Schutz und Sicherheit für die Verbraucher - Landesbetrieb Hessisches Landeslabor - Unfallkasse Hessen
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Heft 3/September 2017 Landesbetrieb Hessisches Landeslabor Schutz und Sicherheit D43991-ISSN 1437-594X für die Verbraucher
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, Unfallverhütung gibt es bei der UKH schon für die Kleinsten: Bereits in den Kitas bieten wir Projekte zur Schulung von Bewegungs- und Risikokompetenzen an. Kinder müssen ja lernen, mit Risiken umzugehen. Die aktuell 7 zu beobachtende Tendenz, Kinder von jeglichem Risiko fernzu- halten, ist jedoch ein erhebliches Hindernis auf dem Weg zum „sicheren Erwachsenen“. Wie viel Sicherheit braucht ein Kind eigentlich? Einer unserer Experten geht dieser Frage ab Seite 6 auf unterhaltsame Weise nach. Gleich zwei Beiträge dieser Ausgabe widmen sich den verän- derten Arbeitsbedingungen, die mit Arbeit 4.0 und Industrie 4.0 auf die Beschäftigten zukommen werden. Wie man den Wandel sozialverträglich gestalten kann, beschreibt unser Autor Bild: ©Adobe Stock ab Seite 16. Und ob in diesem Zusammenhang „Crowdworking“ eine gesunde und sichere Alternative bietet, beleuchtet der Be- richt ab Seite 20. 6 IMPRESSUM Erlauben Sie mir einen Hinweis in eigener Sache: Wir führen zurzeit eine Zufriedenheitsbefragung unserer Versicherten zur inform – Informationen zur Fax: 069 29972-133 kommunalen und staatlichen Internet: www.ukh.de Beratungsqualität unserer Präventionsfachleute durch. Über Unfallversicherung in Hessen E-Mail: ukh@ukh.de Magazin der Unfallkasse Hessen, ISSN 1437-594X den QR-Code auf Seite 5 gelangen Sie direkt zur Umfrage. Wir gesetzliche Unfallversicherung, Sitz Frankfurt am Main Newsletter-Abo freuen uns über eine rege Beteiligung! Newsletter abonnieren auf inform erscheint quartalsweise www.ukh.de, Webcode: U897 und geht den Mitgliedern kostenlos zu. Nachdruck und Vervielfältigung Druck Ihr nur mit Quellenangabe. W. B. Druckerei GmbH Dr.-Ruben-Rausing-Straße 10 Verantwortlich für den Inhalt 65239 Hochheim am Main Bernd Fuhrländer (Geschäftsführer) Lektorat/Korrektorat Redaktion Ines Balcik Sabine Longerich (CR) Dipl.-Fachsprachenexpertin Yvonne Klöpping (CR inform-online) Am Römerkastell 7 Senta Knittel 61197 Florstadt Thiemo Gartz Cordula Kraft Gestaltung Bernd Fuhrländer Dr. Torsten Kunz Gerhards Design GmbH Geschäftsführer der Unfallkasse Hessen Alex Pistauer Kölner Straße 50 Pia Ungerer 50259 Pulheim Bezugsquellennachweis, Titelbild Herausgeber Pathologin Dr. vet. med. Unfallkasse Hessen Iris Völker in der Sektions- Leonardo-da-Vinci-Allee 20 halle des LHL 60486 Frankfurt am Main Servicetelefon 069 29972-440 Alle nicht extra gekennzeich- (montags bis freitags neten Fotos: Jürgen Kornaker von 7:30 bis 18 Uhr) für Unfallkasse Hessen klimaneutral natureOffice.com | DE-202-108537 gedruckt 2 inform | September 2017
Inhalt 4 Aktuelles SCHUTZ UND LEISTUNGEN SICHERHEIT UND GESUNDHEIT 9 Medizinische Hilfsmaßnahmen an Schulen, Teil 2 6 Wie viel Sicherheit braucht Ja, Sie dürfen helfen! ein Kind? Wahnsinnig sicher oder 12 Unfallschutz bei der betrieblichen Sicherheitswahn? Gesundheitsförderung Erfolgreiche Unternehmen dank 16 Arbeiten 4.0 und Industrie 4.0, aktiver Mitarbeiter Teil 2 Den Wandel sozialverträglich 14 Serie Wertvolle Netzwerke: gestalten Bürgermeister Markus Röder über Werte und respektvolles Miteinander 9 19 Qualifizierungen der Unfallkasse Hessen 18 Zum Internationalen Tag der Bild: ©Adobe Stock Seminare 2018: jetzt anmelden! Ersten Hilfe Helfen kann so einfach sein! 20 Revolution der Arbeitswelt oder Nischenerscheinung? Crowdworking als neues EHRENAMT Arbeitsmodell 30 Serie SiBe-Spezial: 23 Artikelgesetz zur Neuregelung Jens Lau, Landesbetrieb Hessenforst des Mutterschutzes „Täglich wieder gesund aus dem Reform des Mutterschutzes Wald zu kommen, das ist meine Motivation.“ 24 Serie Mitgliedsunternehmen: Landesbetrieb Hessisches Landeslabor DIALOG Nahrungsmittelkontrolle vom Acker bis zum Teller – Schutz und 28 Serie Sie fragen – wir antworten: Sicherheit für die Verbraucher Die Versichertenrente 32 World Congress for Safety and Health at Work 2017 Risikoparcours: Instrument für Vision Zero? 34 Sportlehrkräfte-Workshops: Parkour – aber sicher! Bewegungsrisiken richtig einschätzen 14 Jens Lau, SiBe im Landesbetrieb Hessenforst, berichtet ab Seite 30 über seinen Arbeitsalltag. 30 32 inform | September 2017 3
Aktuelles Unfallursache Maschinen-Manipulation Europäische Standards App identifiziert Schwachstellen Neue Berufs- im Schutzkonzept von Maschinen krankheiten Manipulierte Schutzeinrichtungen an Ma- Das IFA hat nun ein schinen führen regelmäßig zu schweren Verfahren entwickelt, und tödlichen Unfällen, verursachen Pro- mit dem sich der Ma- duktionsausfälle und hohe Kosten. Eine nipulationsanreiz für Bild: ©Adobe Stock neue App hilft, dem vorzubeugen. Mit der jede beliebige Maschi- neuen App bietet das Institut für Arbeits- ne bewerten lässt. schutz der DGUV (IFA) Planern, Herstellern Dieses Verfahren steht jetzt als App unter und Betreibern von Maschinen ein kos- Android und IOS zur Verfügung (der QR- tenloses Tool, mit dem sich Manipulati- Code führt direkt zur App). Die Bewertung Am 1. August traten die Änderungen zur onsanreize an Maschinen einfach erken- kann jederzeit stattfinden: in der Kon- neuen Berufskrankheitenverordnung in nen lassen. struktionsphase der Maschine, vor Aus- Kraft. Die Berufskrankheitenliste wurde lieferung oder bereits im Betrieb. Wichtig um fünf Krankheiten erweitert: Im Schnitt wird ein Drittel aller Schutzein- ist allerdings, dass Personen die App richtungen an industriell genutzten einsetzen, die mit der Bedienung der • Leukämie durch 1,3-Butadien Maschinen regelmäßig manipuliert. Die Maschine vertraut sind, also Hersteller, • Harnblasenkrebs durch polyzyklische Folge sind Jahr für Jahr mehrere tausend Händler oder die Fachkraft im Unterneh- aromatische Kohlenwasserstoffe Unfälle – auch tödliche. men. • Fokale Dystonie bei Instrumental- musikern „Schutzeinrichtungen an Maschinen wer- Otto: „Nur wenn überhaupt erkannt wird, • Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) den dann außer Kraft gesetzt, wenn sie dass ein Manipulationsanreiz besteht, durch Asbest den Arbeitsablauf stören“, sagt Stefan können Gegenmaßnahmen ergriffen, Un- • Kehlkopfkrebs durch polyzyklische Ottok, Experte für Maschinensicherheit fälle vermieden und Menschen geschützt aromatische Kohlenwasserstoffe im IFA. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn werden.