Sinnlose Versuche-Affen leiden! - PRO
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Impressum Inhalt Zeitschrift der Schweizerischen Wir geben Tieren ein Zuhause 4 Gesellschaft für Tierschutz/ProTier, Stopp dem Katzenelend! 6 Zürich Indien will seine letzten Tiger retten 9 Nr. 3 September 2005 33. Jahrgang Depressionsforschung mit Affen 10 Erscheint 4x jährlich Tiere beweisen es: Die Homöopathie wirkt 14 Abonnement Biber und Otter als Botschafter 16 Mitglieder erhalten die Zeitschrift Jäger zwischen Buchdeckeln 19 kostenlos Meister Petz kehrt zurück 20 Jahresbeitrag Fr. 30.– Zäune schützen Tiere – und Menschen 22 Jugendmitglieder (bis 18 Jahre) Fr. 20.– Einzelnummer Fr. 6.– Neues Tierschutzgesetz – halbherzige Verbesserungen 23 Jahresabonnement Fr. 20.– Lebende Hunde als Haiköder 24 Redaktion: Haifischflossensuppe aus Speisekarte gestrichen! 25 Rita H. Dubois (rd) Gorilla-Zwillingsgeburt im Nationalpark Kahuzi-Biega. 26 Ständige Mitarbeiter: Auch Tiere können zweifeln 27 Nathalie Dubois (nd) Zahnlose Riesen 28 Ulrich Karlowski (uk) Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen! 29 Ulrike Kirsch (uki) Madagascar – Film ignoriert bitteres Drama 30 Mitarbeit an dieser Ausgabe: Chamäleon: Wenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit 31 R. A. Attinger Buchbesprechungen/CD-Bestellungen 32 Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Kurznachrichten 34 Weiterverwendung der Artikel und Bilder Projekte + Kampagnen: So können Sie helfen 38 nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Ge- nehmigung der Redaktion. Patenschaften 39 Die Beiträge decken sich nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion und des Katzenelend Depressionsforschung Vorstandes Titelbild: Affe Foto: Wegner/Arco Layout: proVista – concept, prepress, publishing, design Urs Widmer, 4123 Allschwil Druck: 10 Fotorotar AG, 8132 Egg Bär zurück in der Schweiz 6 SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT Biber und Otter im Sihlwald FÜR TIERSCHUTZ Alfred-Escher-Strasse 76 CH-8002 Zürich Telefon: 044 201 25 03 Telefax: 044 201 26 23 Postcheck: 80-37221-2 E-Mail: tierschutz@protier.ch URL: www.protier.ch 16 20 2 ProTier 3/05
Editorial Liebe Tierfreunde Foto: Martin Siegenthaler S eit Ende Mai verkünden die Aushänge der Tageszei- tungen immer neue schreckliche Übergriffe auf Weide- tiere. Aber auch Katzen und Kanin- chen wurden Opfer des perversen Tierquälers. Mittlerweile sind es gegen 50 Tiere, die massiv gequält und zum Teil schwer verstümmelt wurden. Einige sind an den ihnen zugefügten Verletzungen gestor- antwortlicher Weise. Bären sind im- Bei der Hochwasserkatastrophe im ben. Tierschützer und Private haben posante Tiere, aber sie sind keine August fiel auf, dass das Schicksal für Hinweise, die zur Verhaftung Schmusetiere. Obwohl Menschen der Tiere in den betroffenen Gebie- des Täters führen, 26 000 Franken meist nichts zu befürchten haben, ten den Medien keine Zeile wert ausgesetzt. Zwangsläufig stellt sich wenn sie ihnen mit dem nötigen Re- war. Nicht ein Journalist wagte sich die Frage, wie würden Behörden spekt begegnen, kann ein in die zu fragen, wie viele Tiere in den Flu- und Polizei vorgehen, wenn nicht Enge getriebener, sich bedroht füh- ten umgekommen waren. Anschei- Tiere, sondern Menschen die Opfer lender Bär zum Angriff übergehen. nend gilt diese Frage angesichts wären? Arbeitet die Polizei der be- Die Hoteliers des Münstertals wit- des Menschenleids für