#81 - Center fir Altersfroen

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#81 - Center fir Altersfroen
Mai 2017                                      Einzelpreis 4,50 Euro – Abonnement/3 Ausgaben 12 Euro

   #81                  Das Luxemburger Fachblatt für Altersfragen

     DAS ZIP
  U S T-PRIN
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        FL E
 F Ü R P H ÖR I G E
   A NGE

                      SCHWERPUNKT Kunst & Musik in der Demenzbegleitung
                              SEMINARKALENDER Fort- und Weiterbildung
#81 - Center fir Altersfroen
Erscheint im Herbst 2017
                                             Was ist schon normal?
                                             Mit der Sonderausgabe A | NORMAL
                                             macht das Magazin angewandte Forschung
                                             Mut zum Anderssein und -denken.

                                             Anlässlich des Kongresses A | NORMAL gibt die
                                             Cellule de Recherche des RBS – Center fir Altersfroen
                                             in Zusammenarbeit mit der Ligue Luxembourgeoise
                                             d’Hygiène Mentale ein Sonderheft des Magazins
                                             angewandte Forschung heraus.

                                             Gesundheit ist im Verständnis vieler Menschen etwas
                                             Naturgegebenes, Normales. Doch was heißt eigentlich,
                                             gesund oder normal zu sein? Sind Gesundheit und
                                             Normalität stabile Größen?
                                             Oder sind sie nicht vielmehr fehleranfällige und
                                             wandelbare Konstrukte? Wer entscheidet darüber,
                                             ob jemand geistig krank oder gesund ist? Und was
                                             bedeutet letztendlich normal?

   Wann macht Stress am Arbeitsplatz krank?
   Ist Psychotherapie im Alter noch sinnvoll?
   Wieviel Angst ist eigentlich normal?

Diese und weitere spannende Fragen, die zum Mitdenken und Umdenken anregen, bilden
Gegenstand der deutsch-französischsprachigen Sonderausgabe. Die Inhalte sind eng angegliedert
an die Symposien, interaktiven Workshops und Ateliers, die den Kongress im Oktober 2016 zu einem
regelrechten Erlebnis machten.

         €
    4,50ORTO        Das Magazin kann bestellt werden unter:
             .P
     IN KL
                    recherche@rbs.lu oder 36 04 78-34

Weitere Informationen zu Projekten, Veranstaltungen und Publikationen der
CELLULE DE RECHERCHE finden Sie auf:

www.cellulederecherche.lu
#81 - Center fir Altersfroen
EDITORIAL

                           HERAUSFORDERUNG DEPRESSION
                    Tagtäglich begegnet man in der Altenpflege Menschen, die           können sie mit den ewigen Klagen umgehen, die von Hoff-
                    verzweifelt oder traurig sind. Da ist es verwunderlich, dass so    nungslosigkeit gekennzeichnet sind und scheinbar gar kei-
                    selten thematisiert wird, wie anstrengend und frustrierend         ne nachvollziehbare Ursache haben? Und wie kann man sich
                    es sein kann, mit Resignation, Antriebslosigkeit und Nieder-       selbst vor Depressionen schützen, wenn man einfach nichts
                    geschlagenheit umzugehen. Da meint man                                             Positives beim Betroffenen erreichen kann?
                    es gut, baut auf, versucht zu motivieren, um
                    dann zu hören: Es geht einfach nicht. Ich                                           Vielleicht liegt der wichtigste Schritt darin,
                    kann nicht mehr. Es ist mir alles zuviel. Dabei                                     dass man sich von der Annahme verabschie-
                    hört man solche Sätze nicht nur von Pflege-                                         det, man könne Menschen in einer Depres-
                    bedürftigen, sondern auch von Mitarbeitern                                          sion mit ein paar nett gemeinten Worten
                    und Angehörigen.                                                                    oder schwungvollen Aktivitäten helfen.
                                                                                                        Denn sie geht einher mit einer Veränderung
                    Doch was ähnlich aussieht, ist noch lange                                           von gehirnphysiologischen Prozessen. Un-
                    nicht dasselbe. Resignation, Traurigkeit oder                                       ser Gefühlsleben wird beeinflusst durch ein
                    Verzweiflung können ganz unterschiedliche                                           komplexes Gefüge von Botenstoffen und
                    Ursachen haben. So lange es sich um eine                                            Hormonen.
                    kurzfristige Verstimmung handelt, ist das
                    eigentlich eine ganz normale Gemütslage.                                          Wenn da etwas grundlegend durcheinander
                    Jeder hat doch mal einen schlechten Tag.                   Simon Groß             kommt, dann fühlt man das Erlebte einfach
                    Etwas ganz anderes ist es, wenn ein solcher                  Direktor             anders. So erinnert sich ein Mensch in ei-
                    Gefühlszustand über längere Zeit bestehen           RBS – Center fir Altersfroen  ner Depression deutlich besser an negativ
                    bleibt.                                                                           besetzte Wörter in einem Text oder einem
                                                                                       Gespräch. Daher sollte man sich von der Vorstellung trennen,
                    Wer einen schmerzlichen Verlust erlebt, was im Alter leider        man könne dessen Gefühlslage schön reden.
                    häufig passiert, lässt sich nicht durch ein paar wohlgemeinte
                    Worte trösten. Stattdessen muss ein Trauerprozess durchlebt        Auch gut gemeinte Ratschläge wie „Unternehmen Sie mal was!“
                    werden, der teils durch starke depressive Episoden gekenn-         oder „Lachen Sie doch mal!“ verschlechtern eher die Stimmung
                    zeichnet ist. Und das nicht nur, wenn der Ehepartner oder          der Betroffenen, da passives Verhalten und Antriebslosigkeit
                    Angehörige sterben. Auch Angst, Einsamkeit oder der Verlust        typische Begleiterscheinungen sind. Wer in einem solchen
                    eigener Fähigkeiten und der stabilen Gesundheit können De-         Zustand ist, der hat gar nicht die mentale Kraft, sich einfach
                    pressionen auslösen.                                               aufzuraffen. Daher ist es wesentlich, Betroffene in Bewegung
                                                                                       zu bringen.
                    Eine entsprechende Begleitung wäre im Alltag der Altenpflege
                    sicherlich wünschenswert, doch oft fehlt die Zeit und auch die     Anstatt verzweifelt zu versuchen, die Stimmung zu verbes-
                    Kompetenz, dieses zu gewährleisten. Wenn Menschen bereits          sern, sollte man sich darauf konzentrieren, den Betroffenen
                    in jüngeren Jahren an einer behandlungsbedürftigen Depressi-       bei einfachen Aktivitäten „mitzunehmen“ und ihn zum „dabei
                    on gelitten haben, besteht im Alter auch unabhängig von Ver-       bleiben“ zu bewegen. Nur so können Erfahrungen gemacht
                    lusten eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Erkrankung         werden, dass man überhaupt noch etwas kann. Aber das hat
                    weiterhin auftritt.                                                nur Erfolg, wenn nicht direkt wieder die Erwartung im Raum
                                                                                       steht, der Betroffene müsse nur so und so oft an einer Akti-
                    So kann man bei 40-50% der Bewohner von Alten- und Pfle-           vität teilgenommen haben und schon gehe es ihm langfristig
                    geheimen Symptome einer Depression feststellen, davon sind         besser.
                    wiederum 15-20% schwergradig depressiv. Damit ist diese Er-
                    krankung neben der Demenz die häufigste psychische Erkran-         Daher ist es wesentlich, dass man nachvollziehen kann, dass
                    kung im Alter. Ist Depression deshalb eine Altersnormalität?       eine Verbesserung – nicht nur durch Medikamente – mög-
                    Nein. Aber ein differenzierter Umgang mit diesem Krankheits-       lich ist, aber auch nicht zwingend geschehen muss. Dafür
FOTO © WILLY SUYS

                    bild ist für die professionelle Altenpflege eine nicht zu unter-   ist ein achtsamer Optimismus im Pflegeteam entscheidend.
                    schätzende Herausforderung.                                        Ohne diesen laufen Mitarbeiter Gefahr, sich emotional „an-
                                                                                       zustecken“, sich selbst als hilflos und ihre Tätigkeit als sinn-
                    Doch was können Pflegekräfte tun, wenn ein paar aufmun-            los zu erleben. Mehr Wissen zum Thema Depression kann
                    ternde Worte nicht ausreichen, um etwas zu verbessern? Wie         daher Balsam für die Seele sein.

