Die Nische lebt Bayerns Magazinlandschaft - Positionspapier Medienkompetenz Tarifabschluss - ein Meinungsbild Vorschau auf den FREItag ...
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Positionspapier Medienkompetenz Tarifabschluss – ein Meinungsbild Vorschau auf den FREItag Journalisten und die AfD Ausgabe 4/2018 www.bjv.de / www.djv.de Die Nische lebt Bayerns Magazinlandschaft
Pressestellen A bis Z im BJVreport Ab Seite 16 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW), Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Verkehr (VK), Unternehmen (U), Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK): A F Süddeutscher Verband AFAG Messen und Flughafen München (VK) reisender Schausteller und Ausstellungen (MA) Handelsleute (VB) AUDI (U) G/H swa Stadtwerke Augsburg Holding (E) GVB Genossenschaftsverband B/C Bayern (F) T/U Bauindustrie Bayern/ Hanns-Seidel-Stiftung (BW) Thüga (E) Bayerischer Bauindustrieverband (VB) I/J/K TÜV Rheinland (U) Bayerische Interhyp Gruppe (F) TUM Technische Universität Landesärztekammer (K) München (BW) Bayerische L/M V Landeszahnärztekammer (K) LEONI (U) VAG Verkehrs- Bayerischer Jagdverband (VB) LEW Lechwerke (E) Aktiengesellschaft (VK) Bayerngas (E) LMU Ludwig-Maximilians- VdK Bayern Sozialverband (SK) Bayernhafen (VK) Universität München (BW) Versicherungskammer Bayern (V) Bayernwerk (E) VGN Verkehrsverbund Bischöfliche Aktion Adveniat (SK) N Großraum Nürnberg (VK) BMW Group (U) N-ERGIE (E) NÜRNBERGER W D Versicherungsgruppe (V) wbg Nürnberg Immobilien (U) DIEHL Diehl Stiftung (U) NürnbergMesse (MA) DRÄXLMAIER Group (U) O/P/R OMV Deutschland (U) Dank auch den Sonderinserenten: E Erdgas Schwaben (E) Preh (U) • Akademie der Bayerischen Presse E-T-A Elektrotechnische S • Presse-Versorgung Apparate (U) Sparkassenverband Bayern (F) (Versorgungswerk der Presse) StWN Städtische Werke Nürnberg (U) Kontaktbörse „Pressestellen“ Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“ für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben. Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für nur 1350,– EUR zzgl. MwSt. Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung: Mediasüd, Robert Macher, Telefon 0 91 81 / 29 99-477, Fax 0 91 81 / 29 99-479, robert.macher@mediasued.de
Inhalt Es lebe die Nische! Kaleidoskop 4 Medienköpfe Print ist tot? Von wegen! Glaubt man dem 5 Social Media auf Papier Statistikportal „Statista“ ist die Zahl der in Deutschland publizierten Publikumszeit- Verband schriften seit 1997 von gut tausend Titeln auf 6 Journalisten gehen als Medienerzieher in die Schulen mehr als 1600 gestiegen. Jede noch so kleine BJV verabschiedet Positionspapier Medienkompetenz Nischenpublikation scheint ihre Leserschaft zu finden. Das war es dem BJVreport-Team Titel wert, genauer auf Trends in der bayerischen 8 Lust auf mehr Zeitschriftenbranche zu schauen. Wir wollten Ein Blick auf Trends in der Zeitschriftenbranche Michaela Schneider wissen, wer er eigentlich ist – dieser Magazin- 11 Der Gewerkschaft so fern Leitende Redakteurin journalist, über den auch der BJV (noch) viel Zeitschriftenredakteure erleben rasanten Berufsbildwandel Foto: Günter Schneider zu wenig weiß. Wir sprachen mit Kollegen, 12 Kleines Glück in der Nische die gleichermaßen mit Leidenschaft und Leidensdruck eigene Zeit- Mit Leidenschaft produzieren Journalisten eigene Magazine schriften herausgeben. Und wir blickten auf Fachverlage, die sich neu 14 Symbiotische Partnerschaft erfinden müssen in einer Zeit, in der Unternehmen über eigene Kom- Fachverlage müssen sich selbst neu (er)finden munikationskanäle verfügen. Ab Seite 8 16 Pressestellen Die eigentlichen Profis sind meist nicht beteiligt, wenn in Schulen ge- Medienszene lehrt wird, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Medien aussieht. 22 Ärger mit der AfD Deshalb hat der BJV ein „Positionspapier Medienkompetenz“ verab- Journalistischer Umgang mit der Partei fällt schwer schiedet und fordert: Journalisten müssen als Medienerzieher in Schu- 23 Vorschau auf den FREItag 2018 len gehen. Ab Seite 6 24 Rundfunk aus Leidenschaft Blick auf kreative Formate beim Branchentreff in Nürnberg Keiner wusste so genau, wohin die Reise führt, bei der Aktion #Repor- 26 Neue Stadt, neue Perspektive terTausch2018. Auch Lokaljournalisten aus Bayern schnupperten fünf Auch Bayern dabei bei Aktion #ReporterTausch2018 Tage lang in fremde Redaktionen hinein. Seite 26 Verband Frischer Wind tut immer gut! Bei den Lokalrundfunktagen in Nürn- 27 Journalist oder Mensch? berg stellten Journalisten kreative Formate vor. BLM-Präsident Sieg- Auf ein Wort mit Michael Busch fried Schneider konnte vermelden: Radio erreicht trotz Streaming- 28 Aus dem Verbandsleben diensten überdurchschnittlich viele junge Hörer. Ab Seite 24 30 „Die fehlende Wertschätzung demotiviert“ Stimmungsbild nach Urabstimmung und Tarifabschluss 32 Wer ist hier behindert? Unser Titelbild Tipps für eine angemessene und respektvolle Berichterstattung Bayerns Magazinlandschaft ist kunterbunt. Wa- Service rum also nicht bei Gute-Laune-Wetter für Ur- 33 Recht laubsstimmung sorgen? Das dachte sich Foto- Worauf es bei einer Gegendarstellung ankommt grafin Corinna Guthknecht, als sie im Münchner 34 Technik Olympiapark die Wäscheleine spannte und eine Die Produktion von Podcasts ist gar nicht so schwer farbenfrohe Zeitschriftenauswahl anklammer- 36 Rezensionen te. Denn vom billigen Kiosk- bis zum hochprei- Corinna Guthknecht 37 Termine sigen Special-Interest-Magazin, vom kleinen Foto: Matthias Döring Nischenprodukt wie MUH! bis zum Massen- Zur Person medium wie CHIP hat der Freistaat alles zu bieten. Und die Leser wissen, 38 Jubilare was sie wollen, wie auf Seite 8 zu sehen ist: Gezielt pickt sich unser Model 39 Impressum eine Zeitschrift von der Leine. Guthknecht macht derzeit ein Fotovolon- 40 Preise, Preise, Preise tariat bei der Süddeutschen Zeitung. Zuvor hatte sie den Master Design 40 Nachrufe und Medien und den Bachelor in Fotojournalismus und Dokumentarfo- tografie in Hannover abgeschlossen, wirkte als Bildredakteurin für den Sagen Sie mal … Weser-Kurier und studierte Publizistik- und Kommunikationswissen- 41 „Das Gefängnis schreckt Tunca nicht mehr“ schaften in Zürich. 2017 gewann sie beim Wettbewerb „Pressefoto Bay- Die baldige Harvard-Stipendiatin Ulrike Köppen bleibt ern“ des BJV in der Kategorie Nachwuchs. dran am Schicksal des türkischen Kollegen Öğreten BJVreport 4/2018 3
Me dien -Szene Kinga Rustler Bayerischen Fernsehen (unter ande- (@KingaRustler) rem „Gipfeltreffen“), ist einer von verstärkt seit 64 Geehrten, denen Ministerpräsi- Juni als weitere dent Söder Ende Juni „für ihre her- Foto: Hanna Klein stellvertretende vorragenden Verdienste um den Chefredakteu- Freistaat Bayern und das bayerische rin neben Ben- Volk“ den Bayerischen Verdienstor- jamin Reuter das Führungsteam den übergeben hat. der deutschen HuffPost. Die Foto: Kilian Bishop / Studio Condé Nast 34-Jährige war bisher unter ande- Wolfgang Ker- rem für Welt am Sonntag und Stern ler (@Wolfgang- journalistisch tätig. Zuletzt baute Kerler) ist Nach- sie bei Focus Online das neue Un- folger von terhaltungsressort auf. Nikolaus Rött- Rund 15.000 Karikaturen habe er in seinem Berufsleben schon ge- ger bei Wired. Horst Rettig führt seit Juli die Ge- zeichnet, schätzt Dieter Hanitzsch. Eine einzige hat einen tiefen Ein- Das Tech-Ma- schäfte des Regionalsenders mün- schnitt hinterlassen: Weil er Israels Ministerpräsidenten Netanjahu in gazin von Condé Nast hat seinen chen.tv. Er löste dort Christoph Der Stürmer-Manier überzeichnet habe, schasste die Süddeutsche