Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
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Allgemeines Aktionskonzept Maison Relais Strassen - Blummenwiss SEA20190289 57-59, rue des Romains L-8041 Strassen
Name der Einrichtung: Maison Relais Strassen: Blummenwiss Adresse der Einrichtung: 57-59, rue des Romains L-8041 Strassen Tel: 31 02 62 962 Email: relais.strassen@croix-rouge.lu Internetadresse der Einrichtung: www.ecoles-strassen.lu
IMPRESSUM Autor: Das Team der Maison Relais Strassen Koordination: Christa Brömmel, Chantal Demesmaeker, Myriam Glodt, Laura Goedert, Cliff Hever, Véronique Schmit, Frank Wies Datum der Genehmigung: 2 juillet 2020 Genehmigt durch das Solidaritätskomitee des Luxemburger Roten Kreuzes Vielen Dank an das gesamte Team des Dienstes für seine Mithilfe.
Liebe/r Leser*in, Sie halten das Hauskonzept der Maison Relais Strassen des Luxemburger Roten Kreuzes in Händen. Dieses Dokument wurde vom Team der Maison Relais Strassen und dem Koordinationsteam der Abteilung Maisons Relais et Crèches ausgearbeitet. Es handelt von Zweck, Auftrag und der aktuellen pädagogische Praxis der Einrichtung. Es beschreibt gewissermaßen den aktuellen Stand dieser Tätigkeit, die das Luxemburger Rote Kreuz seit 2005 ständig ausbaut. Das Hauskonzept bricht das im Jahr 2013 definierte Mission Statement des Luxemburger Roten Kreuzes auf die besondere Situation einer Einrichtung der non-formalen Bildung herunter. Es basiert auf dem pädagogische Konzept Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder von 0-12 Jahren des Roten Kreuzes sowie den Leitlinien der non formalen Bildung des Erziehungsministeriums – beide ebenfalls aus dem Jahr 2013. Zur Erinnerung: Die Mission des Luxemburger Roten Kreuzes ist es, „besonders hilfsbedürftigen Menschen dabei zu helfen, würdig und in Autonomie zu leben. Wir mobilisieren die menschliche Solidarität und handeln vorbildlich, effizient und verantwortungsbewußt, um Menschen in Notlagen zu helfen und um Situationen materieller, gesundheitlicher und sozialer Not vorzubeugen, sowohl in Luxemburg wie auch im Ausland. Das Luxemburger Rote Kreuz ist Teil der internationalen Bewegung des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes und teilt deren 7 Grundsätze.“ Das Hauskonzept folgt dem Ansatz zur ständigen Verbesserung der Tätigkeiten des Luxemburger Roten Kreuzes, einem Ansatz, der die von unserer Organisation angebotenen Dienste bestmöglich an unsere elementarste Mission anpassen soll: besonders schutzbedürftigen Menschen dabei zu helfen, würdig und in Autonomie zu leben. Entsprechend ist das Hauskonzept dazu bestimmt, sich weiterzuentwickeln, sich zu verfeinern und sich den sich verändernden Realitäten der Aktivität anzupassen. Die Direktion dankt dem Team für seine engagierte Mitarbeit an diesem Dokument und beglückwünscht es zu dem nun vorliegenden Resultat, das einen echten Leitfaden für seine tägliche Arbeit darstellt. Marc Crochet Stellvertretender Generaldirektor Luxemburger Rotes Kreuz 4
Inhalt Inhalt ............................................................................................................................................................. 5 Einführung .................................................................................................................................................... 6 I. DAS LUXEMBURGER ROTE KREUZ .................................................................................. 8 1.1. GESCHICHTE UND GRUNDSÄTZE DES LUXEMBURGER ROTEN KREUZES 8 1.2. GESCHICHTE DER MAISONS RELAIS UND KRIPPEN DES LUXEMBURGISCHEN ROTEN KREUZES 13 II. VORSTELLUNG UND BESCHREIBUNG DER MAISON RELAIS STRASSEN ................. 14 2.1. ALLGEMEINE INFORMATIONEN 14 2.2. ORGANISATIONALE INFORMATIONEN 14 2.3. PÄDAGOGISCHE ASPEKTE 19 III. PÄDAGOGISCHER TEIL .................................................................................................. 21 3.1. EINLEITUNG 21 3.2. AUFGABEN 22 3.3. UMSETZUNG DER PÄDAGOGISCHEN ORIENTIERUNG 23 3.4. UNSERE PÄDAGOGISCHE PRAXIS 36 3.5. BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN 52 3.6. BEOBACHTUNG UND DOKUMENTATION 59 IV. DIE QUALITÄTSENTWICKLUNG ..................................................................................... 65 4.1. FORTBILDUNGSPLAN UND SUPERVISION 65 4.2. FREMDEVALUATION 66 4.3. ZUFRIEDENHEITSBEFRAGUNG 66 4.4. ZIELVEREINBARUNG MIT DER FACHBERATUNG 70 4.5. MITARBEITERGESPRÄCHE 70 4.6. BESCHWERDEMANAGEMENT 70 4.7. RISIKOMANAGEMENT 70 4.8. SOZIALE VERANTWORTUNG VOM UNTERNEHMEN 71 V. RECHTLICHE UND FINANZIELLE BEDINGUNGEN ......................................................... 73 5.1. RECHTLICHE BEDINGUNGEN UND VORSCHRIFTEN 73 5.2. PARTNER UND GELDGEBER 73 5.3. ALLGEMEINE VERORDNUNG ZUM DATENSCHUTZ 73 Anhang ....................................................................................................................................................... 75 Liste der Abkürzungen................................................................................................................................ 76 Bibliografie .................................................................................................................................................. 77 5
Einführung Zusammen mit der Gemeinde bietet das Luxemburger Rote Kreuz in seinen Einrichtungen den Kindern und ihren Familien eine qualitativ hochwertige Erziehung, Bildung und Betreuung an. Unser pädagogisches Konzept ist Grundlage für die Arbeit mit den Kindern. Die Haltung zu und der Umgang mit den drei zentralen Akteuren: Kinder – Eltern – Team soll hier kurz dargestellt werden: ICH BIN ICH – Hier fühle ich mich wohl! Wir lassen die Kinder einzigartig sein und sorgen für ihr Wohl. Die Kinder stehen im Mittelpunkt unserer alltäglichen Arbeit. Wir lassen sie ihren individuellen Interessen und Bedürfnissen nachgehen und fördern und ermutigen sie, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Wir unterstützen und begleiten die Kinder auf ihrem Weg zu selbstbestimmten und verantwortungsvollen Menschen. Seite an Seite – gemeinsam im Sinne des Kindes. Wir ergänzen die Familie und arbeiten partnerschaftlich zusammen. Die Eltern sind die ersten und wichtigsten Erzieher ihres Kindes. Zusammen mit ihnen bemühen wir uns um ihr Wohl und ihre Entwicklung. Respektvoller und wertschätzender Umgang und ein Austausch auf Augenhöhe sind die Grundlagen einer solchen Erziehungspartnerschaft. Zusammen können wir Erziehungs- und Bildungsherausforderungen meistern. In unseren Einrichtungen werden die Eltern bestmöglich über die pädagogische Arbeit und ihr Kind informiert. Die Rückmeldung seitens der Eltern ist uns wichtig und hilft uns, unsere Arbeit bestmöglich im Sinne des Kindes durchzuführen. 6
