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MEGA-KIRCHE Ihre Erfolge und ihre Kritiker KLEINGRUPPEN Überzeugende Angebote für Skeptiker und Suchende KREATIVITÄT Die Kraft der Kunst im Gottesdienst KONGRESS Der Leitungs- und Kinderplus-Kongress in Hannover K48991 1/16
EDITORIAL / INHALT
Liebe Leserin, lieber Leser, Umfeld übersetzt, damit experimentiert. Über seine Er-
ein gerade mal 40-jähriger Mann, akkurat gescheiteltes fahrungen berichtet er in dieser Ausgabe. Erfrischend
blondes Haar, dunkler Anzug mit dezenter Krawatte steht und offen. Nur ein Beispiel: Viele Gemeinden erklären
vorn am Rednerpult. Leidenschaftlich spricht er von der zwar, Suchende erreichen zu wollen, vertreten dabei aber
Hoffnung, die die Ortsgemeinde in diesem Land verbrei- oft nur ihre frommen Standpunkte und haben nicht immer
ten könne – wenn sie gut geleitet wird. Die 4.500 Zuhö- ein echtes Interesse an den Menschen. Vertrauen und
rer – zunächst skeptisch und abwägend – öffnen sich Glaubwürdigkeit sind aber unerlässlich, wenn die Bot-
schließlich für die Mut machenden Worte. 1996 war das, schaft ankommen soll.
als der noch junge Bill Hybels beim ersten Willow Creek Der New York Times-Journalist Nicholas Kristof geht
Kongress in Deutschland über seine Erfahrungen in und mit seinem Artikel in eine ähnliche Richtung: Viele Evan-
mit Gemeinde sprach. gelikale überlassen ihr Image und das des christlichen
Im Februar 2016, 20 Jahre später, spricht Hybels Glaubens herausgeputzten ›Promi‹-Predigern, die sich
wieder in Deutschland, diesmal zu den rund 10.000 Be- auf Homosexuelle eingeschossen haben und sich leiden-
suchern des Leitungskongresses in Hannover. Mit schloh- schaftlich für das menschliche Leben engagieren – aller-
weißem Haar inzwischen, auch Anzug und Krawatte sind dings nur bis zur Geburt. Dabei hätten die Gemeinden
längst passé – aber seine Botschaft ist unverändert, seine durch tatkräftige Formen der Nächstenliebe und gezielte
Leidenschaft ungebrochen: Jede Gemeinde in diesem Land Kooperationen gute Möglichkeiten, dem Glauben mehr
soll ihr gottgegebenes Potenzial entfalten, um Christus Glaubwürdigkeit zu verleihen.
bekannt zu machen und Menschen zu dienen. Und eine gute Anregende Themen warten also auf Sie. Ich wünsche
Leitung ist dafür eine unbedingte Voraussetzung. Ihnen viel Lesevergnügen!
30 Willow-Kongresse haben seit 1996 in Deutschland
stattgefunden. 120.000 Menschen haben sie besucht, Ihr Gotthard Westhoff
wurden davon inspiriert. Einer von ihnen ist Hans-Her- Redaktionsleitung
mann Pompe, Leiter des Zentrums ›Mission in der Region‹
der EKD. Sorgfältig hat er die Kongress-Impulse in sein
P.S. Mehrfach wurden wir darauf hingewiesen, dass auch in Gemeinden, kirchlichen Organisationen und Werken
ein Fachkräftemangel herrscht. Wir haben uns daraufhin entschlossen, im hinteren Teil des Magazins erstmals
einen Stellenmarkt einzurichten.
4 WILLOW WELT 8 7 WILLOW-IMPULSE
UM
DER STREIT
Kurz notiert Für Sie und Ihre Gemeinde
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HTIGKEIT
K
MEHR GEREC
S I E D RU C Die Erfolge der Mega-Kirchen
WIE,
12 und ihre Kritiker
13
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WENIGER BONO IN WILLOW FINANZIERT WELTWEIT
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DER GEMEINDE GEMEINDEHÄUSER
W O
14
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Ungesunde Lobpreiskultur Jubiläumsgeschenk anlässlich des
N O C
40-jährigen Gemeindebestehens
ERSTMAL ALLES IN FRAGE
STELLEN DÜRFEN?!
Missionarische Kleingruppen für
Skeptiker und Suchende
24 32
DER INSPIRATIONS-KONGRESS
20 EIN PLUS FÜR KINDER
Leitungskongress 2016: DER DEAL MIT GOTT Kinderplus-Kongress 2016:
Ein Rückblick FÜR DIE BÜHNE Ein Rückblick
Interview mit dem Künstler
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Qualität. 36 STELLENMARKT 43 Impressum /
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2 RUBRIK EDITORIAL / INHALT 3
WILLOW Abenteuer-Wochenenden - Initiation - Reisen
WELT
NEUIGKEITEN AUS DEM WELTWEITEN Initiation
für Jungen
WILLOW-NETZWERK – KURZ NOTIERT.
durch Väter
Abenteuer-
ÜBERSEE-MUSEUM BREMEN Wochenenden
Willow-Gemeinde in der Ausstellung ›Amerika‹ Väter-Söhne
Im Übersee-Museum Bremen wird derzeit die neue Dauerausstellung ›Amerika‹
vorbereitet, die im Herbst 2016 ihre Tore öffnen soll. In der Ausstellung möchte
Initiation für Mädchen
man unter anderem dem amerikanischen Phänomen der Großkirchen auf die Spur
kommen. Um die Unterschiede zu Gottesdiensten, wie sie in Deutschland üblich
sind, für die Besucher nacherlebbar zu machen, werden im Rahmen der Aus-
stellung Ausschnitte aus Gottesdiensten der Willow Creek-Gemeinde in Chicago
durch Väter
gezeigt. Sie sollen verdeutlichen, wie bei Willow Creek die Glaubensvermittlung
Abenteuer-Wochenenden
erlebnisreich, medial und technisch auf hohem Niveau dargeboten wird. Ein vom
Übersee-Museum beauftragter Fotograf hat in der Gemeinde Fotos gemacht, die
Väter-Töchter und
großformatig die Ausstellung ›Amerika‹ ergänzen; sie wird 16 Jahre in Bremen
Mütter-Töchter
zu sehen sein.
WILLOW CREEK
DEUTSCHLAND
Eine Bewegung stellt sich vor Abenteuer Kanada -
Pünktlich zum Leitungskongress hat Willow zu Fuß durch Bärenland!
Creek Deutschland eine 32-seitige Infobro-
schüre herausgegeben, die die Bewegung vor- TECHNIK-KOOPERATION
stellt. In der Rubrik ›Willow verstehen‹ werden
die Ursprünge der Willow Creek Gemeinde, ihr
Willow-Event als Test für Sound-Equipment-Hersteller
weltweiter Dienst durch die Willow Creek
Association sowie die Arbeit von Willow Creek Die französische Firma NEXO zählt zu den weltweit führenden Herstellern
Deutschland in den vergangenen 20 Jahren von Lautsprechersystemen. Ihre Technologie kam im Oktober anlässlich des
thematisiert. Die Rubrik ›Willow erleben‹ stellt 40-jährigen Jubiläums der Willow Creek-Gemeinde zum Einsatz, als es galt, das
die Kongressarbeit in Deutschland sowie das 20.500 Personen fassende United Center in Chicago für die Festveranstaltung
Willow Creek-Netzwerk vor. zu beschallen. Auf ihrer Webseite schreibt NEXO, dass dabei das weltweit größte
Abenteuer Safari
STM-Line-Array als Lautsprecher-System zum Einsatz kam. Der technische Leiter
Broschüre kostenfrei bestellen: der Veranstaltung, Todd Elliot, erklärte: »Das 40-jährige Jubiläum war die größte
im südlichen Afrika
Tel. 0641-984370 · info@willowcreek.de Produktion, die Willow bisher außerhalb der eigenen Gebäude realisiert hat. Daher
war es wichtig, mit Partnern zusammenzuarbeiten, die Erfahrung mit Events in dieser
oder online lesen auf: Größenordnung haben.« Auf der NEXO-Webseite äußert sich die Firma sehr zu- Namibia – Botswana – Südafrika
willowcreek.de/infobroschuere frieden mit der Co-Produktion.
