MEINUNGS-ÄUSSERUNGS- UND MEDIENFREIHEIT - ETC Graz
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M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 343 ME INUNGS ÄUSSERUNGS- UND MEDIENFREIHEIT BESTANDTEILE DES RECHTS ERLAUBTE UND UNZULÄSSIGE EINSCHRÄNKUNGEN VERBOT DER BEFÜRWORTUNG VON HASS UND GEWALT BEDEUTUNG FÜR DEMOKRATIE UND GESELLSCHAFT MENSCHENRECHTE IN DER INFORMATIONSGESELLSCHAFT „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informatio- nen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ Art. 19, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 1948.
344 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T GESCHICHTEN ZUR ILLUSTRATION Sri Lanka: Dr. Manorani Saravanamuttu war dies wegen einer Meinungsumfrage, deren Er- die Mutter von Richard de Zoysa, einem Jour- gebnisse noch gar nicht gesendet worden wa- nalisten, der 1990 in Sri Lanka entführt und ren, von denen Stošic jedoch annahm, dass sie getötet wurde. Dr. Saravanamuttu ging in die in böswilliger Absicht erfolgte. Die Vereinigung Öffentlichkeit, um die Wahrheit über den Mord der Unabhängigen Elektronischen Medien an ihrem Sohn ans Licht zu bringen. Sie stellte (ANEM) ruft die zuständigen Behörden, ins- den Behörden Informationen zur Verfügung, um besondere das Innenministerium sowie das eine Untersuchung des Verbrechens zu erwirken. Ministerium für Kultur und Information auf, Aber alles, was sie daraufhin erhielt, war ein die Journalisten und den verantwortlichen Re- Brief der Behörden mit dem Inhalt: „Beklagen dakteur von Radio OK zu schützen. Sie den Tod Ihres Sohnes. Als Mutter ist das Ihre Quelle: http://cm.greekhelsinki.gr/index.php? Pflicht. Andere Schritte werden zu Ihrem Tod cid=1161&sec=194 führen, wenn Sie es am wenigsten erwarten. Nur das Schweigen wird Sie schützen.“ Kroatien: Entsprechend einer SEEMO vorlie- Quelle: Jan Bauer. 1996. Only Silence will genden Information vom 6. Dezember 2005 protect You, Women. Freedom of Expression hat der Herausgeber der kroatischen Wochen- and the Language of Human Rights. Montre- zeitung Feral Tribune, Drago Hedl, eine briefli- al: International Centre for Human Rights and che Todesdrohung erhalten. Hedl gab an, dass Democratic Development. der Anlass für die Todesdrohung an ihn und seine Quelle eine Artikelserie über die Folte- Belgrad: Am 6. September 2005 wurde der rungen und Ermordungen von serbischen Zi- für aktuelle Fragen verantwortliche Journalist vilistInnen in Osijek im Jahr 1991 sei, die er von Radio OK, Saša Stojkovic, von zwei Mit- in Feral Tribune veröffentlich hatte. Das war gliedern der serbischen Radikalen Partei im nicht das erste Mal, dass Hedl eine Todesdro- Gemeinderat von Vranje beschimpft und mit hung erhalten hat. physischer Gewaltanwendung bedroht. Darauf Quelle: http://www.seemo.org/content/view folgte, nur Tage später, ein Telefonanruf vom /64/66 Vorsitzenden des Gemeinderates, Nenad Stošic, der Stojkovic mit dem Einsperren bedrohte. All Diskussionsfragen 1. Wer hat in diesen Berichten welche Men- schenrechte verletzt? 2. Welche Gründe könnten Einschränkungen des Rechts auf Meinungs- und Medienfrei- heit rechtfertigen? 3. Was sollte getan werden, um diese Freihei- ten besser zu schützen? 4. Was können Opfer dieser Menschenrechts- verletzungen tun? 5. Welche Verpflichtungen haben verantwor- tungsbewusste JournalistInnen?
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 345 Was man wissen muss 1. Bedeutung in Vergangenheit Im Jänner 1941 verkündete US-Präsident Roo- und Gegenwart sevelt, dass die Freiheit der Rede und der freien Meinungsäußerung eine der vier grundlegen- Das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Mei- den Freiheiten sei, auf denen sich nach dem nungsäußerung beinhaltet auch „die Freiheit, Zweiten Weltkrieg eine neue Welt gründen Meinungen unangefochten anzuhängen sowie sollte. Der Zugang zu Information und die über Medien jeder Art und ohne Rücksicht Möglichkeit des freien Meinungsaustausches auf Grenzen Informationen und Gedanken- ist ein Hauptelement einer offenen und plura- gut zu suchen, zu empfangen und zu verbrei- listischen Gesellschaft. ten“ (Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948). Es ist eines der grundlegenden BürgerInnenrechte und daher Menschliche Sicherheit, Meinungsäu- in allen einschlägigen Menschenrechtsinstru- ßerungs- und Medienfreiheit menten enthalten. Die Wurzeln des Rechts auf Die „Freiheit von Angst“ beinhaltet die freie Meinungsäußerung liegen im Kampf um Freiheit zur Äußerung eigener Meinun- persönliche Freiheiten im 18. und 19. Jahr- gen und die Medienfreiheit. Da das hundert. Zu dieser Zeit wurde das Recht auf Konzept der Menschlichen Sicherheit Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung auch auf dem Recht der/s Einzelnen auf- in der US-amerikanischen und in einigen eu- baut, Informationen jeder Art zu suchen ropäischen Verfassungen festgeschrieben. Der und zu erhalten, selbst wenn diese der britische Philosoph John Stuart Mill sah in der herrschenden Führung kritisch gegen- Pressefreiheit „eines der Bollwerke gegen kor- überstehen, stellen die Einschüchterung rupte und tyrannische Regierungen“ („On Li- von JournalistInnen und die Kontrolle berty.“ 1859.). Die Pressefreiheit ist auch ein der Medien wichtige Bedrohungen der grundlegendes Recht für ein demokratisches Menschlichen Sicherheit dar. Mit dem System, in dem alle, nicht nur die BürgerIn- Vormarsch der neuen Informations- und nen eines Staates, das Menschenrecht haben, Kommunikationstechnologien entstehen zu sagen, was sie denken und die Regierung nicht nur neue Gefahren, sondern auch zu kritisieren. neue Chancen für die Menschliche Si- cherheit. Die neue „Konnektivität“ (Verbindungs- „Mein Herr, ich teile Ihre fähigkeit) kann genauso für Bildung wie für organisierte Verbrechen genutzt wer- Meinung nicht, aber ich würde den. Internationale Kampagnen wie jene mein Leben dafür einsetzen, gegen Landminen und für den Internati- dass sie diese äußern dürfen.“ onalen Strafgerichtshof werden dadurch erleichtert, aber neue Risiken entstehen (Übersetzung) durch die Internetkriminalität. Mit der Voltaire (1694-1778). steigenden Abhängigkeit der Wirtschaft