Unser Team – Zusammen für die Kinder. Wir bündeln unsere fachlichen und individuellen Kompetenzen, um gemeinsam Ziele zu erreichen. Die MitarbeiterInnen unserer Einrichtungen sind Vorbilder für die Kinder. Sie begegnen den Kindern mit Respekt, Wertschätzung, pädagogischem Fachwissen und Können. Sie sind die BildungsassistentInnen der Kinder. Sie bereiten eine vielfältige Bildungsumgebung vor und begleiten die Kinder auf ihren täglichen Forschungs- und Entdeckungsreisen. Die Qualität unserer Erziehung, Bildung und Betreuung wird durch Fortbildung, Fachberatung, Supervision und Evaluation gesichert und verbessert. Teambesprechungen dienen der Reflektion, Planung und Entwicklung. Das Team setzt sich zusammen aus Leitung, Fachkräften sowie Assistenzkräften. Das Luxemburger Rote Kreuz betreibt heute 24 Maisons Relais und Crèches, die kleinste hat 4 MitarbeiterInnen, die größte über 60. Zusammen sind wir mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen. Alle diese Einrichtungen basieren sich auf dem gleichen pädagogischen Ansatz, der sich lokal differenziert darstellt in seinem Hauskonzep 7
I. Das Luxemburger Rote Kreuz 1.1. Geschichte und Grundsätze des Hilfe tätig und seine Mitarbeiter wenden – so Luxemburger Roten Kreuzes unterschiedlich sie auch seien – bei der Ausübung ihres Berufs die sieben Grundsätze der weltweiten Rotkreuz-Bewegung an: 1.1.2. Die sieben Grundsätze Menschlichkeit Das Leben und die Gesundheit schützen und der Würde des Menschen Achtung verschaffen. Unparteilichkeit Keinen Unterschied zwischen den Menschen nach ihrer Nationalität, Rasse, Religion, sozialen 1.1.1. Geschichte Stellung oder politischen Überzeugung machen. Neutralität Am 8. August 1914 versammelten – nach einem Keine Partei ergreifen bei Feindseligkeiten und Appell Ihrer Königlichen Hoheit Großherzogin Konflikten politischer, rassischer, religiöser oder Marie-Adelheid – Emile und Aline MAYRISCH ideologischer Art. zehn Persönlichkeiten der luxemburgischen Gesellschaft, um im Beisein eines Notars die Unabhängigkeit Gründungsurkunde des Luxemburger Roten Trotz der Unterstützung staatlicher Behörden Kreuzes zu unterzeichnen. Im Oktober 1914 seine Eigenständigkeit bewahren, um immer erhielt es die offizielle Anerkennung des gemäß den Grundsätzen der internationalen Internationalen Komitees des Roten Kreuzes. Bewegung des Roten Kreuzes und des Roten Durch das Gesetz vom 6. August 1923 wurde das Halbmonds handeln zu können. Luxemburger Rote Kreuz als gemeinnützige Freiwilligkeit Organisation anerkannt und erhielt den Status Freiwillige und uneigennützige Hilfe bringen einer juristischen Person . Einheit Das Rote Kreuz hilft allen Menschen, die seiner In jedem Land nur eine einzige Rotkreuz- Hilfe bedürfen, unabhängig von ihrer Nationalität, Organisation aufbauen, die allen offensteht und im Rasse, Religion, sozialen Stellung oder ganzen Staatsgebiet humanitär tätig wird. politischen Überzeugung. Es gibt verschiedene Formen von Hilfsbedürftigkeit, im Ausland wie in Universalität Luxemburg, und das Rote Kreuz versucht, sie In der internationalen Bewegung des Roten mithilfe engagierter Mitarbeiter und Kreuzes und des Roten Halbmonds haben alle ehrenamtlicher Helfer so gut es geht zu lindern. Nationalgesellschaften die gleichen Rechte und die Pflicht, sich gegenseitig zu helfen. Seit 20 Jahren werden die Aktionsfelder des Roten Kreuzes ständig mehr, seine Aktivitäten vervielfältigen sich. Dank der Unterstützung staatlicher und privater Partner sowie der Bevölkerung kann es Dienstleistungen anbieten, die den sich ändernden Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden. Tag für Tag wird das Luxemburger Rote Kreuz in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Jugend und humanitäre 8
1.1.3. Das Mission Statement - Zwei fest angestellte Ansprechpartner, mit folgenden Aufgabenbereichen: „Unsere Mission ist es, besonders Unterstützung der schutzbedürftigen Menschen zu helfen, in Würde Mitarbeiter/Teams einer und autonom zu leben. Indem wir zu humanitärer wertschätzenden und achtsamen Solidarität auffordern, können wir beispielhaft, Haltung gegenüber ihren effizient und verantwortungsbewußt handeln, um Schutzbefohlenen Menschen in Notlagen zu helfen und sie vor materieller, gesundheitlicher und sozialer Armut Unterstützung der Teams bei zu schützen, in Luxemburg wie im Ausland.“ Feststellen oder Verdacht von Missbrauch und Begleiten beim Melden gegenüber den 1.1.4. Bientraitance1 zuständigen Behörden. - Eine für alle Organisationen und deren Als erzieherisches und pädagogisches Arbeitnehmer (aktuell und künftig) zur Fachpersonal sind wir auch gesetzlich dazu Verfügung gestellte, externe, rechtliche verpflichtet, im Rahmen unserer Mission für die Ansprechstelle. Sicherheit und das Wohlergehen jedes sich unter - Multiplikatoren, welche in ihrer jeweiligen unserer Verantwortung Organisation dafür sorgen, dass die befindlichen Minderjährigen einzustehen. Bientraitance in allen Arbeitsfeldern, Wir sind daher verpflichtet, alle Anstrengungen pädagogischen Konzepten und jedem zu unternehmen, um jede zweifelhafte Situation, Handeln zugrunde liegt. die wir beobachten anzusprechen, zu reflektieren und zu verbessern. Das Luxemburger Rote Kreuz steht für eine Null- Toleranz-Politik, um jede Form von Missbrauch zu verhindern. Vier Organisationen haben 2013 die Initiative ergriffen, ein gemeinsames Konzept hinsichtlich der Förderung der „Bientraitance“ zu erstellen. Seit Januar 2020 sind es mittlerweile 7 Organisationen, welche sich dem Dispositiv angeschlossen haben. Diese sind: arcus asbl, Caritas Luxembourg, Croix Rouge luxembourgeoise, elisabeth, Les Internats Jacques Brocquart, Fondation Lëtzebuerger Kannerduerf, Lënster Päiperlék asbl. Das Konzept besteht aus folgenden Elementen: - Angebot einer obligatorischen Weiterbildung zur Sensibilisierung hinsichtlich der Bientraitance und der Prävention von Mißhandlung für alle aktuellen und künftigen Arbeitsnehmer und freiwilligen Mitarbeiter. 1 Der Begriff der dem Bedeutungsfeld des französische Wort „bientraitance“ auch in deutscher französischen „bientraitance“ am nächsten kommt wäre Übersetzung beibehalten. Gutbehandlung. Da es keine deutsche Bezeichnung gibt, die exakt die gleiche Bedeutung hat, wird das 9
Die Charta der Bientraitance 10
