTÄGYPTEN? EVA PAINTMEIER gelegt, dass eine der ältesten im Kern auf mäzenati- mit internationaler Erfahrung, der nicht nur arabische 58 WANDERVÖGEL – DER FREUNDESKREIS AUF REISEN sches Wirken der Wittelsbacher Herzöge, Kurfürsten Sprachen, Geschichte und Philosophie studiert und in DIETRICH WILDUNG und Könige zurückgehende Kunstsammlung Bayerns diesen Fächern auch promoviert hatte, sondern selbst sich zu einem der bedeutendsten Ägyptischen Museen auch viele Jahre in Ägypten als Repräsentant der Deut- 64 ZWISCHEN SENSATION UND KONTEMPLATION – ÄGYPTISCHE weltweit entwickeln konnte. Das Interesse der Öffent- schen Bank gelebt und sich dort zum profunden Kenner MUSEEN HEUTE DIETRICH WILDUNG lichkeit und rasant steigende Besucherzahlen (mit ei- Ägyptens und zum Fürsprecher der Arabischen Welt 70 IN RESTAURO SYLVIA SCHOSKE nem Anstieg von 50% allein von 1975 auf 1976) führten, entwickelt hatte. bei einem damals noch relativ kleinen Kreis von Freun- Im Oktober 1976 war es dann soweit, der Verein wurde 76 LOGISCH – EIN NEUES LOGO SYLVIA SCHOSKE, MATTHIAS NOLZ den und Kennern der altägyptischen Kunst und Kultur unter wohlwollender Begleitung durch den damaligen 78 NACHRUF: AMUN 1-43 DIETRICH WILDUNG schon Mitte 1976 zu dem Gedanken, nach dem Vorbild Minister, Prof. Dr. Hans Maier, und seine ihm unterste- 06 79 BLICK IN DIE ZUKUNFT: THEMENHEFTE SYLVIA SCHOSKE der Fördervereine der Münchner Pinakotheken, des Nationalmuseums, der Antiken- und der Graphischen henden Mitarbeiter gegründet und alsbald im Vereins- register eingetragen, wodurch er die Rechtsfähigkeit 07 80 PUBLIKATIONEN Sammlung, aber auch anderer kultureller Einrichtun- erlangte. Aus kleinsten Anfängen heraus (in Deutsch- gen in Bayern einen Freundeskreis für die Staatliche land sind zur Gründung eines Vereins sieben Personen 84 GESCHENKMITGLIEDSCHAFT Sammlung Ägyptischer Kunst zu gründen. Im Herbst erforderlich) entwickelte sich dank der Tatkraft beider 85 WECHSELSEITIG 1976 war es dann soweit: Der seit 1.7.75 tätige Nach- Herren ein blühendes und erfolgreiches Vereinsleben. folger von Professor Hans Wolfgang Müller als Leiter Dies verlangte – neben einem gewissen administrativen 86 AUTOREN, IMPRESSUM der Sammlung, der damals noch junge Ägyptologe Dr. Apparat (der ist beinahe ein selbstverständliches Bei- 87 IMPRESSIONEN DER JUBILÄUMSFEIER Dietrich Wildung traf mit seiner Idee der Gründung werk) - vor allem persönlichen Einsatz und Hingabe
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis Darstellung den Ausführungen von Sylvia Schoske in „Staatliche Sammlung Ägyptischer Kunst“, Verlag Phil- ipp von Zabern, Mainz 1995 weitgehend folgt). WISSENSDURST „Er (der Freundeskreis) dient der Förderung der Kennt- nis der altägyptischen Kunst und Kultur (…)“ Die Programmgestaltung versucht auf die verschiede- nen Zielgruppen unter den Mitgliedern (Jung und Alt, Schüler und Studenten) einzugehen. Den Ausgangs- punkt bildeten zunächst Führungen im Museum, die wegen der lebhaften Nachfrage in Vorträge umgewan- delt wurden. Diese mussten mangels großem Vortrags- raum schließlich dreimal an aufeinanderfolgenden Dienstagen angeboten werden. Nach und nach wurde dieses Programm um Hieroglyphenkurse und Worshops Standort für vier Jahrzehnte: Hofgartentrakt der Residenz zu verschiedenen Themen erweitert, und es entstand ein spezielles Angebot für die jüngeren Mitglieder. REISELUST „Der Freundeskreis widmet sich diesen Aufgaben durch Museumsreisen und Exkursionen.“ Ein ganz beson- deres Angebot besteht in speziellen Museumsreisen, auf denen die ägyptischen Museen und Sammlungen weltweit auf dem Programm stehen und die, der leb- haften Nachfrage wegen, meist nach einigen Jahren wiederholt wurden (Dazu der Beitrag „Wandervögel“ im vorliegenden Heft). Allen Teilnehmern unvergesslich Gründerväter: Hubert Schmid (l.) und Hans-Peter Linss (r.) Erste Bilanz: Fünf Jahre Neuerwerbungen Großerwerbung: Schwarzer Torso bleibt eine – lange vorher geplante – Freundeskreistour im November 1989 nach Berlin, die terminlich genau an die Sache. Beides haben die Gründerväter in vollem eben nur als ehemaliger Leiter der Haushaltsabteilung Die Liste der vom Freundeskreis finanzierten oder von mit der Öffnung der Mauer zusammenfiel. Am Abend Maße an den Tag gelegt. Wann immer es notwendig des Bayerischen Finanzministeriums) oder wie man die ihm unterstützen Ankäufe ist lang und stattlich. Es dann, zu fast mitternächtlicher Stunde, eine Führung war, haben sie in ihrem eng bemessenen Terminkalen- Vorstände der am Platz München vertretenen Unter- sind ca. 1,76 Millionen Euro, die für die Bereicherung durch das Ägyptische Museum in Charlottenburg und der einen Platz gefunden für Abstimmungsgespräche nehmen und Großbanken zu großzügigen Spenden be- der Museumsbestände und die Restaurierungs- sowie ein Empfang durch die Mitglieder des dortigen Freun- mit der Museumsleitung, für Vorstandssitzungen oder wegen kann (so etwas gelingt eben nur, wenn man als andere Förderungsmaßnahmen aufgebracht werden deskreises – vermutlich das einzige Mal, dass auf einer für Diskussionen zu Fördermaßnahmen. Ihre Gedanken Vorstandsmitglied die gleiche Sprache spricht!). Nicht konnten. Das gelingt nur, wenn ein hinreichend großer