Darüber hinaus stellte die Firma YAMAHA Willow Creek für die Veranstaltung
ihr neuestes Mischpult zu Testzwecken zur Verfügung: das Rivage PM10. »Dass
wir noch vor der offiziellen Markteinführung die neueste YAMAHA-Konsole nutzen
durften, war für beide ein Gewinn«, so Elliot. Auch YAMAHA beschreibt auf ihrer
Webseite ausführlich die gelungene Zusammenarbeit.
4 WILLOW WELT
www.simply-wilderness.com RUBRIK 5
WILLOW CREEK GEMEINDE WILLOW IMPULSE
70.000 Strafgefangene erhalten Für Sie und Ihre Gemeinde
ein Weihnachtspaket
VIDEOJOURNAL
Die Willow Creek Community Church hat kurz vor Weihnachten an jeden Insas- Im Videojournal vermittelt Bill Hybels alle 14 Tage
sen eines Gefängnisses im US-Bundesstaat Illinois ein Weihnachtspäckchen ver- Leitungsimpulse für engagierte haupt- und ehren-
sandt. Insgesamt packten Gemeindeglieder im Rahmen eines Gottesdienstes amtliche: überzeugend, prägnant, mit hohem Pra-
rund 70.000 kleine Pakete. Sie enthielten Süßigkeiten, christliche Literatur, ei- xisfaktor. In die 5-Minuten-Clips fließt Bill Hybels’
nen Bibel-Fernkurs und eine Grußkarte von Willow Creek: mit Hinweisen zu den gesamte Leitungserfahrung als Gründer und Pastor
Angeboten des Willow-Care Centers, die die Familien der Strafgefangenen in An- ein. Kostenloses Abo:
spruch nehmen können. willowcreek.de/videojournal
Tausende Dankeskarten von Gefangenen gingen daraufhin bei der Gemeinde
ein; Hunderte von Brieffreundschaften zwischen Gemeindegliedern und Gefan-
genen wurden begonnen. Die Leiterin des Care Centers, Josie Guth: »Seit wir die- NEWSLETTER
se Aktion vor drei Jahren begonnen haben, hat Gott die Herzen unserer Gemeinde Updates über die Arbeit, Termine und Angebote
gegenüber den Gefangenen geweitet. Viele Rückmeldungen sind bewegend: Men- GLS-GEMEINDEN IN SAMBIA von Willow Creek Deutschland/Schweiz erhalten
schen sind dankbar, dass sie besonders in dieser Jahreszeit nicht in Vergessenheit Sie per E-Mail durch die monatlichen WILLOW
geraten sind. Wir konnten hier etwas Hoffnung verbreiten.«
Gegen gesellschaftliche Ungerechtigkeit NEWS. Zu abonnieren unter:
willowcreek.de/newsletter
Der Global Leadership Summit (GLS) fand Anfang diesen Jahres in Samfya/Sam-
bia statt. Koordiniert wurde er von David Temfwe, einem gebürtigen Sambier:
»Der Summit hätte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können. Unsere Stadt, ja WILLOW-NETZWERK
unser ganzes Land steht vor großen Herausforderungen.« 64% der Einwohner von Weltweit sind mehr als 10.000 Gemeinden aus
Samfya leben in extremer Armut. Die Regierung will die Stadt in großem Stil für über 90 Denominationen in über 35 Ländern Teil
den Tourismus erschließen. Eine Folge: Viele Menschen können sich die steigen- des Willow-Netzwerks. Es versteht sich als Visions-
den Mieten nicht mehr leisten. Laut Temfwe waren die GLS-Besucher nach der gemeinschaft innovativer Menschen, die nach bibli-
JEAN BLOUNT Veranstaltung neu entschlossen, ihre Gemeinden selbstloser zu leiten und sich schem Auftrag Gemeinde bauen und voneinander
auch gegen gesellschaftliche Missstände einzusetzen. Eine Teilnehmerin: »Unsere lernen wollen. Sie können dazugehören. Eine Part-
Seit 25 Jahren die rechte Gemeinden müssen denjenigen, die nicht gehört werden, eine Stimme geben.« Als Fol- nerschaft im Netzwerk ist möglich als Einzelpart-
Hand von Bill Hybels ge des GLS wurde in Samfya ein baldiger Tag des Gebets und Fastens ausgerufen, nerschaft, Partnerschaft für Hauptamtliche und
an dem alle Kirchen für ihre Stadt und ihr Land vor Gott einstehen sollen. Der Gemeindepartnerschaft.
GLS fand 2015 in 120 Ländern statt und wurde von 250.000 Menschen besucht. willowcreek.de/partnerschaft
Standing Ovations erhielt kürzlich Jean Blount
(im Bild rechts, neben Ehemann Wayne) im
Willow-Gottesdienst: Die Gemeinde dankte TV-GOTTESDIENSTE
ihr für 25 Jahre, die sie nun schon als Assis- Die Gottesdienste der Willow Creek-Gemeinde
tentin und rechte Hand von Bill Hybels arbei- in Chicago werden – leicht gekürzt – samstags
tet. Gefragt, wie sie ihre Zusammenarbeit um 12 Uhr auf Bibel-TV ausgestrahlt. Außerdem
mit Hybels erlebe, antwortete sie in einem jederzeit abrufbar auf:
Interview: »Ich bekomme mit, wie Bill sich willowcreek.tv
tagtäglich mit jeglicher Art von Problemen und CHICAGO TRIBUNE
Herausforderungen befassen muss, die man
sich nur vorstellen kann. Das liegt bei einer
Willow Creek-Gemeinde als bester SOZIALE MEDIEN
Gemeinde in unserer Größe in der Natur der Arbeitgeber ausgezeichnet Folgen Sie unseren Profilen in den Sozialen
Sache.« Medien, um über die Arbeit von Willow Creek
Dennoch, sagte Blount, habe Bill immer Deutschland/Schweiz auf dem Laufenden zu
ein offenes Ohr für Führungspersonen aus Die Tageszeitung ›Chicago Tribune‹ hat einen bleiben.