pietätlos, troffenen Kantone in der Nordwest- terten sofort das grosse Geschäft obwohl Tiere empfindungsfähige schweiz wirklich effizient genug? und förderten mit ihren «Bärenme- Geschöpfe sind, die ebenfalls lei- nus» den Bärentourismus. den, wenn sie in den Fluten ertrin- Was erwartet den Täter, wenn er ken oder in den Schlammmassen gefasst wird? Nach Tierschutzge- Im Moment hat sich Meister Petz ersticken. Ich verschliesse mich setz wären eine Höchststrafe von wieder über die Grenze zurückge- nicht dem menschlichen Leid, drei Jahren Gefängnis und eine zogen. Bleibt zu hoffen, dass eine schäme mich aber nicht, dabei auch Busse von 40 000 Franken möglich. eventuelle Rückkehr von weniger mitfühlend an die Tiere zu denken. Eine solch hohe Strafe wurde indes- reisserischem Medienrummel be- sen noch nie verhängt. Meist kom- gleitet sein wird. Denn, geschieht Bis zum nächsten Mal men Tierquäler mit einer lächerli- durch Dummheit und Ignoranz des Ihre chen Geldstrafe davon, oder das Menschen ein Zwischenfall, wird Verfahren wird sogar ganz einge- ihn der Bär mit dem Leben bezah- stellt. Aus dem Statthalteramt Lies- len. tal war zu vernehmen, dass in die- sem Fall die Strafe wohl «empfind- lich» ausfallen werde. Im Klartext Rita Dubois heisst das 5000 bis 10 000 Franken. Geschäftsführerin Dass das Verhältnis Mensch – Tier massiv gestört ist, hat sich auch beim Auftauchen des Bären im Kan- ton Graubünden gezeigt. Unzähli- ge Touristen machten sich auf, den Bären zu besichtigen, und näherten Für mehr Informationen über unsere Tätigkeit besuchen sich dabei dem Wildtier in unver- Sie uns bitte im Internet unter: www.protier.ch ProTier 3/05 3
Wir geben Tieren Polek hatte bis jetzt zweimal Glück in seinem Leben. Foto: Nathalie Dubois Einmal als er von einer Tierfreundin vor dem Metzger gerettet wurde und das zweite Mal als er sein neues Zuhause gefunden hatte. Polek hat sich in der Familie schnell eingelebt. Auch seine neue Freundin hat sich schnell an den Neuling gewöhnt und gemerkt, dass Spaziergänge zu zweit viel mehr Spass machen. Da- für nimmt sie sogar in Kauf, dass es im Hundekorb nur noch halb so viel Platz hat. o b lem e e P r Privat Tango, 5-jährig. Der Labrador-Mischling verlor sein ilz Zuhause aus traurigen Gründen. Obwohl seine Besit- zerin ihn über alles liebte, war es für sie aus gesund- Glücksp heitlichen und persönlichen Gründen nicht mehr mög- lich, ihren treuen Begleiter zu behalten. So wurde sein Aufenthalt im Tierheim, ursprünglich nur wegen Feri- en geplant, zur endgültigen Lösung. Tango ist sehr Foto: Fam. Bonomo selbstbewusst im Umgang mit anderen Hunden. Er ist aber weder ein Raufer noch böse. Der Rüde ist gut er- zogen und unkompliziert. Seine neuen Besitzer sollten dennoch Hundeerfahrung haben. Tequilla, 5-jährig. Nach dem Ende einer Beziehung blieb der Rüde zu- sammen mit einer Rottweilerhündin beim Besitzer. Doch dieser war mit den beiden Hunden überfor- dert, was immer te Schlechng mehr zu einer re- gelrechten Ver- Haltu nachlässigung der o n t r o l lierter Foto: Nathalie Dubois beiden Tiere führ- Unk hwuchs te. Sie waren im Nac Foto: Nathalie Dubois Keller unterge- bracht und wur- den schlecht ge- Junge Katzen. Zurzeit suchen wir für mehrere Kätz- füttert. Die ehema- chen ein Zuhause. Sie stammen von Bauernhofmüt- lige Besitzerin konnte die Hündin zu sich nehmen. Te- tern, mussten von uns eingefangen werden oder wur- quillas letzte Chance war das Tierheim. Er braucht ei- den auf der Strasse gefunden. Sie werden nur zu zweit nen Platz, wo man bereits Erfahrung mit dieser an- oder als Zweitkatze abgegeben. Gerade junge Katzen spruchsvollen Hunderasse hat. Er ist folgsam braucht brauchen unbedingt eine Artgenossin als Sozialpart- aber eine konsequente Hand. Er wird nicht als Schutz- ner, um zu spielen, gemeinsam die Welt zu entdecken oder Wachhund abgegeben. und Wichtiges fürs Katzenleben zu lernen. 4 ProTier 3/05
