Die Deutsche Kinderkrebsstiftung hat Geburtstag Ehrenamt statt Ruhestand: Tatkräftige Unterstützung für die Waldpiraten
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13575 3.20 Einzelpreis 2,15 Euro Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe e.V. DLFH - Dachverband · Adenauerallee 134 · 53113 Bonn · Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · 13575 · Entgelt bezahlt Die Deutsche Kinderkrebsstiftung hat Geburtstag Ehrenamt statt Ruhestand: Tatkräftige Unterstützung für die Waldpiraten
3.2020 Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und In eigener Sache der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe e.V. Ist Ihnen der Junge mit den strahlenden Augen auf unserem Cover aufgefallen? Das ist der sechsjährige Inhalt Matteo, von seiner Mutter im Juni in der Klinik Bad Oexen fotografiert. Dort war die Familie für vier Wo- chen in einer Reha. Nur kurz hatten die Eltern gezö- Thema gert, ob gerade jetzt, in Corona-Zeiten, ein Aufenthalt dort richtig sei. Wie die Familie die Zeit mit den neuen Regeln erlebt hat, 2 25 Jahre Deutsche Kinderkrebsstiftung erzählten sie uns nach ihrer Rückkehr ins heimische Berlin. Aktuell Inzwischen sind auch die 21 Familien, die nach dem Lockdown die ersten Gäste in der Syltklinik waren, wieder zu Hause. Das Klinik-Team hatte sie 9 Kaufen, bauen, sanieren: Zuschuss für Elternhäuser am 22. Juli gut vorbereitet und mit einem ausgefeilten Hygienekonzept begrüßt. Nach den Tests und der Wartezeit auf die Ergebnisse konnten die 10 It‘s Mai Time: Digital und doch real Behandlungen, teilweise neu organisiert, beginnen. Es war ein guter Start nach einer langen Pause! Nach nur zehn Tagen Reha mussten im März alle Patienten abreisen, vier folgende Durchgänge abgesagt werden. In der 14 Ein Tagebuch aus Perlen Zwischenzeit wurde emsig gebaut: Zwölf Bäder sind jetzt saniert, viele Wände haben einen frischen Anstrich bekommen, und teilweise gibt es 16 Spenden und Aktionen neue Fußböden. Jetzt sind die Wohnungen alle top! Und die Bauarbeiten gehen weiter: Im Herbst sollen die neue Küche und ein großzügiger Spei- 18 Hoffnung im Gepäck sesaal fertig sein, im kommenden Jahr wird dann eine Gymnastikhalle errichtet. 19 Für ein Kinderlachen Immer wieder übernehmen auch Elternvereine die Funktion des Bau- 20 Reha in Zeiten von Corona herrn, nämlich dann, wenn ein neues Elternhaus entstehen soll oder ein in die Jahre gekommenes Gebäude saniert werden muss. Neben all den er- 22 Lagerfeuer, Aktionen und neue Freunde forderlichen Aufgaben kann die Finanzierung zu einem Kraftakt werden. Gerade jetzt noch einmal mehr, wenn oft das Spendenaufkommen sinkt und die zusätzlichen Kosten auf Grund der Pandemie steigen. Für den 24 Heilen allein reicht nicht Vorstand der Deutschen Kinderkrebsstiftung ein Grund mehr zu handeln. Die neue Richtlinie „Standortstärkung” ermöglicht es DLFH- Mitgliedern, einen einmaligen Zuschuss für Sanierung, Bau oder Kauf zu beantragen – Klinik + Forschung um so die notwendigen Vorhaben an ihren Elternhäusern auch weiterhin stemmen zu können. 28 Das Register Sichelzellkrankheit 30 Ein erfolgreiches Fortbildungsformat Jens Kort 32 Elterngruppen 48 Bücher Impressum 50 Termine , Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und der Deutschen Leukämie- Forschungshilfe e.V. 52 Adressen der Elterngruppen Herausgeber: Deutsche Leukämie-Forschungshilfe – Aktion für krebskranke Kinder e.V. – D achverband • Redaktion: Ulrike Seidenstücker (Chefredakteurin, V.i.S.d.P.), Katrin Claus, Renate Heymans, Jens Kort, Dr. Ria Kortum, Sabine Sharma • Redaktionsadresse: Adenauerallee 134, 53113 Bonn, Tel.: 0 228/688460, Fax: 0228/68846-44, redaktion@kinderkrebsstiftung.de • Spendenkonto DLFH: Sparkasse KölnBonn, IBAN: DE52370501980023002447 • BIC: COLSDE33XXX • Gesamtherstellung: bremm computergrafik, Königswinter, Tel.: 02244/8712564, Info@cg-bremm.de • Fotos: Wenn nicht anders gekennzeichnet, WIR-Redaktion ©2020 • Erscheinungsweise: vierteljährlich Abdruck – auch auszugsweise – aus diesem Heft nur nach Rücksprache mit der Redaktion. Leserzuschriften stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Aus Platzgründen behalten wir uns vor, Kürzungen, die nicht den Inhalt entstellen, vorzunehmen. Um Meinungsvielfalt sind wir bemüht. DLFH © 2020 Dachverband und die Deutsche Kinderkrebsstiftung führen das Spenden-Siegel des DZI (Dt. Zentralinstitut für soziale Fragen). Bezugspreis: 2,15 Euro im Einzelabonnement – Druck auf chlorfreiem Papier – www.kinderkrebsstiftung.de
5 Ja h re THEMA 2 Deutsche Kind er k re b s s t ift u ng Die Deutsche Kinderk „Eins werd‘ ich nie tun: AUF rebsstiftung GE- hat seit ihrer Gründu BEN”: Unter dem Motto rad ng insge- eln samt bereits rund 80 die Regenbogenfahrer sei Millionen t Euro für die Forschu 1993 jeden Som mer quer ngsförde- durch rung auf dem Gebie Deutschland – insgesamt t der Kinder- sind so krebsheilkunde bereit rund 15.500 Kilo meter zus gestellt. In am- ers ter Linie werden mengekom men. Dabei hab multizentri- en sie sche Therapiestu dien in zirka 140 Kliniken kre gefördert, bs- von denen an Krebs kranke Kinder besucht, um erkrankte ihnen Kinder und Jugendlic Mut zuzusprechen. he flächen- deckend in ganz De utschland profitieren. r Klinik, Besuchsfahrten zu od er Betreuungs- „HIT“ steh Arbeitsausfall t bei uns für Hirntu wister sind nur moren. Un kosten für Gesch punkt, da ser Förde ru - wenige Beispiele, die bei der s Behandlu ngsschwer - eines Kindes für Kinde ngsnetzwe Krebserkrankung r u Hirntumore nd Jugendliche m rk r fin anziellen it schnell zu eine anerkann n, is t ein weltweit en kö nn en. Der tes Verbun Notlage führ projekt, in dforschun durch so lida- So zialfond s, der len Erken dem auf aktuel- gs- r regionalen rische Beiträge de Behandlu ntnissen b eruhende er vereine und Eltern- und Förd ngskonze pte für d fin anziert wird, verschie d enen Hirn ie durch Spenden angeboten tumorarte en seit 1991. n unters tützt Famili w werk w ird erden. Das HIT-Netz Jahr konnten so Im vergangenen Kinderkre von der D eutschen - lligt werden. 483 Anträge bewi 2000 gefö bss tiftung seit dem rdert, bis Jahr insgesamt heute mit 37,6 Millio Mal nen Euro r s c h ei nt vier it . e . M Jahren ift WIR Seit 36 i e Z eitschr e a l so h d n Si jährlic s g a b e halte änden. A u H d ieser in den „Sie Das große Mosaik im Waldpira- 4 2. WIR s tand: d i e 1 t 1 9 8 4 - ten-Camp birgt ein Geheimnis. ten H e f g en id e Im ers l le , d ie in ir anke Wer weiter weg steht, sieht das s a kr so ll un h krebs ie Camp-Logo, den Raben Hugo. e i s e durc ’ sind, über d ne r W ‘betro f f e n E n t- Doch mit jedem Schritt näher chen Kinder en und zeitli nander wird klar: Die bunten Kopfbede- räuml i c h m ei i t ckungen von rund 8.500 Play- n g e n hinweg fern u mobilmännchen lassen das Bild en…“ ik is t verbind e r S yltKlin . ents tehen. Sie stehen fest in acht lände d ngelegt Litern Gießharz. So können Wind Das Ge leines Dorf a enen w ie ein k hat ein en eig i- und Wetter ihnen nichts anhaben. H a u s t marit der Das Bild wiegt zirka 160 Kilo - Je de s n at ü r l i ch m i u s i s t – Namen ir. Das Haupt nnen sich ha gram m und wurde von den Teil- la mem F orb“, Eltern k ufhalten, ö nehmern eines Camps gefertigt. „Stran d k ge a“ d enlo un m s tan in de r „ D ü n G r u p penrau i l i e n r einen en“ Pate. Fam en und fü ch ha in d epferd der Re einswal“ das „Se r e n d wäh Schw wohnen enthäusern „ Jose- Appar t e m s c h er “ Das „ we“, . us ternfi eißt nun „Mö men und „A h Na s-Haus“ gt den Car rera Spielhaus trä s und da achert. l Z Isabel 2 3/20 DLFH
