Mobilität der Zukunft - Robin Wood
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Leben heißt handeln 3.50 € · ISSN 1437-7543 · Nr. 150/3.2021 magazin Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen? Machen Sie mit und ge- winnen Sie John Greens neues Buch! Mobilität der Zukunft Klimagerechtigkeit Wilde Wälder weltweit durchsetzen nicht verfeuern
tatorte Wälder nicht verfeuern! Foto: ROBIN WOOD Europaweite Aktion gegen das Verfeuern von Holz in Kraftwerken: In Hamburg protestiert ein Bär. Unterstützen auch Sie unsere Kampagne: „Kein Verfeuern von Wäldern und Savannen in Groß- kraftwerken!“ Und machen Sie mit bei unserer Petition https://tinyurl.com/yxy94j8e. Helfen Sie mit Ihrer Spende! Nur so können wir politischen Druck aufbauen und uns für den Schutz der Wälder einsetzen. Herzlichen Dank! Lesen Sie dafür bitte auch ab Seite 12 dieser Ausgabe. 2 Nr. 150/3.21
editorial Liebe Leserinnen und Leser! seit dem Redaktionsschluss für diese Magazinausgabe überschla- Sie halten gerade die 150. Magazinausgabe in Händen. gen sich die Meldungen: 50 Grad in Kanada, verheerende Wald- Das Magazin wird seit 1992 hauptamtlich von mir betreut brände in den USA, Spanien und Südfrankreich, katastrophale – immer unterstützt von einer tatkräftigen und kreativen Starkregen und Hochwasser in Deutschland. Die Klimakrise ehrenamtlichen Redaktion. Angelika Krumm, Sabine wird weltweit spürbar. Seit fast 40 Jahren engagiert sich ROBIN Genz und Annette Littmeier sind seit vielen Jahren dabei. WOOD für die Wälder und für wirksamen Klimaschutz. Gerade Seit März 2020 konnten wir uns nicht mehr persönlich hat das ROBIN WOOD-Floß seine Tour von Berlin nach Hamburg treffen. Ich hoffe sehr, dass sich das bald wieder ändert! beendet – für Ökostrom und den massiven Ausbau der Erneuer- Für jede Ausgabe haben wir mit viel Spaß passend zum baren Energien geworben. Wir müssen handeln! Schwerpunktthema ein Foto von der Redaktion geschos- Im Magazin berichten wir immer wieder über die drängenden sen: ob feierlich mit Kuchen zur 100. Magazinausgabe, als Umweltprobleme und wie wir aktiv werden können. So hat un- Genfrüchte verkleidet, gegen Atomkraft aktiv, in Plastik sere Kampagne gegen das Verfeuern von Holz in Großkraftwer- gewandet oder als Naturforscher*innen unterwegs. ken Fahrt aufgenommen. Mehr dazu lesen Sie ab Seite 12 dieser Herzlichen Dank an alle, die für ROBIN WOOD und fürs Ausgabe. Klimapolitisches Sorgenkind der Republik bleibt weiter Magazin aktiv waren und sind! der Verkehrssektor, der sämtliche Klimaziele verfehlt. Dass wir hier umsteuern müssen, erfahren Sie im Verkehrsschwerpunkt Alles Gute und mit herzlichen Grüßen dieser Ausgabe ab Seite 18. Ihre Christiane Weitzel Nr. 150/3.21 3
inhalt Foto: Mirko Boll/ROBIN WOOD tatorte 6 Hamburg: Kohleausstieg = Holzeinstieg? 7 Stuttgart: Raus aus den Fossilen! 8 Bremen: Fieger stoppen statt Klima schrotten! 8 Berlin: Keine neuen Straßen durch unseren Wald 9 ROBIN WOOD-Floßtour: Mit Rückenwind für eine echte Energiewende! 10 Moorburg: Endgültiges Aus für das Kohlemonster 11 Termine: Klimacamps und Proteste Seite 6 Seite 12 wald Wälder nicht verfeuern: Ein Krimi mit Happy End? 12 Wälder wisch und weg für Papier 16 Foto: Stephan Roehl/ROBIN WOOD Seite 18 verkehr 18 Raus aus der Krise: Mobilitätswende Jetzt! 20 Keine neue Autobahn nirgendwo! 22 Saubere Autos sind eine dreckige Lüge 24 Weniger Flugverkehr erreichen wir durch mehr Bewegung 25 Jonas Asal: neuer ROBIN WOOD-Referent für Flugverkehr Foto: Ute Bertrand/ROBIN WOOD 4 Nr. 150/3.21
inhalt perspektiven 26 Interview mit Lara Louise Siever, INKOTA-netzwerk e.V.: Elektromobilität und globale Gerechtigkeit 36 Lebenstraum Gistenbeck: Mitmachende gesucht Foto: Fairphone (CC BY-SA 2.0) Seite 26 Seite 30 tropenwald Kautschuk: Nicht auf der (Liefer)-Kette! 30 Foto: Fenna Otten Seite 34 bücher 33 Verlosung: John Greens Buch „Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?“ 34 Handbuch: Klimawende von unten internes 37 Vermächtnisse, Impressum 38 Förder*innen-Forum Nr. 150/3.21 5
tatorte Fotos: Mirko Boll/ROBIN WOOD Protest vor dem Großkraftwerk Tiefstack in Hamburg: Hier könnte künftig Holz zur Energieproduktion verfeuert werden Kohleausstieg = Holzeinstieg: Euer Ernst? Hamburg, 29. Mai 2021: Im Rahmen der Rad-Sternfahrt „Ret- Dies ist ein erster Erfolg der Protest-Kampagne, aber vom tet Hamburgs Natur – Jeder Baum zählt“ protestierten Akti- Tisch ist das Projekt damit noch nicht: Das Ministerium vist*innen von ROBIN WOOD und Ende Gelände Hamburg spielte den Ball postwendend wieder zurück ins Feld der gegen das Verfeuern von Holz zur Energieproduktion. In Hamburger. In einem Schreiben an ROBIN WOOD erklärte Sichtweite des Kraftwerks Tiefstack am Sperrwerk Billwerder das BMZ: „Die Verantwortung für Entscheidungen über Bucht entrollten sie auf einer der Demorouten ein Protest- ihre Energiepolitik liegt in den Händen der Stadt Hamburg. banner mit der Aufschrift: „Kohleausstieg = Holzeinstieg? Dies sehen wir durch die Entscheidung zur Aussetzung des @GRUENE_Hamburg: Euer Ernst?!“ Mit einem drei Meter Prüfprozesses vom 18.05.2021 bestätigt. Eine Anfrage der großen Pfeil markierten sie symbolisch das Kraftwerk. Ihre Hamburger Umweltbehörde liegt uns in diesem Zusammen- Forderungen adressierten sie an die grüne Basis, die sich zur hang nicht vor.“ gleichen Zeit in Hamburg zu ihrer Landesdelegiertenkonfe- ROBIN WOOD und Ende Gelände Hamburg fordern einen renz traf: Die Grünen sollen sich klar gegen die Umrüstung Verzicht auf die energetische Nutzung von Holzbiomasse, von Kohlekraftwerken auf Holzverbrennung positionieren! unabhängig davon, ob das Holz nun aus afrikanischen Savannen, aus wertvollen Feuchtwäldern im Südosten In Hamburg ist das Thema hochgekocht, weil die Umweltbe- Amerikas oder aus dem Baltikum stammt. Angesichts des hörde prüfte, im Heizkraftwerk Tiefstack statt Kohle künftig längst überfälligen Kohleausstiegs suchen Unternehmen Holz aus Namibia zu verfeuern. Nach fundierter Kritik von und Kommunen derzeit vielerorts nach neuem Brennstoff Wissenschaft und Umweltorganisationen, darunter ROBIN für ihre Kraftwerke und setzen dabei auf Holz. Die EU hat WOOD, räumte die Behörde Ende Mai ein, an ihre fachlichen Holz-Biomasse als erneuerbare Energie eingestuft und damit Grenzen gestoßen zu sein. Sie setzte den Prüfprozess aus für die EU-Mitgliedstaaten als förderungswürdig definiert – und reichte diese Aufgabe ans Bundesentwicklungsministe- eine fatale Fehlentwicklung! rium (BMZ) weiter. Ute Bertrand, Hamburg #StopFakeRenewables 1. Juli 2021: In zahlreichen Hauptstädten Europas, darun- WOOD-Aktive vor dem Brandenburger Tor und vor dem ter Berlin, Brüssel, Amsterdam und Paris, hängten Ak- Bundestag in Berlin. Sie riefen EU-Kommissionspräsidentin tivist*innen Warnschilder mit der Aufschrift „Achtung, Ursula von der Leyen und EU-Vizepräsident Frans Timmer- Holzfällarbeiten!“ an Bäumen vor Regierungsgebäuden auf. mans auf, Holzbiomasse aus der europäischen Erneuer- Unter dem Hashtag #StopFakeRenewables protestierten baren-Energien-Richtlinie (RED) zu streichen. sie gegen die Verbrennung von Holzbiomasse im Namen Die EU-Kommission klassifiziert die Holzbiomasseverbren- des Klimaschutzes. In Deutschland protestierten ROBIN nung in der RED als klimaneutrale Energie, und damit als 6 Nr. 150/3.21