ein Zuhause Foto: H. Schläpfer Foto: Nathalie Dubois n scht Unerwü Glücksp i lze Fiona und Siri (ehemals Fleur und Heera). Die beiden ehemaligen Findelkatzen fühlen sich rundum wohl in Mia, 1-jährig. Nur knapp dem Tod entronnen sind Mia ihrem neuen Zuhause. Während Siri sich schnell ein- und ihre Geschwister. Ein Mitarbeiter des Tierheims gelebt hatte, brauchte Fiona etwas länger, um Vertrau- entdeckte sie bei einem Ausflug auf einem Bauernhof. en zu fassen. Inzwischen holt aber auch sie sich selbst- Der Bauer erzählte ihm, er habe jetzt genug von den bewusst ihre Streicheleinheiten. Obwohl die beiden vielen Katzen, er werde sie nun alle erschlagen. Als er den Anschein erwecken, als könnten sie kein Wässer- ihm anbot, die Katzen mitzunehmen, sagte der Besit- chen trüben, fliegen doch manchmal ganz schön die zer, den Hund könne er auch gleich mitnehmen, den Fetzen. Hinterher gemeinsam zu kuscheln, ist dafür wolle er auch nicht mehr. Mia ist auf einem Auge blind. dann umso schöner. Sie kommt mit ihrer Behinderung jedoch bestens zu- recht und ist in ihrer Lebensfreude in keiner Weise be- einträchtigt. Sie braucht etwas Geduld, um sich an Foto: J. Eberle neue Leute zu gewöhnen. An einem guten Platz mit Freilauf und evtl. einer Zweitkatze wird sie sich aber schnell wohl fühlen. Foto: Nathalie Dubois n scht Unerwü Lea, 1-jährig. Sie ist die Mutigste von allen. Auch sie sucht einen Platz mit viel Liebe und Gesellschaft, wenn möglich mit Freilauf. ns cht Unerwü Unser Spendenkonto PC: 80-37221-2 Vamp und Mina, 1-jährig. Vom selben Bauernhof Vermerk: Findeltiere stammen Vamp und Mina. Vamp macht ihrem Name alle Ehre. Sie ist nicht leicht zu zähmen. Auch Mina Schweizerische Gesellschaft braucht viel Zeit und Geduld. Der ideale Platz wäre für für Tierschutz die beiden auf einem Bauernhof, wo sie gefüttert und Alfred-Escher-Strasse 76, liebevoll betreut werden, ansonsten aber ihres Weges gehen können. CH-8002 Zürich ProTier 3/05 5
Stopp dem Katzenelend! Foto: Nathalie Dubois Tierschützer machen seit Jahren immer wieder darauf aufmerksam, dass Katzenbesitzer ihre eigenen oder zugelaufenen Tiere kastrieren lassen sollen. Uneinsichtigen und Besserwissern ist es zu verdanken, dass Katzenfalle dennoch jedes Jahr unzählige unerwünschte Katzenbabys auf die Welt kommen. Nach dem grossen «Jöö!» folgt das grosse «Oje: Wohin damit?» M anche Leute rufen verzweifelt an, andere beinahe schon vorwurfsvoll: «Warum sam- melt DER Tierschutz nicht schon lange die vielen jungen Katzen ein? Das sind ja keine Zustände. DER Tierschutz darf nicht länger einfach zuschauen, sondern muss da doch mals sind es nicht die Katzenbesitzer oder -betreuer (vielen gehören die Katzen selbst- verständlich nicht – sie füttern sie nur jah- relang…!) selber, die Hilfe suchen, sondern Bekannte oder Nachbarn, die nicht länger zusehen mögen. Und so stossen wir endlich etwas machen!» Doch Schuld an manchmal auch auf Abwehr, wenn wir an- der Misere ist nicht der Tierschutz. Und es rufen, oder zumindest grosses Erstaunen. ist auch nicht so, dass