Freundeskreisreise nicht-ägyptologische Themen im kreisten insbesondere stets um die Frage, auf welchem minder wichtig waren daher Kontakte zu bedeutenden und wachsender Bestand an engagierten Mitgliedern Mittelpunkt standen… 08 Weg die für Ankäufe erforderlichen Mittel aufzubringen Wirtschaftsunternehmen in Bayern, die beide Herren für einen nachhaltigen Mittelzufluss sorgt (1985 über- 09 sind. Die über Beiträge und Spenden der Mitglieder auf- dank ihrer kommunikativen Wesensart aufs Trefflichste schritt die Zahl der Mitglieder erstmals die Zahl von Einzigartig war auch die dreiwöchige Nilkreuzfahrt auf gebrachten Mittel waren (und sind) selbstverständlich pflegten. Der Dank von Professor Dr. Wildung im ersten 1000, sie sank jedoch zwischenzeitlich auch wieder auf der „Triton“, die für 70 Freundeskreisler gechartert immer hoch willkommen, aber leider immer zu wenig, von ihm vorgelegten Sammlungsbericht „Fünf Jahre“ knapp unter 1000). wurde – eine Reise, die wegen der aktuellen politischen um den nie versiegenden Finanzierungswünschen der aus dem Oktober 1980 galt aber vor allem auch den Mit- Den juristischen Rahmen für vielfältigste Aktivitäten in Situation derzeit nicht wiederholt werden kann. Museumsleitung Rechnung tragen zu können. Stets gliedern des Freundeskreises der Ägyptischen Samm- und um das Museum herum bildet seit der Gründung Dank der guten und freundschaftlichen Beziehungen wussten sie Rat, wie dem Staat trotz seiner beinahe no- lung. Er bezeichnete sie damals als den „harten Kern“ des Vereins die Satzung, die von vielen Beteiligten mit der Münchner Museumsägyptologen zu Kollegen in torisch knappen Haushaltsmittel doch noch irgendwel- eines „breiten, stetig wachsenden Besucherstroms, …, Leben erfüllt wird und anhand derer sich das Vereins- aller Welt standen den Mitgliedern des Freundes- che Reserven zu entlocken waren (so etwas lernt man wachsam, kritisch, anregend“. leben ganz gut nachzeichnen lässt (wobei die folgende kreises schon viele (Museums-)Türen offen, die sonst
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis Drei Jahre später folgte mit dem koptischen Relieffries EHRENAMT ein bislang einmaliges Beispiel frühchristlicher Reli- efkunst in Ägypten. Ein kleines Köpfchen Thutmosis‘ Es ist nicht nur diese materielle Förderung, die den IV. , 1984 erworben, ist in den letzten Jahren mehr und Freundeskreis zu einem unentbehrlichen Partner des mehr zum Signet der ägyptischen Sammlung gewor- Museums werden ließ, es ist gleichzeitig auch die ide- den. In der Bronzefigur des Gottes Amun kam 1985 ein elle Unterstützung und – last not least – die tatkräftige wichtiges Beispiel der Spätzeitplastik nach München, Mitarbeit vieler Freundeskreismitglieder bei zahlrei- 1987 gefolgt von einem höchst ungewöhnlichen Falken- chen Aktivitäten des Museums. kopf mit menschlichen Ohren, für den sich der Vereins- Dank der Mitglieder des Freundeskreises findet die vorstand zunächst nicht recht begeistern wollte. Öffentlichkeitsarbeit des Museums nicht für ein ano- nymes Publikum statt. Es besteht ein reger Austausch Grand Tour: Alt-Dongola im Sudan So wichtig all diese Objekte und eine Vielzahl späterer zwischen Freundeskreislern und Museumsmitarbei- Erwerbungen (vgl. nur als Beispiel die „Sargmaske“ tern durch die zahlreichen Veranstaltungen, von denen der Satdjehuti aus dem Jahr 1998) sind, die stets sofort manche auf thematische Anregungen aus eben diesem ihren Stammplatz in der Dauerausstellung erhalten ha- Kreis zurückgehen. So hat (fast) jedes Programmange- ben, die vor allem auch finanziell bedeutendste Erwer- bot seinen festen Kundenstamm, werden Publikationen bung des Freundeskreises war der Beitrag zum Ankauf nicht ins Blaue hinein produziert, sondern finden sofort des „Schwarzen Torso“, einer überlebensgroßen Figur ihre ersten 100, 200 Abnehmer – was für die Kalkulati- des 4. Jhdts. v. Chr., die trotz allen Wohlwollens des on nicht uninteressant ist. Dank dieser engen Kontakte Freistaats Bayern ohne die Unterstützung des Vereins zwischen Freundeskreismitgliedern und Museum hat niemals hätte erworben werden können. Ein Kraftakt, sich im Lauf der Jahre ein fester Stamm von freiwil- der den Verein an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit ligen Mitarbeitern herausgebildet, ohne die manche führte. (Zu den Erwerbungen vgl. den Beitrag „….“ im Aktivitäten des Museums gar nicht durchführbar wären. vorliegenden Heft) Dazu zählen insbesondere die jährlichen Aktionswo- chenenden („Tag der offenen Tür“), die Betreuung des Suchspiels während der Ferienaktion, der Weihnachts- FORSCHERGEIST basar im Museum, die Besetzung von Verkaufsständen „Der Freundeskreis widmet sich diesen Aufgaben durch bei Großausstellungen oder der Einsatz bei Kongressen (…) Veranstaltung von Gastvorlesungen (…), Förderung – dank der Mitarbeit von Freundeskreislern konnten der der wissenschaftlichen Unternehmungen des Museums Internationale Ägyptologen-Kongress, die International (z. B. Grabungen).