“ der Arbeitsraum schlecht einsehbar ist, Der Empfehlung des wissenschaftlichen vielleicht durch ein zu kleines Sichtfens- Quelle: Newsletter DGUV 13.7.2017 Beirats des Bundesministerium für Arbeit ter, wenn der erforderliche Arbeitstakt und Soziales (BMAS) wurde damit Folge Mehr: nicht erreicht wird oder bestimmte Tätig- geleistet. keiten überhaupt nicht möglich sind, bei- ǣǣwww.dguv.de, Webcode d3295 spielsweise das Einrichten der Maschine. Die gesetzliche Unfallversicherung über- Otto: „Liegen solche Defizite vor, sprechen Info: Der QR-Code funktioniert nur am iPad! nimmt die Kosten für die Heilbehandlung wir von einem Manipulationsanreiz.“ und leistet weitere Unterstützung bei dau- erhafter Erwerbsminderung oder Arbeits- unfähigkeit der Betroffenen. Beschlossene Sache Die neue Gefahrstoffverordnung – Was hat sich geändert? Mit Inkrafttreten der neuen Gefahrstoff- • aus erbgutverändernd wird verordnung sind hauptsächlich Begriffe keimzellmutagen, novelliert und an die europäische Verord- • aus fruchtbarkeitsgefährdend nung (CLP) angepasst worden: wird reproduktionstoxisch. • aus Zubereitung wird Gemisch, Weitere Änderungen sind geplant und • aus Hersteller, Einführer oder betreffen dann unter anderem bessere Bild: ©Adobe Stock Inverkehrbringer wird Lieferant, Regelungen zum Umgang mit Asbest. • aus krebserzeugend wird Außerdem wird der Anhang zu partikel- karzinogen, förmigen Gefahrstoffen auf den neusten Stand gebracht. 4 inform | September 2017
Aktuelles Gut zu wissen Kundenbefragung der UKH ab 15. September Unfallversichert in Sind Sie mit unseren Beratungen zufrieden? der Elternzeit Der Bereich Prävention der UKH sorgt Zielgruppen sind alle Mitgliedsbetriebe für die Verhütung von Arbeits- und der UKH, also u. a. Städte, Gemeinden, Schulunfällen, Berufskrankheiten und Schulen und Universitäten in Hessen, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. und ebenso die Kindertagesstätten. Ihre Dies tun wir u. a. durch Beratung, Qua- Antworten helfen uns, unseren Service lifizierung und Projektarbeit. Eins un- im Sinne und Interesse unserer Kunden serer Ziele ist die hohe Beratungs- und Mitglieder zu verbessern. Wesent- qualität unserer Präventionsfachleute, liche Ergebnisse veröffentlichen wir in damit wir in den Betrieben eine hohe einer der nächsten inform-Ausgaben. Bild: ©Adobe Stock Wirksamkeit erzielen. Um zu messen, ob wir unser Ziel auch erreichen, führen Sie finden die Umfra- wir ab dem 15. September eine präven- ge ab 15.9. auf allen tionsbezogene Online-Kundenbefra- UKH Portalen (z. B. gung durch, mit der wir den Grad der www.ukh.de). Beschäftige, die in der Elternzeit aus- Kundenzufriedenheit ermitteln. nahmsweise für ihren Arbeitgeber tätig werden, stehen unter dem Schutz der ge- setzlichen Unfallversicherung. Versichert sind die Mitarbeiter*innen in Elternzeit Sichere und gesunde Universität allerdings nur dann, wenn sie eine Tätig- keit ausüben, die mit dem Beschäfti- gungsverhältnis in einem inneren Zusam- Preis für Arbeitssicherheit verliehen menhang steht. Private Besuche im Büro, um Kolleg*innen den Nachwuchs vorzu- Der mit 1.000 Euro dotierte Arbeitssicher- „Arbeitssicherheit ist ein hohes Gut“, sag- stellen, sind nicht unfallversichert. heitspreis der UKH in Kooperation mit der te der Präsident bei der Übergabe der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ging Auszeichnung. Und Smarsly ergänzte: Unter Unfallschutz stehen: in diesem Jahr an Professor Bernd Smarsly „Wir bemühen uns, permanent in Sicher- und seine Mitarbeiter*innen. Smarsly ist heit zu leben und zu arbeiten – und dies • Arbeiten im Auftrag des Arbeitgebers Leiter der Arbeitsgruppe „Funktionelle mit Spaß.“ • Teilnahmen an Seminaren Nanomaterialien“ am Physikalisch-Che- • Teilnahmen an betrieblichen mischen Institut. Sabine Menne von der UKH übergab den Gemeinschaftsveranstaltungen Gutschein über 500 Euro. Das JLU-Präsi- wie Weihnachtsfeier, Betriebsausflug JLU-Präsident Joybrato Mukherjee gratu- dium stockte den Preis noch einmal um • alle Wege, die mit diesen Anlässen lierte der Arbeitsgruppe, die bei insge- die gleiche Summe auf. verbunden sind samt 16 Begehungen im Wettbewerb das beste Ergebnis erzielt und damit nachge- Joybrato Mukherjee (1. Reihe, 2. v. r.) über- Nicht versichert in der Elternzeit ist hinge- wiesen habe, dass sie besonders hohe reicht gemeinsam mit Sabine Menne, UKH (1. Reihe rechts) den Arbeitssicherheitspreis gen die Teilnahme am Betriebssport. Sicherheitsstandards einhält. 2017 an Prof. Bernd Smarsky (1. Reihe, 3. v. r.). Der soll einen Ausgleich für Belastungen durch die Arbeit schaffen und die Leis- tungsfähigkeit der Beschäftigten unter- stützen. Dieser Beweggrund entfällt jedoch für Beschäftigte in Elternzeit. Wenn sie Sport treiben, steht das private Interesse also im Vordergrund. Wie lassen sich private und dienstliche Belange voneinander abgrenzen? Hilfreich ist es in jedem Fall, den beabsichtigten Einsatz für den Arbeitgeber im Vorfeld zu dokumentieren, zum Beispiel durch eine E-Mail. Quelle: Pressemeldung DGUV 9.8.2017 inform | September 2017 5
Sicherheit und Gesundheit Wie viel Sicherheit braucht ein Kind? Wahnsinnig sicher oder doch Sicherheitswahn? „Lauf nicht, sonst fällst du hin.“ Dieter Nuhrs Bühnenparodie („Nuhr daheim“) überängstlicher Eltern ist mittlerweile reale Kita-Praxis. So werden kleine, alltägliche Verletzungen, wie offene Knie oder eine Beule, heute häufig überbewertet und banale Stolperunfälle landen gar beim An- walt. Nicht selten führt dieser elterliche Sicherheitsanspruch zu einer Verunsicherung der Kita- Verantwortlichen. Um wenig Angriffsfläche zu bieten, reagiert man dort schlimmstenfalls mit einer „Verantwortungsminimierung“ und schränkt pädagogische Freiräume im vermeintlichen Interesse der Kinder ein. Die beteiligten Erwachsenen können sich räten. In den Industrienationen ist die damit tatsächlich sicherer fühlen, die technische Sicherheit auf einem sehr Was ist eigentlich Sicherheit? Sicherheit der Kinder wird dabei leider hohen Niveau, dennoch bietet sie keinen sehr kurzsichtig und unreflektiert ge- hundertprozentigen Schutz. Sicherheit basiert auf: sehen. Die Folgen einer derartigen Über- behütung können für die Gesamtentwick- Organisatorische Maßnahmen haben den • technischen Maßnahmen lung eines Menschen nachteilig sein. Im Zweck, eine Tätigkeit, ein Vorhaben so zu • organisatorischen Maßnahmen Interesse der Kinder, aber auch gesamt- planen und durchzuführen, dass Gefahren • Verhalten gesellschaftlich gesehen, ist dieser Fehl- vermieden werden bzw. geeignet mit entwicklung entgegenzuwirken. Wie das ihnen umgegangen wird. Hierzu gehört gelingen kann, wollen wir im Folgenden zum Beispiel die regelmäßige Wartung wenn dieser in der Kindheit lernt, mit Ri- näher betrachten. von Spielplatzgeräten. Im Kita-Bereich ist siken umzugehen. Die derzeit zu beob- die Regelvorgabe in Verbindung mit der achtende Tendenz, Kinder von jeglichem Die Sicherheitslage in den Kitas Aufsichtspflicht eine organisatorische Risiko fernzuhalten, ist hierbei ein erheb- Maßnahme. liches Hindernis. Etwas provokant könnte In den Kitas