nichts gegen die Die Leute haben Angst, wir wollen ihnen sinnlose Katzenvermehrung unternommen die lieb gewonnenen Tiere wegnehmen wird. Dass vielmehr Unvernunft und falsch und töten. Erst nach längerem Reden ge- verstandene Tierliebe gewisser Leute der ben sie zu, dass die Situation ausser Kon- Grund für das Übel sind, ist vielen nicht trolle geraten ist und sie selbst überfordert bewusst. Tierschützer können aufklären, sind. Es ist nicht immer böser Wille, son- sich an den Kastrationskosten beteiligen, dern meist falsch verstandene Tierliebe, die immer wieder überzählige und uner- zum Katzenelend führt. Einige selbst er- wünschte Katzen einfangen und versuchen nannte Katzenmütter und -väter sind dar- an gute Plätze weiterzuvermitteln – doch um auch erleichtert, wenn wir kommen und diese Arbeit ist ein Fass ohne Boden. So- die Tiere einfangen. Dass die sich munter lange unvernünftige Menschen ihre eige- vermehrenden Tiere langsam zum Problem nen oder zugelaufenen Tiere nicht kastrie- wurden, haben sie selber gemerkt, nur Von ren und damit nicht verhindern, dass sich wollten sie es nicht wahr haben oder wus- Nathalie Dubois die Katzen unkontrolliert vermehren. Oft- sten nicht, wo Hilfe finden. 6 ProTier 3/05
Mitleid alleine hilft nicht die Jungen einer wilden Katze erst einmal auf der Welt, kommt man kaum mehr an Oft füttern Leute aus Mitleid gedankenlos sie heran, und sie lernen von ihrer Mutter wilde Katzen. Natürlich bringt es kein Tier- von klein auf das abweisende Verhalten ge- freund übers Herz, die abgemagerte und genüber Menschen. Sie einzufangen wird seit Tagen vor dem Haus kläglich maun- mit zunehmendem Alter immer schwieri- zende Katze einfach sich selbst zu überlas- ger, und kaum sind sie geschlechtsreif, be- sen. Beim Füttern einer zugelaufenen Kat- ginnt der unausweichliche Teufelskreis. ze sollte man jedoch vorsichtig sein. Üp- Dass einmal Junge geworfen werden, ist pig gefüllte Futterschälchen und Dauerfut- manchmal nicht zu verhindern, da wie er- terplätze ziehen auch andere Katzen aus der wähnt nicht rechtzeitig festgestellt werden Umgebung an. Es ist deshalb wichtig, sich konnte, ob das Tier noch unkastriert ist be- zu vergewissern, ob es sich wirklich um ein ziehungsweise vielleicht bei seinem Auftau- herrenloses Tier handelt und man nicht je- chen bereits trächtig war. Doch man muss mandem sein Tier «abfüttert». Es gibt näm- unverzüglich handeln und darf nicht war- lich auch Katzen, die sich gerne an dem Ort ten, bis aus einer Katze ein ganzer Clan ge- Foto: Martin Siegenthaler mit dem grössten Nahrungsangebot nie- worden ist. Sobald die Jungen zirka 10 Wo- Im Tierheim derlassen, obwohl sie ein Zuhause haben. chen alt sind, muss die Mutter kastriert wer- erstmals in Stellt sich heraus, dass das Tier wirklich nie- den. Die Jungen im Alter von 6 Monaten, Sicherheit mandem gehört, ist gegen das Füttern an unabhängig davon, ob sie weiterplatziert sich nichts einzuwenden, vorausgesetzt werden oder am Ort bleiben können. Dies man ist bereit, die volle Verantwortung für ist ein weiterer wichtiger Punkt, der oft nicht das Tier zu übernehmen. Dies bedeutet, sei- beachtet wird. Im Herbst bekommen wir nen Gesundheitszustand im Auge zu behal- immer wieder Anrufe von Leuten mit ten und dafür besorgt zu sein, dass nicht Schrebergärten oder von Campingplätzen. laufend Junge zur Welt kommen. Den Sommer durch erfreute man sich an den herzigen Büsi, aber nun wo der Winter Foto: Nathalie Dubois vor