Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept

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Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Allgemeines Aktionskonzept

Maison Relais Strassen - Blummenwiss
                                    SEA20190289

                             57-59, rue des Romains
                                   L-8041 Strassen
Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Name der Einrichtung: Maison Relais Strassen: Blummenwiss
Adresse der Einrichtung: 57-59, rue des Romains L-8041 Strassen
Tel: 31 02 62 962
Email: relais.strassen@croix-rouge.lu
Internetadresse der Einrichtung: www.ecoles-strassen.lu
Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
IMPRESSUM
Autor: Das Team der Maison Relais Strassen
Koordination: Christa Brömmel, Chantal Demesmaeker, Myriam Glodt, Laura
Goedert, Cliff Hever, Véronique Schmit, Frank Wies
Datum der Genehmigung: 2 juillet 2020
Genehmigt durch das Solidaritätskomitee des Luxemburger Roten Kreuzes
Vielen Dank an das gesamte Team des Dienstes für seine Mithilfe.
Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Liebe/r Leser*in,

Sie halten das Hauskonzept der Maison Relais Strassen des Luxemburger Roten Kreuzes in Händen.
Dieses Dokument wurde vom Team der Maison Relais Strassen und dem Koordinationsteam der Abteilung
Maisons Relais et Crèches ausgearbeitet. Es handelt von Zweck, Auftrag und der aktuellen pädagogische
Praxis der Einrichtung. Es beschreibt gewissermaßen den aktuellen Stand dieser Tätigkeit, die das
Luxemburger Rote Kreuz seit 2005 ständig ausbaut.
Das Hauskonzept bricht das im Jahr 2013 definierte Mission Statement des Luxemburger Roten Kreuzes
auf die besondere Situation einer Einrichtung der non-formalen Bildung herunter. Es basiert auf dem
pädagogische Konzept Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder von 0-12 Jahren des Roten Kreuzes
sowie den Leitlinien der non formalen Bildung des Erziehungsministeriums – beide ebenfalls aus dem Jahr
2013.
Zur Erinnerung: Die Mission des Luxemburger Roten Kreuzes ist es, „besonders hilfsbedürftigen Menschen
dabei zu helfen, würdig und in Autonomie zu leben. Wir mobilisieren die menschliche Solidarität und
handeln vorbildlich, effizient und verantwortungsbewußt, um Menschen in Notlagen zu helfen und um
Situationen materieller, gesundheitlicher und sozialer Not vorzubeugen, sowohl in Luxemburg wie auch im
Ausland. Das Luxemburger Rote Kreuz ist Teil der internationalen Bewegung des Roten Kreuzes und des
Roten Halbmondes und teilt deren 7 Grundsätze.“
Das Hauskonzept folgt dem Ansatz zur ständigen Verbesserung der Tätigkeiten des Luxemburger Roten
Kreuzes, einem Ansatz, der die von unserer Organisation angebotenen Dienste bestmöglich an unsere
elementarste Mission anpassen soll: besonders schutzbedürftigen Menschen dabei zu helfen, würdig und
in Autonomie zu leben. Entsprechend ist das Hauskonzept dazu bestimmt, sich weiterzuentwickeln, sich
zu verfeinern und sich den sich verändernden Realitäten der Aktivität anzupassen.
Die Direktion dankt dem Team für seine engagierte Mitarbeit an diesem Dokument und beglückwünscht es
zu dem nun vorliegenden Resultat, das einen echten Leitfaden für seine tägliche Arbeit darstellt.

Marc Crochet
Stellvertretender Generaldirektor
Luxemburger Rotes Kreuz

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Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Inhalt

Inhalt ............................................................................................................................................................. 5
Einführung .................................................................................................................................................... 6

I. DAS LUXEMBURGER ROTE KREUZ .................................................................................. 8
1.1. GESCHICHTE UND GRUNDSÄTZE DES LUXEMBURGER ROTEN KREUZES                                                                                                        8
1.2. GESCHICHTE DER MAISONS RELAIS UND KRIPPEN DES LUXEMBURGISCHEN ROTEN KREUZES                                                                                  13

II. VORSTELLUNG UND BESCHREIBUNG DER MAISON RELAIS STRASSEN ................. 14
2.1. ALLGEMEINE INFORMATIONEN                                                                                                                                     14
2.2. ORGANISATIONALE INFORMATIONEN                                                                                                                                14
2.3. PÄDAGOGISCHE ASPEKTE                                                                                                                                         19

III. PÄDAGOGISCHER TEIL .................................................................................................. 21
3.1. EINLEITUNG                                                                                                                                                   21
3.2. AUFGABEN                                                                                                                                                     22
3.3. UMSETZUNG DER PÄDAGOGISCHEN ORIENTIERUNG                                                                                                                     23
3.4. UNSERE PÄDAGOGISCHE PRAXIS                                                                                                                                   36
3.5. BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN                                                                                                                                      52
3.6. BEOBACHTUNG UND DOKUMENTATION                                                                                                                                59

IV. DIE QUALITÄTSENTWICKLUNG ..................................................................................... 65
4.1. FORTBILDUNGSPLAN UND SUPERVISION                                                                                                                             65
4.2. FREMDEVALUATION                                                                                                                                              66
4.3. ZUFRIEDENHEITSBEFRAGUNG                                                                                                                                      66
4.4. ZIELVEREINBARUNG MIT DER FACHBERATUNG                                                                                                                        70
4.5. MITARBEITERGESPRÄCHE                                                                                                                                         70
4.6. BESCHWERDEMANAGEMENT                                                                                                                                         70
4.7. RISIKOMANAGEMENT                                                                                                                                             70
4.8. SOZIALE VERANTWORTUNG VOM UNTERNEHMEN                                                                                                                        71

V. RECHTLICHE UND FINANZIELLE BEDINGUNGEN ......................................................... 73
5.1. RECHTLICHE BEDINGUNGEN UND VORSCHRIFTEN                                                                                                                      73
5.2. PARTNER UND GELDGEBER                                                                                                                                        73
5.3. ALLGEMEINE VERORDNUNG ZUM DATENSCHUTZ                                                                                                                        73
Anhang ....................................................................................................................................................... 75
Liste der Abkürzungen................................................................................................................................ 76
Bibliografie .................................................................................................................................................. 77

                                                                               5
Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Einführung

Zusammen mit der Gemeinde bietet das Luxemburger Rote Kreuz in seinen Einrichtungen den Kindern
und ihren Familien eine qualitativ hochwertige Erziehung, Bildung und Betreuung an.
Unser pädagogisches Konzept ist Grundlage für die Arbeit mit den Kindern. Die Haltung zu und der
Umgang mit den drei zentralen Akteuren: Kinder – Eltern – Team soll hier kurz dargestellt werden:

ICH BIN ICH – Hier fühle ich mich wohl!
Wir lassen die Kinder einzigartig sein und sorgen
für ihr Wohl.

Die Kinder stehen im Mittelpunkt unserer alltäglichen Arbeit. Wir lassen sie ihren individuellen Interessen
und Bedürfnissen nachgehen und fördern und ermutigen sie, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Wir unterstützen und begleiten die Kinder auf ihrem Weg zu selbstbestimmten und verantwortungsvollen
Menschen.

                                                          Seite an Seite – gemeinsam im Sinne des
                                                          Kindes.
                                                          Wir ergänzen die Familie          und   arbeiten
                                                          partnerschaftlich zusammen.

Die Eltern sind die ersten und wichtigsten Erzieher ihres Kindes. Zusammen mit ihnen bemühen wir uns
um ihr Wohl und ihre Entwicklung. Respektvoller und wertschätzender Umgang und ein Austausch auf
Augenhöhe sind die Grundlagen einer solchen Erziehungspartnerschaft. Zusammen können wir
Erziehungs- und Bildungsherausforderungen meistern. In unseren Einrichtungen werden die Eltern
bestmöglich über die pädagogische Arbeit und ihr Kind informiert. Die Rückmeldung seitens der Eltern ist
uns wichtig und hilft uns, unsere Arbeit bestmöglich im Sinne des Kindes durchzuführen.

                                                      6
Maison Relais Strassen - Blummenwiss - Allgemeines Aktionskonzept
Unser Team – Zusammen für die Kinder.
Wir bündeln unsere fachlichen und individuellen
Kompetenzen, um gemeinsam Ziele zu erreichen.

