Missionsblätter - Das Magazin der Missionsbenediktiner von St. Ottilien - Erzabtei St. Ottilien
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In diesem Heft WELTWEIT 4 - 5 Flucht nach Ägypten 8 - 9 P. Reinhard Bottners Eritreische Flüchtlinge in Wirken im Keriotal Kairo 10 - 11 Brücke zwischen 6 - 7 Lebensrettende Geräte in Afrika und Europa Ndanda 12 - 13 Neues aus der Mission INHALT HEIMAT 14 - 15 Heilige Ottilia 22 Wenn mein Herz wandert Die Lichtbringerin Fünf Tage im Kloster – und 16 - 17 Norbert Weber – ein Leben etwas hat sich verändert für Mönchtum und Mission 18 - 19 Rund um die Erzabtei Neues aus St. Ottilien RUBRIKEN 20 - 21 Impuls: 24 Buchtipps Gottes „Zu-Wendung“ – 27 Preisrätsel eine Wende für unser 28 Termine Leben? 23 Humorvolles aus dem Kloster Br. Engelbert Wieber Titelbild: Festfreude teilen: Kindergartenkinder der Abtei Ndanda bei einem gemeinsamen Mahl. 2 missionsblätter 4 | 2020
Liebe Leserin, lieber Leser, wir leben in einer „Wende-Zeit“, so schreibt Erzabt Wolfgang in seinem Impuls ab Seite 20 dieser Ausgabe. Vieles verändert sich gerade in unserem Leben, im Zusammenleben mit anderen Menschen – keine Reisen, keine Feste, immer auf Abstand und mit Maske. Das belastet und bedrückt die Menschen. Wie wird sich das noch entwickeln? Wie lange wird das so weitergehen? Aber es hat sich schon einmal alles in dieser Welt geändert – mit dem Kommen Jesu Christi. Gott ist immer unterwegs mit uns – auf neuen Wegen Krisenzeiten bieten auch Chancen auf Veränderungen und zu Neuem. So ist mit der Kongregation der Missionsbenediktiner von St. Ottilien etwas Neues in der Ordenslandschaft entstanden. Ausgehend von der heiligen Ottilia, deren 1300. Todesjahr wir dieses Jahr eigentlich groß feiern wollten; stark geprägt vom ersten Erzabt, Norbert Weber, an dessen 150. Geburtstag wir uns dieses EDITORIAL Jahr erinnern. Jesus Christus ist in diese Welt gekommen – als Hoffnungszeichen für die Menschen Als Neugeborener musste er mit Maria und Josef nach Ägypten fliehen. Wie heute auch wieder Menschen aus Eritrea, die ihr Land verlassen auf der Flucht vor einem Diktator. Sie werden anderswo aufgenommen und Menschen wie unsere ägyptischen Mitbrüder sorgen für sie. Und unser Missionsauftrag in dieser Welt endet nie Es bleiben Spuren, wie sie unser Mitbruder und Missionar, P. Reinhard B ottner, in Kenia hinterlassen hat. Es entsteht Neues, wie Br. Jesaja aus s einer Tätigkeit am Hospital im Süden von Tansania berichten kann. Aufgaben werden neu besetzt, neue Ausrichtungen gegeben, wie wir von P. Christian Temu, dem neuen Kongregationsprokurator erfahren. Aber auch in der Heimat, in der und rund um die Erzabtei, gibt es immer wie- der Erfreuliches und Interessantes zu erzählen. So wünsche ich Ihnen viel Freude mit den neuen Missionsblättern und trotz allem, was wir gerade erleben – oder gerade deswegen – besonders gesegnete Festtage und den hoffnungsvollen Beginn eines guten neuen Jahres. Bleiben Sie gesund – und zuversichtlich! Ihr missionsblätter 4 | 2020 3
Flucht nach Ägypten Eritreische Flüchtlinge in Kairo Text: P. Maximilian Musindai OSB Übersetzung: Stefanie Merlin Seit 1990 kamen immer wieder eritreische Flüchtlinge nach Ägypten, wenn auch nicht viele. Im Jahr 2014 stieg die Zahl der Flüchtenden dramatisch an: Als Folge eines notorisch repressiven Regimes sahen viele Eritreer keine andere Perspektive, als aus ihrer Heimat zu fliehen. Dort ist politische Opposition verboten und die Bewegungsfreiheit im eigenen Land sowie die Meinungs- und Religionsfreiheit sind stark einschränkt. Die Jugendlichen werden zu unbe- waltigt. Als sie in Ägypten ankam, gelassen haben, hat ihren Vater in fristetem Militärdienst verpflichtet blutete sie stark und wurde von den der Wüste verloren, und sie wissen und versuchen verzweifelt, nach Eu- ägyptischen Behörden gerettet, die bis heute nicht, wo ihr Vater ist. Wir ropa zu fliehen. Und der Weg durch sie ins Krankenhaus brachten. Die hoffen weiterhin, dass er am Leben Ägypten wurde zur Transitroute. Auf Folge ihrer Verletzungen ist, dass ist. Viele schweigen zu den Schwie- legalem Weg das Land zu verlassen sie nicht mehr schwanger werden rigkeiten und Misshandlungen, de- ist kaum möglich, da die eritreischen kann. Ihre Geschichte steht für viele, nen sie auf dem Weg nach Kairo Behörden die nötigen Ausreisepa- die ähnliche Schmerzen erdulden begegnet sind, und zeigen bisweilen piere verweigern. Den Flüchtenden mussten. Wenn sie nach Ägypten psychische Probleme. Einige versu- WELTWEIT bleibt nur die Option, die Dienste von einreisen, beantragen sie eine Re- chen, über das Meer nach Europa zu illegalen Schleppern in Anspruch zu gistrierung beim UNHCR. Als Aus- gelangen. Vor einigen Jahren haben nehmen. Auf dem Weg nach Europa weispapiere und für die Inanspruch- wir eine Familie verloren, deren sind die Menschenhändler bereit, bei nahme der von der UNO erbrachten Vater, Mutter und Sohn versuchten, der Überquerung der Grenze zum Hilfen werden ihnen Identitätskarten das Meer nach Italien zu überque- Ostsudan zu helfen, dann geht es – ausgehändigt. Eine der großen Her- ren. Obwohl Ägypten nur Transit- meist mit Jeeps – weiter nach Khar- ausforderungen bei der Einreise nach land auf dem Weg nach Europa ist, tum, durch die Wüste nach Assuan Kairo ist der riskante Weg durch die sind viele Familien hier eingesperrt und schließlich im Zug nach Kairo. Wüste und über die Grenzen. Ob- und haben keine Hoffnung, nach In Ägypten angekommen, werden wohl viele ankommen, sterben oder Europa zu gelangen. Solche Fami- die Flüchtlinge freigelassen und verschwinden viele andere auf dem lien haben sich nun entschieden, in müssen ihren eigenen Weg finden. Weg. Wenn sie von den Menschen- Ägypten zu bleiben, auch wenn es Viele verkaufen in ihrer Heimat ihr händlern in der Wüste ausgesetzt schwierig ist. ganzes Hab und Gut, um die Gebüh- werden, müssen sie allein den Weg ren für die Schlepper aufzubringen, finden, um sich Nahrung und Unter- Orden engagieren sich gemein weil sie auf „grünere Weiden“ – Frie- kunft zu sichern, ohne von den Re- sam im Dienst der Hoffnung den, Finanzen, bessere Bildung und gierungsbehörden entdeckt zu wer- Seit wir Missionsbenediktiner in Dienstleistungen – außerhalb ihres den. Die Angst davor, entdeckt und Kairo sind arbeiten, wir in der Flücht- Landes hoffen. Die Reise dorthin ist wieder zurückgeschickt zu werden, lingshilfe mit, die von den Combo- voller Risiken. ist ihr ständiger Begleiter. Wer ohne ni-Missionaren bereits vor 30 Jahren die legalen UNO-Dokumente ange- ins Leben gerufen wurde. In den Misshandelt und mittellos troffen, wird landet im Gefängnis. Pfarreien helfen wir den bedürftigen Wie mir eine 26-jährige Frau, ich Familien, Unterkunft und Lebens- nenne sie hier „Mariam“, erzählte, Hier warten weitere Heraus mittel zu bekommen, und organisie- brauchte sie drei Wochen, um Kairo forderungen auf die Flüchtenden ren die Betreuung der Gefangenen. zu erreichen. Die drei Wochen wer- Es gibt viele Familien, die von Ihnen bringen wir Winterkleidung den die dunkelsten Tage in ihrem verschiedenen Herausforderungen oder Medikamente ins Gefängnis. Leben bleiben. Mariam wurde fast betroffen sind. Eine der Familien, Wir sorgen für Bildung und Gesund- täglich von den Schleppern verge- die sich bereits hier in Kairo nieder- heitsversorgung. Da die Kinder keine 4 missionsblätter 4 | 2020