der Türe steht und man selber wieder «… und plötzlich waren vermehrt in der warmen Stube sitzt, sind Ob mich Junge da» die Tiere plötzlich sich selber überlassen. jemand will ? Ja, doch man habe schon gemerkt, dass die Man sollte sich also frühzeitig Gedanken Katze immer dicker und der Bauch immer grösser wurde. Aber was soll man denn machen? Dass der alte Nachbarskater da- hinterstecken könnte, nein, das hätte man Ausschau auf ein nie gedacht. Der hat doch immer nur faul neues Zuhause. in der Sonne gelegen. Oder dass der eige- ne Sohn, eines Tages die Mutter oder Schwestern decken könnte: «Was das gibt es?» Auch hier stecken Unwissenheit und Naivität dahinter. Natürlich ist es nicht ein- fach, festzustellen, ob eine weibliche Katze bereits kastriert ist oder nicht. Gerade bei wilden Katzen, die sich nicht anfassen las- sen, ist dies fast nicht möglich (bei Katern ist die Sache schon wesentlich einfacher und auf den ersten Blick erkennbar). Der grösste Fehler ist, darauf zu vertrauen, dass sie es ist. Setzen Sie sich möglichst früh mit einem Tierarzt oder dem Tierschutzver- ein in der Nähe in Verbindung. Dort kann man Sie beraten und allenfalls auch hel- fen, das Tier einzufangen, um es gesund- heitlich zu untersuchen und nötigenfalls zu kastrieren. Handeln Sie aber auf jeden Fall, Foto: Nathalie Dubois sobald Sie den Verdacht haben, die Katze könnte trächtig sein! Es ist enorm wichtig, ein trächtiges Tier vor der Geburt der Jun- gen in Obhut nehmen zu können. Denn sind ProTier 3/05 7
eingeschläfert werden, weil ihr gesundheitlicher Zustand sehr schlecht ist. Gerade bei jahrelanger Inzucht haben die Tiere oft degene- rativ bedingte, gesundheitliche Schäden wie zum Beispiel ein un- genügend funktionierendes Im- munsystem. Katzenschnupfen und andere Krankheiten verbreiten sich schlagartig. Bei einem Einsatz die- sen Sommer retteten wir unter an- derem junge 8 bis 10 Wochen alte Kätzchen, die unter schweren Infek- tionen litten. Beim einen konnte das Augenlicht gerade noch gerettet werden. Ein anderes hatte ein Auge bereits verloren und ist auf dem zweiten fast blind. Auch tote Junge Foto: Martin Siegenthaler haben wir schon angetroffen. Was uns die Zukunft wohl bringen mag ? Kastrationgutscheine Um Leute, die sich um streunende Katzen kümmern, bei ihrer Freiwil- machen, ob die Katzen überhaupt Angst und Stress für die Tiere. Die ligenarbeit zu unterstützen oder längerfristig in der Umgebung blei- «Katzeneltern» haben grosse Mühe, Bauern für die Kastration ihrer Tie- ben können. Und ob man bereit ist, den Katzen ein, zwei Tage vor einer re zu motivieren, geben ProTier die Tiere über Jahre hin zu betreu- Einfangaktion kein Futter mehr hin- und verschiedene Sektionen des en und wie viele Tiere vernünftig zustellen. Dies ist jedoch eine wich- Schweizer Tierschutzes STS Kastra- sind. Es ist nicht tiergerecht 20 und tige Voraussetzung, die Tiere müs- tionsgutscheine ab. Das heisst, sie mehr Katzen zu horten, auch nicht, sen hungrig sein, sonst gehen sie beteiligen sich an den Kosten für wenn sie draussen leben. nicht in die Falle. Die Betreuer haben den Eingriff. Einige Tierärzte ge- dann grosses Mitleid beim Anblick währen bei herrenlosen Tieren im eines völlig verschreckten Tieres in Sinne eines persönlichen Beitrages Stress und Krankheiten der Falle, haben die Tiere aber meist an den Tierschutz Spezialtarife oder Eine zu grosse Katzenpopulation Jahre lang verwahrlosen und ver- kastrieren gar kostenlos. Mit