1.1.5. Benevolat Die Freiwilligenarbeit als Teil der 7 Grundsätze der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung spielt eine Schlüsselrolle in der täglichen Arbeit des Luxemburger Roten Kreuzes. Sie ist das verbindende Element, das sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Freiwilligen um den menschlichen Wunsch vereint, auf ein Bedürfnis nach Hilfe, Unterstützung und Betreuung zu reagieren. Freiwillige Arbeit ist das freie und unbezahlte Engagement von Menschen, die für andere oder im kollektiven Interesse in einem Rahmen handeln, der über die einfache familiäre oder freundschaftliche gegenseitige Hilfe hinausgeht. Heute zählt das Luxemburger Rote Kreuz etwa 3500 Freiwillige. Sie sind aller Altersgruppen, Nationalitäten und/oder Religionen. Die als Freiwillige beteiligten Personen spiegeln das Prinzip der Neutralität perfekt wider. Darüber hinaus verpflichten sie sich aus freiem Willen, ohne Vergütung oder sonstige materielle Gegenleistung, zu einer Handlung im Dienste eines Dritten oder der Gemeinschaft. Die Investition unserer Freiwilligen ist ein echter Mehrwert in unserer täglichen Arbeit, der es uns ermöglicht, den reibungslosen Ablauf einiger unserer Aktivitäten zu gewährleisten. Mit einer zentralen Koordination der Freiwilligenarbeit unterstreicht das Luxemburger Rote Kreuz die Bedeutung der Freiwilligenarbeit innerhalb unserer Dienste und trägt aktiv zu ihrer Förderung und Entwicklung bei. In kontinuierlicher Entwicklung wird die Freiwilligenarbeit langfristig ein integraler Bestandteil des Luxemburger Roten Kreuzes bleiben. 11
1.1.6. Organigramm und Adresse des Hauptsitzes Adresse des Hauptsitzes Rotes Kreuz Luxemburg 44, Boulevard Joseph II L-1840 Luxemburg Postanschrift: b.p. 404 L- 2014 Luxembourg Tel.:+352 2755 Email: info@croix-rouge.lu www.croix-rouge.lu 12
1.2. Geschichte der Maisons Relais und Krippen des Luxemburgischen Roten Kreuzes 1992 eröffnete in Bertrange die „Kannervilla“ als erste Kinderkrippe des Luxemburger Roten Kreuzes einen Dienst, der nicht explizit Menschen in Notlagen fokussierte, sondern auch die Mitte der Gesellschaft. Eine lebhafte Diskussion innerhalb der Leitungsgremien ging diesem Ereignis voraus. Sollte die Unabhängigkeit des Roten Kreuzes - eines seiner 7 fundamentalen Prinzipien - durch die Annahme staatlicher Zuwendungen aufgegeben werden? Die Lösung dieser Frage war ein Vertrag, der dem Staat zwar Einsicht in die Aktivität gewährte, nicht aber die Unabhängigkeit des Roten Kreuzes in Frage stellte. Im Jahr 2005 öffnete die zweite Krippe, „das Zwergenhaus“ in Lorentzweiler. Mit dem Inkrafttreten der großherzoglichen Verordnung zum Betrieb von Maison Relais im selben Jahr beschleunigte sich der Ausbau von Strukturen der Erziehung, Bildung und Betreuung (SEA - Services d’Education et Accueil) in Luxemburg und auch beim Roten Kreuz. Die erste Maison Relais für Grundschulkinder eröffnete in Reckange im Jahr 2006. Als im Jahr 2008 eine gewisse Anzahl von SEA erreicht war, wurde ein Koordinationsbüro ins Leben gerufen, um Synergieeffekte besser nutzen zu können. Qualitätsentwicklung und -sicherung (administrativ wie pädagogisch) sowie die Implementierung von Innovationen werden seitdem von MitarbeiterInnen dieses Büros zentral entwickelt. Heute betreibt das Rote Kreuz 6 Kinderkrippen und 16 Maisons Relais; des Weiteren zwei Bildungseinrichtungen für Kinder von Antragstellen auf internationalen Schutz – Stil Ganztagsschule. 13
II. Vorstellung und Beschreibung der Maison Relais Strassen 2.1. Allgemeine Informationen Altersgruppe der zu betreuenden Kinder: 3 bis 12 Jahre Aufnahmekapazität der Struktur gemäß Zulassung (Agrèment): 403 SEA nimmt am CSA teil: ☒JA ☐NEIN SEA nimmt am Programm der frühen mehrsprachigen Bildung teil: ☐JA ☒NEIN Name der Leitungskraft2: Véronique Hilbert Anzahl des erzieherischen Personals2: 40 2.2. Organisationale Informationen Öffnungszeiten: 07.00 bis 19.00 Uhr An Werktagen werden die Kinder zwischen 07.00 und 19.00 Uhr außerhalb der Schulzeiten von unserem erzieherischen Personal betreut. Die Bring- und Abholzeit ist entsprechend der Einschreibung der Kinder geregelt. An Wochenenden, gesetzlichen Feiertagen, eine Woche der Weihnachtsferien und zwei Wochen in den Sommerferien ist die Maison Relais Strassen geschlossen. Modifiziertes Angebot während den Schulferien ☐ NEIN ☒ JA In den Schulferien können die Kinder bis 10 Uhr gebracht werden und ab 16 Uhr abgeholt werden. Während dieser Zeitspanne bieten wir den Kindern diverse Aktivitäten zu folgenden Themen an: Kreativität, Kulinarik, Bewegung, Entspannung, Naturwissenschaft, Spiele, Bauen, uvm. Außerdem wird den Kindern die Möglichkeit geboten, an mindestens einem Ausflug teilnehmen zu können, wie z.B. Science Center, Pädagogischer Bauernhof. Beschreibung der Infrastruktur 2 Stand 01.2020 14
o Krabbelkëscht (Précoce): Anzahl der Räume: 3 Etagen mit jeweils 3 großen Räumen und insgesamt 6 Funktionsecken Spezielle Räume: pädagogische Küche Außenbereich: anliegender Garten o Blummenwiss (Préscolaire): Anzahl der Räume: 6 Funktionsräume Spezielle Räume: Psychomotorik und Forscher-Raum Außenbereich: anliegender Spielgarten mit Spielboot o Hueflach (Cycle 3.2-4.2): Anzahl der Räume: 7 Funktionsräume Spezielle Räume: Loisirs- und Hausaufgaben-Raum Außenbereich: anliegender Schulhof mit Klettergerüst Arbeit mit Funktionsräumen ☐ NEIN ☒ JA, mit Funktionsecken für den „Précoce“. Das Wort „Bereich“ wird als Oberbegriff für die Funktionsräume und -ecken im Folgenden verwendet. Jede der drei Infrastrukturen verfügt über die folgenden Bereiche die fast gleich unterteilt sind: o Kreativ-Bereich: Nass-Malecke, Bügelperlenecke, Papier- und Klebeecke o Bau-Bereich: Kleinteilige Bauecke (Lego, Kappla, Schienen), Großteilige Bauecke (Schaumstoffelemente, XXL-Legobausteine), Baustellenecke (Helme, Sicherheitswesten, Werkzeuge, Handschuhe) o Rollenspiel-Bereich: Puppenecke, Küche, Wohnzimmer, Laden, Verkleidungsecke, Schule, Frisör, Baby-Ecke, Bühne und Theaterecke o Entspannungs-Bereich: Leseecke, Austauschecke mit Sofas, Stimmungsecke mit Lampen, Zelt als Rückzugsort o Restaurant: Kaltes und warmes Buffet, kleine Tischeinheiten mit 4-6 Plätzen, Tisch mit Besteck, Becher und Servietten zum Selbstbedienen Folgende Bereiche sind infrastrukturspezifisch: o Hausaufgaben-Bereich (Hueflach): Klassensaal der Schule mit einzelnen Bänken o Loisirs-Bereich (Hueflach): Kicker, Billard, Air Hockey, Darts, Ping-Pong o Forscher-Bereich (Blummenwiss): Experimentierecke, Puzzleecke, Gesellschaftspieleecke 15
o Psychomotorik-Bereich (Blummenwiss): wird Cycle-übergreifend genutzt, große Bauelemente & Parcours Elemente, Matratzen, o Pädagogische Küche (Krabbelkëscht): wird Cycle-übergreifend genutzt Folgende Bereiche funktionieren besonders gut: o Krabbelkëscht (Précoce): Im Précoce ist der Rollenspiel-Bereich sowie der Bau-Bereich sehr beliebt bei den Kindern. Die große „Spielwiese“ zieht die Kinder regelrecht an und gerne verbringen sie mehrere Stunden hier. Verschiedene Möbelstücke fungieren als Raumteiler und sollen die verschiedenen Bereiche einteilen und visuell darstellen. Die Kinder in diesem Alter erkennen jedoch nicht die Raumtrennung und die damit gekennzeichneten unterschiedlichen Funktionsecken. Sie sehen den Raum als eine große „Spielwiese“. Da die Kinder dementsprechend Spielmaterialien von einer Funktionsecke in die nächste mitgenommen haben, beschlossen die Erzieher den Bedürfnissen der Kinder nach zu gehen und die Funktionsecken nicht mehr streng voneinander zu trennen, um den Kindern diesen Freiraum zu geben. Ein Kind kann sich also verkleiden, einen