aller Welt, die um seinen Rat bitten für die Bericht veröffentlicht, wonach die Willow willowcreek.de/facebook
Probleme, mit denen sie konfrontiert sind. Creek Gemeinde 2015 der ›beste Arbeits- LOUISIANA STAATSGEFÄNGNIS willowcreek.de/twitter
Auf die Frage, was sie am meisten von ihrem platz/-geber‹ in der Kategorie ›Mittelgroße willowcreek.de/instagram
Chef gelernt hat, antwortete sie: »Wie man Unternehmen‹ in Chicago ist. Die Organisa-
Hybels coacht inhaftierte Pastoren
gut zuhört und die richtigen Fragen stellt. Bill tion ›WorkplaceDynamics‹, die die Umfrage
ist zudem ein fleißiger und gewissenhafter Ar- in Auftrag gegeben hat, teilte mit, dass zum Ein ungewöhnlicher Ort für ein Pastoren-Coaching ist das Staatsgefängnis des WILLOW UNTERSTÜTZEN
beiter. Niemals ist er sich zu fein, andere um ersten Mal eine Kirchengemeinde den Spit- US-Bundesstaates Louisiana. Mit 6.100 Insassen ist es das größte Gefängnis in Die Kongresseinnahmen decken bei weitem nicht
Rat zu bitten beziehungsweise anderen das Lob zenplatz erreicht habe. 2.426 Unternehmen den USA und galt lange auch als das blutigste. Als vor 20 Jahren Burl Caine die die Ausgaben der vielschichtigen Arbeit von Willow
zu spenden, das ihnen zusteht.« Auch wenn sie wurden eingeladen, sich an der Umfrage zu Leitung übernahm, setzte er sich für umfangreiche Reformen ein. Die Gewaltrate Creek Deutschland/Schweiz, das als eigenständiges
im Hintergrund arbeite, empfinde sie ihre beteiligen, 261 Unternehmen nahmen letzt- sank um 85%. Gläubige Insassen gründeten mittlerweile rund 100 Gemeinden, Werk keine finanzielle Unterstützung der Willow-
Assistentenrolle als echte Berufung. »Ich liebe endlich teil. Die Kategorie ›Mittelgroße Un- die von insgesamt 1.800 Häftlingen besucht werden. Cain lud Bill Hybels ein, die US-Gemeinde erhält. Mit Ihrer finanziellen Unter-
meine Arbeit, ich liebe, mit wem ich zusammen- ternehmen‹ bezieht sich auf eine Angestell- Pastoren vor Ort zu coachen. Daraufhin reiste Willow mit einem Worship-Team stützung tragen Sie dazu bei, dass hierzulande
arbeite und ich liebe den, für den ich es letzt- tenzahl zwischen 250 und 999. Aus der an und gestaltete anschließend einen Gottesdienst. Seit letztem Sommer wird Gemeinden nachhaltig verändert werden.
endlich tue«, bekannte Blount. Willow Creek-Gemeinde nahmen 349 Ange- der Global Leadership Summit vom Willow Campus aus per Satellit in das willowcreek.de/spenden
stellte an der Umfrage teil. Staatsgefängnis von Louisiana übertragen, um die Pastoren und Gemeindeglie-
der zu ermutigen und zu schulen.
6 WILLOW WELT WILLOW WELT 7
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rh a u b e ch rist li ch e Organisa Ta g le g en wür-
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den so g a r t man w Zusam m e n net werden
en die Mitarbeiten ü r a ll das brauch B e re it schaft zur u e C h ancen eröff t
sc ha u könn en . F mtlich elt we it n e f dem Gebie
d se h en , was sie tun h en , d ie sich ehrena d e n , durch die w is te n G ro ßartiges au se in –
Wenn in nationalen Umfragen Pastoren nach der Frauen zu sprechen, und gerieten mitten hinein in die u n Mensc ikern de Seiten le m eh r
Armee von en, Mechan könnten. Bei nnte noch
einflussreichsten Gemeinde der USA gefragt werden, Vorbereitungen zum Projekt ›Saatgut für Simbabwe‹: eine kleine lie ß lich R e chtsanwält ‹. ä re n H ilf e , und es kö w en n man (mehr)
re n , einsch n en Daumen e r h umanit h en re chte –
entscheiden sie sich häufig für die Willow Creek Ehrenamtliche opferten ihre Zeit, um 530.000 Päckchen en ga g ie einem ›g rü den . d eich M en sc ‹ des Miss-
rten freunde mit ›n o rm ale‹ Gemein b es o nders im Ber D ie ›Gotteskluft n
Community Church in einem Vorort von Chicago. mit hochwertigem Saatgut für (überwiegend weibliche) un d G a
en sind and
e rs a ls n Kom - iten w ü rd e . rspritzende
Mega-Kirch it ih re r ausgeprägte zu sa mmenarbe F o lg e einer Gift ve e V o r-
Die denominationell nicht gebundene Megachurch, Farmer in Simbabwe zu packen. Jeder Gottesdienstbe- ängt m likum ‹ ise au ch einsa m
s Erfolgs h auf ihr ›Pub ens, teilwe ert das gem
die 1975 von Pastor Bill Hybels gegründet wurde, sucher bekam an diesem Tag eine in bunten Farben ge- Ein Teil ihre nd dem E in g eh en
öhlich e, tr a u
n Politi k , e rs ch w
Mensc hlic h ke it,
sfähigkeit u r sie eine fr erikanische Feinde der
zieht jedes Wochenende mehr als 25.000 Besucher strickte Tasche, in die er oder sie die Spende für den munikation hsten lie b e is t fü
gemen t a m
ie gem ei n sa m en
emeine m In te r-
Gelebte Näc g. Das Enga en gegen d en von allg
in ihre Gottesdienste. Hybels, 64, ist ein sanfter und Kampf gegen globale Armut legen konnte. Am Montag zusammen. nend e E rf a h ru n
sch n a h g eh
ass fü r T h e m
g e n ug K o o p e -
de und loh gt geografi s bedeutet, d in fach nicht
unaufdringlicher Mann und ein ›Schwergewicht‹ in kam eine FedEx-Fahrerin ins Gemeindebüro und gab dort befriedigen nich t u n b e d in
n vo n w a
nationale A rm u t, e
chsten (der in ›Abtrage esse, z. B.
der Welt des Glaubens. Er hat das Thema der sozia- eine der Taschen ab. »Die habe ich auf dem Parkplatz ge- für den Nä r si e ke in e Pflicht, ke as zu b ew e- eht.
ist fü h etw ration best
len Gerechtigkeit zu einer der tragenden Säulen funden«, erklärte sie, »das ist doch bestimmt ein Porte- sein muss) ö g lic hkeit, wirklic g es e ll -
ndern d ie M rn. E s is t
SCHAU
seiner Gemeinde gemacht. monnaie.« Die Mitarbeiterin erklärte ihr, worum es sich Schuld‹, so
ei g en en Horizon
t zu erweite
it , m it Freunden V A N G E L IK ALE NABEL
eigentlich handelte, woraufhin die Fahrerin die Tasche gen und d en
, eine Mög lic hke
zu schlie-
E liegt durchau
s
Aktiv-werden ntschaften Gotteskluft
Willow Creek bringt Pastoren aus armen Ländern – mit neuem Respekt betrachtete. Sie sagte: »Ich gehöre zu schaftliches ten und n eu e B ek an
einlich se in ,
an twortu n g fü r die se
überlasse n Im a g e -
en zu ar b ei t n ic h t p D ie Ver e lik a le n
zusamm einem überh
au p Evang igern,
z. B. Guatemala und Malawi – nach Chicago, wo sie bei keiner Gemeinde und denke auch nicht viel über Religion
d e s m u ss m a ch t u n d Erfüllung f b e id e n Seiten. Die p u tz te n F ernsehpred
ßen. Un a u e
Gemeindegliedern wohnen und häufig intensive und lang nach. Aber wenn ich eine Gemeinde suchen würde, würde noch Spaß von der flege herau
sg
haben und
sich
s außerdem nnen viel fbau und -p geschossen
dass all da a ti o n e n kö d e s a u xu elle ei n g ag ie re n–
anhaltende Freundschaften schließen. Da ist es gar nicht ich mich bestimmt für die hier entscheiden.«
W e lt li ch e Organis er e d urc h den A k t
d ie sich a u f Homose
sc hlic h e Le ben en
ungewöhnlich, dass Chicagoer Geschäftsleute auf einer bringt. els und and diakoni- h für das m
en
en, die Hyb soziale und idenschaftlic
Dienstreise nach London den Umweg über Malawi ma- ERFÜLLUNG OHNE PEINLICHKEIT Freude lern ag e m e n t fü r le
d das Eng
chen. In Afrika engagiert sich Willow Creek besonders für Gebens un rm it te ln.