Die MitarbeiterInnen unserer Einrichtungen sind Vorbilder für die Kinder. Sie begegnen den Kindern mit
Respekt, Wertschätzung, pädagogischem Fachwissen und Können. Sie sind die BildungsassistentInnen
der Kinder. Sie bereiten eine vielfältige Bildungsumgebung vor und begleiten die Kinder auf ihren täglichen
Forschungs- und Entdeckungsreisen. Die Qualität unserer Erziehung, Bildung und Betreuung wird durch
Fortbildung, Fachberatung, Supervision und Evaluation gesichert und verbessert. Teambesprechungen
dienen der Reflektion, Planung und Entwicklung. Das Team setzt sich zusammen aus Leitung, Fachkräften
sowie Assistenzkräften.
Das Luxemburger Rote Kreuz betreibt heute 24 Maisons Relais und Crèches, die kleinste hat 4
MitarbeiterInnen, die größte über 60. Zusammen sind wir mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen. Alle
diese Einrichtungen basieren sich auf dem gleichen pädagogischen Ansatz, der sich lokal differenziert
darstellt in seinem Hauskonzep

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I.       Das Luxemburger Rote Kreuz

1.1.     Geschichte und Grundsätze des                   Hilfe tätig und seine Mitarbeiter wenden – so
         Luxemburger Roten Kreuzes                       unterschiedlich sie auch seien – bei der Ausübung
                                                         ihres Berufs die sieben Grundsätze der weltweiten
                                                         Rotkreuz-Bewegung an:
                                                         1.1.2.   Die sieben Grundsätze
                                                         Menschlichkeit
                                                         Das Leben und die Gesundheit schützen und der
                                                         Würde des Menschen Achtung verschaffen.
                                                         Unparteilichkeit
                                                         Keinen Unterschied zwischen den Menschen
                                                         nach ihrer Nationalität, Rasse, Religion, sozialen
1.1.1.   Geschichte                                      Stellung oder politischen Überzeugung machen.
                                                         Neutralität
Am 8. August 1914 versammelten – nach einem
                                                         Keine Partei ergreifen bei Feindseligkeiten und
Appell Ihrer Königlichen Hoheit Großherzogin
                                                         Konflikten politischer, rassischer, religiöser oder
Marie-Adelheid – Emile und Aline MAYRISCH
                                                         ideologischer Art.
zehn Persönlichkeiten der luxemburgischen
Gesellschaft, um im Beisein eines Notars die             Unabhängigkeit
Gründungsurkunde des Luxemburger Roten                   Trotz der Unterstützung staatlicher Behörden
Kreuzes zu unterzeichnen. Im Oktober 1914                seine Eigenständigkeit bewahren, um immer
erhielt es die offizielle Anerkennung des                gemäß den Grundsätzen der internationalen
Internationalen Komitees des Roten Kreuzes.              Bewegung des Roten Kreuzes und des Roten
Durch das Gesetz vom 6. August 1923 wurde das            Halbmonds handeln zu können.
Luxemburger Rote Kreuz als gemeinnützige
                                                         Freiwilligkeit
Organisation anerkannt und erhielt den Status
                                                         Freiwillige und uneigennützige Hilfe bringen
einer juristischen Person .
                                                         Einheit
Das Rote Kreuz hilft allen Menschen, die seiner
                                                         In jedem Land nur eine einzige Rotkreuz-
Hilfe bedürfen, unabhängig von ihrer Nationalität,
                                                         Organisation aufbauen, die allen offensteht und im
Rasse, Religion, sozialen Stellung oder
                                                         ganzen Staatsgebiet humanitär tätig wird.
politischen Überzeugung. Es gibt verschiedene
Formen von Hilfsbedürftigkeit, im Ausland wie in         Universalität
Luxemburg, und das Rote Kreuz versucht, sie              In der internationalen Bewegung des Roten
mithilfe     engagierter      Mitarbeiter     und        Kreuzes und des Roten Halbmonds haben alle
ehrenamtlicher Helfer so gut es geht zu lindern.         Nationalgesellschaften die gleichen Rechte und
                                                         die Pflicht, sich gegenseitig zu helfen.
Seit 20 Jahren werden die Aktionsfelder des
Roten Kreuzes ständig mehr, seine Aktivitäten
vervielfältigen sich. Dank der Unterstützung
staatlicher und privater Partner sowie der
Bevölkerung kann es Dienstleistungen anbieten,
die den sich ändernden Bedürfnissen der
Gesellschaft gerecht werden. Tag für Tag wird das
Luxemburger Rote Kreuz in den Bereichen
Gesundheit, Soziales, Jugend und humanitäre

                                                     8
1.1.3.     Das Mission Statement                           -   Zwei fest angestellte Ansprechpartner, mit
                                                               folgenden Aufgabenbereichen:
        „Unsere Mission ist es, besonders
                                                                        Unterstützung der
schutzbedürftigen Menschen zu helfen, in Würde
                                                                            Mitarbeiter/Teams einer
und autonom zu leben. Indem wir zu humanitärer
                                                                            wertschätzenden und achtsamen
  Solidarität auffordern, können wir beispielhaft,
                                                                            Haltung gegenüber ihren
effizient und verantwortungsbewußt handeln, um
                                                                            Schutzbefohlenen
   Menschen in Notlagen zu helfen und sie vor
 materieller, gesundheitlicher und sozialer Armut                       Unterstützung der Teams bei
   zu schützen, in Luxemburg wie im Ausland.“                               Feststellen oder Verdacht von
                                                                            Missbrauch und Begleiten beim
                                                                            Melden gegenüber den
1.1.4.     Bientraitance1                                                   zuständigen Behörden.
                                                           -   Eine für alle Organisationen und deren
Als erzieherisches und pädagogisches                           Arbeitnehmer (aktuell und künftig) zur
Fachpersonal sind wir auch gesetzlich dazu                     Verfügung gestellte, externe, rechtliche
verpflichtet, im Rahmen unserer Mission für die                Ansprechstelle.
Sicherheit und das Wohlergehen jedes sich unter            -   Multiplikatoren, welche in ihrer jeweiligen
unserer Verantwortung                                          Organisation dafür sorgen, dass die
befindlichen Minderjährigen einzustehen.                       Bientraitance in allen Arbeitsfeldern,
Wir sind daher verpflichtet, alle Anstrengungen                pädagogischen Konzepten und jedem
zu unternehmen, um jede zweifelhafte Situation,                Handeln zugrunde liegt.
die wir beobachten anzusprechen, zu reflektieren
und zu verbessern.
Das Luxemburger Rote Kreuz steht für eine Null-
Toleranz-Politik, um jede Form von Missbrauch
zu verhindern.
Vier Organisationen haben 2013 die Initiative
ergriffen, ein gemeinsames Konzept hinsichtlich
der Förderung der „Bientraitance“ zu erstellen.
Seit Januar 2020 sind es mittlerweile 7
Organisationen, welche sich dem Dispositiv
angeschlossen haben.
Diese sind: arcus asbl, Caritas Luxembourg,
Croix Rouge luxembourgeoise, elisabeth, Les
Internats Jacques Brocquart, Fondation
Lëtzebuerger Kannerduerf, Lënster Päiperlék
asbl.
Das Konzept besteht aus folgenden Elementen:
    -   Angebot einer obligatorischen Weiterbildung
        zur Sensibilisierung hinsichtlich der
        Bientraitance und der Prävention von
        Mißhandlung für alle aktuellen und
        künftigen Arbeitsnehmer und freiwilligen
        Mitarbeiter.

1   Der Begriff der dem Bedeutungsfeld des                 französische Wort „bientraitance“ auch in deutscher
französischen „bientraitance“ am nächsten kommt wäre       Übersetzung beibehalten.
Gutbehandlung. Da es keine deutsche Bezeichnung
gibt, die exakt die gleiche Bedeutung hat, wird das

                                                       9
Die Charta der Bientraitance

                               10
1.1.5.   Benevolat
Die Freiwilligenarbeit als Teil der 7 Grundsätze der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung
spielt eine Schlüsselrolle in der täglichen Arbeit des Luxemburger Roten Kreuzes. Sie ist das
verbindende Element, das sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Freiwilligen um den menschlichen
Wunsch vereint, auf ein Bedürfnis nach Hilfe, Unterstützung und Betreuung zu reagieren.
Freiwillige Arbeit ist das freie und unbezahlte Engagement von Menschen, die für andere oder im
kollektiven Interesse in einem Rahmen handeln, der über die einfache familiäre oder freundschaftliche
gegenseitige Hilfe hinausgeht.

