KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer

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KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
ISSN 2195-9277 Nr. 5–6/2022 Jahrgang 130

Das Magazin des Verbandes Deutscher Realschullehrer und der Lehrkräfte an Schulen im Sekundarbereich

     KRISENZEITEN
     Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter

   6 | BILDUNGSKONGRESS             15 | AUSZEICHNUNG                28 | BÖB-KONGRESS
      Moderne Schulen schaffen    		Jürgen Böhm wird mit             		   Ökonomische Bildung
                                  		Bundesverdienstkreuz gewürdigt         qualitativ vertiefen

                                        www.vdr-bund.de
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
4
                                                    EDITORIAL...............................................................................................................................

                                                    IMPRESSUM............................................................................................................................ 4

                                                    EINBLICKE UND AUSBLICKE
                                                    Krisenschuljahr? Zwischen heißem Herbst und eiskaltem Winter ............................                                                  5
                                                                                                           6
                                                    BILDUNGSKONGRESS: MODERNE SCHULEN SCHAFFEN.....................

                                                    BESCHULUNG UKRAINISCHER SCHÜLER IN DEUTSCHLAND........12

      6   VDR-Bildungskongress: Neue Wege           „DIE SCHULE IST NICHT REPARATURWERKSTATT
          für eine bessere Bildungszusammenarbeit
                                                    EINER KAPUTTEN GESELLSCHAFT“
                                                    Jürgen Böhm im ZEIT ONLINE-Interview über Fachkräftemangel .......................                                                  14
                                                    BUNDESVERDIENSTKREUZ FÜR STÄRKUNG DER BILDUNG
                                                    Jürgen Böhm erhält das Verdienstkreuz am Bande
                                                    der Bundesrepublik Deutschland ...............................................................................                      15
                                                    DIE BESOLDUNG IM LÄNDERVERGLEICH.....................................................                                               16
                                                    3 FRAGEN AN …
                                                    Thomas Leubner, Head of Siemens Professional Education at Siemens ..............                                                    20
                                                    ENDLICH – ARBEITSWIRKLICHKEIT ANERKANNT!
28 Viel Neues in Präsenz auf                        Neuer Tarifabschluss für kommunale Beschäftigte
          der didacta 2022
                                                    im Sozial- und Erziehungsdienst ................................................................................                    21
                                                    DIDACTA 2022
                                                    didacta 2022 findet wieder in Präsenz statt und sendet starkes Signal ..............                     22
                                                    Die Podiumsdiskussionen – ein kleiner Auszug ....................................................... 24

                                                    Interview mit Andrej Priboschek und Jürgen Böhm . ............................................... 25

                                                    Didacta Verband wählt neuen Vorstand ................................................................... 26

                                                    ERSTER BUNDESWEITER BÖB-KONGRESS
                                                    Ökonomische Bildung muss alle Kinder und Jugendlichen erreichen!..................                                                  28
    28 Fachleute aus Wissenschaft, Schule,          VDR-LÄNDERSPIEGEL.................................................................................................                  30
                                                                                                                                                                                                   Foto Seite 1: Pixabay

          Politik und Wirtschaft auf dem
          ersten bundesweiten BÖB-Kongress          VDRJUGEND-SEMINAR IN KÖNIGSWINTER
                                                    Gleiches unter Gleichen – VDRjugend nimmt Bedingungen zur Arbeit
                                                    als Lehrkraft der einzelnen Bundesländer unter die Lupe . .....................................                                     32

2                                                                                                                                                      BILDUNG REAL · 5–6/2022
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
VDR-FRAUENVERTRETUNG
Fachtagung: Veränderungen erfolgreich bewältigen . ..............................................          33
MITGLIEDERVERSAMMLUNG DER
BUNDESINITIATIVE DIFFERENZIERTES SCHULWESEN
WÄHLT NEUE VORSITZENDE.................................................................................    34
AUS DEN LÄNDERN
                                                                                                       37
Baden-Württemberg: Die Mitte macht’s ...................................................................

Nordrhein-Westfalen: Pacta sund servanda! ............................................................ 38

Bayern: Bildungspolitischer Empfang 2022 ............................................................. 39       32 Team VDRjugend, v. l. n. r.: Schriftführer
                                                                                                                       Nico Cordes (VRB RLP), stv. Vorsitzende
Rheinland-Pfalz: 10. Ingelheimer Fachkongress des VRB ...................................... 41                        Tanja Heger (brlv), Vorsitzende Saskia Tittgen
                                                                                                                       (VRB RLP) und René Michel (SLV)

                                                                                                                                                          Anzeige

                     Die Debeka-Gruppe

                   Füreinander
                   da sein
                   Der wahre Wert einer
                   Gemeinschaft zeigt sich
                   in schwierigen Zeiten.

                                                                                                                            Traditioneller Partner
                                                                                                                            des öffentlichen Dienstes

     185x121_Herbst 2022.indd 1                                                                                                             14.09.2022 15:46:07

                                                                                                                                                                    3
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
Es bleibt ungewiss. Gewiss ist der Zusammenhalt.
                                      Liebe Kolleginnen und Kollegen,                            Auch unsere einzelnen Landesbünde konnten
                                                                                                 wieder aktiv werden und ihre Forderungen in
                                      das neue Schuljahr hat für alle begonnen und
                                                                                                 Präsenz darlegen. Besonders wichtig war und
                                      wir sind wieder mittendrin im Alltag. Ein All-
                                                                                                 ist das in den Ländern, die mit ihren Landtags-
                                      tag, der uns alle nach wie vor fordert. Mit dem
                                                                                                 wahlen auch die bildungspolitische Richtung
                                      1. Oktober kamen neue – oder doch alte – Maß-
                                                                                                 vorgeben. Die Wahlen im Saarland, in Nord-
                                      nahmen, die die Pandemie endgültig vertreiben
                                                                                                 rhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein ha-
                                      sollen. Wir werden abwarten müssen, wie wir
                                                                                                 ben bereits bewiesen, dass unsere Arbeit in den
                                      durch die nächste Zeit kommen werden und
                                                                                                 Verbänden mit Nachdruck weitergeführt wer-
                                      wie wir die Krisen im Land auch an den Schulen
                                                                                                 den muss. Das wird sich auch in Niedersachsen
                                      bewältigen werden.
                                                                                                 zeigen.
                                      Über den Sommer konnten wir zumindest im
Waltraud Eder,                                                                                   In den vergangenen Jahren konnten wir viel
Chefredakteurin „Bildung Real“        Verband wieder Fahrt aufnehmen und einige
                                                                                                 bewegen und wurden sichtbar sowohl in den
                                      Veranstaltungen erleben und stattfinden lassen.
                                                                                                 Ländern als auch als Dachverband im Bund. Zu-
                                      Unser Bildungskongress „Moderne Schulen                    sammenstehen und eine Linie bewahren wird
                                      schaffen“ des VDR mit unseren Partnern, der                weiterhin unser Motto bleiben.
                                      Friedrich-Naumann-Stiftung und GermanU15,
                                                                                                 Kurz: Wir lassen uns nicht beeindrucken von
                                      unterstützt von der debeka und der BBBank,
                                                                                                 politisch-ideologischen Ideen, sondern setzen
                                      lockte in Berlin viele Bildungsinteressierte an
                                                                                                 weiterhin auf Qualität, Leistung und Bildung in
                                      und war bis auf den letzten Platz besetzt.
                                                                                                 unserem Land.
                                      Die didacta fand in Präsenz in Köln statt und wir
                                                                                                 Ihre Waltraud Eder,
                                      konnten zusammen mit unserem Landesver-
                                                                                                 Chefredakteurin
                                      band lehrerNRW und mit BSW vor Ort punkten.

IMPRESSUM
Herausgeber                                      Zuschriften                                          Erscheinungsweise
Verband Deutscher Realschullehrer                Beiträge, Zuschriften und Besprechungsstücke         Die BILDUNG REAL erscheint 3 x jährlich.
Mitglied im Deutschen Beamtenbund (dbb) und      erbeten an die Schriftleitung. Für unverlangt        Redaktionsschluss: 4 Wochen vor Erscheinen.
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Verband der Lehrerinnen und Lehrer               für unverlangt eingehende Bücher, Schriften          Das Bezugsgeld ist für Mitglieder des VDR
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Bernd Bischoff, Sven Christoffer,
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Dirk Meußer, Anna Katharina Müller
                                                 die Fotos aus dem VDR-Archiv.                            für die Ausgabe Nr. 1–2/2023
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
                                                                                                             ist der 18. Februar 2023
nicht in jedem Fall die Meinung des Heraus-
gebers oder der Schriftleitung wieder.