tatorte förderungswürdig. So kann die Verbrennung von Holzbiomasse von den EU-Mitgliedstaaten als Klimaschutzmaßnahme präsentiert und bilanziert werden. Schon jetzt werden in Europa, zum Beispiel in den Niederlanden und in Dänemark, Bäume im Namen des Klimaschutzes verbrannt. Be- sonders hart trifft es die Wälder in einem an- erkannten globalen Biodiversitäts-Hotspot im Südosten der USA und intakte Wälder auf dem Baltikum. Denn dort beziehen die weltgrößten Pelletproduzenten Enviva und Granuul Invest ihr Holz, das sie dann als Pellets nach Europa importieren. Zurzeit wird die EU-Richtlinie in Brüssel überarbeitet, was die Chance eröffnet, die Klassifizierung von Holz als erneuerbare En- ergie aus der Richtlinie zu streichen. Auch in Deutschland laufen Planungen das Umrüsten alter Kohlekraftwerke zur Holzverbrennung großzügig zu subventionieren. Damit würde der längst überfällige Ausstieg aus der Kohle Foto: Stephan Roehl/ROBIN WOOD ad absurdum geführt. Stuttgart raus aus den Fossilen! Stuttgart, 21. Mai 2021: „Klimakiller Erdgas – Nein Danke!“ stand auf dem Banner, das Stuttgarter ROBIN WOOD-Aktive zwischen Fahnenmasten vor dem Neuen Schloss in der Landeshauptstadt spannten. Die Aktivist*innen demonstrierten damit gegen die – vom En- ergieversorger EnBW angekündigte und von der Stadt Stuttgart begrüßte – Umrüstung des Kraftwerks Stuttgart-Münster auf Erdgas und forderten eine schnelle Wende hin zu einer vollständig erneuerbaren Wärmeversorgung der Landeshauptstadt. Mit dem Protest unter- stützten sie den bundesweiten Aktionstag des Anti-Gas Bündnisses „GasExit“. Erdgas schadet dem Klima erheblich. Das bei der Verbrennung entstehende CO2 und auch das bei der Produktion und dem Transport von Erdgas entweichende Methan heizen die Klima- krise an. Je nach Ort und Methode der Gasför- derung kann der Betrieb von Gaskraftwerken sogar klimaschädlicher sein als der herkömm- licher Kohlekraftwerke. Die Umrüstung von Kohlekraftwerken auf Gas zementiert zudem ein zentralisiertes, verbrennungsbasiertes Energiesystem und bindet Investitionsmittel, die für eine klimafreundliche Energiewende dringend benötigt werden. Foto: ROBIN WOOD Nr. 150/3.21 7
tatorte Flieger stoppen statt Klima schrotten! 17. Juni 2021: Da die bisherigen Finanzhilfen für den defi- die Stimmung in der Bremer Bevölkerung zu testen, ließen zitären Bremer Flughafen laut Pressemeldungen nur bis wir die Bürger*innen bei einer Aktion am 17. Juni darüber Mitte des Jahres reichten, leisteten Aktive von ROBIN WOOD abstimmen, wohin zukünftig die Steuergelder fließen sollen. nach Kräften Überzeugungsarbeit: Unter der Überschrift Zwischen zwei „Fördertöpfen“ konnte ausgewählt werden: „Zukunftsfähiger Umbau statt klimaschädliche Dauersub- ventionierung!“ ging am 25. Mai eine Pressemitteilung an 1. Flughafen subventionieren – Klimaerwärmung wird weiter die Senator*innen, die Bürgerschaft und die lokale Presse, in angeheizt, Geld fehlt für Klimaschutz der wir von der ROBIN WOOD-Regionalgruppe Bremen die 2. In den Klimaschutz investieren – ÖPNV wird ausgebaut, wichtigsten Argumente für das sofortige Ende der Finan- Investitionen in Gebäudesanierung und Bildung zierung durch die Stadt aufführten – unterstützt von der „Klima-Werkstatt Bremen“ und „Bremen im Wandel“. Um Der ganz überwiegende Teil der Passant*innen stimmte da- für, dass ihr Geld für klimaschonende Maßnahmen verwen- det wird. Umso wichtiger, weil neue Zahlen belegen, dass der Flugverkehr deutlich klimaschädlicher ist als bisher von der Flugindustrie behauptet. Sogenannte Nicht-CO2-Effekte sor- gen dafür, dass der Luftverkehr sogar für fast sechs Prozent der gesamten Klimaerhitzung verantwortlich ist. Auf unser zeitgleich veröffentlichtes Faktenblatt „Es geht um mehr als nur CO2“ machten wir Politik und Presse in Form eines offenen Briefes aufmerksam. Und auch darauf, dass Flughafensubventionierung und Klimanotstand nicht vereinbar sind. Mit der aktuellen Flugverkehrskampagne ist ROBIN WOOD auch überregional aktiv: Mehr Infos dazu unter: www.robin- wood.de/flieger-stoppen-statt-klima-schrotten Ute Greiser, Bremen Keine neuen Straßen durch unseren Wald! Berlin 25. April 2021: Am Internationalen Tag des Baumes in Bäume, die für die geplante vierspurige Trasse der TVO protestierten ROBIN WOOD-Aktive gemeinsam mit einem gefällt werden sollen: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ern- breiten Bündnis von Umweltgruppen gegen den Bau der ten!“. Am Boden markierten sie dazu die geplante Trasse mit Tangentialverbindung Ost (TVO) durch die Wuhlheide im Flatterband. Berliner Südosten. Eine Fahrraddemonstration startete am Die Wuhlheide ist eines der wichtigsten städtischen Wald- S-Bahnhof Wuhletal, eine Demo ab S-Bahnhof Spindlersfeld. naherholungsgebiete Berlins. Für den Bau der vierspurigen ROBIN WOOD-Aktivist*innen spannten ein Transparent Stadtschnellstraße sollen dort fast 15 Hektar Waldfläche gerodet und versiegelt werden. Fotos: Sylvester Kaben/ROBIN WOOD 8 Nr. 150/3.21