346 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T spielen: Sie können sowohl Nutznießer als und des Dienstleistungssektors von den auch Verletzer der Meinungsfreiheit sein. Ihre neuen Technologien entstehen neue For- Rolle kann darin liegen, über globale Proble- men der Inklusion und Exklusion, der me zu informieren und die globale Solidarität Teilnahme und der Ausgrenzung. Die in zu stärken. Sie können aber auch zum Pro- Wien angesiedelte Südosteuropäische pagandainstrument des Staates oder besonde- Medienorganisation (SEEMO) beklagte rer wirtschaftlicher oder sonstiger Interessen etwa, dass Telekom Serbien gemietete werden. Laut der UNESCO-Kommission für Internetanschlüsse „beschränkt“, um Kultur und Entwicklung erschweren moderne die Medien und andere dazu zu zwin- Kommunikationstechnologien die Kontrolle gen, von einem privaten Internetanbieter des Informationsflusses sogar, da sie neben zum Internetservice von Telekom Serbi- neuen Chancen auch neue Bedrohungen ge- en zu wechseln. schaffen haben, vor allem, wenn Medien das Ziel von Angriffen oder sogar politischer Kontrolle werden. Als Folge der Kommerzia- Der „CNN-Faktor“ – die Tatsache, dass die Me- lisierung können die Vielfalt und die Quali- dien jeden Konflikt ins Wohnzimmer bringen tät der Programme vermindert werden. Das – hat die Rolle der Medien verändert. Sie sind Hauptinteresse liegt häufig darauf, durch die ein wichtiger Teil der Kriegsführung geworden, Konzentration auf „Sex and Crime“ immer hö- da die Meinung der Öffentlichkeit zunehmend here Einschaltquoten zu erreichen und größe- an Gewicht gewinnt. Info-wars (Informations- re Auflagen zu verkaufen. kriege) und Infotainment (die Verbindung von Information und Entertainment) weisen auf Eine der größten Bedrohungen für den Trend hin, dass Information anderen Inte- die Medienfreiheit in der neueren Zeit liegt ressen untergeordnet wird. Dies trifft insbeson- in Zusammenschlüssen von Medien, die so- dere auch auf wirtschaftliche Interessen zu. wohl regional als auch global existieren. Aus diesem Grund haben viele Länder und auch Alte und neue Herausforderungen die Europäische Union Gesetze gegen Medi- Die Informations-, Meinungsäußerungs- und enzusammenschlüsse erlassen, um die Medi- Medienfreiheit war während des Kalten Krie- envielfalt zu erhalten. ges von besonderer Bedeutung, als Menschen in den sozialistischen Staaten Osteuropas Technische Entwicklungen wie zum Beispiel keinen Zugang zu ausländischen oder unab- die Verbreitung von Satellitenkommunikation hängigen Zeitungen und Zeitschriften hatten. oder Internetzugängen haben neue Bedrohun- Später versuchte die chinesische Regierung gen für die Meinungs-, Informations- und Me- den Gebrauch von Satellitenempfängern zu dienfreiheit mit sich gebracht. Oft versuchen limitieren, um ihre Bürger daran zu hindern, Staaten, den Zugang zu diesen neuen Medien westliche Fernsehprogramme zu nutzen. Auch zu beschränken, weil sie fürchten, dass da- heute beschränken gewisse Länder durch den durch oppositionelle Ansichten oder Inhalte, Einsatz von Filtertechnologien den Internet- die gegen ihre Regierung gerichtet sein könn- zugang, um ihre Bürger davon abzuhalten, ten, verbreitet werden. Das kann zum Beispiel bestimmte Webseiten zu erreichen, die als un- auch für religiöse, moralische oder ethische erwünscht angesehen werden. Vorstellungen gelten. Solche Befürchtungen Die Medien können eine zweifache Rolle sind auch nicht immer unbegründet, denkt
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 347 man zum Beispiel an die Verbreitung von ras- heute von unverzichtbarer Bedeutung ist. sistischer oder fremdenfeindlicher Propaganda Der Weltgipfel über die Informationsgesell- oder auch von Kinderpornographie. Dies wirft schaft zeigte, dass es einen dahinter stehen- die Frage auf, wie das empfindliche Gleich- den Konflikt zwischen einem technologischen gewicht zwischen Meinungsäußerungsfrei- und einem auf Werte bzw. auf die Menschen- heit und Bewahrung der legitimen Interessen rechte bezogenen Ansatz gibt. Die Schluss- eines demokratischen Staates gefunden und dokumente enthalten nur Hinweise auf die geschützt werden kann. Da das Internet von Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Natur aus keine (Staats-)Grenzen kennt, liegen Die NGOs steuerten jedoch eine „Erklärung die Antworten in diesem Bereich hauptsäch- über Menschenrechte, menschliche Würde lich auf internationaler Ebene. Der Europarat und die Informationsgesellschaft“ bei (siehe hat in seiner Konvention gegen Internetkrimi- http://www.pdhre.org/wsis/statement.doc). nalität von 2001 auch Kinderpornographie als In dem seit 2006 jährlich tagenden Internet Straftatbestand erfasst und versucht, die Rolle Governance Forum sind die Menschenrech- des nationalen Strafrechtes und die interna- te ein wichtiges Querschnittsthema. So wird tionale Zusammenarbeit bei der Verfolgung z.B. in dynamischen Koalitionen – etwa jener solcher Verbrechen zu stärken. Ein Zusatz- zu Internet Rights – an menschenrechtlichen protokoll zur Bekämpfung von rassistischen Richtlinien für das Internet gearbeitet. und fremdenfeindlichen Inhalten im Internet wurde 2003 angenommen. Die Konvention ist 2004 in Kraft getreten. Sie ist auch für Nicht- 2. Inhalte und Bedrohungen mitglieder des Europarates offen und hatte am 1. Juli 2008 21 Vertragsparteien, während das Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Zusatzprotokoll 11 Ratifikationen aufwies. Rahmenrecht, das mehrere Elemente, wie zum Beispiel die Informationsfreiheit oder die Pres- Das zweiteilige Weltgipfeltreffen der Verein- se- und Medienfreiheit enthält. Es fußt auf der ten Nationen zur Informationsgesellschaft in Meinungsfreiheit und ist eng mit ihr verbunden. Genf 2003 und in Tunis 2005 beschäftigte sich Seine Reichweite geht vom Recht der/s Einzel- ebenfalls mit verschiedenen menschenrechtli- nen, die eigene Meinung zu vertreten, bis zur chen Aspekten des Zeitalters der Kommuni- institutionellen Freiheit der Medien. Die Mei- kation, das man auch das „digitale Zeitalter“ nungsfreiheit ist ein absolutes Menschenrecht, nennt. Ein wesentlicher Aspekt der Meinungs- das nicht eingeschränkt werden darf, während äußerungsfreiheit ist das Problem des Zugangs das Recht auf freie Meinungsäußerung ein po- zur Informationsinfrastruktur, zu Telekommu- litisches Recht ist, das unter festgelegten Um- nikation und Internet ( Was man wissen ständen beschränkt werden kann. sollte). Mit Hilfe eines Aktionsplanes soll die Wissenskluft zwischen Menschen, die Zugang Die Meinungsäußerungsfreiheit hat zwei zu den neuen Medien haben, und solchen, Komponenten: Einerseits die Freiheit, seine die darüber nicht verfügen, der sogenannte Meinung auszudrücken, also Ansichten und „digitale Graben“ (digital divide) geschlossen Ideen jeder Art zu verbreiten, und anderer- werden. Ein fehlender Zugang bedeutet eine seits das Recht, Information zu suchen und zu Einschränkung der Meinungsäußerungsfrei- erhalten. Beide Ausformungen dieses Rechtes heit, da das Internet für den Erhalt und die müssen auf jede Art – also durch das gespro- Verbreitung von Informationen und Ideen chene Wort, in Schrift oder Druckwerken,