Zei- Redaktionssitz von Berlin nach Winschuh ab. Die Gesellschafter tung im Mai ihren langjährigen Karikaturisten. Der Deutsche Presse- München verlegt und erscheint nur von münchen.tv loben Rettig als rat lehnte eine Rüge für die Karikatur indes ab, und so stand für Ha- noch digital. Kerler, 32, war bislang „münchenkundigen Medienexper- nitzschs nächsten Karriereschritt nichts mehr im Wege: Mit 85 hat er multimedialer BR-Korrespondent ten“. Fast 15 Jahre war er Anzeigen- in der Abendzeitung eine neue, alte publizistische Heimat gefunden. im ARD Hauptstadtstudio Berlin leiter bei der Abendzeitung und Von 1961 bis in die Achtziger stand der vielfach ausgezeichnete Zeich- und leitet jetzt die neu formierte machte sich 2010 selbstständig. ner schon einmal im Dienst des Münchner Blatts. Redaktion von Wired.de. Foto: Matthias Balk/picture alliance/dpa Eric Markuse Foto: Kilian Bishop / Studio Condé Nast Alexandra Bon- (@eric_markuse) di de Antoni ist wechselt vom und Jahr Top Special tätig und arbei- teur von dpa in Berlin, verlegt sei- neue Redakti- Foto: Markus Hannich Journalismus in tete zuletzt als Berater. nen privaten Lebensmittelpunkt onsleiterin von die Politik: Der Schmidt-Hamkens führt den DLV und wird ab 2019 wieder dahoam Vogue.de und frühere Redak- gemeinsam mit dem langjährigen sein als neuer Leiter des Landesbü- folgt damit auf tionsleiter von Geschäftsführer Amos Kotte. ros Bayern & Franken. Der gebürti- Silke Friedrich, BILD München, 1962 in Ostfries- ge Franke, 50, startete einst in Mün- die den Vogue-Verlag Condé Nast land geboren, spricht jetzt für Bay- Julia Bönisch (@juliaboenisch) ist chen als dpa-Volo. Vorgänger Ende März „auf eigenen Wunsch“ erns Bauministerin Ilse Aigner bei der Süddeutschen Zeitung ge- Bernward Loheide wechselt als verlassen hat. Zuvor arbeitete die (CSU). Er soll die zuletzt schwierige glückt, was schon ihrem Vorgänger Chef ins Büro Stuttgart. 28-jährige Österreicherin frei unter Außendarstellung des Bauressorts Stefan Plöchinger erstmals zuteil- anderem für Die Presse am Sonntag, komplett verantworten. Markuses wurde: Das Münchner Blatt beför- Ruth Alexander BLONDE magazine und VICE.com. Job bei BILD übernimmt seine derte seine Digitalchefin nun auch verantwortet die Stellvertreterin Meike Scholten (@ zum Mitglied der Chefredaktion Presse- und Öf- Manuel Stark (@schreibstark) hat MeikeScholten). Die 45-Jährige ist der gedruckten SZ. fentlichkeitsar- mit der Reportage „Geteiltes Leid“ Foto: Ammy Berent seit 2001 bei beit beim Dia- über ein Ehepaar, das bei einem Axel Springer Christian Wegner folgt auf Richard koniewerk Motorradunfall sein einziges Kind und seit 2015 Rebmann an der Spitze der Südwest- München-Max- verlor, den Coburger Medienpreis Vize-Redakti- deutschen Medienholding (Süddeut- vorstadt. Die studierte Historike- gewonnen – so wie schon 2016 ein- Foto: Oliver Clausen onsleiterin am sche Zeitung, Stuttgarter Nachrich- rin tritt damit in eine neu geschaf- mal mit einer Textarbeit. Der dies- BILD-Standort ten). Der 44-Jährige war nach seiner fene Position ein. Redaktions- und mal prämierte Text erschien Ende an der Isar. Tätigkeit bei McKinsey im Vorstand PR-Erfahrungen sammelte sie zu- 2017 im Süddeutsche Zeitung Maga- der ProSiebenSat.1 Media AG fürs vor unter anderem bei der Allianz, zin. Stark besuchte bis März 2018 Christian Schmidt-Hamkens ist Digitale zuständig und soll nun in der Evangelisch-Lutherischen Kir- die Deutsche Journalistenschule in vom Deutschen Landwirtschaftsver- Stuttgart die digitale Transformation che in Bayern und bei N 24 (heute München. lag mit Hauptsitz in München zum der SWMH vorantreiben. Welt). Sprecher der Geschäftsführung ver- Weitere Preisträger auf Seite 40. pflichtet worden. Der 57-Jährige war Roland Freund (@RolandFreund), Werner Schmidbauer, seit mehr als für die Zeitungsgruppe Stuttgart bisher stellvertretender Chefredak- drei Jahrzehnten Moderator im Senta Krasser 4 BJVreport 4/2018
Net z-Szene Hitzige tet Online-Redaktionsleiter Sascha Borowski (@saschaborowski): „Als Crowd-Köpfe Reporter, Fotografen und Video-Fil- Wie wenig gedeihlich sich On- mer in der Stadt, im Social Media- line-Diskussionen – egal ob auf den und News-Blog-Team in der Redak- Websites von Medien oder in sozia- tion, einem Audioteam, und als len Netzwerken – für die meisten politische Berichterstatter beim Par- Teilnehmer entwickeln, wissen wir teitag selbst. Einer unserer Fotogra- inzwischen hinreichend. Freilich gibt Den Grimme Online Award 2018 erhielt Zeit online für „Deutschland fen war sogar im Kleinflugzeug un- es immer gute Handreichungen, wie spricht“. Jetzt geht die Aktion in die nächste Runde. terwegs, um Luftbilder der Demos Screenshot: Thomas Mrazek man journalistisch mit problemati- zu bekommen.“ Die Augsburger schen Nutzeräußerungen umgehen packten also alle gängigen Werkzeu- kann. Eine davon ist die kürzlich er- das Experiment an, am Ende disku- mus der fortschreitenden Polarisie- ge für die Berichterstattung aus – schienene Studie „Hasskommentare tierten 600 Paare in ganz Deutsch- rung hierzulande entgegenwirken. vom Einbinden von Tweets, über im Netz. Steuerungsstrategien im land. Zeit Online wurde dafür mit Nicht nur bei deutschen Crowd-Köp- kurze Video-Einspieler zur Lageein- Netz“ von Leif Kramp (@leifkramp) dem Grimme Online Award 2018 fen herrscht Redebedarf: Bei Eins- schätzung oder bei Pressekonferen- und Stephan Weichert (@stephan- ausgezeichnet, die Jury lobte: „Mit zu-Eins-Gesprächen können auch in zen bis hin zu Verkehrsinformatio- weichert). Die beiden Medienwissen- ihrer Aktion hat sich die Redaktion Österreich, der Schweiz, Norwegen nen oder Links auf eigene Berichte. schaftlern begleiten den digitalen über die Grenzen des Journalismus und Dänemark Menschen ihre un- Dialog mit ihrer Arbeit sehr konst- hinaus mitten in die Gesellschaft hi- terschiedlichen Meinungen austau- Allein der Newsblog wurde 110.000 ruktiv, das gelingt nicht allen neingewagt. In einer Zeit, in der poli- schen. Als technische Grundlage Mal abgerufen, sagt Borowski. Das Forschern. Bei der von der Landes- tische Diskussionen zunehmend von dient die Open-Source-Plattform My Feedback sei durchwegs positiv ge- anstalt für Medien NRW herausge- Gereiztheit, Ab- und Ausgrenzung Country Talks, die gemeinsam von wesen. Die Journalisten vermittelten gebenen Studie handelt es sich um geprägt sind, war diese Kontaktbörse Zeit Online mit internationalen Part- mit ihrer sachlichen und vielseitigen keine wissenschaftliche Erbsenzähle- gegensätzlicher Standpunkte durch- nern und Google aufgesetzt wurde. Berichterstattung den Bürgern stän- rei, sondern um ein für die Praxis aus ein Wagnis.“ (bjvlink.de/goa18). dig ein gutes Bild der Lage. Und die durchaus hilfreiches Werk. Auch op- Nüchterne Berichterstat- Zeitung lieferte einen guten Beleg da- tisch ist die 32-seitige Handreichung, Jetzt startete Zeit Online das Projekt tung statt Panikmache für, was professionelle Berichterstat- die beim Fachtag „Hassrede im In- aufs Neue, diesmal sind zehn Medi- Eine Masse hitziger Köpfe wurde tung im Gegensatz zur massenhaften ternet – Prävention und Strafverfol- enpartner und Bundespräsident Ende Juni auch in Augsburg erwar- Panikmache in sozialen Medien gung“ vorgestellt wurde, anspruchs- Frank-Walter Steinmeier als Schirm- tet. Dort hielt die AfD ihren Bundes- leisten kann: bjvlink.de/afd-ticker. voll gestaltet; weitere Informationen herr mit dabei. Aus Süddeutschland parteitag mit 600 Delegierten ab. und Download unter: bjvlink.de/ beteiligen sich Süddeutsche Zeitung, „Weil gewalttätige Krawalle durch hasskommentare. SZ.de, Südwest Presse und Schwäbi- Linksextremisten nicht ausgeschlos- Gezwitschert sche Zeitung. Zur Teilnahme ani- sen wurden, war die Augsburger Po- Die Klammern hinter In die Gesellschaft miert werden die Nutzer durch eine lizei im größten Einsatz ihrer Ge- einigen Namen sind hineingewagt kleine Box in Online-Artikeln. Hier schichte“, berichtete die Augsburger die Twitter-Adressen Ekelhafte, weil beispielsweise vor werden den Lesern Fragen zu poli- Allgemeine. Und bei nicht wenigen der Kollegen bezie- Hass nur so strotzende Nutzerkom- tisch kontroversen Themen gestellt, Bürgern entstand ein Unwohlsein, hungsweise Medien. Bereits 4900 mentare findet man seit Jahren selbst etwa: „Sollte Deutschland seine das vor allem durch die sozialen Nutzer folgen dem BJV bei Twit- auf den besten Websites – wohlmei- Grenzen strikter kontrollieren?