tatorte ROBIN WOOD-Floßtour 2021: Mit Rückenwind für eine echte Energiewende! Berlin, 23. Juli 2021: Unter dem Motto „Mit Rückenwind für eine echte Energiewende!“ hieß es in Berlin: „Leinen los für die ROBIN WOOD-Floßtour 2021.“ Rund drei Wochen lang von Berlin bis Hamburg war die Floß-Crew auf Havel und Elbe bis nach Hamburg unterwegs, um für eine Energiewen- de einzutreten, die diesen Namen auch verdient! Der Kohleausstieg ist beschlossen. Doch was kommt danach? Energiewirtschaft und Politik setzen darauf, statt Kohle künftig Gas oder Holz in den bestehenden Großkraftwerken zu verfeuern – aus Sicht von ROBIN WOOD eine fatale Fehl entscheidung! Angesichts von Klimakrise und Artensterben ist ein grundlegender Umbau des Energiesystems notwen- dig: hin zu einer dezentralen Versorgung auf Basis von klimafreundlichen, erneuerbaren Energien. ROBIN WOOD nutzte die Floßtour, um Verbraucher*innen über Ökostrom zu informieren, denn längst nicht überall, wo „öko“ oder „grün“ drauf steht, wird dieses Versprechen auch eingelöst. Um herauszufinden, welche Anbieter empfehlens- wert und von der Kohle- oder Atomindustrie unabhängig sind, hat ROBIN WOOD die Ökostromangebote von 1.200 Anbietern unter die Lupe genommen. Unter den Empfoh- lenen finden sich bekannte Größen des Ökostrommarktes, aber auch kleine oder junge Unternehmen, die in früheren Ökostrom-Reporten noch nicht auftauchten. Mit aktuellen Informationen, Veranstaltungen und Akti- onen machte die Floß-Crew Interessierte entlang der Strecke auf ihr Anliegen einer echten Energiewende aufmerksam. Stationen der Tour waren Potsdam, Werder, Ketzin, Branden- burg, Genthin, Tangermünde, Arneburg, Havelberg, Witten- berge, Gorleben, Hitzacker, Bleckede, Lauenburg, Geesthacht und Hamburg. Ute Bertrand, Hamburg Fotos: Knut Hildebrandt/ROBIN WOOD Aktiv werden? – ROBIN WOOD im Überblick Darum geht’s: Mit kreativen Aktionen und klaren und übernimmt Verwaltungsaufgaben. Über die wichtigen Forderungen mischt sich ROBIN WOOD öffentlichkeits- Anliegen des Vereins entscheiden die ehrenamtlich Aktiven wirksam in politische Debatten ein und streitet für eine basisdemokratisch. umweltverträgliche und sozial gerechte Gesellschaft. Die Die themenspezifische Arbeit erfolgt überregional in Fach- Kampagnen-Schwerpunkte von ROBIN WOOD liegen in den gruppen, unterstützt durch hauptamtliche Kräfte. Ziele, Bereichen Wald, Tropenwald, Klima, Energie und Mobilität. Inhalte und Forderungen der Aktivitäten im Fachgebiet Bundesweit organisieren sich ROBIN WOOD-Aktive in zahl- werden dort diskutiert und im Konsens beschlossen. reichen Regionalgruppen, siehe auch robinwood.de/ Regionalgruppen. Dort, wo es keine Gruppen gibt, sind Weitere Informationen über ROBIN WOOD finden Sie online Neugründungen möglich. Die Bundesgeschäftsstelle in unter www.robinwood.de. Kontakt: ROBIN WOOD-Bundesge- Hamburg unterstützt die lokalen Gruppen bei fachlichen schäftsstelle, Bremer Str. 3, 21073 Hamburg, 040 3808920, Fragen, Recherche, Aktionsvorbereitung und Pressearbeit info@robinwood.de Nr. 150/3.21 9
tropenwald Foto: Pay Numrich Die Proteste haben gewirkt: Das Kohlekraftwerk Moorburg ist endgültig vom Netz gegangen Moorburg: Endgültiges Aus für das Kohlemonster Verantwortungslosigkeit, Fehlkalku- verfeuert werden. Moorburg ist eines und Umweltverbände von Anfang an lation und ausdauernder Widerstand der größten Kohlekraftwerke Europas. gegen das Kraftwerk. Im Winter 2010 sind die Schlagworte, welche die 2018 lag der jährliche CO2-Ausstoß bei besetzten Aktivistinnen von ROBIN Geschichte von Vattenfalls Kohle- mehr als sechs Milliarden Tonnen CO2 WOOD und der Bürgerinitiative kraftwerk Moorburg wohl am tref- – damit ist das Kraftwerk Norddeutsch- „Moorburgtrasse stoppen“ Bäume auf fendsten zusammenfassen. Nach elf lands Klimakiller Nummer eins. Fast der geplanten Fernwärmetrasse des Jahren Planungs- und Bauphase und 500 Tonnen Steinkohle stündlich Kraftwerks. Der BUND klagte gegen gerade mal sechs Jahren in Betrieb brauchte das Kraftwerk im Volllastbe- den Bau dieser Trasse. Die Proteste ist das Kohlemonster an der Elbe nun trieb – ein Brennstoff, der über weite und die juristischen Schritte führten endgültig stillgelegt. Strecken importiert und häufig unter letztendlich zum Erfolg: Der Anschluss ökologisch und sozial katastrophalen des Kraftwerks an das Fernwärmenetz Vattenfall hatte Moorburg Ende letzten Umständen abgebaut wird. Die Still- wurde verhindert. Der Fernwärmean- Jahres der Bundesnetzagentur zur legung von Moorburg ist ein großer schluss hätte die Rentabilität des Kraft- Stilllegung im Rahmen des Kohleaus- Gewinn für den Klimaschutz und die werks erhöht und die Umgestaltung stiegsgesetzes vorgeschlagen. Schon Menschen in den Abbauregionen. der Wärmeversorgung in Hamburg in der ersten Ausschreibungsrunde weiter verzögert. Zahlreiche weitere erhielt Vattenfall den Zuschlag für eine Auch wenn Vattenfall jetzt bemüht ist, Demonstrationen, Aktionen und Kla- Entschädigung für die Abschaltung. das Aus für Moorburg als Ausdruck gen vor und nach der Inbetriebnahme Ab dem ersten Januar 2021 durfte seiner ökologischen Verantwortung zu des Kraftwerks erzeugten politischen Vattenfall damit keinen Strom mehr deuten: Das Ende des Kraftwerks wurde und juristischen Druck und schränkten aus Moorburg verkaufen, sondern es von der Klima- und Umweltbewegung den Handlungsraum für Vattenfall ein. nur noch zur Netzstabilisierung bereit hart und ausdauernd erstritten. Mit halten. Ab dem 7. Juli darf in Moor- vielfältigen Protest- und Aktions- Dass Moorburg jetzt als eines der ersten burg nun endgültig keine Kohle mehr formen stellten sich Klimagruppen Kraftwerke vom Netz geht, ist also ein 10 Nr. 150/3.21
energie Grund zum Feiern! Es ist ein großer Er- Der nächste Skandal ist, dass die Steu- sung Wasserstoff‘ bemüht. Doch keiner folg der Klima- und Umweltbewegung erzahlenden jetzt für die wirtschaft- dieser Energieträger ist geeignet, uns und zeigt, wie stark wir sind, wenn un- liche Fehlkalkulation und klimapo- im großen Stil klimafreundlich, öko- terschiedliche Formen des Protests zu- litische Verantwortungslosigkeit der logisch und sozial gerecht mit Strom sammen kommen. Gleichzeitig bleibt Unternehmen aufkommen müssen. und Wärme zu versorgen! Immer noch ein deutlich bitterer Nachgeschmack. Insgesamt 317 Millionen Euro wurde bestimmen kurzfristige wirtschaftliche den Kraftwerksbetreibern allein in der Interessen ohne Verantwortungs- Dass das Kraftwerk überhaupt gebaut ersten Runde des Ausschreibungsver- bewusstein die Gestaltung unserer wurde, ist ein klimapolitischer Skandal fahrens gezahlt. Energieversorgung. und zeugt von der Kurzsichtigkeit der Vattenfall wird sich das Ende von Hamburger Politik und des Unterneh- Moorburg gut bezahlt haben lassen. Damit das Ende des Kohlekraftwerks mens Vattenfall. Rund drei Milliar- Statt Unternehmen, die jahrzehntelang Moorburg endlich eine wirkliche den Euro wurden in ein Kraftwerk dicke Profite mit der Zerstörung des Energiewende in Hamburg einläutet, investiert, das an der Dringlichkeit Klimas und der Umwelt gemacht ha- müssen wir als Hamburger Klima- und der Klimakrise und der zunehmenden ben, mit Millionen aus der öffentlichen Umweltbewegung also weiterhin wach- Umstrukturierung des Strommarkts Kasse zu belohnen, sollten diese Gelder sam und rührig bleiben. Gemeinsam vollkommen vorbei geplant wurde. jetzt in den schnellen Ausbau Erneuer- können wir uns für einen massiven Als die Baugenehmigung 2008 unter barer Energien investiert werden. Ausbau