Bericht zur Entwicklung des Thurgauer Bildungswesens 2013
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Departement für Erziehung und Kultur Bericht zur Entwicklung des Thurgauer Bildungswesens 2013 September 2013
Bezugsquelle Departement für Erziehung und Kultur Generalsekretariat Schlossmühlestrasse 9 8510 Frauenfeld Telefon 052 724 22 67 Fax 052 724 29 56 Grafik: Joss & Partner Werbeagentur AG, Weinfelden E-Mail dek@tg.ch Druck: Sonderegger Druck AG, Weinfelden
Inhaltsübersicht Vorwort der Chefin des Departementes 4 6.2.2 Fachmittelschulen 51 für Erziehung und Kultur 6.2.3 Handelsmittelschule (HMS) 51 6.2.4 Informatikmittelschule (IMS) 51 Vorbemerkungen 5 6.2.5 Pädagogische Hochschule Thurgau / 52 Abkürzungsverzeichnis 6 Ausbildung von Lehrpersonen 6.2.6 Übriger Hochschulbereich 53 1. Rückblick auf den Bericht 2011 7 6.3 Herausforderungen im Mittel- und 54 1.1 Bilanz 8 Hochschulbereich 1.2 Vorlagen im Zeitraum 2011– 2013 9 1.3 Parlamentarische Vorstösse im Zeitraum 7. Berufsbildung und Berufsberatung 56 2011– 2013 9 7.1 Einleitung 57 7.2 Entwicklungsbereiche 57 2. Gesellschaftlicher Kontext und 10 7.2.1 Entwicklung eines Bildungsganges als 57 wirtschaftliche Entwicklung Ersatz der Anlehre 2.1 Demografie 11 7.2.2 Die Zukunft der Berufsbildung 58 2.2 Wirtschaftliche Entwicklung 13 7.3 Lehrstellenmarkt heute – grösseres Lehrstellen- 59 angebot bei leicht sinkender Schulabgängerzahl 3. Kooperation im Schweizer Bildungswesen 15 7.4 Demografische Entwicklung in der 59 3.1 Lehrplan 21, nationale Bildungsziele und 16 beruflichen Grundbildung Bildungsmonitoring 7.4.1 Auswirkung auf Schülerzahlen und Klassen 59 3.2 Stipendienwesen 16 der Berufsfachschulen 4. Übergreifende Themen 17 7.4.2 Bildung von Fachklassen 60 4.1 Kinder-, Jugend- und Familienpolitik 18 7.4.3 Weitere Auswirkungen der demografischen 61 4.1.1 Projekte 18 Entwicklung auf die Berufsbildung 4.1.2 Frühe Förderung 18 7.5 Erhöhung der Abschlussquote auf 61 4.2 Erziehung, Bildung und Wertevermittlung 20 Sekundarstufe II 4.3 Konflikt- und Krisenmanagement 20 7.6 Zugang zum Arbeitsmarkt für schwächere 62 4.4 Begabungs- und Begabtenförderung 21 Schülerinnen und Schüler 4.5 Gesundheitsförderung 21 7.7 Case Management 62 4.6 Sport 22 7.8 Vertiefungsthema: Überbetrieblichen Kurse – 62 4.6.1 Obligatorischer Sportunterricht 22 Bindeglied zwischen Theorie und Praxis 4.6.2 Ausserschulischer Sportunterricht 23 7.8.1 Leistungsbezogene Beitragsleistung des Kantons 62 4.7 Kulturelle Angebote für Schulen 23 7.8.2 Beurteilung der aktuellen Situation – 63 neue Leistungsvereinbarung Volksschule – Statistisches Portrait 25 8. Erwachsenenbildung 64 5. Volksschule 32 8.1 Bedeutung der Weiterbildung 65 5.1 Einleitung 33 8.2 Neues Weiterbildungsgesetz (nWebiG) 65 5.2 Entwicklungsbereiche 33 8.3 Auswirkungen auf den Kanton Thurgau 65 5.2.1 Stand der Arbeiten 33 5.2.2 Schul- und Unterrichtsqualität 37 9. Ausblick – Themen der Bildungsstrategie 66 5.3 Herausforderungen 39 10. Bildungskosten 69 5.4 Vertiefungsthema: Lehrplan 21 40 11. Anhang 72 Sekundarstufe II – Statistisches Portrait 43 11.1 Teil Bildung in RRL 2012 – 2016 73 6. Mittel- und Hochschulen 48 11.2 Grafik Thurgauer Bildungswesen 74 6.1 Einleitung 49 11.3 Quellen 75 6.2 Entwicklungsbereiche 49 6.2.1 Gymnasien – Entwicklungen an den 49 einzelnen Schulen 3
Vorwort Vorwort der Chefin des Departementes für Erziehung und Kultur Der 7. Bericht zur Entwicklung des Thurgauer Bildungswe- tungsanpassungen und Leistungsverzicht bleibt auch in Zei- sens fällt in eine Zeit der Mittelverknappung bei den Staats- ten der Mittelverknappung die grosse Herausforderung, die finanzen. Nach 13 Jahren ununterbrochener Ertragsüber- vorhandenen Mittel wirksam und nachhaltig einzusetzen. Die schüsse ergab sich für die Staatsrechnung 2012 ein Defizit Verantwortung dafür tragen nicht nur die politischen Ent- von 36,5 Mio. Franken. Auch in den kommenden Jahren scheidungsträger und die Verwaltung, sondern alle Akteure rechnet man mit Aufwandüberschüssen. Diese Negativent- des Bildungswesens. wicklung hat zwangsläufig auch Rückwirkungen auf das Thurgauer Bildungswesen, verlangt doch unsere Kantons- Im Gesamtprozess nicht zu vergessen bleibt, dass Bildung ein verfassung eine sparsame, wirtschaftliche und mittelfristig kostbares Gut ist. Sie bildet den Schlüssel zum wirtschaft ausgeglichene Führung des Finanzhaushaltes unter ange- lichen Erfolg und zum Lebensglück des Einzelnen wie der messener Berücksichtigung der Wirtschaftslage (§ 89 ganzen Gesellschaft. Dabei ist Bildung in einem breiten Sinn Abs. 1 KV). Die Bildungspolitik steht in diesem Kontext noch zu verstehen, das heisst, sie soll nicht nur dem Wissen und stärker als bisher vor der Herausforderung, das Wesentliche Können, sondern auch Werten und dem Herzen verpflichtet vom Wünschbaren zu trennen, die gegebenen Mittel effizi- sein. In den Dienst dieses weiten Bildungsbegriffes ist insbe- ent und nachhaltig einzusetzen und optimale Rahmenbedin- sondere auch der künftige Lehrplan 21 zu stellen, der gegen- gungen für den Bildungserfolg zu schaffen. Dies gilt ganz wärtig in allen 21 Deutschschweizer Kantonen in der Ver- besonders auch für den Volksschulbereich. Die Finanzierung nehmlassung ist. Er bildet ein wichtiges Instrument bei der der Volksschule ist eine gemeinsame Aufgabe der Schulge- Schaffung von guten Rahmenbedingungen für den Bildungs- meinden und des Kantons. Drei Jahre nach dem Inkrafttre- erfolg. Noch entscheidender für den Bildungserfolg – ten des revidierten Beitragsgesetzes – so verlangt es der unsere eigenen Erfahrungen und wissenschaftliche Studien Gesetzgeber (§ 18 Abs. 2 Beitragsgesetz) – sind die belegen dies – sind die Menschen, welche die Lernenden Berechnungselemente und die Höhe der Pauschalen, die auf dem Bildungsweg positiv begleiten: Lehrpersonen aller den kantonalen Schülerbeiträgen zugrunde liegen, zu über- Stufen, Ausbildungsverantwortliche, Eltern, Freunde. Daraus prüfen. Die Arbeiten zur Umsetzung dieses Auftrags laufen ergibt sich, dass gute Arbeitsbedingungen der Lehrperso- gegenwärtig. nen und die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus auch in Zukunft wichtige Anliegen bleiben müssen. Neben der Überprüfung der Finanzierungsströme und -ansätze im Volksschulbereich sind weitere grundsätzliche Der vorliegende 7. Bericht zur Entwicklung des Thurgauer Aufgabenstellungen in Angriff genommen worden. Im Bildungswesens vermittelt einen aktuellen Einblick in die Zusammenhang mit dem erheblich erklärten Antrag «Über- Bildungslandschaft Thurgau, vom Kindergarten (Vorschule) prüfung des Leistungskataloges der Kantonalen Verwal- bis zur Erwachsenenbildung (Quartärstufe). Wir dürfen stolz tung» laufen gegenwärtig in allen Verwaltungsbereichen die sein auf das Erreichte. Das Erreichte zu erhalten, wo nötig entsprechenden Arbeiten. Sie haben eine systematische anzupassen und im Rahmen der Finanzierbarkeit zu verbes- Sichtung der erbrachten und künftigen Leistungen auch im sern, bleibt auch in Zukunft unsere gemeinsame Aufgabe. Bildungsbereich zur Folge, bis hin zu Änderungsvorschlägen Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag. der gültigen Rechtsgrundlagen. Entsprechende Resultate werden im kommenden Jahr vorliegen und in den Gesetzge- Monika Knill bungs- und Budgetprozess einfliessen können. Neben Leis- Regierungsrätin 4