“ Conference of Meroitic Studies, mehrmals die Ständige Exklusiv: Führung am Modell des Grand Egyptian Museum in Giza Viele Projekte hat der Freundeskreis gefördert, deren Ägyptologen-Konferenz sowie die Jahrestagung des Realisierung ansonsten nicht möglich gewesen wäre. Comité pour l’Égyptologie des International Council of verschlossen sind – der Dendur-Tempel im Metro- SAMMELEIFER Dazu zählt die Finanzierung zahlreicher Gastreferenten Museums – um nur die wichtigsten Tagungen zu nennen politan Museum ebenso wie das Magazin der Ägypti- der internationalen Ägyptologie über die Jahre hinweg, - ohne jedes Fremdpersonal durchgeführt werden. schen Abteilung im Royal Ontario Museum in Toronto, „Die Mittel sind insbesondere dazu bestimmt, aber auch der Ausbau des Grabungshauses in Minshat So ist hier eine echte Symbiose entstanden: Die Mit- die Residenz des deutschen Botschafters in Paris im Sammlungsobjekte zu erwerben und dem Museum Abu Omar im Ostdelta, für das von anderer Seite keine glieder erhalten ein Programmangebot, das in seiner ägyptisierenden Palais Beauharnais (benannt nach dem schenk- oder leihweise zu überlassen (…)“ Mittel zur Verfügung standen, und die Anschaffung Dichte und Vielseitigkeit wohl seinesgleichen sucht, das Adoptivsohn Napoleons und Schwiegersohn des ersten einer Foto-Drohne für die laufende Grabung in Naga im Museum kann auf einen festen Stamm von Freiwilligen 10 bayerischen Königs) und das Heiligtum der französi- 1978 hatte sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden Sudan. zurückgreifen, und einige herausragende Objekte ha- 11 schen Intellektuellen, die Académie Française. erstmals ein Betrag angesammelt, der groß genug Dank der Finanzierung durch den Freundeskreis ben ihren Weg nach München gefunden, der ihnen ohne war, ein wichtiges Objekt für die Sammlung zu erwer- konnte das Museum eine komplette ägyptologische den Freundeskreis versperrt gewesen wäre. Viele weitere Reisen schlossen sich an. Der Sudan ben – eine Grabnische des Alten Reiches. Dabei hat Forschungsbibliothek erwerben, die durch die Wieder- wurde mit Beginn der Grabungen in Naga ein belieb- sich der Freundeskreis der Erwerbungsphilosophie des vereinigung der beiden Berliner Teilmuseen verfügbar NEUBAUPLÄNE tes Reiseziel. Die diesbezüglichen Aktivitäten mussten Museums angeschlossen: Konzentration auf wenige, geworden war. Immer wieder erfährt die Bibliothek allerdings in der Folge der Entwicklungen in vielen ara- aber qualitätvolle Objekte, die sich dem Konzept einer Zuwachs durch Buchspenden von Freundeskreismit- Der im Zuge der Erweiterung der Museumsbestände bischen Ländern teilweise eingeschränkt, jedoch nicht Sammlung ägyptischer Kunst einfügen. gliedern. neu entdeckte Stellenwert Altägyptens hat die Samm- vollständig eingestellt werden. lung aus ihrem ursprünglichen Dornröschenschlaf
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis erweckt und stärker in das Bewusstsein einer breiteren Hintergrund rückten. Zahllose Gespräche mit Politi- Öffentlichkeit gerückt. Die Folge war eine durchaus erfreuliche Anteilnahme des Staates an der Entwick- kern und einflussreichen Beamten der Bayerischen Staatsverwaltung haben jedoch den Boden Schritt für AUFBAU EINER lung des Museums (mit der entsprechenden Bereit- Schritt bereitet. Der endgültige Durchbruch konnte MUSEUMSEIGENEN schaft zu finanziellen Zuwendungen), die Folge waren aber vor allem kontinuierlich und bis heute steigende dann allerdings erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts erreicht werden: Der seit langem geplante Neubau der FACHBIBLIOTHEK Besucherzahlen. Damit rückte natürlich ein Problem Hochschule für Fernsehen und Film gegenüber der Der Verein ermöglichte dem Ägyptischen Museum, verstärkt in den Vordergrund, das latent bereits seit Alten Pinakothek entlang der Gabelsbergerstraße bot das sich mit dem Umzug der Verwaltung aus dem langem existierte: Die angesichts einer steigenden Gelegenheit, in einem Zuge und äußerlich verbunden Haus der Kulturinstitute (ehemals Meiserstraße, Frequenz von Besuchern und einer wachsenden Zahl mit dem Baukomplex der Hochschule auch den Neubau heute Katharina-von-Bora-Straße 10) in die neuen von Exponaten immer spürbarer werdende räumliche des Museums zu realisieren – und das an städtebaulich Räume an der Arcisstraße 16 plötzlich nicht mehr Enge im Museum. Immerhin war der Hofgartentrakt höchst prominenter Stelle, nämlich im Zentrum des Tür an Tür mit der Bibliothek des Instituts für Ägyp- BAYERN IM NILDELTA der Residenz nicht originär als Museumsbau geplant Quartiers, das wir heute als „Kunstareal“ bezeichnen. tologie der LMU befand, den Aufbau einer muse- DIETRICH WILDUNG und errichtet. Das brachte vielfältigste Schwierigkeiten umseigenen Fachbibliothek. Auch wenn die räum- mit sich: Angefangen bei der klimatisch bedingten man- liche Distanz zur in vielen Bereichen hervorragend Von 1977 bis 1988 führte das Ägyptische Museum ein gelhaften konservatorischen Eignung der Räume über ZUKUNFTWEISEND ausgestatteten Bibliothek des Instituts nicht groß ist, Grabungsprojekt im nordöstlichen Nildelta zwischen schwierige Beleuchtungsverhältnisse, fehlende Aus- stand fest, dass es zum effizienten Arbeiten einer Kairo und dem Suezkanal durch, die erste Grabung der stellungsflächen, insbesondere für den „Motor“ jedes Mit der Fertigstellung des Museums und dessen museumseigenen Fachbibliothek bedurfte. Neben Münchner Ägyptologie. Die Ergebnisse der