Baustein als Telefon benutzen und mit der Puppe dann zum Kiosk einkaufen gehen. Somit können die Kinder ihrer Fantasie freien Lauf lassen und ihre ganz individuelle Geschichte ausleben. Die Kinder mögen diesen Raum am liebsten, gerade weil dieser ihnen eine Vielfalt an Spielmöglichkeiten erlaubt. Die Tatsache, dass hier Funktionsecken und keine Funktionsräume sind, ist ein Vorteil für die Kinder. Schließlich sind diese beim Freispiel nicht begrenzt und können ohne Hindernisse vom Bauen zum Rollenspiel wechseln und müssen dafür den Raum nicht mal verlassen. Ein anderer positiver Aspekt ist, dass die Kinder die verschiedenen Materialien vom Rollen und Bau unterschiedlich kombinieren können um daraus ein individuelles Spielerlebnis zu erfinden. Deshalb lieben die Kinder diesen Raum besonders, wo sie ihre Neugierde und Kreativität ausleben können. o Blummenwiss (Préscolaire): In der Blummenwiss ist der Kreativ-Bereich, auch Atelier genannt, der beliebteste und meist besuchte Raum. Die Raumgestaltung ist in Themenecken (Nass-Mal-Ecke, Bügelperlenecke, Papier- und Klebeecke) aufgeteilt und somit besonders übersichtlich für die Kinder. Die Vielfalt an Materialien sind in durchsichtigen Kisten präsentiert damit die Kinder einen Überblick über das zur Verfügung stehende Material haben. Die Raumexperten haben sich besonders viel Mühe bei der Raumgestaltung gegeben und den Raum zusammen mit den Kindern farbenfroh dekoriert. Die Raumexperten gehen nicht nur auf die kreativen Wünsche der Kinder ein und helfen ihnen diese umzusetzen, sondern bieten regelmäßig verschiede Aktivtäten an, passend zu den Jahreszeiten oder den Feiertagen. Man sieht den Raumexperten an, dass sie ihre ganze Energie in diesen Bereich investieren, die Kinder werden mit dieser Energie angesteckt und somit erlebt dieser Bereich die volle Begeisterung bei den Kindern. Es gestaltet sich als Herausforderung, diese positive Energie auf andere Bereiche zu übertragen, da manche Mitarbeiter schon längere Zeit Raumexperte sind und schon die Möglichkeit hatten an Fortbildungen teil zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es also jedem Mitarbeiter die Möglichkeit zur Fortbildung in diesem Bereich zu ermöglichen. An jeder Ecke findet man die kreativen Kunstwerke der Kinder. Schon vollendete Projekte können bewundert werden und dienen gleichzeitig auch zur Inspiration für neue kreative Ideen. 16
o Hueflach (Cycle 3.2-4.2): Im Hueflach funktioniert der Loisirs-Bereich besonders gut. Es handelt sich um einen großzügig geschnittenen Raum, in dem sich keine Raumtrenner befinden. Das Mobiliar definiert die einzelnen Beschäftigungsbereiche (Billard-Ecke, Ping-Pong-Tisch, ...). Mat hat also von überall einen Überblick wer sich wo befindet und was tut. Die Kinder können hier Billard, Kicker, Darts, Ping-Pong oder Air Hockey spielen. Zudem erlaubt die Raumgestaltung, durch Rückzugsorte wie eine runde, variable Sofa-Ecke, den Kindern sich in kleineren Gruppen zusammen zu setzen und ungestört auszutauschen. Schlussendlich stehen den Kindern hier auch die iPads zur Verfügung, auf denen sie ungestört, alleine oder auch in kleinen Gruppen, ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Dieser Raum ist bei den größeren Kindern am beliebtesten da er ihren Bedürfnissen am meisten entspricht. Er bietet viele unterschiedliche Beschäftigungsmöglichkeiten, ist hell und offen. Der Raum ist ähnlich wie bei einem Jugendhaus Treffpunkt um sich mit Freunden zu unterhalten, individuell am iPad zu arbeiten oder in der Gruppe Turniere zu gestalten. Folgende Bereiche brauchen noch intensivere Raumgestaltungsarbeit: o Krabbelkëscht (Précoce): Der Gesellschaftsspiel-Bereich im Précoce ist weniger beliebt bei den Kindern, es fehlt dort noch an Material und Dekoration. Dieser Bereich ist in einem kleinen Nebenraum vom Kreativ Bereich und der Raum ist nicht attraktiv gestaltet. Lediglich zwei Tische und ein paar Stühle sind vorzufinden. Zum Schulbeginn im September werden sich die Raumexperten zusammensetzen um heraus zu finden wie man den Gesellschaftsspiel-Bereich interessanter und attraktiver für die Kinder gestalten kann. o Blummenwiss (Préscolaire): In der Blummenwiss ist der kleine Teil des Rollenspiel-Bereiches (Verkleidungsecke, Schule, Frisör, Baby-Ecke) der unbeliebteste Raum. Die Raumgestaltung ist nicht optimal an die Bedürfnisse der Kinder angepasst und wirkt momentan noch improvisiert und zusammengewürfelt. Der Raumexperte dieses Raumes hat mehrmals gewechselt und somit konnte bisher kein Erzieher sich intensiv mit der Raumgestaltung auseinander - setzen oder an Weiterbildungen teilnehmen. Es wurden schon Beobachtungen seitens der Erzieher gemacht und eine intensive Begleitung unserer Fachberatung angefragt. o Hueflach (Cycle 3.2-4.2): Im Hueflach gibt es den Bau-Bereich der nicht besonders gerne von den Kindern besucht wird, weil es dort noch an Material fehlt. Für den Schulanfang im September wird sich der Raumexperte mit den Kindern zusammensetzen um heraus zu finden welche Materialien sie sich wünschen und den Raum somit besser an ihre Bedürfnisse anzupassen. Zudem hat der Raumexperte bereits an einer Fortbildung von Hilke Eden teilgenommen. Der Input dieser Fortbildung wird in die neue Raumgestaltung mit einfließen. Aufteilung der Kinder in feste Altersgruppen: ☐ NEIN ☒ JA o Krabbelkëscht (3-4 Jahre): 55 Kinder o Blummenwiss (4-6 Jahre): 140 Kinder 17
o Hueflach (9-12 Jahre): 190 Kinder Tagesablauf 07.00 – 08.00 Uhr Accueil in den Räumen der Maison 59 „Blummenwiss“ für alle Kinder der Maison Relais Strassen, die hierfür angemeldet sind. 08.00 – 12.00 Uhr Schulzeit 12.00 – 14.00 Uhr Mittagessen Freispiel und Aktivitäten Auswahl in den verschiedenen Funktionsbereichen und in der Turnhalle 14.00 – 16.00 Uhr Montag, Mittwoch und Freitag: Schulzeit Dienstag und Donnerstag: Zeit für Hausaufgaben (12.00-16.00 Uhr) Zeit für Freispiel Unterschiedliche Angebote und Aktivitäten Aktivitäten außerhalb der SEA (Trajet Angebot) 16.00 – 18.30 Uhr Nachmittagssnack (Goûter) (16.00-17.00 Uhr) Freispiel und Aktivitäten Auswahl in den verschiedenen Funktionsbereichen Aktivitäten außerhalb der SEA (Trajet Angebot) Montag und Mittwoch: Zeit für Hausaufgaben (16.00-18.00 Uhr) 18.30 – 19.00 Uhr Fermeture in den Räumen der Maison 59 „Blummenwiss“ für alle Kinder der Maison Relais Strassen, die hierfür angemeldet sind. Änderung des zukünftigen Tagesablaufs Im Jahr 2019 bekam die Maison Relais Strassen die Gelegenheit sowohl an einer Studie über das Wohlbefinden der Kinder von der Universität Luxemburg als auch an einem Workshop mit dem Büro LernLandSchaft und der Gemeinde teilzunehmen. Beide Projekte sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Bis jetzt haben sich jedoch schon folgende Punkte herauskristallisiert: o Studie Uni.lu: Die Universität Luxemburg hat im Auftrag der Gemeinde Strassen eine Studie durchgeführt, die