                                                                                                                  RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017     3
#81 - Center fir Altersfroen
INHALTSVERZEICHNIS

                                           FOTO © VIBEKE WALTER

                                                                                      FOTO © VIBEKE WALTER
06                                                                27
            SCHWERPUNKT

06          Kunsttherapie für Menschen mit Demenz
            INTERAKTION AUF AUGENHÖHE

10          Expérience de musicothérapie en maison de soins
            MOTIVER ET MOBILISER

            GERONTOLOGIE & GERIATRIE
14          Groupe socio-gérontologique
            TRANSPARENTE BETREUUNGSSTRUKTUREN SCHAFFEN

17          Das FAUST-Prinzip für pflegende Angehörige
            GEMEINSAM STÄRKER

            NOTIZEN AUS DER WISSENSCHAFT
22          WIR SIND ERINNERUNG

4    RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                    Inhaltsverzeichnis
#81 - Center fir Altersfroen
24           FORT- UND WEITERBILDUNG
              Feedback          VERSTOE FIR BESSER ZE FLEEGEN

27            Weiterbildung Psychogeriatrie
              LEHRVIDEOS ALS HILFESTELLUNG

28            SEMINARKALENDER
                                                                

37            Anmeldeformular / Formulaire d’inscription

39            ABONNEMENT 
              Teilnahmebedingungen für Seminare / Conditions de participation aux séminaires

40            FÜR SIE NOTIERT

44            Erfolgreich alt werden
              INFORMATIONSABENDE IM CIPA JUNGLINSTER

47            MAGAZIN

IMPRESSUM                                        Erscheinungsweise und Abonnement             Titelbild
                                                 Das RBS-BULLETIN erscheint dreimal im        © Ingo Bartussek – Fotolia.com
                                                 Jahr, jeweils im Januar, Mai und September
RBS-BULLETIN                                     zum Einzelpreis von 4,50 Euro. Das Jahres­   Grafische Umsetzung
                                                 abonnement kostet 12 Euro inkl. Porto.       proFABRIK SARL – www.pro-fabrik.com
Das Luxemburger Fachblatt für Altersfragen
                                                 Auflage: 1.500 Exemplare                     6, Rue Kummert – L-6743 Grevenmacher

Herausgeber
                                                 Abo-Service                                  Layout & Kreation
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                                                 E-Mail fortbildung@rbs.lu
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20, rue de Contern – L-5955 Itzig                20, rue de Contern – L-5955 Itzig
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#81 - Center fir Altersfroen
SCHWERPUNKT

KUNSTTHERAPIE FÜR
MENSCHEN MIT DEMENZ
INTERAKTION AUF AUGENHÖHE

Text Vibeke Walter

2014 wurde bei der Association Luxembourg Alzheimer (ala) das Projekt „Konschtatelier – Kunst
macht sichtbar“ ins Leben gerufen. Dabei soll Menschen mit Demenz die Möglichkeit gegeben werden,
ihren Gefühlen und Ideen kreativ Ausdruck zu verleihen, insbesondere dann, wenn kommunikative oder
kognitive Fähigkeiten zunehmend schwinden.

                                                                      Herr T. hat nie zuvor gemalt, Kunst
                                                                   spielte keine große Rolle in seinem Le-
                                                                   ben. Inzwischen erinnert das Zimmer
                                                                   des fast 90jährigen geradezu an eine
                                                                   Galerie, so viele Kunstwerke sind in
                                                                   den vergangenen Jahren im ala Pfle-
                                                                   geheim „Beim Goldknapp“ von seiner
                                                                   Hand entstanden. Momentan arbeitet
                                                                   er an einem Objekt aus Speckstein,
                                                                   den er während der allwöchentlichen
                                                                   Kunsttherapie-Stunde unter Leitung
                                                                   von Kristina Hoffmann konzentriert
                                                                   glatt und in Form feilt.

                                                                      „Die größte Herausforderung be-
                                                                   steht darin, nicht gleich einen Ge-
                                                                   genstand oder ein Motiv vorzugeben,
                                                                   sondern die Teilnehmer erst einmal
                                                                   selbst machen zu lassen. Ich verstehe
                                                                   mich als stillen Begleiter in diesem
                                                                                                              FOTOS © VIBEKE WALTER

                                                                   Schaffensprozess, biete Materialien
                                                                   an und gebe Impulse, setze allerdings
                                                                   auch niemand einfach nur vors weiße
                                                                   Blatt. Oft ist das Miteinander in der
                                                                   Gruppe hilfreich, weil sich die Teilneh-
                                                                   mer gegenseitig helfen und anregen“,
                                                                   erklärt die Ergotherapeutin, die im

6   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                  SCHWERPUNKT
#81 - Center fir Altersfroen
KUNSTTHERAPIE
                                                                                       wirkt über das bildnerische Medium: Der
                                                                                       therapeutisch und künstlerisch begleite-
                                                                                       te Gestaltungsprozess fordert und för-
                                                                                       dert seelisch-geistige Fähigkeiten. Der
                                                                                       Kunsttherapeut begleitet nicht nur, er
Kristina Hoffmann leitet die kunsttherapeutischen Angebote bei der ala
                                                                                       regt auch an, schützt vor schnellen Be-
                                                                                       wertungen, ermutigt und unterstützt in
                                                                                       Phasen von Einfallslosigkeit oder persön-
                                                                                       lichen Konflikten. (…) Durch die Ausein-
                                                                                       andersetzung mit der eigenen Gestaltung
vergangenen Jahr eine berufsbeglei-           ner etwas dabei ist. Kunsttherapie ist
                                                                                       und der Sensibilisierung für ihre Bedeu-
tende Fachausbildung zur Kunst- und           dabei ein wesentlicher Baustein, der     tung entstehen neue Möglichkeiten in
Kreativtherapeutin in Saarbrücken ab-         meistens gut angenommen wird. Es         der Kommunikation mit sich selbst und
solvierte. Seit zwölf Jahren bei der ala      gibt aber auch Personen, die andere      mit anderen. Das entstandene Werk wird
tätig, die letzten zehn davon im Pfle-        Ausdrucks- oder Betätigungsformen        zum Spiegel der persönlichen Geschich-
geheim „Beim Goldknapp“, war sie von          bevorzugen, und das müssen wir be-       te, des momentanen Empfindens und der
Anfang an in das Projekt „Konschtate-         rücksichtigen“, sagt Pflegeheim-Di-      aktuellen Handlungsweise.
lier“ eingebunden.                            rektorin Lydie Diederich.
                                                                                       Sie kann dazu beitragen,
    Jeden Donnerstag betreut Kristi-              Bei multidisziplinären Teambe-       Beeinträchtigungen
na Hoffmann zwei Gruppen im Pfle-             sprechungen werden die individuellen
geheim: morgens eine etwas auto-
nomere, aktivere; nachmittags wird
                                              Bedürfnisse der Bewohner besprochen
                                              und es wird gemeinsam geschaut,
                                                                                       » der Krankheitsverarbeitung
dagegen mehr Anleitung benötigt.
Dienstags bietet Kristina Hoffmann
                                              welche Angebote im Sinne des jewei-
                                              ligen Betreuungsplans hilfreich sein
                                                                                       » des Heilungsprozesses
bei Bedarf individuelle Therapiestun-
den für Bewohner an. Außerdem fin-
                                              könnten. „Es geht nicht um die Auf-
                                              arbeitung von inneren Konflikten
                                                                                       » der Selbst- und
                                                                                           Fremdwahrnehmung
den mehrmals im Jahr gemeinsame               oder therapeutische Begleitung von
Workshops mit den Besuchern der ala           Problemen, sondern um die Förde-         » d er Lebensfreude
Tagesstätte in Dommeldingen statt.            rung spezifischer Fähigkeiten z.B. für
Diese Initiative bildete vor drei Jahren      Feinmotorik oder kognitive Abläufe,      » d er Zusammenarbeit zwischen
den Ursprung des „Konschtatelier“-            die Schaffung individueller Erfolgser-       Klienten und Therapeuten
Projekts, mittlerweile zählt die Kunst-       lebnisse sowie die Unterstützung von
therapie zu den fest eingeplanten             Alltagskompetenzen“, betont Kristina     im gestalterischen Prozess zu überdenken,
Aktivitäten. „Für uns ist es wichtig,         Hoffmann die Besonderheit des kunst-     zu wandeln und positiv zu verändern.
möglichst viele verschiedene Angebo-          therapeutischen Ansatzes. „Durch die     Quelle: www.kunsttherapie.de

te zu schaffen, damit für alle Bewoh-         kreative Beschäftigung eröffnet sich