348 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T durch Kunst oder jedes andere Medium inklu- die aus jeder Form von wissenschaftlichem, sive der neuen Technologien – ausgeübt wer- literarischem oder künstlerischem Schaffen den können. Staatsgrenzen dürfen kein Grund resultieren, Nutzen zu ziehen, z.B. Copy- dafür sein, dass dieses Recht beschränkt wird. right. (Art. 15 (2), Sozialpakt); Die Meinungsäußerungsfreiheit ist ein wich- • in Bezug auf das Recht auf Bildung (Art. tiger Bestandteil eines „Rechtes auf Kommu- 13, Sozialpakt) ergeben sich aus dem Recht nikation“. Eine Deklaration über ein solches auf freie Meinungsäußerung die akademi- Recht, die auf privater Basis ausgearbeitet schen Freiheiten und die Autonomie der wurde, hat keine Unterstützung durch die höheren Bildungseinrichtungen, diese Frei- Staaten gefunden. heiten zu schützen. Eine bedeutende Qualifizierung des Rechts Hauptelemente des Rechts der auf freie Meinungsäußerung findet sich in Art. freien Meinungsäußerung: 20, IPBPR, der Kriegspropaganda und jede • das Recht, Meinungen ungehindert Aufstachelung zu nationalem, rassistischem anzuhängen (Meinungsfreiheit); oder religiösem Hass, die zu Diskriminierung, • die Freiheit, Gedankengut zu suchen, Feindseligkeit oder Gewalt aufruft, verbietet. zu empfangen und zu verbreiten (Re- Jeder Staat hat die Verpflichtung, diese Verbo- defreiheit, Informationsfreiheit); te durch nationale Gesetze durchzusetzen. • mündlich, geschrieben, gedruckt oder Nicht-Diskriminierung in Form von Kunst; • durch alle Arten von Medien (Medi- Verstöße gegen dieses Recht, enfreiheit); Bedrohungen und Risiken • ohne Rücksicht auf Grenzen (Freiheit Die jährlichen Berichte von Amnesty Internati- der internationalen Kommunikation). onal und Human Rights Watch zeigen deutlich, dass in der Praxis vieler Länder der Bruch des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und der Quellen: Art. 19, AEMR; Art. 19, Internatio- Medienfreiheit an der Tagesordnung steht. Laut naler Pakt über wirtschaftliche, soziale und Reporters without Borders (Reporter ohne Gren- kulturelle Rechte (IPWSKR; Sozialpakt); Art. zen) wurden im Jahr 2007 86 JournalistInnen 10, EMRK; Art. IV, Amerikanische Deklaration während der Ausübung ihres Berufes getötet, über die Rechte und Pflichten des Menschen; 878 festgenommen und mehr als 500 Medien Art. 13, Amerikanische Menschenrechts- zensiert oder verboten. Die Zahl der Getöte- konvention; Art. 9, Afrikanische Charta der ten entspricht einem Anstieg von 244% in den Rechte des Menschen und der Völker. letzten fünf Jahren. Die Organisation schlug daher vor, besondere Rechtsinstrumente wie Manche Elemente des Rechtes auf freie Mei- zum Beispiel eine Charta für die Sicherheit von nungsäußerung sind mit anderen Menschen- JournalistInnen im Einsatz in Kriegsgebieten rechten verbunden: oder gefährlichen Gegenden (Charter for the • das Recht auf Gedanken-, Gewissens- Safety of Journalists Working in War Zones or und Religionsfreiheit (Art. 18, AEMR); Dangerous Areas) zu schaffen. Religionsfreiheit Der „Kampf gegen den Terrorismus“, der seit • das Recht des Autors auf Genuss seiner dem 11. September 2001 geführt wird, hat moralischen und materiellen Interessen, neue Bedrohungen der Informationsfreiheit
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 349 durch verschiedene Regierungen mit sich der Meinungsäußerung zur Verletzung ande- gebracht. Der „Internationale P.E.N.“, die rer Menschenrechte führen können, wie etwa internationale Vereinigung der AutorInnen, des Rechts auf Privatleben. Beschränkungen hat zum Beispiel eine diesbezügliche Über- müssen jedoch durch die Regierungen mit le- prüfung des US-amerikanischen Patriot Act gitimen Gründen gerechtfertigt werden, die gefordert. Allerdings kann das Recht auf freie durch die öffentliche Meinung und, als letztes Meinungsäußerung auch dazu missbraucht Mittel, durch gerichtliche Institutionen über- werden, Hass und Konflikte zu schüren, wie prüft werden können. es die Publikation der International Helsinki Laut Art. 29 der Allgemeinen Erklärung der Federation über Hassreden am Balkan (Hate Menschenrechte kann die Ausübung der Speech in the Balkans) dokumentiert hat. Rechte und Freiheiten jeder/s Einzelnen durch Gesetze beschränkt werden, um „die Weiters besteht die Gefahr der Zensur, sei es Anerkennung und Achtung der Rechte und in Form staatlicher Kontrolle oder durch wirt- Freiheiten anderer zu sichern“. Art. 19 (3), schaftliche oder andere Zwänge. Das kann Zivilpakt stellt zusätzlich fest, dass die ge- bedeuten, dass Artikel nur mit Einverständ- nannten Rechte auch spezielle Pflichten und nis einer Behörde erscheinen dürfen, wie es Verantwortlichkeiten mit sich bringen. Das in den meisten sozialistischen Staaten Ost- zeigt, dass das Recht auf freie Meinungsäu- europas vor dem Ende des Kalten Krieges ßerung und Medienfreiheit ein sehr sensibler 1989 gang und gäbe war. Es kann aber auch Bereich ist, in dem mit der nötigen Sorgfalt bedeuten, dass wirtschaftliche Interessen die vorgegangen werden muss. Die Pflichten und Veröffentlichung bestimmter Meinungen ver- Verantwortlichkeiten sind im Pakt nicht ge- hindern, wenn zum Beispiel die Waffenin- nauer beschrieben, allerdings können sie in dustrie das Erscheinen von kriegskritischen den speziellen Verhaltenskodizes oder in na- Artikeln verhindert. tionalen Gesetzen gefunden werden. Sie dür- fen aber in keinem Fall den Inhalt des Rechtes Zu diesen Phänomenen zählt auch die Selbst- beschränken. Typischerweise beziehen sich zensur, wenn politische oder persönliche solche Pflichten zum Beispiel auf die Aufgabe, Interessen von JournalistInnen oder Chefre- objektiv zu informieren, also nach der Wahr- dakteurInnen ausschlaggebend sind. Auch die heit zu suchen oder zumindest verschiedenen Entscheidung darüber, welche Themen „druck- Meinungen Raum zu geben. reif“ sind, kann unangenehme Informationen, Minderheitenansichten oder alles, „was sich Manche Verpflichtungen decken sich auch mit nicht gut genug verkauft“, ausschließen. Ver- Gründen für die Einschränkung der freien haltenskodizes oder Richtlinien guter Praxis Meinungsäußerung, während die Meinungs- können hier Orientierung geben. Der Sinn der freiheit an sich nie in legitimer Weise be- Medienvielfalt ist es jedenfalls, sicherzustel- schränkt werden kann. len, dass verschiedene Ansichten gelesen, ge- hört und gesehen werden können. Gemäß Art. 19 (3), Zivilpakt sind drei Arten von Beschränkungen zulässig, wenn sie not- Legitime Einschränkungen wendig sind und auf gesetzlicher Grundlage dieses Rechtes beruhen: Es kann keine Freiheit ohne Verantwortlich- • zum Schutz der Rechte und des guten Ru- keit geben, da unbeschränkte Freiheiten etwa fes anderer;
