Meeresumweltsymposium - Programmheft zum - 8./9. Juni 2021 Digitale Veranstaltung - Meetingland
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© Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Hamburg und Rostock 2021 www.bsh.de Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des BSH reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Kurzfassungen der Vorträge wurden in unveränderter Form übernommen. Titelfoto: Michael Naumann (IOW) Das Bild zeigt ein frisch ausgelegtes BGC-Argo Float des ICBM/Univ. Oldenburg, das während der Fahrt EMB261 des IOW Langzeitprogramms von Bord des Forschungsschiffes „Elisabeth Mann Bor- gese“ im zentralen Gotlandbecken in der Ostsee ausgelegt wurde. Grafiken zu den Themenblock-Seiten: Barbara Frank (BSH)
30. Meeresumweltsymposium Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhalt 1 Begrüßung und Einführung 3 1.1 Grußworte aus BSH und BMU 3 1.2 Technische und organisatorische Hinweise für eine entspannte Teilnahme 5 2 Zusammenfassungen der Vorträge 6 2.1 Wie realistisch sind die Pariser Klimaziele? 7 2.2 A year in the Arctic ice - erste Ergebnisse und Eindrücke von der MOSAiC Expedition 10 2.3 Ozeane im Klimawandel – Kernaussagen des SROCC 11 2.4 Klimabedingte Änderungen in der Nährstoffzufuhr vom Atlantik auf den nordwest-europäischen Schelf12 2.5 Biogeochemische Messungen im Ozeanbeobachtungsprogramm Argo 13 2.6 Wie erfolgreich ist die Umsetzung der reformierten gemeinsamen Fischereipolitik der EU? 15 2.7 Fischereifragen im Rahmen von räumlichen Nutzungskonflikten in der Nordsee 16 2.8 Schadstoffmonitoring als wichtiger Baustein eines adaptiven Sedimentmanagements 18 2.9 30 Jahre chemisches Monitoring in der Ostsee: Was haben wir gelernt? 19 2.10 Vorkommen und Verteilung von neuartigen organischen Spurenstoffen in der Deutschen Bucht 20 2.11 Mikroplastikbelastung von Miesmuscheln aus Nord- und Ostsee 21 2.12 Extremwellen in der Nordsee 22 2.13 Offshore Windfarmen und ihre bisher unterschätzten Auswirkungen auf das Meeresökosystem 23 2.14 Die Managementpläne für die Naturschutzgebiete in der AWZ der deutschen Nordsee 25 2.15 Ecological limits to the exploitation of species: the case study of the southern North Sea 26 2.16 Wege zu rekonstruierten Riffen in der Ostsee - ist Realkompensation machbar? 27 2.17 Erfassung nicht-einheimischer Arten in vier deutschen Häfen 28 3 Ausstellung 29 3.1 Karte zur Orientierung im Meetingland 30 3.2 Ausstellungsbereich 30 4 Anhang 33
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Globale Oberflächenerwärmung gegenüber vorindustriellen Verhältnissen .............................................. 8 Abb. 2: Route der Polarstern während MOSAiC .................................................................................................. 10 Abb. 3: Klimawandel in Ozean und Cryosphäre ................................................................................................... 11 Abb. 4: Simulierte winterliche Nährstoffkonzentration an der Wasseroberfläche ................................................ 12 Abb. 5: Überblick über den Beitrag des Argo-Programms zur Klimaforschung .................................................. 13 Abb. 6: Entwicklung der EU Fischbestände ......................................................................................................... 15 Abb. 7: Neue Konzepte zur Nutzung von Seegebieten ........................................................................................ 16 Abb. 8: Sedimentmanagement .............................................................................................................................. 18 Abb. 9: Under construction. Coming soon. ........................................................................................................... 19 Abb. 10: Wattenmeer bei Cuxhaven ..................................................................................................................... 20 Abb. 11: Mikroplastik in Miesmuscheln ............................................................................................................... 21 Abb. 12: Extremwelle an der Plattform FINO1 .................................................................................................... 22 Abb. 13: Offshore Windanlagen in der Nordsee. .................................................................................................. 23 Abb. 14: Naturschutzgebiete in der AWZ der deutschen Nordsee ........................................................................ 25 Abb. 15: Sandeels represent a bottleneck to energy circulation ............................................................................ 26 Abb. 16: Frühere Steinfischereigebiete vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns ........................................... 27 Abb. 17: Neobiota in den Häfen JadeWeserPort, Cuxhaven, Kiel und Hamburg. ................................................ 28
30. Meeresumweltsymposium Grußworte 1 Begrüßung und Einführung 1.1 Grußworte aus BSH und BMU Sehr geehrte Teilnehmende, liebe Vortragende, ich freue mich, Sie am United Nations World Oceans Day 2021 zum 30. Jubiläum unseres Meeresumweltsymposiums begrüßen zu dürfen! Unsere diesjährige Veranstaltung steht ganz im Zeichen des Kampfes gegen den Klimawandel. Das zentrale Ziel des Pariser Klimaabkom- mens ist es, die Maßnahmen gegen den Klimawandel zu stärken und somit die globale Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Ni- veau auf deutlich unter 2, vorzugsweise auf 1,5 °C, zu begrenzen. Ob- wohl die Ozeane große Mengen an anthropogenem CO2 und zusätzli- Karin Kammann-Klippstein cher Wärme aufnehmen und somit den Klimawandel deutlich verlang- Präsidentin des BSH samen, gibt uns das Pariser Klimaabkommen keine genauen Vorgaben für den Ozean. Doch nur durch ein koordiniertes, gemeinsames Han- deln aller Staaten können wir die weitere Verschlechterung des Zustands der Meere, wie z.B. ihre zu- nehmende Erwärmung und die Abnahme der Meereisfläche in der Arktis, minimieren und damit zum Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels für die Menschheit beitragen. Darüber hinaus beobachten wir immer größere Ansammlungen von Plastik im Meer und in den Mee- resbewohnern und die weitere Abnahme von Fischbeständen. Es ist klar, dass die Meeresumwelt nur dann wieder in einen guten Zustand zurückkehren kann, wenn wir unsere Alltagsgewohnheiten ändern und Verhaltensmuster überdenken. Unser alljährlicher Austausch zu den aktuellen Problemen der Meeresumwelt ist mir deshalb in die- sem ersten Jahr der Ozeandekade der Vereinten Nationen besonders wichtig, und ich freue mich, dass alle Vortragenden indirekt auf mindestens eine der oben genannten globalen Herausforderungen ein- gehen. Die pandemiebedingte Digitalisierung von Veranstaltungen eröffnet uns in diesem Jahr ganz neue Möglichkeiten des wissenschaftlichen Austauschs, die wir in den kommenden zwei Tagen gern zu- sammen mit Ihnen ausprobieren möchten. Wir haben eine Plattform