ägyptischen Schulen besuchen können, haben wir mit den Lehrern unter den Flüchtlingen Unterricht für sie organisiert. Am wichtigsten ist die Pastoral. Hier treffen wir Paare und helfen ihnen, die täglichen Anforderungen des Lebens zu bewältigen. Wir geben auch Kurse, um die jungen Paare in Fragen des Familienlebens vorzuberei- ten. Seit fast drei Jahren habe ich eine aktive Rolle in unserem eritreischen Flüchtlingsapostolat übernommen. Ich sehe es als meinen Auftrag, zweimal im Monat ihre Häuser zu besuchen, Messen und kostenlose Beratungs- dienste anzubieten und ich spüre, dass dies dazu beiträgt, die Hoffnung unter den Flüchtlingen wieder zu wecken. Mit dem Aufkommen des Coronavirus wurde fast das gesamte Flüchtlingsprogramm in die Knie gezwungen. Nahrungsmittelhilfe für Flüchtlingsfamilien Dank des Eingreifens der Benediktiner konnten auch die Versorgung der bedürftigen Flüchtlingsfamilien mit Nah- rungsmitteln und die Erfüllung anderer Grundbedürfnis- se als Notmaßnahmen gewährleistet werden. Die Zukunft unseres Hilfsprojekts Der Schock durch die Corona-Gesundheitskrise hat uns die Augen geöffnet. Als die Lage sehr schlecht war, be- schlossen wir, ein Komitee zu gründen, das sich mit der WELTWEIT Zukunft der eritreischen Flüchtlinge in Kairo befasst. Ich übernahm den Co-Vorsitz. Da wir nun Familien ha- ben, die sich entschieden haben, in Ägypten zu bleiben, bedeutet dies, dass dieses Projekt hier bleiben wird. Als Kirche müssen wir nach Wegen suchen, wie wir hilfs- bedürftige Flüchtlinge ohne ständige Abhängigkeit von Spenden unterstützen können. Unser Ziel ist, dass sich die Hilfsprojekte selbst tragen; dafür ist aber eine Start- hilfe notwendig, denn alleine schaffen wir es in dieser schwierigen Zeit nicht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk unterstützt unser Anliegen mit sehr begrenzten Mitteln, daher wenden wir uns an unsere Partner und Wohltäter. P. Maurus zu Besuch bei Mit ihrer Hilfe möchten wir die Not der eritreischen eritreischen Flüchtlinge in Kairo lindern und ihren Familien eine Familien in langfristige Perspektive geben. Kairo Flucht nach Ägypten Die „Flucht nach Ägypten“ ist kein neuartiges 21, wie Gott sein Volk, die Israeliten, aus Phänomen. In der Bibel lesen wir an mehreren Ägypten in die Freiheit rettete (Flucht aus Stellen davon. In Genesis 41, 46-57 rettete Ägypten). Viele Jahrhunderte später erzählt Josef die Ägypter vor der Hungersnot. Durch Matthäus 2,13-23, wie die Heilige Familie seinen landwirtschaftlichen Masterplan auf der Suche nach Sicherheit vor politischen bewahrt er seine Familie vor der Hungersnot; Unruhen, Diktatur, Machtmissbrauch und später „floh“ die Familie nach Ägypten und Gewalt gegen unschuldige Zivilisten nach ließ sich dort nieder. Als sich die politischen Ägypten zurückgeführt wurde – eine weitere Verhältnisse änderten, erzählt Exodus 12-15, „Flucht nach Ägypten“. missionsblätter 4 | 2020 5
Ein Meilenstein für unsere Patienten Lebensrettende Geräte in Ndanda Text: Br. Jesaja Sienz OSB Hadija ist 30 Jahre alt und schwanger. Am Ende ihrer Schwangerschaft entwi- ckelte sie eine Komplikati- on, die Eklampsie genannt wird. Dabei handelt es sich um eine Funktionsstörung der Plazenta („Mutter kuchen“), die zu Bluthoch- druck, Wasseransamm- lungen, Krampfanfällen und Nierenversagen führt. Mithilfe der neuen Geräte WELTWEIT im Hospital Ndanda konnte unser Team aus Ärzten und Gemeinsam Leben retten: Die Freude über den gemeinsamen Erfolg steht den Ärzten und PflegerInnen ins Gesicht geschrieben. Der ersten Dialysepatientin konnte geholfen werden. Dialysepflegerinnen Hadijas Nicht im Bild: Die zahlreichen Spender, die die Beschaffung der Dialysegeräte ermöglicht Leben retten. haben. Als Hadija Ende August bei uns ankam, war sie bereits Vor allem aber haben die Nieren der Patientin ihre in kritischem Zustand mit allen genannten Symptomen. Funktion wieder allmählich aufgenommen. Nach wei- In dieser Situation muss zunächst das Baby schnellst- teren zwei Wochen konnte sie geheilt nach Hause ent- möglich zur Welt gebracht werden. Leider war es bereits lassen werden. im Mutterleib verstorben, konnte aber dennoch auf na- Hadija war die erste Patientin, die in Ndanda mit Hämo- türlichem Weg geboren werden. dialyse („Blutwäsche“) behandelt wurde. In den folgenden Tagen stellten die Nieren der Patientin ihre Funktion vollständig ein. Nach zehn Tagen war die Wenige haben eine Krankenversicherung Patientin in kritischem Zustand mit Wasseransammlun- gen im ganzen Körper. Die Konzentration der Giftstoffe Die Kosten für eine Dialysesitzung betragen bei uns 60 im Blut, die normalerweise von den Nieren ausge- Euro. Das ist ein subventionierter Preis, denn allein die schieden werden, war stark angestiegen. Die einzige Verbrauchsmaterialien für eine Sitzung kosten mehr Möglichkeit, das Leben der Mutter zu retten, bestand in als 60 Euro. Patienten wie Hadija, die sich auch diesen einer Dialysebehandlung. Preis nicht leisten können, helfen wir mit unserem So- Glücklicherweise hatten wir in unserem Hospital in zialfonds. Das ist vor allem dann gut möglich, wenn es Ndanda kurz zuvor sieben moderne Dialysemaschinen sich um Patienten handelt, die nur für kurze Zeit Dialyse aus Deutschland installiert. benötigen. Patienten mit chronischem Nierenversagen Nach fünf Dialysesitzungen hatte sich der Zustand von brauchen die Dialysebehandlung meist lebenslänglich. Hadija fast normalisiert. Das Körpergewicht war von 58 Die Kosten betragen dann pro Jahr etwa 6.000 Euro. auf 46 Kilo gesunken – 12 Kilo überschüssige Flüssig- Weniger als die Hälfte unserer Patienten haben eine keit konnten aus dem Körper entfernt werden. Krankenversicherung, die diese Kosten übernimmt. Wie wir dieses Problem lösen werden, ist noch nicht klar. 6 missionsblätter 4 | 2020