der Erneuerbaren Strompro- einem schwarz-grünen Senat erteilt duktion, die Förderung von Energieeffi- wurde, war längst absehbar, dass die Und die Geschichte ist leider noch zienz und die schnelle Umstellung des Verstromung von Kohle keine Zukunft nicht zu Ende. Statt endlich eine erneu- Hamburger Fernwärmenetzes auf Er- hat. erbare Strom- und Wärmeversorgung neuerbare Wärme einsetzen. Nachdem Vattenfall konnte das Kraftwerk in aufzubauen, setzen Politik und Ener- wir ein Kohlemonster zu Fall gebracht den letzten Jahren nicht mehr renta- giewirtschaft auf die nächsten klima- haben, schaffen wir das auch noch! bel betreiben. Grund dafür waren die schädlichen Energiequellen. Auch in Konkurrenz durch günstigen erneuer- Hamburg werden aktuell die Märchen Ronja Heise, Hamburg baren Strom – aber auch die Erfolge der vom ‚Klimaretter Erdgas‘, der ‚Grünen ROBIN WOOD-Energiereferentin Umweltbewegung. Holzbiomasse‘ oder der ‚Universallö- E-Mail: energie@robinwood.de Sommer, Sonne, Aktion: Klimacamps und Proteste in diesem Sommer Starkregen, verheerende Überflutungen, Waldbrände und ein 30. August bis 2. September: Klimacamp Leipziger eindringlicher Bericht des UN-Klimarats auf der einen Seite – Land beim Flughafen Halle/Leipzig eine Politik die Kohlekraftwerke weiter laufen lässt, dutzende Das Klimacamp Leipziger Land wird auch dieses Jahr ein Erdgaskraftwerke bauen lassen will und den Ausbau der Ort für (gegenseitige) Bildung, Austausch und Aktion sein. Erneuerbaren weiter auf die lange Bank schiebt, auf der ande- In der Nähe des Flughafens Halle/Leipzig gelegen, wird es ren Seite. Es gibt mehr als genügend Gründe, diesen Sommer Schwerpunkt Mobilitätsgerechtigkeit haben und Anstöße gegen die Klimakrise und für Klimagerechtigkeit aktiv zu wer- geben, sich mit Themen rund um eine klimagerechte Mobili- den – und zahlreiche Gelegenheiten dazu. Denn die Klima- tätswende zu beschäftigen. gerechtigkeitsbewegung lässt sich auch von der anhaltenden https://www.klimacamp-leipzigerland.de/ Pandemie nicht kleinkriegen und hat diesen Sommer eine vielfältige Palette an Camps und Aktionen geplant. 11. September: IAA in München Mit einer Demo und einer großen Sternfahrt wird gegen die Internationale Automobil Ausstellung im München pro- 18. bis 22. August: Camp und Aktion von GasExit in testiert. Das Klima braucht kein Hochglanz-Greenwashing Herne, Ruhrgebiet sondern eine echte Verkehrswende, jetzt! In Herne-Baukau soll eines der größten neuen Erdgaskraft- https://www.iaa-demo.de/ werke Deutschlands gebaut werden. Über Jahrzehnte wür- den große Mengen Treibhausgase freigesetzt, um hier mit Alle der vorgestellten Camps und Aktionen haben Corona-Hygie- fossilem Gas Strom und Wärme zu produzieren. Mit einem nekonzepte, um verantwortungsbewusst mit der Pandemielage Camp und einer Aktion vor Ort will das neue Bündnis Gas umzugehen. Für aktuelle Informationen zu Hygienekonzepten Exit gegen diese klimapolitische Katastrophe protestieren. und eventuellen Einschränkungen besucht bitte im Vorfeld die https://gasexit.de/ angegeben Internetseiten. Nr. 150/3.21 11
wald 1. Juli, Protest in Brüssel und europaweit ... Fotos: Forest Defender Alliance Foto: Stephan Roehl/ROBIN WOOD ... in Berlin ... in Paris Foto: Bildagentur PantherMedia/roland brack Foto: ROBIN WOOD ... in Hamburg Protest in Paris ... vor der EU-Kommission 12 Nr. 150/3.21
wald Wälder nicht verfeuern! Ein Krimi mit Happy End? Wir sind auf einem guten Weg, das auf Holz aus anderen Quellen, zum Bei- turen ohnehin schon am Rande des Verfeuern unserer Wälder in Kohle- spiel aus alten, intakten Wäldern aus Kollaps. Wir unterstützten die Bür- kraftwerken zu verhindern. Vielen Übersee oder ein Verfeuern von Holz an ger*inneninitiative vor Ort mit einer Dank für Ihre Unterstützung und anderen Standorten in Hamburg darf schriftlichen Stellungnahme und einer weiter so! nicht passieren. Das haben wir deutlich Videobotschaft. Knapp 70 Prozent der gemacht, als wir Ende Mai erneut vor Wähler*innen der Kleinstadt stimm- Der Krimi um das Verfeuern unserer dem Kraftwerk Tiefstack protestierten. Wälder im großindustriellen Stil geht Wir forderten dieses Mal von den Grü- weiter. Aber wir haben mit Ihnen schon nen in Hamburg und bundesweit eine Mitmachaktion I einige großartige Erfolge erzielt. klare Positionierung gegen die Holzver- brennung im großen Stil. Gerade Ham- Noch immer läuft zusammen mit der burg, mit seinem grünen Senator Jens Deutschen Umwelthilfe und mit Peter Kerstan und grünen Umwelt-Staatsrat Wohlleben unsere Petition gegen die Michael Pollmann, trägt eine große großindustrielle Holzverbrennung in Verantwortung. Mehr dazu lesen Sie den Kraftwerken Wilhelmshaven und in diesem Magazin unter der Rubrik Tiefstack/Hamburg. Bisher haben rund Tatorte auf den Seiten 6 und 7. 72.000 Menschen die Petition unter- zeichnet. Das ist großartig! Verbreiten Holzkraftwerk verhindert Machen Sie mit und unterschreiben Sie Sie die Petition gerne weiter unter unsere Petition an die Betreibenden Ihren Freund*innen, Bekannten und Nicht nur die Umrüstung von Groß- der Großkraftwerke und die zustän- Verwandten. Jede Stimme zählt! (siehe kraftwerken auf Holzbiomasse beschäf- digen Umweltbehörden! Unterstützt Kasten rechts) tigte uns in den vergangenen Wochen. von Peter Wohlleben möchten ROBIN Im bayerischen Kösching stimmten WOOD und die Deutsche Umwelthilfe Verbrennung von Holz in deutschen Mitte Mai Bürger*innen darüber ab, die Verbrennung von Holzbiomasse in Kraftwerken geplant ob ein kleineres Holzkraftwerk gebaut umgebauten Kohlekraftwerken verhin- werden soll, um das Audi-Werk in dern. Genau das soll jetzt zum Beispiel Dass tatsächlich jede Stimme zählt, Ingolstadt mit Wärme zu versorgen. in Wilhelmshaven und Hamburg ge- zeigt die aktuelle Entwicklung in Ham- Geplant war die Verbrennung von Holz schehen! Stoppen wir gemeinsam die burg: Nicht zuletzt aufgrund unseres aus deutschen Wäldern. Dabei sind Pläne für Holzverbrennung in Kohle- gemeinsamen Protests setzte die Ham- unsere Wälder durch die letzten Dür- kraftwerken in Deutschland! burger Umweltbehörde die Machbar- rejahre und die traditionell intensive https://tinyurl.com/yxy94j8e keitsprüfung zur Nutzung namibischer Forstwirtschaft mit ihren Monokul- Herzlichen Dank! Buschbiomasse bis auf Weiteres aus. Wir sehen darin eine Reaktion auf die breite, fachlich fundierte Kritik aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Das ist ein überraschender und sehr guter Teilerfolg! Allerdings ist die Kuh noch nicht vom Eis: Die Prüfung wurde lediglich ans Bundesentwicklungs- ministerium (BMZ) weitergereicht. Sollte von dort grünes Licht kommen, könnte die Hamburger Umweltbehörde schnell durchstarten. Deshalb bleiben wir wachsam. Auch ein Umschwenken Starker Protest gegen das Verfeuern von Wäldern: am 29. Mai in Hamburg (rechts) und am 1. Juli europaweit (linke Seite) Foto: Mirko Boll/ROBIN WOOD Nr. 150/3.21 13