4                                                                                                                      BILDUNG REAL · 5–6/2022
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
Nein, es ist nach drei (!) Corona-Schuljahren nicht vorbei.            Grundkonsens, dass sich Leistung und Arbeit lohnen, beginnt
Im Gegenteil – neben der Pandemie sind in den vergange-                zu bröckeln. Es fehlen zunehmend klare, vielleicht auch unpo-
nen Wochen noch weitere Krisenherde hinzugekommen,                     puläre Entscheidungen und Botschaften der regierenden Politik.
                                                                       Parteipolitisches Taktieren und das Verharren in ideologisierter
die das Bildungssystem in unserem Land extrem unter
                                                                       Parteiprogrammatik, ob bei Ukrainehilfe, Energie- und Verkehr-
Druck geraten lassen. Ja, wir haben einen Krieg in Europa,
                                                                       spolitik, innere Sicherheit oder Bildung helfen niemanden. Und
der viele Entwicklungen verschuldete und ja, wir stehen                so ein „Rumgeeiere“ wie bei der Impfpflicht und den Coronamaß-
natürlich fest an der Seite der demokratischen Ukraine!                nahmen können wir uns in dieser sich verschärfenden Situation
Das vorweg.                                                            definitiv nicht (mehr) leisten.
Zunehmender Lehrkräftemangel aufgrund steigender Schüler-              Was hat das alles mit Bildung zu tun? Alles.
zahlen (plus zehntausender Flüchtlingsschüler aus der Ukraine),
                                                                       Wenn jungen Menschen suggeriert wird, dass der Staat es schon
fehlender Personalplanung und mangelnde Attraktivität des Lehr-
                                                                       irgendwann richtet, wenn der Verdienst einer Tätigkeit nicht mehr
berufes lassen einige Länder und Schulformen zu Verzweiflungs-
                                                                       reicht, das Leben abzusichern, wenn mir als Bürger vorgeschrie-
maßnahmen greifen. Stunden werden gekürzt, ja ganze Schultage
                                                                       ben werden soll, wie ich die individuellsten Dinge des Lebens
sollen wie in Sachsen-Anhalt wieder aus der Schule ausgelagert
                                                                       verrichten soll, warum sollte ich mich dann in der Schule anstren-
werden. Die Energiekrise in unserem Land lässt uns allen Ernstes
                                                                       gen, Leistung bringen, eine berufliche Zukunft planen? Genau
darüber nachdenken, dass in Schulen und Universitäten die Tem-
                                                                       dieser Haltung muss Bildung entgegenwirken. Leistung muss sich
peraturen in Räumen heruntergefahren werden – es wird über
                                                                       lohnen und nicht nur akademische Bildung ist etwas wert. Eine
kältebedingte Schließungen fabuliert. Eine neue Qualität erhält
                                                                       gesunde, leistungsfähige Gesellschaft baut auf dem beruflichen
der soziale Druck in der Gesellschaft, der durch steigende Inflati-
                                                                       Mittelbau auf und der muss wertgeschätzt werden.
on, angeheizt (fast ein Wortspiel) durch die hohen Energie- und
Treibstoffpreise, ständig wächst. Viele Menschen stehen finanzi-       Und abschließend: Bildung muss in beheizten Räumen statt-
ell mit dem Rücken an der Wand und das wirkt sich mit Sicherheit       finden, in Präsenz – in entsprechend beheizten Schulen und
verheerend auf die Kinder und Jugendlichen aus. Und es trifft          Universitäten! Das muss ein demokratischer Staat einfach leis-
eben nicht nur den unteren Rand der Gesellschaft, der durch            ten – sonst geben wir uns auf und landen in der sozialen Kälte
großzügige Heizkostenübernahme, Wohngeld, Sozialleistungen             (Wortspiel aus).
usw. relativ „abgesichert“ ist. Es trifft mit voller Wucht die Mitte
der Gesellschaft, die Fleißigen, die Leistenden, die Selbstständi-
gen …                                                                                                          Text: Jürgen Böhm
                                                                                                                info@vdr-bund.de
In dieser Situation ideologiegetriebene Energiepolitik umsetzen
zu wollen, Menschen vorzuschreiben wie sie sich fortzubewe-
gen, zu heizen, zu essen, zu waschen und zu denken hätten,
widerspricht jeglichen demokratischen Gepflogenheiten. Auch
die Motivation zur Leistungsbereitschaft sinkt in Richtung Ge-
frierpunkt (Wortspiel). Der soziale Kitt unserer Gesellschaft, der

                                                                                                                                        5
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
Im Meistersaal am Potsdamer
    Platz veranstaltete der VDR
    mit seinen Partnern Friedrich
    Naumann Stiftung, U15,
    BBBank und Debeka den
    ‚Bildungskongress Moderne
    Schulen schaffen: Neue Wege
    der Lehrkräftebildung
    und Bildungszusammenarbeit‘.
    An diesem historischen Ort
    wurden schon vor über hun-
    dert Jahren Kongresse und
    Veranstaltungen zu politischen
    Themen abgehalten, sowie
    den Handwerksgesellen ihre
    Meisterbriefe übergeben.

6             BILDUNG REAL · 5–6/2022
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
Prof. Dr. Georg Krausch stimmten die-
                                                                                                     sen Aussagen zu. Sie sahen auch in der
                                                                                                     Selbstständigkeit und der Weiterbil-
                                                                                                     dung der Lehrkräfte wichtige Themen,
                                                                                                     die es zu beachten gilt. Zudem waren
                                                                                                     sich alle einig, dass der Bedarf an Lehr-
                                                                                                     kräften, besonders in den MINT-Fä-
                                                                                                     chern nicht richtig eingeschätzt wur-
                                                                                                     de. Besonders auffällig ist nach Böhm
                                                                                                     auch, dass es zu einer Schwächung der
                                                                                                     beruflichen Bildung und der dualen
                                                                                                     Ausbildung gekommen ist. Die Qualität
                                                                                                     der Abschlüsse an den Schulen sinke,
                                                                                                     gleichzeitig würden zu viele Abiturien-
                                                                                                     ten ausgebildet. „Leider studieren die
                                                                                                     meisten nicht Lehramtsfächer“, stellte
                                                                                                     er fest.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Karl-Heinz Paqué, Vorsitzender der Friedrich-           Stärkung der
Naumann-Stiftung für Freiheit bei ihren Eröffnungsreden
                                                                                                          beruflichen Bildung
                                                                                                                und des
                                                                                                            differenzierten
                                                                                                             Schulwesens

Über 100 Jahre später finden nun, un-              zentralen Orte dafür. Hier beginne das            Ebenso seien die Aufstiegsmöglichkei-
ter ganz anderen Vorzeichen der Zeit,              lebenslange Lernen und Lehrkräfte sei-            ten für Lehrkräfte ein Problem. Des-
wieder Diskussionen statt, aber dies-              en der Schlüssel. Dazu bedürfe es aber            halb brauche es eine Exzellenzinitiative
mal suchen wir die Handwerksgesel-                 auch der Anerkennung von Heteroge-                für die Lehramtsausbildung inklusive
len vergebens. Deutschland hat einen               nität und Vielfalt, das Eingehen gelin-           der Stärkung der beruflichen Bildung
Fachkräftemangel und sieht sich nun,               gender Kooperationen zwischen den                 und des differenzierten Schulwesens,
anders als im industriellen Zeitalter,             einzelnen Akteuren, die am Bildungs-              damit den drängenden Problemen, wie
auch noch vor andere Herausforde-                  prozess beteiligt sind.                           dem Fachkräftemangel und der sinken-
rungen gestellt wie die Digitalisierung.                                                             den Qualität der Bildung Einhalt gebo-
                                                      EXZELLENZINITIATIVE
Aber was braucht die moderne Schule?                                                                 ten werden könne.
                                                      FÜR LEHRKRÄFTE
  ERÖFFNUNGSREDEN                                  In dem sich anschließenden Talk Zeiten-           Für die zweite Diskussionsrunde Neue
Karl-Heinz Paqué, Vorsitzender der                 wende in der Bildung: Herausforderungen           Wege in der Lehrkräftebildung wurden
Friedrich Naumann Stiftung für die                 und Chancen verwies Prof. Dr. Georg               Ferdinand Stipberger, Realschullehrer
Freiheit und auch Bundesbildungs-                  Krausch in seinen Eröffnungsworten                und Berater für digitale Bildung für die
ministerin Bettina Stark-Watzinger                 darauf, dass einer Exzellenzinitiative in         Oberpfalz, Preisträger des deutschen
suchten in ihren Eröffnungsreden                   der Ausbildung der Lehrkräfte bedarf.             Lehrerpreises 2019 in der Kategorie
nach Antworten. Dabei spielten die                 Dem konnte auch Jürgen Böhm, Vor-                 „Unterricht innovativ“, Jan Wöpking,
Freiheit und Bildung eine zentrale Rol-            sitzender des VDR, nur zustimmen, er              Geschäftsführer German U15, Verena
le, denn beides sind unveräußerliche               sagte, dass die „Lehrerausbildung an              von Hugo vom Bündnis Ökonomische
Grundrechte und bedingen sich. Sie                 den Universitäten mehr Anerkennung                Bildung und Prof. Dr. Freitag-Hild,
stützen die Persönlichkeitsrechte der              für das Studium und den Lehrerberuf               stellvertretende Direktorin des ZLB
heranwachsenden Generation, da sie                 schaffen muss. Die Ausbildung muss                der Universität Potsdam, auf die Büh-
zur Entfaltung von Individualität, zur             besser werden, ebenso muss sich die               ne gebeten. Freitag-Hild betonte, dass
Mündigkeit und demokratischen Han-                 Praxis verbessern.“ Eine Kürzung des              es an den Universitäten einen guten
deln beitragen. Aber diese Freiheit der            Referendariats spiele gegen eine qua-             Theorie-Praxis Bezug im Lehramts-
Bildung bedeutet auch Verantwortung,               litative Lehrerbildung. Zudem brauche             studium und Lehr-Lern-Labore gebe.
die Bildung so zu gestalten, dass es               mehr Fort- und Weiterbildung für die              Sie sind eine gute Möglichkeit, um der
Kindern und Jugendlichen ermöglicht                Lehrkräfte. Die Stärkung der diffe-               Digitalisierung, sowie der Individualität
wird, frei und selbstbestimmt zu lernen            renzierten Bildung, insbesondere der              der Studierenden gerecht zu werden.
und für die folgenden Generationen                 Haupt- und Realschulen und des Leis-              Der Ausbau von diagnostischen Kom-
und die Demokratie Verantwortung                   tungsgedankens, müssen dabei über-                petenzen der Lehrkräfte spiele eine
zu übernehmen. Die Schulen und das                 geordnete Ziele sein, die es zu beleben           immer wichtigere Rolle. Die Universi-
betonte auch Stark-Watzinger, sind die             gilt. Bettina Stark-Watzinger und auch            tät Potsdam und auch andere Univer-