„Es war schön, so viel in Gang setzen zu können“ Dr. Gerlind Bode, langjährige Geschäftsführerin schaut zurück auf ihre Zeit bei DLFH und Deutscher Kinderkrebsstiftung Sie hat diese Zeitschrift mit aus der Tau- fe gehoben. Und nicht nur das: Als erste hauptamtliche Mitarbeiterin der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe (DLFH) war sie an der Gründung der Deutschen Kinder- krebsstiftung maßgeblich beteiligt, hielt zwei Jahrzehnte als Geschäftsführerin die Geschicke in der Hand, engagierte sich auf internationalem Terrain: Dr. Gerlind Bode, seit 2007 im Ruhestand, erinnert sich gut an die Anfangsjahre der DLFH und der Deutschen Kinderkrebsstiftung. „Der recht komplizierte Name des Dachverbandes und finanzielle Überlegungen waren der Anlass für die Gründung der Deutschen Kinderkrebsstiftung”, Dr. Gerlind Bode in schaut Gerlind Bode auf das Jahr 1995 zurück. In Der Weg zur Stiftung ihrem Büro beim Bonner jenem Jahr wird die DLFH, die Deutsche Leukä- Ein Rückblick in die 70er und 80er Jahre: Der medizi- Förderverein, bei dem sie - trotz Ruhestands- stell- mie-Forschungshilfe, Aktion für krebskranke Kinder nische Fortschritt half, Kinder mit bösartigen Krank- vertretende Vorstandsvor- e.V., 15 Jahre. heiten erfolgreich zu behandeln. Durch eine neue, sitzende ist. Eine Zeit, in der bereits vieles erreicht, aber auch aber aggressive Therapie stiegen die Heilungschan- erkannt wurde, wie wichtig es ist, die weiter benötig- cen von weniger als 20 Prozent auf über 60 Prozent. ten Fördermittel für die Forschung auch langfristig Doch die Kliniken waren alles andere als auf diese Art zu sichern. Diese Aufgabe übernimmt ab diesem von Intensivmedizin vorbereitet. Es fehlten kinde- Zeitpunkt die Stiftung als ein Organ der DLFH. Sie ronkologische Stationen genauso wie ausreichend geht mit einem Kapital von 300.000 D-Mark, das Platz in den Krankenzimmern sowie medizinisches aus einer Erbschaft stammt, an den Start. Ziel ist und pflegerisches Fachpersonal. Auch an Mitarbeiter es, das Grundkapital durch Erbschaften, Nachlässe für die psychosoziale Versorgung der Patienten war und Zustiftungen wachsen zu lassen, um so aus kaum zu denken. den Erträgen die laufenden Forschungsprojekte zu Um etwas gemeinsam gegen die Missstände finanzieren. zu unternehmen, schlossen sich vielerorts Eltern „Unsere Scheu, das Wort Krebs auszusprechen, zu Selbsthilfegruppen zusammen. Gruppen aus hatten wir abgelegt. Der Name Deutsche Kinder- Mönchengladbach, Mannheim, Heidelberg, Bottrop krebsstiftung vereint kurz und griffig die Botschaft, und Gießen gründeten 1980 einen Dachverband, die die für die Außenwirkung, für Öffentlichkeitsarbeit DLFH – mit dem Ziel, auf die Situation aufmerksam und Fundraising so wichtig sind ”, sagt sie. Ein pas- zu machen und aktiv an der Behebung zu arbeiten. sendes Logo, das bunt und fröhlich sein soll, wird Sie initiierten Renovierungen in den Kliniken, finan- entwickelt und ist seitdem Wegbegleiter. zierten Personalstellen, stellten Kräfte im psycho- Es ist ein enges Band, das die Deutsche Leukämie- sozialen Bereich ein und richteten Spielzimmer auf Forschungshilfe (DLFH) und die Deutsche Kinder- den Stationen ein. Weitere Elterngruppen wurden krebsstiftung zusammenhält. Und manchmal fließen gegründet, die meisten davon in den Jahren 1980 die Geschichten und Erinnerungen, die sich um bis 1985. beide Organisationen ranken, ineinander. So ist es In dieser Zeit zieht Gerlind Bode nach Bonn. In den auch, wenn Gerlind Bode über ihre frühere Arbeit, vergangenen Jahren hatte die Familie in den USA die für sie eine Berufung war, spricht. Was für sie viel gelebt. Nun hat ihr Mann, Prof. Udo Bode, die Stelle mehr zählt, ist das Tun für die betroffenen Familien. als Chefarzt am Zentrum für Kinderheilkunde in der 3/20 DL FH 3
THEMA Arbeiteten zusammen: Elke Frackenpohl (l.) und Gerlind Bode. schnitten aus und klebten zusammen. Zum Schluss wurden die zirka 2.000 Exemplare von einer Firma fo- tokopiert, und der Versand wurde von uns per Hand erledigt”, berichtet die 72-Jährige. Ansprechpartnerin für alle Belange Erfolg ist immer Teamarbeit So wird auch aus dem 1987 in Bonn eröffneten und Zusammenarbeit von DLFH-Koordinierungsbüro eine Zentrale der Infor- vielen. Vor 25 Jahren wurde mation mit Gerlind Bode als erste Ansprechpartne- die Deutsche Kinderkrebs- rin für alle Belange. Zuerst allein, später mit einem stiftung gegründet. Wir lassen hier vier Mitstreiter wachsenden Team, trägt sie alles Wichtige zusam- Zur Verabschiedung in den Ruhestand 2007 men, erstellt Kopiervorlagen, übersetzt, sortiert nach zu Wort kommen, die auf überreichten ihre Weggefährten Thomas Greiner, verschiedene Weise mit der Lutz Hennemann und Ulrich Ropertz nicht nur Schlagworten und archiviert – und legt damit den DKS verbunden sind. Wir einen Korbsessel für Lesestunden, sondern auch die Grundstein für eine systematische Beratungsarbeit freuen uns über weitere passende Lektüre: Eine Sonderausgabe der „WIR“, in und baute ein umfangreiches Archiv zu Krebs im Erinnerungen. Schreiben der sie auf die gemeinsame Zeit zurückblicken. Kindesalter auf. Sie uns gern an redaktion@ damaligen Bundeshauptstadt über- „Ich saß gemeinsam mit meiner ersten Mitarbei- kinderkrebsstiftung.de nommen. „Ich habe zu dieser Zeit viel terin Elke Frackenpohl in einem Büro. Das fand ich in der Bibliothek an meiner Disserta- gut, denn so konnte man sich die Ideen zurufen”, tion gearbeitet und bin oft auf dem Heimweg in der sagt Gerlind Bode. Und diese sprudelten reichlich. Klinik vorbeigegangen, um meinen Mann abzuho- Gemeinsam mit dem Team hat sie unter anderem len”, erzählt sie. Es dauert nicht lange, und sie lernt die Junge-Leute-Seminare, die Elterntreffen und Eltern, deren Kinder in der Klinik behandelt werden, die jährlichen „Hausleutetreffen” initiiert, bei dem kennen und denkt: Hier muss man was tun! Es war sich seitdem Mitarbeiter der Elternhäuser austau- dringend notwendig, die Familien bei den vielfälti- schen. Das Waldpiraten-Camp, das seine Anfänge in gen Problemen, Therapien und Hilfsmöglichkeiten Spechbach nahm, gehört dazu, inspiriert vom Hole in zu unterstützen. Vor allem aber auch der Wunsch, the Wall Gang Camp in Amerika. „Auch die Idee des sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Kinderkalenders haben wir aus den USA