Grabungen modernen Museumsbetriebes, für Sonderausstellun- Neueröffnung am 12. Juni 2013 wurden die jahrzehn- den gängigen Nachschlagewerken und notwendiger in Minshat Abu Omar sind gleichermaßen für die For- gen bis hin zu den Problemen, die die Wiedereröffnung telangen Bemühungen aller Beteiligten vom Erfolg Standardliteratur konzentriert sich die Bibliothek schung wie für das Museum bedeutsam. Erstmals ist des Kaisersaals unmittelbar über dem Museum und gekrönt. Der Neubau schafft den exquisiten Samm- des Museums v.a. auf Museums-, Ausstellungs- und im Delta nördlich von Kairo eine Fundstätte der ägyp- dessen Nutzung für Zwecke staatlicher Repräsentation lungsbeständen einen angemessenen, architektonisch Auktionskataloge, objektspezifische Publikationen, tischen Vorgeschichte des späten 4. Jahrtausends v. mit sich brachte. Schließlich erwies sich die räumliche herausragenden Rahmen. Im neuen Haus stellen sich Grabungsberichte und Veröffentlichungen zum Chr. nachgewiesen worden. Minshat Abu Omar gab den Trennung der Ausstellungsräume von der gesamten dem Freundeskreis neue Aufgaben. Er stellt Mittel für Schwerpunktthema altägyptische Kunst sowie zur Anstoß für die Suche nach anderen vorgeschichtlichen Infrastruktur – Direktion, Verwaltung, Magazine, Werk- die Restaurierung alter Bestände und für die innovative Sudanarchäologie und setzt damit im Detail andere Plätzen im Norden Ägyptens; vor vierzig Jahren zeigte stätten, die in der Meiserstraße am Königsplatz unter- mediale Erschließung der Ausstellung zur Verfügung. Schwerpunkte als das Institut für Ägyptologie, so die Karte Ägyptens im 4. Jahrtausend im Delta ein völ- gebracht waren, als überaus hinderlich. Auch hier war Er hat die Ausstattung des barrierefrei konzipierten dass nicht zwei identische, sondern sich im Idealfall liges Vakuum; heute ist sie mit zahlreichen Fundplätzen es der Freundeskreis, der sich dieser Themen annahm Raumes „Ägypten (er)fassen“ ermöglicht, der über- ergänzende Fachbibliotheken entstehen. Der Freun- belegt. und gemeinsam mit der Museumsleitung sowie den regional als vorbildhafte Initiative gewürdigt wird. Er deskreis ermöglichte den Ankauf einer Dubletten-Bi- Für das Museum in München brachte die Ostdelta-Gra- Verantwortlichen des Ministeriums und der Schlösser- unterstützt Veranstaltungsprogramme und Publika- bliothek aus Berlin, die durch die Zusammenlegung bung einen großen Zuwachs an Objekten; denn zwei Mal verwaltung intensivst nach Mitteln und Wegen suchte, tionen und trägt damit zur öffentlichen Akzeptanz des der ehemaligen West- und Ostberliner Ägyptischen konnte eine Fundteilung durchgeführt werden, bei der für das Museum eine neue und ihrem Rang angemes- Museums bei. Er ermöglicht Sonderausstellungen und Sammlungen auf der Museumsinsel zum Verkauf über 500 Objekte dem Museum zugesprochen wurden. sene Unterbringung zu finden. Kurzum, das Museum setzt damit aktuelle Akzente. Durch die Förderung von stand. Die ca. 3500 Bände bildeten zusammen mit ei- Das vorgeschichtliche Grab im Raum „Jenseitsglaube“ brauchte dringend einen Neubau! Grabungsprojekten und den Ausbau der Fachbibliothek nigen bereits zuvor vorhandenen Werken den Grund- ist originalgetreu mit Grabungsfunden bestückt. . leistet er einen Beitrag zur Forschungsförderung. Mit stock einer Bibliothek, die seither stetig ausgebaut Der Freundeskreis hat bei der Logistik der Grabung Gegen Ende er 80er Jahre schien mit den Vorplanungen einem Wort: Der Freundeskreis ist auch nach vierzig wird. Sehr hilfreich für die Erweiterung der Bestände segensreich gewirkt. Die Lebensumstände in einem für einen Neubau an der Ostseite des Königsplatzes Jahren so lebendig wie eh und je sind auch die Buchspenden einiger Freundeskreis- alten angemieteten Haus mitten in einem schmutzigen beinahe ein gewisser Durchbruch erreicht zu sein. mitglieder, die in die Bibliothek integriert werden Dorf waren auch bei bescheidensten Ansprüchen kaum Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und mit oder – wenn bereits vorhanden – zugunsten des zumutbar. Durch eine Zuwendung des Freundeskreises 12 ihr der ehemaligen DDR, der zur von uns allen sehn- Bibliotheksausbaus im Modernen Antiquariat des konnten rings um den Hof des Hauses einfache klei- 13 lichst gewünschten deutschen Wiedervereinigung Museumsshops verkauft werden. Derzeit wird an der ne Schlafräume gebaut werden, die ein Mindestmaß führte, traten allerdings auch neue und in ihrer Dimen- digitalen Erschließung der Bestände im Verbundka- an Sauberkeit gewährleisteten. So war die spontane sion ganz gewaltige Probleme in den Vordergrund. Die talog des Bibliotheksverbunds Bayern gearbeitet. Äußerung einer Besucherin aus Deutschland vor dem Konsequenz war, dass die öffentlichen Haushaltsmittel Bau der neuen Räume nicht mehr gerechtfertigt, die in andere Richtungen gelenkt werden mussten und mit Blick auf eine unserer Mitarbeiterinnen im alten . dementsprechend die Wünsche nach einem neuen Grabungshaus sagte: „Das ist dieser jungen Frau auch ägyptischen Museum beinahe zwangsläufig in den nicht an der Wiege gesungen worden, dass sie einmal in diesem Dreckloch verkommen würde.“