Heute zählt das Luxemburger Rote Kreuz etwa 3500 Freiwillige. Sie sind aller Altersgruppen, Nationalitäten
und/oder Religionen. Die als Freiwillige beteiligten Personen spiegeln das Prinzip der Neutralität perfekt
wider. Darüber hinaus verpflichten sie sich aus freiem Willen, ohne Vergütung oder sonstige materielle
Gegenleistung, zu einer Handlung im Dienste eines Dritten oder der Gemeinschaft. Die Investition unserer
Freiwilligen ist ein echter Mehrwert in unserer täglichen Arbeit, der es uns ermöglicht, den reibungslosen
Ablauf einiger unserer Aktivitäten zu gewährleisten. Mit einer zentralen Koordination der Freiwilligenarbeit
unterstreicht das Luxemburger Rote Kreuz die Bedeutung der Freiwilligenarbeit innerhalb unserer Dienste
und trägt aktiv zu ihrer Förderung und Entwicklung bei. In kontinuierlicher Entwicklung wird die
Freiwilligenarbeit langfristig ein integraler Bestandteil des Luxemburger Roten Kreuzes bleiben.

                                                  11
1.1.6.   Organigramm und Adresse des Hauptsitzes

Adresse des Hauptsitzes

Rotes Kreuz Luxemburg
44, Boulevard Joseph II
L-1840 Luxemburg

Postanschrift:
b.p. 404
L- 2014 Luxembourg

Tel.:+352 2755
Email: info@croix-rouge.lu
www.croix-rouge.lu

                                                   12
1.2.    Geschichte der Maisons Relais und Krippen des Luxemburgischen Roten
        Kreuzes

1992 eröffnete in Bertrange die „Kannervilla“ als erste Kinderkrippe des Luxemburger Roten Kreuzes einen
Dienst, der nicht explizit Menschen in Notlagen fokussierte, sondern auch die Mitte der Gesellschaft. Eine
lebhafte Diskussion innerhalb der Leitungsgremien ging diesem Ereignis voraus. Sollte die Unabhängigkeit
des Roten Kreuzes - eines seiner 7 fundamentalen Prinzipien - durch die Annahme staatlicher
Zuwendungen aufgegeben werden? Die Lösung dieser Frage war ein Vertrag, der dem Staat zwar Einsicht
in die Aktivität gewährte, nicht aber die Unabhängigkeit des Roten Kreuzes in Frage stellte.

Im Jahr 2005 öffnete die zweite Krippe, „das Zwergenhaus“ in Lorentzweiler. Mit dem Inkrafttreten der
großherzoglichen Verordnung zum Betrieb von Maison Relais im selben Jahr beschleunigte sich der
Ausbau von Strukturen der Erziehung, Bildung und Betreuung (SEA - Services d’Education et Accueil) in
Luxemburg und auch beim Roten Kreuz. Die erste Maison Relais für Grundschulkinder eröffnete in
Reckange im Jahr 2006.

Als im Jahr 2008 eine gewisse Anzahl von SEA erreicht war, wurde ein Koordinationsbüro ins Leben
gerufen, um Synergieeffekte besser nutzen zu können. Qualitätsentwicklung und -sicherung (administrativ
wie pädagogisch) sowie die Implementierung von Innovationen werden seitdem von MitarbeiterInnen
dieses Büros zentral entwickelt.

Heute betreibt das Rote Kreuz 6 Kinderkrippen und 16 Maisons Relais; des Weiteren zwei
Bildungseinrichtungen für Kinder von Antragstellen auf internationalen Schutz – Stil Ganztagsschule.

                                                 13
II. Vorstellung und Beschreibung der Maison
    Relais Strassen

2.1.       Allgemeine Informationen

          Altersgruppe der zu betreuenden Kinder: 3 bis 12 Jahre

          Aufnahmekapazität der Struktur gemäß Zulassung (Agrèment): 403

          SEA nimmt am CSA teil:
                  ☒JA
                    ☐NEIN

          SEA nimmt am Programm der frühen mehrsprachigen Bildung teil:
                  ☐JA
                    ☒NEIN

          Name der Leitungskraft2: Véronique Hilbert

          Anzahl des erzieherischen Personals2: 40

2.2.       Organisationale Informationen

          Öffnungszeiten: 07.00 bis 19.00 Uhr
                  An Werktagen werden die Kinder zwischen 07.00 und 19.00 Uhr außerhalb der Schulzeiten
                  von unserem erzieherischen Personal betreut. Die Bring- und Abholzeit ist entsprechend der
                  Einschreibung der Kinder geregelt.

                    An Wochenenden, gesetzlichen Feiertagen, eine Woche der Weihnachtsferien und zwei
                    Wochen in den Sommerferien ist die Maison Relais Strassen geschlossen.

          Modifiziertes Angebot während den Schulferien
                   ☐ NEIN
                    ☒ JA

                    In den Schulferien können die Kinder bis 10 Uhr gebracht werden und ab 16 Uhr abgeholt
                    werden. Während dieser Zeitspanne bieten wir den Kindern diverse Aktivitäten zu folgenden
                    Themen an: Kreativität, Kulinarik, Bewegung, Entspannung, Naturwissenschaft, Spiele,
                    Bauen, uvm.
                    Außerdem wird den Kindern die Möglichkeit geboten, an mindestens einem Ausflug
                    teilnehmen zu können, wie z.B. Science Center, Pädagogischer Bauernhof.

          Beschreibung der Infrastruktur

2
    Stand 01.2020

                                                        14
o   Krabbelkëscht (Précoce):
                Anzahl der Räume: 3 Etagen mit jeweils 3 großen Räumen und insgesamt 6
                   Funktionsecken
                Spezielle Räume: pädagogische Küche
                Außenbereich: anliegender Garten

        o   Blummenwiss (Préscolaire):
                Anzahl der Räume: 6 Funktionsräume
                Spezielle Räume: Psychomotorik und Forscher-Raum
                Außenbereich: anliegender Spielgarten mit Spielboot

        o   Hueflach (Cycle 3.2-4.2):
                Anzahl der Räume: 7 Funktionsräume
                Spezielle Räume: Loisirs- und Hausaufgaben-Raum
                Außenbereich: anliegender Schulhof mit Klettergerüst

   Arbeit mit Funktionsräumen
            ☐ NEIN
            ☒ JA, mit Funktionsecken für den „Précoce“. Das Wort „Bereich“ wird als Oberbegriff für die
            Funktionsräume und -ecken im Folgenden verwendet.

    Jede der drei Infrastrukturen verfügt über die folgenden Bereiche die fast gleich unterteilt sind:
        o   Kreativ-Bereich:
            Nass-Malecke, Bügelperlenecke, Papier- und Klebeecke

        o   Bau-Bereich:
            Kleinteilige Bauecke (Lego, Kappla, Schienen), Großteilige Bauecke (Schaumstoffelemente,
            XXL-Legobausteine), Baustellenecke (Helme, Sicherheitswesten, Werkzeuge, Handschuhe)

        o   Rollenspiel-Bereich:
            Puppenecke, Küche, Wohnzimmer, Laden, Verkleidungsecke, Schule, Frisör, Baby-Ecke,
            Bühne und Theaterecke

        o   Entspannungs-Bereich:
            Leseecke, Austauschecke mit Sofas, Stimmungsecke mit Lampen, Zelt als Rückzugsort

        o   Restaurant:
            Kaltes und warmes Buffet, kleine Tischeinheiten mit 4-6 Plätzen, Tisch mit Besteck, Becher
            und Servietten zum Selbstbedienen

    Folgende Bereiche sind infrastrukturspezifisch:
        o   Hausaufgaben-Bereich (Hueflach):
            Klassensaal der Schule mit einzelnen Bänken

        o   Loisirs-Bereich (Hueflach):
            Kicker, Billard, Air Hockey, Darts, Ping-Pong

        o   Forscher-Bereich (Blummenwiss):
            Experimentierecke, Puzzleecke, Gesellschaftspieleecke

