Missionsblätter - Das Magazin der Missionsbenediktiner von St. Ottilien - Erzabtei St. Ottilien
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Seit 130 Jahren gibt es die Missionsblätter Von den Klostergärtnern zusammengestellt: Erntedankaltar in der Klosterkirche In diesem Heft WELTWEIT 4 - 5 Hoffnungszeichen 8 - 9 Sach- oder Geldspende? in Kolumbien Was macht wo Sinn? 6 Weltmissionssonntag 10 -11 Neues aus der Mission 7 Kontakte des Missions- museums zur Universität Tokio INHALT HEIMAT 12 Die faszinierende Ge- 16 -17 Die Klostergärtnerei schichte von St. Ottilien 18 -19 Rund um die Erzabtei 13 Gemeinsam weite Wege Neues aus St. Ottilien schaffen: Spendenlauf für 22 Kirchturmsanierung: Kinderstation Turmkapsel geöffnet 14 -15 Mittagshore – den Grundton anschlagen RUBRIKEN 20 - 21 Impuls zu Erntedank: 24 Buchtipps Danken 27 Preisrätsel 23 Humorvolles aus dem 28 Termine Kloster Bischof Aurelian Bilgeri Titelbild: Junger Tansanier trägt gesammeltes Feuerholz nach Hause zum Kochen, Heizen etc. Die Mönche der Abtei Ndanda setzten sich für die Wiederaufforstung ein – in einem Land, in dem nach wie vor viel abgeholzt wird. 2 missionsblätter 3 | 2019
Liebe Leserin, Lieber Leser, Die dritte Ausgabe der Missionsblätter ist tra- „Norden“, die in den Klöstern im „Süden“ ditionell dem „Weltmissionssonntag“ gewid- mitarbeiten, sich dort einbringen mit ihren met. In St. Ottilien feiern wir ihn dieses Jahr Fähigkeiten und sich einlassen auf andere am 20. Oktober. Dazu haben wir Mitbrüder Kulturen und Lebensweisen. Aber auch hier aus unseren Klöstern in Südamerika einge- in St. Ottilien können Sie auf Missionare aus laden. Sie werden erzählen, mit uns feiern, dem „Süden“ treffen, auf junge afrikanische singen und beten. Mitbrüder, die eine Ausbildung bei uns ma- chen (s. Mbl 1/2019), oder andere, die hier Papst Franziskus hat dieses Jahr den Oktober nach den Wurzeln unserer Kongregation und zum „Außerordentlichen Monat der Weltmis- ihrer missionarisch-monastischen Berufung sion“ ausgerufen. Der Gedanke, nicht nur eine suchen (Bericht folgt in Mbl 4/2019) und ihre EDITORIAL Mission zu haben, sondern eine Mission zu unterschiedlichen Erfahrungen und Visionen sein, ist so ungewöhnlich wie faszinierend. mitbringen. Papst Franziskus beschreibt Christsein als ei- nen Zustand ständiger Mission: „Wir sind auf In dieser Ausgabe der Missionsblätter berich- dieser Welt, um Licht zu bringen, zu segnen, ten wir wieder ausführlich und spannend, was zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befrei- in den einzelnen Klöstern unserer Kongrega- en“. Mission als eine Art Gegenmittel gegen tion passiert. die individualistische Traurigkeit und die So erfahren Sie mehr über die Handwerker- Kälte verschlossener Türen. Diese Botschaft ausbildung in Kolumbien und ein Auffor- macht Mut. stungsprogramm in Tansania, außerdem über Mit dem „Außerordentlichen Monat der Welt- den religiösen Dialog mit dem Islam und über mission“ lenkt Papst Franziskus jetzt die Auf- kulturelle Kontakte durch unser Missions- merksamkeit auf einen Aspekt, der bei dem museum über Korea nach Japan. neuen Interesse an Mission manchmal unter- Aus der Erzabtei St. Ottilien kommen große zugehen droht: die Sendung der Christen zu Neuigkeiten, aber es gibt auch vertiefende den Menschen und das Wirken der Christen Einblicke in Altvertrautes wie das Stunden- unter den Menschen. gebet oder die Arbeitsabläufe in Klosterbe- trieben. So lautet das Motto: Getauft und gesandt: Wir wünschen Ihnen viel Freude und Inter- Die Kirche Christi missionarisch in der Welt esse bei der Lektüre und freuen uns über jede Rückmeldung oder Anregung von Ihnen. Aber Mission ist heute keine Einbahnstraße mehr, sondern es gibt Gegenverkehr. Alte Missionare und jüngere Mitbrüder aus dem Ihr missionsblätter 3 | 2019 3
WELT- Hoffnungszeichen M ISSIONS- SONNTAG in Kolumbien Text: P. Maurus Blommer OSB, Frieden braucht Zeit und Vorbilder P. Markus Dworschak OSB Von der Arbeit des kleinsten selbständigen Klosters der Missions benediktiner hört man nicht viel. Seine Aufgaben sind zwar nicht gerade spektakulär, und doch wirkt seit Jahrzehnten die Präsenz der Missionsbenediktiner nachhaltig in die durch Gewalt und Krieg zerrissene Gesellschaft hinein. Welche Rolle die benediktini sche Gastfreundschaft und die Offenheit der Mönche für die Nöte der Kolumbianer dabei spielen, berichtet P. Maurus Blommer: Klosterkirche El Rosal Braucht es Missionare in einem Land, das bereits seit len. Mit ihren Handwerksbetrieben sowie einer großen fünf Jahrhunderten christlich ist und wo der Katholi- Tomatenzucht sind sie jedoch ein wichtiger Arbeitgeber zismus bis heute selbstverständlich ist? Eine jahrhun- für das Umland, das hauptsächlich von der Blumen- dertealte christliche Tradition heißt noch lange nicht, zucht lebt. dass christliches Verhalten die Gesellschaft prägt, wie Bald nach der Gründung begannen die Mönche mit WELTWEIT jahrelang die zahlreichen Nachrichten über Terror, Ge- klostereigenen Werkstätten: in Schreinerei, Mechani- walt und Elend in Kolumbien bestätigen. Seit der Un- ker-Werkstatt, sowie Land- und Viehwirtschaft konnten abhängigkeit des Landes im Jahr 1810 gab es mehrere sie der Jugend auf dem Land Ausbildungsmöglichkeiten Bürgerkriege, die neben Konflikten um die Landfrage anbieten. aus traditionellen Rivalitäten zwischen politischen Ihren Hauptbeitrag für Kirche und Welt leisten die Gruppierungen entstanden sind. Nach mehr als fünfzig Mönche aber durch Gastfreundschaft. Das ganze Jahr Jahren bewaffneten Konflikts vereinbarten 2016 die kommen Menschen ins Kloster von El Rosal. Nach kolumbianische Regierung mit der größten Guerilla, Fertigstellung der Kirche, eines neuen Gebäudes für die der FARC-EP, einen Waffenstillstand. Für seine Bemü- Gemeinschaft mit einem Gästeflügel mit 14 Einzelzim- hungen im Friedensprozess bekam der Präsident Juan mern widmen sich die Mönche speziell der Aufnahme Manuel Santos den Friedensnobelpreis. von Einzelgästen oder Gruppen, denen sie Exerzitien, Kolumbien ist aufgrund der Guerilla-Kriege mit 7,7 Mil- Einkehrtage und Kurse zur geistlichen Weiterbildung lionen das Land mit den weltweit meisten internen und Vertiefung anbieten. Zunehmend kommen auch Flüchtlingen. Dazu kommt aktuell die verschärfte Be- Menschen, die spirituelle Begleitung und Hilfe suchen lastung durch Flüchtlinge aus Venezuela infolge der oder einfach an der klösterlichen Liturgie teilnehmen dortigen politischen Unruhen und der wirtschaftlichen möchten. Versorgungskrise. Viele von ihnen genießen auch einfach die Ruhe in einer Ihre pastoralen Tätigkeiten bringen die Mönche mit schönen Landschaft, wenn sie aus der brodelnden Mil- Menschen in Kontakt, die unter diesen Konflikten di- lionenstadt Bogotá kommen – ähnlich wie der ein oder rekt gelitten haben. Die kleine Gemeinschaft wurde von andere Münchner oder Großstadtmensch gerne nach vielen dieser Menschen als Hoffnungszeichen inmitten St. Ottilien zum Ausspannen kommt. Im Kloster El Rosal der Gewalt gesehen. Denn sie erleben, wie hier Leute finden sie einen ruhigen Ort, um zu sich zu kommen und aus verschiedenen Nationen brüderlich zusammenle- um Gott zu begegnen. Die Gäste integrieren sich zwang- ben, dass kein Hilfesuchender abgewiesen wird oder los in das Gemeinschaftsleben, essen mit den Mönchen verschlossene Ohren und Herzen vorfindet, und dass im Refektorium, feiern die Liturgie in der Kirche mit und Menschen einen anderen Mittelpunkt in ihrem Leben teilen ihren Alltag. Während es die Woche über vorwie- haben als Macht, Geld oder Profitgier. gend ruhig ist im Kloster von El Rosal, geht es am Sonn- Als kleine Gemeinschaft von zwölf Mönchen können tag sehr lebendig zu. Ganze Busladungen voll Menschen sie keine großen sozialen Projekte auf die Beine stel- kommen zum Gottesdienst. 4 missionsblätter 3 | 2019