den bedeutet Stress und gesundheitli- mehren lassen – ein Widerspruch, von ProTier im letzten Jahr abgege- che Risiken für die Tiere. Vielfach der uns immer wieder auffällt. benen Gutscheinen konnten rund verliert der Betreuer die Übersicht Sind die Katzen eingefangen, hat 700 unerwünschte Katzenbabys und erkennt Krankheiten oft erst im sich für die «Tierfreunde» das The- verhindert werden. Entgegen der, bereits fortgeschrittenen Stadium ma meist schnell erledigt. Nicht leider immer wieder auch unter ein- oder wenn sich bereits mehrere Tie- aber für uns, denn die grosse Fra- zelnen Tierärzten verbreiteten Mei- re angesteckt haben. Auch sind die ge bleibt: «Wohin mit den Tieren?» nung, es genüge nur, die Weibchen finanziellen Kosten nicht zu unter- Sind die Katzen einigermassen zu kastrieren, plädiert ProTier auch schätzen. Dies ist mit ein Grund, zahm und gut sozialisiert, wird für für die Kastration von Katern. Mit warum viele Tiere nicht kastriert und sie mittelfristig meist ein Platz ge- der Kastration von weiblichen Kat- medizinisch versorgt werden, weil funden. Sind sie aber wild und zen ist nämlich nur das halbe Pro- es bei grösseren Beständen schnell scheu, sind sie praktisch unvermit- blem gelöst. Es bringt unserer An- einmal ins Geld geht. Viele Leute telbar. Ein Leben im Tierheim ist für sicht nichts, nur die Weibchen zu sind auch der Meinung, wenn sie solche Tiere keine Lösung. Bei er- kastrieren, denn Kater wandern schon das Geld fürs Futter aufbrin- wachsenen Tieren probieren wir, dann einfach ab und treffen mit gen, seien sie nicht auch noch ver- wenn immer möglich, die für sie grosser Wahrscheinlichkeit früher pflicht, den Tierarzt zu bezahlen. stressfreiste Lösung umzusetzen: oder später an einem anderen Ort Dies ist jedoch ein Irrtum. Denn sich Sie werden kastriert und in ihrer wieder auf unkastrierte Kätzinnen. wilder Katzen annehmen, bedeutet, angestammten Umgebung wieder Das Problem wird dadurch also wie bereits erwähnt, nicht einfach freigelassen. Dies bedingt jedoch, nicht konsequent gelöst, sondern nur füttern, sondern auch Verant- dass ihre Betreuung und Fütterung nur verschoben. ProTier gibt des- wortung übernehmen. Das Fangen weiterhin gewährleistet ist. Immer halb Kastrationsgutscheine für Tie- mit der Falle bedeutet leider auch wieder müssen Tiere leider auch re beiderlei Geschlechts ab. ■ 8 ProTier 3/05
Indien will seine letzten Tiger retten Foto: Ulrike Kirsch VON ULRIKE KIRSCH Jahres, dass der gesamte Tiger- 50000 US-Dollar auf dem interna- bestand im Sariska-Nationalpark tionalen Schwarzmarkt. M it einer neuen Strategie von Wilderern ausgelöscht wurde. Während offizielle Angaben den will Indien seine letzten Naturschützer sprechen von einem Bestand in Indien mit etwa 3700 Tiger retten: Ehemalige Blutbad und befürchten, dass es Tigern beziffern, gehen Naturschüt- Wilderer werden zu Wildhütern in anderen der insgesamt 28 Tiger- zer von nur noch 2000 aus. ■ ausgebildet. Ein regelmässiges, reservate in Indien ähnlich düster gutes Einkommen soll den Schutz aussieht. Parkhüter und Antiwilde- der Raubkatze für die Mitglieder des rereinheiten sind miserabel aus- Mannan-Stammes attraktiver als gerüstet, sie besitzen weder Funk- die Wilderei machen. Die etwa 500 geräte noch Jeeps oder geeignete Mannan-Familien wurden am Ran- Waffen, ganz zu schweigen von der de des Tigerreservats Periyar ange- schlechten Bezahlung. Fehlende siedelt, um die Tiere zu schützen. Koordination und