                                                  15
o   Psychomotorik-Bereich (Blummenwiss):
        wird Cycle-übergreifend genutzt, große Bauelemente & Parcours Elemente, Matratzen,

    o   Pädagogische Küche (Krabbelkëscht):
        wird Cycle-übergreifend genutzt

Folgende Bereiche funktionieren besonders gut:
    o   Krabbelkëscht (Précoce):
        Im Précoce ist der Rollenspiel-Bereich sowie der Bau-Bereich sehr beliebt bei den Kindern.
        Die große „Spielwiese“ zieht die Kinder regelrecht an und gerne verbringen sie mehrere
        Stunden hier. Verschiedene Möbelstücke fungieren als Raumteiler und sollen die
        verschiedenen Bereiche einteilen und visuell darstellen.
        Die Kinder in diesem Alter erkennen jedoch nicht die Raumtrennung und die damit
        gekennzeichneten unterschiedlichen Funktionsecken. Sie sehen den Raum als eine große
        „Spielwiese“. Da die Kinder dementsprechend Spielmaterialien von einer Funktionsecke in die
        nächste mitgenommen haben, beschlossen die Erzieher den Bedürfnissen der Kinder nach
        zu gehen und die Funktionsecken nicht mehr streng voneinander zu trennen, um den Kindern
        diesen Freiraum zu geben. Ein Kind kann sich also verkleiden, einen Baustein als Telefon
        benutzen und mit der Puppe dann zum Kiosk einkaufen gehen. Somit können die Kinder ihrer
        Fantasie freien Lauf lassen und ihre ganz individuelle Geschichte ausleben.
        Die Kinder mögen diesen Raum am liebsten, gerade weil dieser ihnen eine Vielfalt an
        Spielmöglichkeiten erlaubt. Die Tatsache, dass hier Funktionsecken und keine
        Funktionsräume sind, ist ein Vorteil für die Kinder. Schließlich sind diese beim Freispiel nicht
        begrenzt und können ohne Hindernisse vom Bauen zum Rollenspiel wechseln und müssen
        dafür den Raum nicht mal verlassen. Ein anderer positiver Aspekt ist, dass die Kinder die
        verschiedenen Materialien vom Rollen und Bau unterschiedlich kombinieren können um
        daraus ein individuelles Spielerlebnis zu erfinden. Deshalb lieben die Kinder diesen Raum
        besonders, wo sie ihre Neugierde und Kreativität ausleben können.

    o   Blummenwiss (Préscolaire):
        In der Blummenwiss ist der Kreativ-Bereich, auch Atelier genannt, der beliebteste und meist
        besuchte Raum. Die Raumgestaltung ist in Themenecken (Nass-Mal-Ecke, Bügelperlenecke,
        Papier- und Klebeecke) aufgeteilt und somit besonders übersichtlich für die Kinder. Die Vielfalt
        an Materialien sind in durchsichtigen Kisten präsentiert damit die Kinder einen Überblick über
        das zur Verfügung stehende Material haben.
        Die Raumexperten haben sich besonders viel Mühe bei der Raumgestaltung gegeben und
        den Raum zusammen mit den Kindern farbenfroh dekoriert.
        Die Raumexperten gehen nicht nur auf die kreativen Wünsche der Kinder ein und helfen ihnen
        diese umzusetzen, sondern bieten regelmäßig verschiede Aktivtäten an, passend zu den
        Jahreszeiten oder den Feiertagen. Man sieht den Raumexperten an, dass sie ihre ganze
        Energie in diesen Bereich investieren, die Kinder werden mit dieser Energie angesteckt und
        somit erlebt dieser Bereich die volle Begeisterung bei den Kindern. Es gestaltet sich als
        Herausforderung, diese positive Energie auf andere Bereiche zu übertragen, da manche
        Mitarbeiter schon längere Zeit Raumexperte sind und schon die Möglichkeit hatten an
        Fortbildungen teil zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es also jedem Mitarbeiter die Möglichkeit
        zur Fortbildung in diesem Bereich zu ermöglichen.
        An jeder Ecke findet man die kreativen Kunstwerke der Kinder. Schon vollendete Projekte
        können bewundert werden und dienen gleichzeitig auch zur Inspiration für neue kreative
        Ideen.

                                              16
o   Hueflach (Cycle 3.2-4.2):
            Im Hueflach funktioniert der Loisirs-Bereich besonders gut. Es handelt sich um einen
            großzügig geschnittenen Raum, in dem sich keine Raumtrenner befinden. Das Mobiliar
            definiert die einzelnen Beschäftigungsbereiche (Billard-Ecke, Ping-Pong-Tisch, ...). Mat hat
            also von überall einen Überblick wer sich wo befindet und was tut.
            Die Kinder können hier Billard, Kicker, Darts, Ping-Pong oder Air Hockey spielen. Zudem
            erlaubt die Raumgestaltung, durch Rückzugsorte wie eine runde, variable Sofa-Ecke, den
            Kindern sich in kleineren Gruppen zusammen zu setzen und ungestört auszutauschen.
            Schlussendlich stehen den Kindern hier auch die iPads zur Verfügung, auf denen sie
            ungestört, alleine oder auch in kleinen Gruppen, ihrer Kreativität freien Lauf lassen können.
            Dieser Raum ist bei den größeren Kindern am beliebtesten da er ihren Bedürfnissen am
            meisten entspricht. Er bietet viele unterschiedliche Beschäftigungsmöglichkeiten, ist hell und
            offen. Der Raum ist ähnlich wie bei einem Jugendhaus Treffpunkt um sich mit Freunden zu
            unterhalten, individuell am iPad zu arbeiten oder in der Gruppe Turniere zu gestalten.

    Folgende Bereiche brauchen noch intensivere Raumgestaltungsarbeit:
        o   Krabbelkëscht (Précoce):
            Der Gesellschaftsspiel-Bereich im Précoce ist weniger beliebt bei den Kindern, es fehlt dort
            noch an Material und Dekoration. Dieser Bereich ist in einem kleinen Nebenraum vom Kreativ
            Bereich und der Raum ist nicht attraktiv gestaltet. Lediglich zwei Tische und ein paar Stühle
            sind vorzufinden.
            Zum Schulbeginn im September werden sich die Raumexperten zusammensetzen um heraus
            zu finden wie man den Gesellschaftsspiel-Bereich interessanter und attraktiver für die Kinder
            gestalten kann.

        o   Blummenwiss (Préscolaire):
            In der Blummenwiss ist der kleine Teil des Rollenspiel-Bereiches (Verkleidungsecke, Schule,
            Frisör, Baby-Ecke) der unbeliebteste Raum. Die Raumgestaltung ist nicht optimal an die
            Bedürfnisse der Kinder angepasst und wirkt momentan noch improvisiert und
            zusammengewürfelt. Der Raumexperte dieses Raumes hat mehrmals gewechselt und somit
            konnte bisher kein Erzieher sich intensiv mit der Raumgestaltung auseinander - setzen oder
            an Weiterbildungen teilnehmen. Es wurden schon Beobachtungen seitens der Erzieher
            gemacht und eine intensive Begleitung unserer Fachberatung angefragt.

        o   Hueflach (Cycle 3.2-4.2):
            Im Hueflach gibt es den Bau-Bereich der nicht besonders gerne von den Kindern besucht
            wird, weil es dort noch an Material fehlt. Für den Schulanfang im September wird sich der
            Raumexperte mit den Kindern zusammensetzen um heraus zu finden welche Materialien sie
            sich wünschen und den Raum somit besser an ihre Bedürfnisse anzupassen. Zudem hat der
            Raumexperte bereits an einer Fortbildung von Hilke Eden teilgenommen. Der Input dieser
            Fortbildung wird in die neue Raumgestaltung mit einfließen.

   Aufteilung der Kinder in feste Altersgruppen:
            ☐ NEIN
            ☒ JA

        o   Krabbelkëscht (3-4 Jahre): 55 Kinder
        o   Blummenwiss (4-6 Jahre): 140 Kinder

                                                    17
o   Hueflach (9-12 Jahre): 190 Kinder

   Tagesablauf

      07.00 – 08.00 Uhr   Accueil in den Räumen der Maison 59 „Blummenwiss“ für alle Kinder der
                          Maison Relais Strassen, die hierfür angemeldet sind.

      08.00 – 12.00 Uhr   Schulzeit
      12.00 – 14.00 Uhr          Mittagessen
                                 Freispiel und Aktivitäten Auswahl in den verschiedenen
                                  Funktionsbereichen und in der Turnhalle

      14.00 – 16.00 Uhr   Montag, Mittwoch und Freitag: Schulzeit
                          Dienstag und Donnerstag:

                                 Zeit für Hausaufgaben (12.00-16.00 Uhr)
                                 Zeit für Freispiel
                                 Unterschiedliche Angebote und Aktivitäten
                                 Aktivitäten außerhalb der SEA (Trajet Angebot)

      16.00 – 18.30 Uhr          Nachmittagssnack (Goûter) (16.00-17.00 Uhr)
                                 Freispiel und Aktivitäten Auswahl in den verschiedenen
                                  Funktionsbereichen
                                 Aktivitäten außerhalb der SEA (Trajet Angebot)
                                 Montag und Mittwoch: Zeit für Hausaufgaben (16.00-18.00 Uhr)

      18.30 – 19.00 Uhr   Fermeture in den Räumen der Maison 59 „Blummenwiss“ für alle Kinder der
                          Maison Relais Strassen, die hierfür angemeldet sind.