Vorbemerkungen Vorbemerkungen Der Bericht erfüllt folgende Funktionen: – Zusammenführung von inhaltlicher, zeitlicher und finanzi- eller Planung in eine Gesamtsicht; – Information und Kommunikation nach innen und nach aussen: Schaffen von Übersicht und Transparenz; – Bildungspolitische Diskussionsgrundlage für Parlament und Öffentlichkeit; – Internes Führungs- und Arbeitsinstrument. Der Bericht 2013 ist der siebte in seiner Art. Er erscheint seit 2001 alle zwei Jahre und beleuchtet aktuelle Bildungs- fragen und -projekte vor dem Hintergrund gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen im Kanton Thurgau. Neben einem kurzen Rückblick gibt er auch Aus- kunft über die Entwicklungen der kommenden Jahre. Es ist geplant, künftig in einen Vierjahresrhythmus überzu- gehen. In den Jahren der grossen Veränderungen und Ent- wicklungen (Bildungsoffensive) bestand gegenüber heute ein erhöhtes Bedürfnis nach Berichterstattung im Zwei jahresrhythmus. Zudem können in der Optik der Legislatur die Veränderungen der Bildungslandschaft klarer abgebildet werden und besser mit den Regierungsrichtlinien in Bezug gebracht werden. Auch der Bildungsbericht Schweiz und die wenigen Kantone, die regelmässig einen Bildungsbericht publizieren, folgen dem Vierjahresrhythmus. Für diesen sprechen last but not least auch Ressourcengründe. Wichtige Grundlage des Berichts zur Entwicklung des Thur- gauer Bildungswesens 2013 bilden die Richtlinien des Regierungsrates für die Regierungstätigkeit in der Legisla- turperiode (RRL) 2012 – 2016. Sie geben auf der Seite 63 einen Überblick zu den Grundlagen und Rahmenbedingun- gen der Bildung im Kanton Thurgau. Der vorliegende Bericht schafft die Bezüge zum strategischen Planungs-, Führungs- und Kontrollinstrument der Regierung und knüpft an die Massnahmen des Departements für Erziehung und Kultur an (RRL, S. 104 – 112). Die in diesem Bericht enthaltenen Angaben haben den Stand August 2013. 5
Abkürzungsverzeichnis AbS Allgemeinbildendes Studienjahr KAP Kantonales Aktionsprogramm ABB Amt für Berufsbildung und Berufsberatung KBSB Konferenz der Berufs- und Studienberatung AMH Amt für Mittel- und Hochschulen KICK Koordinationsstelle für die Integration von Computern AV Amt für Volksschule und Kommunikationsmitteln AWA Amt für Wirtschaft und Arbeit KJF Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen BBM Berufsbildungszentrum für Bau und Mode MEM Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie BITg Biotechnologie-Institut Thurgau MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik BFS Bundesamt für Statistik MVB Mütter- und Väterberatung BP Berufsprüfung nWebiG Neues Weiterbildungsgesetz BV Bundesverfassung OdA Organisation der Arbeitswelt CMBB Case Management Berufsbildung OMF Ostschweizer Malerfachschule CNC Computer Numerical Control PHTG Pädagogische Hochschule Thurgau DaZ Deutsch als Zweitsprache PMS Pädagogische Maturitätsschule D-EDK Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz RB Rechtsbuch DEK Departement für Erziehung und Kultur RRB Beschluss des Regierungsrates DFS Departement für Finanzen und Soziales RRL Richtlinien des Regierungsrates für die DIV Departement für Inneres und Volkswirtschaft Regierungstätigkeit in der Legislaturperiode DJS Departements für Justiz und Sicherheit SAV Standardisiertes Abklärungsverfahren zur Ermittlung EBA Eidgenössisches Berufsattest des individuellen Bedarfs EDK Schweizerische Konferenz der kantonalen SBBK Schweizerische Berufsbildungsämterkonferenz Erziehungsdirektoren SBFI Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation EFB Ehe- und Familienberatung SIP Schweizerischer Innovationspark / EFZ Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis Swiss Innovation Park FHO Fachhochschule Ostschweiz SKIT Schulisches Kriseninterventionsteam FHV Interkantonale Fachhochschulvereinbarung SMAK Schweizerische Mittelschulämter-Konferenz FiB Fachkundige individuelle Begleitung SMGV Schweizerischer Maler- und FMS Fachmittelschule Gipserunternehmer-Verband FIFG Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz SPS Speicher Programmierbare Steuerung HF Höhere Fachprüfung SWiSE Swiss Science Education HFKG Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz TAGEO Thurgauische Arbeitsgemeinschaft für HMS Handelsmittelschule Elternorganisationen HRM2 Harmonisiertes Rechnungsmodell 2 TOJA Thurgauer Offene Jugendarbeit HSK Heimatliche Sprache und Kultur TSME Thurgauisch-Schaffhauserische Maturitätsschule IBH Internationale Bodensee-Hochschule für Erwachsene IBK Internationale Bodensee-Konferenz TWI Thurgauer Wirtschaftsinstitut IFES Institut für Externe Schulevaluation üK Überbetriebliche Kurse auf der Sekundarstufe II UKN Universität Konstanz IMS Informatikmittelschule VTGS Verband Thurgauer Schulgemeinden Insos Nationaler Branchenverband der Institutionen VSL TG Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Thurgau für Menschen mit Behinderung WITg Institut für Werkstoffsystemtechnik Thurgau IS Integrative Sonderschulungen ZMT Zentrum für Mechanik und Technik IUV Interkantonale Universitätsvereinbarung IV Invalidenversicherung JAZ Jahresarbeitszeit-Modell 6
1 Rückblick auf den Bericht 2011 7