wald Ja, wir feiern diese Aussagen des BMWi! Sie zeigen, dass unsere Arbeit Erfolg hat und wir die Pläne der Bundesregierung, Foto: Stephan Roehl/ROBIN WOOD Holzbiomasse zu nutzen, erfolgreich ins Wanken gebracht haben. Selbst das Deutsche Biomassezentrum (DBFZ) hat inzwischen ein langes Positi- onspapier veröffentlicht, in dem es die Verbrennung von Holz in Kraftwerken stark kritisiert und die damit verbun- denen Risiken aufzeigt. Und auch der Bundesverband der Altholzaufbereiter spricht sich gegen die Verbrennung von Holz in Kraftwerken aus. Auch wenn die- 1. Juli, Berlin: Das Verbrennen von Holz in abgeschalteten Kohlekraftwerken se Positionierung vermutlich maßgeb- darf nicht als erneuerbare Energie gewertet werden lich wirtschaftliche Beweggründe hat, so ist es doch eine willkommene Unterstüt- ten gegen das Vorhaben. Das geplante Deutschen Umwelthilfe, dem Deut- zung unseres Protestes. Holzkraftwerk wird nicht gebaut! Das ist schen Naturschutzring und Green- ein großer Erfolg! Aber auch hier gilt es peace, schrieben wir Mitte Juni einen Aber was heckt das BMWi nun mit der wachsam zu bleiben! Falls die Bundes- Brief an das Ministerium, in dem wir mehrere Monate dauernden Prüfung regierung tatsächlich Fördermöglich- unsere Hauptkritikpunkte an den aus? Wahrscheinlich ist, dass das BMWi keiten für das Verbrennen von Holz Holzverbrennungsplänen skizzierten auf ein Signal aus Brüssel wartet, denn schaffen sollte, werden viele Kommunen und eindringlich baten, von einer die EU überarbeitet die Erneuerbare-En- und Wirtschaftsbranchen sich damit ei- neuen Förderrichtlinie abzusehen. ergien-Richtlinie (REDII zu REDIII). nen grünen Anstrich verleihen können. Stattdessen müsse sich das BMWi Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie von aktiv für naturverträglichen Solar- und Holz darf nicht als erneuerbare Plänen an Ihren Wohnorten hören! Windenergie einsetzen. Die Antwort Energiequelle gelten! des Ministeriums erreichte uns bereits Eine sehr spannende Entwicklung gab Mitte Juni und fiel erstaunlich aus: Ob die Verbrennung von Holz in der es im Bundeswirtschaftsministerium REDIII weiterhin als erneuerbare Energie (BMWi). Gemeinsam mit 14 anderen „Das Bundeswirtschaftsministerium sieht gewertet wird, ist noch offen. Doch Umweltorganisationen, wie z.B. der (...) ebenso wie Sie die Notwendigkeit, sehr falls es dazu kommt, hätten die Mit- eingehend zu prüfen, wieviel Biomasse gliedstaaten einen Freifahrtschein zur überhaupt für derartige Projekte ökolo- Subventionierung dieser Energieform Die Verbrennung von Holzbiomasse gisch verantwortlich und langfristig nach- und müssten die Emissionen aus der wird von der Bundesregierung als rege- haltig zur Verfügung steht und sicherge- Verbrennung nicht in ihrer Klimabilanz nerativ bewertet. Deshalb denken im- stellt werden kann, dass Konkurrenzen veranschlagen. mer mehr Kraftwerkskonzerne darüber mit der stofflichen Nutzung von Holz Auch schon in der REDII sind starke öko- nach, ihre Kraftwerke auf Gasverbren- ausgeschlossen sind. Die Prüfung wird logische Kriterien für die Waldnutzung nung oder Holzverbrennung umzurü- noch einige Monate in Anspruch nehmen. enthalten. Das hat allerdings Kahlschlä- sten. Kraftwerksbetreibende, die Politik Ich kann Ihnen versichern, dass wir die ge und massive Waldzerstörung in keins- und die Pelletindustrie haben bereits u.a. von Ihnen vorgebrachten Bedenken ter Weise verhindert. Darum fordert Gespräche geführt, um sich abzustim- bezüglich der Verfeuerung von Biomasse ROBIN WOOD: „Biomass out of RED“: men. Der Bundestag hat die Bundes- in Großkraftwerken sehr ernst nehmen Holzbiomasse als erneuerbare Energie regierung aufgefordert, ein Förderpro- und keine Regelung planen, die unseren muss komplett aus der REDIII gestrichen gramm von über eine Milliarde Euro gemeinsamen Zielen der ökologischen und werden! zur Umrüstung von Kohlekraftwerken ökonomischen Nachhaltigkeit entgegen auf Holzverbrennung aufzusetzen. Die stünden.“ Am 14. Juli hat die EU-Kommission ihren Wirtschaft wartet auf das Signal von Entwurf der REDIII an das EU-Parla- einer subventionsfreudigen Bundes- Dann aber los, Herr Minister Altmai- ment und den EU-Rat übergeben. Bis zu regierung. Einige Kommunen denken er! Erteilen Sie der Holzverbrennung diesem Zeitpunkt konzentrierten sich all sogar darüber nach, neue Holzkraft- in Kraftwerken eine klare Absage! unsere Proteste auf die Aufklärung und werke zu bauen. Auf EU-Ebene wird Dass sie dramatisch klima-, arten und Anrufung der Kommission. Bereits im aktuell weiter verhandelt, ob Holz in gesundheitsschädlich ist und jeglicher April haben wir uns deshalb während der überarbeiteten Erneuerbare-Ener- ökologischer und ökonomischer Nach- Joe Bidens Klimagipfels mit 65 internati- gien-Richtlinie der EU (REDIII) weiter- haltigkeit entgegensteht, ist weithin onalen Gruppen in einem offenen Brief hin als erneuerbar klassifiziert wird. bewiesen. an die Präsidentin der EU-Kommission, 14 Nr. 150/3.21
wald Ursula von der Leyen, gewandt und sie Tag Fotos mit dem Hashtag #Stop eindringlich gebeten, die Verwendung FakeRenewables getwittert: „Holzbio von Holzbiomasse als Energiequelle aus masse muss aus der EU-Richtlinie RED zu streichen. für Erneuerbare Energien gestrichen werden!“ In Deutschland schaffte es der Unsere Kampagne Hashtag sogar in die Twittercharts des Tages. Noch bis zum 14. Juli sammelten Mitte Juni legten wir nach und über- wir weitere Bilder. Diese Aktion zeigte gaben rund 220 000 Unterschriften uns auf eindrückliche Weise, dass der EU-Petition „Die EU muss Wälder Protest uns über Ländergrenzen hinweg schützen. Sie darf sie nicht zur Ener- verbindet und viel Spaß machen kann, giegewinnung verbrennen!“ an Die- so dramatisch das Thema auch ist. derik Samsom, den Kabinettchef der ROBIN WOOD-Waldreferentin Jana EU-Kommission. Inzwischen haben Der REDIII Entwurf der Kommissi- Ballenthien sagte der EU-Kommission bei rund 242.000 Menschen die Petition on ist nun seit dem 14. Juli bekannt. der Online-Übergabe der 220.000 Unter- unterschrieben. Holzbiomasse ist dort weiterhin als schriften ihre Meinung: „Herr Timmer Fenna Swart vom niederländischen regenerativer Energie klassifiziert und mans, geben Sie ein starkes Signal in die Clean Air Committee und Ariel Brunner die geschärften Kriterien sind nicht im EU gegen das großindustrielle Verbrennen von Birdlife waren für die Übergabe der entferntesten geeignet, die Wälder der von Holz!