übernom- Informationen zu bekommen, war groß. men”, sagt sie. Sie ist viel unterwegs, fährt auch zu In einem ersten Schritt übersetzt Gerlind Bode ein Scheckübergaben zu den Spendern. Als Patientenver- amerikanisches Buch, das 1983 unter dem Titel „Mein treterin nimmt sie an den Tagungen der Europäische Kind hat Krebs” erscheint. Ein Buch, das in den fol- Arzneimittel-Agentur (EMA) in London teil und ist genden Jahren in überarbeiteten Neuauflagen vielen federführend bei der Gründung der internationalen betroffenen Familien hilft. Vereinigung ICCCPO (heute CCI), einer Konferenz für Bei einem Treffen in Heidelberg 1984 sind sich Elterngruppen aus aller Welt. dann 18 Elternvereine einig: Wir wollen eine eigene „Es war schön, so viel in Gang gesetzt zu haben”, Infoschrift! Die Entscheidung fällt auf den Titel „WIR”. blickt sie zurück. Sie hat so viel mit bewegt, dass Er transportiert das Gemeinschaftsgefühl am besten. auch die Autoren der Sonderausgabe der „WIR” Das freiwillige siebenköpfige Redaktionsteam trifft anlässlich ihres Abschieds in den Ruhestand es sich von nun an viermal jährlich zu einem arbeitsrei- gar nicht erst versuchten „...eine Chronologie Ihrer chen Wochenende. „Es war fast wie bei einer Schü- 25-jährigen Arbeit und Tätigkeit zu erstellen. Wir lerzeitung. Wir saßen alle am großen Konferenztisch, haben es auch schnell aufgegeben, Erfahrungen und Stationen zu gewichten und aufzuzählen.” n (us) 4 3/20 DLFH
25 Jahre Zusammenarbeit mit der Fachgesellschaft GPOH I n der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämato- logie (GPOH) arbeiten Ärzte, Wissenschaftler, Pflegende, Psy- chologen und andere Fachkräfte zusammen an der Erforschung Einsatz von Antikörpern oder Antikörper-Konstrukten. Da- GPOH-Vorsitzender neben sind spannende Durch- Prof. Dr. Martin Schrappe sowie an Verbesserungen in der Diagnostik, Behandlung und brüche mit ein paar wenigen neuen Medikamenten erreicht Nachsorge bösartiger Erkrankungen des Kindes- und Jugendal- worden, die gezielter die Krebserkrankung beeinflussen können. ters. Seit ihrer Gründung setzt die Deutsche Kinderkrebsstiftung sich gemeinsam mit der GPOH für bessere Rahmenbedingun- Welchen Stellenwert messen Sie in diesem Kontext den gen, wissenschaftlichen Fortschritt und für ein ganzheitliches Aktivitäten der Deutschen Kinderkrebsstiftung bei? Versorgungskonzept ein. Mit dem GPOH-Vorsitzenden Prof. Dr. Die DKS ist einer der ganz wichtigen Förderer für unabhängi- Martin Schrappe sprach Renate Heymans. ge Kinderkrebs-Forschung in Deutschland, aber auch für die Unterstützung vielfältiger Netzwerk- und Informationsaufgaben Wir blicken auf 25 Jahre enger Zusammenarbeit der Gesellschaft geworden. Darüber hinaus sichert die DKS die Behandlung für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) und der vieler Familien durch soziale Unterstützung ab. Sie fördert auch Deutschen Kinderkrebsstiftung (DKS) zurück. Was hat diese den Nachwuchs und ist damit ein unverzichtbarer Partner der Zusammenarbeit in besonderer Weise geprägt, welche Ziele GPOH geworden. Ohne die DKS gäbe es nicht so umfangreiche haben wir gemeinsam verfolgt? Nachsorge- und Rehabilitationsprogramme. Die GPOH Mitglieder, insbesondere die Ärztinnen und Ärzte sowie die Pflegenden, haben die gleichen Interessen wie die in Vieles ist erreicht. Dank Erkenntnisgewinn und moderner der DKS versammelten Betroffenen: Wir wollen das Beste für alle Verfahren tun sich aber auch stetig neue Forschungsfelder auf. an Krebs erkrankten Kinder. Natürlich haben sich in den letzten Verstehen wir heute die Biologie bösartiger Tumoren besser als 25 Jahren die Gewichtungen verschoben, weil es neue Ideen, vor 25 Jahren? neue Bedürfnisse, aber auch neue Behandlungsmöglichkeiten Die Biologie wird heute bei vielen, wenn nicht sogar allen Tu- gibt. Ohne Zweifel sind die Patienten heute besser dran: Bessere moren wesentlich besser verstanden. Trotz des gewaltigen, v.a. Unterbringung und Versorgung, sowohl im medizinischen Sinne genetischen Erkenntnisgewinns stehen die großen funktionel- als auch in der psychosozialen Betreuung. len Zusammenhänge noch vor der Aufklärung. Da wird noch vielschichtig zu forschen sein. Wie sahen die Rahmenbedingungen für die Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher vor 25 Jahren aus? Ihre Vision für die Zukunft? Sind bahnbrechende Ergebnisse für Auch vor 25 Jahren wurden krebskranke Kinder schon sehr die pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu erwarten? Wie strukturiert nach kontrollierten Studienprotokollen behandelt, können noch bessere Heilungsraten erreicht werden? um immer so rasch wie möglich neue Erkenntnisse aus der klini- Ich bin grundsätzlich sehr optimistisch: Es wird heute viel schen Forschung in neue Behandlungsstandards einfließen las- schonender behandelt. Es wird mehr nach zugrundliegenden sen zu können. 25 Jahre später ist das aufwändiger geworden, genetischen Veränderungen geschaut. Es werden die vielfäl- weil unglaublich hohe bürokratische Hürden zu nehmen sind. tigsten Behandlungsmöglichkeiten erprobt. Am Ende muss das Überleben ohne oder mit nur geringen Nebenwirkungen das Wie beurteilen Sie die Situation heute? Ziel sein! Wichtige Rahmenbedingungen für die Patientenversorgung sind heute eindeutig besser: Damit meine ich die Unterbrin- Ausblick: Welche Aufgaben und Ziele halten Sie für so wichtig, gung auf den Stationen und in den Tageskliniken, in der ambu- dass die GPOH und die DKS diese zukünftig in den Mittelpunkt lanten Betreuung, die Unterbringung von Eltern und Angehö- ihrer Zusammenarbeit stellen sollten? rigen im Umfeld der Kliniken, die psychosozialen Angebote Aus meiner Sicht sollten DKS und GPOH zum einen die mo- während der Therapie und dann vor allem in der Nachsorge. dernsten und schonendsten Techniken in Diagnostik und The- Im medizinischen Bereich müssen wir weiterhin stetig daran rapie in den Mittelpunkt stellen, aber auch dem menschlichen arbeiten, für alle Patienten die Heilungschancen und die Be- Umgang, der familienorientierten Nachsorge und im Einzelfall handlungsqualität zu steigern – durch hochqualitative Studi- auch der palliativen Seite unseres Handelns ausreichend Raum en und Register, aber auch durch die unmittelbare Nutzung geben. Nur wenn alle Ebenen stimmig sind, wird es für die von Forschungsergebnissen, um den wenigen Kindern und Betroffenen Licht am Horizont geben. Jugendlichen, die einen Rückfall erleiden, neue experimentelle Therapien anbieten zu können. Ein Wunsch? Da ich jedes erkrankte Kind als besonderen Mensch sehe, wün- Welche „Meilensteine“ in Klinik und Forschung haben sche ich mir jedes Mal, dass alles ohne Komplikationen und mit entscheidend zum Fortschritt beigetragen? 100%igem Erfolg verläuft. n Wichtige Meilensteine sind zweifelsohne die Immuntherapie durch die Stammzelltransplantation, aber auch durch den 3/20 DL FH 5