                                                                                                                                                7
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
BILDUNGSKONGRESS: MODERNE SCHULEN SCHAFFEN

                                                                                                    Deutscher Realschullehrerverband
                                                                                                    fordert, die Attraktivität des Lehr-
                                                                                                    berufs zu steigern, die Leistungso-
                                                                                                    rientierung zu stärken und die Zu-
                                                                                                    kunftsfähigkeit zu sichern.
                                                                                                    „An den Universitäten muss die Lehrer-
                                                                                                    bildung endlich aus dem Schattenda-
Jürgen Böhm im Pausengespräch mit der Bundesbildungsministerin                                      sein des geduldeten Studienganges he-
                                                                                                    raus!“, fordert der Bundesvorsitzende
                                                                                                    des Deutschen Realschullehrerverbands
sitäten haben bereits verschiedene                                                                  (VDR) Jürgen Böhm. Viele sähen den
Projekte ins Leben gerufen, mit denen                                                               Lehramtsstudiengang immer noch als
eine Verbesserung der Ausbildung, vor                                                               lästiges Anhängsel. Das liege häufig an
allem im Bereich der Medienbildung,                                                                 der geringen Attraktivität des Berufes,
Digitalisierung und Inklusion erreicht                                                              an den teilweise überzogenen verwal-
werden soll. Im Mittelpunkt stehe                        Forderung nach                             tungsbezogenen, sozialen und vor allem
                                                                                                    erzieherischen Anforderungen an die
dabei die Weiterentwicklung der Stu-                    Konzepten für die                           Lehrkräfte und an der ewigen Diskussion
diengänge und die Einbeziehung von
Schulen in die Forschungsvorhaben.                   kulturelle Heterogenität,                      über Beamtenstatus und Einstiegsbesol-
Die Zusammenarbeit zwischen den                           Digitalisierung                           dung.
Schulen und Universitäten sei essen-                   und Nachhaltigkeit                           „Die wichtigsten Kriterien sind jedoch
ziell, um die Qualität des Studiums und                                                             die über Jahre heruntergefahrene Qua-
des Unterrichts weiterzuentwickeln.                                                                 lität der Ausbildung und der Status der
Abschließend resümiert Freitag-Hild,                                                                Lehrkräftebildung an den Universitäten.
dass es eine stärkere Anerkennung des                                                               Die 2015 gestartete Qualitätsoffensi-
Lehrberufes, mehr Kooperationen zwi-
schen den Bildungsinstitutionen und
Konzepte für die kulturelle Heteroge-
nität, Digitalisierung, Nachhaltigkeit,
aber auch Individualisierung geben
müsse. Jan Wöpking sieht ein Prob-
lem vor allem in der Heterogenität der
Lehramtsausbildung und spricht sich
für eine digitale Didaktik als ein Quer-
schnittsthema in den Universitäten
aus, um mehr Vernetzung und Koope-
rationen zwischen den Institutionen zu
schaffen. „Viele Schulthemen werden
immer noch schwarz-weiß gesehen“,
sagt er. „Hier sollte es eine Verände-
rung geben, mehr fächerübergreifend
zu arbeiten“. Die langsame Verände-
rung in den Lehramtsstudiengängen
sei sichtbar, vor allem die Praxisanteile
seien gestiegen. Werben möchte er
deshalb für die Qualitätsoffensive Leh-
rerbildung, da diese 2023 ausläuft und                                Von links: Ute Welty moderiert die erste Talkrunde mit Prof. Dr. Georg Krausch,
bisher ein gutes Projekt war.                                                                              Bettina Stark-Watzinger und Jürgen Böhm

8                                                                                                                  BILDUNG REAL · 5–6/2022
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
ve Lehrkräftebildung war finanziell und     lungsmöglichkeiten im Lehramt scheinen       • Ausbau der Weiterbildungs- und Qua-
inhaltlich gesehen, gelinde gesagt, ein     für junge Menschen oft begrenzt. Beför-        lifikationsphase für Lehrkräfte als Be-
Witz!“, so Böhm.                            derungsmöglichkeiten sollten als Anreiz        standteil der Unterrichtsverpflichtung.
                                            auch im Schulbereich selbstverständlich
„Viele leistungsstarke Abiturientinnen                                                   Jürgen Böhm fordert ein schnelles Han-
                                            sein.
und Abiturienten scheuen den Lehrbe-                                                     deln: „Das Jammern ist heute groß. Jeder
ruf, da die Orientierung an Leistung in     Was wir für eine zukunftsorientierte Leh-    scheint betroffen und überrascht. Doch
den vergangenen Jahren an den Schulen       rerbildung brauchen, sind:                   nicht erst mit der neuen Flüchtlingswelle
zunehmend in den Hintergrund gedrängt       • eine klare leistungsorientierte, diffe-    aus der Ukraine war klar, dass unserem
wurde. Übertrittsbedingungen wurden           renzierte, abschlussbezogene Lehrkräf-     Land Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Auf
eingeebnet, über die Rolle von Noten          teausbildung,                              die Schulen werden massive Herausfor-
wurde immer mehr diskutiert und Schu-                                                    derungen zukommen, die nur durch ein
                                            • Ressourcen für die zwei Phasen der
len mutierten zur Reparaturwerkstatt                                                     abschlussbezogenes, engagiertes, gut
                                              Lehrkräfteausbildung,
der Gesellschaft. An Schulstrukturen                                                     ausgebildetes und qualifiziertes Lehrper-
wurde über Jahre herumexperimentiert.       • Referendariat mit 24 Monaten,              sonal bewältigt werden können.“
Statt Bildung und Inhalte standen oft       • Inhalte in der Lehrkräfteausbildung, die   Pressemitteilung Nr. 08/2022 des VDR
„pädagogische Spielwiesen und ideolo-         sich an den Realitäten der modernen        vom 22. April 2022
gische Steckenpferde“ im Mittelpunkt“,        Welt orientieren, wie Digitalisierung,
stellt Böhm fest.                             ökonomische Bildung und nachhaltige
                                              Entwicklung,
Ein klares Abschlussprofil der Schulen
sei oft nicht mehr erkennbar: Einheits-     • Aufstockung des Ausbildungspersonals
schulen und der Drang nach „Abitur für        an den Universitäten und im Vorberei-
alle“ wirken eher abschreckend auf jun-       tungsdienst,
ge Menschen. Es gebe keine fassbaren        • Möglichkeiten der Weiterentwicklung
Strukturen mehr, die Sicherheit und kla-      oder auch des Ausstieges nach dem
re Linien bieten. Aufstiegs- und Entwick-     Lehramtsstudium,

                                                         DIGITALE BILDUNG IN ALLEN                  wie Deutsch und Englisch seien hin-
                                                         STUDIENGÄNGEN ANBIETEN                     zugekommen. Stipberger kritisiert vor
                                                       Ferdinand Stipberger nimmt in seinen         allem die Fort- und Weiterbildung der
                                                       Aussagen vor allem Bezug zur Digitali-       Lehrkräfte, als auch die Ausstattung
                                                       sierung und das mit vollem Enthusias-        der Schulen mit digitalen Endgeräten
     Oft müssen Lehrkräfte in                          mus. Er hat mit Sebastian Schmidt ein        und den Ausbau der digitalen Infra-
                                                       Lernbüro digital-kooperativ aufbereitet      struktur. In den letzten zehn Jahren sei
  ihrer Freizeit Weiterbildungen                       und dafür den Deutschen Lehrerprei-          vieles versäumt worden. Er plädierte
          besuchen, ohne                               ses 2019 in der Kategorie „Unterricht        für mehr Anreize für die Lehrkräfte,
       jegliche Anrechnung                             innovativ“ erhalten. Im Lernbüro wur-        sich weiterzubilden. Oft müssten Lehr-
                                                       den anfangs Themen in 10-minütige            kräfte in ihrer Freizeit Weiterbildungen
                                                       Erklärvideos für Mathematik aufberei-        besuchen, ohne jegliche Anrechnung.
                                                       tet und auf die Lernplattform mebis          Für ihn ist es entscheidend, die digi-
                                                       hochgeladen. Die Lernenden mussten           tale Bildung in allen Studienfächern
                                                       dazu Hausaufgaben erledigen oder             anzubieten oder zumindest als Er-
                                                       Klausuren schreiben. Mittlerweile be-        weiterungsfach, denn sie wird in der
                                                       teiligen sich 36 Lehrkräfte aus sieben       modernen Schule eine große Rolle
                                                       bayerischen Realschulen, auch Fächer,        spielen. Entscheidend ist auch eine