te ve
den Kampf gegen HIV/AIDS. Ehrenamtliche reisen nach Vor einiger Zeit hat Willow Creek das ›Care Center‹ sche Projek
Afrika, um mit Ortsgemeinden in Hilfsprojekten oder auch eröffnet, ein sozial-diakonisches Zentrum, in dem Men-
erlass en ih r Image
beim Brückenbau zusammenzuarbeiten. Ein weiterer schen aus der Umgebung, bei denen es im Leben nicht so
le üb sich auf
Schwerpunkt liegt auf der Stärkung von Frauen und dem gut läuft, Hilfe und Unterstützung erfahren. Überwiegend
»Evangelika ig e rn , d ie
Kampf gegen Sexhandel – national und international. Ehrenamtliche geben Obdachlosen Unterkunft, versorgen
e pu tz te n T V-Pred aben.«
herausg s e n h
Außerdem gibt es in der Gemeinde eine Gruppe, die sich bedürftige Kinder mit Kleidung, geben selbst angebautes
eingesc h o s
für Rechte von Gefängnisinsassen einsetzt und Gemeinde- Gemüse ab. Außerdem gibt es zahnärztliche Behandlung,
os ex u ell e
mitglieder ermutigt, ehrenamtlich in Gefängnissen zu
arbeiten. Wir waren in der Willow Creek-Gemeinde, um
Rechtsberatung und Unterstützung beim Schreiben des
Lebenslaufs für die Jobsuche. Und wenn das Auto kaputt, Hom
speziell über die wichtige Thematik der Stärkung von eine Reparatur aber finanziell unerschwinglich ist, dann
8 NE T Z WERK NE T Z WERK 9
»Wenn säkulare Kritiker Evangelikale
verhöhnen, zeigen sie genau die
Engstirnigkeit, die sie bei den religiösen
›Frömmlern‹ belächeln.«
In Hoffnungsträger
investieren.
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Gemeinde si rreißt es das m m er n Versorgung, so g ar är ztliche ent
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Vatikans zu ef tige Kritik an h en Engstirnigke n zeigen sie d ik ale
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die Kliniken o n d ome, aber se d es ›Frömmlern ihren ›Opfer d ie
in den ländl hen nicht, da ‹, belächeln n‹, den relig
AIDS-Patien ic h en Gebieten ss mehr für wo . R eligiö se Am iö se n
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10 NE T Z WERK RUBRIK 11
WILLOW FINANZIERT
WELTWEIT
GEMEINDEHÄUSER
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Ein außergewöhnliches Ziel hat Bill
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Hybels, Pastor der Willow Creek
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Community Church, zum Ab-
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schluss der Festveranstaltung
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Gemeindejubiläums aus-
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gerufen. »Unser Leitungs-
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team hat sich gefragt«, so
Hybels, »was wir als Jubilä-
umsgeschenk zu unserem 40-
jährigen Bestehen tun könnten,
das Gott Freude bereiten wür-
de. Wir selbst sind mit einem
festen Sitz für unsere Gemein-
de in South Barrington reich
gesegnet und auch unsere sie-
ben Regionalgemeinden sind auf einem
guten Weg zu einem dauerhaften Versammlungs-
ort. Doch wir wissen, dass eines der größten Hindernisse für viele Hauptamtliche in Ent-
wicklungsländern der Mangel an geeigneten eigenen Räumlichkeiten ist. Die Bandbreite
reicht von einfachen Zelten über Häuser mit undichten Dächern bis hin zu Gebäuden, die
AARON NIEQUIST ÜBER UNGESUNDE LOBPREISKULTUR nicht sicher sind. Von den vielerorts hohen Mietkosten gar nicht zu reden. Doch was
wäre, wenn 40 unserer Partnergemeinden überall auf der Welt von uns einen einmaligen
Zuschuss erhielten, damit sie sichere, beständige Räumlichkeiten errichten oder kaufen
Vor einiger Zeit habe ich in Chicago ein U2- Dazu einige Überlegungen: Permanenter ›Rockkonzert-Lobpreis‹ bringt können?«
Konzert besucht. Es war eine unglaubliche Gipfelerlebnisse sind nicht alles, was den oberflächliche Christen hervor: Wenn wir 40 Gemeindehäuser: Hybels hat ein ambitioniertes Ziel formuliert. Zweifelsohne
Erfahrung. Etliche Male habe ich die irische Glauben ausmacht. Wenn wir in der Lob- immer nur das bekommen, was wir mögen, würde es Gott – und den Gemeinden – gefallen, wenn es erreicht würde. Die Gemeinde
Rockband bereits live erlebt. An diesem Abend preiszeit fälschlicherweise vermitteln, dass werden wir gewisse Tiefen des Glaubens nicht hat geantwortet und Extraspenden gesammelt. Einmal mehr hat sie enorme Großzü-
war Bonos Stimme erneut in Hochform, die sie für jeden Christen zu jeder Zeit Standard erleben. Oft lernen wir gerade dann am gigkeit bewiesen, denn das Ergebnis hat die Erwartungen sogar übertroffen: Statt der
Show atemberaubend, die Stimmung elekt- sein müssen, erweisen wir den Menschen, besten, wenn wir unsere Komfortzone ver- geplanten 40 können nun 50 Häuser für Gemeinden gebaut werden! Die Auswahl
risierend. Schon jetzt freue ich mich auf die die sich gerade in einer Krise befinden – oder lassen. Außerdem spricht Gott häufig durch wurde von der Willow Creek Association – in Absprache mit Partnern in den jeweiligen
nächste Tour von U2. sich irgendwann einmal befinden werden Flüstern zu uns. Ständige Überreizung kann Ländern – getroffen. Im Foyer des Willow-Gebäudes konnte sich die Gemeinde vorab
Aber in meine Begeisterung über Bonos (also jeder) – einen Bärendienst. Es hat einen uns von dem ablenken, was Gott sagen und über alle wichtigen Details und Fakten informieren.
Fähigkeit, solch ein monumentales Musik- guten Grund, dass die Psalmen die ganze tun möchte. Manchmal ist Einfachheit und Bill Hybels zeigte sich tief bewegt über das enorme Engagement: »Mir fehlen die
erlebnis abzuliefern, mischte sich ein anderer Bandbreite menschlicher Gefühle abdecken: Ruhe das Beste, was wir der Gemeinde an- Worte«, sagte er zu seiner Gemeinde, »wenn ich eure Opferbereitschaft sehe. Es ist für
Gedanke: Obwohl diese hymnische, fast erlö- Feiern, Klagen, Angst, Wut, Freude, Tanz und bieten können. uns kaum vorstellbar: Viele der nun begünstigten Gemeinden mussten sich bis zu 20 Jahre
sende Euphorie für ein Konzert völlig ange- Zweifel. Können wir Lobpreisleiter trotzdem et- lang in Zelten treffen – und sie dachten, dass dies immer so bleiben muss. Und nun, im
messen ist, entspricht sie nicht der Lebens- Ständiger ›Rockkonzert-Lobpreis‹ ist kei- was von Bono lernen? Ja, eine ganze Menge! Jahr 2016, erhalten sie ein schützendes Haus mit festen Ziegelwänden. Danke, dass ihr
wirklichkeit eines normalen Alltags. Dennoch ne Hilfe für den Alltag, also für 99,9 Prozent Aber ebenso können wir von Dichtern, Pries- ein Herz für die weltweite Gemeinde habt!«
versuchen viele Lobpreisleiter Sonntag für des wirklichen Lebens. Der Alltag ist oft we- tern, Therapeuten und Theologen lernen, von
Sonntag solch ein musikalisches ›Gipfelerleb- der spektakulär noch besonders unterhalt- betenden Großeltern, engagierten Grund- 40churches.willowcreek.org
nis‹ zu schaffen. Haben die Leute ihre Hände sam, häufig ist er mit Unannehmlichkeiten schullehrern und gläubigen Managern. Das
gehoben? Haben sie laut mitgesungen? Wur- verbunden. Eine Lobpreiskultur, die uns nicht Reich Gottes ist unendlich weit und geheim-
den ihre Emotionen angesprochen? Diese und dahin führt, Gott in jedem Augenblick unseres nisvoll und näher als die Luft, die wir atmen.