                                                                                        RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017        7
#81 - Center fir Altersfroen
SCHWERPUNKT

Im kreativen Tun gibt es kein richtig oder falsch

                                                    für die Demenzbetroffenen ein Wun-        kristallisiert. Eine gute Kenntnis und
                                                    derland an Möglichkeiten in ihrem an-     vertrauensvolles Verhältnis sind Vor­
                                                    sonsten oft eingeschränkten, zuneh-       aussetzung, so Kristina Hoffmann,
                                                    mend von Defiziten geprägten Alltag.      um die richtigen Techniken und Ma-
                                                    Damit werden gleichzeitig das Selbst-     terialien anzubieten, eine „Begegnung
                                                    wertgefühl und die eigene Identität ge-   auf kreativer Ebene und Interaktion
                                                    stärkt.“ Weitere Ziele können z.B. eine   auf Augenhöhe“ zu ermöglichen. Ein
                                                    bessere Körperwahrnehmung, mehr           Bewohner arbeitet z.B. am liebsten
                                                    Einsicht im Hinblick auf die Krank-       sehr geordnet mit Pinsel und Farbkas-
                                                    heit oder die Pflege sozialer Kontakte    ten, ein anderer probiert gerne neue
                                                    sein. Im Gegensatz zu eher ergebnis-      Techniken aus und interessiert sich
                                                    orientierten Ansätzen verschiedener       für die verschiedenen Epochen der
                                                    Beschäftigungsangebote stehen nicht       Kunstgeschichte, ein weiterer benutzt
                                                    das Resultat oder Produkt, sondern        lieber kräftige Farben, die er großzü-
                                                    der Prozess und das Tun im Mittel-        gig mit einem Spachtel verteilt.
                                                    punkt. Im kreativen Handeln gibt es
                                                    kein richtig oder falsch, daher können       Auch die Angehörigen erleben die
                                                    auch keine Misserfolge erlebt werden.     Bewohner in ihrer schöpferischen
Die persönliche Signatur
                                                    Für Demenzbetroffene ein besonders        Rolle auf neue Weise. „Wir können da-
vollendet das Werk                                  positiver Aspekt.                         durch als ala auch dafür sensibilisie-
                                                                                              ren, dass hinter der Krankheit immer
                                                        Im Verlauf der Kunsttherapie-         noch eine einzigartige Persönlichkeit
                                                    Stunden haben sich individuelle Vor-      steht und so zu mehr Akzeptanz bei-
                                                    lieben einzelner Bewohner heraus-         tragen“, sagt Kristina Hoffmann.

8   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                                            SCHWERPUNKT
#81 - Center fir Altersfroen
Die deutsche Alzheimer Gesell-
schaft beschrieb die vielfältige Wir-
kung von Kunsttherapie bereits 2005
wie folgt: „(Sie) stellt eine Kommuni-
kation zwischen PatientIn und The-
rapeutIn über das Medium Bild oder
Gestaltung her. In der Gruppe oder
einzeln und auf der Basis von gegen-
seitigem Vertrauen und Wertschät-
zung begeben sich Menschen, die
nicht selten zuletzt in der Schulzeit
einen Pinsel in die Hand genommen
haben, auf eine Reise in das Land der
Farben und Formen. Sie entdecken
sich neu, sie lernen dazu. Der Schaf-
fensprozess steht im Mittelpunkt und
damit die Begegnung des Menschen
mit sich selbst und mit anderen. Im
Malen und Gestalten entstehen neue
Äußerungsmöglichkeiten. Die Kunst-
therapie erreicht Demenz-Patienten                                                               Interaktion auf Augenhöhe in der unterstützenden Begleitung
auf der emotionalen Ebene. (…) Sie                                                                                                und individuellen Anregung
hat viele Mittel, Demenz-Kranke zu
beruhigen, zu motivieren und Res-
sourcen zu entdecken*.“

   Kristina Hoffmann kann dies nur
bestätigen. Konzentriert sind die Teil-
nehmer der Kunsttherapie-Gruppe

                                                                            » SCHON MAL VORMERKEN!
am Donnerstagmorgen bei der Sache.
Die ruhige Atmosphäre des Raums                                                 	
und unaufdringliche Begleitung tun
ein übriges, damit sich die Kreativi-                                       Wer sich die Werke der ala „Konschtatelier“-Gruppen
tät jedes Einzelnen in seinem eige-
                                                                            anschauen möchte, hat dazu Gelegenheit am
nen Rhythmus entfalten kann. „Am
meisten Spaß macht das gemeinsame                                           23. JUNI 2017 VON 10 – 19 UHR
Entwickeln und Probieren. Aber auch
                                                                            beim Kunstfestival in Lellingen.
der Stolz und die Freude über das ge-
schaffene Kunstwerk sind jedes Mal
spürbar. Und der Alltag wird dadurch
auf jeden Fall ein bisschen lebendiger
und bunter“, ist Kristina Hoffmann
überzeugt.                          «

* S . auch www.deutsche-alzheimer.de/unser-service/archiv-alzheimer-info/kreatives-malen-mit-
   demenzpatienten.html

                                                                                                                  RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017          9
#81 - Center fir Altersfroen
SCHWERPUNKT

EXPÉRIENCE DE MUSICOTHÉRAPIE
EN MAISON DE SOINS
MOTIVER ET MOBILISER
Texte Stéphane Barranco

Avant même la mise en place d’un dispositif de musicothérapie à la maison de soins Elysis, la musique
révélait déjà un intérêt pour le public. Les émotions et la mémoire musicale survivent longtemps au-
delà des éventuels processus neuro-dégénératifs. Afin de comprendre ce qui se passe lors d’une séance
musicale et d’optimiser l’emploi de la musique, Elysis a envoyé un de ses collaborateurs en formation de
musicothérapie.

                                                                                   les éléments théoriques et outils que
                                                                                   j’utilise et qui me paraissent impor-
                                                                                   tants, relatant de mon expérience de
                                                                                   musicothérapie avec ce public:

                                                                                   Un cadre adapté:

                                                                                       Je bénéficie d’un cadre espace/temps
                                                                                   permanent. Je ne pouvais pas me le per-
                                                                                   mettre en tant qu’éducateur au vu de
                                                                                   l’organisation horaire de l’équipe édu-
                                                                                   cative. A présent, deux jours fixes par
                                                                                   semaine sont consacrés aux séances de
                                                                                   musicothérapie. Des temps de prépa-
                                                                                   ration, d’évaluation et d’échange avec
                                                                                   l’équipe sont également considérés. La
                                                                                   régularité des séances permet un suivi
                                                                                                                                 FOTOS © STÉPHANE BARRANCO

    Certains résidents chantaient        une fois l’événement terminé, l’at-       de l’évolution mais aussi un phénomène
lors d’événements musicaux, se sou-      mosphère enjouée s’estompait et elle      de répétition qui, appuyé par des rituels,
venant des paroles de certaines mu-      n’avait pas interpellé toutes les per-    renforce la sécurité du cadre et offre un
siques malgré les pertes mémorielles.    sonnes en souffrance.                     lieu spécifique que les résidents vont pou-
Ils allaient parfois jusqu’à danser et                                             voir investir avec le temps. C’est particu-
modifier leur posture et leur regard.       Je bénéficie actuellement d’une for-   lièrement flagrant dans l’observation
La musique se montrait ainsi capable     mation, pour me servir des bienfaits      d’un travail avec la personne atteinte
de dynamiser, de motiver et de mobi-     constatés du média musique de façon       de la maladie d’Alzheimer. Le dysfonc-
liser des «capacités restantes». Mais,   plus pertinente et thérapeutique. Voici   tionnement mémoriel génère un oubli