“ Ins- Netzwerke geschürt wurde. ter: @bjvde. nende und fundierte Tipps wie aus gesamt müssen die Teilnehmer sie- der vorgenannten Studie sind da al- ben Fragen beantworten und einige Einen Großeinsatz gab es auch bei Der BJV ist zudem täglich lenfalls ein Tropfen auf den heißen persönliche Daten hinterlassen. Ein der Zeitung: Von Freitag bis Sonntag für Sie im Netz: bjv.de, Stein. Wie kann dennoch ein ver- Algorithmus soll sie dann mit einem seien mehr als 20 Kollegen für das facebook.com/bjvde und nünftiger Dialog, ein demokratischer Teilnehmer zusammenbringen, der Liveblog im Einsatz gewesen, berich- am Freitag bjv.de/newsletter. Diskurs mithilfe journalistischer Me- ganz anders geantwortet hat, dafür dien hergestellt werden? 2017 hatte aber in der Nähe wohnt. Zeit Online zur Aktion „Deutschland spricht“ aufgerufen. Die Redaktion Am 23. September sollen so zehn- Der Autor versprach je zwei Leser zusammen- tausende Menschen miteinander ins Thomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet als freier zubringen, „die politisch völlig un- Gespräch kommen (zeit.de/ds18). In- Journalist und Dozent in München, er betreut die terschiedlich denken und möglichst dem auf diese Weise mitunter hitzige Netzaktivitäten des BJV; thomas-mrazek.de. nahe beieinander wohnen“. Damals Köpfe aus der Crowd zusammenge- Foto: Günter Distler meldeten sich 12.000 Menschen für bracht werden, könnte der Journalis- BJVreport 4/2018 5
Verband Journalisten gehen als Medienerzieher in die Schulen Der BJV fordert Einsatz von Praktikern in neuem Positionspapier Vo n M a r i a G o b l i r s c h Jedes fünfte Kind im Alter von acht oder the trainer“ in der Lehreraus- und -fortbil- „Er setzt keine Schulung für die Lehrkraft vo- neun Jahren besitzt heute ein eigenes Mobil- dung mitarbeiten. „Zur Vermittlung medialer raus. Im Übrigen ist unter den Kooperations- telefon mit Internetzugang. Im Schnitt sind und politischer Zusammenhänge und in der partnern der BJV nicht vertreten, dafür zahl- zwölf- bis 19-jährige Schüler täglich vierein- Anleitung zum Umgang mit Medien sind in reiche andere Organisationen, zum Teil ohne halb Stunden im Netz, so eine Studie von erster Linie Journalisten geeignet“, sagt der mediale Expertise“, kritisiert der BJV. ARD und ZDF aus dem Jahr 2017. Und oft BJV-Vorsitzende Michael Busch. Zum Ein- Nun bietet der Verband dem Bayerischen beherrschen Kinder und Jugendliche die satz kommen sollen Kollegen, die bereits di- Staatsministerium für Unterricht und Kultus Technik besser als ihre Eltern. Entscheidend daktische Erfahrung vorweisen können, etwa eine Kooperation und die Entwicklung eines sei aber nicht, ob junge Menschen online als Dozenten an Hochschulen. Sie könnten gemeinsamen Konzeptes an, ein erstes Ge- sind, sondern wie reflektiert, selbstbestimmt über Fortbildungseinrichtungen wie die Aka- spräch findet im September statt. Das Positi- und verantwortungsvoll sie mit Medien um- demie der Bayerischen Presse (ABP) pädago- onspapier ging im Juni an alle Parteien. gehen können, stellt der BJV in seinem gera- gisch qualifiziert werden. Beim Gespräch von BJV-Vertretern mit de vorgestellten Positionspapier zur Medien- Zwar existieren bereits einige Initiativen Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion be- kompetenz (Kurzfassung rechts) fest. und Projekte zur Vermittlung von Medien- grüßte bildungspolitischer Sprecher Martin kompetenz. Es gibt vereinzelt Zeitungspro- Güll den Einsatz von Journalisten in der Me- Profis trainieren Lehrer jekte an Schulen oder den seit 2009 existie- dienerziehung. „Außerschulische Experten Der BJV, der sich seit 2007 intensiv mit renden Medienführerschein der Bayerischen sind ein Gewinn für den Unterricht. Gerade dem Thema Medienerziehung beschäftigt, Landeszentrale für neue Medien (BLM), der Journalisten können authentisch über das will hier eine aktive Rolle übernehmen. Er- von der Stiftung Medienpädagogik Bayern Thema Medien aus erster Hand berichten“, fahrene Journalisten sollen demnach schon koordiniert wird – jedoch weitgehend ohne betonte er. Im Bereich der Lehrerfortbildung bald in bayerischen Schulen als Medienerzie- Beteiligung von Journalisten. Dieser Medien- sei ein Einsatz von Journalisten sofort und her eingesetzt werden und Lehrkräfte dabei führerschein – dessen Name suggeriere, wer problemlos möglich. Dem unmittelbaren Un- unterstützen, Schülern Kompetenz im Um- ihn erworben hat, könne mit Medien umge- terrichtseinsatz sollten methodisch-didakti- gang mit Medien zu vermitteln. Außerdem hen – werde den Anforderungen nicht ge- sche Überlegungen vorausgehen. sollen Medienprofis nach dem Prinzip „train recht, heißt es in dem neuen Positionspapier. Auch die Freien Demokraten (FDP) sig- nalisierten bei einem Austausch von Norbert Hoffmann, Generalsekretär FDP Bayern, und Martin Hagen, Spitzenkandidat für die Land- tagswahl, mit BJV-Vertretern ihre Unterstüt- zung für die Vorschläge des Verbandes. In Bayern wurde Medienkompetenz bereits als fächerübergreifendes Bildungsziel in den Lehrplänen aller Schularten verankert. Der BJV schlägt als zu vermittelnde Kern- kompetenzen etwa das Suchen, Interpretieren und kritische Bewerten von Quellen und In- formationen vor. Um nachzuvollziehen, unter welchen Bedingungen Medien entstehen, sol- len Schulklassen im Rahmen der Mediener- ziehung Redaktionen, Verlage und Sendean- stalten besuchen. Ein besseres Verständnis für Medien könnten die Jugendlichen neben der Medienanalyse vor allem durch aktive Medienarbeit gewinnen. Der BJV wird sich im Herbst mit weiteren Akteuren vernetzen und um Mitgliedschaften Ständig online: Für Teenager ist das völlig normal. Umso wichtiger ist das Wissen um einen in der Landesvereinigung Kulturelle Bildung verantwortungsvollen Umgang mit Medien. Foto: Thomas Geiger und im Wertebündnis Bayern bewerben. 6 BJVreport 4/2018