1 Rückblickauf den Bericht 2011 1.1 Bilanz Zum gemeinsamen Lehrplan 21 (Deutschschweizer Lehr- plan) läuft in der zweiten Jahreshälfte 2013 eine breite Ver- Die Umsetzung der neuen Bildungsartikel der Bundesver- nehmlassung (vgl. Kapitel 3.1 und 5.4). fassung (BV), auf deren Grundlage ein homogenerer Bil- dungsraum Schweiz sowohl im Volksschul- als auch im Die Thurgauer Bildungslandschaft steht auch im Zeitraum Hochschulbereich entsteht, hat seine Fortsetzung gefunden. von 2011 – 2013 im Zeichen der Konsolidierung. Schulent- wicklungsprojekte wachsen primär auf der Ebene einzelner Die Interkantonale Vereinbarung vom 14. Juni 2007 Schulgemeinden. Ziel ist, den Schulgemeinden weiterhin über die Harmonisierung der obligatorischen Schule einen hohen Autonomiegrad zu gewähren. («HarmoS-Konkordat») ist am 1. August 2009 in Kraft getreten. Der Stand der kantonalen Beitrittsverfahren ist seit Das neue Gesetz über Beitragsleistungen an die September 2010 unverändert geblieben: 15 Kantone (BE, Schulgemeinden (Beitragsgesetz; RB 411.61) ist am BL, BS, FR, GE, GL, JU, NE, SG, SH, SO, TI, VD, VS, ZH) 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Auf der Grundlage des haben den Beitritt bis anhin beschlossen, 7 Kantone (AR, neuen Gesetzes wurden erst zwei Beitragszahlungen vorge- GR, LU, NW, UR, TG, ZG) haben ihn abgelehnt, in 4 Kanto- nommen (2011 definitiv, 2012 provisorische Zahlen). Im Sin- nen (AI, AG, OW, SZ) ist die Beitrittsfrage pendent. Auf der ne einer ersten Bilanz ergibt sich Folgendes: Ebene der kantonalen Gesetzgebung erfüllt der Kanton Thurgau die Inhalte dieser Interkantonalen Vereinbarung. – Seit dem Inkrafttreten des revidierten Beitragsgesetzes hat sich der durchschnittliche Steuerfuss von 97,4 % Die Interkantonale Vereinbarung über die Zusam- (2010) auf 94,2 % (2013) reduziert. menarbeit im Bereich der Sonderpädagogik vom – Die gesamthafte Beitragsleistung an die empfangsbe- 25. Oktober 2007 (Sonderpädagogik-Konkordat) ist rechtigten Schulgemeinden stieg von 46,2 Mio. (2010) am 1. Januar 2011 in Kraft getreten. 14 Kantone (AR, BL, auf 86,1 Mio. Franken (2011). Nach Abzug der Aus- BS, FR, GE, GL, LU, NE, OW, SH, TI, UR, VD, VS) haben den gleichszahlungen der finanzstarken Schulgemeinden ver- Beitritt bis heute beschlossen. Der Kanton Thurgau hat mit blieben Nettoaufwendungen für den Kanton von 24,3 RRB Nr. 329 vom 11. Mai 2010 das Beitrittsverfahren auf Mio. (2010) bzw. 70,7 Mio. Franken (2011). unbestimmte Zeit sistiert. – Im Bereich des übrigen Aufwandes (Betriebspauschale) stiegen die Beitragsleistungen von insgesamt 3 Mio. Die Interkantonale Vereinbarung vom 18. Juni 2009 Franken an 13 Schulgemeinden (2010) auf 14,2 Mio. zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen (Sti- Franken an 49 Schulgemeinden. Beim Vergleich dieser pendien-Konkordat) ist am 1. März 2013 in Kraft getre- Zahlen ist zu berücksichtigen, dass in der Betriebspau- ten. Bis anhin haben 12 Kantone (BE, BL, BS, FR, GE, GL, schale neu die pauschalierten Baufolgekosten enthalten GR, JU, NE, TG, TI, VD) den Beitritt beschlossen. Die ent- sind, die zuvor aufgrund der effektiv anerkannten Bauten sprechende Änderung der kantonalen Gesetzgebung ist im angerechnet wurden. Kanton Thurgau auf den 1. August 2013 in Kraft getreten – Im Bereich der sonderpädagogischen Massnahmen wur- (vgl. Kapitel 3.2). den deutlich höhere Beiträge angerechnet, welche den Schulgemeinden mehr finanziellen Spielraum geben. Mit dem Bildungsmonitoring Schweiz sorgen Bund und – Für das Rechnungsjahr 2011 gingen insgesamt 8 Härte- Kantone gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für fallgesuche ein, 4 konnten bewilligt werden. eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes – Die Abwicklung der Beitragsberechnung konnte verein- Schweiz (Art. 61a Abs. 1 BV). Ein wichtiges Produkt des Bil- facht werden, allerdings nicht im geplanten Umfang. Um dungsmonitorings ist der Bildungsbericht Schweiz, der im künftig die Pauschalen neu berechnen und dem Bundes- Februar 2014 zum zweiten Mal erscheinen wird. Als Grund- amt für Statistik die geforderten Daten liefern zu können, lage für ein nationales Bildungsmonitoring werden nationa- braucht es weiterhin entsprechendes Datenmaterial, des- le Bildungsziele (Bildungsstandards, verstanden als lan- sen Aufbereitung mit einem gewissen Aufwand verbun- desweit verbindliche Minimalziele; Art. 62 Abs. 4 BV) für die den ist. Fachbereiche Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften erarbeitet. 8
1 Rückblickauf den Bericht 2011 – Die Schulgemeinden äussern sich mehrheitlich positiv Folgende Projekte sind noch in Arbeit: zum Beitragsgesetz. Sie haben eine grössere Autonomie – Besoldungsrevision Lehrpersonen: Grossrätliche Vorbe- und Verantwortung in der Mittelverwendung erhalten. In ratung der Botschaft zur Änderung der Verordnung des einzelnen weiträumigen Schulgemeinden bereiten die Grossen Rates über die Besoldung der Lehrkräfte (RB pauschal finanzierten Transportkosten Probleme. 177.250) und des Gesetzes über Beitragsleistungen an die Schulgemeinden (RB 411.61) in der zweiten Jahres- Die im Beitragsgesetz verankerte Überprüfung der Pau- hälfte 2013; schalen alle drei Jahre erfolgt erstmals in der zweiten Hälfte – Optimierung der Weiterbildung im Kanton Thurgau. 2013. 1.3 Parlamentarische Vorstösse 1.2 Vorlagen im Zeitraum im Zeitraum 2011 – 2013 2011 – 2013 Im Zeitraum vom August 2011 bis Juli 2013 sind insgesamt Folgende kantonalen Projekte wurden in der Zeit von 2011 16 parlamentarische Vorstösse (17 im Vergleichszeitraum bis 2013 mit der Einführung abgeschlossen: 2009 bis 2011) mit bildungspolitischen Anliegen eingegan- – Blockzeiten: Inkrafttreten der Änderung des Volksschul- gen, die in den Zuständigkeitsbereich des DEK fallen: gesetzes (RB 411.11) per 1. Januar 2010, Abschluss der Einführung der Blockzeiten im Kindergarten und in der 2009 –2011 2011 – 2013 Primarschule mit dem Schuljahr 2012 / 2013; – Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen: Beitritt zur Parlamentarische Initiativen 1 0 Interkantonalen Vereinbarung zur Harmonisierung von Motionen 3 6 Ausbildungsbeiträgen per 1. Mai 2011; Inkrafttreten der Interpellationen 8 3 Änderungen des Stipendiengesetzes (RB 416.1) und der Einfache Anfragen 5 7 Stipendienverordnung (RB 416.11) per 1. August 2013; – Sportförderung: Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die Förderung von Sport und Bewegung (Sportförde- Thematische Schwerpunkte dieser Vorstösse bilden: rungsgesetz; RB 415.1) und der Sportförderungsverord- – Volksschule: Jokertage; Schulevaluation; Lehrbefähigung nung (RB 415.11) per 1. Juni 2012. der Primarschullehrpersonen; Schulversuche; Basisstufe; Religionsunterricht; Französischunterricht; Folgende Projekte wurden beschlossen, befinden sich aber – Berufsfach-, Mittel- und Hochschulen: Stärkung der noch in Umsetzung: Berufsbildung; niederschwelliges Berufsausbildungs- – Konditionale Einführung der Basisstufe: Inkrafttreten der Angebot; Rektorenlohn; Stipendien und Sozialhilfe; Auf- Änderungen des Volksschulgesetzes (RB 411.11) und der nahmeprüfungen (Französisch) Mittelschulen; Fremd- Volksschulverordnung (RB 411.111) per 1. Januar 2014; sprachenunterricht an der Kantonsschule; Master‑ – Sicherstellung der Qualität des Unterrichts in den Berei- studiengang an der Hochschule für Heilpädagogik; chen Werken und Gestalten sowie Hauswirtschaft an der – Weiteres: Ständige Bildungskommission; Ungültigerklä- Thurgauer Volksschule: Umsetzung auf der Grundlage rung einer Initiative. des Schlussberichtes vom 22. März 2013; – Kinder-, Jugend- und Familienpolitik: Umsetzung des Konzepts für eine koordinierte Kinder-, Jugend- und Familienpolitik des Kantons Thurgau (April 2009) mit 17 Einzelmassnahmen aus 7 Handlungsfeldern. 9