El Rosal – das kleinste der selbständigen Klöster der Missionsbenediktiner Vor fast 60 Jahren g ründeten Mönche aus der Abtei San José del Avila in Caracas (Venezuela) auf der Suche nach neuen Berufungen das Kloster El Rosal in Kolumbien. Der Ort mit Seit 1996 gehört eine Oblatenge- Pfarreien der Umgebung halten ihre 20.000 Einwohnern ist rund meinschaft zum Kloster. Monatlich Einkehr, vor allem an den Wochen- 20 Kilometer von der Hauptstadt verbringen sie einen Einkehrtag in enden. Auch Schulklassen sind oft Bogotá entfernt und liegt auf „ihrem“ Kloster. Sie arbeiten als hier. Die Gäste, die uns mehrere Tage 2685 Metern in den Anden. „verlängerter Arm“ der Mönche in begleiten, sind mit uns beim Chor- der Welt. Sie erziehen Kinder in gebet und beim gemeinsamen Essen, Elendsvierteln, arbeiten in öffentli- wo sie geistliche Lektüre erfreut oder Zu Weihnachten 1960 kamen, herz- chen Medien, in der Wirtschaft und auch Musik. Das Kloster von El Rosal lich empfangen von der Bevölke- auf Universitätsebene. ist so inzwischen zu einem geistli- rung, vier Benediktiner, die sich in Im Januar 2011 chen Zentrum herangewachsen. dem baufälligen späteren Pfarrhaus wählten die Die Schreinerei wurde durch Br. Ge- niederließen. Am 16. Januar 1961 Mönche P. Mar- org Bauer aus St. Ottilien berühmt. wurde offiziell die „Casa Religiosa“ kus Dworschak Seit über 50 Jahren werden dort von El Rosal gegründet. Am 1. Mai als Konventual- Möbel für Kircheneinrichtungen pro- 1961 wurde die Pfarrei errichtet und WELTWEIT prior. P. Markus duziert. Sogar Bischofstäbe werden übertragen an einen Benediktiner- stammt aus der angefertigt. Br. Georg hat die Mit- pater. Im April 1962 siedelte die Abtei Schweikl- arbeiter von Anfang an unterrichtet, kleine Gemeinschaft in ein Land- P. Markus Dworschak berg und arbei- ganz nach deutschem System. Ihre haus über. tete zuvor 28 Jahre als Zellerar und Berufskenntnisse werden geschätzt. zusammen mit den übrigen Patres in Im Kloster von El Rosal sind wir im der geistlichen Betreuung so vieler Jahre 2019 dreizehn Personen: acht Ratsuchender in El Rosal. P. Markus feierliche Professen, ein zeitlicher leitet auch das Noviziat und den Professe, zwei Novizen, ein Postu- Kontakt mit Interessenten am Or- lant und ein Aspirant. Darunter sind densleben. „Die Gottesdienste sind vier Priester reichlich ausgelastet inzwischen ein Anziehungspunkt, mit Vorträgen und Beichtgesprä- speziell für junge Leute. Gruppen aus chen, die viel verlangt werden“. Sozialprojekt der Gemeinschaft von El Rosal Im Refektorium essen Mönche und Nur mit einer guten Berufsausbildung können junge Menschen in Kolumbien später Gäste gemeinsam zu Mittag ihr Leben gut gestalten und auch zur Entwicklung ihres Landes beitragen. Die Missionsbenediktiner von El Rosal haben deshalb in der Klosterschreinerei die Ausbildungsmöglichkeit für vier junge Menschen eingerichtet, die hier das Schreiner- handwerk erlernen können, um später in diesem Beruf zu arbeiten und den Lebens- unterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen oder eventuell sich selbständig zu machen. Helfen Sie mit, dass wir den jungen Menschen eine gute Ausbildung und Zukunft ermöglichen können. Wir sind für jede Hilfe dankbar. Stichwort: El Rosal Br. Georg Bauer (3. v.l.) und Bankverbindung für Spenden: S parkasse Landsberg am Lech – Dießen P. Markus Dworschak (2 v.r.) mit IBAN: DE89 7050 2006 000 0146 54 den Schreinerei-Mitarbeitern missionsblätter 3 | 2019 5
Einladung WELT- M ISSIONS- SONNTAG zum Weltmissionssonntag 2019 Begegnen Sie unseren Mitbrüdern aus SAMSTAG, 19.10.2019 Südamerika – davon drei Kolumbianer, einer 16 Uhr Info mit Film und Livemusik aus Kolumbien aus Ecuador und ein Schweiklberger Mönch im Rittersaal, Exerzitienhaus dazu zwei Mitbrüdern aus Venezuela sind SONNTAG, 20.10.2019 am 19. und 20. Oktober in St. Ottilien. 9:15 Uhr Pontifikalamt in der Klosterkirche Die Veranstaltungen bieten: Prediger: P. Prior Markus Dworschak OSB Einblicke in das Leben der Mönche, Musikalische Gestaltung: Mitbrüder aus El Rosal, Kolumbien, in Kirche, Staat und Gesellschaft. OttiliAcapella unter Leitung von Barbara Kling, Schola der Erzabtei St. Ottilien unter Leitung von P. Vianney Meister OSB 10:15 Uhr Diskussionsrunde im Missionsmuseum Aktuelle Situation: Politik und Kirche in Süd amerika – am Beispiel von Kolumbien und Venezuela mit P. Markus und P. Beda Musik: Mitbrüder aus Südamerika WELTWEIT 12.30 Uhr Mittagessen Exerzitienhaus, Foyer einfaches Gericht aus Bogotá, Kolumbien, mit Musik und Film über Kolumbien 14 Uhr Führung Missionsmuseum (Tanja Holthausen) INFO: Freitag, 4. Oktober um 19:30 Uhr: Jugendvesper WAS IST DEINE MISSION? Was ist deine Mission? Auf die Frage, welche „Mission“ sie denn gerade um- treibt, antworten Ordensleute, darunter Missionsbene- Für den Oktober 2019 ruft der Papst alle Frauen und diktiner hier: www.orden.de/aktuelles/themen/my- Männer auf, eine außerordentliche Zeit für die Mission mission/ und auf dem Youtube Kanal von orden.de zu leben. Die päpstlichen Missionswerke wie Missio #mymission – Unter diesem Hashtag kann jeder in den und viele Ordensgemeinschaften greifen diesen Impuls sozialen Netzwerken posten, was aktuell seine oder ihre auf und freuen sich, wenn viele in Wort und Tat dabei „Mission“ ist. Viele Ordensgemeinschaften machen mit. sind. 6 missionsblätter 3 | 2019