Positionspapier Medienkompetenz Verband Seit 2007 befasst sich der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) Die Perspektive: Kooperationsangebot des BJV mit der Bedeutung von Medienkompetenz für die gesellschaftliche Um die von der KMK definierten Kompetenzen in der digitalen Welt Entwicklung und den Erhalt des Qualitäts-Journalismus. Dabei strukturiert und flächendeckend zu vermitteln, bietet es sich für den entstanden mehrere Thesenpapiere. Nun legt der BJV einen aktuellen Staat an, mit Partnern zu arbeiten, die belastbare Praxiserfahrung in Forderungskatalog vor, der sich an der aktuellen Entwicklung in der den sechs Kompetenzbereichen mitbringen. globalen Informationsgesellschaft orientiert. Der BJV fordert, Journalisten als Medienerzieher an Schulen Kernforderung ist die verpflichtende Einbeziehung der Medienerzie- und als Medien-Ausbilder für Lehrer, Sozialpädagogen etc. hung in den Unterricht und in die Lehrpläne aller Schularten. Dabei einzusetzen. sollen Journalisten, die bereits über didaktische Erfahrung verfügen, die Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung unterstützen. Für diese Tätigkeit muss Kompetenz durch journalistischer Tätigkeit, ein entsprechendes Studium oder eine entsprechende Ausbildung im Der BJV schlägt konkret vor, welche Kernkompetenzen dabei Medienbereich nachgewiesen werden. Über eine Fortbildungseinrich- vermittelt werden sollen. Im Folgenden werden dazu Details tung wie die Akademie der Bayerischen Presse (ABP) erhalten die beschrieben. Journalisten eine strukturierte pädagogische Zusatzqualifikation. In unserer heutigen Informations- und Wissensgesellschaft ist Vorrangig sollen auch Journalisten zum Einsatz kommen, die bereits Medienkompetenz eine Schlüsselqualifikation. Mit Blick auf die über Lehrerfahrungen (z.B. an Hochschulen) verfügen. digitale Integration aller Bürger ist es geboten, Menschen früh an den Auf dieser Basis empfiehlt der BJV, dass diese pädagogisch weiterge- Umgang mit Medien heranzuführen und Medienkompetenz in allen bildeten Journalisten die Lehreraus- und Fortbildung unterstützen. Phasen des lebenslangen Lernens zu verankern. Angesichts der Nach dem Prinzip „Train the Trainer“ sollten die Experten aus der steigenden Informationsflut und der sehr unterschiedlichen Entste- Praxis verstärkt in der Lehreraus- und -fortbildung mitwirken, hung von Nachrichten und Fake News besteht hier erhöhter Hand- insbesondere auch in der Schulinternen Lehrerfortbildung (SCHILF). lungsbedarf. Gerade im globalen Zeitalter müssen Zusammenhänge dargestellt und Aufgabe der Bildungseinrichtungen ist es nicht nur, die Chancen ethische Einordnungshilfen angeboten werden. Dies sind zentrale neuer Medien zu nutzen, sondern vor allem Kinder und Jugendliche Bildungsaufgaben, die nach Auffassung des BJV verbindlich in den darin zu unterstützen, mit ihrem Medienalltag zurechtzukommen. Regelunterricht, unter anderem im Fach Deutsch, gehören. Hier Sie sind darüber aufzuklären, welche Konsequenzen entstehen können Journalisten als Co-Lehrer für Unterrichtseinheiten über ein können, wenn sie Texte, Bilder und Filme ins Netz stellen. Sie sind für Expertenpool angefordert werden. Im Sinne einer kontinuierlichen Persönlichkeits- und Urheberrechte sowie den Schutz der Privatsphä- Förderung hält der BJV den Einsatz von Medienerziehern bereits in re beziehungsweise ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Grundschule für wünschenswert. zu sensibilisieren. Um nachzuvollziehen, unter welchen Bedingungen Medien entste- Es muss in der Medienbildung also nicht allein um technische hen, sollten Schulklassen im Rahmen der Medienerziehung ver- Fertigkeiten gehen, sondern vor allem um kulturelle Kompetenzen. stärkt Redaktionen, Verlage und Sendeanstalten besuchen. Durch Wie die „International Computer and Information Literacy Study“ aktive Medienarbeit könnten Schüler ein besseres Verständnis für (ICILS) im November 2014 herausfand, waren zu diesem Zeitpunkt Medien gewinnen. Der Ausbau von Ganztagsangeboten bietet neue weniger als ein Viertel der Achtklässler in der Lage, mit einem Chancen für Projekte, in denen Schüler von Profis zu eigenverant- Computer eigenständig Informationen zu suchen und zu bearbeiten. wortlicher Recherche und Erstellung von Medienbeiträgen angeleitet Vor dem Hintergrund der Digitalisierung warnt der BJV vor einer werden. Spaltung in medial Gebildete und Ungebildete. Der BJV regt außerdem eine enge Vernetzung mit dem Institut für Medienpädagogik (JFF) und der Bayerischen Landeszentrale für Die „Kompetenzen in der digitalen Welt“ umfassen sechs Bereiche: Neue Medien (BLM) an – beispielsweise durch Einbeziehung des 1. Suchen, Interpretieren und kritisches Bewerten von Quellen und BJV in Fachveranstaltungen zum Thema Medienkompetenz oder bei Informationen Aktivitäten wie Schulradio Bayern. 2. Situationsgerechtes und zielgerichtetes Kommunizieren und Der BJV wird sich mit weiteren relevanten Akteuren vernetzen Kooperieren und um Mitgliedschaften unter anderem in der Landesvereinigung Kulturelle Bildung und im Wertebündnis Bayern bewerben. 3. Produzieren und Präsentieren – auch unter Beachtung von Urheber-, Nutzungs- und Persönlichkeitsrechten Der BJV fordert, Journalisten mit entsprechender Zusatzqualifikati- on ins Referentennetzwerk der Stiftung Medienpädagogik aufzuneh- 4. Sicheres Agieren in digitalen Umgebungen men, insbesondere auch, um Eltern über die Chancen und Risiken im 5. Nutzung digitaler Werkzeuge und Medien zum Lernen, Arbeiten Umgang mit Medien aufzuklären. Der Verband wird sich mit weiteren und Problemlösen relevanten Akteuren vernetzen und strategische Kooperationspart- 6. Analysieren und Reflektieren von Medien ner suchen. Konkret sollten alle an der Bildung beteiligten Organisati- onen und Träger auf den Pool an kompetenten Journalisten zugreifen In Bayern wurde Medienkompetenz nun endlich als fächerübergrei- können. Die Experten des BJV stehen auch als Ansprechpartner oder fendes Bildungsziel in den Lehrplänen aller Schularten verankert. Referenten für Elternabende und außerschulische Angebote zur Dies muss mit Inhalten gefüllt werden, die einem hohen Anspruch Verfügung. gerecht werden. Der Staat muss seine Pädagogen in die Lage versetzen, qualifiziert zu entscheiden, wann, zu welchem Zweck und mit welcher Methode sie Medien einsetzen. München, den 11. Juni 2018 BJVreport 4/2018 7
Lust auf mehr Titel Blättern statt klicken: Print lebt auf dem Markt der periodischen Publikums- und Fachpresse, und dazu leistet nicht nur Birgit Schrowange ihren Beitrag. Ein Blick auf Trends in der Zeitschriftenbranche. Vo n S e n t a K ra s s e r 8 BJVreport 4/2018
Titel W er im Journalismus gerade ganz renzen zwischen den Zeitschriften zudem größer. Im dringend eine riesengroße Portion Kioskregal hat man die Wahl zwischen 49-Cent-Postil- Zuversicht braucht, dem sei die len und Hochglanz für 18 Euro. Hochauflagige Titel, die Lektüre der Publikation „Printme- sich ans breite Publikum wenden, finden in der Tendenz dien Bayern“ des VZB empfohlen. immer weniger Käufer. Doch „zielgruppengerechter Darin versammelt der Verband, der seit nunmehr 70 Jah- Journalismus im Magazinformat“, so Vogels Fazit, „ist ren die Interessen der Zeitschriftenverlage in Bayern ver- und bleibt auch zukünftig ein attraktives Geschäftsmo- tritt, lauter gute Nachrichten zur Entwicklung der eige- dell“. Denn der ständige Wandel der Lebens-, Freizeit- nen Branche. und Konsumwelten eröffne „laufend neue Chancen für neue Konzepte“. Die Deutschen lieben Magazine Im Gespräch mit dem BJVreport führt Vogel seine „Die Deutschen lieben Magazine“, steht dort geschrie- Chancen-These an einem Beispiel aus: „Wir machen ben, und die knapp elf Millionen Bayern tun`s sogar noch heute nicht mehr Wintersport. Wir machen Freeskiing, ein bisschen mehr: Während 2016 deutschlandweit 89 Pro- Langlauf, Abfahrt, Skiwandern.“ Eine einfache Ski-Zeit- zent der Menschen in Zeitschriften blätterten, griffen in schrift könne das sich immer mehr ausdifferenzierende Bayern 90 Prozent auf die 1600 regelmäßig erscheinenden Sportverhalten nicht mehr abbilden, da brauche es Publikums- und 3900 Fachtitel zu. Von den befragten Ver- schon fünf oder sechs. Ähnlich verhalte es sich im Seg- lagen planten überdies zwei Drittel, im laufenden Jahr wei- ment der Frauenzeitschriften: „Es ist Quatsch zu den- tere Zeitschriften auf den Markt zu bringen. ken, in Brigitte, Freundin & Co. steht dasselbe drin. Je- Das sind Zahlen, die beeindrucken (sollen) und die des dieser Magazine geht auf die jeweilige Lebenswelt VZB-Spitze im aktuellen Jahresheft frohlocken lassen: ihrer Zielgruppe ein.