                                                                                                                                           9
KRISENZEITEN Zwischen heißem Herbst und kaltem Winter - 6 | BILDUNGSKONGRESS - Verband Deutscher Realschullehrer
BILDUNGSKONGRESS: MODERNE SCHULEN SCHAFFEN

 Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit,
 im Gespräch mit dem Vorstand des VDR

 positive Fehlerkultur, die von Anfang
 an in der Ausbildung stattfinden sollte.                            Warum der Lehrerberuf für viele unattraktiv ist
 Hingegen brachte Verena von Hugo
 in die Diskussion noch einen weite-                                 Bis 2035 werden mindestens 23.800 Lehrkräfte fehlen,
 ren Aspekt ein, nämlich die schlechte                               prognostiziert die Kultusministerkonferenz. Der Lehrerberuf
 ökonomische Bildung und die Ausbil-                                 scheint für die junge Generation unattraktiv – mangelnde
 dung der Lehrkräfte in diesem Bereich.                              Flexibilität ist nur ein Grund.
 Hierbei verwies sie auf die OeBiX-Stu-
                                                                     Ulrike Bentlage, Beraterin, weiß: Junge Menschen wollten
 die, die in ihren Ergebnissen nachwies,
 dass in den meisten Bundesländern                                   eher Abenteuer als Sicherheit, lieber Start-up als Schule.
 die ökonomische Bildung kaum in den                                 Sie glaubten, nach zwölf Jahren Schülerdasein wüssten sie,
 Stundentafeln der allgemeinbildenden                                was die Arbeit der Lehrenden ausmacht, und das sei für
 Schulen, als auch in der Lehrkräftefort-                            sie nicht attraktiv. Ihnen fehlten Flexibilität bei der Wahl des
 bildung verankert ist. Verena von Hugo                              Arbeitsorts und bei der Einteilung der Arbeitszeit.
 würde administrative Aufgaben für                                   Sie fürchteten, inhaltlich in der Gestaltung des Unterrichts
 Lehrkräfte bündeln. Zudem sieht sie                                 zu sehr festgelegt zu werden.
 in der ökonomischen Bildung und Di-
 gitalisierung viele Berührungspunkte.                               Auch Aufstiegschancen oder die Möglichkeit, sich weiter-
 Denn nach ihrer Auffassung werden                                   zuentwickeln, sehen sie nicht; eher Ärger mit den Kolleginnen
 Medienkompetenzen, Wertebildung                                     und Kollegen und mit überambitionierten Eltern.
 und eine grundständige Fachlichkeit
 von angehenden Lehrkräften benötigt.                                Die Uni Potsdam hat intern ermittelt, dass nur fünfzig Prozent
 Das Ziel sollte es sein, eine Chancen-                              der Studienanfänger bis zum Ende durchhalten.
 gerechtigkeit herzustellen.

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MEINUNGSVIELFALT IN DER                   sie als Chance, da eine Lehrkraft digital   nicht optional sein. Genauso müsse
  DRITTEN DISKUSSIONSRUNDE                  mehrere Klassen unterrichten könnte.        eine Anpassung der Ausbildung an die
An der letzten Diskussionsrunde Vom         Prof. Dr. Robert Schwager blieb mit         gesellschaftlichen Gegebenheiten vor-
Kooperationsverbot zum Kooperationsge-      seiner Argumentation eher auf der           genommen und der Ausbau von Auf-
bot nahmen Prof. Dr. Robert Schwager        Mikroebene der Schulen. Ihnen soll-         stiegsmöglichkeiten geschaffen wer-
Georg-August-Universität Göttingen,         ten mehr Freiräume in der Gestaltung        den. Es liege also in der Verantwortung
Ria Schröder MdB Bildungspolitische         eingeräumt und den mehr Vertrauen           der Bildungsinstitutionen und den po-
Sprecherin der FDP-Fraktion im Deut-        und Anerkennung entgegengebracht            litisch Verantwortlichen, ihren Beitrag
schen Bundestag und Wolfgang Percy          werden. Besonders das selbstbe-             für die moderne Schule von morgen zu
Ott, Vorsitzender der Expertengruppe        stimmte und autonome Lernen seien           schaffen, mit allem was nötig sei, um
„Intelligente Bildungsnetze“ im Digi-       entscheidend. Die Länder sollten mehr       die Freiheit der Bildung zu generieren.
tal-Gipfel der Bundesregierung, teil.       miteinander zusammenarbeiten, Inno-
                                                                                        Der Bildungskongress hat eines ge-
Ihre Meinungen zum Thema differier-         vationen schaffen und ihre Ergebnisse
                                                                                        zeigt: Wir alle sind gefragt, diesen Bei-
ten sehr. Ria Schröder nahm als erste       stärker evaluieren, folgerte er. So ließe
                                                                                        trag auch zu leisten, denn jeder Teil
Stellung zur Frage des Kooperations-        sich ein Kooperationsgebot herstellen.
                                                                                        des Ganzen wird entscheidend sein,
verbotes. Sie sieht das größte Prob-        Am Ende waren sich Prof. Dr. Robert
                                                                                        die moderne Schule von morgen zu
lem im Bildungsföderalismus und der         Schwager und Percy Ott einig: Eine
                                                                                        gestalten und den Fachkräftemangel
Rahmengesetzgebung, während Percy           Verbesserung der derzeitigen Situation
                                                                                        zu beheben.
Ott versucht, die Frage damit zu be-        an den Schulen würde nur mit attrak-
antworten, was die Wirtschaft der Bil-      tiveren finanziellen Möglichkeiten und      Anna-Katharina Müller und Waltraud Eder,
                                                                                        Fotos: Wolfgang Borrs
dungspolitik empfehlen kann, um eine        Arbeitsbedingungen gelingen.
Infrastruktur zu etablieren. Für ihn ist
                                              FAZIT
das wichtigste Thema der Digitalpakt.
                                            Auf dem Bildungskongress waren sich
Seiner Meinung nach sollte es Re-
                                            die Teilnehmer darüber einig, dass sich
chenzentren, offene Standards und am
                                            Lehrkräfte zunehmend neuen Her-
Markt erprobte Systeme geben.
                                            ausforderungen gegenübersehen. Er-
                                            folgreich gelingen kann dies nur durch
     Zeit, den Schulen                      Kooperationen zwischen den einzel-
    Veränderungen zu                        nen Bildungsinstitutionen und mehr
                                            Anerkennung für den Beruf, aber auch
       ermöglichen.
                                            durch die Stärkung der universitären
  Schnelle Veränderungen                    Ausbildung und der zweiten Lehrer-
   wirken dysfunktional.                    bildungsphase. Mehr Ressourcen und
                                            Personal für die Aus- und Weiterbil-
                                            dung der Lehrkräfte an den Universi-
Prof. Dr. Robert Schwager findet die
                                            täten sei anzustreben. Eine Weiterbil-
Autonomie der Schulen entscheidend                                                                        Spannende und konstruktive
                                            dung und Qualifizierung sollte Teil der
und den Abbau der Bürokratie. Ria                                                                                 Diskussionen boten
                                            Unterrichtsverpflichtung werden und
Schröder stellte fest, dass sich das fö-                                                                   die Panels auf dem Podium
derale System nicht einfach verändern
ließe. Es müsse eine Bildungsgerech-
tigkeit geben, auch im Bereich der Di-
gitalisierung. Percy Ott hingegen findet
es gut, dass sich die Bildungspolitik
nicht zu schnell, sondern langsam ver-
ändere. „Schnelle Veränderungen wir-
ken dysfunktional“, sagte er. Es braucht
Zeit, den Schulen die Veränderungen
zu ermöglichen. Digitale Bildung müs-
se gleichwertig werden und dürfe nicht
am Rande stehen. Das Bildungssystem
dürfe nicht komplett reformiert wer-
den, sondern auf die Veränderungen
reagieren. Die Datenschutzinterpreta-
tion sollte eher einheitlich werden. Ria
Schröder machte immer wieder deut-
lich, dass die Bildungsinstitution Schule
modern gestaltet und reformiert wer-
den müsse. Die Digitalisierung sieht