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis HAND IN HAND Die Museumspädagogik - die Vermittlung der musealen Inhalte, des Museumskonzeptes und der ausgestell- offenen Tür, inzwischen mit einem bunten Programm für Erwachsene und Kinder. DER FREUNDESKREIS UND ten Objekte an die Besucher - ist seit jeher eines der 1999 fand in München – nach dem Vorbild anderer DIE UNTERSTÜTZUNG DER Hauptanliegen des Ägyptischen Museums. Im Jahr 1984 wurde erstmals eine Sommerferienaktion für Kinder Städte – erstmalig die „Lange Nacht der Museen“ statt. 2008 und 2014 war das Ägyptische Museum sogar Pla- MUSEUMSPÄDAGOGIK angeboten, auch Schulklassenführungen gehörten katmotiv! Hier sind wir von Anfang an und inzwischen schon immer zum Programm. Doch die Museums- auch mit dem nachmittäglichen Kinder- und Familien- ROXANE BICKER pädagogik will noch viel mehr und richtet sich nicht programm dabei. Schon immer haben wir bei solchen Was wäre ein Museum ohne Veranstaltungen? Was ausschließlich an Kinder, wie oftmals gedacht wird, Veranstaltungen auf die Mithilfe des Freundeskreises wäre ein Museum ohne Kinder, ohne Schulklassen? sondern sie zielt auf alle Besucher ab. Dazu gehört na- gesetzt. Die dünne Personaldecke des Museums hat Was wäre das Museum ohne die Unterstützung des türlich auch die Beteiligung an diversen Großveranstal- es nie zugelassen, dass wir solche Tage ganz alleine Freundeskreises? tungen. Dies wäre ohne die tatkräftige Unterstützung stemmen konnten. Die Mitglieder unterstützen uns der Helfer aus dem Freundeskreis nicht möglich! am Bistro, lesen Märchen vor, betreuen die Schreiber- „Er (der Freundeskreis) dient der ideellen und ma- schule und das Suchspiel, verkaufen Eintrittskarten, Kurz vor dem Umzug ins neue Haus haben wir ein teriellen Unterstützung der Arbeit des Staatlichen informieren und beantworten unermüdlich Fragen. INTERNATIONALER MUSEUMSTAG Projekt für Schulklassen namens „In der Schrei- Museums Ägyptischer Kunst München. UND LANGE NACHT berschule“ entwickelt. In drei Stunden erfahren SOMMER UND WINTER die Kinder hier alles über die Hieroglyphenschrift, Der Freundeskreis widmet sich diesen Aufgaben durch Der Internationale Museumstag wurde im Jahr 1978 den Beruf des Schreibers und den altägyptischen Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit des Museums das erste Mal durch den Internationalen Museumsrat Im alten Haus in der Residenz gab es lange Jahre das Schulunterricht. Neben der Theorie gibt es natür- durch Veranstaltung von Vorträgen, Gastvorlesungen, ICOM ausgerufen – er ist damit also nur geringfügig 6-wöchige Sommer-Suchspiel, für kleine und große lich auch Praxisanteile: es wird altägyptische Tinte Kursprogrammen, Führungen, (…)“ jünger als der Freundeskreis. Er findet immer am 3. Kinder, ab und an sogar für die erwachsenen Begleiter. angemischt, Papyruspflanzen inspiziert und ganz Sonntag im Mai statt. Das Museum beteiligt sich seit Dies wurde immer mit großem Einsatz von Mitglie- altägyptisch mit Binsen auf Papyrus und Ostraka (Auszug aus der Satzung des Freundeskreises) 1989 an dieser Veranstaltung, zunächst als Tag der dern des Freundeskreises betreut. Suchspielbögen geschrieben. Die Schreiberpaletten, mit denen die mussten ausgegeben, Hilfestellung gegeben (mehr bei Kinder in diesem Projekt arbeiten, wurden vom den Großen als den Kleinen…) und natürlich die Er- Freundeskreis gestiftet. Dafür an dieser Stelle einen gebnisse kontrolliert werden. Im Winter, wenn es auf herzlichen Dank von allen Beteiligten! die Weihnachtszeit zugeht, haben wir mangels Shop in der Residenz in einigen Jahren einen Weihnachtsbazar angeboten, im neuen Haus auch schon mehrfach ein zur Vorweihnachtszeit – oder das Antiquariat nicht feh- Antiquariat. Beide Verkaufsstände wurden von Freun- len. Gerade bei letzterem wird das Museum nicht nur deskreislern betreut, das eingenommene Geld kam von den Freundeskreislern beim Verkauf unterstützt, museumspädagogischen Projekten oder der Bibliothek oftmals sind sie auch die besten Kunden! zugute. IM NEUEN HAUS FREUNDESKREIS-TAG Mit Eröffnung des neuen Hauses im Jahr 2013 stand Um den Freundeskreis, seine Angebote und Förderun- das Museum vor einer ganz neuen Herausforderung. gen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen Am alten Standort schmerzlich vermisst, sollte es im und natürlich auch um neue Mitglieder zu werben, fand Neubau endlich einen Museumsshop geben, doch die 14 im Dezember 2009 der erste Freundeskreis-Tag „Von Suche nach einem Pächter gestaltete sich schwieriger 15 Freunden für Freunde“ statt – und wer kann den Verein als gedacht. So entschlossen wir uns, den Shop zu- besser bewerben als seine Mitglieder? nächst in Eigenregie zu betreiben, im Verkauf unter- Neben Projektpräsentationen, die vom Freundeskreis stützten uns gut ein halbes Jahr Freiwillige des Freun- gefördert wurden, werden an diesen Tagen auch immer deskreises. wieder spektakuläre Neuerwerbungen präsentiert, Nachdem der Laden dann von Frau Saal übernommen . Vorträge aus Museums-und Vereinsgeschichte und wurde, stehen immer noch einige Freundeskreisler als Führungen gehalten. Natürlich darf auch der beliebte sachkundige Helfer im Shop bereit; wir bedanken uns Basar – im alten Haus mit ägyptischem Schnickschnack an dieser Stelle ganz herzlich bei ihnen