   Änderung des zukünftigen Tagesablaufs
    Im Jahr 2019 bekam die Maison Relais Strassen die Gelegenheit sowohl an einer Studie über das
    Wohlbefinden der Kinder von der Universität Luxemburg als auch an einem Workshop mit dem Büro
    LernLandSchaft und der Gemeinde teilzunehmen. Beide Projekte sind derzeit noch nicht
    abgeschlossen. Bis jetzt haben sich jedoch schon folgende Punkte herauskristallisiert:

       o   Studie Uni.lu:
           Die Universität Luxemburg hat im Auftrag der Gemeinde Strassen eine Studie durchgeführt,
           die das Wohlbefinden der Kinder in der Maison Relais Strassen untersucht. Im Zuge dieser
           Studie wurden in einem ersten Schritt bereits qualitative Interviews mit den Eltern, dem
           Personal und den Kindern geführt. Zusätzlich wurden in einem weiteren Schritt quantitative
           Daten mit Hilfe eines Fragebogens erhoben.
           Die Zwischenbilanz der Studie zeigt, dass die Kinder ein besonders großes Bedürfnis an Ruhe
           und Stabilität aufzeigen. Um diesem Bedürfnis in Zukunft besser gerecht zu werden, haben
           wir uns bereits einige Gedanken über die Umsetzung gemacht.
           Um Hektik und Chaos und die damit einhergehende Unruhe zu verhindern (oder zu
           minimieren), wäre es eine Idee, in Zukunft die Gestaltung der Mittagsstunde
           umzustrukturieren. Die Kinder können weiterhin frei für einen FU-Raum entscheiden- aber sie
           sollen dann während der gesamten Mittagszeit in diesem Raum verbleiben (Mittagessen
           ausgenommen). Innerhalb dieses Raumes können die Kinder selbstverständlich frei wählen
           zwischen den verschiedenen pädagogischen Angeboten und Materialien. Dies soll den

                                               18
Kindern nicht nur Sicherheit (der Raumexperte kann sich dem Kind und seinen Bedürfnissen
              widmen), sondern ebenfalls Ruhe vermitteln (Aktivitäten/Spiele werden nicht mehr durch
              Raumwechsel unterbrochen).

          o   Workshop mit dem Büro LernLandSchaft
              Die Gemeinde Strassen hat in Zusammenarbeit mit dem Büro LernLandSchaft das Projekt
              „Strassen 2030“ gegründet. Dieses hat zum Ziel den Campus Schule/Maison Relais für das
              Jahr 2030 neu zu gestalten und zu optimieren. Mit der wachsenden Bevölkerung der
              Gemeinde Strassen und der damit zusammenhängenden ansteigenden Zahl der
              schulpflichtigen Kinder, wachsen auch die Klassen und überfüllte oder zu wenige
              Klassenräume sind die Konsequenz. Diese Veränderungen fordern eine neue, angepasste
              Struktur.
              Für die Ausarbeitung des Projektes war es der Gemeinde besonders wichtig eine
              Zusammenarbeit aller Beteiligten zu ermöglichen und zu fördern. Somit können und sollen
              sowohl das Lehrpersonal der Schule als auch das erzieherische Personal der Maison Relais
              ihre Ideen und Vorschläge zur Umsetzung beitragen.
              Dieses Projekt wird eine neue Vision von Schule und Maison Relais mit sich bringen und der
              aktuelle Tagesablauf wird in solcher Form wahrscheinlich nicht mehr stattfinden.
              Eine erste Idee der Gemeinde und dem Praxis Büro ist es eine Ganztagsbetreuung zu
              implementieren.
              Diese Änderung wird sicherlich neue Herausforderungen mit sich bringen: Formale und Non-
              Formale Bildung werden aufeinandertreffen und müssen einen Kompromiss finden. Der
              Tagesablauf wird neu definiert um dem Wohlbefinden der Kinder besser gerecht zu werden
              und ihre Bedürfnisse in den Vordergrund zu setzen.
              Diese neue Zusammenarbeit muss im Vorfeld gut geplant und organisiert werden. Dies wird
              sicherlich Weiterbildungen, eventuelle Team Buildings, Workshops, etc beinhalten.

      Informationen zu den Mahlzeiten:
               ☒ Mahlzeiten werden vom SEA selbst zubereitet
               ☐ Mahlzeiten werden geliefert

      Zusätzliche Informationen zu den Mahlzeiten:
               ☐ NEIN
               ☒ JA: regionale Produkte, Fairtrade, Bio und Vegetarische Menüs, Kids Menü

      Interne Regeln:
       http://www.croix-rouge.lu/wp-content/uploads/2019/04/Re%CC%80glement-dordre-interne-fiche-
       dinscription-2019-2020-.pdf

2.3.   Pädagogische Aspekte

      Der Träger richtet sich nach an einem spezifischen pädagogischen Ansatz:
          ☐ NEIN
          ☒ JA

           In der Krippe orientieren wir uns am pädagogischen Ansatz von Emmi Pikler, während der
           pädagogische Ansatz in den Maison Relais sich auf die offene Werkstattarbeit und Reggio
           bezieht.

                                                  19
   Sonstige Bemerkung zur pädagogischen Praxis:
       ☒ NEIN
       ☐ JA
   Beschreibung des Ablaufs eines typischen Tages

    Um 7 Uhr morgens startet mit dem Accueil der Tag der Kinder in der Maison 59 „Blummenwiss“.
    In dieser Zeit können die Kinder sich in unterschiedlichen Funktionsbereichen frei beschäftigen.
    Die unterschiedlichen Schulbeginne und Länge der Schulwege, führen dazu, dass die Kinder den
    Accueil zu unterschiedlichen Zeiten verlassen:
         o 07.50 Uhr werden die Kinder des Cycle 3.2-4.2 in die Schule begleitet
         o 08.00 Uhr werden die Kinder des Préscolaire auf zwei verschiedene Schulgebäude aufgeteilt
            und in ihre entsprechenden Schulklassen gebracht
         o 08.15 Uhr werden die Kinder des Précoce in ihre entsprechenden Schulklassen gebracht

    Um 12 Uhr werden die Kinder bei der Schule anhand der Präsenzlisten von dem erzieherischen
    Personal abgeholt und in die SEA begleitet. Während der Mittagstunde können die Kinder frei
    entscheiden welchen Funktionsbereich sie in Anspruch nehmen wollen oder bei welcher Aktivität sie
    mitwirken wollen. Auch beim Thema Essen können die Kinder frei entscheiden wann und mit wem sie
    ins Restaurant gehen möchten. Das Buffetsystem ermöglicht ihnen eine vielfältige Auswahl an kalten
    und warmen Speisen.

    Montags, mittwochs und freitags werden die Kinder gegen 13.50 Uhr zur Schule begleitet.

    Dienstags und donnerstags können die Kinder ihre Hausaufgaben machen, an geplanten Aktivitäten
    teilnehmen (z.B. Schlittschuhlaufen, Schwimmbad, kulinarische Aktivität, Theaterprobe) oder an
    Aktivitäten, die von naheliegenden Vereinen angeboten werden, teilnehmen. Hierzu zählen unter
    anderem Fußball, Gymnastik, Musikschule, Kunstatelier.
    Sie werden, bei entsprechender Anmeldung, von Mitarbeitern der Maison Relais respektiv der
    Gemeinde dorthin begleitet und auch wieder zurückgebracht. Einige dürfen mit schriftlicher Erlaubnis
    der Eltern auch schon ganz allein dahin.

    Um 16 Uhr haben die Kinder die Möglichkeit eine kleine Zwischenmahlzeit bzw. einen kleinen
    Obstsnack zu sich zu nehmen. Bis 18.30 Uhr haben die Kinder wieder die Möglichkeit ihre
    Hausaufgaben zu machen, an geplanten Aktivitäten teil zu nehmen oder an Aktivitäten, die von
    naheliegenden Vereinen angeboten werden, teil zu nehmen. Nach und nach werden die Kinder dann
    auch schon von ihren Eltern abgeholt.

    Um 18.30 Uhr abends endet mit der Fermeture der Tag der Kinder in der Maison 59 „Blummenwiss“.
    Hier sammeln sich alle Kinder, die bisher noch nicht abgeholt wurden sind. Bis 19 Uhr haben die Eltern
    die Möglichkeit ihre Kinder ab zu holen.