                                                                                                                                       11
UKRAINE

          Beschulung ukrainischer Schülerinnen
              und Schüler in Deutschland

                                                                                        Abb.1: Diagramm „Flüchtlingszahlen im zeitlichen Verlauf“

     Seit dem 24. Februar tobt der Krieg in der Ukraine nach dem Einmarsch russischer Truppen. Ebenso lange fliehen Fa-
     milien und Mütter mit ihren Kindern aus der Ukraine, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Kultusministerkonferenz
     veröffentlicht seit dem 27. März wöchentlich die Zahlen der in Deutschland beschulten bzw. gemeldeten geflüchteten
     Kinder und Jugendlichen. Zu Beginn der Sommerferien in Deutschland – nach knapp einem halben Jahr Krieg in der
     Ukraine – waren es rund 150.000 Schülerinnen und Schüler.
     In dieser Ausgabe wollen wir die Erfahrungen der Lehrkräfte wie-     den Sommerferien. Mit dem Start des neuen Schuljahres in den
     dergeben, Veränderungen im Umgang mit den ukrainischen Schü-         Bundesländern werden noch mehr Ukrainerinnen und Ukrainer an
     lerinnen und Schülern nachgehen und die Zahlen detaillierter be-     den Schulen angemeldet. Die Tabelle (Abb. 2) zeigt die Zunahme
     leuchten. Bereits am 14. März forderte der VDR, man müsse „den       der Zahlen jeweils eine, zwei und drei Wochen nach dem Schul-
     Realitäten ins Auge sehen“. „Eine falsch verstandene Integration     beginn in jedem Bundesland im Vergleich zum 5. August 2022,
     und ein Überstülpen unseres Bildungswesens sind jetzt völlig fehl    als sich alle Bundesländer in den Sommerferien befunden haben.
     am Platz. Wir brauchen jetzt klare Übersicht, Unterrichtsräume       Bis auf wenige Ausreißer (Verdopplung in Bremen, nahezu kons-
     und qualifiziertes Personal zur Beschulung!“                         tante Zahlen in Rheinland-Pfalz) zeigt sich in den Wochen nach
                                                                          Schulbeginn in allen Bundesländern das gleiche Bild: Innerhalb von
       ENTWICKLUNG DER SCHÜLERZAHLEN
                                                                          drei Wochen nach Schuljahresbeginn steigen die Schülerzahlen im
     Im Diagramm (Abb. 1) ist die Entwicklung der gemeldeten ukraini-
                                                                          Schnitt um ein Drittel – damit stoßen die einzelnen Schulen inner-
     schen Flüchtlinge* aufgezeigt, wie sie die KMK wöchentlich veröf-
                                                                          halb kürzester Zeit oftmals gleich wieder an die Belastungsgrenzen.
     fentlicht. In die Grafik wurden wichtige Ereignisse im Verlauf des
     Krieges vermerkt. Die Entwicklung der Zahlen geflüchteter ukrai-     (Anm.: Hessen liefert seit 22.7. die gleichen Zahlen, Baden-Württem-
     nischer Schülerinnen und Schüler erweckt den Anschein, dass die      berg und Bayern befanden sich zu Redaktionsschluss erst am Ende der
     aufgezeigte Zunahme weniger vom Kriegsverlauf als vielmehr von       zweiten Schulwoche nach den Ferien und hatten noch keine Zahlen
     den Schulferien in den einzelnen Bundesländern geprägt ist. Inte-    geliefert, Bayern konnte eine Woche nach Schuljahresbeginn keine
     ressant ist daher die prozentuale Zunahme der Jugendlichen nach      Zahlen melden)

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KONZEPTE DER BESCHULUNG
Vergleicht man die Konzepte der Beschulung im neuen Schuljahr
mit denen des vergangenen Schuljahres, so stellt man fest, dass
es nur in ganz wenigen Fällen kleine Veränderungen gegeben
hat. Einzig das Bundesland Niedersachsen sein Konzept grund-
legend geändert: Statt der Beschulung in den regulären Klassen
wurden zum neuen Schuljahr zusätzlich zum bisherigen Angebot
auch Willkommensgruppen eingeführt. Ins Auge sticht dabei die
bausteinartige Zusammensetzung der verschiedenen Optionen:
Willkommensgruppen, Aufnahme in die Regelklasse und Sprach-
förderung sowie ggf. die Nutzung von Online-Angeboten aus der
Ukraine. (Abb.3)
Je nachdem, welchen Weg die einzelnen Bundesländer bei der Be-
schulung gehen, spielt der Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer                                        Abb.2: Zunahme der Zahlen jeweils eine, zwei
                                                                                                                 und drei Wochen nach Schulbeginn
an der Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler eines Bundes-
landes eine Rolle bei der in den Klassen untergebrachten Jugend-
                                                                                                Abb. 3: Bausteinartiges Konzept aus Niedersachsen …
lichen bzw. bei der Anzahl der Willkommensgruppen. Aufgeschlüs-
selt nach den Bundesländern ergibt das in der Tabelle (Abb. 4)
dargestellte – aufgrund der fehlenden Meldungen nach den Ferien
noch unvollständige – Bild.
  ERFAHRUNGSBERICHT EINER LEHRKRAFT**
„Im Schuljahr 2021/22 konnten an der Schule zwei Willkom-
mensklassen mit über 30 ukrainischen Schülern zwischen 12 und
19 Jahren gebildet werden. Deren Leistungsstand war sehr unter-
schiedlich und wurden von zwei ukrainischen Lehrern und den ei-
genen Lehrkräften in zwei Gruppen beschult.                                        Abb. 3 a: … ausgehend von der Einrichtung von Willkommensklassen

Ziel war es, einen geregelten Tagesablauf sowie die begleitete
Erarbeitung ihres Unterrichtsstoffs zu ermöglichen und mit dem
deutschen Schulsystem vertraut zu machen sowie sie sukzessive
in die Regelschulklassen zu integrieren. Dieses Konzept deckte
sich auch mit den Hoffnungen und Erwartungen der Eltern sowie                                   Abb. 3 b: … ausgehend vom Unterricht in Regelklassen
denen der Schüler, die sich voller Eifer und Ehrgeiz im Unterricht
einbringen wollten. Der Deutschunterricht, den die schuleigenen
Lehrkräfte bereitwillig übernahmen, half, die Sprachbarrieren ab-
zubauen und zu integrieren.
Viele Schüler und Lehrkräfte der Schule engagierten sich und
wollten helfen. Ukrainisch oder russisch sprechende Schüler un-
terstützten unermüdlich beim Übersetzen und waren gerne An-
sprechpartner. Das war ein Gewinn für die ganze Schulgemein-
schaft.
                                                                                              Abb. 3 c: … ausgehend von der Sprachintensivförderung
Auf der anderen Seite liegt die gesamte Verantwortung für das
Personal und die Umsetzung des Unterrichts ausschließlich im Be-
reich der Schule. Gleichzeitig erhöhen sich stetig die verwaltungs-
technischen Anforderungen an das eingesetzte Personal – die
einzelne Schule fühlt sich allein gelassen. Durch die bestehenden
und immer wieder auftretenden organisatorischen und personel-
len Probleme kann man den Kindern nicht immer im vollen Umfang
gerecht werden. Durch diese unklare Situation sowie die große
Verantwortung gelangen Lehrkräfte, Schulleitung und Verwaltung
immer wieder an ihre Grenzen.“
*   Alle Zahlen umfassen Schüler sowohl aus allgemeinbildenden und
    berufsbildenden Schulen, da die Kultusministerkonferenz die Zahlen erst seit
    Ende Mai getrennt ausgibt. Außerdem werden stets die gemeldeten und
    nicht die beschulten Schüler betrachtet, da davon auszugehen ist, dass auch
    diese Schüler in den Schulen ankommen werden.
** Name der Lehrkraft der Redaktion bekannt

                                               Text: Bernd Bischoff                                       Abb.4: Anteil der ukrainischen Schülerinnen
                                       bernd.bischoff@vdr-bund.de                                                          und Schüler in den Klassen

                                                                                                                                                        13
Jürgen Böhm über Fachkräftemangel:

     An Gymnasien werde das Potenzial künftiger Fachkräfte verschwendet, sagt der Vorsitzende des Ver-
     bands Deutscher Realschullehrer: „Das fällt uns jetzt auf die Füße.“
     ZEIT ONLINE: Herr Böhm, in Deutschland fehlt es fast          verschwendet und auch die Arbeitshaltung lässt dann oft
     überall an Fachkräften. Immer weniger Jugendliche ent-        zu wünschen übrig. Man hat über Jahre hinweg formale
     scheiden sich für eine Ausbildung. Was läuft in den Schu-     Abschlüsse mit Qualität verwechselt. Wir haben immer
     len eigentlich falsch?                                        bessere Abiturschnitte und das bedeutet vor allem: Das
                                                                   Niveau ist gesunken.
     Jürgen Böhm: Die Schulpolitik hat sich in den letzten Jah-
     ren immer nur darauf konzentriert, die Abiturquote zu
     erhöhen. Das halte ich für grundsätzlich falsch. Wir ha-
                                                                                  Drang zum Abitur
     ben vergessen, die Bildungswege über den Hauptschul-                   ist ein Fehlanreiz der OECD
     abschluss und den Realschulabschluss hin zur beruflichen
                                                                   Auch Abiturienten könnten eine Ausbildung machen. Was
     Bildung besser zu bewerben. Das ist für mich der Grund-
                                                                   spricht dagegen?
     fehler. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder
     hat kürzlich einen Tag des Handwerks für alle weiterfüh-      Ich sehe das einfach als verlorene Zeit. Warum sollen sich
     renden Schulen gefordert. Ich kann dazu nur sagen: An         einige Schüler noch zwei oder drei Jahre bis zum Abitur
     den Realschulen findet jeden Tag ein Tag des Handwerks        quälen, um dann in eine duale Berufsausbildung zu ge-
     statt.                                                        hen? Das können sie auch mit dem Realschulabschluss
                                                                   machen und wären dann vielleicht besser vorbereitet auf
     Derzeit machen in Deutschland nur etwa 19 Prozent der
                                                                   den Beruf. Dieser Drang, alle zum Abitur zu bringen, ist
     Jugendlichen eine Lehre, die Gesamtzahl der Auszubil-
                                                                   ein Fehlanreiz der OECD.
     denden ist rückläufig. Die Anzahl der Abiturienten liegt im
     bundesweiten Durchschnitt dagegen bei über 50 Prozent;        Halten Sie es denn für realistisch, dass die Realschulen
     und die Mehrheit von ihnen studiert. Warum sehen Sie          tatsächlich gestärkt werden, wo der Trend doch in eine
     diese Entwicklung kritisch?                                   ganz andere Richtung geht - nämlich auf Gesamtschulen
                                                                   und eine steigende Abiturientenquote zu setzen?
     Eine hervorragend ausgebildete Fachkraft oder ein Hand-
     werker ist ökonomisch sehr viel besser ausgestattet als       Das ist für mich eine ideologische Fehlsteuerung, nur auf
     manche akademischen Berufe, die völlig unterbezahlt           Gesamtschulen zu setzen. Man hat im Prinzip vermittelt:
     werden. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir        Wir bilden eine Schule, wo die Schüler jeden Abschluss
     natürlich eine gewisse Quote an Abiturienten brauchen,        erreichen können. Die Frage ist, welche Qualität das Ab-
     die dann auch, wenn sie die Fähigkeiten mitbringen, stu-      itur auf einer Gesamtschule noch hat. Dass die Stärkung
     dieren und in die Wirtschaft gehen. Aber wir verlieren zu     der Mittleren Bildungsabschlüsse ausgeblieben ist, fällt
     viele junge Menschen auf dem Weg zur Hochschule; ei-          uns jetzt auf die Füße.
     nige von ihnen brechen das Studium ab, weil sie an ihre                Das ganze Interview können Sie hier lesen.
     Grenzen kommen. Und die Studienabbrecher, die mit                        Das Interview führte Dr. Hannah Bethke.
     Mitte zwanzig eine duale Ausbildung machen wollen, sind               Wir danken ZEIT ONLINE für die freundliche
                                                                                                Abdruckgenehmigung.
     zu spät dran. Dann sind zehn Jahre verloren, Potenzial ist