Kontakte des Missionsmuseums zur Universität Tokio Text: P. Theophil Gaus OSB Museumsdirektor P. Theophil Gaus folgt einer Einladung der Universität Tokio Bereits im Oktober 2018 war Abt Blasio Park von der Abtei Waegwan in Tokio zu einem Vortrag über die Geschichte der Ottilianer in Nord korea gewesen. Das „Center for Korean Studies“, das mit der OKCHF *- Stiftung von Seoul zusammenarbeitet, die ebenfalls mit unserem M useum Universität Tokio: P. Theophil referiert über die Koreasammlung kooperiert, hatte schon im letzten des Missionsmuseums Jahr eingeladen. WELTWEIT Auf Vorschlag des OKCHF hielt ich im Juni einen Mit Project-Assistant-Professorin Yuko Nagasawa als Vortrag an der Universität Tokio mit anschließender einer Dozentin, die enge, auch verwandtschaftliche Diskussion über die Koreasammlung des Missions- Beziehungen nach Südkorea hat, war das Seminar am museums. Nach einer Übersicht über die Sammlung der 24. Juni optimal besetzt. Frau Nagasawa verstand es Erzabtei wurde zunächst geklärt, wer wann in Korea auch, die vielfältigen, aber zum Teil auch heiklen Dis- gesammelt hat: Vor allem Erzabt Norbert Weber und kussionsbeiträge nach dem Vortrag zu bündeln und zu einige weitere Mitbrüder sammelten zwischen 1909 und moderieren. circa 1930 im Gebiet um Seoul koreanische Kulturob- jekte, die infolge der japanischen Kolonialpolitik überall Während der Zeit in Tokio war P. Theophil zu Gast im in Antiquitätenläden erhältlich waren. Sodann ging St. Gregorio-Haus, dem Institut für Kirchenmusik unter es um die Klärung der Motivationen für die damalige der Leitung von Frau Hashimoto, mit dem die Erzabtei Sammeltätigkeit: das kulturelle Interesse, die Offenheit, zusammenarbeitet. St. Gregorio ist auch die Begeg- ja Begeisterung für das Fremde, aber auch die Absicht, nungsstätte für die knapp 35 Oblatinnen und Oblaten mit der Sammlung in der Heimat für die Koreamission der Erzabtei im Tokio-Gebiet. zu werben. Abschließend wurde ausführlich erörtert, welche Perspektiven unsere Korea-Sammlung heute hat: Präsentation in Deutschland, interkulturelles Ler- nen, Austausch unter Museen, Kooperation inklusive Forschung (v. a. zusammen mit der OKCHF-Stiftung) und im Einzelfall Rückgabe. Das Thema „Koreanisches Kulturgut im Ausland“ ist in Japan sehr heikel, gibt es doch eine geschichtliche Be- lastung der Beziehungen zwischen Japan und Korea, die auch damit zu tun hat, dass während der japanischen Kolonialherrschaft große Mengen koreanischer Kultur- Im Gregorius-Haus in Tokio: objekte nach Japan gebracht wurden. P. Theophil nimmt neue Oblaten auf * Overseas Korean Cultural Heritage Foundation missionsblätter 3 | 2019 7
Sach- oder Geldspende? Was macht wo Sinn? Damit Spenden Positives bewirken Text: Br. Ansgar Stüfe OSB Br. Dr. Ansgar Stüfe OSB Was haben deutsche Fischkonserven wir einen Großteil der Medikamen- mit einem Erdrutsch in Afrika zu te in Deutschland einkaufen. Heu- seit 1979 Mönch der Abtei Münsterschwarzach. tun? Der Zusammenhang erschließt te gibt es alle Medikamente, auch Er war viele Jahre als Chefarzt im sich nicht sofort. Als ich einmal seltene, im Land zu erwerben. Die Missionskrankenhaus Peramiho in in Tansania unterwegs war, standen Regierungen haben natürlich Inte- Tansania tätig junge Männer am Straßenrand und resse, die einheimische Wirtschaft 2003 – 2018 Missionsprokurator boten Waren an, die sie aus Kartons zu schützen. Deswegen verhängen der Kongregation von St. Ottilien holten, die sich hinter ihnen stapel- sie hohe Einfuhrzölle auf Waren, die Seit 2019 Verlagsleiter des Vier-Türme-Verlags der Abtei ten. Aus Neugier hielten wir an und im eigenen Land hergestellt werden. Münsterschwarzach fragten, was es zu kaufen gäbe. Zu Das gilt für alle Arten von Textilien. unserem Erstaunen gab es Heringe in Kleider, Bettwäsche und Schuhe, Tomatensauce. Mein Fahrer war so alles Waren, die früher in großen benötigt das Land Hilfe von außen. begeistert, dass er gleich einen gan- Mengen als Spende geliefert wurden Aber solche Katastrophen sind Aus- zen Karton kaufte. Als ich mir den und heutzutage gar nicht mehr ge- nahmen und können nur von großen WELTWEIT Karton näher anschaute, las ich die schickt werden sollten. Organisationen bewältigt werden. gedruckte Aufschrift: „Geschenk der Ähnliches gilt für Lebensmittel. Die Zusammenfassend lässt sich fest- Bundesrepublik Deutschland“. Wir ostafrikanischen Länder produzieren stellen, dass Hilfsgüter traditioneller befanden uns am Fuss der bekannten genügend Lebensmittel. Das Pro- Art wie Lebensmittel und Textilien Usambaraberge. Dort fragte ich mei- blem ist der Transport. Oft gibt es nicht mehr geliefert werden sollten. ne Mitbrüder, was es denn mit diesem regional begrenzte Probleme durch Geschenk auf sich habe. Da erfuhr eine Naturkatstrophe. Dann könnte ich, dass sich in der letzten Regenzeit man Lebensmittel aus dem eigenen Augenmerk auf Qualität mehrere Erdrutsche in den Bergen Land dorthin transportieren. Es fehlt Es gibt aber noch gute Gründe, be- ereignet hatten. Um die Bevölke- aber an finanziellen Mitteln, die stimmte Waren in afrikanische Län- rung mit Lebensmittel zu versorgen, Lebensmittel und den Transport zu der zu transportieren. Das gilt vor schickte die deutsche Bundesregie- bezahlen. Schickt man stattdessen allem für medizinische Geräte. In rung Heringe in Tomatensauce. In Lebensmittel direkt vom Ausland, Uganda haben wir festgestellt, dass dem Umfeld dieser Menschen moch- schadet das den einheimischen Bau- die zentrale Verkaufsstelle für Me- te aber niemand diese Fischkonser- ern oder ist manchmal ganz sinnlos, dikamente und Geräte Waren aus ven essen. Eine richtige Hungersnot wie das Beispiel oben zeigen sollte. China bezieht, die minderwertig sind. bestand auch nicht. So versuchten Wenn ganze Landsteile überflutet Daher haben wir alle Geräte für die die jungen Leute, die Konserven am werden wie kürzlich in Mosambik, Augenklinik unseres Klosters in To- Straßenrand zu verkaufen. gelten solche Regeln nicht. Dann roro in Deutschland gekauft. Auch Vor Ort kaufen In den letzten 20 Jahren haben sich Lieferung neuer die Länder des Ostens und Südens Geräte an die Augen- Afrikas gut entwickelt. Zwar sind klinik Tororo, Uganda die Mensch immer noch sehr arm, im März 2019. In der Mitte: Br. John aber die Infrastruktur und der Han- Tumwekwase OSB del haben sich völlig verändert. von der Gemeinschaft Noch in den 1990er Jahren mussten von Tororo 8 missionsblätter 3 | 2019
medizinische Untersuchungsgeräte So wird deutlich, dass bei Liefe- stellungen innerhalb von zwei Wo- werden mit Ausnahme von Südafrika rungen von Sachspenden Spezial- chen. Streng genommen handelt es in keinem Land Afrikas hergestellt. kenntnisse der Bedingungen vor Ort sich dabei nicht um Sachspenden, Viele Laborreagenzien gibt es immer notwendig sind. Daher sollte man sondern um Waren, die durch Spen- noch nicht im Land zu kaufen. Da unbedingt vorher fragen, ob eine den finanziert worden sind. Das ist unsere Krankenhäuser auf Qualität bestimmte Sachspende an diesem auch der Trend für die Zukunft. setzen, sind sie auf Lieferung aus Ort wirklich gebraucht wird und ob Deutschland angewiesen. die Kosten von Transport und Ein- Das hilft: Spenden plus Solche Geräte und Reagenzien müs- fuhrzöllen im Verhältnis zum Wert sen neu sein. Ausgemusterte Geräte stehen. Sachverstand funktionieren nur kurze Zeit. Repa- Ein gutes Beispiel, wie sich auch im Daher werben wir für Spenden, mit raturen sind meistens nicht möglich, Krankenhaus der Bedarf an Sach- deren Hilfe wir Ausstattungen, Ge- weil es keine Ersatzteile mehr gibt. spenden verändert hat, sind Brillen. räte und Ersatzteile kaufen können, Inzwischen können aus Indien sehr die wir nicht im Land bekommen. Situation vor Ort kennen gute Gestelle und Gläser besorgt werden, die sehr preiswert sind. Sie Dann können wir aussuchen, was wirklich vor Ort am besten geeignet Eine Ausnahme von der Regel sind kosten ungefähr 25 Euro. Die Gläser ist und auch gebraucht wird. Men- Krankenbetten. Krankenbetten, die können wir in unserer