2 Gesellschaftlicher Kontext und wirtschaftliche Entwicklung
2 Gesellschaftlicher Kontext und wirtschaftliche Entwicklung 2.1 Demografie Zunahme der ausländischen Wohnbevölkerung Ende 2012 zählten im Thurgau rund 57’749 Personen aus- Ende Dezember 2012 wohnten 254’528 Personen (vgl. ländischer Nationalität zur ständigen Wohnbevölkerung (vgl. Abb. 1) im Kanton Thurgau. Der Thurgau zählt zu den Kanto- Abb. 3). Dies sind rund 4,8 % oder rund 2’660 Personen nen, die am kräftigsten wachsen. So fiel auch 2012 das mehr als im Vorjahr. Der Ausländeranteil an der thurgaui- Wachstum mit 1,6 % im Vergleich zum Vorjahr (rund 3’890 schen Wohnbevölkerung liegt bei 22,4 % (CH: 22,8 %). Wie Personen) sehr deutlich aus. In den vergangenen fünf Jah- bereits im Vorjahr nahm die Zahl der Deutschen, der mit ren nahm die Bevölkerung im Kanton Thurgau um rund Abstand grössten Ausländergruppe im Thurgau, mit rund 17’000 Personen zu. Der seit einigen Jahren zu beobach- tende Trend einer sich leicht steigernden Geburtenzahl setz- te sich im Jahr 2011 nicht fort: So kamen mit 2’340 Babys Abb. 2: B evölkerungsszenarien rund 60 Neugeborene (–2,3 %) weniger zur Welt als im Vor- für den Kanton Thurgau jahr. Da im Jahr 2011 nebst den Geburten auch die Zahl der Ständige Wohnbevölkerung, 1980 – 2030, Todesfälle zurückging, hat sich der Geburtenüberschuss nur Anzahl Personen minim auf 471 Personen (2010: 477) verringert. 350’000 Szenario «hohe Zuwanderung» Gemäss dem mittleren (plausibelsten) Szenario des Bun- 300’000 desamtes für Statistik BFS dürfte die Bevölkerung im Kan- 250’000 Hauptszenario ton Thurgau bis zum Jahr 2030 jährlich wachsen (vgl. Abb. 2). Voraussichtlich werden im Jahr 2030 über 285’000 Per- 200’000 sonen im Thurgau leben. 150’000 100’000 Dies entspricht einer Zunahme um 37’000 Personen (+15 %). Das prognostizierte Bevölkerungswachstum wird 50’000 vor allem auf die Zuwanderung sowohl aus dem Ausland wie 0 auch aus anderen Kantonen zurückzuführen sein. 1980 1990 1985 1995 2030 2000 2005 2015 2025 2010 2020 Quelle: Bundesamt für Statistik (ESPOP 1980 – 2009), Dienststelle für Statistik, Kantonale Bevölkerungsszenarien für den Thurgau 2010 – 2030 Abb. 1: S tändige Wohnbevölkerung und Abb. 3: S tändige ausländische Wohnbevölkerung Wachstumsrate Kanton Thurgau, Jahr 2012, Kanton Thurgau, 2005 – 2012, Wohnbevölkerung Anzahl Personen, Angaben in Prozent in Anzahl Personen, Wachstum in % 300’000 2.5 Deutschland Italien 250’000 Mazedonien 2.0 234’886 233’912 1.6 1.6 Portugal 200’000 1.4 Türkei 1.3 1.5 150’000 1.1 1.1 Serbien 1.0 Kosovo 100’000 Österreich 0.5 0.4 244’365 250’640 237’514 241’243 254’528 247’073 0.5 Spanien 50’000 Übrige 0 0.0 0 5 10 15 20 25 30 35 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 100 % = 57’749 Personen Wohnbevölkerung Wachstumsrate (rechte Skala) Quelle: Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau, Quelle: Bundesamt für Migration, ZEMIS Kantonale Bevölkerungsszenarien 11
2 Gesellschaftlicher Kontext und wirtschaftliche Entwicklung 7 % markant zu. Ende 2012 wohnten 19’220 Deutsche im Markante Zunahme der älteren Bevölkerung Thurgau. Zusammen mit den Italienerinnen und Italienern Die demografische Alterung setzte sich auch im Jahr 2012 stellen sie die grösste Ausländergruppe dar und machen fort, sodass sich die jüngere Bevölkerung unter 20 Jahren zusammen fast die Hälfte der ausländischen Wohnbevölke- erneut reduzierte und nun bei 21,3 % liegt, während vor rung aus. allem die ältere Bevölkerung über 64 Jahre kräftig zuge- nommen hat – nämlich auf 16 %. Diese Zunahme wird sich in Zukunft noch verschärfen, da im Thurgau die geburten- starken Jahrgänge im Vergleich zur Schweiz übervertreten sind und diese bereits in einigen Jahren das Rentenalter erreichen werden. Abb. 4: A ltersstruktur der Wohnbevölkerung gemäss Hauptszenario Das BFS geht bei seinen Bevölkerungsszenarien davon aus, Kanton Thurgau, 2010 / 2030, dass vor allem die ältere Bevölkerung stark wachsen wird Anzahl Personen nach Fünfjahresklassen (vgl. Abb. 4). Jede oder jeder Vierte ist gemäss den Szenari- Alter Männer Frauen en im Jahr 2030 im Rentenalter. Auch eine Fortsetzung der über 90 hohen Zuwanderung wie in den letzten Jahren würde den 85 –89 80 –84 Anteil der Personen über 64 Jahre nur wenig reduzieren. 75 –79 70 –74 65 –69 Haushaltstyp 60 –64 55 –59 Der Kanton Thurgau hat eine ähnliche Struktur der Haus- 50 –54 2010 45 –49 haltstypen wie die gesamte Schweiz (vgl. Abb. 5). Einperso- 40–44 2030 35– 39 nenhaushalte (31 %), Paare ohne Kinder (30 %) sowie Paa- 30– 34 re mit Kindern (29 %) sind je paritätisch die am häufigsten 25– 29 20– 24 vorkommenden Haushaltstypen im Kanton Thurgau. Es wird 15– 19 10– 14 davon ausgegangen, dass die Einpersonenhaushalte 5– 9 0– 4 (+47 %) und Zweipersonenhaushalte (+52 %) in Zukunft 15’000 10’000 5’000 0 5’000 10’000 15’000 weiter zunehmen werden. Gründe für diese Entwicklung lie- Quelle: Dienststelle für Statistik, Kantonale Bevölkerungsszenarien für den gen vor allem in der Erhöhung der Lebenserwartung und Thurgau 2010 – 2030 dem Rückgang der Geburtenhäufigkeit. Abb. 5: P rivathaushalte nach Haushaltstyp Abb. 6: Konfessionszugehörigkeit Kanton Thurgau und Schweiz, 2010, Kanton Thurgau, 2010, Angaben in Prozent Angaben in Prozent Einpersonen- haushalte Evangelisch-reformiert Paare Römisch-katholisch ohne Kinder Konfessionslos Paare Andere christl. Glaubensgemeinschaften mit Kind(ern) Islamische Glaubensgemeinschaften Elternteile Religion/ mit Kind(ern) Konfession unbekannt Andere Religionsgemeinschaften Übrige Jüdische Glaubensgemeinschaften 0 5 10 15 20 25 30 35 40 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Dt. Sprachregion Thurgau Quelle: Bundesamt für Statistik, Strukturerhebung Quelle: Bundesamt für Statistik, Strukturerhebung 12