10   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                                  SCHWERPUNKT
des éléments du cadre tel que mon rôle,      Indications et finalité:                    à la fin de chaque séquence. Les jeux
ce que l’on va faire, ce que l’on a fait,                                                d’improvisation comme la communi-
mais la mémoire affective étant opéra-           La musicothérapie est particuliè-       cation sonore livrent, d’une certaine
tionnelle, ma présence s’intègre avec le     rement recommandée dans les patholo-        manière, le résident à lui-même, sans
temps comme connue et bienveillante.         gies impliquant un désordre au niveau de    règle pour s’appuyer ou se cacher. Ils
Il en est de même pour l’espace propo-       la psyché. Des études ont prouvé son        peuvent générer la sensation d’être
sé qui va être perçu émotionnellement        efficacité dans de nombreux autres          en péril. Il me parait donc nécessaire
comme sécurisé, je constate alors que        domaines tels que le soin palliatif, la     d’en mesurer l’intérêt pour la per-
les personnes sont plus à l’aise au fur      gestion des troubles du sommeil, la         sonne et de savoir si elle est disposée à
et à mesure des séances pour proposer        coordination motrice des personnes          les réaliser. J’accompagne toujours et
des réponses spontanées et utiliser le       atteintes de la maladie de Parkinson        travaille à lever ce sentiment par des
cadre.                                       … Actuellement, je travaille avec des       réponses sonores, des regards et des
                                             personnes présentant démences, syn-         attitudes valorisantes. Ces improvisa-
                                             drome dépressif, troubles du com-           tions me semblent particulièrement
Des comportements                            portement et/ou agitation. Les fina-        intéressantes dans la mesure où elles
thérapeutiques:                              lités sont de: re-narciser, favoriser la    amènent à des réponses personnalisées,
                                             construction identitaire, permettre aux     le patient prend position et crée. La voix
    Les notions que j’utilise le plus        personnes d’avoir une représentation        est plus qu’un instrument, elle traduit
concernant mes positionnements               d’elle-même en tant que sujet. Je suis      l’intime de soi. Le chant est souvent
thérapeutiques avec les résidents            intervenu aussi plusieurs fois dans le      apprécié lorsqu’il est connu. J’utilise
sont celles d’accordage, de résonance et     cadre de soins palliatifs dans le but       donc régulièrement des chants que
d’empathie. Ce n’est pas sans lien avec      d’apaiser la souffrance psychique et la     beaucoup connaissent, générant ainsi
la connaissance primordiale du patient. Il   douleur physique.                           une dynamique enjouée. Avec tous, je
m’est nécessaire de proposer une atti-                                                   prête attention à ma propre prosodie
tude, des musiques, des instruments                                                      et à mon attitude corporelle, souvent
et des séquences qui soient à sa me-         Les séances:                                dans le but d’être rassurant, laissant
sure, qui fassent écho en lui, qui l’inté-                                               également des silences pour se lais-
ressent et surtout qui lui permettent            J’inter viens auprès de trois           ser le temps de percevoir le contexte,
de prendre du plaisir. La personne âgée      groupes et de sept résidents indivi-        pour permettre au résident d’interve-
n’est plus à éduquer, la notion de plai-     duels. Certaines séances ont lieu dans      nir et pour respecter son rythme. Ce,
sir est, à mon sens, particulièrement        une salle réservée à cet effet, d’autres    particulièrement avec le sujet dément
importante et la mise en échec est à         dans la chambre des résidents concer-       qui est un être affectif, intuitif et sen-
exclure. Il faut donc l’amener à faire,      nés. J’ai à ma disposition du matériel      sitif même s’il n’est plus un être de
rechercher une réponse de sa part, sans      de l’institution mais aussi personnel.      parole. En général, les séances doivent
jamais contraindre. Dans cette perspec-      Les séquences varient en fonction de        constituer un moment d’interactions,
tive, l’humour est aussi fréquemment         la personnalité et des objectifs du ou      d’échanges et de plaisir revitalisant.
utilisé. Il en est de même pour des mu-      des participants. Elles peuvent être
siques connues, respectant les goûts,        globalement composées de temps ri-
la génération de l’auditeur et son état      tualisés de mise en condition et de désa-   Généralités sur la
du moment afin d’entrer en résonance.        morçage (musique d’entrée et de fin,        musicothérapie et la
Je favorise ainsi la création d’un lien      salutations …), de centrage sur le corps    personne âgée:
avec moi-même et/ou le groupe, lui           (rythmes corporels, travail de respira-
révélant qu’il a sa place ici: proposer      tion, mouvements corporels), de jeux            En musicothérapie on utilise la mu-
quelque chose qui parle au patient c’est     vocaux (improvisation, imitation ou         sique comme outil d’expression, de com-
aussi montrer qu’il y a un espace commun     chants), de jeux instrumentaux (jeux        munication, de structuration et d’analyse
entre nous, c’est générer une forme de       rythmiques, communication sonore),          de la relation à des fins thérapeutiques.
reconnaissance favorisant sa reconstruc-     d’écoutes musicales (au choix ou im-        L’être humain est un être de relation
tion identitaire.                            posées selon les besoins), d’échanges       qui dès les premiers mois de la vie fait

                                                                                             RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017      11
SCHWERPUNKT

appel à l’autre (la mère) pour répondre
à ses besoins. Il ne peut se satisfaire à
lui seul. L’autre est comme un miroir
qui nous nourrit. Tout être humain                                                                  Stéphane Barranco
                                                                                                    est actuellement musicothérapeute
a besoin de se sentir sujet commu-
                                                                                                    en formation à l’université de Nantes
niquant. Les études sur le sujet, tant                                                              et éducateur depuis bientôt 6 ans au
au niveau du cerveau qu’au niveau                                                                   sein de la maison de soins
psychologique, montrent l’intérêt des                                                                «Elysis a.s.b.l.» au Kirchberg.
sentiments d’appartenance et des ré-
seaux sociaux pour la santé physique
et psychique. La mobilité réduite et
l’état psychique des personnes âgées
en font un sujet à risque d’isolement.
Aussi, les relations entretenues par le
résident se trouvent inévitablement          vement le patient de l’intérieur, de le      ravie et me suit volontiers. Je l’amène
modifiées: il habite un nouveau lieu de      toucher, de générer des réminiscences,       à jouer et, bien qu’elle le fasse timide-
vie, et sait parfois que c’est probable-     de le stimuler et d’éventuellement           ment au départ, je m’aperçois qu’elle a
ment son dernier, les rapports à sa fa-      modifier son humeur en l’apaisant ou         une grande sensibilité musicale. Nous
mille peuvent être différents, les rap-      en le dynamisant. Et pour finir, son         dépassons le stade de l’imitation et
ports à son propre corps également, il       caractère non-verbal permet de géné-         sommes presque à «faire de la musique
a vécu moult pertes et s’ajoutent à cela     rer des inter­actions, de travailler sur     ensemble». J’ajoute des couleurs jazz à
de potentiels problèmes mémoriels et         la relation et sur soi sans l’utilisation    nos prestations et lui propose d’écou-
cognitifs. Tous ces éléments génèrent        de la parole qui est souvent inhibée,        ter des compositeurs qu’elle appré-
souvent une perte de repères et une perte    voir inaccessible chez le sujet en souf-     cie. Il y a aussi beaucoup de rires et
d’identité. Or, c’est à travers la créati-   france.                                      d’humour pendant les séances. Une
vité et la relation que peuvent surgir la                                                 fois celle-ci terminée, elle exprime son
reconnaissance et l’identité. On com-            J’ajoute que l’émotion et le non-        plaisir et sa volonté de me revoir.
prend alors que le travail au niveau         verbal sont accessibles quel que soient
relationnel proposé par la musicothé-        les pertes endurées. La musicothéra-             J’ai pu constater qu’elle me recon-
rapie a une grande valeur dans ce type       pie permet donc d’accéder au «lieu de la     naissait et qu’elle avait même remar-
d’établissement.                             santé» des résidents pour que naissent à     qué que je m’étais coupé les cheveux
                                             nouveau la reconnaissance de soi, la moti-   15 jours après notre dernière ren-
                                             vation et l’envie.                           contre. Certaines soignantes ont pu
Spécificité du média pour la                                                              utiliser le jour de la musicothérapie
personne âgée:                                                                            pour lui faire accepter de se laver. La
                                             Cas cliniques:                               grille d’évaluation de l’agitation en
    A mon sens, trois spécificités du                                                     place sur son lieu de vie est positive les
média font de la musicothérapie une              Mme B se montre peu coopérative          jours de musicothérapie. On constate
discipline particulièrement adaptée          avec l’équipe soignante. Elle souhaite       ici les bienfaits des séances avec no-
au public. D’abord le caractère intime       rentrer chez elle et a déjà failli quit-     tamment une potentielle répercussion
et ludique de la musique qui permet          ter l’établissement plusieurs fois. Elle     sur le quotidien et la valeur thérapeu-
de décentrer l’attention des difficul-       a des pertes mémorielles qui se per-         tique de la relation musique/patiente/
tés, de se distancier de la maladie et       çoivent à travers un discours répété.        thérapeute/équipe.
de se re-créer à travers une réalisation     Les mécanismes de défense à l’œuvre
personnelle. Ensuite, le caractère émo-      sont le déni et la projection. Elle n’est        Mme C était en fin de vie, allongée
tionnel, pénétrant et enveloppant du         pas musicienne mais aime le jazz.            sur le lit, les yeux fermés, la famille
média qui permet, à condition d’être         Lorsqu’elle me voit arriver avec le pia-     installée sur des chaises à ses côtés. Le
utilisé justement, de mettre en mou-         no, tout semble déjà changer, elle est       silence n’était rompu que par le bruit