Von Januar bis August dieses Jahres sind in unserem Computertomograf wird benötigt Hospital 16 Menschen an akutem oder chronischem Das nächste wichtige Projekt wird die Installation eines Nierenversagen verstorben. Das Durchschnittsalter die- Computertomografen sein. Die Computertomografie ser Patienten lag bei nur 48 Jahren. Wahrscheinlich (CT) ist immer dann indiziert, wenn eine Diagnose mit hätten fast alle dieser Patienten mit Dialysebehandlung konventionellem Röntgen und Ultraschall nicht gesi- überlebt. chert werden kann. Bislang gab es im gesamten Süden von Tansania keine Beispielsweise bei Patienten nach Unfällen: Es kommt Einrichtung, die Hämodialyse anbietet. Die Verfügbar- häufig vor, dass Kinder oder Erwachsene beim Ernten keit der Dialyse in Ndanda ist daher nicht nur ein Fort- von Kokosnüssen abrutschen und herunterfallen. Üb- schritt für unser Hospital, sondern auch ein Meilenstein licherweise klettern die Einheimischen ohne Hilfsmit- in der Entwicklung der Gesundheitsversorgung der tel auf die etwa zehn Meter hohen Palmen. Wenn sie ganzen Region! den Sturz überleben, dann haben sie meist ein Schä- Die Dialysestation ist im gleichen Gebäude wie die neue del-Hirn-Trauma. Eine Computertomografie ist dann Intensivstation (ICU) und die Baby-Intensiv (NICU) un- notwendig, um eine Hirnblutung nachzuweisen oder tergebracht. Auch diese Stationen werden inzwischen auszuschließen. genutzt. Die Sauerstoffproduktionsanlage, über die wir Auch für viele andere Fälle, wie bei Patienten mit in der vorletzten Ausgabe der Missionsblätter berichtet Schlaganfall oder mit Tumoren, ist die Computertomo- hatten, ist installiert und versorgt die (Baby-)Inten- grafie entscheidend, um eine korrekte Diagnose stellen sivstation, die Dialyse, den Operationsbereich und die zu können. Geburtsabteilung mit Sauerstoff. Drei Beatmungsgeräte Die CT ist bislang im Süden von Tansania – das heißt in sind auf der Intensivstation installiert und zwei Inkuba- einem Umkreis von 500 Kilometern um unser Hospital toren auf der NICU. Unsere Ärzte und Krankenschwes- – nicht verfügbar. WELTWEIT tern erhalten ihre Ausbildung von erfahrenen Fachleu- Die Gesamtkosten dieses Projektes liegen bei etwa ten aus Deutschland, zum Teil über Onlinevideos. 300.000 Euro. Aktuell fehlen uns noch rund 45.000 So können wir schwerkranke Babys, Kinder und Er- Euro. Wir hoffen, dass wir den Vertrag mit dem loka- wachsene auf hohem medizinischem Niveau versorgen. len Vertreter der Firma Siemens noch in diesem Jahr Dies gilt auch für Patienten mit Covid-19. Im Juni und unterschreiben können – es wäre ein großartiges Weih- im Juli hatten wir eine Welle von Erkrankten mit dieser nachtsgeschenk für unser Hospital ... Diagnose. Aktuell (Oktober 2020) sehen wir weiterhin Ebenso wie die Dialyse wird die Computertomografie einzelne Fälle. einerseits einen Schritt in der Entwicklung des Hospitals Sie, liebe Leserinnen und Leser der Missionsblätter, ha- markieren, andererseits aber auch eine Aufwertung der ben mit Ihren Spenden entscheidend dazu beigetragen, Gesundheitsversorgung des gesamten ländlichen Sü- dass wir das Projekt so kurzfristig umsetzen konnten! dens von Tansania. Dafür danken wir Ihnen herzlich! Die neue Sauerstoffproduktionsanlage missionsblätter 4 | 2020 7
P. Reinhard Bottners Wirken im Keriotal Er hat das Keriotal geprägt wie kein anderer P. Reinhard Bottner OSB † Im September 1961 stieß ich in St. Ottilien als einer, der von außen kam, auf die in neun J ahren gewachsene Gemeinschaft der Ottilianer Seminaristen. Reinhard Bottner wurde mir von den Kameraden als „das stille Wässerlein“ vorgestellt, der freundlich lächelnd mit uns lebte, und es hieß über ihn, dass er immer wieder für Überraschungen gut gewesen sei. Text: P. Pius Mühlbacher OSB Die Eltern Franz Xaver und Vikto- Aufbauarbeit in Kenia mat regelmäßig Kleiderpakete, bis ria führten eine Landwirtschaft und Am 2. Januar 1972 flüchtete er zu die Regierung von Kenia dies verbot, waren aktiv in Kirche und Gemeinde einem befreundeten Priester nach um der heimischen Textil-Industrie tätig, der Vater auch als Bürger- Australien, besuchte dann seine nicht den Markt zu verderben. Er meister der Gemeinde Stötten am Tante in Südamerika und landete setzte diese Kleider als Zahlungsmit- Auerberg. Still und freundlich blieb schließlich in unserer Abtei in New- tel für die Marakwet-Arbeiter ein, WELTWEIT Frater Reinhard auch im Kloster. Er ton. Von dort aus schickte ihn Erzabt die mit ihren Hacken und Schaufeln absolvierte sein Studium in St. Ot- Suso nach Eldoret in Kenia, die noch eine Straße bauten, die sich von tilien und München. Zusammen mit junge Mission mit ihrem Zentrum Dorf zu Dorf über die Hügel hinzog. fünf weiteren Diakonen wurde er am in Chesongoch im Keriotal. Nach 13. August 1967 zum Priester ge- einer Zeit zum Eingewöhnen mit Straßen, Schulen, Kirchen und weiht. Er wurde zunächst als Präfekt dem Studium der neuen Sprache des Pfarreien gehen auf ihn zurück im Internat in Ettal, dann in Fiecht Kalenchin in Eldoret wurde er dem Seine „Kleiderstraße“ verband mit in Österreich eingesetzt. Am 21. Juni Senior der Gruppe, P. Lucas Anger- der Zeit alle wichtigen Siedlungen 1970 wurde er in die Mission im Zu- maier, als Kaplan zugewiesen, der und erschloss ein wunderschönes, luland ausgesandt, wo er zielstrebig auf den Cherangani Hills in Chesoi aber abgelegenes Gebiet, 1000 bis den Kontakt mit den Zulus suchte, eine Pfarrei aufzubauen begonnen 1500 Meter über dem Keriotal mit was ihm wegen der herrschenden hatte. Von diesem erfahrenen Alt- oft einmaligen Ausblicken hinab ins Apartheidpolitik zum Verhängnis missionar übernahm er manche gute Tal. Er half den Dörfern, Schulen zu wurde. Bald war die Geheimpolizei Tradition und erhielt auch gleich bauen, damit die Kinder Unterricht hinter ihm her und setzte ihn unter sein eigenes Gebiet zugewiesen, wo erhielten. Meist hatten die Einheimi- Druck, das Land zu verlassen. er frei schaffen konnte, im Norden schen den Platz einzuebnen und die der Pfarrei. Mit Wände zu errichten, bevor Reinhard den Jahren arbei- dann das Wellblech stiftete, das er tete er sich immer oft mit seinem Landrover von der mehr in das noch Stadt Eldoret heranschaffte. Ähnlich unberührte hügeli- gefragt war seine Hilfe beim Bau ge Gebiet vor, das von Krankenstationen in den entle- er in weiten Fuß- genen Dörfern und sein Beitrag zum märschen erkun- Schulgeld der vielen Kinder, denen dete und nach und er im Laufe der Jahre eine fundierte nach erschloss. Ausbildung ermöglichte. Jedes wich- Über einige Jahre tige Dorf erhielt auch eine Kirche, P. Reinhard sorgte für Bildung im Keriotal und hin erhielt P. Rein- nachdem sich anfangs die Christen errichtete zahlreiche Schulen hard aus der Hei- unter markanten Bäumen zur Messe 8 missionsblätter 4 | 2020