ähnliche Fragen haben zahlreiche Worship- Lebens zu entdecken, ist einfach zu unaus- Diese Vielfalt sollten wir für unsern Lob-
leiter von herumreisenden Rockstars über- gewogen. preis erschließen und uns zunutze machen.
nommen und zum Maßstab der christlichen Der Druck, Spektakuläres auf die Beine
Lobpreiskultur erhoben. zu stellen, kann belastend sein: für Lobpreis- AARON NIEQUIST ist einer von vier Worship-
Ein ausgefallenes 12-Gänge-Menü ist für leiter, Pastoren und Mitarbeitende. Nicht Leitern in der Willow Creek Community
einen Hochzeitstag großartig – aber für die jeder Sonntag ist wie ein WM-Endspiel. Der Church. Er ist verheiratet mit Shauna, der
normale Alltagsküche kaum praktikabel. Ein Versuch, jede Woche lebensverändernde Tochter von Lynne und Bill Hybels.
Lobpreiserlebnis wie ein Rockkonzert ist in Erlebnisse zu schaffen, führt nicht selten ins
kleinen Dosen sicher eine inspirierende Er- Burnout, weil man meint: Alles muss grö- aaronniequist.com
fahrung. Erhebt man es aber zur Norm, wird ßer und besser sein als in der vergangenen
es gefährlich. Woche.
12 NE T Z WERK 13
Erstmal alles
Wohin mit Suchenden? mitsamt all ihren Fragen – mit beziehungsfähigen und
evangelistisch begabten Christen zusammen. Die Willow
Wie finden Suchende und Distanzierte ihren Weg Creek Gemeinde richtet sämtliche Angebote und Struk-
zum Glauben? Wo kommen distanzierte und zweifelnde turen auf die Kultur, die Fragen und den
infrage stellen
Menschen in unseren Gemeinden vor; wo finden sie ei- Alltag von Kirchenfernen aus – vor
nen Raum für ihre Fragen, der nicht sofort durch unsere allem durch Beziehungsaufbau
Absichten und Maßstäbe abgesteckt ist? Wer begleitet und persönliche Glaubwürdig-
sie bei einer geistlichen Reise, bei der sie über den Aus- keit. In einem Bericht für meine
gangspunkt, das Tempo, ihr Fahrzeug und die Stationen damalige Gemeinde habe ich
dürfen?!
selbst bestimmen können? die Idee der ›seeker groups‹
Die meisten Gemeinden versuchen ja, möglichst viele und diesen besonderen Stu- „Roter Tee ist
Angebote zu machen. Für eine breite Zielgruppe gibt es
geschlechts-, alters- und interessensbezogene Initiativen.
dientag so beschrieben: »So
etwas kenne ich bei uns nicht,
nicht das
Doch schon gemeindeintern erreichen diese nur einen obwohl ich ahne, dass Weniges Lieblingsgetränk
kleinen Teil der Menschen. Auf der anderen Seite möch-
ten neugierige und suchende Menschen nicht an einem
so geeignet wäre, Menschen
auf ihrer geistlichen Reise zu
von Männern.“
Hans-Hermann Pompe:
vorgeschriebenen Dienstagabend zu einem Gemeindekreis begleiten, wie eine liebevolle
gehen; ihnen geht es vielmehr um ein echtes Interesse und offene Kleingruppe … Eine
Missionarische Klein-
an ihrer Person. Doch für Offenheit und Vertrauensbil- Gruppe von Suchenden und
dung brauchen Suchende eine sichere Umgebung, in der Skeptikern ist heute im Seminar
gruppen mit Skeptikern
sie sich willkommen fühlen. Ideal dafür ist ihr eigenes zu Gast. Man spürt, wie unsicher
Wohnzimmer, die Präsenz ihrer Freunde und das Thema, sie sich vor diesen 50 Kirchenleuten
und Suchenden
das sie aktuell beschäftigt. Unsere kirchliche Angebots- aus aller Welt fühlen, aber in ihrer Ehr-
struktur beinhaltet dagegen unseren Stil, unsere Fragen, lichkeit wirken sie sehr charmant. Und wir
unser Tempo. Unsere Didaktik bestimmt die Abläufe, un- spüren, wieviel ihnen die offene Atmosphäre in
sere Kultur die Art der Gastfreundschaft. Dabei können ihrer Gruppe bedeutet. Ich finde bei ihnen nichts
viele Männer nur wenig mit unseren Liedern anfangen, Aufgesetztes – und mir ist klar: Bei diesen Menschen schlägt
davon abgesehen ist roter Tee nicht ihr erklärtes Lieblings- das Herz der Willow Creek Gemeinde. Ob sich deutsche Kir-
getränk. So finden Suchende nur schwer einen für sie chendistanzierte in eine vergleichbare Gruppe einladen lassen
passenden Raum in der Kirche. würden?«
Jahrelang haben diese Gedanken in mir ›geschmort‹;
Gute Literatur zur Bibel jetzt sitzt mit Herbert ein erwachsener Suchender vor
aus der Sicht von Skeptikern mir, der sich selbst ›Ketzer‹ nennt, nur weil er skeptisch
ist. Im Gegensatz zu Herbert ist ein Ketzer ja ein Irrlehrer
Zurück zu Herbert. Ihm begegne ich zwanglos auf innerhalb der Kirche. Herbert ist dagegen der Typ ›auf-
einem Gartenfest und natürlich antworte ich gern auf geschlossener Sympathisant‹, der schon zu Zeiten der
seine Fragen: Ich erzähle vom hohen Alter der neutesta- Bibel neugierig mitten im korinthischen Gemeindegottes-
mentlichen Textüberlieferung, ihrem klaren zeitlichen dienst unter den Glaubenden sitzt (vgl. 1. Kor. 14). Doch
Vorsprung vor allen anderen antiken Texten. Interessiert was haben wir heute Menschen wie Herbert anzubieten?
hört er zu und fordert mich auf, weiterzureden. Daraus Wäre eine Kleingruppe für Menschen wie ihn eine Chance,
wird eine ›Aus-dem-Stand-Vorlesung‹ von etwa einer seinen Weg zum Glauben zu finden? Lässt sich das ameri-
dreiviertel Stunde. Ich bin jetzt heilfroh über meine Lektüre kanische Modell auf Deutschland übertragen? Ich be-
eines älteren Buches des englischen Neutestamentlers schließe es einfach auszuprobieren.