gesucht, die persönliche Gesprä- che am Rande, das spontane Kennenlernen neuer Menschen und den persönlichen Austausch mit alten und neuen Bekannten ermöglicht. Wir hoffen, dass wir Ihnen dies mit der Plattform „Meetingland“ ermöglichen können. Anregungen für Ihren Austausch finden Sie auch in unserem digitalen Ausstellungsbereich im Mee- tingland, in dem Forschende unterschiedlicher Einrichtungen und Verbände weitere Initiativen und Projekte mit Meeresbezug präsentieren. Schauen Sie sich einfach einmal dort um; es ist bestimmt et- was für Sie dabei. Nicht zuletzt können Sie beim Zuschauen unserer abendlichen Paneldiskussionen zu mehr Genderge- rechtigkeit und Diversität in den MINT-Berufen am ersten Abend und zu Maßnahmen zum Schutz der Meeresbewohner vor Unterwasserschall am zweiten Abend Denkanstöße auch in etwas andere Rich- tungen mitnehmen. Ich wünsche Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Veranstaltung mit vielen interessanten Be- gegnungen. Wir sind alle sehr gespannt, wie dieses Experiment funktioniert – Viel Spaß! Herzliche Grüße 3
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 Liebe Teilnehmende, es ist nicht überliefert, ob sich die im Jahr 1992 für die Ausrichtung des ersten Symposiums Verantwortlichen Gedanken darüber gemacht haben, ob dieses Konferenzformat in eine zweite Runde gehen oder sogar zu ei- ner Veranstaltungsreihe werden sollte. Festzuhalten ist jedoch, dass be- reits zum damaligen Zeitpunkt Kolleginnen und Kollegen des Bundesum- weltministeriums und des Bundesamtes für Seeschifffahrt ein Forum schaffen wollten, in dem – seinerzeit mit vorwiegend wissenschaftlicher Brille – aktuelle Probleme der Meeresumwelt, so der frühere Titel der Veranstaltung, diskutiert werden sollten. Dass dies mit einem Blick weit Heike Imhoff Referatsleiterin Meeres- über den Tellerrand hinaus in die Tat umgesetzt wurde, lässt sich schon schutz im BMU an der in damaliger Zeit noch recht ungewöhnlichen Zusammenarbeit der beiden veranstaltenden Behörden ablesen. Einige Jahre dominierten Themen des Meeresschutzes, aber schon recht bald gelang es, die geschaffene Plattform dazu zu nutzen, die damaligen Formen der Mee- resnutzung und des Meeresschutzes gemeinsam in den Blick zu nehmen. 30 Jahre später gilt der ‚Blick zurück‘ somit einer Betrachtungsweise, welche für uns heute selbstver- ständlich, seinerzeit aber Pionierarbeit war. Die Rede ist vom integrativen Politikansatz. Mit Inkrafttreten der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, diverser Meeresnaturschutz-Richtlinien und der Entwicklung der sog. ‚Blue Economy‘ zu einem bedeutenden Faktor nationaler und internatio- naler Meerespolitik ist es auch in rechtlicher Hinsicht unserer gemeinsamen Politik für die Meere zu gravierenden Veränderungen gekommen. Das Programm, in dessen Rahmen auch beim 30. Sympo- sium Meeresschutz und Meeresnutzung sowie die Meereswissenschaften als dritte Säule zu Wort kom- men und miteinander in den Dialog treten, spiegelt die Verbreiterung regulatorischer Vorgaben ge- nauso wie die zunehmend in den Blick geratende Notwendigkeit, Politik und Wissenschaft enger mit- einander zu verknüpfen und in allgemeinverständlicher Form aufzubereiten. Es ist bekannt, dass Vorträge, welche – eher strategisch ausgerichtet – auf die fachpolitischen und auch rechtlichen EU-Vorgaben oder beispielsweise auch die UN-Agenda 2030 fokussieren und dafür werben, die deutschen Bemühungen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meere in einen in- ternationalen fachpolitischen Rahmen zu stellen, nicht immer auf ungeteilte Begeisterung treffen. In diesem Jahr entfällt dieser Aspekt aus Zeitgründen. Ich werbe jedoch mit Nachdruck dafür, diese Komponente nicht aus den Augen zu verlieren. Der von der aktuellen Europäischen Kommission verabschiedete Green Deal und seine begleitenden Dossiers weisen dem Schutzgedanken einen neuen Stellenwert zu. Dies wird zu einer höheren Wertschätzung der Meeresökosysteme führen – müssen. Die am 17. Mai 2021 erfolgte Veröffentlichung der Europäi- schen Kommission zur Blauen Wirtschaft markiert trotz ihres in Richtung Ökonomie weisenden Titels ebenfalls eine Wendemarke. Auch wenn wir uns – pandemiebedingt – 30 Jahre nach der Etablierung des Symposiums mit der erst- malig vollständig digitalen Organisation des Symposiums erneut für Pionierarbeit entscheiden muss- ten, bin ich absolut sicher, dass Sie, sehr verehrte Teilnehmende und z.T. ja auch bereits langjährige Gäste, uns auch auf diesem Weg wohlwollend begleiten werden. Ein engagiertes Team, bestehend aus Mitarbeitenden von BfN, BSH und UBA sowie BMU hat ein Programm vorbereitet, dessen vier Themenblöcke Meere im Klimawandel, Fischerei, Meeresüberwa- chung sowie Marine Biodiversität und Naturschutz ganz sicher Ihr Interesse findet. Ich wünsche uns allen eine interessante, ganz sicher anspruchsvolle, gleichzeitig aber auch kurzweilige Veranstaltung. Heike Imhoff 4
30. Meeresumweltsymposium Technische Hinweise 1.2 Technische und organisatorische Hinweise für eine entspannte Teilnahme 1 Technische Voraussetzungen 1. Nutzen Sie bitte Ihr privates Netzwerk. 2. Deaktivieren Sie aktive VPN-Verbindungen. 3. Als Browser nutzen Sie bitte Google Chrome oder Firefox. Hier können Sie überprüfen, ob Sie die neueste Version von Chrome und hier von Firefox haben. Aktualisieren Sie bitte gegebenenfalls Ihren Browser. 4. Sollten Sie trotz dieser Maßnahmen Schwierigkeiten mit dem Zugang haben, pro- bieren Sie es bitte mit privater Hardware. 2 Vorträgen zuhören und Fragen im Chat stellen direkt in Zoom In unserem Zoom Webinar können Sie die Vorträge verfolgen und per Chat Fragen stellen. Sie selbst sind nicht mit Kamera und Ton dabei, für andere Teilnehmende also nicht zu sehen. Im Anschluss an die Vorträge gehen die Vortragenden des jeweiligen Tages ebenfalls in unseren Ausstellungsbereich im Meetingland. Bis 16:30 Uhr können Sie dort mit ihnen Ihre offenen Fragen diskutieren oder einfach nur mal (wieder) “Hallo” sagen. Auf welcher Insel und an welchem Stand Sie die einzelnen Vortragenden finden, er- fahren Sie ab Seite 29. 3 Netzwerken, Ausstellung und Vorträge per Livestream in Meetingland Sie können die gesamte Veranstaltung jedoch auch von hier aus verfolgen. Ihre Fragen an die Vortragenden im Chat übermitteln wir an die Moderierenden in Zoom. So kön- nen Sie sich frei bewegen, den Vorträgen per Live-Stream lauschen und sich im An- schluss an die Vorträge mit den Votragenden austauschen oder in Ruhe durch den Ausstellungsbereich schlendern. Es gibt reichlich Platz für den Austausch zu zweit o- der in Kleingruppen. In unseren zwei Besprechungsräumen können Sie sich mit bis zu 15 Personen treffen und am Whiteboard gemeinsame Projektideen entwickeln oder via Screensharing neue Ergebnisse besprechen. 4 So funktioniert das Netzwerken in Meetingland In Meetingland bewegen Sie sich frei mit einem Avatar auf eigens für das MUS konzi- pierten Karten. 1. Sie navigieren mit den Pfeiltesten auf Ihrer Tastatur. 2. Sie können sich mit Personen unterhalten, wo Sie möchten. 3. Sobald Sie in die Nähe einer anderen Person kommen, öffnet sich automatisch die Videofunktion und Sie können sich unterhalten. 4. Natürlich können Sie sich spontan auch mit mehreren Personen treffen und in ei- ner kleineren oder grösseren Gruppe miteinander unterhalten. Damit andere Teilnehmende Sie leicht finden und kontaktieren können, benennen Sie Ihren Avatar bitte nach dem Schema „Vorname Name (Zugehörigkeit)“. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte per Mail an meeresumweltsymposium@bsh.de. Geben Sie dabei bitte immer auch eine Telefonnummer an, unter der wir Sie erreichen können. Das MUS21-Team wird Ihre Anfrage schnellstmöglich beantworten. 5