Optiker-Werk- schen, die uns dabei helfen, sind ein es vor Ort zu kaufen gibt, sind im- statt selber herstellen. Das ist auch wahrer Segen für uns. mer noch von minderer Qualität. deswegen notwendig, weil die Gläser Bei einem Be- Speziell in Deutschland sind die Bet- für jeden Patienten individuell ein- such eines Pro- ten in Krankenhäusern von hoher gestellt werden müssen. Gebrauchte gramms für be- Qualität. Sie werden mit rostfreiem Brillen können daher nicht mehr hinderte Kinder WELTWEIT Stahl hergestellt und können hohes genutzt werden und sollten gar nicht wurde mir das Gewicht aushalten. Sie sind damit mehr geliefert werden. wieder neu klar. hervorragend für das feucht-warme Das Gleiche gilt für Geräte zur Mes- Ein Kind war spastisch gelähmt. Ein Tropenklima geeignet und halten sung von Blutzucker. Mit diesen Ge- geschenkter Rollstuhl war nutzlos, es aus, wenn die ganze Verwandt- räten können wir leider gar nichts weil das Kind mit den verkrümmten schaft den Kranken besucht und anfangen. Diese Geräte selber sind Gliedern nicht richtig sitzen konnte. sich auf dem Bett niederlässt. Ste- nicht teuer. Viel Geld kosten dage- Unser Team hat die Maße des Kindes hen zum Beispiel bei einer Kran- gen die Teststreifen, die aber nur für genommen, und mit Spendengel- kenhausauflösung viele Betten in dieses spezielle Gerät nutzbar sind dern können wir jetzt einen Roll- gutem Zustand zur Verfügung, lohnt und in den jeweiligen Ländern nicht stuhl anfertigen lassen, der dem sich der Transport. Es müssen aber erhältlich sind. Daher kaufen wir Kind genau angepasst ist. relativ einfache Betten sein. In der solche Geräte lieber vor Ort. Dann Sachspenden setzen also Sachver- bereits erwähnten Augenklinik in wissen wir auch, dass die Teststrei- stand voraus. Heringe in Toma- Uganda wurden einmal elektronisch fen lieferbar sind. tensauce sind eben keine Lösung gesteuerte, schwere Betten geliefert. Wir in der Benediktinerkongregati- für die Folgen von Erdrutschen. Wir Solche Betten sind für Patienten, die on von St. Ottilien sind inzwischen Missionsbenediktiner haben den nur am Auge erkrankt sind, natür- dazu übergegangen, fast nur noch Vorteil unserer Klöster vor Ort. Dort lich völlig unnötig. Einfache stabile neue oder neuwertige Sachspenden sind Mitbrüder immer in der Lage Betten wären viel besser gewesen. zu schicken. Wir kaufen die Waren zu beurteilen, welche Sachspenden bei den Firmen. Diese gebraucht werden und welche eher liefern sie direkt nach nicht. Auch wegen der sich stän- Hamburg, wo sie in dig ändernden Situation der Länder Container verpackt wer- müssen wir uns jedes Jahr neu in- den. Handelt es sich um formieren. Wenn dann Anforderun- Ersatzteile oder Laborre- gen von gut informierten Menschen agenzien, werden sie per für ganz bestimmte Geräte oder Luftfracht verschickt. Waren kommen, sind auch heu- Schönes solides Bett aus Deutschland: Dann bekommen die te noch Sachspenden sinnvoll und Krankenzimmer im Krankenhaus Peramiho Klöster vor Ort ihre Be- nachhaltig. missionsblätter 3 | 2019 9
Neues aus der Mission Porträts und Projekte 11.400 BÄUME FÜR PERAMIHO / TANSANIA In der Umgebung von Peramiho ha- darüber hinaus das Einkommen für selbst wachsen werden. Unsere jun- ben Entwaldung und Holzkohleher- die kommenden Generationen sein. gen afrikanischen Mönche zeigen stellung sowie das Verbrennen von 1898 gründeten Mönche aus St. Ot- großes Interesse daran, die Bäume Büschen während der Trockenzeit ei- tilien die Missionsstation Peramiho. für den künftigen Wald zu pflanzen nen großen Teil der natürlichen Wäl- Das Kloster zog im Laufe der Jahr- und zu pflegen. der zerstört. Durch Baumpflanzakti- zehnte viele Menschen an. Aus dem Papst Franziskus betonte in seinem onen möchten wir die Menschen in Dorf wurde eine kleine Stadt. Auf Fastenpastoralbrief von 2018, dass unserer Region für den nachhaltigen dem Abteigelände stehen das Kloster eine Möglichkeit der Evangelisie- Umgang mit der Schöpfung sensi- und die Kirche, Werkstätten und Ge- rung darin besteht, für die Umwelt bilisieren und mit gutem Beispiel bäude für soziale Dienste wie Schu- zu sorgen. Das Pflanzen von Bäu- vorangehen. Bislang ha- len und das Krankenhaus. Neben den men ist also die eine Möglichkeit, ben wir 11.453 Bäume ge- landwirtschaftlichen Flächen und sich um die Natur zu kümmern, die pflanzt. Wir haben geplant, der Weidewirtschaft gibt es auch erste Pflicht, die Gott dem Men- in den nächsten fünf Jahren Brachland, das wir seit einiger Zeit schen nach seiner Erschaffung auf- 112.000 Bäume auf einer aufforsten. erlegt hat. Er sagte: „ Seid fruchtbar Fläche von 120 Hektar zu Wir sind uns bewusst, dass dieses und mehrt euch; füllt die Erde und pflanzen. Jedes Jahr wollen Projekt sehr kostspielig ist. Es erfor- unterwerft sie“ (Gen. 1,28). wir 22.000 Bäume pflanzen. dert Zeit und Geld. In unserer Baum- (P. Sylvanus Kessy OSB) Prior Administrator Ziel ist es, unser Land zu schule müssen wir Setzlinge heran- P. Sylvanus Kessy OSB engagiert sich für die erhalten, es wertvoller zu ziehen oder Jungpflanzen kaufen. Wiederaufforstung machen und den Menschen Nach dem Pflanzen der Bäume ist um uns herum beizubrin- eine sorgsame Pflege sehr wichtig, gen, wie man mit der Natur umgeht. dazu gehört jäten, ausdünnen, zu- Von den Bäumen werden vie- schneiden, bewässern und Schutz le Menschen profitieren: Die Blät- vor Feuer während der Trockenzeit. ter nehmen das Kohlendioxid auf Für mindestens drei bis fünf Jahre und reduzieren die CO2-Belastung; nach der Pflanzung ist eine regel- Der Baumbestand wird die Nieder- mäßige Pflege erforderlich. Danach Einer von vielen Setzlingen wird schlagsmenge pro Jahr erhöhen und sind wir sicher, dass die Bäume von ausgepflanzt HOCHRANGIGES TREFFEN: ORDEN IM AUSWÄRTIGEN AMT „Religion“ ist seit ein paar Jahren zum Thema der Außenpolitik geworden. Im Außenministerium gibt es deshalb seit kurzem ein neues Referat „Religion und Außenpolitik“. Jetzt waren fünf Vertreter der Deutschen Ordensobernkonferenz, die sich weltkirchlich-missi- onarisch engagieren, dort zum Meinungsaustausch geladen. Bei dem intensiv geführten Gespräch mit den Diplomaten ging es unter anderem um das Problem von sexualisierter Gewalt gegen Frauen und um Fragen der weltweiten Migration. Ministerialdirektor Dr. Andreas Görgen, Leiter der Abteilung „Kultur und Kommunika- Abtpräses Jeremias Schröder OSB (li.) in Berlin tion“ wollte etwas über „die kulturelle Intelligenz von 10 missionsblätter 3 | 2019