THEMA „An allem Zoé Wendel hat aus ihrer Zeit im Schlechten Waldpiraten-Camp viel Positives ist auch mitgenommen etwas Gutes“ anders wurde für die 13-Jährige, die große Schwester von drei Brüdern. Der mittlere der drei, der damals neunjährige Konstantin, erhielt zu Beginn der Som- E merferien die Diagnose Hirntumor. Es folgte eine s sind ihren ersten Stunden im Waldpira- lange Zeit im Krankenhaus, Zoé besuchte ihn oft. ten-Camp, in denen sich Zoé Wendel und Und dann doch die Entscheidung: Sie und ihr Michelle Büchner das erste Mal begegnen: „Bei ei- Bruder Vincent fahren zu den Waldpiraten. „Es war nem Namenspiel saßen wir nebeneinander an einem megacool. Insgesamt war ich fünf Mal dort, im zwei- Tisch, danach bezogen wir auch noch zufällig das ten Jahr kam nicht nur Vincent mit, sondern auch gleiche Zimmer”, erinnert sich Zoé. „Ziemlich schnell Konstantin”, erinnert sich die 22-Jährige begeistert. war klar, dass wir uns gut verstehen.” Es dauert nicht lange, und sie gehört zu einer Clique. Heute, fast zehn Jahre später, verbindet die beiden „So war es immer, man sieht Leute wieder, die man jungen Frauen immer noch viel. Auch wenn Zoé bereits aus den anderen Camps kannte, lernte aber in Koblenz und Michelle im Heilbad Heiligenstadt auch neue kennen und hatte viel Spaß zusammen.” Sie trafen sich an der Tischtennisplatte, spielten dort gemeinsam im Rundlauf, gingen auf tolle Touren mit dem Fahrrad oder übernachteten mit allen Camp-Teil- nehmern auf der Wiese. „Wir waren Teenies - Jungs und Mädels - und haben natürlich die Nacht zum Tage gemacht”, erzählt sie lachend. „Wir haben damals gar nicht ver- standen, wie anstrengend die Tage für die Betreuer sind. Ich glaube, die Übernach- tung gab es danach nicht noch einmal.” Vorfreude auf Job als Betreuerin Zwischen den Camps rissen die Verbin- dungen zu den anderen Teilnehmern unter anderem durch facebook nicht ab. Jonas aus Limburg und Luca aus dem Saarland besuchten Zoé in ihrem Zuhause in der Eifel. Das Camp habe ihr gezeigt: An allem Schlechten ist auch etwas Gutes! „Es ist ein Türöffner. So viele Leute hätte ich an- sonsten gar nicht kennengelernt, so viele positive Momente nicht erlebt”, blickt sie zurück. Auch heute ist sie mit dem Camp Die Freundinnen Zoé Wendel (re) und Michelle wohnt. Sie sind online im Kontakt, treffen sich eng verbunden und hat einen Kindheitstraum wahr Büchner lernten sich meistens einmal jährlich. Sie sind 2018 beim ersten gemacht: Nach einer absolvierten Mitarbeiterschu- im Waldpiraten-Camp Survivor Day in Köln dabei, erzählen ihre Geschichte lung kann sie jetzt als ehrenamtliche Betreuerin im kennen. auf der Bühne. Vor ein paar Jahren reisen sie gemein- Camp arbeiten. Ihr erster Einsatz wäre das Sommer- sam in den Urlaub auf Sylt: „Es ist immer so, als wenn camp gewesen, das wegen Corona nicht stattfinden wir uns erst gestern gesehen hätten”, schwärmt Zoé. konnte. Auch der Beruf verbindet die beiden. Vielleicht ist Die Abschlussprüfungen als Kinderkranken- Michelle sogar ein bisschen „Schuld”, dass Zoé wie sie schwester hat sie im Frühsommer abgelegt – nach gerade die Ausbildung als examinierte Gesundheits- einer dreijährigen Ausbildung in der Klinik, in der ihr und Kinderkrankenschwester abgeschlossen hat. Bruder damals behandelt wurde. „Während meiner Ausbildung war ich auch auf der kinderonkologi- Als Geschwisterkind zu den Waldpiraten schen Station. Schade, dass zu der Zeit Konstantins Zoé war 2011 im Teenageralter und alles andere als Lieblingsschwester nicht im Dienst war. Mit ihr begeistert, als ihre Eltern ihr eine Reise ins Heidelber- hätte ich gern mal zusammengearbeitet”, sagt Zoé ger Camp vorschlugen. Ein Sommer, in dem vieles Wendel. n (us) 6 3/20 DLFH
Elternvereine im Jubiläumsjahr Kiel Hamburg 2020 Schwerin Bremen Berlin Hannover Potsdam Magdeburg Düsseldorf Erfurt Dresden 45 Jahre Fördergemeinschaft KinderKrebs-Zentrum e.V. Hamburg Wiesbaden 40 Jahre Mainz Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Freiburg 35 Jahre Saar- Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg brücken Lichtblicke e.V. Elternverein Leukämie- und Tumorkranke Kinder e.V. Bremen Elterninitiative krebskranker Kinder der Vestischen Kinderklinik e.V. Datteln Stuttgart Verein Elternhilfe für das krebskranke Kind e.V. Göttingen Elterninitiative Intern 3 im Dr. von Haunerschen Kinderspital e.V. München München Initiative krebskranke Kinder München e.V. Löwenkinder, Verein zur Unterstützung krebskranker Kinder e.V. Viersen Förderkreis für krebskranke Kinder Kiel 30 Jahre HEIDI - Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Wolfsburg Magdeburger Förderkreis krebskranker Kinder e.V. Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Köln Elterninitiative für krebskranke Kinder Jena e.V. Sonnenstrahl e.V. Dresden Elternverein krebskranker Kinder e.V. Chemnitz Verein zur Unterstützung krebskranker Kinder und der Krebsforschung im Kindesalter e.V. Greifswald Elternhilfe für krebskranke Kinder e.V. Leipzig 3/20 DL FH 7
THEMA „Jedes Jahr feiere ich meinen zweiten Geburtstag“ Regenbogenfahrer Patrick Schulz war als Kind im Waldpiraten-Camp, heute ist er Betreuer P atrick Schulz ist Läufer und Radsportler mit Leib und Seele. „Ich kann mich noch erin- nern, was es für mich für einer Herausforderung war, Waldpiraten-Camp macht. Auch wenn er als Hütten- dienst nicht nur für seine Gruppe, sondern auch für alle 40 Kinder mit verantwortlich ist, gibt es doch die nach meiner Erkrankung wieder richtig fit zu werden, Möglichkeit, zu Gesprächen zu zweit. „Es tut gut, et- um zum Beispiel mit dem Fahrrad einen Berg hoch was zurückgeben zu können, was man selbst Gutes zu fahren”, erinnert sich der 34-Jährige. erfahren hat.” Das Rad ist heute (fast) sein ständiger Begleiter. Patrick Schulz, der heute als Prozessingenieur bei Während seiner Ausbildung fuhr er täglich eine Run- Siemens arbeitet, kennt die Camps der Deutschen de mit dem Mountainbike. Später war er im Verein Kinderkrebsstiftung sehr gut. Bereits Mitte der 90er „Aktiv Sport Fichtenberg e.V.“ aktiv, nahm zusätzlich Jahre ist er mit seinen Eltern und seinen Geschwis- an Laufveranstaltungen und verschiedenen Moun- tern bei den Familienseminaren dabei, reist später tainbike-Rennen teil. in die Better-Day-Camps nach Spechbach und dann Er schwingt sich nicht nur für Rennen, sondern regelmäßig ins Waldpiraten-Camp. „Ich habe die auch für den guten Zweck aufs Rad: „Ich hatte mich Zeit immer sehr genossen. Es war vertraut. Man sah am Jahresanfang entschieden, am 1. Mai bei der Sko- Leute wieder, die man kannte und war schnell eine da Velothon Challenge in Frankfurt zu starten und Gruppe”, erinnert er sich. dort im Team Rynkeby – Hohes C zu radeln. Leider Bei den Familienseminaren traf er zum ersten Mal musste die Fahrt wegen Corona abgesagt werden”, Florian. Aus dieser Begegnung wurde eine Freund- bedauert er. Die Regenbogenfahrt findet statt, wenn schaft, die über all die Jahre hält. „Nach der Zeit als auch etwas anders: „Ich bin dabei und besuche fast Teilnehmer bei den Waldpiraten haben wir sogar das täglich eine andere Klinik.