versammelt und um eine Kirche ge- Süden, 60 Kilometer vor Eldoret, an Eine auf Selbstständigkeit beten hatten. Die vielen Kirchen, die der Teerstraße gelegen, einen Neuan- angelegte Ortskirche er im Lauf der Jahre baute, waren fang zu machen. Es war wieder eine Er hatte mittlerweile aufgehört, an meist auf einer Anhöhe errichtet und traumhaft schöne Hügellandschaft einzelne Schüler Schulgelder zu zah- in solider Stahlkonstruktion gebaut, mit viel Urwald und teilweise dicht len; stattdessen errichtet er Schulen die er wieder in mühsamen Fahrten besiedelt, die P. Reinhard dazu ver- und verpflichtet sie, zehn Prozent von Eldoret heranschaffte. Durch anlasste, gleich zwei Pfarreien nach der Schulgelder an die jeweilige die Stahlkonstruktion hat er recht dem bewährten Muster aufzubauen, Pfarrei abzuführen, was bei genü- bemerkenswerte Kirchen hinterlas- die später von einheimischen Pries- gender Schülerzahl eine nicht zu sen. Wie er es von P. Lucas gelernt tern übernommen werden konnten: unterschätzende Einnahme für die hatte, hatte er über Karteikarten stets Kamwosor oben an der Teerstraße Pfarrei bedeutet, die damit finan- einen genauen Überblick über seine und, auf halber Höhe am Abhang ziell auf eigene Füße kommt. Dies, Christen, der auch dem Katechisten zum Keriofluss, Kapichei. so dachte P. Reinhard, sollte es den half, den einzelnen Familien nachzu- einheimischen Priestern erleichtern, gehen. Er selbst besuchte regelmäßig in seinem Sinn weiterzuarbeiten und alle Außenposten und alle Schulen ohne den Rückhalt von Wohltätern in seinem Gebiet und führte so feste in Deutschland Entwicklungshilfe zu Traditionen des kirchlichen Lebens leisten. Dieses Projekt trieb ihn dazu ein. Ein sichtbares Ergebnis dieser an, 2017 nicht die gebuchte Hüftope- Pionierarbeit war die Tatsache, dass ration machen zu lassen, sondern eine Parlamentarierin aus seinem Hals über Kopf nach Kenia zurück- Gebiet, der P. Reinhard das Schul- Jede Pfarrei erhielt eine geräumige zukehren und dort weiterzuarbeiten. geld bezahlt hatte, sich Jahre später Kirche; dazu ein Pfarrhaus, Pfarr- Gesundheitliche Probleme nötigten WELTWEIT dafür einsetzte, dass die Regierung halle, Gästehaus, Kindergarten und ihn, zur Behandlung ins Mater Mi- seine „Kleiderstraße“ übernahm und eine Angestelltenwohnung. Mit ihm sericordiae Hospital nach Nairobi zu mit nur wenigen Korrekturen in der umgezogen war auch sein bewährter gehen, wo neben seiner Herzschwä- Trassenführung als Allwetterstras- Katechist aus Embobut, der ihm half, che auch eine akute Nierenschwäche se ausbauen und sogar teeren ließ. die Pfarreien auch nach innen hin eine Behandlung in der Heimat an- Wenn man 1975 nur über Chesoi auszubauen und die traditionellen geraten lassen schien. Davor hat ihn (Pfarrei von P. Lucas) bis Kapchebao Werte und die überlieferte Religion am 29. September 2020 der plötzlich fahren konnte, erreichte man 1980 in den neuen christlichen Glauben eingetretene Tod bewahrt. Das „stille schon Embobut, auf 2500 Metern überzuführen. Wässerlein“ hat aufgehört zu fließen Höhe gelegen – eine Fahrt, die von Neben Ausbau und Förderung von und ist auf Kenias Boden „versi- Eldoret her meist vier Stunden dau- Schulen und Kindergärten fasste ckert“, nachdem es beeindruckende erte. Jetzt konnte man dieselbe Stre- er hoch oben in den Urwäldern Spuren hinterlassen hat. cke in eineinhalb Stunden zurückle- saubere Quellen, baute große Was- Mit dem Abschied von P. Reinhard gen und Taxiunternehmer verbanden sertanks und leitete in Plastikrohren geht eine Epoche benediktinischer nun die abgelegene Gegend mit der das saubere Trinkwasser zu den Missionsarbeit im Keriotal zu Ende. Kreisstadt. Als ich noch Prior in Dörfern und Schulen. Seine treuen Sie dauerte von November 1971 Nairobi war, bat der Bischof von El- Wohltäter, die er regelmäßig mit bis September 2020. Trotz allem doret, ob P. Reinhard nicht an einem lebendig geschriebenen Rundbriefen „Menscheln“ und mancher charak- anderen Ort eine Pfarrei aufbauen über seine Arbeit unterrichtete und terlichen Eigenarten eines jeden der könne, wo es bis dahin noch keine denen er für ihre Gaben dankte, hat- Missionare kann man neidlos an- Katholiken gab, am südlichen Ende ten es ihm ermöglicht. erkennen, dass enorm viel Gutes des Keriotals. P. Reinhard lehnte da- Zuletzt hatte er noch eine drit- erwachsen ist zum Vorteil einer mals ab, weil er noch andere Pläne te Pfarrei im gleichen Gebiet auf- sehr abgelegenen, fast vergessenen verfolgen wollte, nachdem er gerade gebaut. Der Wunschtraum unseres Gegend. Die Kirche und der christ- ein Gymnasium nahe Embobut zu langjährigen Bischofs von Eldoret, liche Glaube haben tiefe Wurzeln errichten geholfen hatte. Es brauchte Cornelius Arap Korir, ist damit in geschlagen und die Entwicklung noch zehn Jahre und einen weiteren Erfüllung gegangen: die katholische hat einen großen Schritt nach vor- Überfall auf ihn, bis er bereit war, Kirche in dieser entlegenen Gegend ne gemacht. Man kann nur sagen: „sein“ Embobut aufzugeben und im aufblühen zu lassen. Dank sei Gott! Und Ehre sei Gott! missionsblätter 4 | 2020 9
Brücke zwischen Afrika und Europa Text: Joachim Rogosch, „Ruf in die Zeit“, Ausgabe Okt. 2020 P. Christian Temu ist neuer Missionsprokurator der Kongregation der Missionsbenediktiner Wechsel in der Führungsebene der Missionsbenediktiner: P. Christian Temu OSB ist neuer Missionsprokurator der Kongregation St. Ottilien. Er folgt damit auf Anastasius Reiser OSB. P. Christian ist der erste Verantwortliche in dieser Position, der aus Afrika stammt. P. Christian wurde 1970 in einem Dorf am Fuß des Ki- Seine Aufgabe: „Mission Officer“. So wird die Position in limandscharo im Norden von Tansania geboren. Er hat Tansania benannt. Die „Mission“: „Eine Brücke zu sein nach dem Abitur die Weisheit der Welt studiert: Philo- zwischen den Missionsklöstern in Afrika und den Klös- sophie, von Platon über Kants „Kritik der reinen Ver- tern in Europa“. Missioniert der oberste Mission Officer nunft“, Hegel und Kierkegaard bis Wittgenstein. An- auch? „Kommt darauf an, was Mission heißt“, antwortet schließend schrieb er eine Arbeit über den Beitrag der P. Christian. „Er macht es möglich, dass missionarische WELTWEIT zeitgenössischen afrikanischen Philosophen zur Lösung Tätigkeiten der Kongregation realisiert werden können. der Probleme. Danach trat er ins Kloster ein: In Ndan- Und in diesem Sinn ist er Missionar!“ da, bei den Benediktinern, im Süden Tansanias. Die weiteren Stationen: Theologiestudium, Priesterweihe; „Mission“, „Missionar“ – schwierige Begriffe. „Früher erster nicht europäischer Pfarrer in seiner Gemeinde dachte man bei uns in Afrika, dass Missionare Men- in Tansania; von 2008 bis 2012 Kongregationssekretär schen sind, die aus Europa kommen und uns die Frohe in St. Ottilien; Ausbildung zum geistlichen Begleiter; Botschaft bringen.“ So beschreibt es P. Christian. „In Leiter des Bildungs- und Exerzitienhauses „Zakeo“ in den vergangenen Jahren ist klar geworden, dass Missi- Ndanda; und jetzt: Missionsprokurator der Kongre on heißt: für andere Menschen da sein. Für Menschen, gation. die uns brauchen. Jesus war für die Menschen da. Er wurde vom Vater ,ausgesendet‘, das heißt, er bekam Die neue Aufgabe nimmt er an „im Vertrauen auf Gott eine ,Mission‘: Uns die Liebe seines Vaters mitteilen. und im Vertrauen auf meine Mitbrüder, die mich dabei Wenn wir uns Christen nennen, dann machen wir das unterstützen werden, wie ich jedenfalls hoffe“. Gleiche, was Christus gemacht hat: für die Menschen da sein.“ Das kann im Ausland sein, aber auch in der heimischen Umgebung. P. Christian Temu OSB Kongregationsprokurator Jahrgang 1970, Theologiestudium bis 2004 und Priesterweihe aufgewachsen am Fuß des anschließend Stadtpfarrer in Mtwara Kilimandscharo, Tansania 2008-2012 Kongregationssekretär in St. Ottilien Philosophiestudium 2012-2014 Studium Pastoraltheologie in 1997 Klostereintritt in Birmingham (UK) der Abtei Ndanda 2015-2020 Hausleiter im Zakeo Spiritual Center, 1999 Profess Exerzitien- und Gästehaus der Abtei Ndanda 10 missionsblätter 4 | 2020