2 Gesellschaftlicher Kontext und wirtschaftliche Entwicklung Religion feld bewegt (vgl. Abb. 7). So geben 25,3 % der Thurgauer Fast drei Viertel der Thurgauerinnen und Thurgauer gehör- Bevölkerung die obligatorische Schule (CH: 26,1 %), ten im Jahr 2010 entweder der evangelisch-reformierten 52,7 % die Sekundarstufe II (CH: 46,9 %) und 20,8 % die (37 %) oder der römisch-katholischen (33 %) Kirche an (vgl. Tertiärstufe (CH: 25,5 %) als höchste abgeschlossene Abb. 6). Gegenüber dem Jahr 1970 ist dieser Anteil jedoch Ausbildung an. deutlich gesunken, betrug er doch damals noch knapp 98 %. Stark zugelegt haben vor allem die islamischen Gemein- Ein Vergleich mit früheren Jahren zeigt, dass auch bei den schaften, deren Anteil an der Bevölkerung sich von 0,4 % Thurgauerinnen und Thurgauern das Bildungsniveau in den im Jahr 1970 auf 5,8 % im Jahr 2010 vervielfachte. letzten Jahrzehnten markant gestiegen ist. Auch zur Gruppe der übrigen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften gehörte im Jahr 2010 ein deutlich grösse- rer Bevölkerungsteil als zwei Jahrzehnte zuvor an. Stark 2.2 Wirtschaftliche Entwicklung steigt ferner die Zahl jener Thurgauerinnen und Thurgauer, die keiner Religionsgemeinschaft angehören. Betrug deren Ein Blick auf den Ressourcenindex zeigt, dass der Kanton Anteil im Jahr 1980 1,6 %, so gehören im Jahr 2010 rund Thurgau einen Anstieg von 73.1 (2011) auf 77.4 Punkten 16 % keiner Religionsgemeinschaft an. (2013) verzeichnen konnte (vgl. Abb. 8). Der Kanton Thur- gau bewegt sich damit im Mittelfeld derjenigen Kantone, die Bildungsniveau der Bevölkerung Beiträge aus dem Finanzausgleich erhalten. Das Bildungsniveau der Schweizer Bevölkerung nimmt seit 1996 kontinuierlich zu. Insbesondere die Tertiärabschlüsse Arbeitsmarkt verzeichnen eine starke Zunahme, was nicht zuletzt auch auf Nach einer erfreulichen Abnahme der Arbeitslosenzahlen im die Gründung der Fachhochschulen zurückzuführen ist. Das ersten Halbjahr 2012 verschärfte sich die Lage am Thur- BFS geht davon aus, dass sich das Bildungsniveau der gauer Arbeitsmarkt wieder. Im Jahresdurchschnitt 2012 Schweizer Bevölkerung auch in den kommenden Jahren waren 3’084 Personen ohne Arbeit registriert. Die durch- deutlich erhöhen wird. schnittliche Arbeitslosenquote lag mit 2,2 % zwar 0,2 % über dem Vorjahreswert, aber wie in den Vorjahren lag die Der Kantonsvergleich zeigt, dass sich der Kanton Thurgau Arbeitslosenquote 2012 im Thurgau im Vergleich zur bezüglich des Bildungsstands der Bevölkerung im Mittel- Schweiz (2,9 %) deutlich niedriger (vgl. Abb. 9). Die Jugend- Abb. 7: H öchste abgeschlossene Ausbildung der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren nach Kanton, 2011, Angaben in Prozent Durchschnitt (1,5 %) 100 (25,5 %) 90 80 (46,9 %) 70 60 50 40 30 (26,1 %) 20 10 0 CH TG SH AR AI SG GR GL LU UR SZ OW NW ZG ZH BS BL AG BE FR SO NE JU VD VS GE TI Ostschweiz Zentralschweiz Nordwest- Espace Genfersee- schweiz Mittelland region keine, Sekundarstufe I Sekundarstufe II Tertiärstufe Höchste abgeschlossene Ausbildung unbekannt Quelle: Bundesamt für Statistik, Strukturerhebung 13
2 Gesellschaftlicher Kontext und wirtschaftliche Entwicklung arbeitslosigkeit im Kanton Thurgau betrug im Jahr 2012 durchschnittlich 2,7% (CH: 3,2 %). Sozialhilfe Ende 2011 waren im Kanton Thurgau 4’083 Personen teil- weise oder ganz auf Sozialhilfeleistungen angewiesen. Die Sozialhilfequote liegt seit 2009 unverändert bei 1,6 %. Kin- der und Jugendliche unter 18 Jahre sind überdurchschnitt- lich oft auf Sozialhilfe angewiesen: Im Jahr 2011 waren es rund 1’120 Kinder und Jugendliche. 20 % der unterstützten Haushalte sind Ein-Eltern-Haushalte. Abb. 8: R essourcenindex, Abb. 9: Entwicklung der Arbeitslosenquote Interkantonaler Vergleich im Jahr 2012, für die Jahre 2011 und 2013 Kanton Thurgau und Schweiz, Angaben in Prozent 250 4.0 200 3.5 150 3.0 100 2.5 50 2.0 0 TG SH AR AI SG GR GL LU UR SZ OW NW ZG ZH BS BL AG BE FR SO NE JU VD VS GE TI Ostschweiz Zentralschweiz Nordwest- Espace Genfersee- 1.5 schweiz Mittelland region Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2013 2011 CH: Jugendarbeitslosenquote TG: Jugendarbeitslosenquote CH: Arbeitslosenquote TG: Arbeitslosenquote Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, Finanzausgleich Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, AMSTAT 14
3 Kooperation im Schweizer Bildungswesen 15
3 Kooperation im Schweizer Bildungswesen Das folgende Kapitel soll einen Überblick geben, an wel- Zusammenhang Lehrplan 21, chen Kooperationen im Schweizer Bildungswesen sich der nationale Bildungsziele und Bildungsmonitoring Kanton Thurgau beteiligt (vgl. auch Kapitel 1.1). Sämtliche Der Lehrplan 21 wird für jeden Fachbereich Kompetenzen Kooperationen – auch hier nicht referierte – und deren beschreiben, die im Laufe der Volksschule von den Schüle- aktueller Beitritts- und Umsetzungsstand können der Web- rinnen und Schülern erworben werden. Pro Zyklus werden seite der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erzie- zudem Mindestansprüche definiert, die spätestens bis zum hungsdirektoren (EDK) entnommen werden. Ende des jeweiligen Zyklus von allen Schülerinnen und Schülern (ausgenommen sind Schülerinnen und Schüler mit angepassten Lernzielen) erreicht werden müssen. 3.1 Lehrplan 21, nationale Ob die im Lehrplan definierten Mindestansprüche auch Bildungsziele und erreicht werden, soll mit der Überprüfung der Erreichung der nationalen Bildungsziele künftig im Rahmen des schweizeri- Bildungsmonitoring schen Bildungsmonitorings evaluiert werden. Projektstand Lehrplan 21 Nachdem im März 2010 die Grundlagen des Lehrplans 21 verabschiedet worden waren, erarbeiteten sechs interdiszip- 3.2 Stipendienwesen linär zusammengesetzte Fachbereichsgruppen die Fachlehr- pläne. Diese wurden Ende Juni 2013 den Kantonen überge- Im Zuge des Beitritts zu dieser Vereinbarung hat der Grosse ben, um eine breite Konsultation innerhalb des Kantons Rat Änderungen im Thurgauer Stipendiengesetz beschlos- durchzuführen. Basierend auf den daraus resultierenden sen. Die Limite für das Stipendienmaximum wird erhöht und Rückmeldungen wird der Lehrplan ein letztes Mal überar- kann zukünftig vom Regierungsrat angepasst werden, wenn beitet. Voraussichtlich im Herbst 2014 wird der Lehrplan 21 die Konferenz der Vereinbarungskantone einen Teuerungs- von der Plenarversammlung der D-EDK zur Einführung in ausgleich beschliesst. Darüber hinaus werden Brückenan- den Kantonen freigegeben und damit das gemeinsame gebote von Anbietern mit öffentlich-rechtlicher Trägerschaft Erarbeitungsprojekt abgeschlossen. Anschliessend ent- oder mit einem öffentlich-rechtlichen Leistungsauftrag und scheidet jeder Kanton gemäss den eigenen Rechtsgrund ein Hochschulstudium im Anschluss an eine höhere Berufs- lagen über die Einführung des Lehrplans im Kanton. bildung stipendienberechtigt. Das Gesetz ist zusammen mit der revidierten Stipendienverordnung auf den 1. August An seiner Sitzung vom 18. Dezember 2012 hat der Regie- 2013 in Kraft gesetzt worden. rungsrat des Kantons Thurgau das Departement für Erzie- hung und Kultur beauftragt, die Projektorganisation zur Einführung des Lehrplans 21 aufzubauen und die damit ver- bundenen Vorarbeiten an die Hand zu nehmen. Detaillierte Angaben zum Lehrplan und dessen Einführung im Kanton Thurgau können dem Kapitel 5.4 entnommen werden. 16