“ (Bericht S.18). Seit zehn Camp-Feeling nachempfunden. Florian organisierte Jahren zieht Schulz das farbenfrohe Shirt an und ein mannhohes Zelt. Dann sind wir mit Angela und begibt sich „mit noch mehr Radverrückten mit einem Hannah an einen See gefahren und campten dort für ähnlichen Schicksal” auf den Weg, um Kinder auf den ein paar Tage”, erzählt er schmunzelnd. onkologischen Stationen zu besuchen. „Die Eltern Heute sehen sich die vier Freunde viel seltener, der erkrankten Kinder sehen so, dass es weitergehen denn sie wohnen viel zu weit voneinander entfernt. kann”, sagt er. Mut machen, Hoffnung geben, das Dennoch ließen es sich Patrick und Florian nicht ist ihm wichtig. Mit sechs Jahren erkrankte Patrick entgehen und gingen bis letztes Jahr gemeinsam auf Schulz 1993 an akuter lymphatischer Leukämie (ALL), Regenbogenfahrt. Bis heute sind sie bei den Wald- zwei Jahre später verlief die Knochenmarktransplan- piraten-Camps dabei: Florian als stellvertretender tation sehr gut. „Ich bin jetzt seit 25 Jahren geheilt. Campleiter, Patrick als ehrenamtlicher Betreuer. „Ich Jedes Jahr feiere ich mit einer Familie meinen zwei- kann mir gut vorstellen, noch viele Jahre die Betreu- ten Geburtstag mit mindestens einer Flasche Sekt.” ung der Kinder und Jugendlichen bei den Waldpi- raten mit zu übernehmen”, sagt Schulz. Denn die Es tut gut, etwas zurückzugeben Angebote der Deutschen Kinderkrebsstiftung haben Vielleicht gehe es auch leichter, als selbst Betroffener für ihn einen unschätzbaren Wert. Er hoffe, dass die die Situation zu verstehen und so zu helfen, überlegt Arbeit mit immer neuen frischen Ideen weitergehen Schulz. Eine Erfahrung, die er auch als Betreuer im kann. n (us) 8 3/20 DLFH
Kaufen, bauen, Zuschuss für sanieren: Elternhäuser W Voraussetzungen für Förderung er ein Haus baut, weiß, dass es oft ein Die Gründe, warum ein Elternverein ein Bauprojekt lang gehegter Traum ist, auf dessen startet, können unterschiedlich sein. Da wurde ein Weg viele Herausforderungen warten: Bevor es los neues Haus gekauft, das noch auf die Anforderungen gehen kann, muss geplant und vorbereitet werden, umgebaut werden muss, dort ist ein bestehendes ist ein Architekt zu engagieren, sind Bauanträge zu Elternhaus in die Jahre gekommen. „Deshalb haben stellen und an die Finanzierung zu denken. Gerade wir jetzt die Möglichkeit, eine finanzielle Unterstüt- für Förder- und Elternvereine kann solch ein großes zung für den Bau, den Kauf oder die Sanierung von Bauprojekt, das sich durch Spenden finanziert, eine Elternhäusern und Elternwohnungen zu genehmi- Herkulesaufgabe sein. gen. Der Zuschuss wird für jeden Verein höchstens Jetzt hat der Vorstand der Deutschen Kinderkrebs- alle fünf Kalenderjahre gewährt”, erklärt Benedikt stiftung eine Antragsrichtlinie verabschiedet, diese Geldmacher die Details. Bauvorhaben mit einem einmaligen, festen Zuschuss Wer einen Antrag stellen möchte, muss verschie- zu fördern. „Damit wollen wir die Elternvereine bei dene Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören eine ihrem Ziel unterstützen, Familien möglichst optimal mindestens fünfjährige Mitgliedschaft im Dach- und kliniknah unterzubringen und zu versorgen”, verband der Deutschen Leukämieforschungshilfe begründet Benedikt Geldmacher, Vorstandsvor- (DLFH) sowie ein gültiger Freistellungsbescheid des sitzender der Deutschen Kinderkrebsstiftung, die Finanzamtes, um die Gemeinnützigkeit des Vereins Entscheidung. zu belegen. „Gerade diese herausfordernden Zeiten, die wir Weiterhin muss der beantragende Verein dar- jetzt alle erleben, führen uns vor Augen, wie wichtig auf achten, dass der Gesamtaufwand über 10.000 das gemeinsame Einstehen für unsere Sache als Euro liegt und er noch nicht mit dem Bauvorhaben Elternvereine ist”, sagt er. „Neben den derzeit oft begonnen hat. Dabei gilt als Projektbeginn der Ab- stark zurückgehenden Spendeneinahmen und dem schluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen. „Da deutlich gestiegenen Organisationsaufwand durch die Zuschüsse auf dem Prinzip ‘Hilfe zur Selbsthilfe’ die Pandemie, mussten sich unsere Elternhäuser zugeteilt werden, gehen wir davon aus, dass sich der in der Vergangenheit schon immer neuen Heraus- Elternverein mit eigenen Mitteln angemessen an den forderungen stellen”, so Geldmacher. Der Trend zu Kosten beteiligt”, so Geldmacher. Klinikschließungen und Bildung von Zentren, eine Wenn der Antrag vom Elternverein vollständig aus- nicht immer kostendeckende Vergütung von Über- gefüllt ist, wird dieser gemeinsam mit den Anlagen nachtungsleistungen und eine sich verändernde bei der Deutschen Kinderkrebsstiftung eingereicht. Erwartungshaltung betroffener Familien seien nur „Wir sind sehr froh, dass wir die Antragsrichtlinien einige davon. beschlossen haben. Damit unterstützen wir vor- rangig Vereine in ihren Bauvorhaben, die aufgrund Mehr als ein Ort zum Übernachten fehlender Mittel nicht einfach so einen Neubau Manchmal dauert der Aufenthalt der Familien im oder eine Elternhauserweiterung stemmen könn- Elternhaus nur wenige Tage, mal mehrere Mona- ten. Gleichzeitig gewährleisten wir damit, dass das te. Gerade, wenn die Familien weit weg von der einmalige und wichtige Konzept der Elternhäuser behandelnden Klinik wohnen, ist ein Elternhaus ein auch in Zukunft Bestand wichtiges Angebot. Hier können die Eltern immer in hat”, sagt der Vorstandsvor- der Nähe ihrer erkrankten Kinder sein. Dabei ist das sitzende. n Angebot der Elternvereine weit mehr als nur eine Übernachtungsmöglichkeit. Hier finden die Eltern Ihr Ansprechpartner: Mar- ein Zuhause auf Zeit, in dem sie essen und Sachen tin Spranck, stellvertreten- für die Klinik holen können oder einen Rückzugsort der DKS-Geschäftsführer, finden. Die Mitarbeiter stehen ihnen in der schweren Telefon: 0228/68846-14, Zeit zur Seite und unterstützen mit verschiedenen E-Mail: spranck@kinder- Vorstandsvorsitzender Angeboten. krebsstiftung.de Benedikt Geldmacher stellt die neue Richtlinie vor. 3/20 DL FH 9