passieren tatsächlich Unfälle. man deshalb feststellen: Das Kind braucht Das Unfallgeschehen ist jedoch hinsicht- Auch unser Verhalten trägt wesentlich zur genau so viel Gefahr, wie der spätere Er- lich Menge und Schwere moderat. Kitas Sicherheit bei. Wir lernen, Gefahren zu wachsene an Sicherheit gerne hätte. Oder sind sehr sichere Orte. Die zunehmende erkennen und geeignet mit ihnen umzu- anders ausgedrückt: Das Kind „verträgt“ Verängstlichung von Eltern, aber auch von gehen. Im Kita-Alter ist der Verhaltens- genau so viel Übersicherung, wie der Erzieher*innen, lässt sich mit dem Un- anteil beim Gefahrenumgang noch relativ spätere Erwachsene an Unsicherheit auf- fallgeschehen nicht wirklich erklären. Es gering. Es wird noch ein deutlicher Schutz weisen darf. müssen also andere Kräfte am Werk sein, durch Technik und Organisation, sprich wenn es darum geht, Bagatellverletzun- Aufsicht, benötigt. Dennoch gehört auch Unheilvolle Allianz gen wie Schrammen und Insektenstiche in diesem Alter der Umgang mit angemes- zu dramatisieren, aus Angst vor Entfüh- senen Gefahren zur gesunden Entwick- In den letzten Jahrzehnten sind in unserer rungen überhohe Zäune zu fordern oder lung. Dies geeignet zu gestalten, ist die Gesellschaft zwei parallele Entwicklungen Pflasterkleben als unlösbares Allergie- besondere Herausforderung der erziehe- zu beobachten. Neben einer starken Indi- Problem zu sehen. Interessant ist in die- rischen Arbeit. vidualisierung mit einem ausgeprägten sem Zusammenhang die parallele Ent- Anspruchsdenken gegen andere und die wicklung in Freizeitsport, Film oder Life- Kinder müssen lernen, mit Risiken „Gemeinschaft“ (Staat, Versicherungen style. Aktivitäten mit Nervenkitzel (Free- umzugehen. etc.) hat sich unverkennbar eine überzoge- Climbing, Bungee-Jumping, Gleitschirm- ne Ängstlichkeit, verbunden mit einem fliegen etc.) haben Hochkonjunktur. Ge- Die Grafik auf Seite 7 verdeutlicht die je- Haftungsdenken, entwickelt. Gerichts- radezu grotesk ist es, wenn Kinder, denen weiligen Anteile von Technik, Organisa- urteile und juristische Sichtweisen sind man blutige Knie verwehrt, Hosen mit tion und Verhalten, die über die Kindheit dabei in unser Denken und Handeln ein- kaputten Knien tragen. Der verstärkte bis hin zum Erwachsensein relevant sind. geflossen. Häufig wird bei Bewertung Sicherheitsanspruch gilt also nicht über- Die Darstellung ist qualitativ zu sehen. einer Gefahrensituation wie folgt argu- all und verlangt anscheinend sogar nach mentiert: „Das können Sie dann ja dem Kompensation. Sicheres Verhalten muss quasi vom Zu- Richter erzählen!“ oder „Tja, damit möchte stand Null (beim Säugling) zur „normier- ich dann nicht vor dem Richter stehen.“ Technische Maßnahmen sind z. B. Sicher- ten“ Vorstellung beim späteren Erwach- Gegenüber einem solchen Haftungsden- heitsgurte in Fahrzeugen und die norm- senen entwickelt werden. Den sicheren ken tritt eine tatsächlich Bewertung der gerechte Gestaltung von Spielplatzge- Erwachsenen kann es also nur geben, Gefahr meist völlig in den Hintergrund, 6 inform | September 2017
Sicherheit und Gesundheit Schutz vor Gefahren durch Verhalten, Technik und Aufsicht Schutz vor Gefahren durch Verhalten, Technik und Aufsicht 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % Aufsicht 20 % Technik 10 % Verhalten 0% Säugling 3-Jährige 6-Jährige 10-Jährige Erwachsene Aufsicht Technik Verhalten Bild: ©Adobe Stock Technische und organisatorische Maßnahmen wie z. B. abgesicherte Türen und die Wartung von Spielgeräten beugen möglichen Verletzungen vor. was auch ein Blick auf statistische Zahlen Grundsätzlich lässt sich anmerken, dass widerspiegelt: In Deutschland existieren Grausame Bilder finden den Weg sowohl die Träger als auch das Kita-Per- über 400 Millionen Versicherungsab- in unser Gehirn und füllen das sonal häufig die Auseinandersetzung mit schlüsse, d. h. pro Kopf über fünf Ver- „Angstareal“ beständig auf. Ge- Gefahren (Bewertung, Festlegung von sicherungen! wichtungen oder Wahrscheinlich- Maßnahmen) meiden. Mit dem Wunsch keiten für schlimme Ereignisse nach „Verantwortungslosigkeit“ verlässt Wenn elterliche Ängste und Ansprüche treten dabei völlig in den Hinter- man sich allzu gern auf „Experten“ und auf Haftungsängste der Pädagogen oder grund. Experten erläutern uns verschenkt im Glauben an eine „100-pro- der Träger prallen, können sich die beiden dann das Geschehen und stellen zentige Rechtssicherheit“ seine eigenen genannten Entwicklungen in der pädago- die Schuldfrage. Unser derart auf- Gestaltungsmöglichkeiten. gischen Arbeit potenzieren. Bei der Frage gefrischtes „Sicherheitsdenken“ nach der Ursache dieses „kollektiven“ wird so mit Schuldvorwürfen und Kinder benötigen einen reflektierten Verhaltens entsteht der Verdacht, dass Ersatzanspruchsdenken kombi- Umgang mit Gefahren. wir hier einem Stück menschlicher Zivili- niert; eine unheilvolle Allianz. sationsentwicklung gegenüberstehen und Erwachsene (Eltern, Erzieher*innen etc.) die wirklichen Gründe tief in unserer • Eine niedrige Geburtenrate und beeinflussen direkt, und Institutionen, Psyche zu suchen sind. Vordergründig späte Elternschaft haben die Kind- wie Träger, Behörden, Versicherungen, können wir jedoch Folgendes nennen: heit deutlich verändert. Das meist indirekt den Umgang mit Gefahren. Alle einzige Kind, die Zukunft der Fa- Beteiligten setzen somit den Rahmen für milie, steht in einem besonderen die jetzige Sicherheit der Kinder und die • Angst und Sicherheit sind Themen, Fokus. Dies begünstigt eine Über- des späteren Erwachsenen. Für eine po- mit denen sich mittlerweile „gutes behütung, was zu überzogenen sitive Einflussnahme bedeutet dies auf Geld“ verdienen lässt. Aber selbst Elternanforderungen bzw. -erwar- der Ebene Kita und Eltern: ohne geschäftlichen Hintergrund, tungen bei der Kita-Betreuung selbst mit besten Absichten, wer- führen kann. Die geringe Kinder- • Sicherheitsfragen müssen vom pä- den Gefahren mittlerweile (über- zahl erschwert auch spontane dagogischen Personal selbstständig zogen) „vermarktet“ und genutzt. Kontakte zu anderen Kindern. reflektiert werden. Das mag anfangs In der elterlich organisierten Frei- schwierig sein, aber nur durch die • Medial wird uns jede globale zeit ist das Kind dann selbst im kontinuierliche Abwägung von Nut- Katastrophe ins Haus gebracht. Spiel ständig unter Erwachsenen. zen bzw. Risiken kann man die Sicher- heit von Kindern wirklich realisie- >> inform | September 2017 7