4 Übergreifende Themen
4 Übergreifende Themen 4.1 Kinder-, Jugend- und (für sozial benachteiligte Familien und/oder fremdsprachige Kinder) werden seit 2010 durch die Fachstelle KJF punk Familienpolitik tuell mitfinanziert und mitbegleitet, was von verschiedenen Gemeinden genutzt wird (vgl. Kapitel 4.1.1). Die Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF) ist gut etabliert und hat sich im Kanton stark vernetzt. Zuständigkeiten Sie wird als Drehscheibe für verschiedene Ämter, Gemein- Auf kantonaler Ebene beschäftigen sich verschiedene Stel- den, Institutionen, Fachstellen und Private genutzt. Die Ver- len mit dem Thema Frühe Förderung. Das Departement für netzung und Koordination wird laufend ausgebaut und in Finanzen und Soziales (DFS) ist seitens des Kantons für die verschiedenen Gebieten intensiviert (z. B. Aufbau einer Ehe- und Familienberatung (EFB) sowie die Mütter- und Vernetzungsstruktur im Bereich Frühe Förderung und im Väterberatung (MVB) Thurgau zuständig. Während die EFB Bereich Kinder- und Jugendförderung). eine Verbundaufgabe von Kanton und Gemeinden ist, sind für die MVB die Gemeinden zuständig. 2012 wurden die Per 6. Dezember 2012 hat die Fachstelle einen Halbzeit EFB und MVB in einem Reorganisationsprozess in der «Per- bericht verfasst und das weitere Vorgehen skizziert. Der spektive Thurgau – Gemeindezweckverband für Gesund- Bericht zeigt die Ausgangslage, die erbrachten Leistungen heitsförderung, Prävention, Beratung» zusammengeführt. und den daraus folgenden weiteren Handlungsbedarf auf. Mit dem RRB Nr. 1005 vom 11. Dezember 2012 wurde der Mit dem Vormundschaftswesen wurde auch das Pflegekin- Auftrag erteilt, ein Folgekonzept Kinder-, Jugend- und Fami- derwesen im Kanton reorganisiert. Seit Januar 2013 ist die lienpolitik (2014 – 2018) zu erarbeiten und dem Regierungs- neue Abteilung Pflegekinder- und Heimaufsicht des Depar- rat bis November 2013 zu unterbreiten. tements für Justiz und Sicherheit (DJS) für alle Bewilligun- gen und für die Aufsicht im Bereich der ausserfamiliären Kinderbetreuung verantwortlich. Die Abteilung übernimmt 4.1.1 Projekte unter anderem die Vermittlung von geeigneten Plätzen und berät Pflegeeltern. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Projekte, die von der Fachstelle KJF aktuell unterstützt werden. Eine Die Frühe Förderung ist auch im Integrationsbericht vom Juli laufend aktualisierte Zusammenstellung der Projekte findet 2012, der eine Bestandes- und Bedarfsanalyse zur Situation sich auf der Internetseite der Fachstelle (www.kjf.tg.ch). Die der Ausländerinnen und Ausländer im Kanton Thurgau bein- Kostenbeteiligung des Kantons durch die KJF an den ein- haltet, als wichtiges Thema aufgenommen worden. zelnen Projekten ist dem Geschäftsbericht 2012 auf Seite 120 – 121 zu entnehmen. Die Pädagogische Hochschule Thurgau (PHTG) und die Universität Konstanz bieten den neuen interdisziplinären Masterstudiengang Frühe Kindheit sowie ein eng damit ver- 4.1.2 Frühe Förderung bundenes Kompetenznetzwerk an. Die dort behandelten Forschungsthemen und Entwicklungsprojekte sind explizit Im Kanton Thurgau wird auf kantonaler Ebene und von vie- auf die frühe Kindheit ausgerichtet (vgl. Kapitel 6.2.5). len Gemeinden der Handlungsbedarf im Bereich der Frühen Förderung1 erkannt, ohne dass dazu eine gesetzliche Ver- pflichtung besteht. Bereits vor dem Eintritt in den Kindergar- ten und in die Schule bestehen im Kanton Thurgau qualitativ gute Angebote an allgemeiner (sogenannt universeller) familienunterstützender Früher Förderung sowie an familien ergänzender Früher Förderung. Die Angebote im Bereich der selektiven familienunterstützenden Frühen Förderung 1 Mit dem Begriff Frühe Förderung ist die Unterstützung von Kindern in ihrem Lernprozess ab Geburt bis zum Eintritt in die Kindergartenstufe gemeint. Frühe Förderung umfasst dabei die Aspekte Bildung, Betreuung und Erziehung gleichermassen und schliesst auch die Unterstützung und Beratung der Eltern mit ein (vgl. Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2009). 18
4 Übergreifende Themen Tab. 1: Übersicht über die von der Fachstelle KJF unterstützten Projekte Massnahmenfeld Projekt Beschreibung Vernetzung und Netzwerk Schule, Migration und Jährliches Netzwerktreffen «Migration, Schule und Elternbildung» Elternbildung im Kanton Thurgau. Koordination Elektronischer Infoletter der Informationen aus den Bereichen Kind, Jugend und Familie werden Fachstelle regelmässig an Interessierte versandt. Neue Projektdatenbank – Eine elektronische Sammlung von Thurgauer Projekten im Bereich Projektnetz Kind, Jugend und Familie. Leistungsvereinbarung mit der Internetplattform für Angebote im Bereich familienergänzende Familienplattform Ostschweiz Kinderbetreuung (Krippen, Spielgruppen, Horte). Elternbildung Leistungsvereinbarung mit der Die Elternbildung im Kanton Thurgau wird qualitativ verbessert. Thurgauischen Arbeitsgemein- schaft für Elternorganisationen (TAGEO) Jugendmedienschutz Finanzierung der Broschüre «FAQ Medienkompetenz – ein medienpädagogischer Leitfaden für Eltern und Fachpersonen». Ostschweizer Familienforum Finanzieller Beitrag an die drei Foren in Weinfelden. 2010 – 2012 Frühe Förderung Projekt «Spiel mit mir» Ein Projekt zur Frühförderung in Weinfelden. (Vorschulische Fördermassnahmen) Integration-vor-4 Siehe Massnahmefeld Integration. Fit in den Kindergarten Siehe Massnahmefeld Integration. Guter Start ins Kinderleben Systematische Kooperation und Vernetzung mit geregelten Absprachen und Verfahrenswegen zwischen den verschiedenen Institutionen, Einrichtungen und Fachpersonen des Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesens. Mit Eltern lernen Umsetzung des Programmes «Parents as Teachers (PAT)» in Frauenfeld. Familienergänzende FamOS (Familien Ostschweiz Mitarbeit in der Austauschgruppe. SG, AR, AI, TG) Kinderbetreuung Integration Integration-vor-4 Deutsch-Lernangebot für fremdsprachige Kinder im Alter zwischen drei und vier Jahren mit Einbezug der Eltern in Sulgen. Fit in den Kindergarten Sprachspielgruppe und Kindergartenvorbereitung für Kinder im Alter von vier Jahren in Amriswil. Projekt Entwicklung kantonaler Grundlagenerarbeitung für die Integrationsvereinbarung. Entwicklungsprogramme und begleitende Massnahmen Jugendförderung Jugendinformation Thurgau Aufbau einer Musterlösung Jugendinformation Thurgau. Leistungsvereinbarung mit dem Stärkung der Offenen Jugendarbeit Thurgau. Verein Thurgauer Offene Jugendarbeit (TOJA) Kinder- und Jugendförderung im Aufbau einer Vernetzungsplattform Kanton, Gemeinden und Lebensraum Thurgau Schulgemeinden im Bereich der Kinder- und Jugendförderung. Kindes- und Jugendschutz Leistungsvereinbarung Telefon Telefonisches Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche, 147 täglich während 24 Stunden. Respektstadt Ein Projekt zur Gewaltprävention in Arbon. Smacting Ein Projekt zur Stärkung der Zivilcourage und Gewaltprävention des Bildungszentrums für Technik, Frauenfeld. Leistungsvereinbarung mit Internetplattform Jugendinformation. nationalem Anbieter «Jugend information Infoklick» 19