                                                 20
III. Pädagogischer Teil

3.1.    Einleitung

Im Kapitel III Pädagogischer Teil widmen wir uns, nach der Beschreibung des Konzeptes, folgenden Punkten:
den Bildungsaufgaben des pädagogischen Teams, der Umsetzung der pädagogischen Orientierung und
Praxis, der Entwicklung sprachlicher Kompetenzen, der Bildungspartnerschaften als auch der Beobachtung
und Dokumentation. Diese Punkte werden nach der Einleitung ausführlicher präsentiert.

Pädagogisches Konzept
Die Grundlagen unserer Arbeit in der Maison Relais basieren auf dem ursprünglichen pädagogischen Konzept
des Luxemburgischen Roten Kreuzes für Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder von 0-12 Jahren (2013)
und dem nationalen Rahmenplan zur non-formalen Bildung (2013).

Jedes Kind ist einzigartig und kann, wie alle Menschen, sein Potential und seine Fähigkeiten besser entfalten,
wenn es sich körperlich und seelisch wohl fühlt. Die Hauptaufgabe unserer Einrichtungen ist es daher, für das
physische und psychische Wohl der Kinder zu sorgen.
Ein respektvolles, wertschätzendes und verständnisvolles Klima zwischen allen Beteiligten, vor allem
zwischen den Erwachsenen und dem Kind, ist wichtig damit Kinder sich wohl und geborgen fühlen.

Das Kind wird als kompetentes und gleichwertiges Individuum angesehen. Die Individualität, Bedürfnisse und
Interessen stehen beim pädagogischen Personal stets im Vordergrund.

Zentrales Merkmal unserer Arbeit in der Maison Relais ist die offene Arbeit in Funktionsbereichen. Das
bedeutet, dass die Kinder keinen festen Gruppen zugeordnet sind, sondern sich ihren Interessen und
Bedürfnissen entsprechend einer Tätigkeit zuwenden. Die Kinder haben folgende Bereiche zur Auswahl:
Kreativität, Bauen, Entspannung, Bewegung, Spiel (Gesellschaftsspiele, Rollenspiele, Mannschaftsspiele, …),
Naturwissenschaft und Kulinarik.
In der non-formalen Bildung sind 6 verschiedene Handlungsfelder vorzufinden. Der Schwerpunkt liegt darin
soziale und personale Kompetenzen zu vermitteln sowie die Beteiligung an gesellschaftlichen und politischen
Prozessen zu ermöglichen. Diese Handlungsfelder lassen sich in folgende Themenbereiche kategorisieren:
       Emotionen und soziale Beziehungen
       Werteorientierung, Partizipation und Demokratie
       Sprache, Kommunikation und Medien
       Kreativität, Kunst und Ästhetik
       Bewegung, Körperbewusstsein und Gesundheit
       Naturwissenschaft und Technik

Um den Kindern die Themenbereiche näher zu bringen, arbeitet die Maison Relais Strassen mit
Funktionsräumen in der „Blummenwiss“ und im „Hueflach“, und mit Funktionsecken in der „Krabbelkëscht“.
Das Wort „Funktionsbereich“ wird als Oberbegriff verwendet.
Damit die Arbeit in den Funktionsbereichen den Bedürfnissen und Interessen der Kinder entspricht, ist eine
gut durchdachte Raumgestaltung ausschlaggebend. Die Einrichtungen der non-formalen Bildung des
Luxemburgischen Roten Kreuzes haben ein Raumkonzept entwickelt, welches sich durch spezifische
Fortbildungen stets weiterentwickelt.

                                                     21
3.2.    Aufgaben

Unser Bildungsauftrag als Maison Relais

Die non-formale Bildung ist eine Form von organisierter Bildung, die freiwillig ist und Angebots-Charakter hat.
Sie bezieht sich auf die Bildungsarbeit, die außerhalb des formalen Schulsystems organisiert ist, sich an ein
definiertes Zielpublikum richtet und spezifische Bildungsziele verfolgt. Die non-formale Bildung zeichnet sich
dadurch aus, dass die Kinder Mitspracherecht in Bezug auf die Ziele, Inhalte und Methoden ihres
Lernprozesses haben.
Die Maison Relais bietet den Kindern den nötigen Freiraum um ihren eigenen Interessen nachgehen zu
können, sei es Spiel, Spaß oder Entspannung, oder Neues zu entdecken. Aktivitäten wie Freispiel, einfaches
Zusammensein in der Gruppe oder Mittagessen geben Raum um soziale Kompetenzen zu fördern als auch
gesellschaftliche Werte und Normen zu vermitteln.
Unser Bildungsauftrag als Maison Relais ist es, den Kindern eine aktive und dynamische Auseinandersetzung
mit sich selbst und ihrer Umwelt zu ermöglichen. Der Fokus wird daraufgelegt, dass die Kinder den Anspruch
auf Selbstbestimmung, auf Partizipation an der gesellschaftlichen Entwicklung, und auf die Übernahme von
Verantwortung haben können. In diesem Prozess übernehmen sowohl erwachsene Bezugspersonen, als auch
Peers, eine wichtige Rolle um Ko-Konstruktion zu ermöglichen.

Non-formale Settings eigenen sich auch als Vermittlungsinstanz zwischen Familie, Schule und kindlichen
Lebenswelten. Hatte ein Kind beispielsweise einen schlechten Tag in der Schule (da es eine unzufrieden
stellende Note in einer Prüfung erhalten hat) und ist es deshalb weniger motiviert seine Hausaufgaben an
diesem Tag zu erledigen, werden den Eltern bei der Abholung ihres Kindes diese Informationen vermittelt.

Das pädagogische Team
Das pädagogische Team der Maison Relais Strassen ist wie folgt auf die drei Infrastrukturen aufgeteilt:
    o   Krabbelkëscht:
            1 Educatrice graduée (40 hrs):
                       → Referenzerzieherin
            1 Educatrice diplômée (40 hrs):
                       → stellvertretende Referenzerzieherin
                       → Verantwortliche für das luxemburgische Sprachprojekt
            3 Educatrices diplômées (30 hrs)
            3 Auxiliaires de vie (20 hrs)
            1 ASE (16 hrs):
                       → déléguée effectif OGBL

    o   Blummenwiss:
            1 Educatrice graduée (40 hrs):
                     → Referenzerzieherin (20 hrs)
                     → Responsable adjointe volet pédagogique (20 hrs)
            1 Educatrice graduée (40 hrs) :
                     → Referenzerzieherin
            1 Psychomotricienne (40 hrs) :
                     → Verantwortliche für das Bewegungsprojekt
            4 Educatrices diplômées (30 hrs)
            1 Educatrice diplômée (30 hrs):
                     → membre du comité effectif OGBL
            5 Auxiliaires de vie (20 hrs)

                                                     22
 2 ASE (16 hrs)
    o   Hueflach:
            1 Educatrice graduée (40 hrs):
                     → Referenzerzieherin
                     → Medienexpertin
            1 Educatrice graduée (40 hrs) :
                     → Referenzerzieherin
            1 Educateur diplômé (40 hrs):
                     → Medienverantwortlicher für die Kunterbunte
            4 Educateurs diplômés (30 hrs)
            2 Auxiliaires de vie (20 hrs)
            1 Auxiliaire de vie (25 hrs):
                     → Medienexperte
            2 ASE (16 hrs)

Die Aufteilung der Mitarbeiter kann von Jahr zu Jahr wechseln. Es wird jedoch versucht den Mitarbeitern so
weit wie möglich entgegen zu kommen und ihren Cycle-Wunsch zu respektieren. Am Ende des Schuljahres,
bekommt jeder Mitarbeiter die Gelegenheit seinen Wunsch zu äußern. Auf einer Skala von 1 bis 5 (1= am
besten und 5= am schlechtesten) kann er festhalten welcher Cycle für ihn an welcher Stelle steht.
Die Umstrukturierung basiert auf den Wünschen der Mitarbeiter (persönliche Weiterentwicklung, neue
Herausforderungen) sowie der Aufteilung der Mitarbeiter, auf die verschiedenen Infrastrukturen, die sich
weiterbilden („éducateur“ oder „éducateur gradué“). Die Direktion bemüht sich, nicht allzu große
Umstrukturierungen durch zu führen, um den Kindern und den Erziehern eine Stabilität und Kontinuität zu
bieten. Auch die Einschreibungen der Kinder für die einzelne Gruppen sind ausschlaggebend für eine
eventuelle Umstrukturierung.