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis WARUM BRAUCHT ES ÜBER- Kulturförderung im Bundesvergleich recht gut, und gerade das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst kann HAUPT DIE FINANZIELLE sich mit seinem 2013 eröffneten Neubau sicherlich FÖRDERUNG DURCH EINEN nicht über mangelnde staatliche Förderung beklagen. Nichts desto trotz sind die finanziellen Grenzen des zu- FÖRDERVEREIN? gewiesenen Museumshaushaltes klar gezogen, so dass es - zumindest aus Sicht der „Museumsleute“ - immer In Deutschland erfolgt die staatliche Kulturförderung eine Vielzahl von Projekten, Veranstaltungen oder auf kommunaler, regionaler, Landes- und Bundes- Neuankäufen geben wird, für die die von staatlicher ebene. Im Falle des Staatlichen Museums Ägyptischer Seite zur Verfügung gestellten Mittel nicht ausreichen. Kunst ist der Freistaat Bayern Träger des Museums Hier kann private Kulturförderung die Förderung durch und gewährleistet durch die Zuweisung eines jährlich die öffentliche Hand ergänzen. Viele privatwirtschaft- vom Finanzministerium festgesetzten Etats den dau- liche Förderer und Sponsoren und dort vor allem die erhaften Betrieb. Diese Zuständigkeit ist in der Lan- gewinnorientierten Unternehmen sind aber in der Regel desverfassung verankert und folgt den Bestimmungen an Einzelvorhaben interessiert, die auch ihnen selbst des Grundgesetzes, in dem es heißt, dass die Erfüllung einen Nutzen bringen und sind so häufig stark an der der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, soweit Publikumswirksamkeit einer Maßnahme orientiert. das Grundgesetz keine anderen Regelungen trifft oder Gerade vor diesem Hintergrund haben es die Macher zulässt (GG Art. 30). Aus den gesetzlichen Regelungen von Großveranstaltungen, Sportevents oder Konzerten lässt sich aber wegen der fehlenden Konkretisierung oft sehr viel leichter als die Museen, Sponsoren für ihre der betreffenden Gesetzespassagen zumindest aus Zwecke zu gewinnen. Dies macht einen Förderverein juristischer Sicht keine direkte Pflicht zur Kulturför- wie den Münchner Freundeskreis, der von derartigen derung ableiten. Aus diesem Grund wird die Kulturför- Überlegungen unabhängig agieren kann und nicht auf derung deutschlandweit vor allem in Zeiten knapper kurzfristige „Werbeeffekte“ abzielt, für das Museum so . Kassen oft als freiwillige staatliche Aufgabe und damit wichtig. So trägt der Förderverein seit nunmehr 40 Jah- als Einsparpotential erkannt und sehr schnell der ren einen wesentlichen Teil zum Erfolg des Ägyptischen Rotstift gezückt. Nun geht es den Bayern auch bei der Museums bei FÖRDERUNG DES NAGA-PROJEKTES schungsgemeinschaft (DFG) und des Auswärtiges Amtes, derzeit ERWERBUNGEN DES Ein neues Förderprojekt ist die durch Mittel des Qatar-Sudan-Ar- FREUNDESKREISES Grabung des Museums in Naga, cheological-Projekt (QSAP); als die SYLVIA SCHOSKE einer Stadt des antiken König- qatarische Finanzierung 2015 vor- reichs von Meroë im heutigen übergehend unterbrochen wurde, Seit seiner Gründung hat der Freundeskreis das Muse- Erwerbungen ermöglichte der Verein die Erwerbung Sudan. Von Prof. Dr. Dietrich ermöglichte eine zweckgebundene um bei dessen Erwerbungen finanziell unterstützt – im durch eine Vorfinanzierung des gesamten Kaufpreises, Wildung 1995 begründet, wurde Spendenaktion des Freundeskrei- Laufe der Jahre mit rund 1,5 Millionen Euro. Die vom der dann über mehrere Jahre hinweg aus staatlichen das Naga-Projekt im Jahre 2013 ses die Fortsetzung der Arbeiten in Freundeskreis erworbenen Objekte gehen generell Ankaufsmitteln aufgebracht wurde. Dabei wurden vom Ägyptischen Museum Berlin Naga. Bereits im Jahr 2014 konnte ins Eigentum des Freistaats Bayern über und werden stets dieselben strengen Kriterien angelegt wie für 16 nach München übernommen und aus Spendenmitteln von Freundes- wie Ankäufe aus öffentlichen Mitteln inventarisiert. In die Ankäufe des Museums aus eigenen Mitteln, und 17 wird seither mit zwei Grabungs- kreismitgliedern eine Foto-Drohne den meisten Fällen wurde und wird der Kaufpreis für die Neuerwerbungen waren (und sind) stets für die kampagnen pro Jahr fortgesetzt angeschafft werden, mit deren Hilfe ein bestimmtes Objekt, das jeweils von der Direktion Dauerausstellung des Museums vorgesehen, nicht fürs (vgl. hierzu Maat Ausgabe 01 sowie der Grabungsfortschritt dokumen- nach sorgfältiger Prüfung dem Vorstand vorgeschla- Depot, und tragen auf ihrem Beschriftungsschild den www.naga-projekt.de). Das Projekt tiert wird und virtuelle 3-D-Modelle gen wird, vollständig vom Verein aufgebracht. Es gibt Hinweis auf die Erwerbung durch den Freundeskreis. wurde und wird ausschließlich mit der ausgegrabenen Strukturen, jedoch auch Fälle, in denen der Freundeskreis einen So gelangten im Verlauf der Jahre mit Unterstützung Drittmitteln finanziert, 1995 – 2009 Bauten und des gesamten Gra- Teil der Kaufsumme zugesteuert hat, wenn die ent- des Freundeskreises Objekte aus fünf Jahrtausenden durch Mittel der Deutschen For- bungsareales erstellt werden. sprechenden Haushaltsmittel des Museums nicht ins Museum, mit denen sich eine eigene kleine Ge- ausreichten (Teilfinanzierung). Bei einigen größeren schichte der altägyptischen Kunst schreiben ließe.