12   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                                         SCHWERPUNKT
d’une machine et le rythme respira-        On voit également que l’infirmière a
toire de Madame. Je sais qu’elle appré-    autorisé le déroulement, respecté le
ciait la musique et qu’elle avait gardé    contexte et joué un rôle dans l’inter-
de bonnes facultés auditives. Je pro-      vention. J’ai eu ainsi le sentiment de
pose mon intervention à la famille et      renforcer le lien entre patiente, famille
celle-ci accepte. Je joue alors des mor-   et institution. Mme C. est décédée le           Fondée en 2004, la GML est une a.s.b.l
ceaux très doux au ukulélé en considé-     soir même.                                              dont les objectifs sont
rant les rythmes ambiants, alternant                                                       la Promotion et la Reconnaissance de la
                                                                                               musicothérapie au Luxembourg.
silences, musiques connues et impro-           Mr U présente des douleurs chro-
visations.                                 niques et des problèmes respiratoires.           La GML est affiliée à l’European Music
                                           Il se plaint régulièrement souhaitant              Therapy Confederation (EMTC) et
                                                                                              a participé de ce fait à l’élaboration
    Dès les premières notes, des           davantage de traitements antidou-
                                                                                                 de l’«European Music Therapy
membres de la famille éclatent en          leur. Il reste la plupart du temps sur           Register» (EMTR), registre définissant
sanglots. La petite fille s’approche de    son lit avec son appareil respiratoire.              les standards de qualification du
Mme pour lui tenir la main puis son        Il jouait de l’harmonica et aimait la                       musicothérapeute.
petit fils prend le relais avant de sor-   musique baroque. Nous avons uti-
                                                                                              Depuis 2012, la GML possède son
tir de la chambre en pleurant. Au bout     lisé des éléments de la méthode en              propre registre professionnel, le GMLR,
d’une dizaine de minutes je m’arrête       U, des techniques de relaxation sous             ainsi que son code déontologique et sa
délicatement et un membre de la fa-        induction musicale et actuellement                           fiche de métier.
mille, les yeux humides, me dit: «Ben,     nous sommes plus dans le cadre d’une                La GML diffuse des informations
continuez!». Je reprends alors dou-        musico­thérapie active.                           sur la musicothérapie et ses champs
cement des mélodies et c’est encore                                                         d’action ainsi que sur les formations.
une dizaine de minutes plus tard que           Il se plaint toujours un peu mais:            L’association organise des échanges
l’infirmière, que j’avais avertie de ma    il se place parfois seul sur son fauteuil       entre musicothérapeutes, des échanges
présence, m’explique en chuchotant         lorsqu’il sait que j’arrive, il enlève son         interdisciplinaires, des conférences
qu’elle doit donner un soin. Je ter-       appareil à oxygène sans que je le lui              et collabore avec des organisations
mine, salue tout le monde de la tête et    demande, il me propose des musiques             internationales, soutient des projets et
                                                                                                     promeut la recherche.
sort. La famille m’a beaucoup remer-       à utiliser, il s’est parfois confié à moi, il
cié, ce qui n’a pas été sans me faire      joue régulièrement de l’harmonica que                Chaque année, dans le cadre de
plaisir mais mes sentiments restaient      j’accompagne, il s’essaye au didgeridoo,            l’«European Music Therapy Day»
                                                                                                  (EMTD) à la mi-novembre, la
ambivalents à ce moment.                   il assiste aux évènements musicaux
                                                                                                 GML organise une semaine de
                                           proposés par la maison et m’en fait sa                manifestations ouvertes à tous:
    Il est difficile de percevoir ce que   critique lors des séances … Il y a donc              workshops, conférences, portes
ressentait Mme C. Je n’ai pas non plus     eu une évolution où on peut le voir                       ouvertes, flashmob …
constaté de grandes modifications res-     utiliser réellement l’espace proposé,
                                                                                           Depuis décembre 2016, dans le cadre du
piratoires. En essayant de me mettre       lui permettant, au moins un instant,             projet Mateneen financé par l’Oeuvre
à sa place, j’imagine que je préférerais   de se décentrer de la maladie, de trou-         Nationale de Secours Grande-Duchesse
l’harmonie aux sons répétitifs am-         ver un lien dans l’institution qui sol-            Charlotte, huit musicothérapeutes
biants. Ce qui m’a particulièrement        licite sa motivation, de proposer des            de la GML interviennent auprès de la
interpellé c’est le mouvement familial     réponses personnalisées et créatrices             Croix Rouge: «La musicothérapie au
généré dès les premiers instants musi-     valorisant son existence.                 «     service des demandeurs de protection
caux. J’ai ressenti une certaine éva-                                                                   internationale»
cuation des tensions, comme si tout ce
qui était en suspens, «bloqué» à l’inté-                                                        Gesellschaft fir Musiktherapie
rieur, avait pu être «dit» ou libéré par                                                         zu Lëtzebuerg (GML) a.s.b.l.
les sanglots, les rapprochements et le                                                        7, Breckewee – L8561 Schwebach
toucher. La musique m’a semblé géné-                                                               www.musiktherapie.lu
rer une sorte d’enveloppe unifiant.

                                                                                           RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017           13
GERONTOLOGIE & GERIATRIE

GROUPE SOCIO-GÉRONTOLOGIQUE
TRANSPARENTE BETREUUNGSSTRUKTUREN SCHAFFEN

Texte Vibeke Walter

Mit einem Info-Abend für Bewohner und Angehörige stellte das Düdelinger CIPA Servior Grand-
Duc Jean im November 2016 sein Konzept der Demenzbetreuung innerhalb der neu gestalteten
Räumlichkeiten der „Groupe socio-gérontologique“ (GSG) vor. Dabei sollten u.a. Hemmschwellen
abgebaut und ein offenerer Umgang mit dem Thema Demenz ermöglicht werden.