Organisation, Schon an die 150 Wilderer konnten durchlässige Grenzen zu den Nach- mit Hilfe der neuen Ranger dingfest barstaaten sowie kaum abschre- gemacht werden. ckende Strafen erschweren den Doch angesichts der internatio- Kampf gegen das lukrative Ge- nal organisierten und mit moderns- schäft. Ein einziger Tiger, dessen ter Technik ausgerüsteten Wilderer- Körperteile für die traditionelle asia- Foto: PT Archiv banden erscheint dies nur als Trop- tische Medizin, aber auch als fen auf den heissen Stein. So ent- Glücksbringer oder Luxusartikel deckte man im Frühjahr dieses verwendet werden, erzielt bis zu ProTier 3/05 9
Von Petra Wessalowski A n der ETH Zürich werden Weissbüscheläffchen in derDepressionsforschung eingesetzt. Tierschützer und Wissenschaftler kritisieren das Projekt, bei dem Affenbabys im ersten Lebensmonat immer wieder ihren Müttern weggenommen werden. «Die Äffchen ste- hen bei jeder Trennung Todesängste aus», sagt Susanne Scheiwiller von der Stiftung Fonds für versuchstierfreie Forschung. Die Tiere litten noch Monate später unter er- höhtem Blutdruck und psychischen Verhal- tensstörungen. Auch Beat Sitter-Liver, Mit- glied der Primaten-Arbeitsgruppe, hält das Projekt «für nicht vertretbar» (siehe Inter- view). Bei der Untersuchung des Labors für Verhaltensneurobiologie geht es um Grundlagenforschung; der konkrete Nutzen ist nicht klar. Was die Tierversuchsgegne- rin Katharina Büttiker von Animal Trust be- sonders empört: «Die Tiere leiden stark – für nichts.» Die Studie wird mit Steuergel- dern unterstützt; der Schweizerische Natio- nalfonds (SNF) zahlt 335000 Franken an das drei Jahre lang laufende Projekt. «Im Na- men der Forschung werden Steuergelder für fragwürdige Tierquälereien eingesetzt», sagt Norma Schenkel vom Schweizer Tier- schutz. Seit Monaten verlangen der Tier- schutz und die Ärzte für Tierschutz Auskunft über die SNF-Projekte mit Tierversuchen. Auf eine Anfrage der «SonntagsZeitung» hiess es beim SNF, dass man diese Zahlen nicht auf Anhieb nennen könne und eine Aufstellung einige Zeit beanspruchen wür- de. Zugeknöpft gibt sich auch der zuständi- ge ETH-Institutsleiter Joram Feldon: Telefo- Foto: Pete Oxford/Arco Der ETH-Versuch mit nisch könne er keine Auskünfte über den Versuch erteilen. Publik gemacht hat das Weissbüscheläffchen stösst umstrittene Experiment letzte Woche der weitherum auf Unverständnis «Tages-Anzeiger». ProTier 3/05 11
Leiden noch Monate nach der Trennung von der Mutter an psychischen Störungen: Weissbüscheläffchen Foto: Wegner/Arco Der Gesuchsteller muss einverstan- Für den Tierrechtsanwalt Antoine F. den sein – auch mit der Wahl des Goetschel kommt ein weiteres Pro- Experten. «Hier wird es für mich zur blem hinzu: «Ob ein Versuch tat- Farce, da in diesen Fällen mit Gefäl- sächlich unerlässlich ist, beurteilt ligkeitsgutachten gerechnet werden nur die Kommission, nicht aber ein muss», sagte Trachsel in einem In- Gericht.» Die Belastung der Tierver- Foto: Dr. Dr. michael Schwibbe terview in einer Broschüre der Ver- suchskommissionen wird immer einigung Ärzte gegen Tierversuche. grösser. Wie die Statistik zeigt (sie- Tierversuche in der Schweiz «Mit Gefälligkeitsgut- achten muss gerechnet werden» Beim SNF ist die wissenschaftliche Qualität des Affenprojekts unbestrit- ten. Projekte mit Tierversuchen werden nur unterstützt, wenn eine Tierversuchsbewilligung vorliegt. Die wird vom Kantonalen Veterinär- amt erteilt, nach Begutachtung durch die Tierversuchskommission. Wie schwierig deren Arbeit ist, zeigen Aussagen von Bernhard Trachsel, Geschäftsführer des Zür- cher Tierschutzes und ehemaliges Kommissionsmitglied. Wegen des Amtsgeheimnisses könnten vor der Bewilligung eines Experiments nicht einfach Fachleute angefragt werden. 12 ProTier 3/05