Sicherheit und Gesundheit Unangenehm aber meist ungefährlich: Insektenstiche >> ren und eine eigene innere (Ent- Auf institutioneller Ebene kann positiv Außerdem muss der Staat der neuen „ins- scheidungs-) Sicherheit dauerhaft Einfluss genommen werden, wenn seitens titutionell betreuten Kindheit“ verstärkt erlangen. Dies muss natürlich im der Träger die zunehmend umfänglichere Rechnung tragen und folgende Fragen gesamtpädagogischen Kontext pas- Kinderbetreuung und die damit verstärk- beantworten: Kann das Personal mit dem sieren, da Sicherheit keine losge- te Übernahme von Erziehungsaufgaben bestehenden Betreuungsschlüssel die- löste Eigenschaft, sondern in gewis- und Elternkontakten durch das Kita- sen umfänglicheren Aufgaben überhaupt ser Weise mit jeder unserer Hand- Personal bedacht werden. Die Aufgaben- gerecht werden? Ist dieses für die Aufga- lungen verknüpft ist. wandlung vom Betreuungsvertrag zur Er- ben ausreichend qualifiziert? Müssen ggf. ziehungspartnerschaft stellt neue, zusätz- auch Eltern in ihrer Rolle gestärkt werden? • In der Elternarbeit sollte verstärkt liche Anforderungen an das Personal. Da- Letzteres bedeutet nicht automatisch den berücksichtigt werden, dass man bei hat die Diskussion und Abstimmung Ruf nach einem Elternführerschein; Mög- mit der Betreuung eines Kindes in den über Ziele eine weitaus höhere Bedeutung lichkeiten der „Qualifikation“ sollten je- Bannkreis der jeweiligen Etern-Kind- als bislang. Mit kurzen „Zwischen-Tür- doch bestehen. Vielleicht ist die zum Beziehung tritt und somit Sorgen bzw. und-Angel-Gesprächen“ wird es künftig Familienzentrum erweiterte Kita hier Ängste der Eltern in der Kita auch als keine vernünftige Zusammenarbeit geben schon der richtige Ansatz. Ansprüche in Erscheinung treten. Hier- können. Hierfür muss sich das Kita-Per- mit geeignet umzugehen, kann viel sonal wappnen. Auch die Träger müssen Krankenkassen, Unfallversicherungen Kraft erfordern. Bei richtiger Handha- mit dem Thema Sicherheit offensiv um- etc. sollten bei der Darstellung von Ge- bung kann dies jedoch zum verbinden- gehen. Sie können den elterlichen Sicher- sundheits- und Unfallgefahren stärker die den Glied zwischen Einrichtung und heitsansprüchen mit einer konkreten Ge- „Angstvermeidung“ berücksichtigen. Eltern werden. fahrenbeurteilung (Bewertung, Maßnah- Berichte über Zecken, Wespen und an- men) begegnen und somit die Initiative dere Gefahren dürfen nicht dazu führen, • Generell wird man gut beraten sein, ergreifen. Setzt man geeignete Qualitäts- dass Eltern ihr Kind noch weniger zum Eltern über kindliche Entwicklungs- vorgaben, so ist die eigene Verantwort- Spielen nach draußen schicken! vorgänge zu informieren, um damit lichkeit in hohem Maße gewahrt und für ein gewisses Grundverständnis für die Eltern die „klare Linie“ des Träger- Kinder fit machen die pädagogische Arbeit in der Kita handelns erkennbar. zu schaffen. Eine sichere Kindheit bedeutet zwar Schutz vor schweren Verletzungen, aber • Eltern sollten ihren Kindern viel nicht vor jeglicher Verletzung. Der ange- Freiraum und Möglichkeit zum Spiel messene Umgang mit Risiken ist für die mit anderen Kindern geben und sich Schaffung von Basiskompetenzen (wie dabei möglichst wenig einmischen. Höhenbewältigung) unverzichtbar. Ge- Auch sollten Eltern ihre Kinder durch- fahren meistern oder in schwierigen aus mal beim Klettern etc. in der Kita Situationen bestehen sind unaus- beobachten, um festzustellen, wie weichliche Lebensanforde- robust, sicher und belastbar diese rungen. Hierfür sollten wir eigentlich sind. Kinder fit machen. Dabei sind überzogene Ängste und das Vermeiden von Ver- antwortung schwerwiegende Hindernisse, die wir Erwachsene im Interesse aller täglich überwin- den müssen. >| Herbert Hartmann 069 29972-201, h.hartmann@ukh.de Das ist kein Beinbruch! Der angemessene Umgang mit Risiken ist für die Schaf- Bilder: ©Adobe Stock fung von Basiskompetenzen unverzichtbar. 8 inform | September 2017
Schutz und Leistungen Medizinische Hilfsmaßnahmen an Schulen, Teil 2 Ja, Sie dürfen helfen! Chronisch kranke Kinder benötigen häufig Medikamente, auch während der Schulzeit oder der Nachmittagsbetreuung. Regelmäßig stellt sich dabei die Frage, ob Lehrer*innen oder das Betreuungs- personal einem Kind Medikamente geben dürfen, ohne dabei Gefahr zu laufen, gegen Gesetze zu verstoßen. Wann besteht sogar die Pflicht, tätig zu werden? Immer wieder kommt es vor, dass Kinder rungsschutz und Haftungsfragen bei der zeitweise oder dauerhaft auf die Einnah- Medikamentengabe im Rahmen von schu- me von Medikamenten angewiesen sind, lischen Betreuungsangeboten. »»Es ist ratsam, selbst aber noch nicht dazu in der Lage sind, die erforderliche Medikation vor- Medikamentengabe während der die Art und Weise zunehmen. Fällt die erforderliche Einnah- Nachmittagsbetreuung der Medikamenten- me eines Medikaments in die Zeit, die Schüler*innen in der Schule verbringen, Schüler*innen sind während des Besuchs gabe schriftlich springen häufig Lehrkräfte oder Betreu- von allgemein oder berufsbildenden zu vereinbaren. « er*innen ein, um die erforderliche Medi- Schulen gesetzlich unfallversichert. Auch kamenteneinnahme sicherzustellen. Aber während der Teilnahme an Betreuungs- Alex Pistauer, Unfallkasse Hessen auch wenn eine Lehrkraft das Medikament maßnahmen, die von der Schule oder im verabreicht, kann es in seltenen Ausnah- Zusammenwirken mit der Schule unmit- mefällen zu gesundheitlichen Schäden telbar vor oder nach dem Unterricht statt- kommen. Auch die Lehrkraft bzw. ein Be- finden, besteht der Schutz der gesetz- treuer kann sich verletzen, zum Beispiel lichen Unfallversicherung. Schon für die bei einer Insulingabe am Pen. Maßnahme selbst muss also im Einzelfall betrachtet werden, ob es sich um eine versicherte Betreuung – wie diejenige Wichtig zu wissen! beim „Pakt für den Nachmittag“ – handelt. Für alle Beteiligten ist es deshalb Auch während der Betreuungszeit kann ungspersonal überlegt werden. Ob im wichtig zu wissen: Wie sieht die recht- eine unproblematische Medikamenten- Zusammenhang mit der Verabreichung liche Situation aus, wenn im Zusam- gabe durch Betreuer*innen gewährleistet eines Medikaments der Schutz der ge- menhang mit einer Medikamenten- sein, sofern gewisse Bedingungen einge- setzlichen Unfallversicherung besteht, ist gabe im Schulbetrieb eine Person zu halten werden. Vergleichbar mit der davon abhängig, ob dieser Teil der Per- Schaden kommt? Welche Regelungen Medikamentengabe in den Kindertages- sonensorge von den Eltern bzw. den Er- sind anzuwenden, wenn eine Schü- stätten ist es hierbei von entscheidender ziehungsberechtigten auf die Schule, den lerin oder ein Schüler einen Schaden Bedeutung, dass diese bzw. das Messen Träger der Betreuungsmaßnahme oder erleidet, der auf die Verabreichung ei- von Körperfunktionen mittels schriftlicher die Betreuer*innen übertragen wurde. nes Medikaments durch eine Lehrkraft Vereinbarungen zwischen den Erziehungs- zurückzuführen ist? Haftet hierfür die berechtigten, den Trägern der Maßnahme Eine Übertragung kann sich aus einer aus- Lehrkraft/das Betreuungspersonal als und den Betreuer*innen eindeutig gere- drücklichen schriftlichen oder