“ Und ist das jeweilige Konzept Die Phase im Jammertal, einmal beim Leser nach- wo sinkende Auflage, stei- haltig angekommen, lie- gendes Desinteresse der „Zielgruppengerechter ßen sich um den Marken- Leser und die Abkehr der Journalismus im Magazinformat kern einer Zeitschrift Werbungtreibenden man- ist und bleibt ein attraktives herum wunderbar neue che Zeitschriftenmacher Ertragsmöglichkeiten er- furchtbar depressiv ge- Geschäftsmodell.“ schließen wie Clubs und Andreas Vogel, Presseforscher, Uni Bamberg macht hätten, sei überwun- Bars (GQ in Berlin), Ta- den: „Print hat sich seinen peten (Schöner Wohnen) Platz zurückerobert.“ Dass die zunehmende Nutzung di- und digitale Zusatzprodukte. gitaler Medien wie anderswo auch ihre Spuren hinterlas- Der Pressestatistiker zählt momentan exakt 1625 se, wird selbstbewusst nicht als Krise, sondern als Her- deutsche Publikumszeitschriften, davon erscheinen 315 ausforderung verstanden, die es zu meistern gilt. von einem Verlag mit Sitz in Bayern, macht knapp 20 In diese Euphorie grätscht indes die jüngste Statistik Prozent. Seit 2013 wurden 630 Zeitschriften deutschland- von Andreas Vogel. Der Presseforscher, der Kommunika- weit gegründet, davon 83 in Bayern (13 Prozent), wobei tionswissenschaft an der Uni Bamberg lehrt, ist sozusa- immerhin 54 im Laufe der Zeit übriggeblieben sind. In gen der Walter Schütz der Zeitschriftenbranche. Schütz dieser Aufzählung berücksichtigt sind auch drei Neuer- erfasste über Jahrzehnte sämtliche Tageszeitungsausga- scheinungen, die das Medienhaus Burda an seinen Ver- ben. Vogel entgeht kein neues Heft der periodischen Po- lagsstandorten München und Offenburg allein in diesem pulärpresse. Alle zwei Jahre schreibt er seine Analyse für Juni/Juli herausbrachte: das Wohnfühlmagazin Sense of Media Perspektiven auf, so auch in diesem Sommer. Home, die Jugendzeitschrift Chip Wissen und Lust auf Seine Kernbeobachtung: Die Auflagen- und Umsatzzah- mehr – Birgit Schrowange. len der Publikumspresse gehen – ebenso wie die der Tagespresse – seit nunmehr 20 Jahren kontinuierlich zu- Trendzug Testimonial-Zeitschrift rück. Gab es 1975 bundesweit noch 24 Verkaufsaufla- Mit letzterer Publikation ist Burda auf den wieder neu gen-Millionäre, sank die Zahl 2016 auf sieben. Im März entdeckten Trend-Zug Testimonial-Zeitschrift aufge- 2018 waren es nur noch 3 – allesamt 14-tägig erscheinen- sprungen, wo Prominente ihren guten Namen für Ge- de Programmzeitschriften mit niedrigen Copypreisen. drucktes hergeben. Floppte einst Fliege (von TV-Pfarrer In der heterogenen Titelflut aus faktenorientierten Jürgen Fliege), werden Barbara (Barbara Schöneberger), Foto: Corinna Guthknecht Nachrichtenmagazinen über unterhaltende Regenbogen- Hirschhausens stern Gesund leben (Eckhart von Hirsch- illustrierte bis zu aufwendigen Food-Heften entdeckt hausen) oder JWD (Joko Winterscheidt, alle Gruner+ Vogel eine weitere, ja positive Entwicklung: Die Markt- Jahr) als Innovation gefeiert, auch wenn sie freilich im anteile pro Titel sinken zwar, dafür werden aber die in- Kontext von Promi-Kult, Selfie-Kultur und Werbung, wie haltlichen Konzepte immer vielfältiger, die Preisdiffe- es die Social Media vorgeben, gedacht werden müssen. BJVreport 4/2018 9
Titel Nun drückt also auch die RTL-Moderatorin Birgit Stafette heraus. Geschäftsführer Horst Ohligschläger ist, Schrowange als „Editor at large“ einem Heft ihre eigene ähnlich wie Hubert Burda, davon überzeugt, dass die Personality auf. Im zweiseitigen Editorial gesteht die Zeitschrift Zukunft hat: In einer Welt, die von Globalisie- 60-jährige Nachwuchsredakteurin: Es sei „das Persönlichs- rung, Digitalisierung und Schnelllebigkeit geprägt sei, te, das ich bisher gemacht habe“. Und ganz viel Persönli- sehnten sich die Menschen nach Verlässlichkeit, Haltung ches von ihr ist wohl vonnöten, glaubt man Andreas Vogel, und Entschleunigung. „Für all das steht Print.“ wenn dieser Burda-Titel, den es in seiner Grundform Ohligschläger war bis Juni damit beschäftigt, die bisher bereits seit November 2016 gibt, nicht bald wieder Ge- in Köln angesiedelten Frauen- und BestAger-Magazine schichte sein soll. Damals startete Lust auf mehr mit einem (unter anderem Frau im Leben) nach München umzuzie- „innovativen Redaktionsprozess“: Gleich sechs Chefredak- hen, wegen der attraktiveren Standortvorteile, wie er sagt: teure und an die 200 Journalisten steuerten Inhalte und In Köln sei es zunehmend schwierig geworden, erfahrene Ideen bei. Aus Vogels Sicht machte diese vielstimmige Ver- Fachkräfte zu finden. Bis auf den Chefredakteur wollte antwortung die konkrete Aussteuerung des Titels „nicht niemand an der Isar weiterarbeiten; alle Stellen wurden ganz einfach“ (von der Mehrbelastung der beteiligten Re- komplett neu besetzt. Das Risiko, das die Verschiebung ei- dakteure ganz zu schweigen). Mit Birgit Schrowange als ner Redaktion in eine andere Stadt birgt, schätzt Ohlig- eine Art externe Superviserin – Maria Sandoval ist jetzt al- schläger „gering“ ein; er ist sich sogar sicher, mit dem lein Chefredakteurin von Lust auf mehr und leitet dazu Umzug „die besten Voraussetzungen“ für weiteren Erfolg Lisa, Frau im Trend und von Bayard geschaffen zu Ma Vie – könnte sich das haben. ändern. Entscheidend sei, „Die Menschen sehnen sich Im Falle von Neon ging dass Zeitschriften generell, nach Verlässlichkeit, Haltung es mit dem Standortwech- ob mit Testimonial oder und Entschleunigung. Für all sel indes schief. 2014 hatte ohne, „aus einem Guss Gruner + Jahr sein viel ge- sind“, sagt Vogel. Dass Hef- das steht Print.“ lobtes Magazin von Mün- Horst Ohligschläger, te mit Werbebotschaftern chen nach Hamburg geholt. Geschäftsführer Bayard, Augsburg auf dem Cover gerade be- Der BJV kritisierte damals sonders erfolgreich sind, den Umzug scharf als Maß- erklärt sich der Presseforscher damit, dass sie Lesern, die nahme, um Personal massiv abbauen zu können (siehe schon ewig nicht mehr am Kiosk waren, Kaufanreize bö- BJVreport 6/2013), und tatsächlich blieben die meisten ten, nach dem Motto: Ah, die Frau Schrowange kenne ich Redakteure „dahoam“. In diesem Juni betrauerte die Bran- doch aus dem Fernsehen. Die mag ich, die kauf ‘ ich. che nun das Aus von Neon. Nur noch online soll es wei- Weltweit betreibt der Magazinmulti rund 600 gedruck- tergehen. Aber gibt es überhaupt ein Leben nach dem te und digitale Medienprodukte. Nach dem Gesamtum- Print-Tod? satz als auch nach der Titelzahl ist Burda damit der mit Definitiv nicht, sagt Zeitschriftenexperte Vogel: „Al- Abstand größte Zeitschriftenkonzern auf dem deutschen ler Glaube, was im Print nicht funktioniert, in die digi- Markt der Publikumspresse. Im Geschäftsjahr 2017 wuchs tale Welt verschieben zu können, ist zum Scheitern ver- der Außenumsatz um 18 Prozent auf noch nie da gewese- urteilt.“ Kaufmännisch gesehen sei eine gedruckte ne 2,67 Milliarden Euro – allerdings in der Hauptsache Zeitschrift ohnehin viel ertragreicher und für Werbe- nicht mit Zeitschriften, sondern mit Digitalunternehmun- kunden attraktiver als eine Website, wo Reklame als läs- gen wie Xing und Cyberport. Dennoch zeigte sich Verle- tiges Beiwerk weggeklickt werde. gerpatriarch Hubert Burda anlässlich der 70-Jahr-Feier Und weil sich diese Erkenntnis immer mehr durchsetzt, seiner Promi-Revue Bunte sicher: „Zeitschriften werden gibt es zum Beispiel in Würzburg das gedruckte Stadtma- in der globalisierten Welt immer wichtiger.