“ Petition in den Hauptsitz der EU-Kom- Welt vor der massiven Zerstörung durch mission in Brüssel eingeladen, während unseren Energiehunger zu retten. Wir unsere Waldreferentin Jana Ballenthien sind sehr enttäuscht aber geben noch auf EU-Ebene auf die nationale Ener- und die Vertreter zweier weiterer lange nicht auf. Holz darf nicht die neue giepolitik haben. Die EU sieht, dass internationaler NGO online teilnah- Kohle werden! In den nächsten Monaten Deutschland aufgrund der hohen Ri- men. Unterschriften können ignoriert werden der EU-Rat und das EU- Par- siken, die die Holzverbrennung mit sich werden, aber in den eigenen Räumlich- lament den Entwurf der Kommission bringt, noch zögert. Genau jetzt besteht keiten mit harter Kritik konfrontiert zu kritisch bearbeiten. Gemeinsamen mit für die EU die Chance, angesichts der werden, hat Eindruck in der EU-Spitze einem schlagkräftigen Netzwerk aus historischen Klima-und Biodiversitäts- hinterlassen. Spätestens als Fenna Swart internationalen Organisationen werden krise die richtigen politischen Signale einen grünen Ast und eine Tüte Pellets wir diesen Prozess begleiten und setzen zur Bewältigung dieser Krisen zu setzen. mit der Aufschrift „Once a forest“ vor alles daran, dass auch die EU-Politik die Kamera hielt, war klar, dass es sich erkennt, dass wir durch das Verfeuern Wir haben bereits Erfolge erzielt. Herz- hier um ein Anliegen handelt, das nicht unserer Wälder den Kampf gegen den lichen Dank für Ihre Unterstützung auf einfach ausgesessen werden kann. Klimawandel und das Artensterben dem Weg, das massenhafte Verfeuern verlieren werden. unserer Wälder zu verhindern! Am 1. Juli setzten wir noch einen drauf und realisierten eine Plakataktion Die EU muss JETZT die Notbremse Jana Ballenthien, Hamburg zeitgleich in mehr als 15 europäischen ziehen! Gerade das Beispiel Deutschland ROBIN WOOD-Waldreferentin Städten. Wir hängten Warnschilder an zeigt, welchen Einfluss Entscheidungen wald@robinwood.de Bäume vor Sehenswürdigkeiten, wie dem Eiffelturm, dem Wiener Riesenrad Sagen Sie der EU Ihre Meinung! Machen Sie mit bei unserem Protest oder dem Hauptsitz der EU-Kommissi- gegen das Verfeuern der Wälder (siehe Kasten unten links) on. ROBIN WOOD war an diesem Tag im strömenden Regen, aber gut gelaunt in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Mehr als 1000 Mal wurden an diesem Mitmachaktion II Unterschreiben und verbreiten Sie Foto: Forest Defender Alliance bitte unsere EU-Petition „Die EU muss Wälder schützen, sie darf sie nicht zur Energiegewinnung verbrennen“. Sagen wir gemeinsam der EU Kommission unsere Meinung zum Verfeuern von Wäldern! https://tinyurl.com/5a7wtm8 Herzlichen Dank! Nr. 150/3.21 15
internes Foto: Carina Krumm Für unser Papier in Gefahr: Uralter, unberührter Wald im nordschwedischen Karatj-Råvvåive. 11.355 Menschen unterzeichneten eine Petition und erreichten, dass erneut über die Zukunft des Gebietes verhandelt wird Wälder wisch und weg Weltweit wird nur in Belgien/Luxem- 2020 hat ROBIN WOOD die Bundesregie- Schulhefte, Bücher, Schreibblocks, burg und Slowenien mehr Papier rung und die Krankenkassenverbände Taschentücher und andere Hygie- verbraucht. Wir verbrauchen mehr schriftlich aufgefordert, für Anschreibe- neartikel, To-Go-Becher, Kartons, Papier als die Kontinente Afrika und aktionen zu Covid-19-Impfungen sowie Verpackungen, Karten … all diese Südamerika zusammen. Verpackungen zur Verteilung von Masken ausschließ- Produkte werden überwiegend aus und grafische Papiere wie z. B. Druckpa- lich Recyclingpapier aus 100 Prozent Alt- Papier hergestellt. Deutschland gehört pier, sind die am meisten verbrauchten papier zu verwenden. Wir dürfen nicht mit 218 Kilogramm Papierverbrauch Papiersorten in Deutschland. Unser zulassen, dass die Corona-Pandemie eine pro Kopf im Jahr 2020 immer noch zu Papierbedarf ist so hoch, dass er nicht Ausrede für die weitere Verschwendung den größten Papierverschwendern der aus heimischen Wäldern gedeckt wer- von Ressourcen und Umweltzerstörung Welt. Damit steigern wir den Druck auf den kann. Etwa 80 Prozent der Primär- ist. Denn ein ungesunder Planet macht die Wälder weltweit. fasern, die im Papier stecken, das in uns anfällig für weitere Epidemien und Deutschland verbraucht wird, stammen Krankheitsausbrüche. Die Geschichte des Papiers reicht bis aus Wäldern in anderen Regionen der vor etwa 2000 Jahren zurück, als es Welt. Dort werden immer noch Wälder Was wir bei den grafischen und son- zunächst aus Seide, Bambusfasern oder für Papier zerstört. Das hat gravierende stigen Papieren einsparten, haben wir an Stoff hergestellt wurde. Erst 1844 wurde Auswirkungen für die Menschen vor Verpackungen und Hygienepapiere mehr die Herstellung von Papier aus Holz- Ort, die Artenvielfalt, die Umwelt und verbraucht. Der Mehrverbrauch ist nicht zellstoff, einem billigeren und leichter das Klima. Für diese Folgen sind wir zwangsläufig auf die Corona-Pandemie verfügbaren Rohstoff, eingeführt. Die mitverantwortlich. zurückzuführen. Bei Verpackungen gibt Erfindung des Papiers ist eine große es ein riesiges Einsparpotential. Dass Errungenschaft, die es ermöglicht hat, Unseren Papierkonsum verringern nicht nur Einzelpersonen, wenn sie einen Informationen über Jahrhunderte hin- Karton, etc. erneut benutzen, sondern weg aufzuzeichnen. Aber je billiger und Die Verwendung von Recyclingpapier auch Unternehmen nachhaltiges Verpa- leichter verfügbar Papier wurde, desto ist eine gute Möglichkeit, den Druck auf cken praktizieren können, zeigen drei höher wurde die Nachfrage danach und die Wälder zu verringern und wertvolle Beispiele: damit stieg der Druck auf den Roh- Ressourcen wie Wasser und Energie zu stofflieferanten für Papier – den Wald. sparen. Doch das allein reicht nicht. Der Waschbär-Versand optimiert das Wälder in vielen Regionen weltweit, vor Wir müssen unseren Papierverbrauch im Verhältnis zur Ware ohnehin ge- allem in Nordamerika, Skandinavien, drastisch reduzieren und Alternativen ringe Verpackungsvolumen, verwendet Russland, Brasilien und Indonesien, nutzen: wie z. B. Stoffservietten und wiederverwendbares Band. Er fordert werden täglich zerstört, um unseren Stofftaschentücher, Mehrwegbecher, von den Lieferanten auf unnötiges Hunger nach Papier zu stillen. Urwälder, effektivere Verpackungen und digi- Verpackungsmaterial zu verzichten und die über Jahrhunderte gewachsen sind, tale Ressourcen. Die Lösungen liegen umweltfreundlicher Verpackungsma- werden abgeholzt. Viele Menschen, nicht nur in unseren Händen als Bür- terialien zu verwenden. Dem Trend der die von diesen Wäldern abhängig sind, ger*innen, sondern auch in den Händen weißen Deckschicht auf Karton folgt nimmt dieser Raubbau die Hoffnung der Regierung und Unternehmen, die Waschbär bewusst nicht, weil die hellen auf eine sichere Zukunft und facht die auf die Verwendung von Primärfaser- Fasern weiteren Verwendungen für gra- Klimakrise an. papier verzichten sollten. Im Dezember fische Papiere verloren gehen. 16 Nr. 150/3.21