mündli- Verursacher bzw. der Schulträger nach gelt werden. chen Absprache oder aus den konkreten zivilrechtlichen Vorschriften auf Scha- Umständen des Einzelfalls ergeben. Hier- densersatz? Teilübertragung der Personensorge durch erfolgt eine zeitweise Überleitung der Personensorge für die Medikamen- Kraft Gesetzes liegt die Personensorge für tengabe in den organisatorischen Verant- All diesen Fragen widmen wir uns in einer Kinder bei deren Eltern. Diese haben folg- wortungsbereich der Schule bzw. der Be- Beitragsreihe zur Medikamentengabe. In lich auch die Verantwortung für die Me- treuung. Damit Missverständnisse ver- den letzten beiden Ausgaben von inform dikamentengabe. Erst wenn ärztlicher- mieden werden und eine klare Hand- haben wir bereits die Situation in den seits keine Bedenken bestehen und die lungsgrundlage für alle Beteiligten vor- hessischen Kitas und die Medikamenten- Medikamentengabe nicht ausschließlich liegt, ist es ratsam, die Art und Weise der gabe durch Lehrkräfte beleuchtet. Der durch die Eltern erfolgen kann, sollte eine Medikamentengabe schriftlich zu verein- heutige Beitrag befasst sich mit Versiche- Übertragung der Aufgabe an das Betreu- baren. >> inform | September 2017 9
Schutz und Leistungen Versicherungsschutz bei der sie z. B. bei der Betreuung oder einem >> Voraussetzungen für die Medika- Medikamentengabe Ausflug mithelfen oder Aufsichtspflichten mentengabe durch Betreuer: übernehmen. Wenn Schüler*innen an unmittelbar vor Grundsätzliche Entscheidung der oder nach dem Unterricht von der Schule Diesem „Versicherten-Status“ kommt haf- Einrichtung oder im Zusammenwirken mit der Schule tungsrechtlich insoweit eine Bedeutung durchgeführten Betreuungsmaßnahmen zu, als hier das sogenannte „Haftungs- Es sollte eine grundsätzliche Entschei- teilnehmen, sind sie dabei gesetzlich privileg“ der gesetzlichen Unfallversiche- dung mit dem Träger getroffen werden, unfallversichert. Wenn dem Kind durch rung zum Tragen kommt. Danach gilt die ob eine Medikamentengabe durch die eine fehlerhafte Gabe eines Medikaments Haftungsbeschränkung auch für Betriebs- Betreuer*innen in Einzelfällen befür- (falsche Dosierung, Infektion etc.) ein Ge- angehörige desselben Unternehmens ge- wortet wird. sundheitsschaden entsteht, greift grund- genüber den Schüler*innen. Dies aber sätzlich der Versicherungsschutz. Auch nur, wenn man die durch beispielsweise Schriftliche Medikation bei korrekter Medikamentengabe kann den „Betreuungsverein“ geleistete Tätig- ein Gesundheitsschaden verursacht wer- keit insgesamt dem „Unternehmen Schu- Es muss eine schriftliche Medikation den, z. B. durch eine Wechselwirkung mit le“ zurechnet. Sofern es sich bei Betreu- des Arztes vorliegen. Diese ist so ein- anderen Medikamenten oder durch eine er*innen tatsächlich um „Beschäftigte“ deutig zu gestalten, dass keine Ab- allergische Reaktion auf das verabreichte oder zweifelsfrei „Betriebsangehörige“ wägungsentscheidung, die z. B. be- Medikament. In diesen Fällen handelt es der Betreuungsinstitution handelt, die züglich der Dosierung erforderlich ist, sich in der Regel ebenfalls um einen Un- letztendlich in den Schulbetrieb integriert und zweifelsfreie Vorgaben existieren fall, der durch die gesetzliche Unfallver- sind, wirkt das „Haftungsprivileg“ der ge- (Beispiel: „Jeweils 5 ml Medikament sicherung abgedeckt ist. setzlichen Unfallversicherung. X vor jeder Mahlzeit oder Gabe von ei- nem Medikament Y bei einem epilep- Die Übernahme dieser Aufgaben durch Bei Fehlern in der Medikamentengabe tischen Anfall“ etc.). die Betreuer*innen hat auf den gesetz- trifft Betreuer*innen weder zivilrechtliche lichen Unfallversicherungsschutz der Haftung, noch haben sie mit strafrecht- Schriftliche Einverständniserklä- Schüler*innen keinen Einfluss. Sie sind lichen Konsequenzen zu rechnen, wenn rung der Erziehungsberechtigten ebenso geschützt wie die „gesunden“ sie nach bestem Wissen und ihren Fähig- Kinder, wenn sie einen Unfall erleiden, keiten entsprechend gehandelt haben. Es muss eine schriftliche Einverständ- auch wenn sich die Folgen wegen der niserklärung der Erziehungsberechtig- Vorerkrankung gravierender auswirken. ten vorliegen. Hierbei kann z. B. ein For- Kommt es bei der Gabe des Medikaments mular als Muster verwendet werden. zu einem Fehler, der zu einem Gesund- heitsschaden des Kindes oder Jugend- „Unterweisung“ durch den lichen führt, liegt ein Arbeitsunfall vor. betreuenden Mediziner Haftung der Betreuer*innen Um die Betreuer*innen besser auf nicht alltägliche Situationen bei der Die haftungsbefreienden Wirkungen des Behandlung eines chronisch kranken „Haftungsprivilegs“ aus den Bestimmun- Kindes vorzubereiten (z. B. allergi- gen der gesetzlichen Unfallversicherung scher Schock), kann der behandelnde (§§ 104 ff. SGB VII) sind in erster Linie Arzt für das Personal eine Einweisung davon abhängig, dass sowohl auf Seiten geben, um auch das Verhalten in Not- der „Betreuung“ als auch auf Seiten der situationen abzustimmen. Es sollten „Kinder“ in der gesetzlichen Unfallversi- möglichst mehrere Betreuer*innen cherung „Versicherte“ in einem betriebli- unterwiesen werden, um urlaubs- chen Zusammenhang aufeinandertreffen. oder krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren. Außerdem sollte der Im Rahmen von schulischen Betreuungs- betreuende Mediziner oder ein be- angeboten können verschiedene Perso- nannter Vertreter jederzeit telefonisch nen tätig sein, die in der gesetzlichen für Rücksprachen erreichbar sein. Unfallversicherung als „Versicherte“ gel- ten. Pädagogisches Personal der Schule, Medikamentengabe durch „unter- von ihr eingesetzte Betreuer*innen, aber wiesene“ Personen auch weitere durch die jeweiligen Träger (Betreuungsvereine) beschäftigte Perso- Nur „unterwiesene“ und eingewiesene nen genießen in der Regel Versicherungs- Personen sollen die Medikamenten- schutz. Auch Eltern, Großeltern oder Dritte gabe vornehmen. sind (nach anderen gesetzlichen Grund- lagen) unter Umständen versichert, wenn 10 inform | September 2017