Eine ungebührliche Einmischung in fremde Kulturen gen gibt in den Gottesdiensten: Weil ich glaube, dass sieht er damit nicht verbunden. „Wenn wir das Chris- Eucharistie etwas Lebendiges ist. Eucharistie macht uns tentum anschauen: Worum geht es? Ist das etwas Grie- lebendig! Diese Lebendigkeit sollen wir auch zum Aus- chisches? Ist das etwas Römisches? Etwas Bayerisches?“ druck bringen!“ Entscheidend ist für ihn: „Wie kann das Evangelium mit unseren Kulturen so ins Gespräch kommen, dass P. Christian war in den vergangenen fünf Jahren Lei- die guten Werte in unseren Kulturen vom christlichen ter des geistlichen Zentrums „Zakeo“ in Ndanda. Da Glauben verbessert werden?“ hat er erfahren: „Das Wichtigste für mich bei solchen Meetings: Dass wir zusammenkommen!“ Vor allem P. Christian Temu ist gut vorbereitet auf seine Aufgabe. zum Verhältnis zu den Muslimen in seinem Land gab Von 2008 bis 2012 war er bereits Sekretär der Missi- es eine Reihe von gemeinsamen Veranstaltungen, die onsprokura der Kongregation in St. Ottilien. Er weiß, ihm am Herzen lagen. Das Problem war: „Wir haben welche Aufgaben auf ihn zukommen. Aus dieser Zeit Angst voreinander. Es heißt immer nur: ,Die Muslime weiß er auch Stärken und Schwächen der verschiedenen sind schlecht!’, ,Die Christen sind die Bösen!’ Wir wer- Lebensarten einzuschätzen. Seine Erfahrung: „Die Deut- fen immer Steine aufeinander, aber nur von fern! Wir schen sind ernsthaft. Sie machen alles genau, arbeiten sprechen nicht miteinander. Und dabei ist genau das viel, es gibt keine Verspätung, außer bei der Bahn, aber wichtig!“ Da ist er auch stolz darauf, dass es gelungen nicht immer ... Außerdem sind sie sehr kompetent und ist, ein Miteinander zu schaffen. Das gilt auch für den sie haben einen Plan für alles, für die kommenden Kontakt mit Europa. Netzwerke bilden! Das will er auch 50 Jahre!“ Da muss er selber lachen. Er weiß, dass das von seiner neuen Position aus weiter fördern. Netzwer- auch Klischees sind. Ernsthaft fügt er an, was er seinen ke mit jungen Schulabgängern, die Afrika besuchen: Gesprächspartnern in Afrika über seine Europa-Erfah- „Die Welt braucht einander, wir brauchen einander!“ rungen gesagt hat: „Wenn wir in Tansania etwas Gutes WELTWEIT erreichen wollen, müssen wir auch mehr planen! Dann Seine Hoffnung für die Zukunft: „Dass alle Menschen in müssen wir auch unsere Zeit besser nutzen!“ Deutschland, die uns bisher auf unserer Reise begleitet haben, einmal zu uns kommen und sich anschauen, Umgekehrt gefällt ihm auch vieles an der Lockerheit was ihr Einsatz, ihre Freundschaft, vielleicht auch ihre seiner Heimat. Im Gottesdienst zum Beispiel. „Ich würde Spende bewirkt haben. Damit sie sehen, wie ihre Hilfe, mir wünschen, dass es in Deutschland mehr Lebendig- ihre Unterstützung die Kirche und die Mission in Afrika keit, Freude, vielleicht auch ein bisschen Bewegun- nach vorne gebracht hat!“ Kommt zu uns und schaut euch an, was euer Einsatz, eure Freundschaft, eure Spende bei uns bewirkt haben!“ P. Christian Temu (Bildmitte mit offenen Händen) an seiner bisherigen Wirkungsstätte: dem geistlichen Zentrum „Zakeo“ in Ndanda. Dort in der Mission, wie in der Welt überhaupt, gilt für den neuen Missionsprokurator der Kongregation St. Ottilien: „Wir brauchen Netzwerke! Wir brauchen einander!“ missionsblätter 4 | 2020 11
Neues aus der Mission Porträts und Projekte Bewegte Tage in Kenia EIN KLOSTER WIRD ABTEI 1972 kamen die Missionsbenediktiner nach Kenia. In Tansania hatte die Übergabe der Mission an den ein- heimischen Klerus begonnen, und einige jüngere Patres suchten nach neuen Aufgaben. Ein paar Jahre später gründeten sie ein Kloster in Nairobi – dem wichtigsten Abtpräses Jeremias Schröder OSB mit dem Zentrum Ostafrikas. Das Kloster zog später aufs Land neuen Abt von Tigoni, John Baptist Imai OSB nach Tigoni, 20 Kilometer vor der Stadt. Die europä- ischen Gründer, P. Johannes und P. Pius, rekrutieren junge Männer aus Uganda und Kenia, und allmählich Br. Bruno Epuret, sind heute auch verantwortlich für die entstand ein stattliches Priorat mit großer Landwirt- Neugründung in Ägypten und helfen anderen Klöstern schaft, Teeplantage und Gästehaus. In der Tradition der aus. Pater Winfried Yego ist in der Kongregations Missionsbenediktiner übernahmen sie Verantwortung leitung in St. Ottilien tätig. Die Zeit schien reif, um die- für eine große Stadtpfarrei mit Schulen und Kindergär- ses Kloster endlich zur Abtei zu erheben – der Vollform ten und entwickelten ein Bibelzentrum an den Ausläu- eines Benediktinerklosters. fern des Mount Kenia. 2005 starteten die Mönche die Am 21. September 2020 war es soweit: Der Abtpräses Erstmission bei den Dassenech, einem Nomadenvolk im vollzog die Erhebung zur Abtei in einem schlichten Norden des Landes. Festakt während der Vesper am Fest des Evangelisten Das Wachstum von Tigoni war nicht ungetrübt. In den Matthäus. Am nächsten Tag begann die erste Abtswahl. über 40 Jahren der Klostergeschichte gab es auch Rück- Von den rund 50 Mönchen der Gemeinschaft waren schläge. Die spannungsreiche und manchmal auch ge- 26 wahlberechtigt und entschieden sich schließlich walttätige Geschichte des Landes spiegelte sich auch in für Pater John Baptist Imai OSB, der zuvor schon fast der Entwicklung des Klosters. Aber allmählich erlangte sechs Jahre lang als Prior das Kloster geleitet hatte. Das die seit vielen Jahren ganz afrikanische Gemeinschaft – spricht für Kontinuität! nur noch ein Deutscher, P. Florian von Bayern, lebt Tigoni ist das einzige Mönchskloster in Kenia. Als Abtei dort, in der Dassenech-Mission – die lang ersehnte Sta- wird das Kloster in Zukunft wohl eine noch größere bilität. Mönche aus Tigoni, P. Maximilian Musindai und Rolle spielen. Die Brüder haben guten Nachwuchs und noch viele Pläne. Sie planen weitere Gründungen und die Missionsbe- nediktiner sind zuversichtlich, dass die jüngste Abtei unseres Ordens die Sendung der Missionsbenediktiner in Kenia und auch in anderen Län- dern weitertragen wird. Abtpräses Jeremias Schröder OSB Die Wurzeln der Abtei Tigoni reichen in das Jahr 1972 zurück. Das gute und nachhaltige Wachstum der Benediktiner gemeinschaft ermöglichte jetzt die Erhebung zur Abtei. Im Beisein des neuen Abts und der Gemeinschaft begießt Abt präses Jeremias den aus diesem Anlass gepflanzten Baum. 12 missionsblätter 4 | 2020