30. Meeresumweltsymposium Leitvortrag 2.1 Wie realistisch sind die Pariser Klimaziele? Jochem Marotzke Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Das Pariser Klimaabkommen von 2015 verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, die globale Oberflächen- erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau deutlich unter 2 °C zu halten sowie Anstrengun- gen zu unternehmen, die Erwärmung auf 1.5 °C zu begrenzen. (“aims to….[h]olding the increase in the global average temperature to well below 2 °C above pre-industrial levels and pursuing efforts to limit the temperature increase to 1.5 °C above pre-industrial levels…”). Wie realistisch diese Tempe- raturziele sind, konnte bis vor kurzem nur sehr grob abgeschätzt werden. So gab der IPCC-Sonderbe- richt zu 1.5 °C Erwärmung im Jahr 2018 an, dass das 1.5 °C-Niveau wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052 überschritten wird – unter der Annahme gleichbleibenden Fortschreitens der Erwärmung. Wie realistisch diese Annahme ist, wurde nicht bewertet. In meinem Vortrag werde ich den Realitätsgrad der Pariser Temperaturziele durch eine Synthese der folgenden, aktuellen Forschungsergebnisse beleuchten: 1. Eine sehr umfassende, auf Initiative des Weltklimaforschungsprogramms durchgeführte, neue Abschätzung der Klimasensitivität ergibt eine gegenüber früher deutlich geringere Unsicher- heitsspanne1. Diese Abschätzung benutzt als wichtiges Element die beobachtete Zunahme des Ozean-Wärmeinhalts, wozu essentiell das globale und für Deutschland vom BSH verantwor- tete Argo-Netzwerk beiträgt. 2. Eine neue Generation von Emissionsszenarien wurde erstellt2, die auch das sehr ehrgeizige Pariser 1.5 °C-Ziel darstellen kann. Für jedes Szenario wurde der globale Strahlungsantrieb der Erde bis zum Jahr 2100 abgeschätzt3. 3. Messungen der Oberflächentemperatur wurden neu analysiert4 und ergeben eine um knapp 0.1 °C höhere Erwärmung seit 1850–1900, der oft benutzen Approximation für vorindustrielle Temperaturen. 4. Mit Hilfe des MPI-M „Grand Ensemble“ können wir die natürliche Klimavariabilität deutlich zuverlässiger abschätzen als dies früher möglich war5. 5. Am MPI-M haben wir mit Hilfe eines einfachen Klimamodells die Information aus der Klima- sensitivität, dem Strahlungsantrieb, der historischen Erwärmung sowie der natürlichen Klima- variabilität zusammengefasst und abgeschätzt, wie sich die Ungewissheiten aus den verschie- denen Informationsquellen auf den Zeitpunkt des Überschreitens von 1.5 °C auswirken6 (siehe Abb. 1). Das Ergebnis ist für viele vermutlich ernüchternd: Um ein Überschreiten von 1.5 °C Erwärmung zu vermeiden, müssen die Netto-CO2-Emissionen sofort drastisch sinken und vor 2060 auf null gesunken sein. Aber für sich allein genügt nicht einmal das, sondern die Klimasensitivität und die historische Erwärmung müssen beide im jeweiligen unteren Unsicherheitsbereich liegen. Liegen Klimasensitivität und historische Erwärmung ungefähr in der Mitte des Unsicherheitsbereichs, wird um das Jahr 2030 herum ein einzelnes Jahr mit etwa 50% Wahrscheinlichkeit über der Marke von 1.5 °C liegen. Um die Erwärmung sicher auf unter 2 °C zu begrenzen, müssten die Emissionen ebenfalls rasch sinken, aber Jochem Marotzke, Klimaforscher, Direktor am MPI-M, Professor an der UHH Forschungsthemen: Klimawandel und –variabilität, insb. Rolle des Ozeans; Ex- perimente zur Bereitschaft von Versuchspersonen, eigenes Geld in den Klima- schutz zu investieren; Koordinierender Leitautor im 5. und 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC; Gründungsvorstandsvorsitzender des DKK und seit- dem Vorstandsmitglied; Co-Sprecher im Hamburger Exzellenzcluster „Klima, Klimawandel und Gesellschaft“. 7
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 Abb. 1: Globale Oberflächenerwärmung gegenüber vorindustriellen Verhältnissen, abge- schätzt für ein „mittleres“ Emissionsszenario (SSP2-4.5). Durchgezogene Linie: Beste Schätzung; gestrichelt: Unsicherheitsbereich aufgrund der Ungewissheit in der Klimasen- sitivität. Die Graphik zeigt an, welcher 20-Jahreszeitraum im Mittel zuerst 1.5 °C Erwär- mung überschreiten würde. die Begrenzung wäre weitestgehend unabhängig von den physikalischen Ungewissheiten. Ohne deutli- che Emissionsminderungen bis spätestens zur Mitte des Jahrhunderts wird hingegen die Erwärmung sicher über 2 °C liegen (siehe Abbildung, im Szenario SSP2-4.5 sinken die Emissionen erst ab dem Jahr 2060). Zum Abschluss werde ich versuchen einzuordnen, wie sich die Ergebnisse zum Realitätsgrad der Pari- ser Klimaziele auf den öffentlichen Diskurs auswirken könnten. Eine zentrale Einsicht besteht darin, dass das Erreichen der Pariser Klimaziele eine gesellschaftliche Aufgabe noch viel größeren Ausma- ßes ist, als von vielen derzeit angenommen. Referenzen: 1 Sherwood, S. C. et al. An Assessment of Earth’s Climate Sensitivity Using Multiple Lines of Evidence. Rev. Geophys. 58, e2019RG000678 (2020). 2 Riahi, K. et al. The Shared Socioeconomic Pathways and their energy, land use, and greenhouse gas emissions implications: An overview. Glob. Environ. Chang. 42, 153–168 (2017). 3 Smith, C. Effective Radiative Forcing Time Series from the Shared Socioeconomic Pathways (Version v3.0). (2020) doi:10.5281/zenodo.3973015. 4 Morice, C. P. et al. An Updated Assessment of Near‐Surface Temperature Change From 1850: The HadCRUT5 Data Set. J. Geophys. Res. Atmos. 126, e2019JD032361 (2021). 5 Maher, N. et al. The Max Planck Institute Grand Ensemble: Enabling the Exploration of Climate System Variability. J. Adv. Model. Earth Syst. 11, 2050–2069 (2019). 6 Milinski, S. et al. Conditions for avoiding 1.5 °C of global warming. To be Submitt. (2021). 8
Zusammenfassungen der Vorträge Themenblock „Meere im Klimawandel“ Moderation Bernd Brügge Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Bernd Brügge, Abteilungsleiter Meereskunde und Vizepräsident des BSH 1993 Promotion in Ozeanographie in Kiel, seit 1994 Wissenschaftler am BSH, seit 2008 Abteilungsleiter, seit 2018 Vizepräsident. Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte von BAW, BfG und Hereon, aktiv bei KlimaCampus Hamburg, KDM, DAM. Interessiert an interdisziplinärer Zusammenarbeit und Bereitstellung aller verfügbarer, aktueller Informationsquellen zum Zustand der Meere.