INTERRELIGÖSER DIALOG IM IRAN UND IN RUSSLAND che Haus von Ayatollah Khomeini. Ich konnte verstehen, warum die armen Volksmassen ihm zujubel- ten. Er war ihr Mann. Zu unserem Besuch gehörten auch verschiedene Moscheen und auch die alte Per- serstadt Persepolis. Anfang Juli war ich als Mitglied einer dreiköpfigen Delegation der Hanns-Seidel-Stiftung in Kasan in Gespräch beim Nuntius in Teheran: v.l.: Abt Notker, Muhammad Shomali, Apostolischer Nuntius Leo Boccardi Russland zu einem interreligiösen, interkulturellen Austausch. Das wa- ren sehr gute Erfahrungen. Die Be- Im April fand der zweite Teil des chen Fragen Vorträge hielten. Unser völkerung ist zur Hälfte orthodox, diesjährigen Treffens statt. Der erste Thema war die Bekehrung, die auch zur Hälfte muslimisch. Wir trafen fand in England im Gedenken an den im Evangelium die Hinwendung zur mit Professoren der Universität und Initiator, den im letzten Jahr ver- Frohen Botschaft bedeutet, zunächst muslimischen Vertretern zusammen. storbenen Abt Timothy Wright von die ganz persönliche Bekehrung. Ge- Die Muslime fragten uns, warum das Ampleforth, statt. Wir wollten aber mäß der Aufforderung Jesu: „Kehrt Zusammenleben von Muslimen und die Iraner vor Ort nicht enttäuschen, um und glaubt an das Evangelium“. Christen in Deutschland so schwierig so ist ein Teil der Gruppe in den Iran Das ist der Weg der Mönche. Die sei. Beim Wiederaufbau der Ka- geflogen, unter anderen auch der Muslime kennen eine ähnliche Auf- thedrale von Kasan und einer gro- Prior Administrator von Peramiho forderung. Ihr ganzer Lebensweg ßen Moschee haben beide Seiten (Tansania) P. Sylvanus Kessy. soll eine Bekehrung sein. gemeinsam für- und miteinander In Teheran führten wir Gespräche In Teheran besuchten wir auch den gesammelt, um die Kosten zu bewäl- auch mit Vertretern der Armenier, Palast des Schahs Reza Pahlavi, tigen. Es gebe auch eine Reihe von der evangelischen Gemeinde, der la- der in seinem ganzen Prunk als Mischehen zwischen Muslimen und teinischen Pfarrei und dem Nuntius. Museum erhalten wird. Als Kont- Christen. Die Religionszugehörigkeit In Qom waren noch drei deutsche rastprogramm erlebten wir das äu- der Kinder werde vor der Ehe aus- Professoren dabei, die zu rechtli- ßerst bescheidene, geradezu ärmli- gehandelt, oder die Kinder könnten sich als Erwachsene frei entscheiden. Wir haben natürlich in Deutschland eine Vielfalt an muslimischen Rich- Ordensgemeinschaften“ in aller Welt wissen. Und er räumte ein: „Wir tungen und keinen Dachverband. wissen noch zu wenig darüber, was die Orden an strukturellen Leistun- Dort sind es praktisch lauter Sunni- gen, zum Beispiel im Bereich der Gesundheit und der Bildung in die ten, die schon im 9. Jahrhundert aus Gesellschaften einbringen.“ Da war es gut, dass mit Abtpräses Jeremias Bulgarien eingewandert sind. (Abt Schröder von St. Ottilien insgesamt fünf Ordensleute, darunter P. Niko- Notker Wolf OSB) demus Schnabel OSB, mit Erfahrungen von allen Kontinenten an dem Gespräch teilnahmen. Eine interessante BR-Radiosen- Interessierte Zuhörer und Gesprächspartner waren Botschafter Dr. Vol- dung dokumentiert den Besuch ker Berresheim, Leiter des Referates Religion und Außenpolitik, Stefan im Iran. Unter folgendem Link Willmutz und Can Yunus Öc, beide Referats-Mitarbeiter, sowie Wiebke zum Nachhören: www.br.de/ Rückert, Leiterin des Referates Menschenrechte und Genderfragen. radio/bayern2/programmkalender/ (A. Salmen) sendung-2387446.html missionsblätter 3 | 2019 11
Spannender als mancher Kriminalroman Die faszinierende Geschichte von St. Ottilien Text: Dr. Sigrid Albert Dr. Sigrid Albert erforscht die Geschichte des Klosters und seiner Gründungen im Ausland. 42 Kapitel umfasst die Historia Ottiliensis bereits. Das Besondere daran: Ihre Erkenntnisse verfasst sie in lateinischer Sprache. Zuletzt widmete sie sich den Schulgründungen der Missionsbenediktiner im südlichen Afrika. 130 Jahre Missionsbenediktiner! Ausgangspunkt der Veröffentli- tragfähige Fundament der Kongre- Das verlangt geradezu nach einer chung sind die lateinisch verfassten gation gelegt. Bei allem gibt es viele ausführlichen historischen Darstel- Artikel in der Zeitschrift Vox Latina. hochinteressante Einzelaspekte. Als lung. Dieser Grundgedanke hat mich Zielpublikum dieser Abhandlungen ein Beispiel sei nur die Entfal- im Jahr 2004 dazu gebracht, mich ist eine internationale, am aktiven tung der ostafrikanischen Missi- näher mit der Geschichte der Erzab- Gebrauch des Latein interessier- on genannt, deren Schicksal im tei St. Ottilien und ihrer Kongrega te Leserschaft. Für die Publikation sog. „Maji“-Krieg, ihr Wiederaufbau tion zu beschäftigen. Wegen der in Buchform werden diese Artikel danach, die gesamte Missionskon- sehr weit gespannten Themenberei- überarbeitet und zum Teil wesent- zeption, der Rückschlag durch den che, der Erfolge und der Hindernisse lich erweitert. Neben den lateini- 1. Weltkrieg und der Kampf um den in der Entwicklung, der Missionstä- schen Bänden gibt es jeweils auch Erhalt der Benediktiner-Mission. HEIMAT tigkeit, der Auseinandersetzung mit eine deutsche Version. Der schon den politischen Gegebenheiten zu erschienene erste Band umfasst also Inzwischen haben sich auch einige Hause und in der Mission ist die Ge- die Gründungsphase St. Ottiliens, «Parallelprojekte» ergeben. Dazu ge- schichte St. Ottiliens oft spannender die Übernahme des ersten Missi- hört die Herausgabe der Tagebücher, als mancher Kriminalroman. onsgebietes in Ostafrika, die Kon- die Erzabt Norbert Weber auf sei- solidierung der Gründung bis zur nen verschiedenen Visitationreisen Grundlage der Forschung ist das Errichtung der Abtei. Band zwei in die Mission verfasst hat. Diese sehr umfangreiche Archivmaterial, und drei sind gerade in Vorbe- Texte erschließen vertiefte Einblicke das gesichtet und verarbeitet wer- reitung. Hier geht es um die Zeit in die historischen Abschnitte. Da Lehrlinge den muss. Das meiste davon befin- unter Erzabt Norbert Weber. Natür- die Tagebücher alle stenographiert in der det sich im Klosterarchiv von St. lich wird die ereignisreiche innere sind, transkribiert Br. Tobias Moos Schreinerei Ottilien. In enger und sehr frucht- Entwicklung der Erzabtei darge- OSB die Texte. Diese Übertragungen von barer Zusammenarbeit mit Br. David stellt, wobei trotz aller Erfolge auch bilden die Grundlage der Ausgaben. Inkamana – Gantner OSB, dem Archivar der die verschiedensten Probleme gelöst Das erste Ergebnis liegt im Band Tirones in opificina Erzabtei, entsteht so eine breit ange- werden mussten. In diese Zeit fallen „Mission im Krieg“ vor. Dies war lignaria legte und auch in die Tiefe gehende weiterhin viele Gründungen und die nur ein kurzer Einblick in die «his- stationis Darstellung der Geschichte zu Hause Übernahme neuer Missionsgebie- torische Werkstatt». Die Arbeit geht Inkamana und in der Mission. te. Dadurch wurde das noch heute weiter. Und es bleibt spannend! operantes Dr. phil. Sigrid C. Albert Historikerin und Latinistin, lehrt Soziologie und Kulturwissenschaften an der Universität des Saarlandes. Sie beschäftigt sich speziell mit dem aktiven Gebrauch der lateinischen Sprache und ist Herausgeberin und Redakteurin der lateinischen Zeitschrift VOX LATINA. Die Geschichte der Erzabtei auf Lateinisch (derzeit von 1884 - 1930) und auf Deutsch sind zum Nachlesen: https://erzabtei.de/historiaottiliensis Eine deutsche Übersetzung der Zeit von 1884 bis 1902 ist bereits unter dem Titel »Intus monachi, foris apostoli« im EOS-Verlag erschie- nen, der zweite Sammelband erscheint demnächst. Im Exerzitienhaus 12 missionsblätter 3 | 2019 bietet Dr. Sigrid Albert Praxiskurse in neulateinischer Konversation an.