It’s Mai Time DIGITAL und doch real Junge-Leute-Seminar: Keine Camp-Nächte, aber dafür virtuelle Nähe Als absehbar wurde, dass das Junge-Leute-Semi- nar aufgrund der Corona-Krise in gewohnter Form nicht stattfinden kann, war eines klar: Dieses Treffen muss es dennoch geben. Die geplanten Workshops und Vorträge sollten nicht abgesagt, die Gruppe sollte irgendwie für einen Austausch zusammenge- bracht werden und „sich-sehen-können“. Vorbereitungen: kreativ und flexibel Tanzimprovisation oder Singen im Chor ohne sich gegenseitig zu sehen und im Raum wahrzunehmen? Theater ohne echte Bühne? Eine Vorführung digital? Niemand von der geplanten Besetzung hatte Erfah- rungen mit einem digitalen Seminar dieser Art. Es wurden intensiv die Möglichkeiten und Grenzen der Onlinekurse und Videokonferenzen getestet, Gesprä- che mit den Referenten und Workshopleitern geführt und mit neuen Planungen begonnen. „Ein Tanzwork- shop via Zoom? Ich konnte es mir kaum vorstellen, dass es funktioniert, mit so vielen Teilnehmern eine offene Atmosphäre zum Tanzen zu schaffen”, erinnert sich Workshopleiterin Sofia Schwarz. Ziel war es, alle Ideen möglichst nah am ursprüng- lichen Programm orientiert umzusetzen. Deshalb galt, sich gemeinsam flexibel und kreativ auf die I neuen Bedingungen einzulassen. „Das war für m Jubiläumsjahr der Deutschen Kinderkrebsstif- mich schier undenkbar. Zudem war mein Plan, den tung sollte das Junge-Leute-Seminar im Frühjahr Teilnehmern nicht einfach eine schon vorgefertigte 2020 ein ganz Besonderes werden. „It’s Mai Time“ Choreographie beizubringen, sondern sie wie auch hieß es: Die Teilnehmer sollten verschiedene künstle- im Camp, mitgestalten lassen, ihre Kreativität zu rische Ausdrucksweisen erproben und am Ende auf fördern und es ‘ihren Tanz’ werden zu lassen”, sagt die Waldpiraten-Bühne bringen. 55 Personen hatten Sofia Schwarz. sich angemeldet. Doch es kam anders als gedacht. Alle Teilnehmer wurden persönlich kontaktiert Die Gemeinschaft der Jungen-Leute-Seminare und eingeladen, sich gemeinsam mit dem Organi- ist wertvoll. Für viele sind die Treffen wie ein kleiner sationsteam auf das Experiment „Junge-Leute-Se- Hafen, den sie zwei Mal im Jahr anfahren dürfen. minar digital“ einzulassen. 40 von ursprünglich 55 Hier ist man unter Gleichgesinnten, hier kann man interessierten Teilnehmern konnten die technischen Sonnenstrahlen tanken, sich ausprobieren und Voraussetzungen einrichten und waren dabei. neue Kräfte in sich entdecken. Auch wenn es nicht Vorab mussten allerdings wichtige Vorausset- immer ausgesprochen wird, so ist es doch spürbar: zungen geklärt werden. Sind alle Kontaktdaten Die Erkrankung oder Betroffenheit als Geschwister aktuell, so dass die Informationen und Anleitungen verbindet die jungen Erwachsenen auf besondere sicher ankommen? Liegen Telefonnummern vor, für Weise. Der Austausch untereinander im Verlauf des den Fall, dass irgendetwas schiefläuft? Die Teilneh- Wochenendes, aber auch die gemeinsamen neuen mer und Mitwirkenden bekamen per E-Mail eine Erfahrungen in den Workshops knüpfen intensive Anleitung für das Seminar. Diese enthielt Hinweise Bande, die als Freundschaften auch über die Treffen zur Ausstattung, Grundlagen zur Handhabung des und Entfernungen hinausgehend halten. Dazu kom- Videokonferenzprogramms sowie das endgülti- men wichtige Informationen aus den Vorträgen, die ge Programm mit Einwahllinks zu den jeweiligen das Leben nach der Erkrankung neu beleuchten und Programmanteilen. Aber nicht nur das. Die Teilneh- Anregungen oder Hilfestellungen bei Problemen mer durften sich auch über physische Post freuen, und Belastungen anbieten. einem kleinen Paket mit Begleit-Accessoires für das Seminar. 10 3/20 DLFH
Seminar ohne „Katharina” Das digitale Seminar setzte sich aus mehreren Ein- heiten zusammen und fand von Freitag bis Sonntag statt. Ab Freitag lief eine Sport-Challenge: Gemein- sam sollten die Teilnehmer bis Sonntagmittag 300 Kilometer in einer Strava-Gruppe zusammenbringen. Über die drei Tage konnten die Teilnehmer sich in großen Gruppen treffen oder für einzelne Fragen intensiver in Kleingruppen diskutieren. Dafür wurden sogenannte digitale „Breakout Räume“ eingerichtet. So konnte viel Raum für Aktivität, Interaktion und Austausch angeboten werden. Breakout Räume sind virtuelle Räume, in die schickte er die Gruppe zu kleinen Diskussionsrunden die Großgruppe eingeteilt werden kann. Die in die Breakout Räume. Hier sollten sie beispielsweise jeweiligen Gruppen sind dann voneinander besprechen, welche Momente man im Leben selbst abgetrennt und kriegen nicht mit, was in den anderen Breakout Räumen geschieht. Der Leiter positiv beeinflusst oder geschaffen hat. des Videotreffens kann dann die Unterteilungen wieder auflösen, um alle Teilnehmer wieder in Abends: Auf der Bühne die große Gruppe zurück zu holen. Der gemeinsame Abend sollte sich als solcher anfüh- len. Vor Ort im Camp hätte es Snacks und besondere Getränke und eine feierliche Atmosphäre im Saal gegeben. Nun hatten alle per Post eine kleine Kerze, eine Brause und eine Süßigkeit erhalten. Die Kerze wurde angezündet und ein „Prost“ in die Runde ge- geben. So konnten sich die Teilnehmer zurücklehnen und nach und nach ihre eigenen Beiträge präsentie- ren oder die aus den anderen Workshops genießen. Live wurden vier kleine Theaterinszenierungen, zwei Theatermonologe und der Poetry Slam vorge- stellt. Die Präsentation des Gesangsbeitrages und das Video vom Tanz rundeten den Abend ab. Doch so ein richtig geselliger Abend endet nicht mit den Das Ziel, aus den Workshops heraus etwas auf die Programmpunkten: Im Anschluss baten die Teilneh- Bühne zu bringen, blieb. Eigentlich alles wie immer. mer darum, noch länger im Video-Raum bleiben zu Zumindest fast. Nur eben digital und ohne Kaffeema- dürfen. Eben ganz wie immer im Camp. schine „Katharina“, ohne Umarmungen, gemeinsame Mahlzeiten und Nächte im Camp. Einhelliges Fazit: Gelungen Das Experiment ist mit überragendem Erfolg ge- In großer Runde: Kennenlernen lungen: Die Technik hatte funktioniert, es kam eine 40 Personen, die sich in der Begrüßungsrunde gesellige Atmosphäre auf, und die Rückmeldungen selbst kurz vorstellen? Damit das nicht zu langwierig auf die Feedbackumfrage war deutlich. Ein hundert- wurde, kamen Utensilien aus dem Postpaket zum prozentiges „Ja” gab es auf die Frage: Würdest Du Einsatz. Der jeweilige Redner hatte ein Eis-Schirm- nochmal an einem Digitalen Junge-Leute-Seminar chen, das er in die Kamera hielt. Für das traditionelle teilnehmen, wenn die Umstände keine direkte Be- Kennenlernspiel gab es außerdem für jeden einen gegnung ermöglichen? Luftballon. Dieser wurde gleichzeitig aufgepustet, Auch Workshopleiterin Sofia Schwarz war positiv bewegt und schließlich mit 40 lauten Knalls zerplatzt. überrascht: „Nach einer Weile habe ich fast verges- sen, dass uns ‘nur’ dieser Bildschirm verbindet. Wir Vortrag über Achtsamkeit waren allesamt stolz auf das Resultat und glücklich, Einfach mal zurücklehnen und zuhören? Das gibt uns auf das neue Wagnis einzulassen.” es nur selten bei den Junge-Leute-Seminaren. Auch Und am Ende war es so, wie es sich das alle Betei- in der digitalen Variante legte Ingolf op den Berg ligten gewünscht hatten: Das Junge-Leute-Seminar viel Wert auf Interaktion in seinem Vortrag mit dem 2020 war ein ganz Besonderes. Zwar anders, aber gut. Titel „Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter Wenn die Pandemie bleibt, sind wir vorbereitet. n die Füße.“ „Obwohl wir zu Hause sind, ist in unsern Ria Kortum Inneren immer etwas in Bewegung“, begann er seinen Vortrag über Motivation, Achtsamkeit und Lebensenergie. Er bewegte sich ebenso vor der Ka- mera - abwechselnd sah man ihn vor einem Flipchart stehend oder sitzend sprechen. Zwischendurch 3/20 DL FH 11