F.F. Bruce, das aus der Sicht von Skeptikern denkt. Etwas
Ähnliches habe ich seitdem aus der Hand eines deutschen Viele Fragen, genügend Zeit und
Fachtheologen leider nie wieder in die Hand bekommen. offene Beziehungen
Herbert unterbricht kaum und saugt die theologischen
Informationen wie ein trockener Schwamm auf. Am Ende Aus dem Willow-Konzept übernehme ich die zentrale
bedankt er sich: Das sei alles sehr interessant gewesen, Idee: Zwei Christen bilden den ›Zellkern‹ der Gruppe. Weil
er hätte vieles nicht gewusst. Sein Schlusskommentar ich eher ein ›Kopfmensch‹ bin, bilde ich ein Team mit
klingt gleichermaßen ironisch wie sehnsüchtig: »Wenn meinem Freund Gotthard, der eine evangelistische Leiden-
Ein Gartenfest. Wir sitzen auf einer Wiese, essen Wurst und schauen auf Wup- du mal etwas für einen Ketzer wie mich machst, dann sag schaft hat und zugleich ein begabter Beziehungsmensch
pertal. Mitten im Smalltalk fragt mich Herbert: „Kann ich dich mal etwas mir Bescheid!« ist. Er sorgt vor allem für die Gruppentemperatur, ich
Dienstliches fragen?“ „Klar“, antwortete ich und werde dann doch überrascht kümmere mich um die Vorbereitung und die Argumente.
von seiner Frage: Was ich davon hielte, dass die Schriften des Neuen Testa- Die „Seeker-Groups“ Die beabsichtigte Mischung unserer Gaben hat sich im
ments nach seinem Gefühl nur Fälschungen seien, irgendwann im 2. oder 3. bei Willow Creek Nachhinein äußerst bewährt: Kopf und Herz, Diskussion
Jahrhundert entstanden und so geschickt gemacht, dass viele Menschen ihnen und Atmosphäre, Kritik und Lebensgenuss, Argument und
auf den Leim gingen. „Überleg dir gut, ob du dich auf ein Gespräch mit mir Bereits 1999 habe ich im Rahmen einer Studienreise Einfühlung gehören zusammen wie die rechte und linke
einlässt,“ schmunzelt er in Erwartung meiner Antwort. „ich lese seit 20 Jahren zur Willow Creek Community Church in Chicago das Gehirnhälfte. Übrigens: Jesus hat seine Jünger grund-
den SPIEGEL.“ Konzept der ›seeker groups‹ kennengelernt: Offene Klein- sätzlich zu zweit ausgesandt, und Paulus wollte wo immer
gruppen für Suchende als Angebot einer geistlichen Reise möglich im Team arbeiten.
zum Glauben. Die Grundlagen sind einfach: Bringe die Eine Kleingruppe für Suchende kann entstehen, wenn
Offenheit für Glaubensfragen von suchenden Menschen – Christen Menschen in ihrer Bekanntschaft zu einer
14 NE T Z WERK NE T Z WERK 15
„Es beschämt mich als
Einfache Teilnahmebedingungen
geistlichen Reise ohne jegliche Vorbedingung einladen.
Wir haben nie aktiv für unsere Gruppe geworben. Doch
Textes blamiert. Es beschämt mich als Christ,
dass sich einige für ihr ›Nichtwissen‹ glauben ent-
Christ, dass sich einige
die Verantwortlichen in der Gemeinde kennen das Kon- Die Eingeladenen sollen eigene, neugierige Fragen schuldigen zu müssen. Zu unserem Konzept eines für ihr ’Nichtwissen‘
zept und können Menschen persönlich zu uns vermit-
teln. Um vertrauenswürdige Beziehungen aufbauen zu
mitbringen und andererseits offen für biblische Antworten
sein. Alle Fragen werden gesammelt, und der ›Fragentank‹
sicheren Ortes gehört elementar, dass sich nie-
mand mit einem Zweifel oder einer Unkenntnis
glauben entschuldigen
können, finden unsere Treffen in Privathäusern statt. im Lauf der Zeit wieder aufgefüllt. So gestalten die Teil- bloßgestellt fühlt: Die Bibel ist schon lange kein all- zu müssen.“
Schließlich ist Gemeinde über drei Jahrhunderte hinweg nehmenden durch ihre persönlichen Fragen das ›Curri- gemeines Wissensgut mehr, sondern für viele Mit-
in privaten Umfeldern entstanden und gewachsen – das culum‹ der Treffen. In unserer Gruppe gibt es nie einen menschen ein unbekanntes Land. Damit steigt gleich-
Evangelium hat sich also weitgehend über Alltagsbezie- Mangel an Fragen. Ich erinnere noch gut die allererste zeitig die Neugier: Zachäus ist hier nicht ›abgepredigt‹;
hungen ausgebreitet. Frage, die sich gleich zu einer Lernerfahrung entwickelte seine Geschichte lädt vielmehr neu zum Entdecken ein.
und als Top-Frage unserer Gruppe für den Start ausge- sprechen, sagt ein Teilnehmer spontan:
Ähnliche Lebenskonzepte wählt wurde: »Warum hat Gott den Menschen nicht ohne Wein, Käse und Fragen statt »Das wird mir zu eng.« Also verzichten wir dar-
erleichtern Vertrauensbildung die Möglichkeit zur Sünde geschaffen? Dann hätte er sich Lieder, Tee und Gebet auf. Auch mit dem Gesang tun sich Männer eher
und uns doch eine Menge Probleme erspart«. Andere schwer.
Für die Arbeit der Kleingruppe ist es sinnvoll, wenn Wunschthemen lauten: »Warum gerade dieser Gott?« – Allein die Verständigung über das Miteinander kann für Ab dem zweiten Abend gibt es einen kleinen Imbiss.
sich die Lebensfragen und -situationen der Teilnehmen- »Was ist mit der Wahrheit anderer Religionen?« – »Was ist die Verantwortlichen zu einer Kette von Überraschungen Statt Salzstangen stehen eine Käseplatte, Salate oder
den ähneln. Aus unterschiedlichen Gründen beginnen wir das Böse und woher kommt es?« Erstaunlicherweise führen, sind wir doch, weit mehr als wir ahnen, von tra- eine schmackhafte Suppe auf dem Tisch. Statt rotem
mit Männern zwischen 30 und 55, die kaum oder gar werden hier viele zutiefst theologische Themen aufge- dierten Selbstverständlichkeiten bestimmt. Die Gast- Tee gibt es Wasser, Wein und Bier. Jede Kleingruppe
nicht mit Gemeinde oder Fragen des Glaubens vernetzt worfen. Und die Teilnehmenden haben zum Teil ganz freundschaft in Gemeindehäusern hat gewisse Insider- muss natürlich ihre eigene Kultur finden und pflegen, denn
sind: Sie fallen oft durch die üblichen ›Netze‹; anderer- andere Interessen als wir vorher vermutet haben – wir Standards entwickelt (roter Tee und Salzstangen), deren Menschen gehen nur dann miteinander weiter auf die
seits fällt es ihnen leichter, unter ihresgleichen über den müssen unsere Planungen also immer wieder neu an ih- mangelnde Attraktivität den Verantwortlichen schon gar Reise, wenn sie sich wohlfühlen. Heinz, dem das Gebet
Glauben zu reden: Sie suchen stärker argumentativ und nen ausrichten. nicht mehr auffällt. zu ›eng‹ ist, spricht gleich beim Start seine Bedenken
rational. Eine lockere Atmosphäre, von ›small talk‹ ein- Im Vorfeld hat jeder zugestimmt, dass wir unseren Als wir uns zum Start auf meiner Gartenterrasse und vermutlich auch die der anderen aus: »Ich will hier
gerahmt, ist ebenfalls wichtig. Wir haben dann sechs bis Ausführungen Texte der Bibel als Referenz zugrunde legen. treffen, liegen Sehnsüchte und Neugier ebenso auf dem aber nicht bekehrt werden«. Ich antworte: »Wir werden