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Bundesverdienstkreuz für
                                                  Stärkung der Bildung
                                  Jürgen Böhm erhält das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland

                                                                                                        ein, die den individuellen Bedürfnissen jedes einzelnen jungen
                                                                                                        Menschen gerecht wird. Besonders die Realschule mit ihrem aus-
                                                                                                        gewogenen Angebot an Theorie und Praxis, einer außergewöhn-
                                                                                                        lichen Werte- und Demokratieerziehung und einer realitätsnahen
                                                                                                        Alltagsbildung stehen dabei im Fokus von Böhms Bemühungen.
                                                                                                        Weiterhin wird damit sein Engagement bei der Stärkung der Di-
                                                                                                        gitalisierung und der ökonomischen Bildung in ganz Deutschland
                                                                                                        geehrt.
                                                                                                        In der Würdigung
                                                                                                        durch den Bundes-
                                                                                                        präsidenten heißt
                                                                                                        es ferner: Jürgen
                                                                                                        Böhm zeichnet sich
                                                                                                        dadurch aus, dass er
                                                                                                        bildungspolitische
Foto: Chris Eberhardt

                                                                                                        Weichenstellungen
                                                                                                        in Bund und im Frei-
                                                                                                        staat Bayern stets
                                                                                                        konstruktiv, zielfüh-
                                                                                                        rend und an der Sache orientiert mitgestaltet. Mit seiner hohen
                        Im Rahmen der 70-Jahrfeier des Bayerischen Realschul-
                                                                                                        fachlichen Expertise trägt er maßgeblich dazu bei, den Verant-
                        lehrerverbands (brlv) würdigte der bayerische Minister-                         wortlichen in Politik, Verwaltung und Wissenschaft gute und im
                        präsident Dr. Markus Söder den Pädagogen und verlieh                            Sinne der gesamten Schulfamilie orientierte Lösungen und Wei-
                        ihm die Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland,                            terentwicklungen des Bildungssystems auf den Weg zu bringen.
                        die vom Bundespräsidenten vergeben wird.
                                                                                                        „Ich nehme diese Ehrung natürlich auch für meine Kolleginnen
                        Böhm erhielt die hohe Anerkennung für sein herausragendes                       und Kollegen entgegen, die tagtäglich – auch teilweise unter
                        bundesweites Engagement für die Bildung. Der Bundesvorsit-                      schwierigen Rahmenbedingungen – um beste Bildung kämpfen“,
                        zende setzt sich hierbei besonders für eine differenzierte Bildung              so Böhm nach der Ehrung.

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                        ASL_190x80.qxp_ASL_190x80.qxp 28.09.22 13:45 Seite 1                                                                   AUSSERSCHULISCHE LERNORTE

                                                                  Bremen erleben!                       in die neue Welt reisten. Zu den Wissenswelten gehören:
                                                                 Bremen erleben heißt Wissen            in Bremen                        in Bremerhaven
                                                                 erleben! Neun Einrichtungen in
                                                                 Bremen und Bremerhaven laden           • botanika Bremen                • Deutsches Auswandererhaus
                                                                 als außerschulische Lernorte zum       • Bremer Geschichtenhaus         • Deutsches Schifffahrtsmuseum
                         Forschen und Entdecken ein. Ob Tiere im Zoo, Natur- oder Völkerkunde,
                                                                                                        • Denkort Bunker Valentin        • Klimahaus® Bremerhaven
                         Schifffahrt oder Wetterphänomene, Physikalisches oder Historisches – die
                         Wissenswelten decken ein breites thematisches Spektrum ab. Ein Besuch          • Übersee-Museum Bremen          • Zoo am Meer Bremerhaven
                         im Rahmen einer Klassenfahrt oder eines Tagesausflugs lässt sich wunder-       • Universum® Bremen
                         bar verbinden mit einem Foto der berühmten Bremer Stadtmusikanten oder
                         den Spuren der Auswanderinnen und Auswanderer, die über Bremerhaven            Mehr Informationen unter: www.wissenswelten.com

                                                             Die Internationale Schulbauernhof                              Durch ein vielfältiges Workshop-Angebot werden
                                                             Hardegsen gGmbH                                                Bildungsinhalte rund um die Themen Landwirtschaft,
                                                             Die Internationale Schulbauernhof                              Ernährung und Nachhaltigkeit handlungsorientiert ver-
                                                             Hardegsen gGmbH ist ein vom nieder-                            mittelt – mit Kopf, Herz und Hand. Betreut werden die
                        sächsischen Kultusministerium anerkannter außerschulischer Lernort und                              Kleingruppen durch ein erfahrenes interdisziplinäres
                        ein Lernstandtort des Regionalen Umweltbildungszentrums Hardegsens.                                 Team. Die Verpflegung unserer Gäste erfolgt mit regio-
                        Von der Grund- bis zur Berufsschule bieten wir Klassen die Möglichkeit in das                       nal und saisonal erzeugten Lebensmitteln und ist relativ
                        Landleben einzutauchen. In kleinen Gruppen kann in der Hauswirtschaft und                           fleischarm. Zum Übernachten werden die Gruppen mit
                        in den Ställen kräftig mitangepackt werden. Die Gruppen lernen den Hof und                          dem hofeigenen Planwagen in das im 5 km entfernte
                        seine „Bewohner“ kennen, wachsen täglich mehr in die Aufgaben hinein und                            Jugendgästehaus in Hardegsen gebracht.
                        übernehmen Verantwortung für sich und die Tiere.                                www.internationaler-schulbauernhof.de