RÜCKKEHR NACH MOSAMBIK Br. Baltasar, Br. Elia, Abt Placidus, Br. Bernardo vor dem Aufbruch nach Mosambik Nach dem Überfall auf die Missi- Zunächst werden die drei Missions- Schritt. Wir sind zuversichtlich, dass onsstation in Mosambik (siehe Mbl benediktiner aus der Abtei Ndanda es nur eine Frage der Zeit ist, bis die 2/2020) bereiten sich unsere Mit- unter anderem ihre Sprachkennt- Situation vor Ort wieder stabiler ist. brüder aus der Abtei Ndanda auf die nisse vertiefen: Br. Elia Singano ist Durch den Überfall auf die Klos- Wiederaufnahme ihrer missionari- Maurer. Er wird weiter Portugiesisch terneugründung in N'nango in schen Arbeit in Mosambik vor. Man lernen und in Zukunft für die Bau- Nord-Mosambik im Mai und die kann mit Gewissheit sagen, dass die arbeiten nach N'nango zurückkeh- fluchtartige Rückkehr der Grün- „Missionskerze“ in Mosambik trotz ren. Br. Baltasar Mhile wird neben dungsmannschaft wurde die Auf- des beunruhigenden „Windes“ im- Sprachkursen einen Kurs in Be- bauarbeit dort unterbrochen. Im Mai mer noch brennt. Diese Mission ist schaffungsstudien belegen. In Zu- und Juni kam es im Norden Mo- nach wie vor eine der wichtigsten kunft soll er in unserem künftigen sambiks zu weiteren Unruhen. Seit Verpflichtungen der Gemeinschaft Krankenhaus im Einkauf arbeiten. August hat es nun keine größeren in Ndanda. Um dieser Hoffnung Br. Bernardo Lutego ist ausgebil- Angriffe mehr gegeben. Das Gefühl und diesem Engagement Ausdruck deter Betriebs- und Finanzverwal- der Unsicherheit liegt jedoch nach zu verleihen, wurde am 15. Oktober ter. Er hat bereits drei Jahre in der wie vor in der Luft, und viele Dorf- 2020 eine Gruppe von drei Brüdern Krankenhausverwaltung von Ndan- bewohner haben immer noch Angst, aus Ndanda nach Nampula in Mo- da gearbeitet. Er wird einen Kurs in ihre Häuser zurückzukehren. Die sambik entsandt, um sich intensiv in Krankenhausverwaltung an einer Regierungssoldaten führen in den auf die Entwicklung der Mission Universität in Nampula belegen, betroffenen Gebieten militärische vorzubereiten. Inzwischen nehmen um sich auf seine Arbeit als mögli- Operationen gegen islamistische Mi- auch die Pläne für den Bau eines cher zukünftiger Leiter der Kranken- lizen durch – seit Kurzem sogar in Krankenhauses im Norden Mosam- hausverwaltung von N'nango vor- Zusammenarbeit mit den Soldaten biks konkrete Formen an. zubereiten. Die Sicherheitslage im im Nachbarland Tansania. Norden verbessert sich Schritt für P. Christian Temu OSB missionsblätter 4 | 2020 13
1300 JAHRE Heilige Ottilia Die Lichtbringerin Am 13. Dezember feiern wir den Gedenktag der hl. Ottilia. Vor 1300 Jahren starb die Äbtissin im Elsass. Als Namensgeberin für das Klosterdorf St. Ottilien und für die Kongregation der Missionsbenediktiner wurde ihr Name in viele außereuropäische Länder getragen. Sie ist zudem Fürsprecherin der Blinden und der Winzer. Leben der heiligen Odilia, eingeführt von Anselm Grün, 14,95 Euro Bei Augen-, Ohren- und Kopfleiden vertrauen Menschen Leseprobe und Onlinebestellung möglich: auf ihre Hilfe. www.eos-verlag.de/leben-der-hl-odilia/ Obwohl mehr als ein Jahrtausend zwischen uns und der besonderen Ordensfrau liegen, gibt es viele A spekte ihres Lebens, die so zeitlos aktuell sind, dass sie ihr Licht bis in unsere Zeit werfen: Ottilia e rmutigt uns zu handeln, damit die Welt heller wird. HEIMAT P. Anselm Grün OSB Ottilias Rolle in der Kirche schreibt darüber Den Tod der hl. Odilia erzählt die Legende in einer eigenartigen Wei- se. Zunächst stirbt Odilia allein, während die Schwestern die Psalmen im Vorwort des Buchs singen. Doch als die Schwestern die Äbtissin tot vorfinden, bitten „Leben der heiligen Odilia“ sie Gott, dass er sie nochmals zum Leben erwecken möge, damit sie richtig von ihr Abschied nehmen können. So kommt Odilia nochmals (EOS Verlag, 2020): zum Leben und richtet eine Ansprache an ihre Schwestern. Und sie lässt sich den Kelch reichen, in dem der Leib und das Blut des Herrn aufbewahrt wurde. Die Kommentare zu dieser Stelle lassen darauf schließen, dass die Äbtissin in ihrem Kloster offensichtlich Funktio- nen ausgeübt hat, die später ausdrücklich den Priestern vorbehalten waren. Insofern ist Odilia eine Vorreiterin für die Bewegung der Frauen, die für die Diakoninnenweihe und später vielleicht auch für die Priesterweihe der Frauen eintreten. Eine Kommentatorin meint, dass Anfang des 6. Jahrhunderts katholische Frauen in Nordgallien und Irland an der Seite männlicher Priester zelebrieren konnten. Sie waren gleichsam Konzelebrantinnen. Die Äbtissinnen hörten im 7. Jahrhundert auch in ihrem Konvent die Beichte. Die Konvente waren also unabhängig von Priestern. In Nummer 16 der Lebensbe- schreibung steht, dass Odilia gottesfürchtige Männer aufgenommen hat und einige von ihnen zu Priestern weihen ließ. Die Äbtissin kann offensichtlich entscheiden, wer zum Priester geweiht werden soll. So ist dieser alte Text der Vita der hl. Odilia zugleich ein ganz moderner Text, gleichsam ein Sprengstoff in der Diskussion, ob nur Männer oder auch Frauen die Priesterweihe erhalten können und welche Rollen Männer und Frauen in der Kirche spielen können und sollen. 14 missionsblätter 4 | 2020
Der Tod der hl. Ottilia, Wandteppich aus dem Kloster St. Etienne, Straßburg HEIMAT Ottilia und Lucia Licht für andere sein Noch zwei andere Bilder sind mir bei der Beschrei- Jesus sagt uns zu, dass wir wie er Licht für die Welt sein bung des Todes der hl. Odilia wichtig. Odilia sagt den sollen. Odilia und Lucia zeigen uns zwei Möglichkeiten, Schwestern, die sie durch ihr Gebet wieder zum Leben wie wir Licht in der Welt sein können. Einmal sind zurückgeholt haben, dass sie durch Gottes Gnade der wir Licht, wenn in der Taufe unsere Augen geöffnet Jungfrau Lucia beigesellt war. Der Gedenktag der hl. werden und wir in allem das Licht Christi sehen. Das Lucia wird ja einen Tag nach dem Fest der hl. Odilia entspricht der Deutung des Lukasevangeliums. Lukas gefeiert. Im Norden ist Lucia die Lichtbringerin. Odilia deutet das Wort Jesu, dass wir unser Licht leuchten las- und Lucia sind die beiden Lichtbringerinnen in der sen sollen, mehr auf der mystischen Ebene. Wenn unser Adventszeit. Dabei haben beide jeweils eine andere Auge einfach ist, ohne Nebenabsichten, dann wird der Symbolik. Odilia wird durch die Taufe sehend. Lucia ganze Leib zum Licht. Wenn wir alles in uns vom Licht bringt das Licht des Heiligen Geistes in die Dunkelheit Christi durchdringen lassen, dann strahlen wir durch der Menschen. Der Heilige Geist, so erzählt die Legende unser Sein dieses Licht in unsere Umwelt hinein aus der hl. Lucia, macht sie von innen her hell und gibt ihr (vgl. Lukas 