30. Meeresumweltsymposium Meere im Klimawandel 2.2 A year in the Arctic ice - erste Ergebnisse und Eindrücke von der MOSAiC Expedition Clara Jule Marie Hoppe Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven Es war die größte Arktisexpedition unserer Zeit: Auf der MOSAiC-Expedition (‚Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of the Arctic Climate‘) 2019 driftete der Forschungseisbrecher Po- larstern, mit zwei kurzen Unterbrechungen, für ein Jahr eingefroren durch das Nordpolarmeer. Ein in- ternationales WissenschaftlerInnen-Team überwinterte in einer Region, die in der Polarnacht norma- lerweise nahezu unerreichbar ist. Sie errichteten ein großes Forschungscamp auf dem Eis und auf dem Schiff, in welchem sie erstmals disziplinübergreifend Messungen von Meereis, Schnee, Ozean und At- mosphäre sowie biologische Studien durchführten. Im Vortrag soll einen Überblick über die Ziele und erwarteten Ergebnissen gegeben werden, und ein Eindruck von der Expedition mit all ihren logisti- schen Widrigkeiten und wissenschaftlichen Höhepunkten gegeben werden. Ein Fokus wird auf den Arbeiten des ‘Team Ecosystem’ liegen, welches die komplexen Interaktionen zwischen abiotischen und biotischen Treibern in den eng verknüpften Ökosystemen Meereis und Arktischer Ozean im ge- samten Jahresgang untersuchte, und so noch nie dagewesenes Prozessverständnis über die gegenwär- tige und zukünftige Arktis zu gewinnen versucht. Abb. 2: Route der Polarstern während MOSAiC. Quelle: Melanie Wolter, meereisportal.de Clara J. M. Hoppe, Wissenschaftlerin am AWI Forschungsinteressen: Arktische Primärproduktion; Phytoplankton-Ökologie; Auswirkungen der Ozeanversauerung auf polare Phytoplankton-Gemeinschaf- ten; multiple Stressoren; Photophysiologie & Kohlenstoff-Aquision im Phyto- plankton; Biogeochemie; marine Karbonatchemie 10
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.3 Ozeane im Klimawandel – Kernaussagen des SROCC Hans-Otto Pörtner Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven Der Ozean und die Kryosphäre lindern seit Jahrzehnten die Auswirkungen des Klimawandels. Die Konsequenzen für Natur und Menschheit sind dramatisch. Dies ist das Ergebnis des IPCC-Sonder- berichts „Ozean und Kryosphäre im Klimawandel“. Das Spektrum der Veränderungen umfasst ca. 80% der Erdoberfläche, von abschmelzenden Eismassen, destabilisiertem Permafrost, Meerespiegel- anstieg bis zu den Auswirkungen von Ozeanerwärmung, -versauerung und sich ausdehnendem Sauer- stoffmangel auf die marine Biosphäre. Der Risikoabschätzung für Ökosysteme und Infrastruktur steht für einige Bereiche eine Betrachtung der Anpassungsoptionen und ihrer Grenzen gegenüber. Abb. 3: Klimawandel in Ozean und Cryosphäre (Quelle: SROCC) Hans-Otto Pörtner, Ökophysiologe und Klimaforscher Im Oktober 2015 wurde er zum Co-Vorsitzenden der IPCC-Arbeitsgruppe „Aus- wirkungen des Klimawandels, Anpassungen und Verwundbarkeit“ gewählt. Er trug Mitverantwortung für die drei Sonderberichte des IPCC zu 1.5°C, Land so- wie Ozean und Kryosphäre, die zwischen Oktober 2018 und September 2019 verabschiedet wurden. 11
30. Meeresumweltsymposium Meere im Klimawandel 2.4 Klimabedingte Änderungen in der Nährstoffzufuhr vom Atlantik auf den nordwest-europäischen Schelf Moritz Mathis Helmholtz-Zentrum Hereon, Geesthacht Aus jüngsten Modellsimulationen wurde für das Szenario einer starken klima-bedingten globalen Er- wärmung deutlich, dass sich gegen Ende des 21. Jahrhunderts die Dynamik des Nährstofftransportes vom offenen Atlantik in die nordwest-europäischen Schelfmeere wie der Nordsee grundlegend ändert. Im Nordost-Atlantik wird die winterliche Deckschichttiefe durch die Erwärmung deutlich verringert, sodass weniger Nährstoffe aus angereicherten, tieferen Wassermassen in die biologisch produktive Zone gemischt werden. Am Übergang zum Schelf dagegen tritt ein vertikaler, aber zeitlich stark vari- ierender Nährstofftransport auf, welcher die Verbindung zu nährstoffreichen Wassermassen unterhalb der Deckschicht aufrecht hält. Dieser Effekt beeinflusst das Nährstoffinventar der Schelfmeere und hat zur Folge, dass die allgemein vorhergesagte Abnahme der biologischen Produktion in den Schelfmee- ren schwächer ausfällt als bisher aufgrund der niedrigen Nährstoffkonzentrationen im Nordost-Atlan- tik erwartet wurde. Abb. 4: Simulierte winterliche Nährstoffkonzentration (Phosphat) an der Wasser- oberfläche für den historischen Zeitraum 1971-2000 (oben) sowie für die erste Hälfte des 22. Jahrhunderts 2101-2150 gemäß Emissionsszenario RCP8.5 (unten). Moritz Mathis, Stofftransport und Ökosystemdynamik am Hereon Forschungsschwerpunkte: Regionale Ozeanmodellierung, Regionalisierung glo- baler Klimaprojektionen, Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre, Austauschprozesse zwischen Schelfmeeren und dem offenen Ozean, Marine Bi- ogeochemie, Kohlenstoffkreislauf in Schelf- und Randmeeren 12
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.5 Biogeochemische Messungen im Ozeanbeobachtungsprogramm Argo: Die neue multidisziplinäre Strategie Birgit Klein1 & Henry Bittig2 1 Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg 2 Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Rostock Das erfolgreiche Ozeanbeobachtungsprogramm Argo geht nun in seine nächste Phase und macht mit ‚One Argo‘ den Schritt zu einem multidisziplinären Beobachtungssystem durch Einbeziehung von bi- ogeochemischen Messungen (Sauerstoff, Nitrat, pH, Chlorophyll, suspendierte Partikel und Bestrah- lungsstärke, BGC Argo) und Messungen bis zum Meeresboden (Deep Argo). BGC Argo ist dabei, die Wissenschaft zu transformieren, da zum ersten Male eine globale, dreidimensionale Ansicht der Funk- tionsweise des ozeanischen Ökosystems möglich wird. BGC Argo ermöglicht nicht nur die Quantifi- zierung des