350 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T • zum Schutz der nationalen Sicherheit und • in einer demokratischen Gesellschaft un- öffentlichen Ordnung; entbehrlich sein. • zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Moral. „Vom Gesetz vorgeschrieben“ bedeutet, dass ein parlamentarischer Beschluss und nicht Im Einklang mit den rechtlichen Auslegungs- nur ein Akt der Regierung erforderlich ist. regeln sind Eingriffe in Rechte restriktiv zu Besonders wichtig ist aber die Qualifikation interpretieren. Das hauptsächliche Recht soll „in einer demokratischen Gesellschaft unent- nicht ausgehöhlt werden und der Eingriff behrlich“. Sie verbindet die Meinungs- und nicht größer sein als notwendig, um die Rech- Pressefreiheit mit dem Konzept einer offenen te anderer und die grundlegenden öffentlichen pluralistischen Gesellschaft, die auf demo- Rechtsgüter zu schützen. kratischen Grundlagen beruht. Wie der Fall Lingens zeigt, ist der Europäische Gerichtshof Art. 10 der EMRK enthält eine noch längere Lis- für Menschenrechte in dieser Hinsicht sehr te von möglichen Einschränkungen, die aber streng. Im Jahr 1986 fand der EGMR, dass auch präziser ist. Die Ausübung des Rechtes PolitikerInnen trotz des legitimen Bedürfnis- auf freie Meinungsäußerung kann nach Art. 10 ses, ihren guten Ruf zu schützen, einen hö- „bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Form- heren Grad an Kritik akzeptieren müssen als vorschriften, Bedingungen, Einschränkungen normaler StaatsbürgerInnen. Daher müssen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie die Rechtsvorschriften über Verleumdung sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer hinsichtlich der Verfolgung von JournalistIn- demokratischen Gesellschaft (...) unentbehr- nen, die AmtsträgerInnen kritisieren, gegen lich sind“. Solche Einschränkungen können die Pressefreiheit abgewogen werden. Dabei durch folgende Begründungen gerechtfertigt ist immer das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu werden: berücksichtigen. • das Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffent- In Art. 4 der Internationalen Konvention ge- lichen Sicherheit; gen Rassendiskriminierung von 1995 haben • Gründe der Aufrechterhaltung der Ordnung sich die Vertragsparteien dazu verpflichtet, und der Verbrechensverhütung, des Schut- die Verbreitung rassistischen Gedankengutes zes der Gesundheit und der Moral; strafbar zu machen. Weiters haben Staaten • der Schutz des guten Rufes oder der Rechte alle Organisationen und Propagandaaktivitä- anderer; ten als unrechtmäßig zu erklären und zu ver- • um die Verbreitung von vertraulichen Nach- bieten, die rassische Diskriminierung fördern richten zu verhindern; oder dazu aufstacheln. • um das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten. Im April 2007 verabschiedeten die Justizmi- nisterInnen der Europäischen Union einen Kein anderes Menschenrecht hat eine so lange Rahmenbeschluss, der die Leugnung des Ho- Liste von Gründen, die einen Eingriff rechtfer- locaust, die Glorifizierung des Terrorismus tigen. Zwei wichtige Grundvoraussetzungen und die Aufstachelung zu religiösem, ethni- müssen aber in jedem Fall gegeben sein: Jede schen und „Rassen“hass in der ganzen EU Ausnahme muss strafbar machen soll. • vom Gesetz vorgeschrieben und Nicht-Diskriminierung
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 3 51 3. Durchführung und Überwachung 110 Vertragsparteien), kann das Komitee auch Individualbeschwerden entgegennehmen. Es gibt eine große Vielfalt an Instrumenten und Verfahren zur Implementierung des Men- Regionale Monitoringmechanismen wie das schenrechtes auf freie Meinungsäußerung Inter-Amerikanische und das afrikanische und seiner Teilrechte. Als erstes muss die Ver- Menschenrechtssystem enthalten die Möglich- pflichtung der Staaten, die Freiheiten in ihre keit von Individualbeschwerden an Kommissi- innerstaatlichen Gesetze aufzunehmen und onen, die Erklärungen und Empfehlungen zur Rechtsmittel gegen behauptete Überschrei- Verbesserung der Lage der Menschenrechte tungen dieser Bestimmungen zur Verfügung abgeben. Im Interamerikanischen, europäi- zu stellen, genannt werden. Das Recht auf schen und afrikanischen System gibt es einen freie Meinungsäußerung ist in den meis- Gerichtshof, der rechtsverbindliche Beschlüs- ten Verfassungen als Teil des Kataloges von se fassen und auch Schadenersatz gewähren Grundrechten und Grundfreiheiten enthalten. kann. Zusätzlich dazu gibt es im Europarat Mindeststandards ergeben sich aus globalen, ein Überwachungsverfahren des MinisterIn- und, wo vorhanden, regionalen internationa- nenkomitees, das unter anderem auch die len Verpflichtungen. Meinungsäußerungs- und Informationsfrei- Die verschiedenen Medien- und Kommuni- heit in den Mitgliedsstaaten kontrolliert. Alle kationsgesetze spezifizieren das Recht und diese Verfahren sehen auch Beschwerden von seine Beschränkungen in der Praxis in Ein- Staaten gegen andere Staaten vor, die in der klang mit internationalen Verpflichtungen und Praxis jedoch sehr selten sind. dem nationalen Verfassungsrecht. Vielfach sind auch nationale Überwachungseinrich- Neben den in den Verträgen vorgese- tungen vorgesehen – zum Beispiel Presseräte henen Verfahren gibt es noch solche, die auf oder Medienkommissionen –, um die Medien der Charta der Vereinten Nationen beruhen, zu regulieren. Sie bestehen zumeist aus Exper- wie zum Beispiel die/den Sonderberichter- tInnen und/oder VertreterInnen der Regierung statterIn zur Förderung und zum Schutz der und der Zivilgesellschaft. Um den Mediensek- Freiheit der Meinung und der Meinungsäu- tor zu regulieren, Qualitätsstandards zu si- ßerung, die/der dem Menschenrechtsrat der chern und den Wettbewerb anzuregen, kann Vereinten Nationen Bericht erstattet und da- der Staat aufgrund eines nicht-diskriminieren- mit jährlich in Form von Beobachtungen und den Auswahlverfahrens Lizenzen erteilen. Verbesserungsvorschlägen über die Lage der Die Erfüllung der Verpflichtungen durch den Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit in Staat wird von mehreren Kontroll- oder Über- der ganzen Welt informiert. wachungsmechanismen überprüft. Nach dem Seit 1997 gibt es für die 57 Mitglieder der Or- Zivilpakt sind Staaten verpflichtet, regelmäßig ganisation für Sicherheit und Zusammenar- (alle fünf Jahre) Berichte über die Implemen- beit in Europa (OSZE) eine/n VertreterIn für tierung ihrer Verpflichtungen zu übermitteln, die Freiheit der Medien. Ihre/Seine Aufgabe die dann vom Menschenrechtsausschuss ist es, die Entwicklungen auf dem Mediensek- begutachtet werden. Dieses Komitee hat in tor in den Mitgliedsstaaten zu verfolgen, um seinem Allgemeinem Kommentar Nr. 10 von freie, unabhängige und pluralistische Medi- 1983 den Artikel 19 interpretiert. Wenn der be- en zu fördern, die für eine freie und offene troffene Staat das Erste Zusatzprotokoll zum Gesellschaft und ein verantwortliches Regie- IPBPR von 1966 ratifiziert hat (1. Juli 2008: rungssystem von entscheidender Bedeutung