Gemeinsam „Wir sind auch dankbar für die Erfahrungen, die uns bewusst gemacht haben, weite Wege schaffen wie gut wir es in Deutschland eigentlich haben und dass wir das jetzt viel mehr zu schätzen wissen. Ich denke für jeden von uns war Tansania einfach eine Spendenlauf am Rhabanus-Maurus-Gymnasium unglaubliche Erfahrung“ schreibt eine Schülerin im Reisebericht Der Funke ist übergesprungen, das war beim Spendenlauf am Rhabanus- (nachzulesen unter: Maurus-Gymnasium ganz deutlich zu spüren. Im Juli haben Schüler, Lehrer https://ndanda2019.jimdofree. com/2019/07/21/tansania-2019/ ) und Eltern große Gemeinschaftsaktion zu Gunsten der Babyintensivstation Auf dem Banner haben sich auf die Beine gestellt, damit kranken Säuglingen und Kleinkindern in T ansania alle Läufer mit einem bunten Fingerabdruck verewigt. Ottilianer das Leben gerettet werden kann (Mbl 1/2019). Br. Jesaja plant derzeit den Schüler haben es Anfang August Aufbau einer speziellen Intensivstation im Krankenhaus der Abtei Ndanda; mit ihren Lehrern Renate Dietzel und P. Theophil nach Ndanda dabei wird er vom Kloster, dem RMG und der Vereinigung der ehemaligen gebracht und dort vor der HEIMAT Schüler Confoederatio Ottiliensis unterstützt. Durch den S pendenlauf, an Kinderstation den Müttern und Kindern übergeben. dem die Schüler der fünften, sechsten, siebten und achten Jahrgangsstufe teilgenommen haben, konnten 30.207 Euro für das Projekt zu Gunsten der Text: P. Theophil Gaus OSB, Intensivstation für Säuglinge und Kleinkinder gesammelt werden. Br. Jesaja Sienz OSB, Stefanie Merlin Der in Ndanda für das Projekt ver- werden. Für alle schwerkranken Im August waren dann vierzehn antwortliche Arzt, Br. Jesaja Sienz Neugeborenen, für Frühgeborene Schülerinnen und Schüler (sog. OSB, ist gerade auf Heimaturlaub und schwerkranke Kinder bauen wir W-Seminar „Tansania“) des Ottili- in St. Ottilien und konnte sich daher in Ndanda gerade eine Baby-Inten- aner Gymnasiums mit P. Theophil persönlich im Namen seiner Pati- sivstation. Im Jahr 2017 sind bei Gaus OSB und Lehrerin Renate Diet- enten bei den Schülern und ihren uns 65 Neugeborene, sieben Mütter zel zu Besuch in der Abtei Ndanda, Sponsoren bedanken: „Ganz beson- bei der Geburt und 29 Kleinkin- um das Kloster und Krankenhaus der deren Dank an Sportlehrer Florian der und Kinder verstorben. Diese Missionsbenediktiner in Tansania Mühlberger und an die SMV, ver- Zahlen und die damit verbundenen kennenzulernen. „W“ steht hierbei treten durch Lena Prassler, die die Schicksale könnten wir deutlich re- für „wissenschaftspropädeutisch“: Idee und Initiative zu dieser Aktion duzieren, wenn eine Versorgung der Jeder Schüler schreibt hier eine klei- hatte. Danke allen Spendern.“ Babys auf einer Intensivstation, mit ne Arbeit von zehn bis 15 Seiten mit Über seine Arbeit im tansanischen entsprechendem Material und quali- anschließender Präsentation über Krankenhaus berichtete er den fiziertem Personal sichergestellt ist. sein oder ihr „Forschungsprojekt“. Schülern: „Pro Tag haben wir etwa Die Vorbereitungen für die Bau- Die zu erforschenden Themen bezo- acht bis zehn Geburten im Hospi- arbeiten haben bereits begonnen, gen sich diesmal auf Tansania, oft tal, pro Jahr sind das rund 2.300 und wir haben schon einen ganzen auf Ndanda und die Region. Babys. Im Jahr 2017 hatten 260 Container mit Material zusammen- Das Seminar, das ins Abitur ein- Babys ein Geburtsgewicht von unter gestellt. Dieser wird in den nächsten fließt, leitet P. Theophil. Es ist be- 2.500 Gramm und 513 Neugebore- Tagen verschifft und in circa zwei reits das vierte Mal, dass eine Schü- ne mussten stationär aufgenommen Monaten in Ndanda ankommen.“ lergruppe nach Tansania reiste. missionsblätter 3 | 2019 13
Mittagshore – Neue Serie: Beten verbindet den Grundton anschlagen Wenn zu den Festtagen, bald mit neun Glocken, die große Salvatorglocke mit 5250 Kilogramm mit einschwingt und das Mittagsgebet der Mönche ankündigt, bildet sie den Grundton für den ganzen Klangkörper dieses wunderbaren G lockenensembles. Den Grundton in unserem Leben immer wieder anklingen zu lassen, macht unser L eben stimmig und wohl ausgerichtet. Ihn auch in der Tagesmitte anzuschlagen, e rinnert uns an unser tiefstes menschliches Dasein. Text: P. Claudius Bals OSB Romano Guardini sagt einmal, wenn wir in den Tag nur Lange Zeit war es für viele Gläubige der Engel des hineinstolpern, dann wird der Tag zu einem Fetzen Zeit, Herrn zur Mittagsstunde um 12 Uhr. den wir irgendwie ohne Form und Prägung durchbrin- Für Sie, liebe Leser, von denen viele noch mitten im gen. Wenn wir Mönche uns eine Viertelstunde für die Beruf stehen, kann es bei der heutigen Arbeitssituation Mittagshore Zeit nehmen, so entspricht das unserem ein Augenblick des Durchatmens sein, bei dem Sie auf HEIMAT besonderen Leben mit Gott. Wenn Sie, liebe Leser, als diesen Grundton hören. unsere Freunde an unseren Tagesrhythmus denken, dann können Sie diese Zeit für das Gebet wahrschein- lich nicht aufbringen. Aber sie können den Grundton Chance – keine Pflicht Ihres Lebens anschlagen, zum Beispiel mit einem Kreuz- Diese Pflege unserer religiösen Erfahrung wird auch zeichen, wenn sie sich vom Bett erheben oder schlafen seine Früchte zeigen. Es beruhigt in Hektik und Stress, gehen, oder mit einem Gedanken, wenn es ein Augen- macht auf ein gutes Miteinander aufmerksam und blick während des Tages erlaubt. Es kommt nicht darauf schenkt uns einen Augenblick der Verbundenheit mit an, wie lang Sie beten, sondern wie tiefgründig Sie den unseren Lieben bei ihrer Aufgabe und Arbeit. Der letzten Sinn des Lebens erfahren und ihn ganz bewusst Tagesrhythmus mit Gott ist weder eine Pflicht noch aufnehmen. eine Frömmelei, sondern die Chance, meinem Leben ein Gesicht zu geben und den Inhalt bewusster zu prägen. Meine Einmaligkeit a nnehmen Dieser Augenblick lädt uns immer wieder ein, die unbe- Die Erfrischung greifliche Größe des göttlichen Geheimnisses aufleuch- Dr. Stefan Straub, Lehrer für Deutsch und Religion am ten zu lassen, meine Einmaligkeit vor Gott zu spüren, Rhabanus-Maurus-Gymnasium in St. Ottilien, kommt sie anzunehmen und, wie ich sie in diesem Moment nach Möglichkeit gerne dazu. Wenn er gerade Unter- persönlich erfahren kann, zum Ausdruck zu bringen: richt hält, hat er eine Form des Innehaltens gefunden, Dank, Lob, manchmal auch verzweifelte Bitte. Glaube die auch seine Schüler schätzen: „Die Mittagshore be- kann nur zur Freude werden, kann sich nur als Kraft deutet mir sehr viel! erweisen und als Hilfe dienen, wenn ich dabei bleibe, ihn zu pflegen. Vom Arbeitsplatz in die Klosterkirche: Der Ton des Urvertrauens in das unbegreiflich, oft nicht kurz vor 12 Uhr unterbrechen die verstehbare Geheimnis der Liebe Gottes, soll uns auch Mönche ihre Arbeit und kommen aus untertags begleiten. Für die Mönche ist es die Zeit der allen Richtungen zum Mittagsgebet Mittagshore. zusammen. Zur Zeit der Aufnahmen waren benediktinische Studenten aus drei Kontinenten dabei. o 14 missionsblätter 3 | 2019