aktuellen Sauerstoffinventars im Ozean und damit der Ozean-Belüftung, sondern auch die Verifikation des globalen Kohlenstoffbudgets mithilfe des pH-Wertes. Vor allem aber eröffnen die bi- ogeochemischen Messungen der Floats unterschiedliche Blickwinkel auf das Phytoplankton als Grundlage der Nahrungskette: auf den Einfluss von Temperatur-, Nitrat- und Lichtverhältnissen als Treiber; auf die Antwort des Phytoplanktons durch Messung von Chlorophyll-a und suspendierten Partikeln; auf die Wirkung für das Ökosystem über die Bestimmung der Produktivität. Dieser Vortrag gibt einen Überblick über die ‚One Argo‘ Strategie sowie aktuelle deutsche Argo Akti- vitäten. Abb. 5: Überblick über das "One Argo" Programm Birgit Klein, Wissenschaftlerin am Henry Bittig, Wissenschaftler am BSH IOW Forschungsinteressen: Klimawan- Forschungsinteressen: Biogeo- del, Meeresüberwachung, Argo, chemie, Ozean-Kohlenstoff- Meeresspiegelanstieg, Ozean-Koh- Budget, Sensorik, Ozean-Monitor- lenstoff-Budget u. Versauerung ing, Argo, Ostsee, Klimawandel 13
Zusammenfassungen der Vorträge Themenblock „Fischerei“ Moderation Christian Möllmann Universität Hamburg, Institut für marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften Christian Möllmann, Marine Ökosystemdynamik und Management Forschungsschwerpunkte: direkte und indirekte Auswirkungen von klimabeding- ten Schwankungen und Veränderungen sowie der Fischerei auf die Struktur und Funktion mariner Nahrungsnetze, Dynamik und Interaktionen von Fisch- und Zooplanktonpopulationen, Untersuchungen zum Einfluss von Trends in Physik und Zooplankton auf Rekrutierung und Wachstum mariner Fischpopulationen
30. Meeresumweltsymposium Fischerei 2.6 Wie erfolgreich ist die Umsetzung der reformierten gemeinsamen Fische- reipolitik der EU? Katja Hockun Deutsche Umwelthilfe e.V., Berlin Die Fischerei ist eine der menschlichen Aktivitäten mit den größten negativen Auswirkungen auf das marine Ökosystem. Die wesentlichen Probleme der Fischerei in den europäischen Gewässern sind u.a. die nicht nachhaltige Nutzung zahlreicher Fischbestände, der Beifang von geschützten Arten wie See- vögeln und marinen Säugetieren sowie negative Effekte durch die Grundschleppnetzfischerei auf Ar- ten und Lebensgemeinschaften am Meeresboden. Zur Lösung dieser Konflikte zwischen der Nutzung und dem Schutz der Meere wurde im Dezember 2013 die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) verabschiedet, die am 01.01.2014 in Kraft trat. Das übergeordnete Ziel der Reform war es, die Fischerei nachhaltiger zu gestalten. Die schädlichen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresöko- system sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden und eine nachhaltige sowie ökosystemverträgli- che Nutzung der marinen biologischen Ressourcen ermöglicht und gefördert werden. Doch was hat sich seit 2014 wirklich verändert? Wie haben sich die europäischen Fischbestände entwickelt? Hat sich die Fischereiwirtschaft in der EU und in Deutschland gewandelt? Haben sich die negativen Aus- wirkungen der EU-Fischerei auf marine Arten und Lebensräume verringert? Welche Defizite existie- ren noch bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der GFP? Abb. 6: Entwicklung der EU Fischbestände, Quelle: STECF 2021 Katja Hockun, Deutsche Umwelthilfe Katja Hockun arbeitet seit 2018 als Referentin für Meeresnaturschutz bei der Deutschen Umwelthilfe. Ihre Expertise liegt in der Fischereipolitik und im Mee- resschutzgebietsmanagement. 15
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.7 Fischereifragen im Rahmen von räumlichen Nutzungskonflikten in der Nordsee Vanessa Stelzenmüller Thünen-Institut für Seefischerei, Bremerhaven Die zunehmende Industrialisierung der südlichen Nordsee und der damit verbundene Raumverlust für die Fischerei stellt neben dem Klimawandel und Brexit große Herausforderungen an die Anpassungs- fähigkeit der Fischerei dar. Die Verlagerung von Fischerei bringt unter den sich stetig veränderten Randbedingungen und Zusammenwirken der oben genannten Faktoren ungewisse ökonomische sowie ökologische Folgen mit sich. Die Co-Nutzung von Windparkflächen und eine passive Fischerei auf Taschenkrebs bietet für einige Standorte eine Möglichkeit zum Ausgleich von Fangverlusten für die küstennahe Fischerei. Die maritime Raumordnung kann den rechtlichen Rahmen für ein solches Raumnutzungskonzept schaffen. Doch es bedarf vor allem einer strategischen Kollaboration zwischen Windkraftbetreibern, Fischerei und Naturschutz, um solch zukunftsweisende Konzepte umzusetzen. Abb. 7: Abb1: Neue Konzepte kombinieren an geeigneten Standorten die Nutzung von Seege- bieten durch Windkraft mit einer nachhaltigen passiven Fischerei (Abbildung aus Stelzenmüller et al. 2021, DOI: https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2021.145918) Vanessa Stelzenmüller, Thünen-Institut für Seefischerei Forschungsinteressen: Entwicklung risikobasierter Modelle zur Trade-off-Ana- lyse von räumlichen Managementoptionen in sozio-ökologischen Systemen, Ökosystembasiertes Fischereimanagement, Marine Raumplanung und Interaktio- nen zwischen Fischereiaktivitäten, anderen Nutzungen und den Meeresökosyste- men in der Nordsee, Bewertung kumulativer Effekte für das Meeresmanagement 16
Zusammenfassungen der Vorträge Themenblock „Meeresüberwachung“ Moderation Stefan Schmolke Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Stefan Schmolke, „Wissenschaftsmanagement und -kommunikation“ am BSH 1994 Promotion in Chemie an UHH, Forschungsthemen: Schutz und Nutzung der Meere. Emissionen aus der Schifffahrt und deren Einfluss auf die Meeresum- welt, Schiffsabgase und Abgasreinigungstechnologien. Schadstoffbelastung der Meere, deren Ausbreitung und Anreicherung in der Wassersäule und im Sedi- ment. Belastungstrends und deren Bewertung.