wald Das Unternehmen Knauer Wissen- Selbst aktiv werden: welchen Ländern das in Deutschland schaftliche Geräte hat Pakete ohne Ende. verwendete Papier und der Zellstoff Eingehende Kartons werden „platt“ ROBIN WOOD arbeitet ständig an stammen. Und es informiert Sie über die gemacht, alle Füllmaterialien gesam- Lösungen für eine gesündere Umwelt. sozialen und ökologischen Folgen der melt und für den Versand der eigenen Auf unserer Umweltschutz-selber-ma- Holzwirtschaft in diesen Ländern. Päckchen wiederverwendet. Das spart chen-Seite bieten wir Tipps, wie Sie Geld und Lagerfläche. Aus Umweltsicht Umweltschutz in den Alltag integrieren Das digitale Bildungsmaterial „Unter- ist „Re-Use“ genau richtig, denn die können. Als Antwort auf die oft unnötig richtsmaterialien Papier - von Natur Materialien bleiben im Kreislauf, ihre großen Papiermengen, die Versiche- bis Kultur“ (Papier & Ökologie) liefert Lebensdauer wird verlängert und durch rungen, Krankenkassen, Banken und ein ansprechendes Angebot für alle, die Wiederverwendung wird Müll ver- Versandhäuser an ihre Kund*innen die jungen Menschen Wald- Arten- und mieden. Nur die hochwertigen Geräte verschicken, haben wir kürzlich eine Klimaschutz zum Anfassen näherbrin- werden passgenau in neuen Kartons mit Rubrik mit Musterbriefen eingerichtet. gen möchten. speziellen schützenden Schaumecken in Die Musterbriefe können Sie herunter- Die Wanderausstellung „Papier – weni- alle Welt versendet. laden, bearbeiten und an Unternehmen ger ist mehr“ von ROBIN WOOD wird Der Online Versand für nachhaltigen verschicken, um weniger Papierpost in ganz Deutschland präsentiert. Sie Bürobedarf memo verwendet Mehrweg- zu fordern. So können Sie als Verbrau- informiert über die Auswirkungen des versandboxen, aus denen am Ende der cher*innen einen Systemwechsel for- weltweit stetig wachsenden Papierver- Lebensdauer wieder neue Versandboxen dern, wertvolle Ressourcen sparen und brauchs und zeigt Alternativen. hergestellt werden. unsere Umwelt schonen. Probieren Sie Weitere Informationen und Bestellung: Diese Bestpraxisbeispiele müssen es aus unter https://www.robinwood.de/ ROBIN WOOD-Geschäftsstelle, Patri- Nachahmer finden. Und politische schwerpunkte/musterbriefe-helfen. cia Ngati, Tel.: 040 380 892- 0, E-Mail: Entscheidungen sind längst überfällig, patricia.ngati@robinwood.de, papier@ um Mehrwegsysteme im Versandhandel Außerdem können Sie auf der ROBIN robinwood.de vorzuschreiben und um wirkungsvolle WOOD-Papierseite Materialien zum Maßnahmen festzulegen, die beim Thema Papier lesen und bestellen, Angelika Krumm, Papierexpertin, Überschreiten von festgelegten Grenz- darunter das Faltblatt „Wo unser Papier papier@robinwood.de, mengen greifen. wächst“. Es bietet Informationen, aus Patricia Ngati, BFDlerin, patricia.ngati@robinwood.de Papierverbrauch im Ländervergleich Wir müssen den großen Kreis der in Deutschland verbrauchten Papierprodukte dringend verkleinern. Verbräuche in Kilogramm pro Kopf in den Jahren 2013 . 2016 . 2019 G ra f ische Pa piere H ygienepa piere 120 20 Quelle: vdp-Leistungsberichte, Berechnungen ROBIN WOOD 100 15 80 10 60 5 40 0 Welt Deutschland Frankreich Schweden Brasilien Indien 20 0 Welt Deutschland Frankreich Schweden Brasilien Indien 120 Verpa ckungen 100 15 S onst ige Pa piere 80 10 60 40 5 20 0 0 Welt Deutschland Frankreich Schweden Brasilien Indien Welt Deutschland Frankreich Schweden Brasilien Indien Nr. 150/3.21 17
wald Foto: ROBIN WOOD 4. Juni 2021: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten!“ ROBIN WOOD-Aktive protestierten gegen den Bau der Stadtautobahn durch Berlin und forderten ein bundesweites Moratorium für den Autobahnbau 18 Nr. 150/3.21
verkehr Raus aus der Krise: Mobilitätswende Jetzt! Nachdem wir in Deutschland nach 1,5 nahmen für eine „Wiederbelebung“ der steuern wir damit direkt in die Klimakri- Jahren Corona-Krise zumindest eine besonders klimaschädlichen Flugin- se. Jetzt gilt es endlich die Weichen für zeitweise sommerliche Verschnauf- dustrie auf dem Nationalen Luftfahrt- eine klimagerechte Mobilität zu stellen. pause verzeichnen können, bestimmt gipfel besprochen – statt umzusteuern Denn die nächsten zehn Jahre werden die Klimakrise aktuell wieder deutlich und das Flugwachstum langfristig zu darüber entscheiden, ob das Erreichen stärker den öffentlichen und poli- begrenzen. von Klima-Kipppunkten zu einer völlig tischen Diskurs. Grund dafür sind unkontrollierbaren Entwicklung der die besonders heftigen Überschwem- Die mächtige Automobilindustrie Klimaerhitzung führt, vor der sich auch mungen, die im Juli an vielen Orten sowie die Luftfahrtindustrie wurden hierzulande immer mehr Menschen Deutschlands Verletzte und Todesopfer während der Corona-Krise finanziell schützen müssen. Die nächste Bundesre- forderten. Beiden Krisen ist gemeinsam, massiv vom Staat unterstützt, während gierung muss also eine konsequente Mo- dass sie die katastrophalen Auswir- andere Branchen so gut wie keine bilitätswende ganz oben auf ihre Agenda kungen einer völlig ungenügenden Unterstützung erhielten. So haben schreiben – die Klimakrise duldet kein Klima- und Umweltpolitik direkt sich die Arbeitsbedingungen im ÖPNV Zögern mehr! erlebbar machten. Und sie erfordern ein im Zuge der Pandemie vielerorts eher grundlegendes Umsteuern: „Vorsorge verschlechtert als verbessert, obwohl Doch es gibt auch erfreuliche Ent- statt Nachsorge“ muss endlich zum Bus- und Bahnfahrer*innen einem wicklungen: Die Mobilitätswende ist leitenden Prinzip nicht nur der Klima- besonders hohen Ansteckungsrisiko mittlerweile neben der Energiewende zu und Umweltpolitik werden. ausgesetzt waren. Auch an anderen einem zentralen Thema im gesellschaft- Stellen wird deutlich, dass das auto- lichen Diskurs um Klimaschutz und Im Jahr 2020 hat Deutschland erst- zentrierte Verkehrssystem selbst in Klimagerechtigkeit geworden. Immer mals die sich selbst gesetzten Ziele zur Krisenzeiten privilegiert wird: Die Räu- mehr Menschen schließen sich einer Emissionsminderung erreicht. Zentraler mung und Rodung des Dannenröder wachsenden und