352 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T sind. Die Standards hierfür kommen einerseits NGOs um die Verhütung von Verletzungen aus zwischenstaatlichen Verpflichtungen, an- der Meinungsäußerungsfreiheit, etwa durch dererseits von der OSZE selbst. Sie wurden in übertriebene Gesetze gegen Verleumdung, einer Reihe von Konferenzen seit der Helsinki- und Praktiken, die dazu dienen können, kri- Schlussakte (1975) ausgearbeitet. tische JournalistInnen zum Schweigen zu bringen. Sie wachen auch über die Einhaltung Die Rolle von Berufsvereinigungen der Ethikkodizes von Berufsvereinigungen im und anderen NGOs Medienbereich. Berufsvereinigungen wie die Internationale Föderation der JournalistInnen, das Interna- tionale Presseinstitut (IPI), der internationale 4. Interkulturelle Perspektiven P.E.N. Club oder die International Publishers’ und strittige Themen Association (IPA) verfügen über ausführli- che Informationen zur Lage der Medienfrei- Kulturelle Unterschiede führen häufig dazu, heit in verschiedenen Staaten oder Regionen dass das Recht in verschiedenen Regionen un- der Welt und unterstützen ihre Mitglieder im terschiedlich interpretiert und implementiert Kampf gegen Beschränkungen. Sie lenken die wird. Im Vergleich zu den USA vertreten Eu- Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Situa- ropa und andere Staaten einen unterschiedli- tionen, in denen diese Grundfreiheiten miss- chen Standpunkt bezüglich Hassreden, die achtet werden, prangern Beschränkungen an, sich gegen die Würde einer Gruppe richten. betreiben Kampagnen oder starten dringliche Europa toleriert nicht die Verbreitung von na- Aufrufe. Sie verfassen Berichte über Probleme tionalistischem, rassistischem oder religiösem wie die Konzentration der Medien, Korruption, Hass, Antisemitismus, nationalsozialistischem die Geheimhaltungspraxis von Staaten und Gedankengut, der Behauptung, den Holocaust Transparenz, etwa im Hinblick auf Gesetze habe es nie gegeben, oder anderer rechtsex- über den Zugang zu öffentlichen Informatio- tremer Parolen. In den USA deckt die freie nen. Sie werden dabei von Nichtregierungsor- Meinungsäußerung, wie sie im Ersten Verfas- ganisationen (NGOs) wie zum Beispiel Article sungszusatzartikel festgelegt ist, solche Äuße- 19 oder Reporter ohne Grenzen ( Zusätz- rungen zumindest zum Teil. So wurde zum liche Materialien) unterstützt, die sich darauf Beispiel die Verurteilung des britischen Autors spezialisiert haben, die Presse- und Medien- David Irving in Österreich zu drei Jahren Ge- freiheit zu schützen. Auch Menschenrechtsor- fängnis für die Leugnung des Holocaust im ganisationen wie Amnesty International oder Jahr 2006 selbst durch jüdische Kommentato- der International Council on Human Rights ren in den USA als Verletzung ihres Verständ- Policy helfen hier mit. Die NGOs arbeiten mit nisses der Freiheit der Meinungsäußerung zwischenstaatlichen Organisationen wie zum kritisiert, da diese auch die „Freiheit für Ge- Beispiel der/dem UNO-Sonderberichterstatte- danken, die wir hassen“ umfassen sollte, wie rIn für Meinungsäußerungsfreiheit oder der/ der Kolumnist Jeff Jacoby schrieb (The Bos- dem OSZE-VertreterIn für die Freiheit der Me- ton Globe, 3. März 2006). dien zusammen. Dass die Unterschiede auf diesem Gebiet oft Auf staatlicher Ebene bemühen sich nationale sehr subtil sind, wird am Fall Jersild gegen Dä- Aufsichtsgremien wie unabhängige Medien- nemark, den der Europäische Gerichtshof für kommissionen oder Berufsvereinigungen und Menschenrechte 1994 entschieden hat, deut-
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 353 lich. Der Gerichtshof befand, dass die Bestra- kung der Freiheit der Meinungsäußerung und fung eines Journalisten, der ein Interview mit der Medien im Hinblick auf die Verletzung jungen Rassisten, die rassistische Kommentare religiöser Gefühle als Bestandteil der Religi- abgaben, veröffentlicht hatte, ein Verstoß ge- onsfreiheit, die heute nicht nur auf nationaler gen die Informationsfreiheit des Art. 10 EMRK Ebene von Bedeutung ist, sondern eine globa- gewesen sei. Die Jugendlichen, die diese Aus- le Dimension erreicht hat. sagen gemacht hatten, waren hingegen durch Art. 10 nicht geschützt. In asiatischen Ländern wurde lange versucht, strenge Eingriffe in die Freiheit der Meinungs- Der EGMR lässt aufgrund seiner „Doktrin des äußerung und die Medienfreiheit dadurch zu (nationalen) Ermessensspielraumes“ auch rechtfertigen, dass die Stabilität des Staates Unterschiede zwischen den europäischen durch „unverantwortliche Berichterstattung“ Mitgliedsstaaten zu. Das ist vor allem für den in der Presse, die politische Konflikte entfa- Schutz der Moral bezüglich als pornografisch chen könnte, gefährdet sei. Allerdings befand empfundener Inhalte relevant. Die nähere ein ASEM-Seminar im Jahr 2000, das sich mit Bestimmung von Fragen der Sittlichkeit, des diesem Thema im Rahmen des Euro-Asiati- Schutzes Minderjähriger oder der Schädlich- schen Dialogs beschäftigte, dass Regierungen keit anderer Inhalte wird dem jeweiligen Staat dazu neigten, überzureagieren und die Medi- überlassen, der wiederum oft unabhängige In- enfreiheit mehr einzuschränken, als dies nötig stitutionen einrichtet, um die Medien in dieser sei. Gemeinsame Probleme wie die Medien- Hinsicht zu leiten. konzentration oder ein Mangel an Unabhän- gigkeit von JournalistInnen seien von größerer Unterschiedliche Standards gibt es auch be- Bedeutung als regionale Unterschiede. züglich der öffentlichen Kritik an PolitikerIn- nen oder religiösen Institutionen. Was für die Im Streitfall liegt es jedenfalls an der Justiz, einen noch künstlerische Freiheit ist, kann die Grenze zwischen der Meinungsäußerungs- für andere schon Blasphemie sein. Daher ist und der Medienfreiheit und den zulässigen die Presse- und Medienfreiheit ein sehr sen- Einschränkungen zum Schutz der Stabilität sibles Recht, das sich an bestimmte Grenzen eines demokratischen Staates oder der mora- halten, gleichzeitig aber auch vor Versuchen lischen Integrität einer Person, die in den Me- des Staates und einflussreicher Persönlich- dien ungerechtfertigten Angriffen ausgesetzt keiten, ihre KritikerInnen zum Schweigen zu war, zu ziehen. Beispielsweise veröffentlichte bringen, geschützt werden muss. eine Zeitung in Banja Luka in Bosnien und Herzegowina wenige Jahre nach dem Krieg Die Karikaturen des Propheten Mohammed, Listen von Personen, die angeblich Kriegs- die zuerst durch eine dänische Zeitung im verbrechen begangen hatten. Dies wurde zu Jahr 2005 veröffentlicht und in der Folge in Recht verboten, weil die Gefahr bestand, dass mehreren westlichen Ländern nachgedruckt diese Personen, die (noch) nicht offiziell an- wurden, haben in einer Reihe islamischer geklagt waren, Opfer der persönlichen Rache Länder gewalttätige Reaktionen sowie einen anderer werden könnten. Boykott dänischer Produkte ausgelöst. Die Im Fall Constitutional Rights Project, Civil dänische Regierung war gezwungen, sich zu Liberties Organisation und Media Rights entschuldigen. Dieses Vorkommnis führte zu Agenda gegen Nigeria beschäftigte sich die Af- einer weltweiten Debatte über die Beschrän- rikanische Kommission für die Rechte des