11,33–36). Das Bild der Lichtbringerin Lucia eine Kraft, dass niemand sie von der Stelle bewegen entspricht mehr der Deutung des Matthäus. Im Mat- kann. Das ist ein schönes Bild menschlicher Selbst- thäusevangelium heißt es: „So soll euer Licht vor den werdung. Wenn wir vom Heiligen Geist erhellt werden, Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen dann geht von uns Licht aus auf unsere Umgebung. und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5,16) Und wenn der Hl. Geist uns durchdringt, dann kann Matthäus bezieht unser Lichtsein auf unser Tun. So uns nichts von der Stelle bewegen. Das hat nichts mit steht Lucia, an deren Fest man brennende Kerzen auf Sturheit und Unbeweglichkeit zu tun. Vielmehr gibt der dem Kopf trägt, dafür, dass wir durch unser Denken Hl. Geist offensichtlich eine Standfestigkeit, die nicht und Handeln Licht in die Welt bringen. Odilia dagegen so leicht erschüttert wird. Solche Standfestigkeit täte ermutigt uns, nicht nur durch unsere Botschaft, sondern uns heute gut. durch unser ganzes Sein Licht in die Welt zu bringen. Indem wir das Licht Christi immer tiefer in uns eindrin- gen lassen, werden wir selbst zum Licht für andere. missionsblätter 4 | 2020 15
Norbert Weber – ein Leben für Mönchtum und Mission Zum 150. Geburtstag des ersten Erzabtes von St. Ottilien Abtswappen Eine der großen Gestalten in der Geschichte der (Erz-)Abtei St. Ottilien, des Zentrums der Missionsbenediktiner, war Norbert Weber, der als erster Abt des Klosters und damit auch als Generalsuperior, wie es damals hieß, achtundzwanzig Jahre lang die Geschicke von Abtei und Kongregation lenkte. Text: Dr. Sigrid C. Albert war die Entwicklung der Kongregati- on in Deutschland bzw. in Bayern. In Bayern bestanden zwei Filialklöster St. Ottiliens, nämlich St. Ludwig und Schweiklberg, die beide im Dezem- ber 1906 zu Konventualprioraten erhoben worden waren. Abt Norbert HEIMAT Weber dachte aber an eine weitere Konsolidierung. Da das Priorat St. Ludwig aufgrund seiner Lage keine weiteren Ausdehnungsmöglichkei- Norbert Weber ten besaß, kaufte man (wohl auf in seinem Büro Betreiben Abt Norberts) das Gelän- de der ehemaligen Abtei Münster- Norbert Weber (mit Taufnamen Jo- übertragen: unter anderem lehrte schwarzach und verlegte 1913 das sef) wurde am 20. Dezember 1870 er im Seminar von St. Ottilien, übte Priorat St. Ludwig dorthin. Beim in Langweid (Diözese Augsburg) das Amt des Zelators aus und war Priorat Schweiklberg bestanden sol- geboren. Der sehr begabte Josef in der Seelsorge tätig. Recht schnell che Schwierigkeiten nicht. Daraufhin besuchte – wie sein Bruder – das wurde er zum Mitglied des Seniorats unternahm Abt Norbert den nächs- Gymnasium in Dillingen und trat gewählt. Im August 1900 wurde er ten schon vorgeplanten Schritt, um nach dem Abitur in das große Dil- Subprior. Als nach etwas turbulen- die Kongregation zu festigen und ihr linger Seminar ein, um Priester zu ten Zeiten sich die innere Lage St. Ansehen nach außen zu stärken. Er werden. Im Dillinger Seminar kam Ottiliens stabilisiert hatte und das sandte nämlich im Februar 1914 eine er mit Studenten aus St. Ottilien in Kloster Ende 1902 zur Abtei erhoben Petition an die Religiosenkongregati- Kontakt, was entscheidend für sei- worden war, wählten die Mönche am on nach Rom, in der er um die Erhe- nen weiteren Lebensweg war. Denn 18. Dezember 1902 P. Norbert Weber bung der beiden Priorate zu Abteien der Gedanke an die Mission ließ zu ihrem ersten Abt. Die feierliche bat. Dieser Bitte wurde Anfang März ihn nicht mehr los. Daher trat er Abtsweihe, die ihm der Augsburger 1914 stattgegeben. Durch die Zu- nach seiner Priesterweihe im Som- Bischof Maximilian von Lingg spen- stimmung der bayerischen Regierung mer 1895 in St. Ottilien ein, legte dete, empfing er am 1. Februar 1903 entstand eine „bayerische Kongre- dort 1896 seine Gelübde ab und er- in der Klosterkirche von St. Ottilien. gation des Benediktinerordens“ und hielt den monastischen Namen Nor- Von Anfang seiner Amtszeit an war St. Ottilien wurde als Hauptsitz die- bert. Wegen seiner vielfältigen Be- Abt Norbert darauf bedacht, Abtei ser Kongregation zur Erzabtei. Von gabungen wurden P. Norbert sofort und Kongregation planvoll auszu- diesem Zeitpunkt an führte Norbert mehrere unterschiedliche Aufgaben bauen. Von nicht geringer Bedeutung Weber den Titel „Erzabt“. 16 missionsblätter 4 | 2020
N. Weber tauft 1912 Aussätzige im Heim bei Kwiro tutionen sowie eine am 1. Februar 1928 mit großen Fei- sehr umfangreiche erlichkeiten begangen wurde. Aber Korrespondenz über wo viel Licht ist, ist auch Schatten. vielfältige Fragen, Erzabt Norbert setzte sehr viel in um nur einige Dinge Bewegung, konsolidierte und erwei- zu nennen. Hinzu terte, aber es gelang natürlich nicht kamen die ausge- alles. Und wer viel tut, handelt sich dehnten Reisen im auch Kritik ein. Wegen der großen Dienste von Kong- Arbeitslast und wegen bestimmter regation und Missi- charakterlicher Anlagen führte Nor- on, zu denen auch bert Weber schließlich die Erzabtei Erzabt Norbert Weber tauft 1912 Aussätzige im Heim bei Kwiro seine Visitationsrei- nicht mehr so straff, wie es einige sen vor allem nach Kongregationsmitglieder wünschten Zur Zeit des Erzabtes Norbert dehn- Ostafrika und Korea gehörten. All und erwarteten, was zu manchen te sich außerdem die Ottilianische das brachte hohe Verantwortung inneren Verwerfungen führte. Kongregation mit ihrer Missionsauf- und große Arbeitslast mit sich. Ende der zwanziger Jahre wurde St. gabe weit aus. Dabei ergriff Weber Norbert Weber zeigte schon früh ein Ottilien von großen Problemen er- ihm gebotene Gelegenheiten (wie in künstlerisches Talent und eine Nei- schüttert, die eng mit einer bedeuten- Korea 1909 und 1922), musste aber gung zum künstlerischen Ausdruck. den Schuldenlast (durch den Kauf des auch oft auf die politischen Umstän- Dies wird in seinen vielen Zeichnun- Waldgutes Tragöß verursacht), aber de reagieren. Durch seine Vorge- gen und Aquarellen deutlich. Als auch mit inneren Schwierigkeiten zu- hensweise legte er für die allmählich technisch interessierter Mensch fand sammenhingen. Diese Probleme hat- weltweit agierende Kongregation er aber auch Möglichkeiten in Foto- ten schon das Fest des Abtsjubiläums eine gute und stabile Grundlage. So grafie und Film. In seinen ostafrika- etwas überschattet. Letztendlich sah HEIMAT wurden zum Beispiel auch Grün- nischen Jahren wandte er sich wei- sich Erzabt Norbert dadurch veran- dungen in Südafrika, in Nord- und terhin dem Gestalten von Skulpturen lasst, sich mit der Wahl des Coadju- Südamerika und auf den Philippinen (Holz und Ton) zu. Die schriftstelle- tors P. Chrysostomus Schmid im Juni vorgenommen. Viele der Gründun- rische Begabung, die Erzabt Norbert 1930 zunächst aus der Leitung der gen hatten lange Bestand, etliche bis hatte, setzte