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis MODELLBOOT IN GESTALT EINES KROKODILS FIGUR EINES FALKEN Der Leib eines Krokodils ist umgedeutet zu einem Charakteristisch für die ägyptische Kunst in der ausge- Bootskörper, in dem ein Passagier Platz genommen henden Vorgeschichte ist die rein plastische Gestaltung hat. Er saß einst in einer Kajüte aus vergänglichem bei einer weitgehenden Reduktion der Form; dabei wird Schilf, die in den Bohrlöchern knapp unterhalb des auf die Angabe jedweder Details verzichtet. Dies gilt Randes befestigt war. Ob die drei kleinen, mumien- gleichermaßen für die Darstellung des Tieres wie des förmigen Figürchen zu diesem Ensemble gehören, Menschen; die elegantere Linienführung, die überzeu- ist nicht sicher. Sie wären dann die rundplastische gendere Ausführung ist dabei eindeutig in der Tierdar- Ergänzung der Rudermannschaft, die im Inneren des stellung zu finden. Die kleine Statue eines tief geduckt Tierkörpers unterhalb des Randes aufgemalt ist: je vier hockenden Falke ist eine der ältesten Tierplastiken Ruderer mit angezogenen Knien, dreieckigem Ober- überhaupt und in ihrer Abstraktion ein hervorragendes körper und kugeligem Kopf. Dunkelrote Wellenlinien Beispiel für die Prinzipien der spätvorgeschichtlichen auf Bauch und Flanken deuten das Lebenselement des Kunst: Weiter kann die Form ohne Verlust der Eindeu- Tieres an. Die eng an den Leib gepressten Gliedmaßen tigkeit nicht mehr zurückgenommen werden. Die Krüm- deuten die Geschwindigkeit an, mit der das Tier durch mung des Raubvogelschnabels ist im Ansatz erhalten; das Wasser gleitet. Das gefährliche Krokodil, später ein die Augen sind tief gebohrt und waren aus anderem Begleiter des Sonnengottes, geleitet den Verstorbenen Material, vielleicht Lapislazuli, eingesetzt. sicher durch die Unterwelt. Die Haltung des Vogels ist ein wichtiger Hinweis auf Schiffe haben in der Vorgeschichte eine herausragende seine zeitliche Stellung: Je stärker er geduckt ist, desto Bedeutung. In einem Land, dessen einzige Verkehrs- früher ist die Darstellung zu datieren. Der erste, älteste ader ein Fluss ist, und in dem Schiffe das einzige Titel des ägyptischen Königs lautet „Horus“ und wird Verkehrsmittel darstellen, um größere Entfernungen zu mit dem Bild eines Falken geschrieben. In den ältesten überbrücken, sind sie nicht nur Gebrauchsgegenstände Inschriften um 3200 v. Chr. ist der Falke am stärksten im Alltag. Ihr Besitz ist für den Herrscher unabdingbar geduckt und richtet sich dann im Laufe der Zeit auf. für die Erhaltung und Ausweitung seines Machtgebie- Diese Figur war wegen ihrer originalen Bohrung an der tes; sie sind Statussymbole auch für nichtkönigliche Unterseite Teil einer Falkenstandarte: Bereits in proto- Eigentümer. Daher zählen Boote und Modelle von dynastischer Zeit geht dem König bei öffentlichen Auf- Schiffen in verschiedensten Formen zu den besonders tritten das „Horusgeleit“ voran, das aus einer Gruppe kostbaren Grabbeigaben in vorgeschichtlicher Zeit. von vier Priestern besteht. Sie tragen auf hohen Stan- Das Bootsmodell ist ein frühes Meisterwerk altägypti- gen rundplastische Götterbilder, die Standarten, vor scher Tierplastik und fügt den exzellenten Beständen sich her, die auch in pharaonischer Zeit einen wichtigen aus vorgeschichtlicher Zeit ein bislang singuläres Bestandteil des Kultgeräts jeden Tempels bildeten. Einzelstück hinzu. Zur Zeit nicht ausgestellt, wird es Falkenstatuen aus dem Umfeld der sogenannten seinen endgültigen Platz im Raum „Fünf Jahrtausende“ „Reichseinigungszeit“ sind nur in wenigen Beispie- finden. len überliefert. Zusammen mit zwei vergleichbaren Miniaturfalken bildet diese Falkenfigur ein einmaliges Nilton, bemalt | L. 45,5 cm, H. 7,7 cm, Br. 9,5 cm, H. der Sitz- Ensemble, ausgestellt in einer Vitrine mit weiteren Bei- figur 9,9 cm | Vorgeschichte, Negade II, um 3300 v.Chr. spielen früher Tierplastik im Raum „Kunst und Form“. 18 ÄS 6759 | Erwerbung 1983, Teilfinanzierung 19 Kalzitalabaster | H. 5,5cm, L. 13 cm, B. 4,5 cm Lit.: S. Schoske, in: MJbK, Dritte Folge, Band XXXIV, 1983, S. Protodynastisch, Negade III, um 3100 v. Chr. 201-202, Abb. l; Kat. München 1985, S. 4-5, Abb. 1; Egyptian Art ÄS 7184 | Erwerbung 2000, Teilfinanzierung in Munich, München 1993, S. 3, no. l; SSÄK 1995, S. 41, Abb. 39; Am Beginn der Zeit, S. 28-29, Kat. 26; Faraón, S. 59, cat. 39; Lit.: Am Beginn der Zeit, S. 42, Kat. 57; Faraón, S. 44, cat. 21; Last Exit Munich, S. 104, Kat. 84; Münchner Buch, S. 22, Last Exit Munich, S. 110-111, Kat. 94; Münchner Buch, S. 28, Abb. 16 Abb. 20 Modellboot in Gestalt eines Krokodils Figur eines Falken