3.3.    Umsetzung der pädagogischen Orientierung

Bildung wird in non-formalen Institutionen als Aktivität des Kindes verstanden und bedeutet die umfassende
Entfaltung der Persönlichkeit, der Begabung, sowie der geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes.

Bildung entsteht durch die aktive und dynamische Auseinandersetzung des Kindes mit sich selbst und seiner
Umwelt. Spielen und Lernen sind dabei - besonders im Kindesalter - voneinander untrennbare Prozesse (vgl.
Arbeitspapier „Leitlinien zur non-formalen Bildung im Kindes- und Jugendalte, April 2013, S. 7).
Mit LEGO-Figuren eine lebhafte Geschichte zusammen mit seinem besten Freund zu gestalten, Konflikte
lösen, wie welche Figuren handeln und wohin sich die Geschichte entwickeln wird ist ein alltägliches Beispiel
dafür, wie Kinder im aktiven Spiel lernen auf andere einzugehen, Rücksicht zu nehmen oder auch sich
durchzusetzen.

Die Alltagssituationen in der Maison Relais sind wichtige Anlässe für Bildungsprozesse und für den
Kompetenzerwerb der Kinder. Fachkräfte haben die Aufgabe für ausreichend Zeit und Raum für freies Spiel,
Entspannung und Bewegung, sowie ungestörtes Zusammensein mit Gleichaltrigen während des Tagesablaufs
zu sorgen.
In unserer Maison Relais bieten wir deshalb eine Variation von Beschäftigungsmöglichkeiten: jedes Kind kann
seinem Bedürfnis nachgehen, sei dies ein Bedürfnis nach Bewegung (Sportshalle) oder auch nach Ruhe
(Rückzug in kleinere Nischen).
Die Fachkraft geht hierbei auch spontan auf die Bedürfnisse der Kinder ein: äußern die Kinder den Wunsch
einer kulinarischen Aktivität nachzugehen, besteht die Möglichkeit, dass ein Erzieher aus den vorhandenen
Vorräten zusammen mit den Kindern etwas zaubert.

                                                     23
Bildungsförderung in Kindertageseinrichtungen, die sich an den individuellen Aneignungsinteressen der
Kinder orientiert, gelingt nur dann, wenn die Kinder beteiligt werden. Es ist die Aufgabe der Fachkräfte
Partizipationsprozesse zu ermöglichen und durch Gespräche, Spiel- und Lernsituationen herauszufinden, was
Kinder bewegt und interessiert. Die Fachkraft setzt die Ideen der Kinder um, indem angepasste
Bildungsangebote und Projekte gemeinsam mit den Kindern und durch deren Eigenaktivität geschaffen
werden. Besonders innerhalb der Peergruppe trägt das gemeinsame Erleben und Erforschen wesentlich zu
einem vertieften Verständnis und Kompetenzerwerb bei.
Ein Beispiel für die Eigeninitiative und Selbstgestaltung der Kinder ist das jährliche, cycle-übergreifende
Theaterprojekt, bei dem die Kinder eigenverantwortlich das Drehbuch schreiben, die Rollen verteilen, Regie
führen, Kulissen gestalten und schlussendlich auch eine Aufführung auf die Beine stellen.

3.3.1.   Unser Bild vom Kind und unser Bildungsverständnis

Unser Bild vom Kind
Unsere Einstellung und Rolle als Pädagogen prägen und bestimmen unser Verhalten gegenüber dem Kind.
Aus diesem Grund verfügt das pädagogische Personal der Maison Relais über ein einheitliches Bild vom
kompetenten Kind.
Jedes Kind ist einzigartig und von Geburt an ein kompetentes Individuum, das seine eigene Lebensgeschichte,
Erfahrungen und Erklärungsansätze besitzt. Es interessiert sich aktiv für seine Umwelt, setzt sich mit dieser
auseinander und ist voller Lern- und Entdeckerdrang. Das Kind strebt nach Zugehörigkeit, Austausch,
Partizipation und Autonomie. Das autonome Kind spiegelt sich im täglichen Ablauf in der Maison Relais wider.
Wir als Pädagogen der Maison Relais Strassen binden sie in die Entscheidungen ein und haben für ihre
Interessen ein offenes Ohr. Sie dürfen z.B. ihre Aktivitäten frei wählen und äußeren ihre Wünsch, wenn sie in
naher Zukunft eine spezifische Aktivität mit uns durchführen wollen. Im Hueflach haben die Kinder den Wunsch
geäußert, dass sie gerne mit ihren Yu-Gi-Oh!-Karten spielen. Daraufhin hat ein Erzieher der Gruppe
beschlossen regelmäßig Turniere zu veranstalten, bei denen die Kinder auch aktiv an der Gruppengestaltung
teilnehmen.

Das Kind ist ein soziales und kulturelles Wesen, das die Gemeinschaft und soziale Interaktion braucht. Es
lernt in Bezug zu anderen Menschen emotionale Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit und bereichert das
Gruppengeschehen, indem es mit und von anderen lernt. Es ist der Konstrukteur seiner Persönlichkeit. Durch
Partizipation und Interaktion gestaltet es die Lernkultur in der non-formalen Bildungseinrichtung aktiv mit. Das
kompetente Kind ist ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft mit seinen eigenen Rechten. Es hat ein Recht
auf Zuwendung, Vertrauen, Wertschätzung, Respekt, Ruhe, Freizeit, Spiel und Bildung. Bildung ist die
umfassende Entfaltung der kindlichen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Partizipation,
Interaktion und Gestaltung der eigenen Lernkultur in der Bildungseinrichtung verdeutlicht sich in der
gleichberechtigten Mitgestaltung der Räumlichkeiten. Die Kinder der Maison Relais Strassen wurden in jedem
ihnen zur Verfügung stehenden Funktionsbereich gefragt, welche Änderungen und Verbesserungen sie sich
erwarten und wünschen. Nach ihrem Belieben wurden in Folge dessen die unterschiedlichen
Funktionsbereiche neu eingeteilt und weiteres Bastel- und Spielmaterial gekauft (Näheres zu der
Raumgestaltung und den kindlichen Bildungsprozessen in Punkt 3.4.1).

Unser “Bild vom Kind” ist die Basis für die Gestaltung der Lernarrangements der Maison Relais mit dem Ziel
das Potenzial jedes einzelnen Kindes bestmöglich zu entfalten. Durch Partizipation werden die
Rahmenbedingungen kontinuierlich den Bedürfnissen des Kindes angepasst, damit das Kind bestmöglich sein
Anliegen ausleben kann.

Diese Aspekte sind nicht nur durch die Mitgestaltung der Kinder in den Räumlichkeiten und den von ihnen
gewünschten Materialien wiederzufinden, sondern auch in ihren einfachen Wünschen, wie z.B., dass wir als
Pädagogen ihrem Wunsch nachgehen und mit ihnen draußen Fußball spielen.

                                                      24
Unser Bildungsverständnis
Unser Bildungsverständnis sieht jedes Kind von Beginn an als ein kompetentes Individuum, das sich die Welt
auf individuelle Weise aneignet, indem es sie wahrnimmt, erforscht, ausprobiert – und daraus seine
Erfahrungen sammelt und Schlüsse zieht. Es tritt mit anderen in Beziehung und Neugierde, Kreativität,
Spontanität, Ausdauer und Freude sind die Antriebskräfte seines Lernens und Entdeckens.
Im Kindesalter und in der non-formalen Bildung ist die wichtigste Lernform das Spiel. Spielen und Lernen sind
bei Kindern voneinander untrennbare Prozesse und werden durch individuell angepasste Lernarrangements,
-Angebote und –Umgebung gefördert mit dem Ziel die jeweiligen Kompetenzen der Kinder zu entfalten. Ihre
individuellen Spiel- und Entdeckungsdränge werden von den pädagogischen Fachkräften durch sehr
unterschiedliche Aktivitäten und der Bereitstellung diverser Funktionsbereiche gedeckt. Kinder können
entscheiden, ob sie z.B. backen, malen, bauen, basteln oder gemeinsam Gemeinschaftsspiele ausüben
wollen. Diese Aktivitäten reichen von im Voraus geplanten Aktivitäten bis hin zu spontanen Aktivitäten, die die
Kinder bei den pädagogischen Fachkräften erfragen. Beide Aktivitätsarten sind nicht bindend, die Kinder
dürfen frei entscheiden, ob sie diese realisieren wollen oder einfach ihrem „Freispiel“ nachgehen wollen. Sie
können dann in den Räumen weiterspielen, experimentieren, erforschen und entdecken. Das
Bildungsverständnis und die Autonomie des Kindes zeigen sich auch, indem wir die Kinder z.B. bei ihren
Bastelaktivitäten bestmöglich unterstützen. Wir erklären was zu machen ist, loben sie, greifen aber nicht in
den eigentlichen Bau- oder Bastelprozess ein. Erfragen sie jedoch Hilfe, greifen wir ihnen gerne unter die
Arme.