er vor allem für die Pro- Erzabtei zurückzuziehen und schließ- heute. Einige der Gründungen muss- pagierung der Mission, die Erläute- lich im April 1931 auch das Amt ten aber nach kürzerer oder längerer rung der missionarischen Ziele und des Generalsuperiors niederzulegen. Zeit wieder aufgegeben werden, da Methoden sowie die Beschreibung Norbert Weber begab sich danach die Gegebenheiten letztendlich nicht der Missionsgebiete ein, die der Otti- nach Ostafrika, um dort den Rest sei- günstig waren. lianischen Kongregation übertragen nes Lebens zu verbringen. Er wohnte Das Amt des Erzabtes von St. Otti- waren. Erzabt Norbert war auch hauptsächlich in Litembo, richtete lien, das bis 2012 mit dem Amt des ein begehrter Redner auf Missions- sich auf dieser Station auch ein Ate- Generalsuperiors in Personalunion kongressen und -versammlungen. lier ein und widmete sich besonders verbunden war, brachte für Norbert Die meisten seiner Reden wurden seiner künstlerischen Tätigkeit. Er ar- Weber eine Fülle verschiedenster veröffentlicht. Für seine Verdienste beitete jedoch ebenso durch Firmun- Aufgaben und Arbeiten mit sich. um die Missionswissenschaft ver- gen, Messen, Abhalten von Exerziti- Dazu gehörten vor allem die Leitung lieh ihm die theologische Fakultät en und Seelsorge im Missionsgebiet der Abtei und des Konvents, der sich der Ludwig-Maximilians-Universität mit. In Ostafrika konnte er 1946 auch im Laufe der Amtszeit Norbert We- München die Ehrendoktorwürde. sein Goldenes Professjubiläum feiern. bers stetig vergrößerte, die Leitung Noch einmal kam Norbert Weber der gesamten Kongregation und die Licht und Schatten 1952 zu seinem Goldenen Abtsjubi- Sorge um den Missionseinsatz der Erzabt Norbert genoss innerhalb läum, von seinem Nachfolger einge- Patres und Brüder, die Sorge um den und außerhalb der Kongregation ein laden, kurz nach Deutschland zurück. Erhalt und den Ausbau der Missions- sehr hohes Ansehen und konnte in Es zog ihn aber schnell wieder nach gebiete, die Vorbereitung und Lei- seiner Amtszeit sehr viele Erfolge Afrika, das er sehr liebte. Erzabt Nor- tung der regelmäßig abzuhaltenden verzeichnen. Ein äußerer Höhepunkt bert Weber starb am 3. April 1956 Generalkapitel, die Verantwortung der Amtszeit Norbert Webers war in Litembo und ist auf dem Friedhof für die Ausarbeitung der Konsti- sein Silbernes Abtsjubiläum, das von Peramiho beigesetzt. missionsblätter 4 | 2020 17
Rund um die Erzabtei Neues aus Sankt Ottilien OBSTWOCHE ZU ERNTEDANK Geste der Dankbarkeit: Br. Markus und Br. Alto bringen Obstkörbe in die Klosterbetriebe, hier bei den Mitarbeiterinnen der Schneiderei Kurz nach dem Erntedankfest haben sich Br. Markus Von der Schreinerei in die Druckerei, vom Klosterladen Weiß (Klosterverwaltung) und Br. Alto Schmid (Klos- in die Wäscherei und Schneiderei – einen Vormittag tergärtnerei) auf den Weg durch die Klosterbetriebe ge- hat es gedauert, bis Br. Markus und Br. Alto das Obst macht, um sich bei den Mitarbeitern für ihre Arbeit und und den Dank in allen Betrieben überbracht hatten. In Engagement „in diesen nicht immer einfachen Zeiten St. Ottilien arbeiten in den verschiedensten Arbeitsbe- der Coronakrise“ zu bedanken. Aus der eigenen Ernte reichen 130 Angestellte. brachte Br. Alto, der für den traditionsreichen Obstbau Die Idee für die Obstwoche im Betrieb entstand aus der in der Erzabtei verantwortlich ist, jeweils eine Schale Zusammenarbeit zwischen der Klosterverwaltung, der mit frischen Äpfeln und Birnen als gesunde Brotzeit Mitarbeitervertretung und dem Betrieblichen Gesund- mit. heitsmanagement in der Erzabtei. Stefanie Merlin MEDIENTIPP Über die Bedeutung des hl. Benedikt für die Entwicklung Europas hat sich Andreas Pehl mit Abt Notker und dem italienischen Journalisten und Autor Paolo Rumiz unter- halten. Daraus ist ein interessantes Hörstück entstanden, das zum Nachhören in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks zu finden ist: Das Netzwerk des Benedikt – Wie Europa von einem Heiligen lernen kann www.br.de/radio/bayern2/programmkalender/ ausstrahlung-2238704.html 18 missionsblätter 4 | 2020
ERNTEZEIT IM KLOSTERGARTEN Im Herbst verlangen 1600 Apfel- Das kann an der Sorte liegen. „Fast bekommen sie von Br. Alto noch bäume auf dem Klostergelände Br. 30 verschiedene Sorten gibt es in ein großes Lob für ihren fleißigen Alto und Br. Nikolaus eine Menge den Gärten rund ums Kloster“, weiß Einsatz und sie erfahren, dass die Handarbeit ab. Dabei helfen ihnen Br. Alto, der in St. Ottilien für den von ihnen aufgesammelten Äpfel einige Mitbrüder, aber auch Schü- Obstbau und die Brennerei verant- in der nächsten Woche zu Saft ge- lerinnen und Schüler der fünften wortlich ist. Gedüngt werden die presst werden. Aus einem Teil macht und sechsten Klassen des Rhaba- Bäume aber lediglich von den Hin- Br. Alto anschließend Apfelmost. nus-Maurus-Gymnasiums haben terlassenschaften der Gänse, die un- Andere Sorten werden direkt vom in ihrer Religionsstunde mit ange- ter den Bäumen weiden und gleich- Baum gepflückt und kommen bis in packt. In fünf Minuten sind sie vom zeitig das Gras kurzhalten. den Winter beim Mittagessen in der Klassenzimmer hergelaufen. „Hier Schule oder im Kloster als Tafelobst lernen meine Schüler mit Freude Einen besonders großen, roten Apfel auf den Tisch. Br. Altos persönli- und ganz praktisch, was die Klos- haben die Schüler zum Mitnehmen cher Favorit ist übrigens der Topaz terregel des hl. Benedikt ausmacht, ausgesucht: „Den bringen wir un- – wegen seines feinsäuerlichen Ge- nämlich ein ausgewogener Lebens- serer Deutschlehrerin mit.“ Bevor schmacks und der handlichen Grö- rhythmus aus Gebet, (Hand-)Arbeit sie zur Deutschstunde zurücklaufen ße, wie er sagt. Stefanie Merlin und Lesung (Lernen)“, davon ist Latein- und Religionslehrer Gerhard Tieschky überzeugt. Ungewöhnlich für seine Zeit – der hl. Benedikt lebte in der Spätantike – wertete er in seiner Regel, die bis heute in den Benediktinerklöstern gilt, die Handarbeit wesentlich auf. Körper- liche Arbeit war im 6. Jahrhundert eigentlich eine Sache der Sklaven, das heißt der unfreien Menschen. Benedikt wusste, dass die Arbeit mit den eigenen Händen für jeden Menschen sinnstiftend ist und „Mü- ßiggang der Seele Feind ist“. Seit einigen Jahren kommt Gerhard Tieschky mit seinen Schülern zu Br. Alto in den Klostergarten. Neben- bei lernen die Kinder einiges über die Schöpfung, die sie umgibt und ernährt. Und sie erleben, dass ihr erfahrener Lehrer hier auch ein Ler- nender ist, wenn er sich beim An- blick der großen Mostäpfel fragend an Br. Alto wendet: „Warum sind eure Äpfel hier so groß und die in meinem Garten daheim so klein?“ Von links: Br. Nikolaus, Br. Alto und Gerhard Tieschky (Latein- und Religionslehrer am RMG) mit Schülerinnen der 5a missionsblätter 4 | 2020 19
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