354 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T Menschen und der Völker mit dem durch einen Verwaltungserlass der nigerianischen Militärregierung gegen die Opposition gerich- „Journalisten sind die Hüter teten Verbot von Zeitungen. Die Kommission der Demokratie.“ befand: Maud de Boer-Buquicchio, „Solche Erlässe stellen eine ernste Gefahr für stv. Generalsekretärin des Europarates. 2002. das Recht der Öffentlichkeit dar, Informationen zu erhalten, die nicht dem entsprechen, was die Regierung die Öffentlichkeit wissen lassen möchte. Das Recht auf Information ist wichtig: Öffentlichkeit das Recht auf Information. Die- Art. 9 (der Afrikanischen Charta für die Rechte se Vorgangsweise ist ein klarer Verstoß gegen des Menschen und der Völker) scheint keine Art. 9 der Charta.“ (Übersetzung) Einschränkung zuzulassen, unabhängig da- Quelle: siehe oben, Abs. 65. von, was der Inhalt der Information oder der Meinungen, oder wie die politische Situation Die Erklärung von Marrakesch, die von der des betreffenden Staates ist. Daher stellt die Konferenz über „Die Rolle und der Platz der Kommission fest, dass das Verbot der Zeitun- Medien in der Informationsgesellschaft in Afri- gen einen Verstoß gegen Art. 9 (1) darstellt.“ ka und der arabischen Region“ am 24. Novem- (Übersetzung) ber 2004 angenommen wurde, bekräftigte: Quelle: Afrikanische Kommission für die „(Die) Freiheit der Meinungsäußerung und der Rechte des Menschen und der Völker. 2000. Presse liegen im Zentrum der Konstruktion der 13. Tätigkeitsbericht (Thirteenth Activity Report Informationsgesellschaft in Afrika, der arabi- of the African Commission on Human and Peop- schen Region und der ganzen Welt.“ les’ Rights, 1999-2000), Anhang V, Abs. 38. Quelle: Soul Beat Africa – Communication for Change. https://www.comminit.com/en/ node/215350/print „Information ist der Sauerstoff Die NGO Arab Press Freedom Watch wurde zu der Demokratie.“ dem Zweck eingerichtet, in enger Zusammen- arbeit mit der Arabischen Journalistenunion Article 19 – Globale Kampagne für freie Meinungsäußerung. die Pressefreiheit und Menschenrechte in ara- bischen Ländern aktiv zu verteidigen und die Demokratie zu fördern. In Bezug auf das Vorgehen gegen JournalistIn- nen nach einem Putsch in Gambia urteilte die Afrikanische Kommission: „Die Einschüchterung und Gefangennahme oder Festhaltung von JournalistInnen wegen der von ihnen veröffentlichten Artikel und der Fragen, die sie stellten, hindert nicht nur die Journalisten selbst an der Ausübung ih- res Rechtes, ihre Meinung frei zu sagen und zu verbreiten, sondern entzieht auch der
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 355 5. Zeittafel 1948 Allgemeine Erklärung der Men- 1997 OSZE-VertreterIn für die Freiheit schenrechte, Art. 19 der Medien 1966 Internationaler Pakt über bürgerli- 1999 Resolution der Menschen- che und politische Rechte, Art. 19 rechtskommission über die 1978 Deklaration über die Grundprinzi- Meinungsfreiheit und freie Mei- pien für den Beitrag der Massen- nungsäußerung (1999/36) medien zur Stärkung des Friedens 2003 Weltinformationsgipfel (1. Teil), und der internationalen Verstän- Genf: Prinzipiendeklaration und digung, zur Förderung der Men- Aktionsplan schenrechte, zur Bekämpfung von 2005 Weltinformationsgipfel (2. Teil), Rassismus, Apartheid und Kriegs- Tunis: Verpflichtung von Tunis hetze der UNESCO (kurz: Medien- und Tunis Agenda für die Infor- deklaration) mationsgesellschaft 1983 Allgemeiner Kommentar des 2006 Erstes Internet Governance Forum UNO-Menschenrechtsausschusses in Athen zu Artikel 19 des Paktes über bür- 2007 Zweites Internet Governance gerliche und politische Rechte Forum in Rio de Janeiro 1993 UNO-SonderberichterstatterIn für 2008 Drittes Internet Governance Meinungsfreiheit und freie Mei- Forum in Hyderabad (Indien) nungsäußerung Was man wissen sollte 1. Die Rolle der freien Medien in einer Der Freiheitsgrad einer Gesellschaft kann demokratischen Gesellschaft leicht anhand der Freiheit der Presse und der Medien bestimmt werden. Der erste Schritt Medienvielfalt ist ein unverzichtbares Element autoritärer Regierungen oder Diktaturen ist es einer pluralistischen Demokratie. Die Bedeu- normalerweise, die freie Meinungsäußerung tung der Rolle der Medien als sogenannte und die Medienfreiheit einzuschränken oder „vierte Macht“ neben der Legislative, der Exe- gar abzuschaffen. Für den Wiederaufbau und kutive und der Justiz erfordert auch gründliche die Wiederherstellung demokratischer Gesell- Sorgfalt und Verantwortung von JournalistIn- schaften nach Kriegen oder Konflikten ist eine nen und MedieninhaberInnen, um nicht die pluralistische Medienlandschaft, die auf den Menschenrechte anderer in der Ausübung ihrer Grundwerten der Achtung und der Toleranz Freiheit zu verletzen. Demokratie anderen Meinungen gegenüber basiert und
356 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T sich der Anstiftung zu Hass und Gewalt ent- Standards existieren im Rahmen der OSZE. hält, von höchster Bedeutung. Die Situation ist jedoch weitaus problemati- Dies erfordert einen angemessenen rechtli- scher, wenn es die sogenannten „neuen Min- chen Rahmen, der die Unabhängigkeit der öf- derheiten“, die aus der Migrationsbewegung fentlichen Medien und den Pluralismus unter stammen, betrifft. Im Gegensatz zu den „au- den privaten Medien sicherstellt und die Ak- thochtonen“ oder „alten“ Minderheiten haben tivitäten der Medien bezüglich der Standards diese normalerweise kein gesetzlich garantier- der Objektivität, der Fairness und des Anstan- tes Recht auf Zugang zu den Medien. Dies ist des kontrolliert. besonders Besorgnis erregend, wenn man die fremdenfeindliche Art, in der sie manchmal in den Massenmedien dargestellt werden, be- 2. Medien und Minderheiten trachtet und weiters berücksichtigt, dass ihre Möglichkeiten zur Meinungsäußerung be- Minderheiten haben oft Probleme beim Zugang grenzt sind. zu den Medien und bei deren Verfügbarkeit in ihrer eigenen Sprache. In Europa gibt es spe- Die Europäische Charta der Regional- und zielle Standards, wie zum Beispiel Art. 9 des Minderheitensprachen des Europarates aus Rahmenübereinkommens zum Schutz natio- dem Jahr 1992 verpflichtet die Vertragsstaa- naler Minderheiten des Europarates von 1995. ten in Art. 11 dazu, angemessene Regelun- Dementsprechend haben Personen, die einer gen zu treffen, damit die Rundfunkanstalten nationalen Minderheit angehören, das gleiche Programme in den Regional- oder Minderhei- Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungs- tensprachen anbieten können. Auch soll der äußerung. Ihre Freiheit, Information oder Ide- Aufbau zumindest einer Radiostation und ei- en in der Minderheitensprache zu suchen, zu nes Fernsehkanals in den Regional- oder Min- empfangen oder zu verbreiten, muss von den derheitensprachen sichergestellt, gefördert Behörden respektiert werden. Regierungen und/oder erleichtert werden. müssen sicherstellen, dass Minderheitenange- hörige nicht in ihrem Zugang zu den Medien benachteiligt werden. Dieser sollte vielmehr er- 3. Freiheit der Medien und leichtert werden. Sie dürfen nicht am Aufbau wirtschaftliche Entwicklung eigener Printmedien, und innerhalb der gesetz- lichen Vorschriften, auch nicht am Aufbau elek- Die Freiheit der Medien und die wirtschaftli- tronischer Medien gehindert werden. Weitere che Entwicklung sind ebenso vernetzt wie die „Die Medien haben in der Demokratie eine zentrale Rolle, die Gesellschaft zu informieren und die Durchführung öffentlicher Aufgaben ohne Furcht vor Bestrafung, vor Klage oder vor Unterdrückung, zu überprüfen.“ (Übersetzung) Kevin Boyle. Mitbegründer von Article 19. Restrictions on the Freedom of Expression. 2000.