“ gazin Liebe Nachbarn. Als Portal „Würzburg erleben“ ge- Es ist eine Sicht, die sich nicht unbedingt in der startet, wagte der Verlag Papay Landois Ende 2016 die Wertschätzung der Mitarbeiter niederschlägt. So hatte „Rolle rückwärts“, also von Web-to-Print, hinein in die Burda vor drei Jahren 42 betriebsbedingte Kündigungen klassische Offline-Welt. Redaktionsleiterin Sabine Brum- für Schlussredakteure von Titeln wie eben der Bunten mer gibt sich euphorisch: Ihr Team fühle sich eingeladen, ausgesprochen; der BJV beriet damals Betroffene. „sich an den Geschichten und Bildern auszutoben, sowohl Eine halbe Zugstunde von München entfernt, in sprachlich als auch fachlich, wie es im schnelllebigen On- Augsburg, residiert die nach Burda-Maßstäben viel klei- linejournalismus häufig nicht mehr möglich ist“. Diese nere Mediengruppe Bayard, die 2008 aus den Resten von Portion Zuversicht ist übrigens nachzulesen auf S. 74 im Weltbild hervorging und zur französischen Groupe Bay- Magazin Printmedien Bayern, erhältlich beim VZB. ard und Roularta in Belgien gehört. Der Verlag hat sich Weitere Informationen: im Segment Eltern- und Kinderzeitschriften spezialisiert; bjvlink.de/publikumspresse; bjvlink.de/verlagsstandort; die Tochter Sailer in Nürnberg bringt etwa den Klassiker bjvlink.de/vzb2018; bjvlink.de/vdz2018. 10 BJVreport 4/2018
Titel Der Gewerkschaft so fern Journalisten in Zeitschriften erleben einen rasanten Wandel ihres Berufsbildes Vo n A l o i s K n o l l e r S chön, dass es relativ schnell einen Tarifabschluss tragsarbeiten. „Unsere Content-Kompetenz geht nicht verlo- für Zeitschriftenredakteure gab. Einstimmig hatte ren, sie wird sogar aufgewertet“, sagt Judith Stephan. Die die Tarifkommission diesen Mitte Juni in dritter persönlichen Netzwerke der Redakteure und ihre Autoren- Verhandlungsrunde angenommen. Er sieht einen marken würden im Haus abgerufen und geschätzt. Redak- Gehaltszuwachs von rund 4,3 Prozent auf eine teure unterstützten bei der Organisation von Podien, be- Laufzeit von 30 Monaten vor. Nominell gesehen bewegt er sorgten Redner, fungierten als Moderatoren. „Es gilt heute sich damit nahe am Abschluss für die Tageszeitungsredak- das Credo der Kollaboration, alle Abteilungen arbeiten zu- teure (siehe Seite 30). Trotzdem hält sich das Interesse am sammen“, sagt Stephan. Der klassische Zeitschriftenredak- gewerkschaftlichen Engagement in der Zeitschriftenbran- teur ist ein Auslaufmodell – und die Frage, ob zusätzliche che in Grenzen. Woran liegt`s? Arbeiten auch entsprechend honoriert werden, ein anderes Thema. Meiste Verlage raus aus Tarif „Bei alldem unterstützt einen die Gewerkschaft nicht. Judith Stephan, Zeitschriften-Redakteurin vom Fach- Ein Verband muss immer den kleinsten gemeinsamen blatt Werben & Verkaufen, gehörte zur Verhandlungs- Nenner suchen“, sagt Judith Stephan ohne Bitterkeit. „Die kommission. Eine Kernfrage lautet für die 57-Jährige: Für Gruppe der Zeitschriftenredakteure fühlt sich kaum ver- wen gilt der Tarifvertrag heute noch? Für sie selbst zum treten.“ Bernd Feuerborn ging nach seinem Volontariat Beispiel nicht. „Die meisten Verlage sind aus dem Tarif zum Verband, „weil ich mir dachte, das Gehaltsplus ausgestiegen“, sagt sie. Zwar orientierten sich Gehälter in kommt nicht von ungefähr“. Vielleicht, so meint er, soll- den meisten Fällen noch am Tarif. Doch gebe es keine ge- ten Zeitschriftenredakteure öfter für Tarifverträge strei- nerellen Gehaltserhöhungen mehr. Darum müsse der ken. „Bei kampferprobten Gewerkschaften ist es ein pro- Zeitschriftenredakteure individuell kämpfen. bates Mittel, damit Mitglieder zu werben“, beobachtet Bernd Feuerborn, Redakteur und Betriebsrat beim Feuerborn. Freilich: In seinem eigenen Haus sei allenfalls Deutschen Landwirtschaftsverlag, hat Glück. Er selbst jeder vierte Redakteur („wenn überhaupt“) organisiert. wird noch nach Tarif bezahlt. Doch er kennt die Erschütte- Nicht einmal der Betriebsratsvorsitzende. rungen in der Branche. Zwei Monatszeitschriften wurden Beim Münchner Magazinhaus Condé Nast hat zwar zusammengelegt und der Relaunch des Nachrichtenpor- ein anonymer Absender im April zur Gründung einer tals agrarheute.com führte dazu, dass die redaktionelle Mitarbeitervertretung aufgerufen. Als Motiv gab er beab- Unterteilung in Print und Online entfiel und jetzt alle Re- sichtigte Kündigungen an. Aus der Deckung kam er aber dakteure crossmedial arbeiten. Einige Kollegen mussten bislang nicht und niemand hat einen Wahlausschuss ge- ihren bisherigen Standort verlassen, der Betriebsrat habe bildet. Doch Geschäftsführer Moritz von Laffert entwarf für die Betroffenen ordentliche Bedingungen ausgehan- als Gegenvorschlag einen „Mitarbeiter-Kulturrat ohne delt, sagt Feuerborn. Dass allerdings jüngere Redakteure in unnötige Bürokratie“ – und punktete offensichtlich da- einer niedrigeren Gehaltsgruppe eingestellt werden, konn- mit. „Unter den Mitarbeitern ist die Idee auf großes Inte- te der Betriebsrat nicht abwenden. resse gestoßen“, teilt Verlagssprecherin Ines Thomas auf Und noch etwas kommt hinzu: „Nur ein gutes Drittel Anfrage des BJVreports mit. der Zeitschriftenredakteure in Deutschland ist bei den großen Publikumstiteln angestellt, alle anderen arbeiten „Betriebsklima der Angst“ in kleinen Häusern. Auch deshalb gibt es keine gewerk- Zehn Kollegen aus verschiedenen Bereichen in Redakti- schaftliche Organisation“, sagt Judith Stephan illusionslos. on und Verlag arbeiten mit der Geschäftsführung ein Kon- Ältere Kollegen seien noch Mitglied in BJV / DJV, weil sie zept für diesen Kulturrat aus. Es soll, sagt Thomas, „eine Tarif und Rechtschutzversicherung zu schätzen wissen. von den Mitarbeitern gewählte Interessenvertretung sein, Aber die Zeit, aktiv in den Gewerkschaften mitzuarbei- die von der Geschäftsleitung Informationsvorsprünge er- ten, opferten sie nicht. Wofür auch? hält und in Entscheidungen einbezogen wird.“ Bei DJV- Die Branche verändert sich seit Jahren, das Anzeigenge- Chef Frank Überall stieß das Projekt auf entschiedenen Wi- schäft – einst die Säule der Zeitschriften – spielt keine so derstand. Der Aufruf lasse ein Betriebsklima der Angst und zentrale Rolle mehr. Verlage erschließen sich zusätzliche Er- Unsicherheit erahnen, sagte er kress.de. lösquellen: Zielgruppenveranstaltungen wie Seminare oder Mehr zum Tarifabschluss für Zeitschriftenredakteure unter Branchenevents zum Beispiel, mehr Online-Werbung, Auf- bjvlink.de/zeitschriften. BJVreport 4/2018 11
Titel Kleines Glück in der Nische Mit Leidenschaft und Leidenskraft publizieren Journalisten ihre eigenen Zeitschriften Vo n T h o m a s Mra z e k M ehr Zeit! Wenn die Macher und Ma- uns gelingt, so zu bleiben“, sagt er. 2012 erklärte Winkler cherinnen der hier vorgestellten gegenüber dem BJVreport: „Ich bin wirklich sehr froh mit Zeitschriften einen Wunsch offen der MUH, es ist schön, wenn man in so einem Heft genau hätten, stünde dieser wohl ganz das machen kann, was man gerne will.“ Und nach dem Ge- oben. Mehr stetige Einnahmen wür- spräch mit ihm weiß man, dass dies immer noch so ist. den den Druckwerken und ihren Journalisten auch nicht schaden. Keine Marionette in Passau Von Ober- nach Niederbayern. Auch hier bleibt einem „Ausgredt?“ Zeitschriftenmacher mitunter wenig Zeit um über sein Ruhig geworden ist es rund um die MUH, die Zeitschrift, Blatt nachzudenken. Die Rede ist vom Passauer Hubert die „Bayerische Aspekte“ vermitteln möchte (www.muh.de). Denk. Der 54-Jährige gibt seit 2005 jährlich zehn Ausgaben 2011 und 2012 sackten die Macher noch Preise bei den des Stadtmagazins Bürgerblick in einer Auflage von 3000 kress- und Lead Awards sowie den Bayerischen Printmedi- Stück raus; durchschnittlich hat ein Heft 92 Seiten, der Preis enpreis ein. „Ausgredt? – Stirbt das Bairische aus?