Einmal die Woche gelingt es mir inzwi- ich draußen bin, haben sie mich wieder – die Gedanken schen, in einer Freistunde, um 12 Uhr in und Sorgen und mein kleines Leben. Aber ich fühle mich die Klosterkirche zu stehen. Die Hälfte anders, frischer, wacher, fröhlicher! Etwas hat mich an- des Tages ist vorüber, ich bin müde, gesprochen, hat mich gemeint in dem Sinn: Es ist gut, vergraben in meine eigenen Gedanken. dass ich mit diesem kleinen Leben auf der Welt bin! Es gelingt mir nicht, meinen Kokon aus Genau das ist es, was ich meinen Schülerinnen und Dr. Stefan Straub Sorgen, Wünschen, Sehnsüchten aufzu- Schülern auf dem Rhabanus-Maurus-Gymnasium mit- brechen. Aber gerade jetzt täte es so gut, geben möchte. Deshalb lassen wir, wenn die Mittagsho- einmal von mir Abstand zu nehmen – und wenn auch re in meine Unterrichtszeit fällt, beim Angelusläuten die nur für wenige Minuten! Da läuten die Glocken, die Stifte fallen, unterbrechen den Diskurs, egal, wie wich- Mönche stehen schon auf und der murmelnde Gesang tig er gerade ist, lehnen uns zurück oder nach vorne, hebt an. entspannen und hören dem Glockengeläut einfach zu. Es ist jedes Mal die gleiche Erfahrung: Die Sprachbilder Den Lernenden macht das Freude – nicht nur, weil zwei, der Psalmen, manchmal auch nur ein einziger Vers, ein drei Minuten Unterricht ausfallen, wird mir glaubwür- einziges Wort bloß setzen sich fest, etwas daran lässt dig versichert. Und ich spüre tatsächlich den anderen mich nicht mehr los, ich schmecke dem Impuls nach – ‚Wind‘, der danach durchs Klassenzimmer weht. und bin weg von mir. Endlich! Die Erfrischung! Es gibt Deshalb ist es für mich als Lehrer an dieser Schule auch auch noch ein Leben neben dem Schulstress, neben der so wichtig, dass endlich alle neun Glocken bald wieder fordernden Achtsamkeit für meine Schüler, neben der erklingen. Da bin ich ganz egoistisch! Eine Mittagshore Dauerbeanspruchung. ohne Läuten – das ist wie ein Brief ohne Anrede!“ Dann ist alles vorüber, die Mönche haben im meditati- Stefan Straub unterrichtet Deutsch und ven Gang die Klosterkirche verlassen und noch bevor Religion am Rhabanus-Maurus-Gymnasium HEIMAT Hymnus D er Tag strebt seiner Höhe zu, der Mittag ruft uns zum Gebet: wir loben Gott und bitten ihn um Segen für den heil'gen Dienst. O wahre Sonne dieser Welt, vor dir verblasst des Mittags Schein; die Menschheit ist durch dich erlöst, die Welt erstrahlt verklärt im Licht. Vollenden wir den Lebenslauf, nimm uns in deine Liebe auf, dass unser Herz dich ewig preist, Gott Vater, Sohn und Heil'ger Geist. Amen missionsblätter 3 | 2019 15
Erntedank Frisches aus der Klostergärtnerei Text: Stefanie Merlin Der Winter würde sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen; und so drängte Br. Romuald im Jahr 1895 auf die zügige Fertigstellung eines ersten Glashauses für die Ottilianer Gärtnerei: „denn er fürchtet mit Recht für seine mühsam gezogenen Blumen oder für seine erbettelten Stecklinge, die er vor kurzem von Freiherr von Perfall erhielt“ heißt es in der Bauchronik der Erzabtei „Lebendige Steine“ (2008, St. Ottilien). Morgens geerntet, Die Anfänge mittags auf dem Teller Ende Oktober desselben Jahres erhielt das erste Glas- Ob Exerzitiengast, Mönch, Mitarbeiter, Tagesheimschü- gewächshaus sein Dach und der Gärtnerbruder konnte ler, Lehrer – alle kommen in den Genuss von Obst und beruhigt sein. Es stand auf der Ostseite des Klosterge- Gemüse, das vor Ort wächst: gartenfrischer Salat, Otti- bäudes unweit der heutigen Gärtnerei. Mit den neuen lianer Birnen oder Karottengemüse entgeht niemandem, Möglichkeiten zur Saison-Verlängerung und dem stei- der in Ottilien isst. genden Bedarf an Obst und Gemüse wurden die Flächen Dafür sorgt neben den Köchinnen und Köchen das und Gebäude der Gärtnerei beständig erweitert. Im Gärtner-Team: Mönche und Mitarbeiter ergänzen sich HEIMAT Frühsommer 1962 entstanden dann die heute noch ge- mit ihren breit gefächerten Fähigkeiten. Auf einer nutzten Glashäuser an der Straße zum Bahnhof. Damals Fläche von rund zwei Hektar kümmert sich Johannes leitete der tatkräftige Br. Bruno die Gärtnerei und der Bader aus Windach um die Gemüseproduktion. Dabei Klosterchronist lobt die Leistungsfähigkeit der Gärtnerei helfen ihm drei feste Mitarbeiter, ein Asylbewerber aus „auch im Winter (…) durch Belieferung der Küchen mit dem Haus St. Florian, der im Exerzitienhaus angestellt frischem Gemüse“. Das waren vor allem Wurzelgemüse ist und manchmal im Gewächshaus aushilft. Im Som- und Kohlsorten, berichtet Br. Alto Schmidt, der heute mer und zur Erntezeit trifft man auch den früheren für die Gärtnerei, den Obstbau, Mosterei und Brenne- Klostergärtner Br. Leonhard zwischen den Tomaten- rei verantwortlich ist. Damals wurde auch noch viel pflanzen an. Er ist inzwischen 75 Jahre alt, aber wenn Obst und Gemüse in der Klosterküche eingemacht. Das in Stoßzeiten viele Hände gefragt sind, hilft er, wo es hauseigene Sauerkraut gibt es noch heute – dafür kom- nötig ist, wie beim Tomaten-Ausgeizen und -Aufleiten. men Liebhaber des frischen fermentierten Kohls in den Unverzichtbar in den Gewächshäusern sind auch „Mit- Hofladen und holen sich dort ihre Portion Herbst und arbeiter“ wie Hummeln und Marienkäfer: die einen sind Winter-Vitamine. für die Bestäubung, die andern gegen Blattläuse nütz- lich, erklärt Johannes Bader. Im Obstbau und in der Mosterei ergänzen sich Br. Alto und Br. Erwin, Br. Nikolaus hilft dabei. Br. Fabian kümmert sich zu jeder Jahreszeit um die Pflege der Außenanlagen und die Kirchenfloristik. Er versteht es, aus Blüten und Zweigen, die beim Strauchschnitt anfallen, wunderbare Ikebana-Gestecke zu zaubern. Seit vielen Jahren kümmert sich Josef Jaud v.l. Postulant Daniele Lupardi, Johannes Bader, Br. Fabian, Br. Nikolaus, Mitarbeiter um die Pflege des Klosterfriedhofs Hermann Hartl und Fabian Thienel (nicht im Bild Mario Traunfelder), Br. Alto, Josef Jaud 16 missionsblätter 3 | 2019