Dichterwettbewerb, glückliche Sänger & Co Beim Junge-Leute-Seminar fanden Workshops für Theater, Gesang, Poetry Slam, Tanz und Sport statt. Pro Kurs waren sechs bis zehn Teilnehmer dabei: Theaterworkshop Workshopleiter Max saß am Flügel, ein Mikro an mit Robin Telfer seinem Piano und eins an seinem Headset. Sie sorg- Zehn Teilnehmer entwickelten angelei- ten dafür, dass alle Teilnehmer über ihre Kopfhörer tet vom Theaterregisseur Robin Telfer nicht nur seine Stimme, sondern auch den Klang des zunächst nach einer festgelegten Instrumentes klar hörten. Der erfahrene Chorleiter Reihenfolge gemeinsame Geschichten. machte Übungen vor, und jeder machte dies an War der erste Satz einmal gefallen, seinem Endgerät mit. Wichtig dabei war, dass jeder verschwanden schnell alle Hemmun- außer Max sein Mikro ausgestellt hatte. Nur auf Auf- gen vor der Webcam und alles nahm forderung stellten einzelne Teilnehmer ihr Mikro ein fließend seinen Lauf. Auf ein Taschen- und erhielten dann individuelle Ratschläge. lampensignal hin wechselte die erzäh- Für die virtuelle Bühne am Abend ging es im lende Person, während eine andere die zweiten Teil des Workshops darum, den Refrain des Handlung pantomimisch darstellte. Liedes „What do I know?“ von Ed Sheeran singen Die Geschichten waren begleitet von zu lernen. Stück für Stück sang Max vor und alle Gelächter und erstaunten, manchmal anderen mit. Nach vielen Wiederholungen nahm auch von Schreck gekennzeichneten Gesichtern, jeder für sich seine eigene Stimme mit dem Handy doch am Ende stets mit Erleichterung und Happy auf. Eine Tonspur mit Begleitung, Singstimme und End. Metronom über die Kopfhörer abgespielt, half den Nachdem alle in der Welt des Theaters angekom- Teilnehmern, das Lied in der richtigen Tonlage und men und in verschiedene Rollen geschlüpft waren, Geschwindigkeit einzusingen. Die Gesangsspuren bildeten sich kleine Gruppen, die in Breakout-Räume wurden anschließend übereinandergelegt, und so eingeteilt wurden. In diesen konnten die Teilnehmer entstand ein gemeinsames Werk für den Abend. Auf eine Theaterszene entwickeln. Bei Bedarf gab es vom der Bühne: Für knapp eine Minute sang der digitale Workshopleiter einen Satz als gemeinsamen Anhalts- Junge Leute Seminar-Chor. Alle Teilnehmer waren punkt, der als Anfangs- oder Endpunkt der Szene sich einig: Singen macht wirklich glücklich! verwendet werden konnte. Nach der Gruppenarbeit gab es noch ein besonderes Let’s Dance… Tanzworkshop Angebot: Für diejenigen, die schon immer davon ge- mit Sofia Schwarz träumt haben, Hamlet oder Julia zu sein, bot Robin eine „Monolog-Probe“ an. Dabei wurden die Teilneh- mer im Einzelkontakt durch ausgewählte Passagen geführt und erhielten wertvolle Anweisungen, wie die Darstellung der Rede spannend und interessant werden kann. Am Abend stieg der Adrenalinpegel noch einmal an, als die Teilnehmenden ihre erar- beiteten Stücke live vorspielen und die Monologe vorsprechen durften. Dann hieß es für alle anderen Zuschauer: Kamera aus, Spot an. Voller Spannung konnte so das Geschehen an den Bildschirmen zu- hause verfolgt werden. Gesangsworkshop: Singen macht Das Rennen bei der Wahl eines Wunschliedes, zu glücklich!? dem getanzt wurde, machte „Bad Guy“ von Billie mit Max Weise Eilish. Ein großartiges Lied, um sich richtig gut zu Was passiert eigentlich beim Singen? fühlen. In einer Mischung aus vorgegebenen und ge- Wie kann sich durch Veränderungen meinsam erarbeiteten Bewegungen tanzen sich die in der Technik der Klang verändern? Teilnehmer gemeinsam mit Workshopleiterin Sofia Und warum erlebt man beim Singen Schwarz durch den Song. Jeder für sich vor seinem oft Glück und Entspannung? Diesen PC. Da brauchte es natürlich ausreichend Platz und Fragen wurden im ersten Teil des Vi- gute Lautsprecher. Die Musik spielte die Mitarbei- deoworkshop „Gesang” nachgegangen. terin des Waldpiraten-Camps in die Videokonferenz 12 3/20 DLFH
ein, sodass es nicht zu Zeitverzögerungen kam. freien Lauf und präsentierten sich ihre Texte gegen- Der Fokus lag auf der Freude an Bewegung zur seitig. Als Vorbereitung auf den Abend sollte jeder Musik, am Spaß dabei, sich passende Moves auszu- frei ein Thema wählen und dazu einen Text verfas- denken und gemeinsam auszuprobieren. Doch auch sen, dessen Vortrag nicht länger als fünf Minuten hier wurde am Ende ein Ergebnis produziert: Jeder dauert. Teilnehmer nahm sich selbst tanzend auf seinem Die jungen Slammer setzten sich mit Corona aus- Handy auf und versendete die Datei an Chris Mers- einander, erfanden Marketingtexte oder führten Poe- mann von nevermiss productions. Er nutzte die Zeit tisches auf. Die Texte waren alle sehr beeindruckend, vor dem gemeinsamen Abend, um aus den vielen emotional und sehr unterschiedlich. Das Publikum Einzelvideos ein gemeinsames Video zusammenzu- wählte am Ende mit roten und grünen Abstim- schneiden. Zu sehen sind tanzende junge Erwach- mungskarten einen Sieger. Die meisten Stimmen sene – nebeneinander, nacheinander, im Bild, aus erhielten Nick Schäfer mit seiner poetischen Ausein- dem Bild heraustanzend, die sichtlich Freude daran andersetzung „MaiTimeSlam“ und Leon Vahlhaus mit haben, auch mal spielerisch witzige Elemente zu seinem Gedicht „Der Mond ist aufgegangen“. zeigen. Sport Poetry Slam „Darüber reden…“ mit Gabriele Gauss mit Daniel Wagner Gabriele Gauss vom Netzwerk ActiveOncoKids hatte die Teilnehmer bereits am ersten Tag mit der Sport- challenge herausgefordert. Doch das schafften die jungen Leute problemlos! Am Ende brachten sie sogar 490 Kilometer zusammen. Manch einer radelte oder joggte große Runden, andere nutzten die Pausen zwischen den Semi- nareinheiten für einen kleinen Spaziergang um den Block. Jeder Kilometer zählte, und die gemein- same Aufgabe motivierte fast alle, sich auf den Weg zu machen und Als Poetry Slam bezeichnet man einen modernen einen Beitrag zu leisten. Dichterwettstreit, bei dem Autoren ihre selbst Beim Frühsport am Sonntag- geschriebenen Texte auf einer Bühne vor Publikum morgen brauchte es dann Platz präsentieren. Das Wichtigste dabei ist: Die Zuschauer vor dem PC, um den Übungen mit den Texten zu begeistern. von Gabi zu folgen. Die Sportwis- Zum Einstieg lockerte der Workshop-Leiter und senschaftlerin konnte dabei alle preisgekrönte Slammer Daniel Wagner die acht Teilnehmer auf ihrem eigenen Teilnehmer mit Wortspielen auf: Sie erfanden Wörter, Bildschirm in der Galerie sehen schrieben wahre und unwahre kleine Geschichten, und so wichtige Korrekturen für brachten Geschichten aufs Papier, die nur durch die Effektivität der Bewegungsabläufe durchgeben. Emotionen überzeugten und verwandelten Gefühle Im Anschluss konnten die Teilnehmer an einer Ge- in Gedichte. Die Teilnehmer ließen ihrer Kreativität sprächsrunde zum Thema Sport teilnehmen. n Lydia war beim ersten digitalen Junge-Leute-Seminar dabei. Sie schreibt: „Jedes Mal freue ich mich wieder auf die JLS-Treffen Beim Gedicht-Wettstreit gibt es kaum Regeln. Man in Heidelberg im Waldpiraten-Camp. Das Camp darf