“, lautete im Einzelverkauf beträgt 3,50 Euro (www.buergerblick.de). eines der Titelthemen der ersten Ausgabe. Wenn man die „Diagnose Selbstbetrug“ lautet der Titel des Editorials stets offenherzigen Editorials von der Erstausgabe bis zur des aktuellen, inzwischen 117. Heftes. Nun, Selbstbetrug aktuellen Nummer 29 durchliest, muss man Gründer Josef betreibt Denk mit seinem Heft keinen, aber Selbstausbeu- Winkler unweigerlich die Frage stellen, ob ihm nicht schon tung ist es dann schon, in Produktionszeiten seien auch mal öfter der Gedanke „ausgredt“ zu haben kam. Der 1972 ge- 80-Stunden-Wochen angesagt. Und nebenbei arbeitet er als borene Oberbayer gründete 2011 die MUH. freier Journalist noch für die Bild, Süddeutsche Zeitung, Winkler, der 15 Jahre für den Musikexpress schrieb, ist Bayerische Staatszeitung und andere, erzählt er. Doch er ein Freund klarer Worte: „Es bleibt prekär“, beschreibt er mache dies immer noch gerne. Dass er in Passau lebe, sei die Situation der mit rund 100 Seiten erscheinenden MUH. einfach ein Riesenvorteil für ihn, die Grenz- und Universi- Seit einigen Jahren gibt es das vierteljährlich erscheinende tätsstadt biete „einfach alle Ingredienzien für Journalismus“. Heft auch bundesweit zu kaufen, die Auflage beträgt 15.000, Mit dezenter Häme verweist er darauf, dass er als einzi- 4000 Abonnenten beziehen das Blatt, das mittlerweile 6,90 ges Medium in der Altstadt arbeite, mittlerweile sogar in Euro (2011: 4,50 Euro) kostet. Seinen Autoren kann Wink- einer „gläsernen Redaktion“: Denk kann man hinter einem ler jetzt immerhin „mehr als einen warmen Händedruck Schaufenster bei der Arbeit beobachten. Transparenz ge- und einen Schweinsbraten“ wie zu Anfangszeiten bieten. genüber seinen Lesern hält der Journalist für wichtig, stets Immer wieder liest man Texte bekannter bayerischer Kolle- bemüht er sich etwa darum kenntlich zu machen, in wel- gen im Heft, die bestimmt nicht nur des Geldes wegen für chen Vereinen und Institutionen er Mitglied ist. Denk ist die MUH schreiben. keiner, der Pressemitteilungen übernimmt, er stochert ger- Journalistisch sei man inzwischen politischer geworden, ne hinterher und liefert so seinen Lesern oft spannende po- resümiert Winkler. Themen rund ums Bayerische habe litische Geschichten, die man in anderen Medien nicht fin- man immer noch genug, darum mache er sich keine Sor- det. Dass seine Arbeit schon mehrmals Gegenstand von gen, es komme halt auf die gute Mischung des Leichten und Gerichtsverhandlungen war, liegt in der Natur der Sache. Schönen mit dem Ernsten, dem Politischen an. Immer wie- Rund 500 Abonnenten schätzen diese Haltung, rund ein der experimentiere man auch, so habe er es „gewagt“ im Dutzend „seit Jahren treuer“ Anzeigenkunden wisse dies aktuellen Heft ein achtseitiges Interview mit den Süddeut- ebenfalls zu goutieren: „Die sind mein Rückgrat“, sagt der sche Zeitung-Kollegen Roman Deininger und Uwe Ritzer Verleger und Journalist. Finanziell sei nämlich immer ein über Markus Söder zu bringen: „Schätzungsweise ist es das „Restrisiko“ vorhanden. längste Gespräch, das wir je in einem Stück abgedruckt“ Im Gespräch spürt man, wie Denk tickt: „Ich habe nie- haben, sagt Winkler. manden, der mir etwas diktiert, ich bin keine Marionette.“ Mehr Zeit hätte er gerne, um sich mal grundsätzliche Wie’s weiter geht? Der Verleger, der nach eigenen Angaben Gedanken über das Blatt zu machen. Doch der dreifache seinen Freien einen Euro pro Zeile und für Fotos 50 Euro Familienvater, der auf einem Bauernhof im oberbayeri- bezahlt, beschäftigt sich seit einem Jahr mit dem gemeinnüt- schen Palling noch ein wenig Tierhaltung und Gartenbau zigen Journalismus, vorstellen könne er sich beispielsweise, betreibt, sieht sich selbst am Limit: „Ich hoffe halt, dass es seine Berichterstattung auf den Landkreis auszubauen. 12 BJVreport 4/2018
Titel Münchner Fe asdf P o s t v o n F r ä n k i n n e n f ü r F r ä n k i n n e n Nr. 117 | 3,50 Euro r Sommer 2018 | Som me8 2 0 1 JULI 2018 // WWW.LANDMADLA.DE JULI · NR. 76 · 7. 7.– 3.8. 2018 · I KULTUR · KRIT uilleton ww w. www.muenchner-feu IK · KONTROV ABE illeton.de ERSEN I muh. AUSG 29 Juli 2018 Revolution by Erfrischendpepe EURO Flächenfraß D 6,90 EURO AT 7,90 CHF CH 9,90 Aufstand in Vilshofen 29 Mordversuch 02 Sommersu er MUH 29 Fassungen mit gehärteten u. superent- Wesn Liebe, Gift und Lügen 69 : Anja 18 20 spiegelten Kunststoff-Einstärkengläsern t Grafik Hängebrücke erpunk E ASPEKTE Regal komplett Schw ! AUTOS 2 KER BAYERISCH WIMMENDE Autofreie Altstadt? 4 192 LE C LE VIE AYERN ante Berichte H AT T T E N SCH ... und andere pik E FA C TAAT BMEIER ◊LÜFTLMALEREI RBEN Fassungen mit gehärteten u. superent- TENSTE E FREIS spiegelten Kunststoff-Gleitsichtgläsern Öffentliche Bücher schränke sind INSEK LAND mal eine Idee, doch R die man weitere komplett H könnte. Sie fördern ntwickeln JA S WAS 100 ◊SALZACH ◊ PAG ◊ MAR eine schwellenlose KU soziale Teilhab Entdeckungen e, bergen spanne und schaffen nde zu Hause Luft. SÖDER REDEN ÜBER CHRISTINE KNÖDLER Ein Frühsomm erabend nahe Ufer des Wörthsees München, am . Über die Wiese München mittlerweil Enten, Kinder schaukeln, Erwachsenwatscheln mitgezählt e zehn, Speckgürte l nicht futter Bier, dazu gibt’s e trinken gute , Tendenz steigend. und sagen mit Pommes, Eis Nachricht und Das ist eine dem Charme noch etwas ist für alle – und darum gerade dären Igels: Ich des legen- neben dem Alpenpano Zeit, die in bin schon da! gesellschaft und alle da und kostet rama für Abgesangmit guten Nachrichten geizt unserer Als Nimm 2! ermöglichen net. Friedlich nichts: Bücher. Ausgerech- des Buches anstimmt, und den Bücher Metapher lässt sich das weiterspin neue Art des Lesens. Die bunt noch dazu eine stehen sie in der Rede wert. unbedingt sind Lesefutter. nen: würfelten strahlten, zum rostbraun abge- plätze für die Bücher Bücher secondhan zusammenge- Regal aufeinande Öffentliche Bücherreg Seele. Öffentliche sind Futter- verschiede d sagen viel über Metallkuben: ne Lektüren, Belletristik, Krimis, rgestapelten schränke, ale, nehmen das Bücherregale über Lesegewoh tur, eine Handvoll Reiselitera - Lib(e)ritheken, offene Bücher- die Traufen. beim Wort – so gesehen sind ten, Erwartung nhei- Kinderbücher, Bücherboxen Literaturb oxen, Und wie sie mal gelesen en, Vorlieben aus, darüber, »1913« ist auch dabei und – ja! Sachbücher, oder wie sie inzwischen auch ben um Futterplätz sich im Wald Reh-Trau- wurde, was was – dieses bislang immer heißen, e bilden, um dadurch buchstäbli aussortiert und im eigenen zeigen: Es gibt lich kauend sich genüss- ch mit-geteilt Viel-zu-Vielen gierten Leute, sie, die enga- zu sättigen, so Das wiederum wird. Buch von Florian untergegangene die sich von bestätigen Initiatoren bilden sich, das Denn das ist Illies darf ich mitnehmen. Hürden nicht abschrecken bürokratischen genauso lutionären Rolle führt zu einer beinah revo- ner, Leser-Trau wie das Bücherschränke: Prinzip der öffentlichen um den Aufbau, lassen, sich ben um öffentliche Städtepla- gale: Die der öffentliche dann um die erst gale. Die werden zu Treffpunkt Bücherre- fordert klassenlose Einigkeit n Bücherre- lesen, zurückbrin wie der Pflege gen oder beweisen Buchbestände kümmern. des Orts sinn en passant der Bücher Post von Fränkinnen für Fränkinnen behalten, einen en. Im Wort- und fördert Titel aus den Und sie des führen ohne definierte ein klassenlos den beisteuern eigenen Bestän- qua Existenz: sie zur Sichtbarke