                                                                       Damien Ambrosini, Kerstin Holbach
                                                                       und Raoul Vinandy (v.l.n.r.) stellten das
                                                                       GSG-Konzept bei einem Infoabend vor

   Die Resonanz auf die Veranstal-       tragte Raoul Vinandy. Im Mittelpunkt        vielfältige, persönliche Betreuung im
tung war groß und ebenso wohl auch       des sehr positiv aufgenommenen Info-        Alltag immer umzusetzen. Mindes-
die Neugier bei den rund 100 Teilneh-    abends standen vor allem drei Aspekte.      tens genau so wichtig sind jedoch auch
mern, einmal hinter die Kulissen der                                                 der Respekt vor der Autonomie unse-
hausinternen Betreuung von Demenz-           Zunächst wurden von Raoul Vinan-        rer Bewohner, die Identifizierung von
                                                                                                                              FOTO © SERVIOR DUDELANGE

betroffenen zu schauen. „Wir wollen      dy die Problematik Demenz und kogni-        Ressourcen und Stimulierung ihrer
das Konzept nicht isoliert sehen und     tive Störungen ganz allgemein erklärt.      Kompetenzen.“
die Familien miteinbeziehen sowie        Pflegedienstleiter Damien Ambrosini
Ängste bei den Bewohnern mindern,        erläuterte anschließend das Servior            Kerstin Holbach, Fachkraft für Ge-
die wissen, dass sie im Fall weitrei-    Pflegekonzept, das den individuellen        rontopsychiatrie und verantwortlich
chenderer kognitiver Beeinträchtigun-    Bedürfnissen und Besonderheiten der         für den GSG, unterstrich nach diesen
gen eines Tages hier betreut werden      insgesamt 207 Klienten Rechnung tra-        Ausführungen die verschiedenen Sta-
könnten“, erklärt der Direktionsbeauf-   gen soll: „Es ist anspruchsvoll, diese      dien im Verlauf einer Demenzerkran-

14   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                               GERONTOLOGIE & GERIATRIE
kung sowie die besondere Funktions-
                                            weise des GSG. So werden hier z.B. die
                                            Mahlzeiten familiärer gestaltet und
                                            im Rahmen des Normalitätsprinzips
                                            in Schüsseln auf dem Tisch serviert.
                                            Auf dem Programm stehen vor allem
                                            alltagsnahe Aktivitäten, wie gemein-
                                            sam auf den Markt gehen, kochen, ba-
                                            cken oder gärtnern, aber auch kegeln,
                                            turnen, singen oder malen. Ziel ist es,
                                            in einem vertrauten, wertschätzenden
                                            Umfeld die Bewohner zu reaktivieren,
                                            ihre motorischen und kognitiven Fä-
                                            higkeiten zu erhalten sowie die Sinne
                                            zu stimulieren.                                                                                  Die neuen Räumlichkeiten sind
                                                                                                                                            heller und freundlicher gestaltet
                                                Wer sich zurückziehen oder ausru-
                                            hen möchte, kann dies in den angren-
                                            zenden Ruheräumen tun, in denen           gibt), sondern insbesondere Empathie      nicht einfach ‚verwahren‘, sondern sie
                                            zudem zwei Betten zur Verfügung ste-      und Offenheit im Umgang mit Men-          so gut wie möglich unterstützen und
                                            hen. Hier kann, wenn gewünscht, auch      schen mitbringen, die an demenziel-       begleiten. Insgesamt haben sich die
                                            eine palliative Begleitung stattfinden.   len, anderen neuro-degenerativen oder     Mitarbeiter extrem weiterentwickelt.
                                            So können Bewohner am Lebensende          psychiatrischen Erkrankungen leiden.      Sie sind besser geschult im Umgang
                                            am Geschehen im GSG teilhaben, ohne       Als Kerstin Holbach ihren Job vor sie-    mit Demenzkranken und können Kon-
                                            teilnehmen zu müssen. „Vorher war         ben Jahren mit vielen neuen Ideen         texte für bestimmte ‚herausfordernde‘
                                            der Bereich relativ unpersönlich, jetzt   antrat, stieß sie teils noch auf großes   Verhaltensweisen identifizieren und
                                            haben wir versucht, ihn farbenfro-        Unverständnis u.a. seitens ihrer fran-    entsprechend handeln“, so Holbach.
                                            her zu gestalten. Einige Extra-Möbel      zösischen Kollegen. Vorherrschend
                                            wurden von unserer Amicale gestiftet,     war hier ein ausgesprochen medika-           Besonders in der anfangs oft
                                            die Bilder von Bewohnern zusammen         lisierter Ansatz, andere Betreuungs-      schwierigen Eingewöhnungszeit sei es
                                            mit einer Mitarbeiterin gemalt“, sagt     konzepte wurden kaum in Betracht          wichtig, gemeinsam nach kreativen,
                                            Kerstin Holbach. „Wir wollten an dem      gezogen. „Wir wollen die Bewohner ja      individuellen Lösungen zu suchen,
                                            Abend zeigen, wie der Alltag GSG                                                    um den Betroffenen den Übergang zu
                                            verläuft und was ihn ausmacht. Man                                                  erleichtern. Die Entscheidung, dass
                                            konnte aber auch spüren, wie stolz die                                              ein Bewohner in die geschützte Ta-
                                            Mitarbeiter auf ihren Bereich sind.“                                                gesstruktur des GSG wechselt, wird in
FOTOS © VIBEKE WALTER UND KERSTIN HOLBACH

                                                                                                                                einer multidisziplinären Pflegekonfe-
                                                Bis zu 30 Bewohner können tags-                                                 renz bzw. in Absprache mit der Direk-
                                            über im GSG betreut werden, in dem                                                  tion, den jeweiligen Wohnbereichslei-
                                            insgesamt 23 Mitarbeiter (auxiliaires                                               tern, der Verantwortlichen des GSG,
                                            de vie, aides socio-familiales, aides-                                              dem behandelnden Arzt sowie den
                                            soignant(e)s sowie eine infirmière)                                                 Familien getroffen. Letztere haben
                                            zum Einsatz kommen. Pro Tag sind je-                                                vorab zudem die Möglichkeit, sich den
                                            weils acht Mitarbeiter, sprich vier pro                                             GSG anzuschauen und genauer erklärt
                                            Schicht bzw. zwei pro Gruppe tätig.                                                 zu bekommen. Auch der betroffene
                                            Sie müssen nicht nur über Luxembur-                                                 Bewohner selbst kann zunächst stun-
                                            gischkenntnisse verfügen (obwohl es                                                 denweise den GSG besuchen, um sich
                                            inzwischen auch immer mehr überwie-                                                 nach und nach an die neue Struktur zu
                                            gend portugiesischsprachige Klienten                                                gewöhnen.

                                                                                                                                  RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017         15
GERONTOLOGIE & GERIATRIE
                                                                                             PHILOSOPHIE DES
                                                                                             DÜDELINGER GSG:
                                                                                             » Gleichbleibende Struktur
                                                                                             » Respekt des Individuums
                                                                                             » Ruhiges Ambiente
                                                                                             » Fördern und Erhalten
                                                                                                der Autonomie
                                                                                             » Bewohner reaktivieren
                                                                                             » Integration der Familie
                                                                                             » Wünsche, Entscheidungen
                                                                                                und Gewohnheiten
                                                                                                berücksichtigen
Freundlich-familiärer Rahmen für die Mahlzeiten
                                                                                              estgehalten in einer 2013 gemeinsam
                                                                                             F
                                                                                             erarbeiteten Charta, die regelmäßig
                                                                                             aktualisiert wird.
   „Vermehrter Orientierungsverlust,              mit kognitiven und/oder psychia­
verstärkte Fortlauf-Tendenzen oder                trischen Beeinträchtigungen geben
Schwierigkeiten beim Essen im Res-                wird.
taurant sind für uns meist erste Anzei-
chen dafür, dass etwas nicht stimmt“,                 Freiheitsentziehende Maßnahmen         ENVIRONNEMENT
beschreibt Damien Ambrosini. „Die                 oder Psychopharmaka kommen in der
Familien merken meist ebenfalls, dass             Begleitung dabei nicht in Betracht.        ET SÉCURITÉ AU GSG:
die Defizite ihres Angehörigen zuneh-             Auch Familien sind diesen Ansät-
men und sind erleichtert, dass mit                zen gegenüber zunehmend skeptisch          » Reproduire un
dem GSG ein spezialisiertes Angebot               eingestellt und haben oft schlechte           environnement familial
im Haus zur Verfügung steht, das auf              Erfahrungen z.B. im Hinblick auf die
                                                                                             » Endroit calme, jardin sécurisé
diese Bedürfnisse eingehen kann. Soll-            Verabreichung von Medikamenten in
te sich ein Bewohner entsprechend                 Krankenhäusern gemacht. Sinnvoller         » Structure fixe, éclairage adapté,
stabilisieren, kann er den GSG auch               erscheint eine angepasste Begleitung,         couleur des murs
jederzeit wieder verlassen.“                      die die spezifischen Bedürfnisse der
                                                  Betroffenen berücksichtigt. „Für Be-       » Décoration selon les saisons,
    Die Eingewöhnungszeit in den GSG              wohner mit einer leichten Demenz              leurs époques, leurs lieux de vie
liegt in der Regel bei drei Monaten.              gibt es in einem Wohnbereich unse-
Die überschaubaren Räumlichkeiten,                res Hauptgebäudes im sogenannten           » Vie sociale et activités
geregelten Tagesabläufe und stärkere              ‚Stiffchen‘ bereits eine besondere         » Garantir une autonomie
Mitarbeiter-Präsenz vermitteln den                Betreuung, ein zweites dieser Art ist
                                                                                                (sorties dans le jardin,
Bewohnern ein Gefühl von Sicherheit               geplant“, erklärt Raoul Vinandy. Im
und Struktur: „Das selbstständige                 benachbarten Gebäude, dem Pavillon,           préparations culinaires)
Essen klappt wieder besser, sie wirken            sollen nach Abschluss entsprechender       » Prévention des chutes
insgesamt orientierter und suchen z.B.            Umbauarbeiten ebenfalls verstärkt
von selbst die Toilette auf. Auch Ange-           alte Menschen mit hohem Pflegebe-          » Matériel adapté
hörige bestätigen uns diese positiven             darf z.B. mit erheblichen kognitiven
                                                                                             » Points de repère
Veränderungen“, so Holbach.                       Beeinträchtigungen oder nach einem
                                                  Krankenhausaufenthalt aufgenom-            » Equipe soignante fixe, prise en
   Die Düdelinger Altenhilfeeinrich-              men werden. Hier ist in naher Zukunft         charge personnalisée des clients
tung stellt sich bereits jetzt darauf ein,        ein weiterer GSG-Bereich für 48 Be-
dass es künftig immer mehr Klienten               wohner vorgesehen.                 «