schreiben, worüber man möchte, kann seinen ist für mich ein ganz besonderer Ort. Er steht für Gedanken freien Lauf lassen. Vertrautheit, Sonnenschein trotz schlechtem Wetter, Der Vortrag von Ingolf op den Berg, welcher für Auszeit vom Alltag, Kurz-Urlaub, Gelassenheit, Freun- mich definitiv kein Vortrag war, sondern eher einem de wiedersehen, Spaß zu haben, … Coaching glich, hat mir die Augen geöffnet. Jetzt Leider hat uns das Corona-Virus dieses Mal einen werde ich bewusster und achtsamer durchs Leben Strich durch die Rechnung gemacht. Wir sollten und schreiten. Ich werde meine Zeit mit Sinnvollem durften uns nicht persönlich im Camp treffen. Schade. füllen, all den Ballast abwerfen, aufgeräumter und Ria, Chris und das ganze WPC-Team haben sich präsenter mein Leben bestimmen, sowie die freie aber dafür eingesetzt und alles gegeben, dass das Zeit nutzen, um Neues zu lernen. Seminar trotzdem stattfinden konnte! Über Zoom Henry Ford hat einmal gesagt: „Ob du glaubst, du haben wir uns sehen und treffen können. Das hat schaffst es, oder du glaubst, du schaffst es nicht; Du erstaunlich gut geklappt! hast recht!“ Der Poetry-Slam-Workshop mit Daniel Wagner hat mir sehr viel gebracht. Jede*r kann Texte schreiben! „Ich schaffe es! Eins werd’ ich nie tun: AUFGEBEN!!” 3/20 DL FH 13
Ein Tagebuch aus Perlen Hoffnung, Mutmacher und Trostspender: Eine bunte Kette begleitet Kinder durch die Therapie 14 3/20 DLFH
M ut brauchen Kinder in vielen Lebenslagen – am ersten Tag in einer neuen Schule, bei einem Sprung vom Zehn-Meter-Turm ins Wasser Botschaft: Ein blauer Stern steht für die Aufnahme auf der Station, die Käppchen-Perle für Haarausfall und die rote Kugel für den Pieks bei der Blutabnah- oder bei einem Auftritt auf einer Bühne. Für den me. Insgesamt gibt es etwa 40 verschiedene Perlen. achtjährigen Vincent aus Offenburg besteht Mut aus Zu Beginn bekommt der junge Patient ein langes rund 240 bunten Perlen. Die mehrere Meter lange Band, auf das eine Perle mit dem Logo der Eltern- Kette ist innerhalb von neun Monaten – Perle um gruppe sowie eine Perle mit einem Anker, der für Perle — gewachsen und begleitete ihn auf dem Weg die Hoffnung steht, gefädelt wird. Aus Buchstaben- durch seine Krebstherapie. perlen entsteht der Name des Kindes. Von nun an Im September 2017 beginnt für Vincent ein neuer wächst die jeweils eigene Kette, denn die Perlen Lebensabschnitt: Er ist ein Schulkind. Am dritten fädelt das Kind in der Reihenfolge der Behandlungen Schultag fühlt er sich sehr schwach und sieht auf: „Jede Mutperlenkette erzählt die ganz persön- blass aus. Beim Kinderarzt wird Blut abge- liche Geschichte eines krebskranken Kindes. Sie nommen, um den Eisenwert zu überprüfen. begleitet die jungen Patienten durch die an- „Am nächsten Abend klingelte der Kinder- strengende Intensivtherapie. Die Perlen spenden arzt bei uns zu Hause. Da wusste ich gleich, nicht nur Trost, sondern geben auch Lebensmut dass es kein Eisenmangel sein kann”, erinnert und Hoffnung“, sagt Jens Kort, Geschäftsführer der sich seine Mutter Victoria Hof. Der Arzt schickte Deutschen Kinderkrebsstiftung. So können Ängste Vincent sofort ins Universitätsklinikum Freiburg. Alle in den Hintergrund treten. Die Behandlungen sind fuhren mit, die Eltern und die beiden Brüder. anhand der Kette erkennbar und zeigen, an welcher Die Diagnose: akute lymphatische Leukämie (ALL). Stelle der Therapie der Patient gerade steht. Die Ein Dreivierteljahr lang wird er in Freiburg behan- Eltern können mit den Perlen ihre Kinder besser auf delt, ist für lange Zeiträume auf der kinderonkologi- die kommenden Eingriffe vorbereiten. schen Station. Die Mutperlenkette hat er immer im Blick, denn sie hängt am Infusionsständer. Für all die Förderung durch Allianz für Kinder Transfusionen, Eingriffe, Blutabnahmen ist sie ein Ursprünglich stammt die Idee des Projekts mit dem Trostpflaster und eine Motivation. „Er hat die Perlen Namen „Bravery Beads“ aus Kanada. Rasch fand die begeistert gesammelt. Nach einem Tag mit vielen Idee Anklang in englischsprachigen Ländern und in Untersuchungen meinte er: Mama, heute bekom- den Niederlanden. Heute gehört das Konzept auf me ich ganz viele”, erinnert sich seine Mutter an die vielen kinderonkologischen Stationen in Deutsch- schwere Lebensphase. Fast wie ein Tagebuch sei die land längst zum Klinikalltag. Die Deutsche Kinder- bunte Kette, die die Erinnerungen wachhält. Und krebsstiftung organisiert den Ankauf und die vielleicht helfen die Perlen später einmal, Fragen zu Verteilung der Perlen an die Elternvereine und stellen, sagt sie. Kliniken. Die Kosten für die Anschaffung jeder Mutperle übernehmen seit Mai 2018 die Stif- Vincents Favorit: Der „Chemokasper” tung Allianz für Kinder und die vier regionalen „Es war eine schwere Zeit für die ganze Familie. Vor Kinderhilfsvereine der Allianz Deutschland AG. allem am Anfang fiel uns die neue Situation schwer”, Das Förderprojekt ist auf drei Jahre angelegt blickt sie zurück. Die Familie ist räumlich getrennt. und wird mit insgesamt 150.000 Euro unter- Der Vater betreut die beiden Brüder zu Hause in stützt. Offenburg, die Mutter ist für Vincent im zirka 60 „Wir sind Kilometer entfernten Freiburg da. „Anfangs sagte weiterhin man mir, wir würden hier Himmel und Hölle erleben. stolz darauf, Den Himmel konnte ich mir nicht wirklich vorstellen. das bundes- weite Mutperlen-Projekt Und doch ist es so. Trotz der vielen Komplikationen zu fördern“ fasst Dr. Markus Nitsche, Vorstand während der Behandlung haben wir auch viele sehr der Stiftung Allianz für Kinder zusammen. „Die intensive, schöne Momente erlebt”, sagt sie. Rückmeldungen, die uns über die Deutsche Heute geht es Vincent gut, er wird in der Nachsor- Kinderkrebsstiftung sowie von einzelnen ge betreut. „Ich gehe schon lange wieder in die Elternvereinen erreichen, beweisen uns, dass Schule”, sagt er fröhlich. Die Kette hängt nun am die Spendengelder unserer Mitarbeiter und Ver- Schrank in seinem Zimmer: „So kann ich sie immer treter sehr sinnvoll verwendet werden und wir sehen”, erzählt der Achtjährige. Besonders gefällt durch unser finanzielles Engagement Freude ihm die Perle „Chemokasper”. Einem Freund habe er und Hoffnung in das schwere Leben krebser- die Mutperlenkette schon gezeigt, der sie sich ganz krankter Kinder und ihrer Eltern bringen.“ genau angeschaut habe. Auch in die Schule möchte Auch Victoria Hof ist vom Mutperlen-Pro- Tipp: Inzwischen gibt es er sie gern mitnehmen und so seine Geschichte jekt begeistert: „Es ist eine tolle Aktion, auch eine virtuelle Vari- erzählen. die den Kindern hilft, den langen Weg zu ante der Mutperlenkette. gehen und am Ball zu bleiben.” n Die App kann kostenfrei Viele Perlen Hoffnung Ulrike Seidenstücker im google Playstore und Die Perlen gibt es in verschiedenen Farben und Mus- im App Store herunterge- tern, und hinter jeder Mutperle steckt eine laden werden. 3/20 DL FH 15
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