3.3.2.   Unser Rollenverständnis der Pädagog*innen

Die Rolle des Pädagogen ist es, die Kinder in unserer Einrichtung in ihrem Alltag zu begleiten und in ihrer
Entwicklung zu fördern. Die Bindungsarbeit steht hierbei im Mittelpunkt. Neben dem Kind, nimmt der Pädagoge
die Rolle als Ko-Konstrukteur ein. Das gemeinsame Erforschen und Erleben der multiplen Alltagssituationen
bieten dem Pädagogen die Möglichkeit feinfühlig auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes einzugehen.
Durch gezielte zusätzliche Erfahrungsmöglichkeiten und ein anregendes und hilfreiches Umfeld, fördert der
Pädagoge den kindlichen Forschungs- und Entdeckungsdrang und regt somit den Lernprozess an. Der
Erzieher akzeptiert dabei das einzelne Kind in seinem individuellen Sein, mit all seinen Besonderheiten, seiner
Kultur und Herkunft, ohne dabei eine wertende Position einzunehmen. Es ist die Aufgabe des Erziehers eine
ressourcenorientierte Sicht des Kindes zu bewahren.
Alltagssituationen dienen hierbei als Bildungsanlässe. Die Esssituation steht für eine vielfältige
Kompetenzentwicklung der Kinder: das Buffet ist ein pädagogisches Konzept. Im Restaurant unserer
Einrichtungen lernen Kinder etwas über sich, über andere, über das soziale Miteinander, über verschiedene
Kulturen, über ihre Grenzen, ihre Fähigkeiten, ihre Bedürfnisse. Wir lassen die Kinder mitentscheiden, was sie
essen, wieviel sie essen, wann sie essen und mit wem sie essen. Hierbei gestalten wir das Angebot
altersspezifisch und nach den jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Kinder. Die Herausforderung für
den Raumexperten im Restaurant ist es, die unterschiedlichen Essverhalten der Kinder zu beobachten und
auf sie einzugehen. Isst ein Kind beispielsweise auffällig oft wenig in der Mittagsstunde, ist es die Aufgabe des
Raumexperten, mit ihm in den Dialog zu gehen um das Essverhalten des Kindes zu verstehen.
Neben dem Begleiten des Kindes im Alltag, fällt der regelmäßige Austausch im Team zur Aufgabenstellung
des Pädagogen. Beobachtungen und verschiedene Situationen werden in Teamversammlungen besprochen,
um den Kindern der Einrichtung eine qualitativ hochwertige Begleitung zu garantieren. Geht es einem Kind
momentan nicht so gut, hat es regelmäßig Bauchschmerzen, läuft es in der Schule gerade schlechter als
gewohnt - all dies sind Themen, mit denen die Pädagogen sich auseinandersetzen und versuchen empathisch
und gezielt zu reagieren.
Hinzu kommen immer wiederkehrende Herausforderungen, denen jeder Pädagoge sich stellen muss:
Entwicklung von Projekten und Aktivitäten, Anpassung der Raumgestaltung, Ersetzen des Materials usw.

                                                      25
3.3.3.   Umsetzung der Bildungsprinzipien
Die Bildungsprinzipien folgen dem Bildungsverständnis. Sie ziehen sich durch den gesamten pädagogischen
Alltag und spiegeln sich in allen Aktivitäten, Projekten und dem Raumkonzept wider. Die Raumgestaltung ist
den Bedürfnissen der Kinder angepasst. Das Kind gestaltet den Raum mit, indem es seine Wünsche äußert
und aktiv in der Raumgestaltung tätig ist. So ist es beispielsweise möglich, dass Kinder mitentscheiden, wie
die Tische stehen, welche Dekoration sie basteln möchten und wo sie diese platzieren möchten.
Die Umsetzung der Bildungsprinzipien erfolgt durch wahrnehmendes Beobachten, Impulsgebung und eine
kontinuierliche Reflektion im Team. Diese Maßnahmen sind ausschlaggebend für eine stetige Anpassung der
Angebote an die individuellen Bedürfnisse und Kompetenzen der Kinder.
Die Bildungsprinzipien und die Merkmale der non-formalen Bildung entsprechen den Leitlinien der non-
formalen Bildung des Bildungsministeriums:

Individualisierung und Differenzierung:
Jedes Kind ist einzigartig in seiner Persönlichkeit, seinen Bedürfnissen, seinem soziokulturellen Hintergrund,
Kompetenzen, Lernpotenzialen sowie seinem Entwicklungstempo. Die unterschiedlichen individuellen
Aspekte und Persönlichkeitsmerkmale der Kinder sind Ausgangspunkt für die Gestaltung von
Lernarrangements und Bildungsprozessen.
Auch wenn wir als pädagogisches Team versuchen bestmöglich auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder
einzugehen, ist es uns nicht immer möglich. Besonders in den Mittagsstunden montags, mittwochs und freitags
sind feste Routinen und der strukturierte Tagesablauf von Bedeutung. In diesen eher hektischen Stunden sind
die meisten Kinder in der Maison Relais eingeschrieben, die alle ihre Mahlzeiten zu sich nehmen und mit
Zeiten wieder in der Schule sein sollen. Die individuellen Merkmale zu berücksichtigen und jedes Kind zu
beobachten stellen in diesen Stunden eine Schwierigkeit für das pädagogische Fachpersonal dar.
Nichtsdestotrotz wissen die Kinder, dass sie auch in den Mittagsstunden gezielt Erzieher ansprechen können,
wenn persönliche Belangen und Probleme anliegen. Dann kommt es vor, dass Erzieher ihren
Funktionsbereich verlassen müssen und einen anderen Kollegen bitten müssen, ein Auge auf zwei Bereiche
zu haben, um dann mit dem Kind das Anliegen zu bereden. Die hektischen Mittagsstunden führen auch leider
mit sich, dass es vorkommt, dass man als Pädagoge nicht alles stehen und liegen lassen kann, dann müssen
wir die Kinder auch mal um Verständnis bitten und ihnen erklären, dass wir uns erst in 10-15 Minuten um das
Anliegen kümmern können. Zu diesen hektischen Mittagstunden stehen aber auch Zeitfenster an, die dem
Team erlauben, auf die Individualisierung und Differenzierung der Kinder einzugehen. Besonders bei den
Aktivitäten, in der Hausaufgabenbetreuung oder beim aktiven Mitspielen mit den Kindern, werden Gespräche
geführt, die uns helfen individuelle Lernarrangements für sie zu gestalten.
Durch eine systematische, kontinuierliche Beobachtung, dialogische Gespräche und aufmerksames Zuhören
knüpfen die pädagogischen Fachkräfte an den individuellen Merkmalen der Kinder an. Durch Partizipation und
dem stetigen Nachfragen bei den Kindern, was sie sich wünschen oder was sie für Verbesserungsvorschläge
haben, haben z.B. einige Kinder den Erzieher mitgeteilt, dass sie sich nach dem Mittagsessen an
Essensresten zwischen den Zähnen gestört fühlen. Aus diesem Grund befinden sich im Hueflach jetzt
Zahnstocher, die in einem Schrank aufbewahrt werden, wie auch Salz. Kinder empfanden das Essen im
Restaurant als geschmacksarm. Damit sie trotzdem etwas essen, können sie sich das Essen nach Belieben,
und auf Nachfrage bei dem Erzieher im Restaurant, nachwürzen.
Mit dieser Methodenvielfalt bringen die Pädagogen in Erfahrung, welche unterschiedlichen Lernformen,
entwicklungsangemessene und differenzierte Bildungsarbeit, sowie Raumgestaltung und breit ausgestattete
Bildungs- und Spielmaterialien für die Kinder notwendig sind und setzen diese Faktoren in die pädagogische
Praxis um. Aus diesen Gründen stehen den Kindern in allen Gebäuden der Maison Relais Strassen
unterschiedliche und altersgerechte Funktionsbereiche zu Verfügung, die mit den unterschiedlichsten
Materialen ausgestattet sind.

                                                     26
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