16   RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                       GERONTOLOGIE & GERIATRIE
PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

                                     DAS FAUST-PRINZIP
                                     GEMEINSAM STÄRKER

                                     Text Patrick Kolb

                                     Demenzerkrankungen gehören mittlerweile zu den verbreitesten      Bereits vor 20 Jahren belegten Stu-
                                                                                                    dien, dass 80% der Demenzkranken
                                     Pathologien in der Bevölkerungsgruppe älterer Menschen über
                                                                                                    in Deutschland daheim in der Familie
                                     65 Jahre. 2015 waren weltweit schätzungsweise 46,8 Mio.        gepflegt werden und in 70% der Fälle
                                     Menschen betroffen; in Luxemburg leben momentan rund 7.000     dazu noch von einer einzigen Person.
                                                                                                    Diese scheinbar unermüdlichen Einzel-
                                     Menschen mit Demenz (1,34% der hiesigen Gesamtbevölkerung).    kämpfer im alltäglichen Kampf gegen
                                                                                                    die Demenzen waren damals in zirka
                                                                                                    83% der Fälle weiblichen Geschlechts.
                                                                                                    Außerdem waren 75% der pflegenden
                                                                                                    Angehörigen älter als 50 Jahre und
                                                                                                    10% sogar älter als 75 (Bickel, 1999).

                                                                                                       Prof. Dr. Erich Grond fand schon
                                                                                                    1994 heraus, dass zirka ein Drittel der
                                                                                                    pflegenden Angehörigen unter den
                                                                                                    Pflegebelastungen erkranken. Ebenso
                                                                                                    konnte in den 1990er Jahren nachge-
                                                                                                    wiesen werden, dass ein bis zu 64% er-
                                                                                                    höhtes Mortalitätsrisiko bei pflegen-
                                                                                                    den Ehepartnern besteht. Außerdem
                                                                                                    zeigte sich, dass sich die Überlastung
                                                                                                    bei pflegenden Angehörigen in unter-
                                                                                                    schiedlichen Bereichen manifestieren
                                                                                                    kann (Schultz, 1999):

                                                                                                    Körperlich: Schmerzen, emotionale
                                                                                                    Spannungen
FOTO © PETER MASZLEN – FOTOLIA.COM

                                                                                                    Psychisch: Ärger, Rollenwechsel,
                                                                                                    Schuldgefühle, Depression, Angst,
                                                                                                    Hoffnungslosigkeit
                                                                                                    Zeit: keine Freizeit, kein Urlaub
                                                                                                    Sozial: Isolation, Rückzug von
                                                                                                    Freunden und Bekannten
                                                                                                    Struktur: erhöhte Kosten,
                                                                                                    eingeschränkte Erwerbstätigkeit,
                                                                                                    unzureichende Wohnverhältnisse

                                                                                                       RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017    17
PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

                                                Rait und Lederberg sprechen in-         1. Frage nach der Motivation
                                             teressanterweise von der Familie als       2. Aufnahme von Wissen
                                             „Patienten zweiter Ordnung“ (1989).        3. Unterstützung holen
                                             Während Gräßerl die pflegenden An-         4. Schauen nach den Bedürfnissen
                                             gehörigen sogar als „verborgene Pati-          des Kranken
                                             enten“ betitelt. Es ist deshalb wichtig,   5. Tank auffüllen
                                             abwendbare gefährliche Verläufe bei
Über den Autor:                              pflegenden Angehörigen frühzeitig zu
Patrick Kolb ist Psychologe und              erkennen und dann rechzeitig zu in-        1. Frage nach der Motivation
Psychotherapeut: Er war mehrere Jahre        tervenieren.
als Psychologe und Kursleiter bei einem
                                                                                            Der erste Schritt hin zu einer be-
ambulanten Hilfs- und Pflegenetzwerk
in Luxemburg sowie in eigener                   Obwohl die Schwierigkeiten und          wussten Pflege liegt darin, sich der ei-
therapeutischer Praxis tätig. Derzeit        Belastungen sowie die Bedeutung pfle-      genen Pflegemotive bzw. Motivation
arbeitet er als Koordinator und Psychologe   gender Angehörige (oder auch informel      bewusst zu werden. Also zu hinterfra-
im Therapeutischen Wohnbereich in der
außerklinischen Psychiatrie.
                                             carer) also schon lange bekannt sind,      gen „Wieso möchte ich die Pflege meines
                                             gibt es nur wenige konkrete Ansätze        Angehörigen übernehmen? Was erhoffe
                                             zu deren Unterstützung. Dabei gibt es      ich mir davon?“ Hierbei gilt es aller-
                                             eine prägnante Formel, die sehr viel       dings, ehrlich mit sich selber zu sein
                                             helfen kann:                               und auch einmal die inneren Stimmen
   Nach wie vor sind pflegende An-                                                      anzuhören, also jene Anteile, die wir in
gehörige sehr wichtige Kooperati-
onspartner in der Versorgung von
                                             Das FAUST-Prinzip                          der Regel nicht offen äußern, sondern
                                                                                        nur im „Hinterstübchen“ denken.
Menschen mit Demenz und zugleich                 Einzeln sind wir schwach, zusam-
wichtige soziale Stützen, auch in            men hingegen stark! Dieses Prinzip             Die Motivation kann eine sehr
Luxemburg. Ohne sie wäre unser               trifft auch auf die häusliche Pflege zu.   starke Antriebskraft sein, etwa ähn-
Gesundheitssystem auf Dauer wirt-            Arbeiten wir individuell, so wie einzel-   lich stark wie die Hoffnung. Sie kann
schaftlich und personaltechnisch nicht       ne Finger, dann vermögen wir nur ge-       allerdings auch wie eine versteckte
zu tragen.                                   ringfügig etwas zu bewirken. Handeln       Bremse wirken, wenn von vornherein
                                             wir allerdings vereint, geschlossen wie    eigentlich feststeht, dass die damit
    Die Unterstützung und Wertschät-         eine Faust, so ist eine weitaus größere    verbundenen Erwartungen nie er-
zung, die wir als Gesellschaft ihnen         Kraftauswirkung möglich. Frei nach         reicht werden können. In einem sol-
sowie der häuslichen Pflege zukom-           Artistoteles ist das Ganze mehr als nur    chen Fall führt dies unweigerlich zu
men lassen, stellt einen eminent wich-       die Summe seiner Teile!                    Frustrationen oder Aggressionen und
tigen Beitrag zur gesellschaftlichen                                                    zu einer untragbaren Pflegebeziehung
Solidarität, aber auch zur wirtschaft-           Das FAUST-Prinzip hat als Kern-        zwischen Kranken und Angehörigen.
lichen Stabilisierung dar. Daher sollte      botschaft die bereits zitierte Aussage
man sich davor hüten, die von ihnen          von Jansen, nämlich, dass es den pfle-        Moralische Motive liegen dann
erbrachten Leistungen als selbstver-         genden Angehörigen auch gut gehen          vor, wenn die Pflege aus Überzeugung
ständlich anzusehen.                         muss, damit häusliche Pflege wirksam       übernommen wird, z.B. aus religiö-
                                             bleiben kann.                              sen Gründen („Es ist meine Pflicht,
    Ähnlich wie der leistungsstärkste                                                   dem Mitmenschen beizustehen“) oder
PS-Motor regelmäßig Wartung, Öl-                Es zielt darauf ab, vorhandene Res-     aus Liebe („Ich liebe meinen kranken
wechsel und Ruhepausen zum Abküh-            sourcen zu schützen, nicht ausreichend     Mann“). Finanzielle Motive sind weit-
                                                                                                                                   FOTO © PATRICK KOLB