es Lesen, , kurz: Es gibt sie, die Es gibt sie, die Lesens. Sie machen Lesen it chen ZuschreibuZielgruppe, über alle mögli- Was in der Bonbonind tauschen, weiterlesen. Leserinnen und Bücher. machen publik. Sie ngen, über Genre-, Leser. Lesen schmackh Collage: Rudi Stix dend war, funktionieustrie einst markenbil Den erschrecke aft. onen-, Geschlech Generati- - nenfachen nden Zahlen vom Ganze im Und weil tergrenzen rt auch bei millio- Umfeld nicht per se Büchern zugewiese das E. Prestigelesen? hinweg, von U GENIESS ES! Nimm 1? Nimm 2! Und lies! Büchern: chenden Leserschwund und stattfindet, eben nen lesen? Bildungsle zu Einbruch der dem entspre- nicht in Buchhand Nö! Jedenfalls sen? Geschmacks- Als Phänomen Buchverkä lungen oder Bibliothek Trotz stehen en, erregen öffentliche- absichtslos lesen, nicht nur. späten neunziger ist das nicht neu. Seit den öffentliche Bücherregufe zum Bücherreg freilesen, gern Dafür Jahren sind auch mal Ex-Telefon ale, ale Aufmerksa fremdlesen. Schließlich auch mal Bücherschränke in öffentliche oder ausrangier zellen, Trafohäus die Nichtlesern. Sie haben mkeit bei Lesern und geht es um das, Liste der Standorte Deutschland zu finden, die te Kühlschrän chen Sie sind Ansteckungspotenzia »1913« attestiert worden ist: um was in Bayern verzeichne wie kleine ke sein können, Überzeugungstäter l. des Lesens. das »Glück« t für idealistische rungskünstler oder Verfüh- Öffentliche Bücherreg öffentlichen Raum, Trutzburgen in eigener Sache. dafür nicht nur ale bieten gut gefüllt mit im In einer Art die notwendig ihrem Lese- ideellem Recyceln bilden selbst e Widerspruch legen sie vielleicht ab, worin dieses Hardware. Sie ein gegen die moderne Wegwerf- schreibt irgendwan Glück liegt. Und Inh. Ute Adam-Lamprecht IMPRESSUM Illies über sie. n ja mal Florian SEITE 7 || LITERATUR SEITE 2–7 MUSIK SEITE Mit auf die Reise! 17–21 Würzburg Nürnberg Schneckenlohe 3 € / / S H O P.L A N D M A D L A .D E Endlich Zeit, Beste Bücher sich auch STADTBILD SEITE Überraschung! 27 Lektüre einzulassen mal auf sperrigere oder einfach Die Münchner genießen. 27 Biennale hat einiges Donut-Träume: Lucas Insekten essen, kann Wenn mit dem Bücher, vom besten. nur zu Zwei Meinungen gewagt. Startschuss im Kreativquartier zu einem spannende Der erste neue Festival. n Baustein BÜHNE SEITE 8–13 labor ist ein Start-up-L in Münchens Stadt- Burtz eröffnete mit 15 man jetzt auch in Geruchssinn ein Teil MÜNCHNER FILM SEITE 22–26 tial zur Initialzünd abor. Es hat das Poten- FEUILLETON Wohin dreht ung oder zum Fehlstart. www.optik-kastner.de l bamberg · am gabelmann l ScheSSlitz · Oberend 10 Jahren seinen eigenen Franken. Wir haben des Geschmackssinns Breisacher Str. Das Theater im sich diese Welt? 4 192303 811905 4 Juli beschäftigt BILDENDE KUNST 81667 München 100 Jahre Ingmar SEITE 28–31 T.: 089 48920971 wachung durch sich mit Über- Bergmann Staat Margarethe von allenthalben taucht und Wirtschaft, und Trotta dreht über PAM2018 Die Donut-Laden. es ausprobiert. verloren geht... Künstliche Intelligenz auf. regisseur ihren ersten Dokument den Meister- Mai mit großen Public Art Munich ist im arfilm. Versprechungen * Einstärkengläser +- 6/2 dpt, Gleitsichtgläser Add. + 3,0; Preise gültig, soweit technisch machbar. Budget gestartet. Wie viel konnte und großem Abos unter ww umgesetzt werden davon Angebot gilt bis 6. August 2018; nicht mit anderen Angeboten kombinierbar; Preise inkl. 19% MwSt.; und woran hakt es? Bei den abgebildeten Fassungen handelt es sich um Modellbeispiele. w.muenchner-f Foto: Tobias Köhler euilleton.de 00117 > Wohlgesonnene Gönner wären vorhanden, doch noch stelle schen Zeitungen landete es dieses Jahr unter den Besten, sich das Finanzamt diesem Anliegen gegenüber quer, berich- berichtet Igler stolz. Bei der MGO arbeite man inzwischen tet Denk. Aber für alle Vorhaben bräuchte er halt auch Zeit. an weiteren Printprodukten mit lokalem Fokus zu Themen wie Familie und Nachhaltigkeit. Das fränkische Frauenmagazin Ganz anders sieht vieles bei der Zeitschrift Landmadla in Schluss mit umsonst Bamberg aus (www.landmadla.de). „Post von Fränkinnen „Im siebten Jahr muss man sich einfach verändern, für Fränkinnen“ lautet der Untertitel des Landmadla aus der sonst wird das Gewohnheit“, sagt Christiane Pfau. Bis Juni Mediengruppe Oberfranken (MGO). Im A5-Umschlag mit waren es die Leser gewohnt, das zumeist 32-seitige Münch- Landmadla-Logo und Briefmarke der MGO-Brieflogistik ner Feuilleton kostenlos in verschiedenen Münchner Kul- erhält man das Heft. 2015 entstand die Idee in einem De- turstätten und Kneipen mitzunehmen (www.muench- sign-Thinking-Workshop der MGO, berichtet Corinna Ig- ner-feuilleton.de). Pfau, die in München eine PR-Agentur ler, Leitende Redakteurin und Produktmanagerin. Die für Kultur betreibt, gründete 2011 das „Kulturblatt über Grundidee war es, so etwas „wie die Tipps von der besten Kunst, Film, Literatur, Bühne, Tanz und Musik sowie Ar- Freundin“ auf regionaler Ebene anzubieten, erklärt sie. chitektur, Stadtplanung, Design und Kulturpolitik“. Man Erkannt habe man damals aber auch, dass die Wünsche habe gemerkt, dass sich „die hochwertig gemachte Kultur- vieler Anzeigenkunden nicht mehr mit den etwa in der Ta- zeitung nicht länger mit einer Gratisverteilung verträgt“. geszeitung angebotenen Formaten zu erfüllen waren. Her- Nach fast sieben Jahren und monatlich mehr als 20.000 ausgekommen sei aus dem Workshop das Landmadla, wo- frei verteilten Exemplaren gehe man davon aus, „dass unse- bei die Zielgruppe Frauen von 30 bis 55 Jahren sind. Viel re Zielgruppe das Münchner Feuilleton kennt. Wir können wurde getestet, erschienen sind inzwischen 28 monatliche nicht weiter das kreative Prekariat beklagen und unser bes- Ausgaben, bis Ende 2017 konnte das Heft kostenlos bezo- tes Stück verschenken“, bringt es Pfau auf den Punkt. Jetzt gen werden. 5000 Abonnentinnen zählte man bis dato, jetzt gibt es die Zeitschrift nur noch im Abo: 35 Euro für elf Aus- sind es noch 800 Zahlende, das seien „wesentlich mehr“ als gaben. Für die interessierten Leser sei es kein „Kultur- man erwartet habe, sagt Igler. Die restliche Auflage werde schock“ gewesen: 800 Abonnenten habe man bisher, die über Verkaufsstellen für drei Euro pro Einzelheft und 1500 Tendenz sei steigend, bilanziert Pfau nach wenigen Wo- Exemplare über Friseure vertrieben. chen. 20.000 Exemplare werden an jedem ersten Sonntag Inhaltlich findet sich in dem Heft zu 95 Prozent (laut Ig- des Monats der Münchner Ausgabe der Welt am Sonntag ler) eher leichte Kost wie Freizeittipps, Ess- und Gesund- beigelegt; für diese Vertriebskooperation mit dem Sprin- heitstrends – freilich immer mit regionalem Fokus. Gerne ger-Verlag bezahle man. Die Werbekunden seien begeistert, genutzt werden von Anzeigenkunden die angebotenen Ad- berichtet die PR-Frau. vertorials. Nach dem Erscheinen des Heftes finden On- Derzeit arbeitet das Münchner Feuilleton mit einem line-Umfragen statt. Mit dem Landmadla-Club und Ange- Team von sechs freiberuflichen Redakteuren, fünf Grafi- boten wie „Mädelsabenden“ und einer Tour durchs kern und einem Pool von über 150 freien Journalisten. Verbreitungsgebiet arbeite man intensiv daran, die Leserin- Weiterhin betrachte sie ihr Medium als ein Mehrgenera- nen dauerhaft zu gewinnen. Immerhin sechs Mitarbeiterin- tionenhaus: „Hier kommen die alten, weisen Kulturjour- nen, darunter zwei Mediaberaterinnen, beschäftigen sich nalisten und die jungen Frechen unter 30 zusammen“, mit dem Heft. Beim NOVA Innovation Award der deut- sagt Pfau. BJVreport 4/2018 13
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