MAAT 02 | 40 Jahre Freundeskreis MÄNNLICHE FIGUR GRABNISCHE DER CHNUMIT Die kopflose, oberhalb der Knie gebrochene Statuette In der architektonischen Rahmung von Rundstab und eines Mannes wird charakterisiert durch eine äußerst Hohlkehle – Reminiszenzen der Lehmziegelarchitek- sorgfältige Modellierung sämtlicher Körperpartien: der tur – ist ein zweifach abgetrepptes Inschriftenband athletische Oberkörper mit starker Betonung der Taille eingebettet, in dessen Zentrum eine Scheintür sitzt – und markant hervortretenden Hüftknochen ebenso eine Modelltür en miniature, die die Idee vom Grab als wie die muskulösen Arme mit den durch die Angabe Wohnhaus des Verstorbenen ins Relief umsetzt. Dies des Handgelenks deutlich abgesetzten feingliedrigen war in den Gräbern die Hauptkultstelle, die Kontakt- Händen. Die formale Geschlossenheit dieser Figur re- stelle zwischen Diesseits und Jenseits, hier kann die sultiert aus ihrem streng symmetrischen Aufbau. Ihre Seele des Verstorbenen das Grab verlassen und betre- innere Dynamik und Spannung beruht auf der gleich- ten. Über der Scheintür findet sich wie oft die Darstel- zeitig asymmetrischen Gestaltung, die bewusst der lung des Verstorbenen am Opfertisch – in der realen Gesteinsmaserung folgt. Architektur von Wohnhäusern findet sich an dieser Wie die Bruchkante im Halsbereich zeigt, trug diese Stelle ein Fenster. Die Inschrift enthält die sogenannte Statuette einen kurzen Vollbart; der auf dem Rücken Opferformel, ein standardisiertes Gebet an die Götter vorspringende Steg gehörte ursprünglich zu einer Pe- des Jenseits, in dem auch dem Verstorbenen Opferga- rücke, die nach dem Verlauf des Bruches vorne auf den ben zugesichert werden – hier handelt es sich um die Schultern auflag und im Nacken in ein breites Haarteil Hofdame Chnumit, die Priesterin der Göttin Hathor war überging. Einziges Kleidungsstück ist eine mit zwei und den Ehrentitel „Einzigartiger Schmuck des Königs“ vertikalen Ritzlinien dekorierte Phallustasche, die von trug. Sie steht viermal am unteren Ende der Inschrift- einem schmalen, knapp unterhalb des Nabels mit einer zeilen – zugleich Bildnis der Grabherrin und Hierogly- Schnalle versehenen Gürtelband gehalten wird. Unter- phe. halb der linken Brust ist kaum sichtbar der Horusname An diese zentrale Scheintür schließen rechts und links des Königs Skorpion eingeritzt. Der somit inschriftlich zwei Seitenwände in rechtem Winkel an, auf denen gesicherten Datierung entsprechen Typologie, Stilistik Chnumit vor einem reich gedeckten Speisetisch sitzt. und Ikonographie der Statuette, die den Übergang von Darüber ist jeweils ein kleines Bildfeld angeordnet, in der archaisch-abstrahierenden zur klassischen rund- dem Priester bei Opfer und Gebet dargestellt sind. Die plastischen Menschendarstellung markiert. Konzentration verschiedenster Szenen auf engstem Die Figur zählt zu den ältesten rundplastischen Bild- Raum und die überlängten Proportionen der Figuren werken aus Stein und ist zusätzlich eine der wenigen sind Kennzeichen der Kunst des ausgehenden Alten Statuen der Reichseinigungszeit mit einer königlichen Reiches. Namensinschrift. Sie ist in der Auftaktvitrine des Rau- Die Grabnische steht an prominenter Stelle im Raum mes „Kunst und Zeit“ ausgestellt. „Jenseitsglaube“ und ist das vollständigste Ensemb- le seiner Art in der Sammlung. Die linke untere Ecke Gebändertes Sedimentgestein konnte kurz nach dem Erwerb der Scheintür bei einem H. 11,2 cm, B. 7,5 cm, T. 4,1 cm Privatsammler ausfindig gemacht werden. Protodynastisch, »Dynastie 0«, Zeit des Königs Skorpion, um 3025 v. Chr. Kalkstein, bemalt | H. 134,5 cm, Br. 90,5 cm, T. 13 cm 20 ÄS 7149 | Erwerbung 1995 linke Seitenwand H. 69,5 cm, Br. 45 cm, T. 14,5 cm 21 rechte Seitenwand H. 62,5 cm, Br. 49,5 cm, T. 14,5 cb. 9-10m Lit.: Am Beginn der Zeit, S. 33, Kat. 40; Münchner Buch, Altes Reich, 6. Dynastie, um 2200 v. Chr. S. 32, Abb. 24 ÄS 6288/6761 | Erwerbung 1978 (Teilfinanzierung) und 1981 Lit.: D. Wildung, in: MJbK, Dritte Folge, Band 30, 1979, S. 199ff.; Fünf Jahre, S. 10-11; Kat. München 1985, S. 16-18; SSÄK 1995, S. 77-78, Abb. 88-89; Münchner Buch, S. 48-49, Abb. 39 Männliche Figur Grabnische der Chnumit
Sie können auch lesen