30. Meeresumweltsymposium Meeresüberwachung 2.8 Schadstoffmonitoring als wichtiger Baustein eines adaptiven Sedimentma- nagements am Beispiel der Tideelbe Carmen Kleisinger Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz Um Schifffahrt zu gewährleisten, müssen in den drei großen Nordseeästuren Ems, Weser und Elbe re- gelmäßig Unterhaltungsbaggerungen zur Erhaltung der Fahrrinnentiefe durchgeführt werden. Die Tideelbe, die als wichtige Zufahrt zum Hamburger Hafen dient, hat aufgrund hydraulischer Verände- rungen in den letzten Jahren einen deutlich gestiegenen Bedarf an Unterhaltungstätigkeit. Feinkörnige Sedimente stellen hier eine besondere Herausforderung dar, da sie mit Schadstoffen behaftet sind und eine Umlagerung von derartigen Sedimenten in niedriger belastete Bereiche des Ästuars möglichst zu vermeiden ist bzw. sich schwierig gestaltet. Um die Auswirkungen verschiedener Umlagerungsstrate- gien auf die Sedimentbilanz und -qualität besser abzuschätzen, ist ein Schadstoffmonitoring speziell entlang des Ästuars von großer Bedeutung. In Verbindung mit Modelldaten zum Sedimenttransport der Bundesanstalt für Wasserbau können außerdem Aussagen zum Verbleib der umgelagerten Sedi- mente getroffen werden. An der Tideelbe gibt insbesondere das Langzeitschadstoffmonitoring von Schwebstoffen im Ästuar sowie das Monitoring der Sedimente an den Umlagerungsstellen und in Baggerbereichen wichtige Erkenntnisse zum Systemverständnis. Aus den Erkenntnissen können sinn- volle Umlagerungsstrategien erarbeitet werden. Die Erstellung von Managementkonzepten in komple- xen Systemen wie in dem der Tideelbe erfordern große Datensätze und ein reguläres Monitoring - auch nach der Umsetzung -, um stets angepasst und nachhaltig handeln zu können. Abb. 8: Sedimentmanagement Carmen Kleisinger, Diplom-Geologin und wissenschaftliche Angestellte bei der BfG 2009: Promotion an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz im Fachbe- reich Geologie seit 2009: wiss. Angestellte an der BfG im Arbeitsgebiet „Schadstofftransport in der Tideelbe“; Beratung der WSV 18
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.9 30 Jahre chemisches Monitoring in der Ostsee: Was haben wir gelernt? Detlef Schulz-Bull Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Rostock Diese Seite wird noch gestaltet. Abb. 9: Under construction. Coming soon. Detlef Schulz-Bull 19
30. Meeresumweltsymposium Meeresüberwachung 2.10 Vorkommen und Verteilung von neuartigen organischen Spurenstoffen in der Deutschen Bucht Michael Schlüsener, Pavel Ondruch, Georg Dierkes, Sandra Althofen, Arne Wick Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz Immer mehr sogenannte neuartige Spurenstoffe wie z. B. Arzneistoffe, Röntgenkontrastmittel, Biozide und Industriechemikalien werden in Fließgewässern nachgewiesen. Viele dieser Substanzen gelangen hauptsächlich über Kläranlagen in die Flüsse. Auch die in die Deutsche Bucht mündenden Flüsse wie Elbe, Weser und Ems dienen als Vorfluter diverser kommunaler und teilweise auch industrieller Klär- anlagen und transportieren die eingetragenen Spurenstoffe bis in die Küstengebiete. Dennoch gibt es bisher nur unzureichende Daten über die Einträge, das Vorkommen und die Verteilung von Spuren- stoffen in die küstennahen und küstenfernen Gebiete der Deutschen Bucht. Vor diesem Hintergrund wurden in dieser Studie sowohl die Sedimente als auch die Wasserkörper an bis zu 61 Probenahme- stellen der Deutschen Bucht sowie der Ästuarien von Elbe, Weser und Ems beprobt. Diese Proben wurden mit Hilfe neu entwickelter Analysemethoden auf bis zu 101 Substanzen untersucht. Von den untersuchten Spurenstoffen wurden 63 Substanzen in Wasserproben aus den Ästuarien, 45 in Küsten- gewässern, 28 in der Äußeren Deutschen Bucht und immer noch 10 in Gewässern der Südlichen Nord- see detektiert. Dies verdeutlich die Persistenz und Mobilität einiger Spurenstoffe in marinen Gebieten. Zudem zeigen die Ergebnisse der Sedimentuntersuchungen, dass neben der bekannten ubiquitären Be- lastung der Sedimente mit klassischen (prioritären) Schadstoffen wie z. B. PAKs und PCBs, auch ei- nige der neuartigen und eher polaren Spurenstoffe zur stofflichen Belastung der Sedimente der Ästu- are und der Deutschen Bucht beitragen. Bisher ist allerdings weitestgehend unklar, inwieweit sich dar- aus auch nachteilige Auswirkungen auf das sensitive küstennahe Ökosystem ergeben können. Die Er- gebnisse dieser Studie werden in diesem Vortrag vorgestellt. Abb. 10: Wattenmeer bei Cuxhaven (Foto: Michael Schlüsener) Michael Schlüsener, Chemiker, Referat G2 – Gewässerchemie, BfG 2002, Diplom Chemie, Uni Dortmund, Institut für Umweltforschnung 2006, Dissertation Chemie, Uni Duisburg-Essen. Campus Essen, Seit 2007, BfG, Koblenz Research interests: Vorkommen und Verbleib von organischen Schadstoffen in den Gewässern. Non-Target Screening im Gewässer. https://www.researchgate.net/profile/Michael-Schluesener 20
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.11 Retrospektive Studie zur Mikroplastikbelastung von Miesmuscheln aus Nord- und Ostsee der letzten Jahrzehnte Maurits Halbach1, Miriam Vogel1, Juliane K. Tammen1, Heinz Rüdel2, Jan Koschorreck3, Barbara Scholz-Böttcher1 1 Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2 Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, Schmallenberg 3 Umweltbundesamt, Berlin Mikroplastik lässt sich infolge der anhaltenden intensiven Nutzung von Kunststoffen (seit 1950) und der Langlebigkeit der Materialien ubiquitär in allen Umweltkompartimenten nachweisen. Dagegen gibt es nahezu keine Daten, die Rückschlüsse auf die Entwicklung der Plastikbelastung in der Umwelt im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte zulassen. In dieser Studie konnte erstmalig die Mikroplastikbelastung in Miesmuscheln von Nord- und Ostsee aus Archivproben der Umweltprobenbank seit den 1980er Jahren untersucht werden. Die massenquantita- tive Analyse mit Pyrolyse GC/MS identifizierte in jeder Muschelprobe der Zeitreihe (1986 bis 2017) Mikroplastik (MP) zusammengesetzt aus 8 Polymerarten. Die aufsummierten Gehalte an Gesamt-MP liegen
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.12 Extremwellen in der Nordsee Jens Möller Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg Berichte über Extremwellen wurden lange Zeit als „Seemansgarn“ abgetan, inzwischen ist klar, dass es sie tatsächlich gibt und sie eine ernsthafte Gefahr für Schifffahrt und offshore-Bauwerke darstellen können. Das BSH hat in einer gemeinsamen Studie mit Hereon (ehemals HZG) das Auftreten solcher Extremwellen an der deutschen Nordseeküste untersucht. Hierfür wurden Daten von Wellenbojen wie Radarstationen genutzt und insgesamt über 325 Millionen Einzelwellen ausgewertet, von denen 55000 Wellen als Extremwellen detektiert wurden. Hier werden erste Erkenntnisse aus dieser Studie vorge- stellt, so z.B., dass die berühmt-berüchtigten „3 Schwestern“ (mehrere Extremwellen, die direkt hin- tereinander auftreten) nicht an allen Stationen gleich wahrscheinlich sind oder dass es sogenannte „Extremwellentage“ gibt, an denen an allen Stationen Extremwellen häufiger als üblich auftreten. Abschließend wird ein Ausblick auf das im Februar 2021 (wieder gemeinsam mit Hereon) gestartete Nachfolgeprojekt Freak Wave II gegeben. Abb. 12: Extremwelle an der Plattform FINO1 (Die Arbeitsebene mit der überfluteten Galerie befindet sich in einer Höhe von 15 m über NN) Jens Möller, Ozeanograph am BSH Forschungsinteressen: Auswirkungen des Klimawandels (beispielsweise auf die Entwässerung des Nord-Ostsee-Kanals), Anstieg des Meeresspiegels, Extremwellen, Extremwert- statistik 22