4 Übergreifende Themen 4.2 Erziehung, Bildung und Suchtmittelprävention. Die Schule nimmt diese Anliegen ernst und versucht, den aktuellen gesellschaftlichen Wertevermittlung Bedürfnissen zu genügen. Gleichzeitig weiss sie auch dar- um, dass sie neben Elternhaus und anderen Akteuren in Erziehung umfasst die klassische geistige Bildung, aber unserer Gesellschaft nur ein Teil der Erziehungsarbeit leis- auch die Vermittlung moralischer Werte und die Schulung ten kann und muss. lebenspraktischer Fähigkeiten. § 2 des Gesetzes über die Volksschule verweist auf diese ganzheitliche Erziehungsauf- gabe. Es wäre allerdings vermessen, würde man der Schule diesen Erziehungsauftrag alleine zumuten. So hält dieselbe 4.3 Konflikt- und Bestimmung denn auch explizit fest, dass die Schule nur «in Krisenmanagement Ergänzung zum Erziehungsauftrag der Eltern» tätig wird. Zusätzlich zu den Eltern wirken Vereine, die Nachbarschaft, Kirchen, kulturelle Einrichtungen, politische Institutionen Konflikte sind normale und alltägliche Begleiterscheinun- usw. in einer ganzheitlichen Bildungs- oder Erziehungsland- gen menschlichen Zusammenlebens. Während sich ein Teil schaft mit. Erziehung hört mit dem Klingeln der Schulglocke der Konflikte schnell und einfach lösen lässt, stellen andere also nicht auf – ganz im Gegenteil: Erziehung findet zuerst die Beteiligten vor grössere Herausforderungen. Manchmal und vor allem ausserhalb der Schule statt. Im Wissen darum handelt es sich um Krisen, die so komplex sind, dass sie nur kann sich die Schule auf die Förderung der intellektuellen, unter Beizug von Fachpersonen bewältigt werden können. fachlichen und überfachlichen Fähigkeiten der Kinder und Das AV bietet nachhaltigen Support für Schulen, die in kon- Jugendlichen konzentrieren – ohne dabei die anderen flikt- oder krisenhaften Situationen externe Unterstützung Aspekte aus den Augen zu verlieren. in Anspruch nehmen möchten. Die Fachpersonen der Abteilung Schulpsychologie und Schulberatung unterstüt- Was soll die gemeinsame Erziehungsaufgabe alles bein- zen und beraten bei schulischen Konflikten jeglicher Art. halten? Während sich traditionelle Bildung, aber auch Seit Jahren gehören Anfragen zu Konfliktsituationen zu den lebenspraktische Fähigkeiten in breit abgestützten Lehr- häufigsten Mandaten der Schulberatung. In den Jahren plänen festschreiben lassen, ist die Definition verbindlicher 2011 und 2012 ging es bei rund 15 % aller Beratungsman- moralischer Werte heikler. Wie kann in einer schnelllebigen date um die Unterstützung und Begleitung in konflikthaften und globalisierten Welt eine gemeinsame Ethik definiert Situationen. und vermittelt werden? Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe der Lehrpersonen, im Rahmen des Gesetzes und im Aus- Das Schulische Kriseninterventionsteam (SKIT) kommt zum tausch mit den Eltern einen sinnvollen Weg der Wertever- Einsatz, wenn eine Krise bewältigt werden muss, die durch mittlung zu finden. Die Frage nach moralischen Werten ein ausserordentliches Ereignis im Zusammenhang mit und dem Zusammenhang von individuellen und allgemei- Schülerinnen und Schülern, jungen Erwachsenen, Lehrper- nen Idealen kann auch Thema der Politik und Rechtspre- sonen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schule oder chung sein. Kürzlich hat das Bundesgericht bestätigt, dass Eltern ausgelöst worden ist. Krisen können durch verschie- moslemische Mädchen am obligatorischen Schwimmunter- dene Ereignisse wie z. B. Unfälle, Todesfälle, Bedrohungen, richt teilnehmen müssen. Es hat damit den Wert einer Gewaltvorkommnisse, Suizidalität oder sexuelle Übergriffe umfassenden Integration vor individuelle religiöse Werte ausgelöst werden. gestellt. Das SKIT bietet Support während und nach einer Krise Bei der Diskussion darüber, was gute Erziehung ausmacht, sowie Beratung und Schulung im Rahmen notfallbezogener geht es auch um das richtige Verhältnis bei der Vermittlung Prävention. Es steht öffentlichen und privaten Schulen aller lebenspraktischer Fähigkeiten, klassischer Bildung und Stufen zur Verfügung. Mit dem SKIT kann sichergestellt moralischer Werte. Auch diese Frage beschäftigt Schule werden, dass Schulen im Krisenfall rund um die Uhr Unter- und Politik. Verschiedentlich wird gefordert, in der (schuli- stützung, Beratung und Begleitung vor Ort anfordern kön- schen) Erziehung den lebenspraktischen Aspekt mehr zu nen. Während der letzten Jahre haben sich die Einsätze des gewichten, sei es zum Beispiel durch eine Stärkung von SKIT mehr als verdoppelt (2008: 20 Einsätze, 2009: 35 Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, Einsätze, 2010: 50 Einsätze, 2011: 44 Einsätze, 2012: 48 sei es durch verstärkte berufliche Orientierung oder die Einsätze). 20
4 Übergreifende Themen Viele Schulen – insbesondere auch die kantonalen Mittel- 4.5 Gesundheitsförderung und Berufsfachschulen – verfügen über Konzepte zu Ange- boten und Vorgehensweisen in Konflikt- und Krisensituatio- Kantonales Aktionsprogramm (KAP) nen. Für Kinder und Jugendliche, die sich in individuellen «Thurgau bewegt» 2013 – 2016 Krisen befinden, ist es wichtig, dass sie unkompliziert und Unser Kanton hat sich ein gesundes Körpergewicht für alle vor Ort Unterstützung in Anspruch nehmen können. Wo vor- Kinder und Jugendlichen als strategisches Ziel gesetzt. Die- handen, kommt der Schulsozialarbeit eine bedeutsame Rolle ses soll mittels gesunder Ernährung und genügend Bewe- zu. In vielen Mittelschulen gibt es in Ergänzung zu lokalen gung in der Schule und im Elternhaus erreicht werden; das und kantonalen Beratungsangeboten schulinterne Anlauf- Programm wurde bis 2016 verlängert. Präventionsmassnah- stellen. Bei Konflikten zwischen Mitarbeiterinnen und Mitar- men sollen bereits in der frühen Kindheit ansetzen und wäh- beitern und Vorgesetzten finden Betroffene in den Bera- rend der ganzen Schulzeit fortgeführt werden. Das Aktions- tungsstellen von Bildung Thurgau und Personal Thurgau