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 357 Eintretens für nationalen, rassischen oder re- ligiösen Hass, durch den zu Diskriminierung, „Es gab niemals eine dauer- Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird“ hafte Hungersnot in einem verlangt. Ein Teil der Verantwortung für den Krieg im ehemaligen Jugoslawien kam den Staat mit einer demokrati- Medien zu, da sie den Krieg durch die Anstif- schen Regierung und einer tung zu Hass und zu ethnischen Säuberungen relativ freien Presse.“ propagiert hatten. Amartya Sen, Wirtschaftsnobelpreisträger. Ebenso wurde nachgewiesen, dass die Sen- dungen der Radiostation Radio Mille Collines eine maßgebliche Rolle für den Ausbruch der Gewalt in Ruanda im Jahr 1994 gespielt hat- Freiheit von Not und die Freiheit von Furcht. ten, bei der mehr als 1 Million Menschen getö- Die Interdependenz und die Unteilbarkeit aller tet wurden. „Tötet dieses Inyenzi (Ungeziefer) Menschenrechte, die einen ganzheitlichen Zu- nicht durch Kugeln – zerhackt sie mit Mache- gang zu den Menschenrechten erfordern, kön- ten“ war eines der gesendeten Statements, nen auch in der Bedeutung der Freiheit der welche die Hutus dazu aufriefen, Tutsis und Meinungsäußerung und der Freiheit der Me- Hutus, die mit den Tutsis sympathisierten, ab- dien für die wirtschaftliche Entwicklung, die zuschlachten. Die Radiostation war 1993 von Verringerung von Armut und in der Befriedi- Mitgliedern der Familie des Hutu-Präsidenten gung der grundlegenden wirtschaftlichen und Habyarimana gegründet worden, dessen Tod sozialen Rechte der Menschen gesehen wer- einer der Auslöser des Völkermordes war. Die den. Ohne die Berichterstattung in den Medi- Verantwortlichkeit des Radios wurde durch das en würden Missstände im Zugang zu oder in Internationale Tribunal für Ruanda, der seinen der Verteilung von Ressourcen sowie Korrup- Sitz in Arusha (Tansania) hat, festgestellt. tion unbeachtet bleiben. 5. Good Practices 4. Kriegspropaganda und Befürwortung von Hass • Die UNESCO hat einen Tag der Pressefrei- heit eingeführt, der jährlich am 3. Mai be- Nach Art. 20 (1) IPBPR ist jede Kriegspropa- gangen wird, sowie einen weltweiten Preis ganda gesetzlich zu verbieten, während Art. für Pressefreiheit geschaffen. 20 (2) auch ein gesetzliches Verbot „jedes • Das Crimes of War Project vereinigt Jour- „Wird ein Krieg verkündet, „Worte töten zuerst, so ist die Wahrheit das erste Opfer.“ Kugeln erst später.“ Arthur Ponsonby, Adam Michnik, polnischer Schriftsteller. britischer Politiker (1871-1946). 1928.
358 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T nalistInnen, AnwältInnen und Akademi- kerInnen, um das Bewusstsein über das Quelle: International Council on Hu- humanitäre Völkerrecht in den Medien, man Rights Policy. 2002. Journalism, Regierungen, Menschenrechts- und huma- Media and the Challenge of Human nitären NGOs zu erhöhen. Rights Reporting. • Im Fall des Kosovo wurden eine Unabhän- gige Medienkommission sowie ein Presserat eingerichtet, um die Implementierung der in den Gesetzen und Kodizes vorgesehenen 7. Trends Standards zu überwachen. Die Medien- kommission ist auch für die Lizenzvergabe Medien und das Internet verantwortlich. Entsprechend dem Bericht über die mensch- • Die Ombudsleute der Föderation von Bos- liche Entwicklung des UNDP aus dem Jahr nien und Herzegowina berichteten 2001, 2001 und dem Bericht der UNESCO, „Auf dass sie den Lizenzierungsprozess genau dem Weg zu Wissenschaftsgesellschaften“, beobachten und in mehreren Fällen im In- aus dem Jahr 2005 wuchs das Internet in den teresse der Transparenz und der gleichen letzten Jahren exponentiell von 16 Millionen Bedingungen für alle Bewerber eingeschrit- NutzerInnen im Jahr 1995 auf mehr als 500 ten sind. Die Communication Regulation Millionen im Jahr 2004, während 2007 schon Agency (CRA) akzeptierte die Empfehlun- mehr als 1 Milliarde Menschen das Internet gen der Ombudsleute. benutzten. Mit November 2008 hat die Zahl 1,5 Milliarden Menschen erreicht. Schätzun- gen gehen davon aus, dass bis 2015 das Ziel 6. Freiheit der Medien und des Weltinformationsgipfels erreicht sein kann, Menschenrechtsbildung die Hälfte der Menschheit mit dem Internet zu verbinden. Dennoch haben noch ca. 5 Milliar- den Menschen keinen Zugang zum Internet. „Innerhalb des Journalismus besteht ein In Afrika ist es sogar weniger als 1 Promille schwerwiegender Wissensmangel da- der Gesamtbevölkerung, was die Frage der rüber, was Menschenrechte überhaupt „digitalen Solidarität“ aufwirft. Das Wachstum sind. Viele JournalistInnen – ebenso des Internet hatte maßgeblichen Einfluss auf wie viele PolitikerInnen und andere in die Medien, indem es sowohl JournalistInnen der Zivilgesellschaft Tätige – sind nicht als auch einfachen BürgerInnen eine Vielzahl vertraut mit der Allgemeinen Erklärung an Möglichkeiten bietet, weltweit gelesen zu der Menschenrechte sowie den internati- werden – etwa über Blogs. Sogar kleinere onalen Menschenrechtsabkommen und Medienunternehmen haben die Chance, eine Mechanismen. Oft verstehen sie den Un- weltweite Öffentlichkeit zu erreichen. Es gibt terschied zwischen Menschenrechten und jedoch eine zunehmende Zahl von Staaten, humanitärem Völkerrecht nicht. Auf- die Kontrollen und Zensur anwenden, indem grund dessen werden Menschenrechte etwa bestimmte Webseiten blockiert werden. häufig fälschlicherweise nur in der Kon- Im Jahr 2005 wurden Suchmaschinen wie fliktberichterstattung als relevant angese- Yahoo! und Google von NGOs kritisiert, weil hen“. (Übersetzung) sie Webseiten auf Wunsch der chinesischen Regierung blockiert und diese bei der Aus-