das Wohlbefinden der Kinder in der Maison Relais Strassen untersucht. Im Zuge dieser Studie wurden in einem ersten Schritt bereits qualitative Interviews mit den Eltern, dem Personal und den Kindern geführt. Zusätzlich wurden in einem weiteren Schritt quantitative Daten mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. Die Zwischenbilanz der Studie zeigt, dass die Kinder ein besonders großes Bedürfnis an Ruhe und Stabilität aufzeigen. Um diesem Bedürfnis in Zukunft besser gerecht zu werden, haben wir uns bereits einige Gedanken über die Umsetzung gemacht. Um Hektik und Chaos und die damit einhergehende Unruhe zu verhindern (oder zu minimieren), wäre es eine Idee, in Zukunft die Gestaltung der Mittagsstunde umzustrukturieren. Die Kinder können weiterhin frei für einen FU-Raum entscheiden- aber sie sollen dann während der gesamten Mittagszeit in diesem Raum verbleiben (Mittagessen ausgenommen). Innerhalb dieses Raumes können die Kinder selbstverständlich frei wählen zwischen den verschiedenen pädagogischen Angeboten und Materialien. Dies soll den 18
Kindern nicht nur Sicherheit (der Raumexperte kann sich dem Kind und seinen Bedürfnissen widmen), sondern ebenfalls Ruhe vermitteln (Aktivitäten/Spiele werden nicht mehr durch Raumwechsel unterbrochen). o Workshop mit dem Büro LernLandSchaft Die Gemeinde Strassen hat in Zusammenarbeit mit dem Büro LernLandSchaft das Projekt „Strassen 2030“ gegründet. Dieses hat zum Ziel den Campus Schule/Maison Relais für das Jahr 2030 neu zu gestalten und zu optimieren. Mit der wachsenden Bevölkerung der Gemeinde Strassen und der damit zusammenhängenden ansteigenden Zahl der schulpflichtigen Kinder, wachsen auch die Klassen und überfüllte oder zu wenige Klassenräume sind die Konsequenz. Diese Veränderungen fordern eine neue, angepasste Struktur. Für die Ausarbeitung des Projektes war es der Gemeinde besonders wichtig eine Zusammenarbeit aller Beteiligten zu ermöglichen und zu fördern. Somit können und sollen sowohl das Lehrpersonal der Schule als auch das erzieherische Personal der Maison Relais ihre Ideen und Vorschläge zur Umsetzung beitragen. Dieses Projekt wird eine neue Vision von Schule und Maison Relais mit sich bringen und der aktuelle Tagesablauf wird in solcher Form wahrscheinlich nicht mehr stattfinden. Eine erste Idee der Gemeinde und dem Praxis Büro ist es eine Ganztagsbetreuung zu implementieren. Diese Änderung wird sicherlich neue Herausforderungen mit sich bringen: Formale und Non- Formale Bildung werden aufeinandertreffen und müssen einen Kompromiss finden. Der Tagesablauf wird neu definiert um dem Wohlbefinden der Kinder besser gerecht zu werden und ihre Bedürfnisse in den Vordergrund zu setzen. Diese neue Zusammenarbeit muss im Vorfeld gut geplant und organisiert werden. Dies wird sicherlich Weiterbildungen, eventuelle Team Buildings, Workshops, etc beinhalten. Informationen zu den Mahlzeiten: ☒ Mahlzeiten werden vom SEA selbst zubereitet ☐ Mahlzeiten werden geliefert Zusätzliche Informationen zu den Mahlzeiten: ☐ NEIN ☒ JA: regionale Produkte, Fairtrade, Bio und Vegetarische Menüs, Kids Menü Interne Regeln: http://www.croix-rouge.lu/wp-content/uploads/2019/04/Re%CC%80glement-dordre-interne-fiche- dinscription-2019-2020-.pdf 2.3. Pädagogische Aspekte Der Träger richtet sich nach an einem spezifischen pädagogischen Ansatz: ☐ NEIN ☒ JA In der Krippe orientieren wir uns am pädagogischen Ansatz von Emmi Pikler, während der pädagogische Ansatz in den Maison Relais sich auf die offene Werkstattarbeit und Reggio bezieht. 19
Sonstige Bemerkung zur pädagogischen Praxis: ☒ NEIN ☐ JA Beschreibung des Ablaufs eines typischen Tages Um 7 Uhr morgens startet mit dem Accueil der Tag der Kinder in der Maison 59 „Blummenwiss“. In dieser Zeit können die Kinder sich in unterschiedlichen Funktionsbereichen frei beschäftigen. Die unterschiedlichen Schulbeginne und Länge der Schulwege, führen dazu, dass die Kinder den Accueil zu unterschiedlichen Zeiten verlassen: o 07.50 Uhr werden die Kinder des Cycle 3.2-4.2 in die Schule begleitet o 08.00 Uhr werden die Kinder des Préscolaire auf zwei verschiedene Schulgebäude aufgeteilt und in ihre entsprechenden Schulklassen gebracht o 08.15 Uhr werden die Kinder des Précoce in ihre entsprechenden Schulklassen gebracht Um 12 Uhr werden die Kinder bei der Schule anhand der Präsenzlisten von dem erzieherischen Personal abgeholt und in die SEA begleitet. Während der Mittagstunde können die Kinder frei entscheiden welchen Funktionsbereich sie in Anspruch nehmen wollen oder bei welcher Aktivität sie mitwirken wollen. Auch beim Thema Essen können die Kinder frei entscheiden wann und mit wem sie ins Restaurant gehen möchten. Das Buffetsystem ermöglicht ihnen eine vielfältige Auswahl an kalten und warmen Speisen. Montags, mittwochs und freitags werden die Kinder gegen 13.50 Uhr zur Schule begleitet. Dienstags und donnerstags können die Kinder ihre Hausaufgaben machen, an geplanten Aktivitäten teilnehmen (z.B. Schlittschuhlaufen, Schwimmbad, kulinarische Aktivität, Theaterprobe) oder an Aktivitäten, die von naheliegenden Vereinen angeboten werden, teilnehmen. Hierzu zählen unter anderem Fußball, Gymnastik, Musikschule, Kunstatelier. Sie werden, bei entsprechender Anmeldung, von Mitarbeitern der Maison Relais respektiv der Gemeinde dorthin begleitet und auch wieder zurückgebracht. Einige dürfen mit schriftlicher Erlaubnis der Eltern auch schon ganz allein dahin. Um 16 Uhr haben die Kinder die Möglichkeit eine kleine Zwischenmahlzeit bzw. einen kleinen Obstsnack zu sich zu nehmen. Bis 18.30 Uhr haben die Kinder wieder die Möglichkeit ihre Hausaufgaben zu machen, an geplanten Aktivitäten teil zu nehmen oder an Aktivitäten, die von naheliegenden Vereinen angeboten werden, teil zu nehmen. Nach und nach werden die Kinder dann auch schon von ihren Eltern abgeholt. Um 18.30 Uhr abends endet mit der Fermeture der Tag der Kinder in der Maison 59 „Blummenwiss“. Hier sammeln sich alle Kinder, die bisher noch nicht abgeholt wurden sind. Bis 19 Uhr haben die Eltern die Möglichkeit ihre Kinder ab zu holen. 20