Aus Garten und Gewächshaus: Tomaten, Wassermelone, Kohlröschen Ideal für den Gemüseanbau sind die nach Süden aus- Dass ihm sein Chef Br. Alto die Freiheit gibt, auch mal gerichteten Flächen im Klostergarten, das vom Kirch- was Neues auszuprobieren, gefällt Johannes Bader an platz gut zu erkennen ist. Als die Mönche vor mehr als seiner Arbeit. Mönche wiederum schätzen es, wenn hundert Jahren den umfriedeten Klostergarten angelegt er und sein Team die Flächen bestellen und wie in haben, wussten sie um die Vorteile der Äcker in leichter diesem Jahr mit großem Erfolg Wasser- und Honig- Hanglage. Neben den langen Reihen des grüngelben melonen pflanzen, so dass die Mönche in den Genuss Rosenkohls steht hier im Herbst seit neuestem eine ver- der sommerlichen Kürbisfrüchte aus eigenem Anbau wandte Art von Kohl, der lilagrüne Flowersprout – zu kamen. Paprika, Tomaten, Gurken, Kürbis, Auberginen, deutsch „Kohlröschen“. Haben die Gärtner die kleinen Blumenkohl, Bohnen, Salate, Rhabarber, Kräuter und Röschen erst einmal in aufwendiger Handarbeit vom vieles mehr wächst hier, dazwischen blühende Streifen Stiel geschnitten, ist die Zubereitung ein Kinderspiel: von Pflanzen, die im Herbst zur Gründüngung unter- wenige Minuten in Salzwasser gekocht, ein paar gepflügt werden. Nicht selten sieht man, wie sich die HEIMAT Tropfen Olivenöl und Zitronensaft genügen, aus dem Gärtner mit der Harke durch die Reihen arbeiten und so Minikohl eine köstliche Beilage mit feinem nussigen dafür sorgen, dass das Unkraut nicht Überhand nimmt. Geschmack zu machen. Morgens um fünf beginnen die Gärtner im Sommer mit der Ernte. Vom Feld liefern sie anschließend auf kurzem Weg an die Küchen und den Hofladen. Seit kurzem ist Obst und Gemüse das Gemüse aus der Klostergärtnerei auch im Rewe aus dem Klostergarten gibt es im Eching am Ammersee zu bekommen. Außerdem schätzt ✿ Hofladen der Wirt des „Wangerbaur“ aus dem nahen Painhofen Montag bis Donnerstag: die Ottilianer Salate und das Gemüse. Wie seine Gäste 8 – 11.30 Uhr und 13.30 – 17 Uhr bevorzugt er regionale Produkte. Freitag: von 8 – 17 Uhr Im Winter plant und bestellt Johannes Bader die Sorten Samstag: 8 – 11.30 Uhr für das kommende Jahr. In den Glashäusern wächst Telefon: 08193 / 71-280 derweil Feldsalat; und Karotten, Sellerie, rote Rüben Das Angebot der eigenen Gartenprodukte werden nach Bedarf aus dem kühlen Lager geholt, ge- variiert je nach Saison waschen und ausgeliefert. ✿ elbstbedienung rund um die Uhr: S Im früheren Verkaufsraum direkt an den Gewächshäusern an der Straße zum Bahnhof St. Ottilien je nach Saison eine Auswahl an Salaten, Gemüse, Blumen ❀✿❀ Wer das Obst aus dem Klostergarten am liebsten in flüssiger Form zu sich nimmt, den lädt Br. Alto im Herbst zu einer Schnapsverkostung in den Klosterladen ein: Termin wird auf www.ottilien.de veröffentlicht Unkraut zwischen Schittlauch und Salat wird regelmäßig mit der Hacke entwurzelt und bleibt als Gründünger liegen missionsblätter 3 | 2019 17
Rund um die Erzabtei Neues aus Sankt Ottilien ZUWACHS FÜR DIE GEMEINSCHAFT Am 29. Juni haben zwei jüngere Mitbrüder ihr zeitliches Ordensgelübde abgelegt. Hier erzählen sie, was sie ins Kloster geführt hat: Br. Lazarus Bartl Br. Nikolaus Kühn „Ich wurde im Sommer 1978 geboren und habe bis zu „1992 in der Hansestadt Lübeck geboren, wuchs ich meinem Eintritt in Andechs (in Sichtweite zum Bene- auf der Ostseeinsel Fehmarn auf und wurde in der diktinerkloster auf dem Heiligen Berg) gelebt. In meiner evangelischen Nikolaikirche getauft und konfirmiert. In Kindheit und Jugend war ich Ministrant in der Wall- den Jahren 2011 und 2012 habe ich im Landtag Meck- fahrtskirche und wurde schon früh „benediktinisch“ lenburg-Vorpommern mein Freiwilliges Soziales Jahr geprägt. In Andechs habe ich mich als Sänger in der geleistet. In dieser Zeit wuchs mein Interesse am christ- dortigen Chorgemeinschaft engagiert und Führungen lichen Leben. Mein Weg führte mich, ausgelöst durch übernommen. Nach meiner Mittleren Reife habe ich eine die räumliche Nähe, zu einer evangelischen Freikirche. Ausbildung zum Bürokaufmann in einer Verlagsauslie- Deren Betonung des alltäglich gelebten Glaubens und ferung abgeschlossen. Schon damals habe ich mir die die Beschreibungen des Klosterlebens in Büchern von Frage gestellt, ob ein Leben als Mönch etwas für mich Abtprimas Notker Wolf ließen meinen Entschluss wach- wäre. Nach einem ersten „Kloster-auf-Zeit“-Aufenthalt sen, ein Leben im Kloster zu beginnen. Nach der 2015 war diese Frage für mich allerdings abgehakt. 2005 abgeschlossenen Ausbildung zum Fachinformatiker bei habe ich dann „Theologie im Fernkurs“ abgeschlossen Siemens in Erlangen besuchte ich erstmals Sankt Ottili- und mich beim Malteser Hilfsdienst als Ausbilder für en im Rahmen eines „Kloster auf Zeit“-Kurses. Im Sep- Erste Hilfe, Einsatzsanitäter und Kriseninterventions- tember 2017 trat ich in das Kloster Sankt Ottilien ein. helfer engagiert. Die Frage nach einem Leben im Kloster Seit dem Ende des Noviziatsunterrichtes im Mai dieses hat mich allerdings nicht losgelassen. Mein Weg führte Jahres arbeite ich halbtags in der Informationstechnik deshalb nach Niederaltaich, wo ich dann 2014 meine des Klosters und halbtags in den Obstgärten und Au- Oblation abgelegt habe. Im Herbst 2015 habe ich dann ßenanlagen.“ bei Kloster-auf-Zeit in St. Ottilien teilgenommen, und mir war sofort klar: Wenn du ins Kloster gehst, dann hier. Es hat dann noch einige Zeit gedauert, bis ich am 13. Februar 2018 in St. Ottilien eingezogen bin. Am Hochfest der Apostelfürsten Petrus und Paulus durfte ich meine zeitliche Profess für drei Jahre ablegen - mein Professspruch lautet: „Bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht“ (Ps 36,10).“ Die Neuprofessen Br. Lazarus (li.) und Br. Nikolaus (re.) mit Erzabt Wolfgang Öxler 18 missionsblätter 3 | 2019
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