Schutz und Leistungen Hilfe im Notfall »»Wichtig ist, dass man gemeinsam Tritt bei einem Kind während der Nach- mittagsbetreuung ein Notfall ein, zum mit den Eltern zu einer Lösung kommt, Beispiel bei einer schweren allergischen die für das Kind gut und sicher und für Überreaktion, sind alle Personen gesetz- lich verpflichtet, Hilfe zu leisten. Perso- die Betreuer leistbar ist. « nen, die im konkreten Unglücksfall Hilfe Alex Pistauer, Unfallkasse Hessen leisten, stehen dabei unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein „Unglücksfall“ liegt immer dann vor, wenn Schäden für bestimmte Personen oder Sachen drohen oder bereits eintre- ten, aber noch nicht abgeschlossen sind. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, wie erheblich der Schaden ist. Gegenüber den Geschädigten sind die Hilfe leistenden Betreuer*innen grund- sätzlich davon befreit, für Schäden zu haften, die durch ihre Notfall-Hilfeleistung entstehen. >| Alex Pistauer 069 29972-300, a.pistauer@ukh.de Weitere Informationen: … z. B. zur Definition von „Medizinischen Hilfsmaßnahmen“ und „Medizinischen Maß- nahmen“, finden Sie in unseren Beiträgen „Ja, Sie dürfen helfen!“ in inform 1/2017 und 2/2017. Muster für eine Übertragung der Per- sonensorge und Regelungen zu medizinischen Hilfsmaßnahmen sowie der Medikamenten- gabe an Schulen und während schulischer Betreuungsmaßnahmen und Muster für Notfall- pläne bei Allergien oder anderen chronischen Erkrankungen finden Sie auf www.ukh.de. Mehr: ǣǣwww.ukh.de, Webcode U1190 ǣǣwww.kinderkliniken.de Medizinische Hilfsmaßnahmen ǣǣwww.schuleundgesundheit.de „Medizinische Hilfsmaßnahmen“ Zu unterscheiden ist zwischen „medizi- sind Maßnahmen der ärztlich verord- nischen Maßnahmen“ und „medizini- neten medizinischen Versorgung, die schen Hilfsmaßnahmen“. nicht Notfallversorgung sind, die mit keinem unmittelbaren körperlichen Medizinische Maßnahmen sind Maßnah- Eingriff einhergehen und infolgedes- Bilder: ©Adobe Stock men der medizinischen Versorgung, die sen keine medizinische Fachausbil- eine medizinische Fachausbildung vor- dung voraussetzen. Medizinische aussetzen. Hierunter fallen beispielswei- Hilfsmaßnahmen können durch infor- se das Legen von Sonden und Kathetern, mierte und ggf. geschulte Laien durch- das Absaugen von Schleim/Sputum und geführt werden. Hierzu zählen u. a. die das Verabreichen von intravenösen Injek- Gabe von Medikamenten, Tabletten, tionen. Solche „Medizinischen Maßnah- Zäpfchen, Sprays, Tropfen, die Insu- men“ dürfen grundsätzlich nicht auf das linabgabe mittels eines Pens oder Betreuungspersonal übertragen werden, Knopfdrucks der Insulinpumpe, die weil diese Personen in der Regel keine Überwachung von Injektionen und die medizinische Fachausbildung haben. Messung von Körperfunktionen. inform | September 2017 11
Schutz und Leistungen Unfallschutz bei der betrieblichen Gesundheitsförderung Erfolgreiche Unternehmen dank aktiver Mitarbeiter Auch öffentliche Arbeitgeber erkennen mehr und mehr die Wichtigkeit und den Nutzen der betrieb- lichen Gesundheitsförderung (BGF). So vielfältig die Angebote sind, so umfangreich sind auch die Fragen rund um den Versicherungsschutz für die Teilnehmer. Klare Regelungen und Vorgaben des Arbeitgebers sorgen für Sicherheit. Ein Teufelskreis gewiesen. Damit rücken Aspekte wie so- heit eine wesentliche Bedeutung zukommt. zialer Zusammenhalt am Arbeitsplatz, Deshalb muss die Teilnahme an der Maß- Die häufigste Ursache gesundheitlicher Mitgestaltungsmöglichkeiten oder auch nahme angerechnet werden Probleme in der heutigen Zeit der Entwick- Freude an der beruflichen Tätigkeit selbst lung in Richtung Dienstleistungsgewerbe in den Mittelpunkt des gesundheits- • entweder auf die Arbeitszeit ist eine körperliche Unterforderung. Ge- förderlichen Interesses. • oder auf das Weiterbildungskonto treu dem Motto: „Was nicht genutzt wird, des Beschäftigten das verkümmert“, können fehlende kör- Die BGF umfasst die Bereiche des Ge- perliche Anstrengungen massive nega- sundheits- und Arbeitsschutzes, des be- Klarheit sorgt für Rechtssicherheit! tive Erscheinungen wie Rückenschmer- trieblichen Eingliederungsmanagements zen, Gelenkprobleme oder Stoffwechsel- sowie der Personal- und Organisations- Je klarer die Regelung, desto eindeutiger störungen begünstigen. Neben der politik. Sie schließt alle im Betrieb durch- ist die Beurteilung des Versicherungs- physischen Unterforderung entsteht häu- geführten Maßnahmen zur Stärkung der schutzes. Sorgen Sie also im Vorfeld für fig eine Überforderung auf der psychi- gesundheitlichen Ressourcen ein. klare Regelungen. Bringen Sie zum Aus- schen Ebene durch Zeitdruck, Arbeitstem- druck, welche Maßnahmen Sie als Be- po und Kommunikationsgeschwindigkeit, Aus dieser Erkenntnis heraus stößt die standteil des Beschäftigungsverhältnis- die u. a. verantwortlich für eine steigende BGF auf zunehmend größeres Interesse, ses sehen und welche Sie ausdrücklich Zahl an psychischen Erkrankungen im da sie ein geeignetes Mittel ist, auf die ablehnen. Arbeitsalltag sind. Der Ausgleich fehlt, da gesundheitlichen Beanspruchungen der Privat- und Arbeitsleben oftmals nicht Beschäftigten und auf veränderte psychi- mehr klar voneinander getrennt werden sche Belastungen angemessen zu reagie- Versicherte BGF-Maßnahmen – können. ren. Fallbeispiele aus der Praxis Es gibt einen einfachen Weg aus diesem Versicherungsschutz Gesundheitstag Teufelskreis – Bewegung und körperliche Der Arbeitgeber veranstaltet einen Aktivität als Mittel einer Regulation, mit Veranstaltungen der betrieblichen Ge- Gesundheitstag während der Ar- Reizen für alle Organsysteme, der Mög- sundheitsförderung sind versichert, wenn beitszeit, an dem alle Beschäftig- lichkeit des mentalen Ausgleichs und des sie dem Beschäftigungsverhältnis zuzu- ten teilnehmen können. Versichert sozialen Austauschs. Bewegungsprogram- rechnen sind und im Interesse des Unter- ist die Teilnahme an allen Angebo- me sowie die Verbesserung der Verhält- nehmers liegen. Kein gesetzlicher Unfall- ten. nisse im Unternehmen stellen die wesent- schutz besteht dagegen, wenn der Arbeit- lichen Faktoren einer erfolgreichen Ge- geber die Teilnahme an einer Maßnahme Gesundheitsseminar sundheitsförderung dar. ausdrücklich ablehnt. So weit die Theorie. Der Arbeitgeber hat ein zweitägi- In der Praxis sind die Verhältnisse oft nicht ges auswärtiges Seminarangebot BGF als Unternehmensstrategie so eindeutig. Der Arbeitgeber fördert hier „Work-Life-Balance“ im Weiter- beispielsweise Maßnahmen durch finan- bildungsprogramm aufgeführt. Bei Betrieblicher Gesundheitsförderung zielle Hilfen oder er duldet lediglich die Er übernimmt die Kosten und stellt geht es um viel mehr als um Obstkörbe Durchführung im Betrieb. Arbeitszeit zur Verfügung. und Business Runs. Eine moderne Unter- nehmensstrategie geht von der Annahme Förderung oder Duldung? Bildungsprogramm aus, dass unsere persönliche Gesundheit Den Beschäftigten wird u. a. das maßgeblich durch das Unternehmen, in Als Grundsatz gilt: Versicherungsschutz Seminar „Endlich für immer Nicht- dem wir arbeiten, mitgeprägt wird. Um- bei der Teilnahme an Maßnahmen des raucher!“ angeboten. Die Teilnahme gekehrt ist jedes Unternehmen auf die BGF besteht immer dann, wenn dem Be- gilt als Arbeitszeit. Leistungsfähigkeit und damit auch auf die triebsinteresse im Verhältnis zum privaten Gesundheit seiner Mitarbeiter*innen an- Interesse des Versicherten an der Gesund- 12 inform | September 2017