III. Pädagogischer Teil 3.1. Einleitung Im Kapitel III Pädagogischer Teil widmen wir uns, nach der Beschreibung des Konzeptes, folgenden Punkten: den Bildungsaufgaben des pädagogischen Teams, der Umsetzung der pädagogischen Orientierung und Praxis, der Entwicklung sprachlicher Kompetenzen, der Bildungspartnerschaften als auch der Beobachtung und Dokumentation. Diese Punkte werden nach der Einleitung ausführlicher präsentiert. Pädagogisches Konzept Die Grundlagen unserer Arbeit in der Maison Relais basieren auf dem ursprünglichen pädagogischen Konzept des Luxemburgischen Roten Kreuzes für Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder von 0-12 Jahren (2013) und dem nationalen Rahmenplan zur non-formalen Bildung (2013). Jedes Kind ist einzigartig und kann, wie alle Menschen, sein Potential und seine Fähigkeiten besser entfalten, wenn es sich körperlich und seelisch wohl fühlt. Die Hauptaufgabe unserer Einrichtungen ist es daher, für das physische und psychische Wohl der Kinder zu sorgen. Ein respektvolles, wertschätzendes und verständnisvolles Klima zwischen allen Beteiligten, vor allem zwischen den Erwachsenen und dem Kind, ist wichtig damit Kinder sich wohl und geborgen fühlen. Das Kind wird als kompetentes und gleichwertiges Individuum angesehen. Die Individualität, Bedürfnisse und Interessen stehen beim pädagogischen Personal stets im Vordergrund. Zentrales Merkmal unserer Arbeit in der Maison Relais ist die offene Arbeit in Funktionsbereichen. Das bedeutet, dass die Kinder keinen festen Gruppen zugeordnet sind, sondern sich ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechend einer Tätigkeit zuwenden. Die Kinder haben folgende Bereiche zur Auswahl: Kreativität, Bauen, Entspannung, Bewegung, Spiel (Gesellschaftsspiele, Rollenspiele, Mannschaftsspiele, …), Naturwissenschaft und Kulinarik. In der non-formalen Bildung sind 6 verschiedene Handlungsfelder vorzufinden. Der Schwerpunkt liegt darin soziale und personale Kompetenzen zu vermitteln sowie die Beteiligung an gesellschaftlichen und politischen Prozessen zu ermöglichen. Diese Handlungsfelder lassen sich in folgende Themenbereiche kategorisieren: Emotionen und soziale Beziehungen Werteorientierung, Partizipation und Demokratie Sprache, Kommunikation und Medien Kreativität, Kunst und Ästhetik Bewegung, Körperbewusstsein und Gesundheit Naturwissenschaft und Technik Um den Kindern die Themenbereiche näher zu bringen, arbeitet die Maison Relais Strassen mit Funktionsräumen in der „Blummenwiss“ und im „Hueflach“, und mit Funktionsecken in der „Krabbelkëscht“. Das Wort „Funktionsbereich“ wird als Oberbegriff verwendet. Damit die Arbeit in den Funktionsbereichen den Bedürfnissen und Interessen der Kinder entspricht, ist eine gut durchdachte Raumgestaltung ausschlaggebend. Die Einrichtungen der non-formalen Bildung des Luxemburgischen Roten Kreuzes haben ein Raumkonzept entwickelt, welches sich durch spezifische Fortbildungen stets weiterentwickelt. 21
3.2. Aufgaben Unser Bildungsauftrag als Maison Relais Die non-formale Bildung ist eine Form von organisierter Bildung, die freiwillig ist und Angebots-Charakter hat. Sie bezieht sich auf die Bildungsarbeit, die außerhalb des formalen Schulsystems organisiert ist, sich an ein definiertes Zielpublikum richtet und spezifische Bildungsziele verfolgt. Die non-formale Bildung zeichnet sich dadurch aus, dass die Kinder Mitspracherecht in Bezug auf die Ziele, Inhalte und Methoden ihres Lernprozesses haben. Die Maison Relais bietet den Kindern den nötigen Freiraum um ihren eigenen Interessen nachgehen zu können, sei es Spiel, Spaß oder Entspannung, oder Neues zu entdecken. Aktivitäten wie Freispiel, einfaches Zusammensein in der Gruppe oder Mittagessen geben Raum um soziale Kompetenzen zu fördern als auch gesellschaftliche Werte und Normen zu vermitteln. Unser Bildungsauftrag als Maison Relais ist es, den Kindern eine aktive und dynamische Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Umwelt zu ermöglichen. Der Fokus wird daraufgelegt, dass die Kinder den Anspruch auf Selbstbestimmung, auf Partizipation an der gesellschaftlichen Entwicklung, und auf die Übernahme von Verantwortung haben können. In diesem Prozess übernehmen sowohl erwachsene Bezugspersonen, als auch Peers, eine wichtige Rolle um Ko-Konstruktion zu ermöglichen. Non-formale Settings eigenen sich auch als Vermittlungsinstanz zwischen Familie, Schule und kindlichen Lebenswelten. Hatte ein Kind beispielsweise einen schlechten Tag in der Schule (da es eine unzufrieden stellende Note in einer Prüfung erhalten hat) und ist es deshalb weniger motiviert seine Hausaufgaben an diesem Tag zu erledigen, werden den Eltern bei der Abholung ihres Kindes diese Informationen vermittelt. Das pädagogische Team Das pädagogische Team der Maison Relais Strassen ist wie folgt auf die drei Infrastrukturen aufgeteilt: o Krabbelkëscht: 1 Educatrice graduée (40 hrs): → Referenzerzieherin 1 Educatrice diplômée (40 hrs): → stellvertretende Referenzerzieherin → Verantwortliche für das luxemburgische Sprachprojekt 3 Educatrices diplômées (30 hrs) 3 Auxiliaires de vie (20 hrs) 1 ASE (16 hrs): → déléguée effectif OGBL o Blummenwiss: 1 Educatrice graduée (40 hrs): → Referenzerzieherin (20 hrs) → Responsable adjointe volet pédagogique (20 hrs) 1 Educatrice graduée (40 hrs) : → Referenzerzieherin 1 Psychomotricienne (40 hrs) : → Verantwortliche für das Bewegungsprojekt 4 Educatrices diplômées (30 hrs) 1 Educatrice diplômée (30 hrs): → membre du comité effectif OGBL 5 Auxiliaires de vie (20 hrs) 22
2 ASE (16 hrs) o Hueflach: 1 Educatrice graduée (40 hrs): → Referenzerzieherin → Medienexpertin 1 Educatrice graduée (40 hrs) : → Referenzerzieherin 1 Educateur diplômé (40 hrs): → Medienverantwortlicher für die Kunterbunte 4 Educateurs diplômés (30 hrs) 2 Auxiliaires de vie (20 hrs) 1 Auxiliaire de vie (25 hrs): → Medienexperte 2 ASE (16 hrs) Die Aufteilung der Mitarbeiter kann von Jahr zu Jahr wechseln. Es wird jedoch versucht den Mitarbeitern so weit wie möglich entgegen zu kommen und ihren Cycle-Wunsch zu respektieren. Am Ende des Schuljahres, bekommt jeder Mitarbeiter die Gelegenheit seinen Wunsch zu äußern. Auf einer Skala von 1 bis 5 (1= am besten und 5= am schlechtesten) kann er festhalten welcher Cycle für ihn an welcher Stelle steht. Die Umstrukturierung basiert auf den Wünschen der Mitarbeiter (persönliche Weiterentwicklung, neue Herausforderungen) sowie der Aufteilung der Mitarbeiter, auf die verschiedenen Infrastrukturen, die sich weiterbilden („éducateur“ oder „éducateur gradué“). Die Direktion bemüht sich, nicht allzu große Umstrukturierungen durch zu führen, um den Kindern und den Erziehern eine Stabilität und Kontinuität zu bieten. Auch die Einschreibungen der Kinder für die einzelne Gruppen sind ausschlaggebend für eine eventuelle Umstrukturierung. 3.3. Umsetzung der pädagogischen Orientierung Bildung wird in non-formalen Institutionen als Aktivität des Kindes verstanden und bedeutet die umfassende Entfaltung der Persönlichkeit, der Begabung, sowie der geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes. Bildung entsteht durch die aktive und dynamische Auseinandersetzung des Kindes mit sich selbst und seiner Umwelt. Spielen und Lernen sind dabei - besonders im Kindesalter - voneinander untrennbare Prozesse (vgl. Arbeitspapier „Leitlinien zur non-formalen Bildung im Kindes- und Jugendalte, April 2013, S. 7). Mit LEGO-Figuren eine lebhafte Geschichte zusammen mit seinem besten Freund zu gestalten, Konflikte lösen, wie welche Figuren handeln und wohin sich die Geschichte entwickeln wird ist ein alltägliches Beispiel dafür, wie Kinder im aktiven Spiel lernen auf andere einzugehen, Rücksicht zu nehmen oder auch sich durchzusetzen. Die Alltagssituationen in der Maison Relais sind wichtige Anlässe für Bildungsprozesse und für den Kompetenzerwerb der Kinder. Fachkräfte haben die Aufgabe für ausreichend Zeit und Raum für freies Spiel, Entspannung und Bewegung, sowie ungestörtes Zusammensein mit Gleichaltrigen während des Tagesablaufs zu sorgen. In unserer Maison Relais bieten wir deshalb eine Variation von Beschäftigungsmöglichkeiten: jedes Kind kann seinem Bedürfnis nachgehen, sei dies ein Bedürfnis nach Bewegung (Sportshalle) oder auch nach Ruhe (Rückzug in kleinere Nischen). Die Fachkraft geht hierbei auch spontan auf die Bedürfnisse der Kinder ein: äußern die Kinder den Wunsch einer kulinarischen Aktivität nachzugehen, besteht die Möglichkeit, dass ein Erzieher aus den vorhandenen Vorräten zusammen mit den Kindern etwas zaubert. 23