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.13 Großräumige Windschatteneffekte von Offshore Windfarmen und ihre bis- her unterschätzten Auswirkungen auf das Meeresökosystem Corinna Schrum, Naveed Akthar, Nils Christiansen, Ute Daewel, Bughsin Djath, Martin Hiero- nymi, Johannes Schulz-Stellenfleth Helmholtz-Zentrum Hereon, Geesthacht Nachläufe in den oberflächennahen Windgeschwindigkeiten konnten in SAR Daten der Deutschen Bucht in über 60% der untersuchten Datensätze gefunden werden. Nachläufe können bis ca. 100 km lang werden, Überlagerung von atmosphärischen Nachläufen verschiedener Windparks wird in der Deutschen Bucht regelmäßig beobachtet, diese Überlagerun- gen verstärken die Nachlaufeffekte. Der zu erwartende Ausbau der Offshore Windfarmen hat das Potential, den regionalen Wind und die atmosphärischen Bedingungen über der Nordsee zu verändern Atmosphärische Windschatteneffekte sind von der vorherrschenden Windrichtung und Wetterbe- dingungen abhängig und können Strömungsgeschwindigkeiten verringern und lokale Schich- tung, Wassertemperatur und Salzgehalt verändern. Szenariosimulationen zeigen deutliche räumliche und zeitli- che Verschiebungen der biogeo- chemischen Variablen als Folge der reduzierten Strömungsge- schwindigkeiten im Umfeld der Windfarmen. Die Primärproduktion kann sowohl zu- als auch abnehmen. Abb. 13: Existierende, im Bau befindliche und geplante Offs- hore Windanlagen in der Nord- see (farbig gekennzeichnet). Weitere Flächen, die für die Offshore Windenergieproduk- tion identifiziert wurden, sind staffiert. Corinna Schrum, Institutsleiterin am Helmholtz-Zentrum Hereon, Professorin an der Universität Hamburg Forschungsinteressen: Interdisziplinäre Küstenforschung, Regionale Klimafor- schung, Entwicklung gekoppelter Modelle, Küstensystem-Veränderungen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus physikalischer, ökologischer und so- zioökonomischer Sicht. 23
Zusammenfassungen der Vorträge Themenblock „Marine Biodiversität und Naturschutz“ Moderation Thomas Borchers Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Thomas Borchers, BMU, Referat N I 3 - Meeresnaturschutz Biologe. Stellvertretender Referatsleiter. Seit 2000 im BMU in verschiedenen Referaten v.a. mit Bezug zu Meeresangelegenheiten und Wasserwirtschaft. Derzeit zuständig für nationale und regionale Aspekte des Meeresnaturschutzes: z.B. Trilaterale Wattenmeerkooperation, HELCOM/OSPAR, Bund-Länder Ar- beitsgemeinschaft Nord- und Ostsee und Umsetzung der MSRL.
30. Meeresumweltsymposium Marine Biodiversität und Naturschutz 2.14 Die Managementpläne für die Naturschutzgebiete in der ausschließlichen Wirtschaftszone der deutschen Nordsee Jochen Krause, Nina Schröder, Benno Wölfing Bundesamt für Naturschutz, Außenstelle Insel Vilm, Putbus Im Jahre 2020 erhielten die nach europäischem Naturschutzrecht ausgewiesenen und 2017 unter natio- nalen Schutz gestellten drei Meeresschutzgebiete in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee je einen Managementplan. Die Managementpläne haben die Aufgabe, auf Basis der rechtlichen Vorga- ben die für die Schutzziele nötigen Maßnahmen herzuleiten und zu beschreiben. Die Zuständigkeit für diese Managementpläne liegt beim Bundesamt für Naturschutz. Die nun notwendige Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen von Umsetzungsplänen. Da diese Maßnahmen überwiegend die Ver- minderung der negativen Auswirkungen von bestehenden oder möglichen menschlichen Nutzungen betreffen, liegt hierfür die Zuständigkeit und Kompetenz regelhaft in der Zuständigkeit anderer Insti- tute und Behörden. Die dafür notwendige Zusammenarbeit und zukünftige Wege zum Schutz der Ge- biete werde ich in diesem Vortrag vorstellen. Abb. 14: Naturschutzgebiete in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der deutschen Nordsee Jochen Krause, Wissenschaftler im Bundesamt für Naturschutz Forschungsinteressen: marine Schutzgebiete, Auswirkungen menschlicher Akti- vitäten auf marine Arten und Lebensräume, marine Biodiversitätsindikatoren, benthische Ökologie 25
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.15 Ecological limits to the exploitation of species: the case study of the southern North Sea Marco Scotti GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel Species interact with each other in the ecological communities. However, fisheries management has often neglected such evidence, which resulted in thresholds for fish extraction calibrated on single stocks thus leading to the unsustainable use of marine resources. The work presented here relies on a different approach. It adopts in fact multi-species modelling to study the importance of trophic groups and predict the spread of indirect effects in the marine food web of the southern North Sea. The construction of the food web network required the use of both literature and monitoring data to iden- tify trophic interactions between species and to quantify their strength. Network analysis enabled ex- pressing the functional importance of the organisms as a function of the position occupied in the food web. In various marine food webs, network analysis has proven to be effective in highlighting both direct and indirect changes due to fish extraction. This study identified sandeels as a key player in the southern North Sea due to the fact they represent a bottleneck to energy circulation (see image below). They are crucial for transferring energy from lower trophic level organisms of the planktonic food web to species feeding higher in the food chain. It is therefore relevant to prevent the decrease of the san- deel stock as the model predicts it would negatively affect commercially important fish species and marine mammals. Abb. 15: Network analysis has identified sandeels as a key player in the southern North Sea due to the fact they represent a bottleneck to energy circula- tion. Marco Scotti, Ecosystem Modelling Working Group Leader at GEOMAR Helm- holtz Centre for Ocean Research Kiel Research interests: ecosystem modelling; community ecology, food web theory; multiple stressors; blue carbon; benthic and pelagic coastal ecosystems; fisheries management; climate change 26