Schutz und Leistungen BGF lohnt sich für Unternehmen: • erhöhte Arbeitszufriedenheit und -produktivität • gesteigerte Produkt- und Dienstleistungsqualität • verbesserte betriebliche Kommunikation und Kooperation Bild: ©Adobe Stock • langfristige Senkung von Krankheitskosten • Imageaufwertung für das Unternehmen • besseres Betriebsklima • gesünderes Verhalten in Betrieb und Freizeit Aktive Pause Anfahrt, aber nur unter der Bedin- BGF-Maßnahmen als versicherter Der Arbeitgeber organisiert in der gung, dass die Beschäftigten an Betriebssport: Mittagspause sportliche Aktivitä- dem Seminar in ihrer Freizeit teil- ten und erkennt hierfür 30 Minuten nehmen. • Das Unternehmen organisiert als Arbeitszeit an. Die Aktivitäten im Rahmen des wöchentlich statt- werden von Mitarbeitern im Auftrag Kurse außerhalb der Arbeitszeit findenden Betriebssports unter- des Arbeitgebers betreut, die über Entspannungskurse finden im schiedliche Bewegungskurse. entsprechende Qualifizierungs- Anschluss an die Arbeitszeit statt maßnahmen verfügen. – ohne Zeitgutschrift oder Anrech- • Das Unternehmen bietet in einem nung auf ein Weiterbildungskonto. öffentlichen Schwimmbad wö- Regelmäßige Gruppenkurse chentlich Wassergymnastik an. Ein Entspannungskurs findet zwei- Kostenbeteiligung Fitnesscenter Die Organisation (Führen der Teil- mal wöchentlich während der Ar- Der Arbeitgeber beteiligt sich mit nehmerlisten, Zu- und Absagen, beitszeit im Betrieb statt. Teilneh- 50 Prozent am Beitrag für den Be- Vertragsverhandlungen mit dem mer und Arbeitgeber übernehmen such im Fitnesscenter. Eine Anrech- Schwimmbad, Übernahme der jeweils anteilig die Kosten für den nung auf die Arbeitszeit oder ein Kosten für die Hallenmiete etc.) Trainer. Weiterbildungskonto gibt es nicht. werden vom Arbeitgeber durch- geführt. Die Durchführung der Vorgeschriebene Immunisierungs- Fitnessraum im Betrieb Kurse übernimmt eine qualifizierte maßnahmen Die Unternehmensleitung stellt den Übungsleiterin, die vom Arbeit- Der Arbeitgeber veranlasst eine Beschäftigten einen Fitnessraum geber bezahlt wird. für die Tätigkeit des Beschäftigten zur Verfügung, der jedoch nur au- notwendige Impfung (z. B. Hepati- ßerhalb der Arbeitszeiten genutzt Betriebliche Gemeinschafts- tis-Impfung), die vom Betriebsarzt werden darf. veranstaltungen durchgeführt wird. Auch im Rahmen betrieblicher Ge- meinschaftsveranstaltungen kön- Übungen am Arbeitsplatz Abgrenzung zu anderen versicherten nen BGF-Maßnahmen durchgeführt Im Auftrag des Arbeitgebers zeigt betrieblichen Tätigkeiten werden. So sind zum Beispiel Wan- eine qualifizierte Physiotherapeu- dertage, Fahrrad- oder Kanutouren tin den Beschäftigten Übungen zur Die Maßnahmen der BGF sind von an- als betriebliche Gemeinschafts- Lockerung, Kräftigung, Dehnung deren betrieblichen Aktivitäten oder veranstaltungen versichert, ebenso und Entspannung der Rückenmus- Veranstaltungen abzugrenzen. Zweck wie Stadtbesichtigungen mit Wan- kulatur am Arbeitsplatz. des BGF ist es, die Gesundheit der Be- derungen, Bootsfahrten oder Mu- schäftigten zu erhalten oder zu stärken. seumsbesuche. >| BGF-Maßnahmen ohne Unfall- Deshalb zählen Betriebsfeiern, Gemein- schutz – Fallbeispiele: schaftsveranstaltungen, teambildende Alex Pistauer 069 29972 300, a.pistauer@ukh.de Maßnahmen oder Angebote mit Beloh- Empfehlung des Arbeitgebers nungs- oder reinem Erholungscharakter Mehr: Der Arbeitgeber empfiehlt die Teil- grundsätzlich nicht zur Gesundheitsför- nahme am auswärtigen Seminar derung. Versicherungsschutz für solche ǣǣhttp://bit.ly/2goiCM8 „Work-Life-Balance – persönliches Maßnahmen ist ggf. nach anderen Kri- ǣǣwww.dnbgf.de Gesundheitsmanagement in der terien zu prüfen. Praxis“. Er übernimmt die Kosten der Hotelunterbringung und der inform | September 2017 13
Schutz und Leistungen Wertvolle Netzwerke Markus Röder über Werte und respektvolles Miteinander „Ich arbeite mit voller Kraft daran, unserer Gemeinde eine gemeinsame Identität zu geben.“ Netzwerke sind Strukturen, die durch Verbindungen miteinander in Beziehung stehen. „Networ- king“ bedeutet in der Geschäftswelt: sich austauschen, gemeinsam Lösungen finden, statt allein Probleme zu wälzen, Feedback und Zugang zu Spezialwissen erhalten und so sein Fachwissen und vielleicht sogar seinen Horizont erweitern. Genau diese Anforderungen erfüllt das Netzwerk „Unfallkasse und Bürgermeister*innen“. Warum das so ist, zeigt unsere neue Serie: „Wertvolle Netzwerke – Sicher. Gesund. Miteinander.“ In jeder Ausgabe stellen wir ab jetzt Netzwerker vor. Der parteilose Bürgermeister Markus Röder konnte sich am 15. Juli 2012 gegen vier weitere Kandidaten im ersten Wahl- gang durchsetzen und trat das Amt am 1. November 2012 an. In seinem Vor-Bür- germeisterleben bekleidete der heute fünfundvierzigjährige Diplom-Betriebs- wirt u. a. die Position des Bereichsleiters für Controlling und IT in einem Frankfurter Wirtschaftsunternehmen. Markus Röder ist verheiratet und Vater eines siebenjäh- rigen Zwillingspärchens. Die Familie und die tiefe Verbundenheit mit seiner Hei- matregion machten es ihm leicht, Frank- furt den Rücken zu kehren und sich zu seinen Wurzeln zu bekennen: Er ist im Ortsteil Elters aufgewachsen und kennt Hofbieber und seine Eigenheiten von klein auf. Der Bürgermeister ist stark mit der Natur verbunden, die hier reichlich vorhanden ist, und vertritt die Überzeu- gung, dass die Work-Life-Balance hier auch für einen fast rund um die Uhr arbei- tenden Bürgermeister völlig ausgewogen ist. Zu seinen Hobbys – er lief Halbmara- thon – kommt er fast gar nicht mehr, weil „er noch so viel zu entscheiden hat“. Für ein Hobby nimmt Markus Röder sich aber immer die Zeit: Als aktives Mitglied der Trachtenkapelle Elters/Rhön ist er regel- mäßig als Bariton- bzw. Tenorhornbläser und auch als Sänger im Einsatz. Hofbieber in der Nähe von Fulda hat fast 6.300 Einwohner in 16 Ortsteilen und liegt inmitten der herrlichen Rhön. Die höchs- te Erhebung der Gemeinde Hofbieber ist mit 835 Metern die Milseburg. Geschich- ten und Sagen ranken sich um diesen Berg, auf dessen Gipfel eine kleine Kirche steht, die seit Jahrhunderten Ziel von 14 inform | September 2017