M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T 359 forschung politischer DissidentInnen indirekt gesellschaft im Jahr 2003 eine Initiative für die unterstützt hatten. Amnesty International hat Schaffung von gemeinschaftlichen Multimedi- dazu unter www.irrepressible.info eine Kam- azentren gestartet, um die digitale Kluft für pagne gestartet. Gemeinschaften, die noch vom Zugang zur Informationstechnologie ausgeschlossen sind, Auf dem Weg zu Wissensgesellschaften zu verringern. Der gewählte Ansatz verbindet im Süden Zugang, Lernen und eine Kombination neuer Die Umwandlung der Informationsgesellschaft und alter Technologien durch die Verbindung zur Wissensgesellschaft beruht auf der zuneh- von lokalen Nachbarschaftsradios mit multi- menden Verfügbarkeit von Informations- und medialen Gemeinschaftszentren, wo mit dem Kommunikationstechnologien. Im Kontext Internet verbundene Computer, E-mail-Diens- der Freiheit der Meinungsäußerung steht der te, Telefon, Fax und Kopiermöglichkeiten vor- Staat unter einer positiven Verpflichtung, den handen sind. Das Ziel ist es, den Mitgliedern Zugang zur Informationstechnologie zu ge- dieser Gemeinschaften die regelmäßige Nut- währleisten, da diese unverzichtbar für den zung der neuen Technologien zu ermöglichen, Zugang zum Wissen ist. um Zugang zur weltweit verfügbaren Infor- mation zu erhalten. Zu diesem Zweck wurde von der UNESCO aus Quelle: UNESCO. 2005. Towards Knowledge Anlass des Weltgipfels über die Informations- Societies. Ausgewählte Übungen Übung I: Das Hütchenspiel Zeit: ca. 90 Minuten Materialien: 6 verschiedenfarbige Hüte oder Teil I: Einleitung andere verschiedenfarbige Gegenstände Das Hütchenspiel ermöglicht es, eine komple- Fertigkeiten: Flexibilität, Kreativität xe Fragestellung oder eine provokante Aussa- ge unter verschiedenen Gesichtspunkten zu Teil III: Spezifische Information betrachten und auf diese Art und Weise zu ei- Provokante These: Wir leben in einem frei- ner befriedigenden Lösung für alle Beteiligten en Land, in dem jede/r ihre/seine Meinung zu kommen. frei äußern darf. Warum also sollen wir „Na- zisprüche“ und ähnliches zensieren oder ver- Teil II: Allgemeine Information bieten? Art der Übung: Diskussion Ziele: Anregung zum kritischen Denken, Fin- Beschreibung der Übung/Anleitung: Die Teil- den einer Lösung nehmerInnen sitzen im Sesselkreis, so dass je- Zielgruppe: Jugendliche und Erwachsene deR die/den andereN gut sehen kann. Die/der Gruppengröße: ca. 18-30 GruppenleiterIn stellt die provokante These in
360 M E I N U N G S Ä U S S E RU N G S - U N D M E D I E N F R E I H E I T den Raum. Anschließend versuchen die Teil- Das Hütchenspiel eignet sich für alle komple- nehmerInnen, diese Aussage von allen denk- xen Fragestellungen oder Probleme, bei denen baren Seiten zu beleuchten und bedienen sich eine einfache Lösung unmöglich scheint. dabei der Hütchenmethode. Die verschieden- farbigen Hütchen stellen unterschiedliche Be- Verwandte Rechte und Themen: Nicht-Diskri- trachtungsweisen des Sachverhaltes dar: minierung, Gleichheitsgrundsatz Der weiße Hut: reine Sachverhaltsbeschrei- bungen, Zahlen, Daten, Fakten; keine Emoti- Quelle: adaptiert aus: Edward de Bono. 1990. onen Six Thinking Hats. London: Penguin. Der rote Hut: positive und negative Emotio- nen, subjektive Komponente Der schwarze Hut: objektiv nachvollziehbare Übung II: Der Einfluss des Internet negative Aspekte, Bedenken, Zweifel, Risiken Der gelbe Hut: objektiv nachvollziehbare po- Teil I: Einleitung sitive Aspekte Diese Übung umfasst sowohl die Diskussi- Der grüne Hut: Ideen der Verbesserung, Al- on in Kleingruppen als auch die Diskussion ternativen in der ganzen Gruppe, um die positiven und Der blaue Hut: Aufgabe des Moderators; Me- negativen Aspekte der Internetnutzung, deren ta-Ebene; Zusammenfassung, Maßnahmen- Einfluss auf das Recht der Meinungsäuße- plan, Diskussion rungsfreiheit und die Herausforderungen für Nachdem die/der Gruppenleiter die provokan- die Zukunft des Internets zu analysieren. te These aufgeworfen hat, geht als erstes der weiße Hut im Sesselkreis herum, und Fakten Teil II: Spezifische Information werden zunächst einmal gesammelt. Die Rei- Art der Übung: Diskussion henfolge der übrigen Hütchen ist weitgehend Ziele: das Bewusstsein über die Tragweite des egal, der letzte Hut muss allerdings der blaue Internets und den Zugang zu weltweiter In- sein. formation erhöhen; den Einfluss des Internets Feedback: Anschließend an das Hütchenspiel auf die Menschenrechte identifizieren; Phä- werden die TeilnehmerInnen dazu aufgefor- nomene im Zusammenhang mit dem Internet dert, ihre Gefühle und Gedanken während erkunden der Diskussion darzulegen. War es für sie Zielgruppe: Jugendliche und Erwachsene eine neue Art und Weise der Lösungsfindung? Gruppengröße: beliebig Kennt jemand ähnliche Ansätze? Zeit: ca. 45 Minuten Praktische Hinweise: Die/der Gruppenleite- Materialien: Flipchart, Stifte rIn sollte stets darauf achten, dass immer nur Fertigkeiten: Analytische Fähigkeiten, unter- der Aspekt des jeweiligen Huts angesprochen schiedliche Meinungen zu einem Thema aus- wird. Geht also beispielsweise der gelbe Hut drücken, Fähigkeiten zur Teambildung herum, darf kein negativer Aspekt oder kein Gefühl etc. genannt werden. Der Vorteil liegt Teil III: Spezifische Information darin, dass nicht vom Kernproblem abge- Beschreibung der Übung/Anleitung: Zur Ein- schweift wird und jeder annähernd gleich viel führung präsentiert die/der GruppenleiterIn Redezeit hat, ohne dass sich immer wenige allgemeine Informationen und einige grund- Personen in den Mittelpunkt drängen und die legende Fakten zum Internet, wie sie aus dem Diskussion an sich reißen. Modul zu entnehmen sind. Danach werden
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