30. Meeresumweltsymposium Marine Biodiversität und Naturschutz 2.16 Wege zu rekonstruierten Riffen in der Ostsee - ist Realkompensation mach- bar? Jochen Lamp Ehemaliger Leiter WWF Projektbüro Ostsee, Stralsund Steinriffe aus eiszeitlichem Geschiebe waren einst weit verbreitete Habitate im Ökosystem der Ostsee. Sie bilden vielfältige Lebensräume und Kinderstuben für viele Meerestiere und in den Bereichen Le- bensraum für Pflanzen und Algen. Ca. 150 Jahre lang wurden die Blocksteine vor den Küsten durch Steinfischerei systematisch abgebaut und für den Molen- und Hafenbau, Straßenpflaster oder für den Häuserbau benutzt. Die Rekonstruktion solcher Riffhabitate hat sich das WWF Ostseebüro – gemein- sam mit dem Unternehmen 50Hertz - seit 2019 zum Ziel gesetzt. Leitgedanke war, dass die Rekon- struktion von Steinriffen eine der wenigen geeigneten Ausgleichs- und Realkompensationsmaßnah- men für Eingriffe durch Vorhaben in den Meeresraum darstellt. Es stehen jedoch (zumindest in MV) Hindernisse im Weg, die eine Umsetzung solcher Maßnahmen fast unmöglich machen: so z.B. der ortsgenaue Nachweis, dass ehemals Steinriffe entfernt wurden oder eine Begrenzung auf die licht- durchflutete Wassertiefe. Riffrekonstruktionen waren zwar in den Katalog geeigneter Kompensations- maßnahmen (HZE marin) aufgenommen worden, aber nur mit einem Kompensationswert von 1:1,5 (statt 1:7 in Schleswig-Holstein). Der WWF erörterte die Wege zur Realisierung von Riffrekonstrukti- onen in zwei breit besetzten Expertenworkshops – die Frage der Lokalisation ehemaliger Steinfische- reigebiete vor MV wurde mithilfe einer Archivrecherche (WWF - Brauer, 2020) geklärt. Auch die Er- fahrungen aus Schleswig-Holstein wurden einbezogen – wo bereits 2002 eine solche Studie erstellt wurde und man an konkreten Riffrekonstruktionen i.R. der Verfahren zu Fehmarnbeltquerung und Nord-Ostseekanal arbeitet. Auch 50Hertz hat in einem Vorhaben erstmals eine Riffrekonstruktion in die Planung für ein Stromtrasse eingebracht und das BfN 2019 die Rekonstruktion von Riffen in den Ausgleichskatalog für Eingriffe in der AWZ aufgenommen. Abb. 16: Foto: Wolf Wichmann, Grafik: Frühere Steinfischereigebiete vor der Küste Mecklenburg- Vorpommerns (WWF 2020) Jochen Lamp, ehemaliger Leiter des WWF-Ostseebüros, Stralsund Forschungsinteressen: Meeresschutzgebiete, maritime Raumplanung, Rekon- struktion natürlicher mariner Lebensräume 27
30. Meeresumweltsymposium 8./9. Juni 2021 2.17 Erfassung nicht-einheimischer Arten in vier deutschen Häfen - Anwendung des HELCOM/OSPAR-Hafenprotokolls - Ein Praxisbericht Anja Schanz Institut für Angewandte Ökosystemforschung GmbH, Neu Broderstorf Nicht-einheimische Arten (sog. Neobiota), die sich in Gebieten außerhalb ihres natürlichen Vorkom- mens ausbreiten, werden im Meer durch den Menschen über verschiedene Eintragspfade, wie z.B. die Schifffahrt und Aquakultur eingeschleppt oder wandern über Kanäle ein. Die Verminderung der Einschleppung und Ausbreitung von nicht-einheimischen Arten ist Gegenstand internationaler Vereinbarungen, wie z.B. dem Ballastwasser-Übereinkommen. Als Grundlage für zukünftige Risikobewertungen im Rahmen des Ballastwasser-Übereinkommens, wurden Untersuchungen zum aktuellen Vorkommen von nicht-einheimischen Arten in den Häfen Hamburg, Kiel, Cuxhaven und JadeWeserPort durchgeführt. Die standardisierte Erfassung der Neobi- ota wurde gemäß Joint HELCOM/OSPAR Protokoll (JHP) durchgeführt. Sie umfasste die Untersuchung des Benthos an vorkommenden Hartsubstraten sowie im Weichboden, und die Erfassung mobiler Or- ganismen, einschließlich Fischen, in stationären Fallen. Des Weiteren wurden das Phyto- und Zooplankton sowie pathogene Keime untersucht. Ziel der Studie war die Erstellung aktueller Artenlisten zum Vorkommen von Neobiota sowie die Überprüfung der Anwendbarkeit des JHP-Protokolls in den untersuchten Häfen. Abb. 17: Anzahl der erfassten heimischen und nicht-einheimischen Arten (Neobiota) in den Häfen JadeWeserPort, Cuxhaven, Kiel und Hamburg. Anja Schanz, IfAÖ 2003 Promotion über die Ökologie der Seegraswiesen im Sylter Wattenmeer an der Uni Bremen, seit 2011 am IfAÖ Forschungsschwerpunkte: Marine Biologie, Benthosökologie, Einfluss natürli- cher und anthropogener Stressoren auf benthische Ökosysteme, nicht-einheimi- sche Arten (Neobiota), Seegrasbiologie 28
3 Ausstellung Ausstellung
30. Meeresumweltsymposium Ausstellungsbereich 3.1 Karte zur Orientierung im Meetingland 3.2 Ausstellungsbereich In der Ausstellung finden Sie die Stände von den Vortragenden und anderen Initiativen und Projekten mit Meeresbe- zug. In Anlehnung an die diesjährigen Themenblöcke haben wir insgesamt sechs Inseln erschaffen. Die Standbele- gung finden Sie auf den folgenden zwei Seiten. 30
30. Meeresumweltsymposium Standbelegung Insel Stand Nr. Thema des Standes Kontaktperson/en 1 Wie realistisch sind die Pariser Klimaziele? Jochem Marotzke (MPI-M) Erste Ergebnisse und Eindrücke von der MOSAiC Expe- Clara Hoppe (AWI) 2 dition Ozeane im Klimawandel – Kernaussagen des IPCC-Son- Hans-Otto Pörtner (AWI) 3 derberichts SROCC Meere im Klimawandel Klimabedingte Änderungen in der Nährstoffzufuhr vom Moritz Mathis (Hereon) 4 Atlantik auf den nordwest-europäischen Schelf Biogeochemische Messungen im Ozeanbeobachtungspro- Birgit Klein (BSH), Henry Bittig (IOW), Ingrid 5 gramm Argo Angel (BSH) 6 Ozean und Cryosphäre im Klimawandel Manuela Krakau (UBA) 7 Möglichkeiten der marinen CO2-Speicherung Ulrike Bernitt, Judith Meyer (GEOMAR) 8 Fotos von der MOSAiC-Expedition Clara Hoppe (AWI) Because IPCC - History and Science of the Intergovern- Hans-Otto Pörtner (AWI), Jochem Marotzke 9 mental Panel on Climate Change (MPI-M) Wie erfolgreich ist die Umsetzung der reformierten ge- Katja Hockun (DUH) 10 meinsamen Fischereipolitik der EU? Fischerei Fischereifragen im Rahmen von räumlichen Nutzungs- Vanessa Stelzenmüller (TI) 11 konflikten in der Nordsee WWF Geistertaucher App – Citizen Science gegen Geis- Gabriele Dederer (WWF) 12 ternetze Schadstoffmonitoring als wichtiger Baustein eines adapti- Carmen Kleisinger (BfG) 13 ven Sedimentmanagements 30 Jahre chemisches Monitoring in der Ostsee: Was ha- Detlef Schulz-Bull (IOW) 14 ben wir gelernt? Vorkommen und Verteilung von neuartigen organischen Michael Schlüsener (BfG) 15 Spurenstoffen in der Deutschen Bucht Retrospektive Studie zur Mikroplastikbelastung von Meeresüberwachung 16 Miesmuscheln aus Nord- und Ostsee der letzten Jahr- Maurits Halbach (Uni Oldenburg) zehnte 17 Extremwellen in der Nordsee Jens Möller (BSH) Windschatteneffekte von Offshore Windfarmen und ihre Corinna Schrum (Hereon) 18 unterschätzten Auswirkungen auf das Meeresökosystem Ein Unterwasser-Kamerasystem zur Untersuchung von Jan Taucher (GEOMAR) 19 Zooplankton Nicole Köstner, Toste Tanhua, Björn Fiedler 20 Nachhaltige Ozeanbeobachtungen (GEOMAR), Christoph Waldmann (MARUM) 21 Stoffliche Emissionen aus Offshore-Windanlagen Torben Kirchgeorg (BSH) 31
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