Bildungsförderung in Kindertageseinrichtungen, die sich an den individuellen Aneignungsinteressen der Kinder orientiert, gelingt nur dann, wenn die Kinder beteiligt werden. Es ist die Aufgabe der Fachkräfte Partizipationsprozesse zu ermöglichen und durch Gespräche, Spiel- und Lernsituationen herauszufinden, was Kinder bewegt und interessiert. Die Fachkraft setzt die Ideen der Kinder um, indem angepasste Bildungsangebote und Projekte gemeinsam mit den Kindern und durch deren Eigenaktivität geschaffen werden. Besonders innerhalb der Peergruppe trägt das gemeinsame Erleben und Erforschen wesentlich zu einem vertieften Verständnis und Kompetenzerwerb bei. Ein Beispiel für die Eigeninitiative und Selbstgestaltung der Kinder ist das jährliche, cycle-übergreifende Theaterprojekt, bei dem die Kinder eigenverantwortlich das Drehbuch schreiben, die Rollen verteilen, Regie führen, Kulissen gestalten und schlussendlich auch eine Aufführung auf die Beine stellen. 3.3.1. Unser Bild vom Kind und unser Bildungsverständnis Unser Bild vom Kind Unsere Einstellung und Rolle als Pädagogen prägen und bestimmen unser Verhalten gegenüber dem Kind. Aus diesem Grund verfügt das pädagogische Personal der Maison Relais über ein einheitliches Bild vom kompetenten Kind. Jedes Kind ist einzigartig und von Geburt an ein kompetentes Individuum, das seine eigene Lebensgeschichte, Erfahrungen und Erklärungsansätze besitzt. Es interessiert sich aktiv für seine Umwelt, setzt sich mit dieser auseinander und ist voller Lern- und Entdeckerdrang. Das Kind strebt nach Zugehörigkeit, Austausch, Partizipation und Autonomie. Das autonome Kind spiegelt sich im täglichen Ablauf in der Maison Relais wider. Wir als Pädagogen der Maison Relais Strassen binden sie in die Entscheidungen ein und haben für ihre Interessen ein offenes Ohr. Sie dürfen z.B. ihre Aktivitäten frei wählen und äußeren ihre Wünsch, wenn sie in naher Zukunft eine spezifische Aktivität mit uns durchführen wollen. Im Hueflach haben die Kinder den Wunsch geäußert, dass sie gerne mit ihren Yu-Gi-Oh!-Karten spielen. Daraufhin hat ein Erzieher der Gruppe beschlossen regelmäßig Turniere zu veranstalten, bei denen die Kinder auch aktiv an der Gruppengestaltung teilnehmen. Das Kind ist ein soziales und kulturelles Wesen, das die Gemeinschaft und soziale Interaktion braucht. Es lernt in Bezug zu anderen Menschen emotionale Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit und bereichert das Gruppengeschehen, indem es mit und von anderen lernt. Es ist der Konstrukteur seiner Persönlichkeit. Durch Partizipation und Interaktion gestaltet es die Lernkultur in der non-formalen Bildungseinrichtung aktiv mit. Das kompetente Kind ist ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft mit seinen eigenen Rechten. Es hat ein Recht auf Zuwendung, Vertrauen, Wertschätzung, Respekt, Ruhe, Freizeit, Spiel und Bildung. Bildung ist die umfassende Entfaltung der kindlichen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Partizipation, Interaktion und Gestaltung der eigenen Lernkultur in der Bildungseinrichtung verdeutlicht sich in der gleichberechtigten Mitgestaltung der Räumlichkeiten. Die Kinder der Maison Relais Strassen wurden in jedem ihnen zur Verfügung stehenden Funktionsbereich gefragt, welche Änderungen und Verbesserungen sie sich erwarten und wünschen. Nach ihrem Belieben wurden in Folge dessen die unterschiedlichen Funktionsbereiche neu eingeteilt und weiteres Bastel- und Spielmaterial gekauft (Näheres zu der Raumgestaltung und den kindlichen Bildungsprozessen in Punkt 3.4.1). Unser “Bild vom Kind” ist die Basis für die Gestaltung der Lernarrangements der Maison Relais mit dem Ziel das Potenzial jedes einzelnen Kindes bestmöglich zu entfalten. Durch Partizipation werden die Rahmenbedingungen kontinuierlich den Bedürfnissen des Kindes angepasst, damit das Kind bestmöglich sein Anliegen ausleben kann. Diese Aspekte sind nicht nur durch die Mitgestaltung der Kinder in den Räumlichkeiten und den von ihnen gewünschten Materialien wiederzufinden, sondern auch in ihren einfachen Wünschen, wie z.B., dass wir als Pädagogen ihrem Wunsch nachgehen und mit ihnen draußen Fußball spielen. 24
Unser Bildungsverständnis Unser Bildungsverständnis sieht jedes Kind von Beginn an als ein kompetentes Individuum, das sich die Welt auf individuelle Weise aneignet, indem es sie wahrnimmt, erforscht, ausprobiert – und daraus seine Erfahrungen sammelt und Schlüsse zieht. Es tritt mit anderen in Beziehung und Neugierde, Kreativität, Spontanität, Ausdauer und Freude sind die Antriebskräfte seines Lernens und Entdeckens. Im Kindesalter und in der non-formalen Bildung ist die wichtigste Lernform das Spiel. Spielen und Lernen sind bei Kindern voneinander untrennbare Prozesse und werden durch individuell angepasste Lernarrangements, -Angebote und –Umgebung gefördert mit dem Ziel die jeweiligen Kompetenzen der Kinder zu entfalten. Ihre individuellen Spiel- und Entdeckungsdränge werden von den pädagogischen Fachkräften durch sehr unterschiedliche Aktivitäten und der Bereitstellung diverser Funktionsbereiche gedeckt. Kinder können entscheiden, ob sie z.B. backen, malen, bauen, basteln oder gemeinsam Gemeinschaftsspiele ausüben wollen. Diese Aktivitäten reichen von im Voraus geplanten Aktivitäten bis hin zu spontanen Aktivitäten, die die Kinder bei den pädagogischen Fachkräften erfragen. Beide Aktivitätsarten sind nicht bindend, die Kinder dürfen frei entscheiden, ob sie diese realisieren wollen oder einfach ihrem „Freispiel“ nachgehen wollen. Sie können dann in den Räumen weiterspielen, experimentieren, erforschen und entdecken. Das Bildungsverständnis und die Autonomie des Kindes zeigen sich auch, indem wir die Kinder z.B. bei ihren Bastelaktivitäten bestmöglich unterstützen. Wir erklären was zu machen ist, loben sie, greifen aber nicht in den eigentlichen Bau- oder Bastelprozess ein. Erfragen sie jedoch Hilfe, greifen wir ihnen gerne unter die Arme. 3.3.2. Unser Rollenverständnis der Pädagog*innen Die Rolle des Pädagogen ist