                                                                                                                                                                                       15
Am Dienstag, 20. September 2022                                                                Verbeamtete Lehrkräfte erhalten kein Ge-
 titelt lehrer nrw in seiner Presse-                                                            halt oder Entgelt für ihre Arbeit, sondern
 mitteilung „Der Einsatz hat sich ge-                                                           Bezüge. Grundlage der Besoldung ist das
                                                                                                Alimentationsprinzip. Der Dienstherr ist
 lohnt“. Zum Bundesrealschultag am
                                                                                                verpflichtet, dem Beamten im aktiven
 Anfang April in Mannheim hat Sven
                                                                                                Dienst, bei Invalidität und im Alter einen
 Christoffer, Landesvorsitzender von                                                            dem Amt angemessenen Lebensunterhalt
 lehrer nrw die Kampagne „Ich ver-                                                              zu gewähren. Die Besoldung besteht da-
 diene A13!“ vorgestellt. Unzählige                                                             bei aus dem Grundgehalt und wird durch
 Kolleginnen und Kollegen schickten                                                             den Familienzuschlag oder weitere Zula-
 die knallgelbe Postkarte an Minister-                                                          gen ergänzt.
 präsident Hendrik Wüst. Dieser zeig-                                                           Angestellte Lehrkräfte sind in den meis-
 te sich bereits Ende April erstaunt                                                            ten Bundesländern eher die Minderheit.
 über die große Zahl der Karten und                                                             Oft haben diese Personen die Prüfung
 würdigte diese kreative Aktion. Am                                                             der gesundheitlichen Eignung nicht be-
 Rande des Arbeitnehmerempfangs                                                                 standen oder sind nach Überschreiten der
 in Dortmund bekräftigten auch die                                                              Höchstaltersgrenze, die je nach Bundes-
                                                                                                land zwischen 40 (Mecklenburg-Vorpom-
 anderen Parteien, dieses Thema in            zeitgleich auf die Beamten übertragen
                                                                                                mern) und 50 Jahren (Hessen) liegt, nicht
 der folgenden Legislaturperiode an-          und bilden für die einzelnen Finanzminis-
                                                                                                verbeamtet worden. Bei den Angestellten
 zugehen. Nach der Wahl in Nord-              ter Möglichkeiten, Finanzmittel einzuspa-
                                                                                                muss berücksichtigt werden, dass sie sozi-
 rhein-Westfalen standen die Zeichen          ren. Während in den meisten Bundeslän-
                                                                                                alversicherungspflichtig sind (vgl. Abb. 2).
                                              dern die jeweils aktuelle Erhöhung zum
 bereits im Juni für eine Besoldungser-
                                              1. Januar 2021 stattgefunden hat, haben             SONDERSTELLUNG BERLIN
 höhung nicht schlecht, Ende Septem-
                                              sich die Niedersachen zwei, das Saarland          Mittlerweile verbeamten alle Bundes-
 ber veröffentlichte die schwarz-grü-         drei und Mecklenburg-Vorpommern und               länder ihre Lehrkräfte wieder. Das Bun-
 ne Staatsregierung den Stufenplan            Schleswig-Holstein sogar fünf Monate mit          desland Berlin hat seit dem Jahr 2004
 zur Überführung der Eingangsbesol-           der Übertragung der Ergebnisse auf die            auf eine Verbeamtung verzichtet. Im Juli
 dung für alle Lehrämter nach A13.            Beamten Zeit gelassen (vgl. Abb. 1).              dieses Jahres wurden – aufgrund des
 Dies geschieht in jährlichen Schritten                                                         chronischen Lehrermangels in der Haupt-
                                                                Bundesland        gültig seit
 zu je 115 Euro bis zum August 2026.                                                            stadt – erstmals wieder 220 Lehrkräfte
                                                        Baden-Württemberg         01.01.2021    verbeamtet, die neu in den Schuldienst
 Wie sich die Erhöhung in vier Jahren
                                                                      Bayern      01.01.2021    eingestellt wurden. Aufgrund der Sonder-
 auswirken wird und wo sich die Lehr-
                                                                Brandenburg       01.01.2021    situation in Berlin bestand der Versuch,
 kräfte im Bundesvergleich einordnen,
                                                                     Bremen       01.01.2021    herauszufinden, wie geplant ist, bislang
 zeigt dieser Vergleich.
                                                                   Hamburg        01.01.2021    angestellte Lehrkräfte ins Beamtensys-
                                                                     Hessen       01.01.2021    tem zu überführen. Mehrere Anfragen an
     GEHALT UND BESOLDUNG                                                                       das Berliner Bildungsministerium durch
                                                       Nordrhein-Westfalen        01.01.2021
 Mit der im Jahr 2006 durch Bundestag                                                           den VDR blieben jedoch unbeantwortet.
                                                             Rheinland-Pfalz      01.01.2021
 und Bundesrat auf den Weg gebrachte                                                            Da die Verbeamtung zum aktuellen Zeit-
                                                                    Sachsen       01.01.2021
 Föderalismusreform sind die einzelnen                                                          punkt jedoch nur 220 von knapp 35.000
                                                             Sachsen-Anhalt       01.01.2021
 Bundesländer selbst für das Dienstrecht                                                        Lehrkräften betrifft, wird in dieser Zusam-
 sowie die Besoldung der Beamten zu-                              Thüringen       01.01.2021
                                                                                                menstellung auf die Darstellung von Berlin
 ständig. In der Regel werden die Tarif-                      Niedersachsen       01.03.2021
                                                                                                verzichtet.
 abschlüsse aus den Verhandlungen des                               Saarland      01.04.2021
 öffentlichen Dienstes auf die Beamten           Mecklenburg-Vorpommern           01.06.2021      REFERENDARIAT:
 übertragen. Um Geld in den Bundeslän-                   Schleswig-Holstein       01.06.2021      LÄNGE UND BESOLDUNG
 dern einzusparen, werden die Abschlüsse      Abb. 1: Zeitpunkt der Umsetzung der letzten       In Zeiten des akuten Lehrermangels ist
 aber oftmals nicht inhaltsgleich und nicht   Besoldungserhöhung in den Bundesländern           es spannend, zu sehen, ob ein kürzeres

16                                                                                                              BILDUNG REAL · 5–6/2022
35                                  40                      45                        50

                         Berlin    35                                40                   45                     50            Referendariat tatsächlich mehr Lehrkräf-
                       Hessen
                          Berlin                                                                                               te ins System spült. Aber genau das Ge-
                 Brandenburg
                         Hessen                                                                                                genteil scheint der Fall zu sein. Gerade
                       Sachsen
                    Brandenburg                                                                                                in den Ländern mit den kürzesten Refe-
                    Thüringen
                       Sachsen
                                                                                                                               rendariaten scheint die Not am größten.
                       Bayern
                      Thüringen
                                                                                                                               In Brandenburg sind knapp 15 Prozent der
                       Bremen
                         Bayern
                       Bremen                                                                                                  Lehrkräfte Seiteneinsteiger und der An-
                     Hamburg
                      Hamburg
                Niedersachsen
                                                                                                                               teil unter den Neueinstellungen liegt bei
                  Niedersachsen
            Rheinland-Pfalz
                                                                                                                               32,5 Prozent. In Sachsen-Anhalt liegt die
                 Rheinland-Pfalz
                      Saarland
                                                                                                                               Unterrichtsversorgung beim Schulstart in
                        Saarland                                                                                               dieses Schuljahr bei gerade einmal 92 Pro-
            Sachsen-Anhalt
                 Sachsen-Anhalt
       Schleswig-Holstein                                                                                                      zent! Auch die Bezahlung der Referendare
         Schleswig-Holstein
     Baden-Württemberg
       Baden-Württemberg
                                                                                                                               stellt sich in den Bundesländern ganz un-
Mecklenburg-Vorpommern
  Mecklenburg-Vorpommern                                                                                                       terschiedlich dar, wie die Grafik zeigt (sie-
     Nordrhein-Westf
       Nordrhein-Westfalen
                       alen                                                                                                    he Abb. 3 und 4).
                                     Höchstaltersgrenze fürfür
                                     Höchstaltersgrenze     diedie
                                                                Verbeamtung
                                                                   Verbeamtung                                                   WEIHNACHTSGELD
                                     Abb.
                                     6 2:
                                     Abb. 2: Letzte
                                             LetzteMöglichkeit
                                                    Möglichkeitder12
                                                                   Verbeamtung in den Bundesländern
                                                                  der                       18
                                                                      Verbeamtung in den Bundesländern                    24   Die meisten Bundesländer zahlen mit den
                         Bayern                                                                                                Dezemberbezügen kein Weihnachtsgeld
                                     6                               12                   18                     24
                      Thüringen                                                                                                mehr aus. Vielmehr ist diese Sonderzah-
                         Bayern
                         Hessen                                                                                                lung – meistens ab dem Jahr 2017 – in
                      Thüringen
       Baden-Württemberg
                         Hessen                                                                                                das Grundgehalt integriert worden. Nur
                    Berlin
        Baden-Württemberg                                                                                                      Bayern hält an der 65 %-igen Sonderzah-
                        Bremen
                         Berlin                                                                                                lung fest, in Mecklenburg-Vorpommern
                       Hamburg
                        Bremen                                                                                                 sind es noch knapp 30 Prozent, in anderen
 Mecklenburg-Vorpommern
                Hamburg                                                                                                        Bundesländern Pauschalbeträge in Höhe
  Mecklenburg-Vorpommern
           Niedersachsen                                                                                                       von ein paar hundert Euro (Niedersachsen
            Niedersachsen
      Nordrhein-Westf alen                                                                                                     300 Euro, Sachsen-Anhalt 400 Euro). Egal
        Nordrhein-Westfalen
                Rheinland-Pfalz                                                                                                wie die Bundesländer mit der Jahresson-
                 Rheinland-Pfalz
                        Saarland                                                                                               derzahlung umgehen, ist sie in die Dar-
                        Saarland
                        Sachsen                                                                                                stellungen eingerechnet und auf die zwölf
                        Sachsen
         Schleswig-Holstein
          Schleswig-Holstein                                                                                                   Monate umgelegt worden.
                Sachsen-Anhalt
                 Sachsen-Anhalt
                   Brandenburg
                   Brandenburg                                                                                                   EINSTIEGSAMT UND
                                     Dauer
                                      Dauerdes
                                            desReferendariats in Monaten
                                                 Referendariats   in Monaten
                                                                                                                                 EINSTIEGSBESOLDUNG
                                     Abb.
                                      Abb.3:3:Zwischen
                                               Zwischen12 12
                                                          undund
                                                              24 Monaten   dauertdauert
                                                                  24 Monaten       die zweite Phase Phase
                                                                                         die zweite
                                                                                                                               Während sich im Referendariat die Un-
                                     der Ausbildung im Referendariat. Was ist ausreichend?
                                      der Ausbildung im Referendariat. Was ist ausreichend?                                    terschiede zwischen den Bundesländern
                                                                                                                               noch weitgehend in Grenzen halten, so
                                                                                                                               wird die unterschiedliche Umsetzung der
                                                                                                                               Übertragung der Tarifergebnisse auf die
                                                                                                                               Beamten vor allem beim Einstiegsgehalt
                           SH: 1.537 EUR                                                                                       sehr deutlich. Bei allen Betrachtungen
     HB: 1.464 EUR
                               + 1,5 %                                                                                         wurde ein fiktiver Berufseinstieg mit 27
         - 4,4 %                                       MV: 1.503 EUR
                                                           - 0,8 %
                                                                                                                               Jahren in die unterste Erfahrungsstufe
                           HH: 1.525 EUR                                                                                       der regulären Besoldungsgruppe der Re-
                                                                                     Abb. 4: Besoldung der Referendare
                               + 0,7 %
                                                                                     als Beamte auf Widerruf ent-              alschullehrkräfte bzw. Sekundarschul-
                         NI: 1.439 EUR                                               sprechend des Eingangsamtes im            lehrkräfte zugrunde gelegt. Dabei ist es
                             - 5,0 %                                                 jeweiligen Bundesland                     zunächst einmal entscheidend, welche
                                                               BB: 1.509 EUR
                                                                                                                               die unterste Erfahrungsstufe in der Ent-
                                            ST: 1.501 EUR            - 0,4 %
     NW: 1.500 EUR                               - 0,9 %
                                                                                                                               geltgruppe ist und aus wie vielen Stufen
          - 0,9 %                                                                                                              die Besoldungsordnung besteht. Ver-
                                                              SN: 1.595 EUR
                                         TH: 1.503 EUR               + 5,3 %
                                                                                                                               gleicht man z. B. die Bundesländer Rhein-
                     HE: 1.560 EUR           - 0,7 %                                                                           land-Pfalz (Einstiegsbesoldung A13 Stufe
                        + 3,0 %                                                                                                3, Endstufe 12) und Bayern (Einstiegsbe-
                                                                     Referendariat
                                                                     Durchschnitt                                              soldung A13 Stufe 5, Endstufe 11), so er-
   RP: 1.487 EUR
       - 1,8 %
                                                                      1.514 EUR
                                                                                                                               reichen Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz die
                                                                                                                               Endstufe nach 29 Dienstjahren, in Bayern
  SL: 1.448 EUR                              BY: 1.618 EUR                                                                     jedoch schon nach 21 Jahren. Im bun-
      - 4,4 %       BW: 1.526 EUR                 + 6,9 %                                                                      desweiten Durchschnitt verdienen Lehr-
                        + 0,8 %
                                                                                                                               kräfte in Deutschland 4.243 Euro brutto
                                                                                                                               pro Monat. Die Unterschiede sind jedoch
                                                                                                                               immens, liegen zwischen den Bundeslän-