acht Männer gezielt angesprochen, ihnen die Rahmen- Einige haben sich für die Treffen dann die Konfirmations- Tisch wie Ängste und Zweifel. Die Teilnehmer kennen sich nichts manipulieren. Und bekehren, das kann sowieso nur
bedingungen erläutert und schließlich eingeladen. bibeln ihrer Kinder geliehen. Uns ist es vor allem beim teilweise nicht, und für mich steht das, was ich über Gott. Würdest du dich denn beschweren, wenn Gott dich
(für viele ungewohnten) Lesen der biblischen Texte Gruppenkultur zu wissen meine, in wichtigen Teilen zur zum Glauben bringt?« – »Nein«, schmunzelt er, »wenn
wichtig, dass sich niemand beim Suchen oder Lesen eines Disposition. Als ich vorschlage, gelegentlich ein Gebet zu das von Gott kommt, ist das etwas anderes.« Ein Jahr
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16 NE T Z WERK
später wird er mit seiner Tochter über Ostern nach Taizé Glaubenskurs für Erwachsene eingeschoben. Möglicher- Wenn dein Boot Wurzeln schlägt: Ich hoffe auf viele solcher Reisegruppen für Skeptiker
fahren und nach seiner Rückkehr der Gruppe berichten: weise war das etwas zu früh – es wird aber vermehrt Such das Weite! in unseren Gemeinden: Sie können zu einem wichtigen
»Ich bin dort Gott begegnet, ich kann jetzt glauben«. Themen geben, die zu praktischen Glaubensschritten Nebeneingang werden, weil für viele Menschen die Haupt-
Derzeit treffen wir uns etwa alle drei Wochen, weil es führen, auch wenn Zweifel bleiben und noch manche In der Phase der Auswertung nehmen wir auch pas- eingänge von Gottesdiensten oder Veranstaltungen nur
bei mir nicht öfter geht. Die Teilnehmer wären trotz be- Fragen offen sind. sende neue Elemente an Bord. Beispielsweise hat die schwer zugänglich sind. Der brasilianische Bischof Helder
ruflicher und familiärer Belastungen durchaus zu kürzeren Gruppe bereits ihren ersten eigenen Gottesdienst gestal- Camara macht in seinen Nachtgedanken zum erneuten
Abständen bereit. Für die Durchführung der Abende be- Beziehungen: Während der Reise entwickeln sich Be- tet. Zwei weitere Veränderungen passen zum Erleben der Aufbruch Mut: »Wenn dein Boot, seit langem im Hafen vor
komme ich als vorbereitender Mitarbeiter einen großen ziehungen, es entstehen Freundschaften. Schwere Sorgen eigenen Spiritualität und der gewachsenen Vertrauens- Anker, dir den Anschein einer Behausung erweckt, wenn dein
Vertrauensvorschuss: Ich kann die Texte auswählen und Einzelner brauchen Raum und gegenseitige Unterstüt- beziehung: Alle Treffen enden nun mit einem Segen, den Boot Wurzeln zu schlagen beginnt in der Unbeweglichkeit
die Einführungen gestalten. Ich kann Arbeitsblätter mit- zung. An dramatischen Wegstellen haben wir für Einzelne einer der Mitarbeiter vorbereitet. Weiterhin haben wir des Kais: Such das Weite! Um jeden Preis müssen die reise-
bringen, länger referieren oder Meinungen sammeln, Texte gebetet, dies aber (noch) nicht zum festen Bestandteil das ›Lebenswort‹ eingeführt: Ein einzelner Bibelvers wird lustige Seele deines Bootes und deine Pilgerseele bewahrt
diskursiv oder meditativ bearbeiten oder Fremdreferenten gemacht. am Ende des Abends auf eine kleine Karte geschrieben bleiben.«
vorschlagen: Als die Ehe eines Teilnehmers zerbricht und und mitgenommen. Bis zum nächsten Treffen hängt die
die Frage nach Gottes Vorstellungen über Mann-Frau-Be- Flexibilität: Störungen haben Vorrang, aktuelle Fragen Karte an der Wohnungstür, am PC-Bildschirm oder im
ziehungen ansteht, ist der Gruppe ein externer Referent werden vorgezogen. Wer im sensiblen Zuhören eigene Auto und wird möglichst oft gelesen. Beim nächsten HANS-HERMANN POMPE ist rheinischer Pfarrer, arbeitet
bei dieser sehr persönlichen Frage schon deshalb eine Planungen umwerfen lässt, gibt dem vorher erbetenen Treffen fragen wir nach: »Was hat dieser Vers mit euch als Leiter des Zentrums ›Mission in der Region‹ der Evan-
Hilfe, weil er eine gewisse Distanz mitbringt. Geist die Möglichkeit, seinen eigenen Weg zu gehen. gemacht?« gelischen Kirche in Deutschland (EKD) und war bis 2015
Was ist in den knapp vier Jahren geschehen? Für alle Vorsitzender von ›Missionale Köln‹.
Themen, Verhalten und Methodik Gastfreundschaft: Teilnehmer sind gerne Gastgeber. Teilnehmenden wurde der Frageweg zu einem Glaubens-
in ständiger Reflexion Miteinander essen und trinken schafft eine offene Atmo- weg. Sie nehmen einfach an, dass ein existierender Gott Hier finden Sie ausgearbeitete Teilnehmerunterlagen zu
sphäre und beteiligt alle an der Durchführung. Die Treffen ein Interesse an ihnen hat. Am ehesten kann man ihre verschiedenen Themen: zmir.de/suchergruppen
Die beiden Verantwortlichen treffen sich in den Wohnzimmern verlangen eine gewisse Flexibi- Reise wohl mit dem Weg der Emmaus-Jünger in Lukas
zwischen den Abenden zu Aus- lität: Familienangehörige laufen durch den Raum, 24 vergleichen: Ein Gespräch mit einem zunächst Unbe- Der Text ist eine gekürzte, bearbeitete Fassung aus ›Brenn-
tausch, Planung und zum Ge- die Sitzordnung ist nur bedingt veränder- kannten, der unterwegs immer wichtiger wird und der punkt Gemeinde‹, Studienbrief A 83, AMD Berlin. Erhältlich:
bet. Die Begleitung der Gruppe bar – aber die Erfahrung der gegen- sich schließlich jedem Einzelnen offenbart. Diese Reise willowcreek.de/magazin/brennpunkt-gemeinde
bedeutet auch ein ständi- seitigen Gastfreundschaft wiegt steht nach 1. Mose 12 unter der Verheißung, dass auch
ges Nachjustieren von The- all das auf. der Weg zu Gott bereits ein Weg mit Gott ist.
men, Verhalten und Me-
thodik. Zur eigentlichen Glauben: Die geistliche Rei-
Frage wird, was Gott mit se verändert alle Teilnehmer
den Teilnehmern vorhat ganz individuell, in Abhängigkeit
und welches die nächs- von Charakter, Einstellungen und
ten Schritte sind. Dieser der eigenen Geschichte. Auch
geistliche Rahmen der ich selbst habe aus den Fragen und
Verantwortlichen ist so Gesprächen viel gelernt – etwa
etwas wie die unsicht- dass die hartnäckigsten Zweifel
bare Leitplanke des Un- der Postmoderne sich weniger auf
ternehmens. Sie hält die die Gottesfrage als auf die Chris-
Gruppe auf Kurs, verhilft zur tologie beziehen.
Reflexion und Sensibilisierung
der Verantwortlichen. Beide machen Gebet: Der Austausch der Verant-
sich gegenseitig auf Entwicklungen wortlichen und ihr gemeinsames Gebet
aufmerksam, geben dem anderen Rück- für den Weg sind geistliche Schlüssel-
meldung, sprechen über Veränderungen elemente: Nichts kann passieren, wenn
und nennen die Teilnehmenden vor Gott. Gottes Geist nicht wirkt. Eine solche Gruppe
reist nur in die richtige Richtung weiter, wenn
Von A – Z: Erfahrungen die Reiseleiter sorgsam nach dem Weg des Auftrag-
aus Kleingruppen mit Skeptikern gebers fragen.