programm wird von Perspektive Thurgau in Zusammenarbeit kompetente Ansprechpersonen. mit dem AV, dem Sportamt und dem Verband Thurgauer Schulgemeinden (VTGS) durchgeführt. Zum KAP zählen unter anderem folgende Projekte: – Purzelbaum: Purzelbaum fördert Bewegung und gesunde 4.4 Begabungs- und Ernährung auf der Kindergartenstufe. Es geht etwa um die bewegungsfördernde Umgestaltung der Kindergar- Begabtenförderung tenräume, Elterninformationsveranstaltungen und Weiter- bildungskurse für Lehrpersonen. Im September 2013 Eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe hat im Februar startet die vierte Staffel mit 18 weiteren Kindergarten- 2013 einen umfassenden Bericht vorgelegt, der aufzeigt, mit lehrpersonen. Ab Schuljahr 2013 / 2014 wird ein ange- welchen Massnahmen eine Begabungs- und Begabtenför- passtes Programm auch für die Primarschule angeboten. derung über alle Schulstufen hinweg im Thurgau anzugehen – Open Sunday: An Sonntagen sollen Sporthallen mit wäre. Als übergeordnete Ziele wurden definiert: einem begleiteten, polysportiven Angebot für Kinder und – Unterstützung einer systematischen und umfassenden Jugendliche zur Verfügung stehen. Das Angebot hat sich Begabungs- und Begabtenförderung auf allen Schulstu- an vier Standorten etabliert und im Winterhalbjahr fen im Kanton Thurgau; 2012/2013 rund 2’600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – Förderung von Spitzenleistungen in allen Bereichen: in erreicht. sprachlichen, mathematisch-technischen oder naturwis- – «Schnitz und schwatz» beinhaltet ein digitales Lehrmittel senschaftlichen Disziplinen, in berufspraktischen Feldern für gesunde und ausgewogene Ernährung. sowie in sportlichen, künstlerischen und musikalischen – «Schnitz und drunder» stellt Kinderkrippen und Mittags Bereichen. tischen ein gut genutztes Beratungs- und Schulungsan- gebot zur Verfügung. Als Teil des Projekts wurden Güte- Der Bericht enthält folgende Empfehlungen: kriterien auf Grundlage der Richtlinien der Schweizerischen – Auf allen Schulstufen sind strategische Entscheide zu fällen; Gesellschaft für Ernährung entwickelt. – Die Angebote müssen ausreichend finanziert sein; – Der Schwerpunkt ist in der Volksschule zu legen (vgl. Ausstellung «Mein Körper gehört mir» Kapitel 5.2.1); Den Schulen steht für die Prävention gegenüber sexueller – Es sind neue, kantonsweite Angebote zu schaffen, die Gewalt weiterhin ein gut nachgefragtes permanentes direkt durch den Kanton finanziert werden. Angebot für Schülerinnen und Schüler der 2. und 3. Klasse zur Verfügung. Das Angebot umfasst neben der Ausstel- Ende November 2013 findet eine Tagung zu diesem Thema lung u. a. Weiterbildung für Lehrpersonen und Elterninfor- statt. mation. Studien zum Gesundheitsverhalten Der Thurgau wird sich 2014 (wie bereits 2010) mit einer eigenen Stichprobe an der nationalen Studie zur Befragung des Gesundheitsverhaltens von 11- bis 15-Jährigen beteili- gen. Ausserdem wirkt unser Kanton an einer Befragung von 21
4 Übergreifende Themen Gesundheitsförderung Schweiz mit, die den Stand der die Förderung von Sport und Bewegung wird der Umfang des Gesundheitsförderung in unseren Schulen erhebt. Damit Sportunterrichts teilweise neu geregelt. Gleich geblieben ist lässt sich die Wirksamkeit der bisher getroffenen Massnah- der Umfang an der obligatorischen Volksschule. Auf der Pri- men überprüfen. marstufe und der Sekundarstufe I sind mindestens drei Lek tionen Sportunterricht pro Unterrichtswoche zu erteilen. Neu Schulärztliche und schulzahnärztliche Betreuung müssen auf der Vorschulstufe Bewegung und Sport in den Gemäss § 59 des Gesetzes über die Volksschule gewähr- täglichen Unterricht integriert werden. Ebenfalls neu sind an leisten die Schulgemeinden die schulärztliche und schul- den Mittelschulen pro Schuljahr mindestens 110 Lektionen zahnärztliche Betreuung. Dabei soll auf Früherkennung und Sportunterricht zu erteilen. An den Berufsfachschulen ist der Vorbeugung besonderes Gewicht gelegt werden. Die ent- Sportunterricht für Lernende der zwei- bis vierjährigen beruf- sprechenden «Richtlinien für die schulärztliche Tätigkeit» lichen Grundbildung obligatorisch. Dabei gilt der Grundsatz, sind nicht mehr zeitgemäss. Insbesondere der Prävention, dass bei eintägigem Unterricht 40 Jahreslektionen Sportun- dem systematischen Monitoring von Körpergrösse und terricht zu erteilen sind. Das Staatssekretariat für Bildung, -gewicht, den Themen Psyche, Sucht, Gewalt und Sexualität Forschung und Innovation (SBFI) legt die Anzahl Lektionen in wie auch der frühzeitigen Identifikation von Risikokindern den Verordnungen über die berufliche Grundbildung fest. und -jugendlichen wird zu wenig Beachtung geschenkt. Ebenso wird die Form der schulärztlichen Untersuchungen Testübungen hinterfragt. Eine Arbeitsgruppe des AV wird in Zusammen In der obligatorischen Schulzeit wird der Ausbildungsstand arbeit mit betroffenen Verbänden, Ämtern, Diensten und der Schülerinnen und Schüler mit einfachen Testübungen Gremien diese Richtlinien bis Sommer 2014 überarbeiten. regelmässig erfasst. Im Kindergarten und der Unterstufe gilt Ausserdem sollen ergänzende Hinweise zur schulzahnärztli- es, die Übungsauswahlen, je eine für indoor und outdoor, zu chen Tätigkeit formuliert werden. absolvieren. Die Übungsauswahl steht seit dem Schuljahr 2010/2011 zur Verfügung. Die Testreihen für die Mittelstufe werden seit dem Schuljahr 2005/2006 mit den Schülerin- nen und Schülern der 4. und der 6. Klasse durchgeführt. Die 4.6 Sport Testübungen für die Sekundarstufe I wurden vor drei Jahren überarbeitet. 4.6.1 Obligatorischer Sportunterricht Erkenntnisse und Massnahmen Mit der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über die Förde- Die Testübungen auf der Unterstufe werden seit zwei rung von Sport und Bewegung vom 17. Juni 2011 sowie den Jahren umgesetzt. Hier können noch keine gesicherten dazugehörigen Verordnungen erhielt der Sportunterricht Erkenntnisse abgeleitet werden. Hingegen lassen sich beim einen neuen gesetzlichen Rahmen. In der Verordnung über Mittelstufentest gestützt auf die erzielten Resultate Rück- Tab. 2: Entwicklung der Teilnahme am Bewegungsprojekt «Kids Fit» Januar 2009 Januar 2010 Februar 2011 Januar 2012 Januar 2013 Anzahl teilnehmende Kinder 2’115 2’610 3’557 4’019 5’422 (5- bis 10-jährig) Mädchen 1’231 1’359 1’850 1’994 2’582 Buben 884 1’251 1’707 2’025 2’840 Anzahl Kurse 112 180 244 284 362 Anzahl Trainings pro Jahr 3’360 4’050 5’612 6’532 8’120 Anzahl ausgebildete Leiterpersonen 172 270 471 573 635 aus Schulen 45 62 69 74 aus Vereinen 225 409 504 561 Quelle: Sportamt 22
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