Schutz und Leistungen Wallfahrern aus der gesamten Rhön ist. seiner Amtszeit wurden nebenbei bereits Bürgermeister Röder war mit dem Ziel in ein Seniorenheim, eine Rettungswache Hofbieber angetreten, zunächst vorhan- und ein Dorfgemeinschaftshaus einge- dene Defizite abzuarbeiten, u. a. die Haus- weiht. haltskonsolidierung anzugehen sowie die eher schlechte Stimmung zu wandeln, die Markus Röder: „Für mich ist innerhalb der innerhalb der Gemeinde um sich gegriffen Gemeinde das Gefühl der Gemeinsamkeit hatte. Danach wollte er sich mit Überzeu- sehr wichtig, dieses ‚Wir ziehen alle an gungsarbeit an Neues wagen, z. B. das einem Strang‘. Diese Verbundenheit war Rathaus digital aufzustellen und Prozesse in den letzten Jahren verloren gegangen. zu analysieren, umzustrukturieren und Ich möchte für die Bürgerinnen und Bür- »»Man kennt Transparenz und Nachhaltigkeit als Grund- ger identitätsstiftend wirken und mit gu- sätze der Verwaltungsarbeit zu implemen- tem Beispiel vorangehen. Man erwartet sich doch, ich bin tieren. Stichpunkte dazu sind Glasfaser- mich auf Veranstaltungen, Urlaub hin von hier. « ausstattung, flexible Arbeitszeiten, Home- oder her, und ich nehme diese Verpflich- office und die Unterstützung junger Eltern, tungen gern an, fast rund um die Uhr und Markus Röder, aktives Mitglied der Trachtenkapelle Elters/Rhön um diesen den Spagat zwischen Familie sieben Tage die Woche. Auch bemühe ich und Beruf zu erleichtern. Und während mich um die Nähe zum Bürger und um Verständnis für alle Anliegen und Sorgen. Ich bin von hier, man kennt sich doch. Und fast alle merken inzwischen, dass wir auf einem guten Weg sind.“ Wertvolle Netzwerke – Sicher. Gesund. Miteinander „Die UKH ist eine tolle Institution, die uns bei sehr vielen Fragen weiterhilft. Unsere Zusammenarbeit ist von Ver- trauen, Verbindlichkeit und Kommu- nikation geprägt. Die „Produkte“ der UKH – Präventionsangebote, Ver- sicherungsschutz für Ehrenamtliche und Leistungen im Ernstfall – sind her- vorragend. Das Preis-Leistungsver- hältnis passt. Ich bin froh, dass es die UKH gibt. Die Werte, nach denen ich lebe und arbeite, sind dieselben wie die der UKH: Vertrauen, Einfühlung, Respekt, Toleranz und Solidarität sind die Grundlagen jedes Zusammenlebens und Zusammenarbeitens. Dazu gibt es meiner Meinung nach nichts weiter zu sagen.“ >| Bild: ©Adobe Stock Interview: Sabine Longerich 069 29972-619, s.longerich@ukh.de inform | September 2017 15
Sicherheit und Gesundheit Arbeiten 4.0 und Industrie 4.0, Teil 2 Den Wandel sozialverträglich gestalten Die Chancen und Risiken von Arbeiten 4.0 haben wir in der letzten Ausgabe von inform ausführlich beschrieben. Nun beschäftigen wir uns mit Lösungsansätzen zur Erhaltung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Im Weißbuch des Bundes- arbeitsministeriums (2016) werden einige Eckpunkte benannt, um den Wandel sozial- verträglich und mit positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten zu gestalten. Es werden sowohl Strategien zur Verbesserung von Sicherheit und Gesund- heit für die veränderten Arbeitsplätzen als auch politische Absichten formuliert. Ideen zur Erhaltung von Sicherheit und lungsabteilungen der Firmen stattfinden. die neuen Arbeitsformen und ihre Risiken Gesundheit bei der Arbeit und Chancen noch wenig. Um ihnen eine Wird die Arbeit von einem festen Arbeits- fundierte Beratung der Betriebe zu ermög- Möchte man den Wandel der Arbeit sicher ort entkoppelt (ortsflexibles Arbeiten), lichen, sind sie entsprechend zu quali- und gesund gestalten, kommt man an der entstehen neue Anforderungen an den fizieren. Gleiches gilt für die Arbeits- Frage der Arbeitszeiten nicht vorbei. Die Schutz der Beschäftigten. Die Unfallver- schutzexperten der staatlichen Arbeits- Lösung des Zusammenhangs zwischen sicherungsträger müssen Strategien zur schutzverwaltung. Wichtig werden auch Arbeit auf der einen und der Betriebsstät- Erhaltung von Sicherheit und Gesundheit psychische Belastungen, die sich aus den te und festen Arbeitszeiten auf der anderen an solchen Arbeitsplätzen entwickeln. neuen Arbeitsformen ergeben können. Seite bietet für Beschäftigte und Arbeit- Gleiches gilt für die internen Berater der Da es für die neuen Arbeitsformen noch geber Chancen und Risiken zugleich. Wer- Betriebe (Fachkräfte für Arbeitssicherheit, kaum Normen und Regeln gibt, wird das den Arbeitszeiten ausschließlich vom Betriebsärzte), die ebenfalls befähigt Augenmerk der Aufsichtspersonen zu- Arbeitgeber bestimmt, stellt dies einen werden müssen, Führungskräfte und Be- nächst auf der Beratung und Begleitung starken Stressor dar. Liegt die Planung schäftigte kompetent zu beraten und zu der Veränderungin den Betrieben liegen. der Arbeitszeit hingegen weitgehend in unterstützen. den Händen der Beschäftigten, stellt die- Je weniger Faktoren (Arbeitszeit, Ort, Ar- se Selbstbestimmung eine starke Res- Gerade bei einer hohen Eigenverantwor- beitsweise) in den Betrieben klar geregelt source dar, die andere Belastungen „ab- tung der Beschäftigten für die Strukturie- und vorgeschrieben sind, desto wichtiger puffern“ kann. So ist es wichtig, die Flexi- rung ihrer Arbeit ist der Grat zwischen ist die Förderung einer nachhaltigen bilitätsanforderungen der Betriebe mit gesundheitsförderlicher Flexibilität und Präventionskultur. Nur diese ist flexibel den Selbstbestimmungswünschen der gesundheitsschädlicher Fremdbestim- genug, eine sich ständig verändernde Beschäftigten auszutarieren. Hierzu schei- mung schmal. Daher sind die Fortbildung Arbeitswelt mit ständig neuen Risiken so nen tarifliche und betriebliche Vereinba- und Befähigung der Beschäftigten zur zu begleiten. Der Schutz der Beschäftig- rungen am besten geeignet. So plant zum Vorbereitung auf ihre wachsende persön- ten beruht nicht mehr alleine auf der Be- Beispiel das Bundesarbeitsministerium liche Verantwortung für die eigene Ge- folgung von Regeln, sondern auch auf im Rahmen einer Experimentierklausel, sundheit wichtig. Derlei Qualifizierungen dem Bekenntnis des Unternehmens zur den Tarifpartnern die befristete Möglich- können Teil eines betrieblichen Gesund- Notwendigkeit der kontinuierlichen Ver- keit zu geben, flexible Arbeitszeitregelun- heitsmanagements (BGM) sein – oder besserung von Sicherheit und Gesundheit gen auch in Abweichung vom Arbeitszeit- aber (ggf. mit Unterstützung von Kranken- am Arbeitsplatz. Hier setzt auch die kom- gesetz zu erproben. kassen) in Rahmen einer betrieblichen mende Präventionskampagne von Unfall- Gesundheitsförderung (BGF) angeboten kassen und Berufsgenossenschaften an, Erste Ansätze für einen werden. die sich u. a. mit der systematischen Inte- Arbeitsschutz 4.0 gration dieser Themen in die Organisati- Das Thema „wachsende Eigenverantwor- on des Betriebs und mit der Verbesserung Bestehende Schutzkonzepte müssen an tung der Beschäftigten“ ist auch ein wich- von Führung, Kommunikation, Partizipa- die neuen Technologien angepasst wer- tiger Bestandteil der zukünftigen Quali- tion, Fehlerkultur und Betriebsklima be- den. Dies betrifft zum Beispiel die Zusam- fizierung der Führungskräfte. Diese müs- schäftigen wird. menarbeit von Mensch und Roboter, die sen wissen, welche Aspekte der neuen eine völlig andere Sensorik und Maschi- Arbeitsformen als Stressor und welche Politische Absichten nensteuerung notwendig machen. Diese als Ressource zu betrachten sind und wie präventive Arbeitsgestaltung muss in man ein Gesamt-Arbeitssystem bewertet. Ein Teil der Auswirkungen von Arbeiten enger Zusammenarbeit mit den Entwick- Die meisten Aufsichtspersonen kennen 4.0 betrifft nicht die Themen Sicherheit 16 inform | September 2017
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