                                                                                                                                                                           17
DIE BESOLDUNG IM LÄNDERVERGLEICH

                             SH: 4.334 EUR                                                                              SH: 5.685 EUR
        HB: 4.389 EUR                                                                              HB: 5.673 EUR
                                 + 2,2 %                                                                                    + 0,3 %
            + 3,4 %                                    MV: 4.228EUR                                    + 0,1 %                                     MV: 5.722 EUR
                                                           - 0,4 %                                                                                        + 1,0 %
                             HH: 4.360 EUR                                                                              HH: 5.522 EUR
                                                                                                                                                                                                    Bundesland
                                 + 2,8 %                                                                                       - 2,6 %
                                                                                                                                                                                                   Brandenburg
                            NI: 3.779 EUR                                                                              NI: 5.224 EUR
                                                                                                                                                                                                        Hessen
                               - 10,5 %                                                                                    - 7,8 %
                                                               BB: 3.817 EUR                                                                                  BB: 5.166 EUR             Mecklenburg-Vorpommern
                                             ST: 4.281 EUR           - 10,0 %                                                               ST: 5.766 EUR           - 8,9 %                            Hamburg
        NW: 3.824 EUR                            + 0,9 %                                           NW: 5.241 EUR                                + 1,7 %                                       Schleswig-Holstein
             - 9,9 %                                                                                    - 7,5 %
                                                              SN: 4.259 EUR                                                                                   SN: 5.943 EUR                      Sachsen-Anhalt
                                          TH: 4.268 EUR              + 0,4 %                                                             TH: 5.812 EUR              + 4,8 %                             Bremen
                       HE: 4.314 EUR         + 0,6 %                                                              HE: 7.762 EUR             + 2,5 %                                                      Bayern
                           + 1,7 %                                                                                    + 1,7 %
                                                                   Berufseinstieg                                                                                      Familie                   Nierdersachsen
                                                               27 Jahre, unverheiratet                                                                         47 J., verh., 2 Kinder
      RP: 4.107 EUR                                                 Durchschnitt                 RP: 5.793 EUR                                                     Durchschnitt             Nordrhein-Westfalen
                                                                     4.243 EUR                                                                                      5.667 EUR                          Saarland
          - 3,2 %                                                                                    + 2,2 %
                                                                                                                                                                                             Baden-Württemberg
     SL: 4.180 EUR                            BY: 4.896 EUR                                     SL: 5.678 EUR                                BY: 6.075 EUR                                            Thüringen
         - 1,5 %       BW: 4.587 EUR              + 15,4 %                                         + 0,2 %        BW: 5.955 EUR                  + 7,2 %                                                Sachsen
                          + 8,1 %                                                                                    + 5,1 %
                                                                                                                                                                                                 Rheinland-Pfalz
                                                                                                                                                                                                     Mittelwert

 Besoldung Berufseinsteigerinnen und -einsteiger                                               Besoldung Familien

 Abb. 5: Die größten prozentualen Abweichungen der Bundes-                                     Abb. 6: Höhere Familien- und Kinderzuschläge lassen die Abstände
 ländern vom bundesweiten Durchschnitt findet sich bei den                                     zwischen den Bundesländern etwas abschmelzen …
 Berufsanfängern

 dern über 1.000 Euro brutto pro Monat                                     gen in etwa gleich auf, die Unterschiede                       derzuschläge etwas niedriger als bei der
 (vgl. Abb. 5)                                                             betragen nur wenige Euro. Beim Kinder-                         Betrachtung der Familien (vgl. Abb. 8).
                                                                           zuschlag sind die Unterschiede deutlich
      FAMILIENZUSCHLAG                                                                                                                       BEFÖRDERUNGSÄMTER
                                                                           größer. Hier liegt Rheinland-Pfalz mit über
 Heirat, Kinder, Familie – auch in der Be-                                                                                                Einstiegsgehalt, Erfahrungsstufe, Kinder-
                                                                           210 Euro pro Kind weit vor den anderen,
 soldung macht sich das bemerkbar. Und                                                                                                    und Familienzuschlag sind nicht die einzig
                                                                           Hessen und Mecklenburg-Vorpommern
 natürlich finden sich auch hier große, aber                                                                                              ausschlaggebenden Komponenten der Be-
                                                                           mit 120 Euro pro Kind auf den letzten
 nicht gravierende Unterschiede zwischen                                                                                                  soldung. Für die einzelnen Landesverbän-
                                                                           Rängen. Ausschlaggebender beim Brut-
 den Bundesländern. In der Übersicht wird                                                                                                 de sind auch die Möglichkeiten der Beför-
                                                                           togehalt sind bei den Familien eher die
 eine Lehrkraft betrachtet, die zwanzig                                                                                                   derung im Bundesland ausschlaggebend.
                                                                           Besoldungsstufe und die bereits erreichte
 Dienstjahre ohne Beförderungsamt abge-                                                                                                   Folgende Fragen interessieren dabei: Gibt
                                                                           Erfahrungsstufe (vgl. Abb. 6 und 7).
 leistet hat, verheiratet ist und zwei Kinder                                                                                             es funktionslose Beförderungsämter?
 hat. Insgesamt lässt sich feststellen, dass                                    ENDSTUFE                                                  Wie viele Stellen werden gehoben? Wie
 in diesem Fall der Unterschied zwischen                                   Mit sechzig Jahren sollten die Lehrkräfte                      groß ist der Abstand zu den funktions-
 den Bundesländern nicht mehr ganz so                                      in allen Bundesländern bei einem regulä-                       gebundenen Beförderungsämtern? Wie
 groß ist, wie bei beim Berufseinstieg. Zwi-                               ren Eintritt in den Schuldienst jeweils die                    viele Personen sind Mitglied in der Schul-
 schen den Bundesländern mit der größten                                   höchste Erfahrungsstufe erreicht haben.                        leitung und wie ist die Führungsspanne?
 Spreizung (Brandenburg – Bayern) liegen                                   Die Kinder sind aus dem Haus und die                           Wie viele Beförderungsmöglichkeiten gibt
 „nur noch“ rund 900 Euro Bruttoeinkom-                                    Kinderzuschläge fallen weg. In der Grafik                      es außerhalb der Schule, also z. B. bei der
 men pro Monat. Unterschiede ergeben                                       wird jeweils eine verheiratete, 60-jährige                     Schulaufsicht oder bei Landesinstituten?
 sich auch in der Höhe des Familienzu-                                     Lehrkraft zugrunde gelegt, die sich noch
 schlags und des Kinderzuschlags. Einzig                                   im Eingangsamt aber in der höchsten Er-                           UNTERRICHTSPFLICHTZEIT
 Brandenburg verzichtet auf den Famili-                                    fahrungsstufe befindet. Insgesamt sind                         Auch die Unterrichtspflichtzeit der Lehr-
 enzuschlag, in Rheinland-Pfalz beträgt er                                 die Bruttobezüge mit Kinderzuschlag und                        kräfte kann für die Landesverbände – eher
 nur ca. fünfzig Prozent der anderen Bun-                                  Familienzuschlag trotz einer höheren Er-                       noch als die Beamtenbesoldung – großes
 desländer. Alle anderen Bundesländer lie-                                 fahrungsstufe durch den Wegfall der Kin-                       Thema sein, werden Lehrkräfte durch eine

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