es, die Kinder in unserer Einrichtung in ihrem Alltag zu begleiten und in ihrer Entwicklung zu fördern. Die Bindungsarbeit steht hierbei im Mittelpunkt. Neben dem Kind, nimmt der Pädagoge die Rolle als Ko-Konstrukteur ein. Das gemeinsame Erforschen und Erleben der multiplen Alltagssituationen bieten dem Pädagogen die Möglichkeit feinfühlig auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Durch gezielte zusätzliche Erfahrungsmöglichkeiten und ein anregendes und hilfreiches Umfeld, fördert der Pädagoge den kindlichen Forschungs- und Entdeckungsdrang und regt somit den Lernprozess an. Der Erzieher akzeptiert dabei das einzelne Kind in seinem individuellen Sein, mit all seinen Besonderheiten, seiner Kultur und Herkunft, ohne dabei eine wertende Position einzunehmen. Es ist die Aufgabe des Erziehers eine ressourcenorientierte Sicht des Kindes zu bewahren. Alltagssituationen dienen hierbei als Bildungsanlässe. Die Esssituation steht für eine vielfältige Kompetenzentwicklung der Kinder: das Buffet ist ein pädagogisches Konzept. Im Restaurant unserer Einrichtungen lernen Kinder etwas über sich, über andere, über das soziale Miteinander, über verschiedene Kulturen, über ihre Grenzen, ihre Fähigkeiten, ihre Bedürfnisse. Wir lassen die Kinder mitentscheiden, was sie essen, wieviel sie essen, wann sie essen und mit wem sie essen. Hierbei gestalten wir das Angebot altersspezifisch und nach den jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Kinder. Die Herausforderung für den Raumexperten im Restaurant ist es, die unterschiedlichen Essverhalten der Kinder zu beobachten und auf sie einzugehen. Isst ein Kind beispielsweise auffällig oft wenig in der Mittagsstunde, ist es die Aufgabe des Raumexperten, mit ihm in den Dialog zu gehen um das Essverhalten des Kindes zu verstehen. Neben dem Begleiten des Kindes im Alltag, fällt der regelmäßige Austausch im Team zur Aufgabenstellung des Pädagogen. Beobachtungen und verschiedene Situationen werden in Teamversammlungen besprochen, um den Kindern der Einrichtung eine qualitativ hochwertige Begleitung zu garantieren. Geht es einem Kind momentan nicht so gut, hat es regelmäßig Bauchschmerzen, läuft es in der Schule gerade schlechter als gewohnt - all dies sind Themen, mit denen die Pädagogen sich auseinandersetzen und versuchen empathisch und gezielt zu reagieren. Hinzu kommen immer wiederkehrende Herausforderungen, denen jeder Pädagoge sich stellen muss: Entwicklung von Projekten und Aktivitäten, Anpassung der Raumgestaltung, Ersetzen des Materials usw. 25
3.3.3. Umsetzung der Bildungsprinzipien Die Bildungsprinzipien folgen dem Bildungsverständnis. Sie ziehen sich durch den gesamten pädagogischen Alltag und spiegeln sich in allen Aktivitäten, Projekten und dem Raumkonzept wider. Die Raumgestaltung ist den Bedürfnissen der Kinder angepasst. Das Kind gestaltet den Raum mit, indem es seine Wünsche äußert und aktiv in der Raumgestaltung tätig ist. So ist es beispielsweise möglich, dass Kinder mitentscheiden, wie die Tische stehen, welche Dekoration sie basteln möchten und wo sie diese platzieren möchten. Die Umsetzung der Bildungsprinzipien erfolgt durch wahrnehmendes Beobachten, Impulsgebung und eine kontinuierliche Reflektion im Team. Diese Maßnahmen sind ausschlaggebend für eine stetige Anpassung der Angebote an die individuellen Bedürfnisse und Kompetenzen der Kinder. Die Bildungsprinzipien und die Merkmale der non-formalen Bildung entsprechen den Leitlinien der non- formalen Bildung des Bildungsministeriums: Individualisierung und Differenzierung: Jedes Kind ist einzigartig in seiner Persönlichkeit, seinen Bedürfnissen, seinem soziokulturellen Hintergrund, Kompetenzen, Lernpotenzialen sowie seinem Entwicklungstempo. Die unterschiedlichen individuellen Aspekte und Persönlichkeitsmerkmale der Kinder sind Ausgangspunkt für die Gestaltung von Lernarrangements und Bildungsprozessen. Auch wenn wir als pädagogisches Team versuchen bestmöglich auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen, ist es uns nicht immer möglich. Besonders in den Mittagsstunden montags, mittwochs und freitags sind feste Routinen und der strukturierte Tagesablauf von Bedeutung. In diesen eher hektischen Stunden sind die meisten Kinder in der Maison Relais eingeschrieben, die alle ihre Mahlzeiten zu sich nehmen und mit Zeiten wieder in der Schule sein sollen. Die individuellen Merkmale zu berücksichtigen und jedes Kind zu beobachten stellen in diesen Stunden eine Schwierigkeit für das pädagogische Fachpersonal dar. Nichtsdestotrotz wissen die Kinder, dass sie auch in den Mittagsstunden gezielt Erzieher ansprechen können, wenn persönliche Belangen und Probleme anliegen. Dann kommt es vor, dass Erzieher ihren Funktionsbereich verlassen müssen und einen anderen Kollegen bitten müssen, ein Auge auf zwei Bereiche zu haben, um dann mit dem Kind das Anliegen zu bereden. Die hektischen Mittagsstunden führen auch leider mit sich, dass es vorkommt, dass man als Pädagoge nicht alles stehen und liegen lassen kann, dann müssen wir die Kinder auch mal um Verständnis bitten und ihnen erklären, dass wir uns erst in 10-15 Minuten um das Anliegen kümmern können. Zu diesen hektischen Mittagstunden stehen aber auch Zeitfenster an, die dem Team erlauben, auf die Individualisierung und Differenzierung der Kinder einzugehen. Besonders bei den Aktivitäten, in der Hausaufgabenbetreuung oder beim aktiven Mitspielen mit den Kindern, werden Gespräche geführt, die uns helfen individuelle Lernarrangements für sie zu gestalten. Durch eine systematische, kontinuierliche Beobachtung, dialogische Gespräche und aufmerksames Zuhören knüpfen die pädagogischen Fachkräfte an den individuellen Merkmalen der Kinder an. Durch Partizipation und dem stetigen Nachfragen bei den Kindern, was sie sich wünschen oder was sie für Verbesserungsvorschläge haben, haben z.B. einige Kinder den Erzieher mitgeteilt, dass sie sich nach dem Mittagsessen an Essensresten zwischen den Zähnen gestört fühlen. Aus diesem Grund befinden sich im Hueflach jetzt Zahnstocher, die in einem Schrank aufbewahrt werden, wie auch Salz. Kinder empfanden das Essen im Restaurant als geschmacksarm. Damit sie trotzdem etwas essen, können sie sich das Essen nach Belieben, und auf Nachfrage bei dem Erzieher im Restaurant, nachwürzen. Mit dieser Methodenvielfalt bringen die Pädagogen in Erfahrung, welche unterschiedlichen Lernformen, entwicklungsangemessene und differenzierte Bildungsarbeit, sowie Raumgestaltung und breit ausgestattete Bildungs- und Spielmaterialien für die Kinder notwendig sind und setzen diese Faktoren in die pädagogische Praxis um. Aus diesen Gründen stehen den Kindern in allen Gebäuden der Maison Relais Strassen unterschiedliche und altersgerechte Funktionsbereiche zu Verfügung, die mit den unterschiedlichsten Materialen ausgestattet sind. 26
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