vielfältigen Mobili- „Erfolgsfaktor“ war der unfreiwillige Walds für den Ausbau der A49 wurde tätswende-Bewegung an. Die Proteste und vorübergehende deutliche Rück- trotz sehr hoher Infektionszahlen Ende im Dannenröder Wald brachten neuen gang des Verkehrsaufkommens wegen 2020 mithilfe tausender Polizeikräfte Schwung in die Mobilitätswende, aber der Corona-Pandemie. Während der aus dem ganzen Bundesgebiet politisch auch in die gesamte Klimabewegung. Pandemie bewegten sich viele Menschen durchgedrückt. Das zeigten die Mobilitätswende- dank Home Office und Online-Konfe- Die Internationale Automobilausstel- Aktionstage gegen den Klimakiller renzen viel weniger fort. Es gab also lung (IAA) wird als eine der ersten Straßenbau Anfang Juni. Um diesen weniger „erzwungene Mobilität“ z.B. bundesweiten internationalen Groß- wachsenden Widerstand sichtbar zu in Form von Dienstreisen oder Pendel- veranstaltungen in nur wenigen Wo- machen und mehr Menschen zu inspi- verkehr. Wir erlebten, dass eine ande- chen in München stattfinden, während rieren, selbst aktiv zu werden, haben re Mobilität möglich wäre. Doch die Kulturveranstaltungen weiterhin nur wir brandaktuell in Kooperation mit der Politik verpasste es, auf eine nachhaltige in deutlich reduzierter Form erlaubt Rosa-Luxemburg-Stiftung eine „As- Transformation von Wirtschaft und sind. Eine solche politische Prioritä- phalt-Protest-Karte“ veröffentlicht, die Gesellschaft umzusteuern. Das zeigt sich tensetzung zugunsten fossiler und Sie gern unter folgendem Link bestellen unter anderem dadurch, dass das Ver- klimaschädlicher Industrien lässt einen können: asphaltprotestkarte.de. kehrsaufkommen mit der Entspannung in Zeiten der multiplen Krisen den Kopf der Coronakrise in den vergangenen schütteln. Da unsere Recherchen und vielen Pro- Monaten wieder explosionsartig anstieg. testaktionen für eine konsequente Mobi- Einerseits, weil sich viele Menschen Der Verkehrssektor bleibt damit das litätswende nicht nur Zeit, sondern auch nach über einem Jahr, in dem Urlaub klimapolitische Sorgenkind der Repu- Geld kosten, freue ich mich, wenn Sie fast ausschließlich in Deutschland mög- blik, das gegenwärtig wieder sämt- unsere Arbeit auch finanziell unterstüt- lich war, ihre Flugreise nicht nehmen liche Klimaziele verfehlt – trotz des zen und wünsche Ihnen viel Spaß beim lassen wollen. Andererseits aber auch, überarbeiteten Klimaschutzgesetzes. Lesen des Mobilitätsschwerpunkts! weil die Bundesregierung eine Reihe Wenn wir zu einem ungebremsten von politischen Entscheidungen traf, die Wachstum des motorisierten Individu- Dominique Just, ROBIN WOOD- das klimaschädliche Verkehrswachstum al- und Güterverkehrs auf der Straße Mobilitätsreferentin, Hamburg fortschreiben. Zuletzt wurden z.B. Maß- und auch in der Luft zurückkehren, verkehr@robinwood.de Nr. 150/3.21 19
verkehr Foto: Ute Bertrand/ROBIN WOOD Keine neue Autobahn nirgendwo! Der bundesweite Protest gegen Autobahnbau nimmt Fahrt auf Die bundesweiten Aktionstage: men mit weiteren Aktivist*innen, u.a. „Der Danni bleibt in unseren Herzen – „#MobilitätswendeJetzt“ am ersten von Ende Gelände, Sand im Getriebe und die Samen des Widerstands werden Juni-Wochenende waren ein riesiger und Fridays for Future demonstrierte hier und an vielen anderen Stellen Erfolg einer vielfältigen Bewegung. ROBIN WOOD aber nicht nur gegen das wieder aufblühen und weiterwachsen!“, ROBIN WOOD beteiligte sich mit teuerste Autobahnprojekt der Bundesre- hieß es kurz bevor das letzte Baumhaus eigenen Aktionen für eine sozial- und publik, sondern forderte auch ein Ende fiel. Wir haben alle gehofft, dass sich klimagerechte Mobilitätswende. Mit des Bundesverkehrswegeplans und dieser Wunsch erfüllen würde – dass über 80 kreativen Protestaktionen bun- ein bundesweites Moratorium für den es nun tatsächlich genauso kommt, desweit zeigte die Bewegung: An uns Straßenbau. haben wir allerdings kaum zu glauben kommt die Politik nicht mehr vorbei! gewagt. Nicht zuletzt dank der Proteste Der Protest reichte dabei von Fahrrad- Die Bewegung gegen den klimaschäd- um den Danni sind eine Reihe weiterer demos über Autobahnen, spontanen lichen Aus- und Neubau von Auto- Waldbesetzungen und Initiativen gegen Umgestaltungen von Asphaltpisten bahnen wird immer größer, lauter und klimaschädliche Straßenbauprojekte zu urbanen Spielstraßen bis hin zu sichtbarer. Die Proteste für den Erhalt entstanden: Ob im Sterkrader Wald bei Protestaktionen auf Bäumen oder auf des Dannenröder Walds und gegen Oberhausen, in Sachsen-Anhalt gegen dem Wasser. den Ausbau der A49 waren ein Wen- den Ausbau der A1, oder gegen die A39 depunkt und haben der Bewegung durch die Lüneburger Heide. Aber auch ROBIN WOOD-Berlin beteiligte sich mit neuen Aufwind gegeben. Unter dem seit vielen Jahren bestehende Proteste, einer Kletteraktion gegen den Ausbau Motto „Wald statt Asphalt“ ist im Danni z.B. gegen den Ausbau der A26 Ost der Stadtautobahn A100 in Berlin an vielen Menschen klar geworden, dass in Hamburg oder die A44 bei Kassel, den Aktionstagen. Der Bau der A100 Autobahnaus- und -neubaupläne, die bekommen wieder Aufwind und mehr frisst nicht nur Unmengen an Beton, bereits mehrere Jahrzehnte alt sind, Aufmerksamkeit von Medien, Politik dessen Produktion besonders klima- nicht mehr in eine Zeit passen, in der und der Zivilgesellschaft. Doch für schädlich ist, sondern kommt auch der Schutz unserer Lebensgrundlagen die Proteste für eine sozial-ökologisch nur wenigen Berliner*innen zugute: und die Bekämpfung der Klimakrise gerechte Mobilitätswende gibt es nicht Ende des Jahres 2017 waren in Berlin wichtiger denn je sind. Die Politik und nur Zuspruch: Die erste Waldbesetzung pro tausend Einwohner*innen nur ihre Handlanger haben es zwar ge- Ostdeutschlands gegen die A14 in der 381,8 Kraftfahrzeuge zugelassen – der schafft, die Waldbesetzung im Danni zu Altmark wurde zuletzt wiederholt von niedrigste Wert Deutschlands. Die räumen und die Schneise für den Bau konservativen Lokalpolitiker*innen, 200.000 Euro, die die öffentliche Hand der A49 zu roden – aber damit gleich- aber auch von rechten Kräften angegrif- pro Meter Stadtautobahn ausgibt, wären zeitig den bundesweiten Protest für eine fen. also nicht nur aus ökologischer sondern sozial-ökologische Mobilitätswende, die Vor allem in den ländlichen Räumen auch aus sozialer Sicht gerechter in den unsere Lebensgrundlagen achtet und heißt es dabei immer wieder, dass Mobi- Ausbau des ÖPNV investiert. Zusam- schützt, erst recht angefacht. lität ohne eigenes Auto nicht möglich sei 20 Nr. 150/3.21
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