len benötigt, so bedürfen auch pflegen-      vorhandene auszubauen und so einen         aus öfter anzutreffen als geglaubt oder
de Angehörige einer gewissen (Selbst)        vorschnellen Verschleiß und ein Aus-       zugegeben wird. Hierunter sind nicht
Pflege. Jansen hat einmal in diesem          brennen (Burn-Out) zu verhindern.          nur finanzielle Vergütungen durch die
Zusammenhang treffend formuliert:                                                       Pflegeversicherung zu subsumieren,
„Pflege kann nur gut gehen, wenn es den         FAUST setzt sich aus folgenden          sondern auch, wenn kranke Eltern ei-
Pflegenden selbst gut geht“ (1995).          fünf Komponenten zusammen:                 nen Teil ihrer Rente zu den Haushalts-

18    RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017                                                     PFLEGENDE ANGEHÖRIGE
kosten ihrer Kinder beisteuern oder        sich als zentrale Pflegeperson ein-             Die Aufnahme von Wissen bein-
diese im Haus der erkrankten Eltern        bringt, hält auch die Fäden der Macht       haltet sowohl medizinisches Grund-
leben dürfen.                              in den Händen.                              wissen über Symptome, Entstehung
                                                                                       und möglichen Verlauf, als auch aus-
    Ein weiteres gängiges Motiv ist die        Die Frage nach der Motivation soll-     führbare Interventionen oder pra-
Sozialisationsfunktion der Frau. Das       te, wenn möglich, bereits vor der Ent-      xisnahe Tipps für den Umgang mit
heißt, es liegen tradierte Geschlechts-    scheidung zur Übernahme der Pflege          einem Demenzkranken. Da pflegende
rollenverständnisse vor, laut derer        stattfinden. Danach ist es in der Re-       Angehörige regelrechte Einzelkämpfer
Pflege eine weibliche Angelegenheit        gel zu spät. Eine Umfrage von Halsig        im Bewältigen des Alltags mit ihrem
sei. Was sich in den bereits oben er-      (1994) hat ergeben, daß lediglich 37%       Familienmitglied sind, haben sie oft
wähnten statistischen Zahlen nieder-       der Angehörigen die Pflege freiwillig       den Eindruck allein auf weiter Flur zu
schlägt: 83% der pflegenden Ange-          übernehmen, in der Regel geschieht          stehen oder aber, dass es bei allen an-
hörigen sind Frauen. Das ändert sich       es aus sozialer Erwünschtheit und in        deren Betroffenen leichter von statten
vielleicht langfristig, doch aktuell ist   5% der Fälle sogar gegen den eigenen        ginge. Gesprächsgruppen, in denen
Pflege noch immer Frauensache.             Willen.                                     sie sich austauschen können, haben
                                                                                       den großen Vorteil, dass die Teilneh-
   Oft wird die Pflege vor dem Hin-           Es gibt ungünstige Motivations-          mer merken, dass es vielen ganz ähn-
tergrund eines Art „Familienmythos“        gründe, die dann auch zu ungünstigen        lich geht und sie sich dadurch weniger
übernommen, aus sogenannten inner-         Pflegefaktoren mutieren können und          isoliert fühlen. Solche Gruppen haben
familiären Gesetzmäßigkeiten heraus,       so schneller zum Ausbrennen oder zu         wissenschaftlich erwiesen einen gro-
wie „Kinder müssen ihre kranken El-        Konflikten führen.                          ßen positiven, schonenden Effekt auf
tern pflegen“ oder „das jüngste Kind                                                   die Ressourcen der pflegenden Ange-
bleibt im Haus und kümmert sich um            Nicht ratsam ist die Übernahme           hörigen und sind aus diesem Grund
die Eltern“. Da diese Motive oft auf-      der Pflege eines Angehörigen:               dringend anzuraten. Entsprechend
gezwungen werden und den eigenen                                                       dem Faust-Prinzip, dass wir gemein-
Bedürfnissen der Betroffenen nicht         – beim Vorliegen einer schlechten,         sam stärker sind.
unbedingt entsprechen, schlummert             belasteten Beziehung zum Kranken
hier ein großes Potential für Konflikte    – bei eigenem beeinträchtigten
oder Belastungen.                             Gesundheitszustand
                                                                                       3. Unterstützung holen
                                           – wenn bessere Pflegealternativen             Sind die eigenen Motivationsgrün-
   Viele Menschen verfügen über               vorhanden sind                           de abgeklärt und die nötigen Informa-
sogenannte Helferpersönlichkeiten,         – wenn es größere anderwertige             tionen über die Krankheit weitgehend
sehen sich sozusagen als geborene             Verpflichtungen gibt (z.B. ein eigenes   beisammen, geht es anschließend da-
Helfer und sind jederzeit bereit, unter       behindertes Kind zu versorgen)           rum, sich Unterstützung für das „Un-
stärksten eigenen Aufopferungen an-        – bei mangelndem                           ternehmen“ Demenzpflege zu holen.
deren beizustehen. Oft versteckt sich         Durchsetzungsvermögen.
dahinter der Wunsch, Anerkennung                                                          Die Diagnose Demenz betrifft
zu erfahren, welche allerdings in den                                                  nicht nur den Erkrankten, sondern in
meisten Fällen nie zugestanden wird.
                                           2. Aufnahme von Wissen                      der Regel die gesamte Familie. Ein Fa-
Was die Helfer in ihrem Bestreben              Es gibt meiner Auffassung nach          miliensystem kann man sich wie ein
nur noch weiter voran treibt, stets        kein anderes Krankheitsbild, das die        Mobile vorstellen, wo alle Teile durch
in der Hoffnung, eines Tages den er-       Aufnahme von Wissen so dringend             Schnüre miteinander verbunden
warteten Dank zu bekommen. Dieses          gebietet, wie das der Demenzen. Trotz       sind. Wenn an einer Stelle des Mobile
Motiv findet sich oft in Familien, wo      ihrer großen Verbreitung in der Bevöl-      gezogen wird, dann hat dies Auswir-
zwischen pflegendem Angehörigen            kerung herrschen immer noch unzäh-          kungen auf die anderen Teile. Einfach
und Kranken seit langem ein belas-         lige Vorurteile und Missverständnisse       gesagt: Es „wackelt“ auch an anderen
tetes Verhältnis besteht. Schließlich      vor, die durch eine adäquate Psycho-        Stellen. Das Verhalten des Demenz-
kann der Wunsch nach Machtaus-             edukation vermindert oder gar besei-        Kranken hat spürbare Auswirkungen
übung ein starkes Motiv sein: Wer          tigt werden können.                         auf die anderen Familienangehörigen,

                                                                                         RBS-BULLETIN | #81 | Mai 2017    19
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