Argument: Für die Themen braucht es häufig eine Information: Es gibt ein ausgeprägtes Interesse an In-
gute Apologetik. Skeptiker wollen Argumente ernst formation und biblischer ›Lehre‹, hoch willkommen sind
genommen und widerlegt finden. Ein Argument verdichtete Infoblöcke. Fast kein Abend verläuft wie vorher
schafft noch keinen Glauben, aber es kann dafür öff- geplant. Typisch sind Zwischenfragen, die zur Beant-
nen: Apologetik macht die Zufahrtswege zum Glau- wortung eine andere als die ausgewählte Bibelstelle
ben wieder frei. verlangen. Spätestens bei diesen Fragen wird aus der
Vorbereitung eine assoziative Reise, oft durch mehrere
Auswertung: Jeweils nach zwölf Monaten ist Zeit für Bibelstellen.
eine Gruppen-Evaluation. Das Interesse an der Fortset-
zung ist bisher ungebrochen, und die Reise verändert Material: Die Teilnahme muss ohne Vorbereitung oder
uns alle. Doch es braucht auch einen langen Atem: Nacharbeit möglich sein; kleine ›Handouts‹ zum Mitneh-
Nach zweieinhalb Jahren haben wir erstmalig einen men sind als Vertiefung aber durchaus willkommen.
18 NE T Z WERK NE T Z WERK 19„Ich habe mit Gott Viele deiner Texte sind sehr persönlich.
Fällt es dir leicht, tausenden von Menschen einen so
tiefen Einblick in dein Leben zu geben?
einen Deal für die (lacht) Meine Frau würde wahrscheinlich sagen, dass
ich auf der Bühne viel leichter Einblick in mein Inneres
Nick, wann hast du zum ersten Mal gespürt, gebe, als ich das in Beziehungen tue. Wahrscheinlich
dass du eine kreative Ader hast? hat sie sogar recht. Ich bin eigentlich ein recht zu-
Bühne gemacht.“
rückhaltender Mensch. Das meiste, was ich auf der
Mit neun Jahren habe ich zum ersten Mal an einer Bühne preisgebe, tue ich aus Gehorsam. Es ist eine
Theater-Aufführung in der Schule teilgenommen. An- Art Deal, den ich mit Gott gemacht habe: Er gibt mir
schließend hörte ich, wie ein Lehrer zu meinen Eltern die Gelegenheit, die Dinge zu tun, die ich von Herzen
sagte, dass ich in dem Stück sehr gut gespielt hätte. gern tue – dafür erzähle ich die Dinge, von denen ich
Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Dieser Mo- weiß, dass er möchte, dass sie erzählt werden. Auch
ment hat den Kurs meines Lebens festgelegt. Wenn wenn die meisten Geschichten, die ich auf der Bühne
eine Begabung auf nur einen Funken an Ermutigung erzähle, mit tiefen persönlichen Gefühlen verknüpft
trifft, ist das, als würde man ein Streichholz an ein sind. Wenn ich es recht überlege, gehören eigentlich
Pulverfass legen. Man hat in dem Moment keine alle unsere Erfahrungen und Geschichten nicht nur
Vorstellung, was für eine Explosion daraus entstehen uns selbst – sie sind auch zur Ermutigung anderer
kann. gedacht und letztlich zur Ehre Gottes.
Hattest du als Künstler bestimmte Vorbilder, Meist werden deine Stücke durch Videoprojektionen
die dich besonders geprägt haben? oder technische Raffinessen unterstützt. Entwickelst
du die Inszenierungen schon beim Schreiben?
Nie. Natürlich hatte ich während meiner Schauspiel-
ausbildung Dozenten und Mentoren, die mir eine Nein, das entwickle ich mit einem großartigen Team.
Menge beigebracht haben. Aber sie haben mich stets Wenn ich denen meinen Textentwurf vorlege, bin ich
ermutigt, meine eigene Stimme zu finden, statt die vom Schreiben völlig erschöpft und besitze keinen
Botschaft oder das Stilmittel eines anderen zu imi- Funken Kreativität mehr. Sie sorgen dann für den
tieren. Ich bin überzeugt, dass Gott jedem Menschen zweiten Wind. Vom Team möchte ich ganz genau
eine unverwechselbare Art gegeben hat, durch die er wissen, was mein Text mit ihnen macht, welche Bilder
oder sie das ausdrücken kann, was es auszudrücken und Farben er bei ihnen auslöst. Anschließend durch-
gilt. Da möchte ich doch keine Blaupause eines an- forsten wir alle möglichen Quellen zum jeweiligen
deren sein. Thema, um Anregungen für die Inszenierung zu be-
kommen. Am meisten gefällt mir, wenn wir in den
Wie kommst du auf die Geschichten, die du auf der Quellen nichts Passendes finden, weil sich offenbar
Bühne so eindrücklich erzählst oder darstellst? niemand bisher Gedanken darüber gemacht hat. Klar:
Irgendwo hat sicher jemand einen Beitrag gegeben –
Die meisten entspringen meinem eigenen Leben. Ich aber eben nicht mit dem genau passenden Bild,
Ausdrucksstarke und inhaltsreiche Ein-Mann-Spielszenen brachte führe ein Tagebuch, in das ich täglich wenigstens 300 Sound oder Video.
der Künstler NICK BENOIT beim Kongress in Hannover auf die Worte schreibe. Diese Disziplin habe ich mir aufer-
Bühne. Etwa als er beide Arme tief in ölige Flüssigkeit tauchte und legt. Meistens fühlt sich das Schreiben redundant In Hannover lief bei einem deiner Stücke parallel die
verdeutlichte, wie schnell Sünde sich im Leben breit macht. an, weil ich einfach nur notiere, was ich an dem Tag Videoprojektion deines Schattens hinter dir auf einer
Richtig rein wird ein Mensch nur, wenn der Vater die Reinigung erlebt habe. Aber immer wieder führt Gott mich zu Großbildleinwand. Der Einsatz aufwändiger Technik und
zu seiner Sache macht. den Sätzen zurück, die ich oft mühsam aufgeschrieben das nötige Timing in deinem Spiel schaffen neue
Benoit steht für eine neue Generation von Künstlern, die die Gottes- habe, und er zeigt mir das Samenkorn darin, aus dem Dimensionen in einem Stück – es kann aber auch mehr
dienste der Willow Creek Gemeinde seit geraumer Zeit prägen. dann eine Geschichte entsteht. schief gehen.
Es sind nicht mehr Theaterstücke, durch die geistliche Fragen auf-
geworfen werden, sondern persönliche Geschichten, kreativ Du produzierst recht viele Stücke – man könnte Um diese Fehlerquellen zu minimieren, sind die Proben
aufbereitet, durch die biblische Inhalte transportiert werden; häufig meinen, du führst ein sehr bewegtes Leben. da, die wir sehr ernst nehmen. Dennoch: Sekunden,
unterstützt durch raffinierte Video- und Lichtprojektionen oder bevor auf der Bühne die Scheinwerfer angehen, denke
anschauliche Gegenstände. Gotthard Westhoff sprach mit Benoit Das wird dich vielleicht wundern, aber die meisten ich oft: »Wenn ich jetzt über den ersten Satz stolpere,
über die Kraft guter Geschichten. Stücke entstammen nicht den herausragenden An- fällt das ganze Stück in sich zusammen.« Aber bevor
lässen meines Lebens, sondern den unscheinbaren, ich die Zeit habe, über diese Horrorvorstellung nach-
oft auch schmerzhaften Momenten, die ich sicher zudenken, hat das Stück bereits begonnen. Furcht
vergessen hätte, hätte ich sie nicht niedergeschrieben. zwingt dazu, sich zu fokussieren. Sie hat also auch
Wenn ich zu diesen Momenten in meinem Tagebuch etwas Gutes.
zurückkehre, schenkt Gott mir manchmal den Blick
für die tiefen Wahrheiten, die darin verborgen sind.
Es ist schon komisch, dass Gott mich durch die Worte
ermutigt, die ich selbst zuvor geschrieben habe.
20 TITELKOPF TITELKOPF 21Sie können auch lesen