he Grafik), nimmt die Zahl der be- Tierversuche 2004: Statistik ist falsch! willigungspflichtigen Tierversuche seit dem Jahr 2000 stetig zu, insbe- Im vergangenen Jahr wurden weit mehr Tierversuche durchgeführt, als in der sondere die schwerstbelastenden. offiziellen Statistik des Bundes aufgeführt sind. Die Kantonstierärztin des Kan- An den Hochschulen und Spitälern tons Zürich, Regula Vogel, hat allein für ihren Kanton eine Abweichung von haben die Tierexperimente letztes einigen Tausend Tieren, die in der Statistik nicht ausgewiesen sind, festgestellt. Jahr um knapp zehn Prozent zuge- Eine Nachkontrolle beim Luzerner Veterinäramt ergab ebenfalls eine Abwei- legt. «Die Gentechnologie eröffnet chung von den gemeldeten Daten. Einige Kantone geben ihre Daten nach Bern neue Forschungsgebiete und macht weiter, ohne selbst Statistiken zu erstellen, was eine nachträgliche Überprü- den Tierversuch auch für neue Wis- fung durch die kantonalen Veterinärämter erschwert oder gar verunmöglicht. senschaftszweige interessant», sagt Seit 2000 werden jedes Jahr mehr Tiere in Versuchen eingesetzt. Es stellt sich Markus Tinner, wissenschaftlicher nun die Frage, wurde in Bern einfach geschlampt, oder ist die Anzahl der Ver- Mitarbeiter des Zürcher Tieranwalts. suchstiere bewusst gefälscht worden? Eine Antwort ist das Bundesamt für Ver- Weiteres Tierleid droht durch einen terinärwesen noch schuldig. Der zuständige Beamte weilte in den Ferien. EU-Beschluss, der auch die Schweiz Für Aussenstehende ist eine Überprüfung der kantonalen Zahlen nicht mög- betrifft. 30000 bereits zugelassene lich. Mit Ausnahme des Kantons Basel-Stadt, der die Zahlen im Internet publi- Stoffe müssen in den nächsten Jah- ziert, macht kein Kanton die Zahlen öffentlich einsehbar. ren getestet werden. ■ «Dieser Versuch ist nicht vertretbar» Philosoph Beat Sitter-Liver über Der Wissenschaftler argumentiert, und Bonobos, sollen nicht mehr den Wissensgewinn durch die dass er Grundlagenforschung zulässig sein. Die Verwandtschaft macht und die Erkenntnisse nicht zum Menschen ist zu gross. Schädigung anderer. voraussehbar sind. Das ist das Wesen der Grundlagen- Werden Ihre Empfehlungen auch forschung, und das wird ihr auch die Projektvergabe des Schweizeri- Das umstrittene Affenexperiment zugestanden. Doch wenn man an- schen Nationalfonds (SNF) beein- hat dazu geführt, dass auf Bundes- dere schädigen muss, um ans Ziel flussen? ebene eine Arbeitsgruppe Empfeh- zu gelangen, gilt der Grundsatz, Es wäre wünschenswert, wenn un- lungen für die künftige Forschung dass man auf den Wissensgewinn sere Überlegungen im Umgang mit mit Primaten ausarbeitet. Mitglied verzichten muss. Dahinter steckt ein Primaten berücksichtigt würden. ist auch Beat Sitter-Liver. Er ist Pro- Prinzip: Schaden zu vermeiden, hat Doch bereits bei der Stammzellen- fessor für praktische Philosophie Vorrang vor dem Willen, Gutes zu diskussion sagte der SNF klar: Die an der Universität Freiburg i.Ü. tun. Forschung ist schneller als die Po- und sitzt in der Eidgenössischen litik. Das ist problematisch, weil sie Ethikkommission für die Biotech- Sie sind beteiligt an der Ausarbei- sich damit der öffentlichen ethi- nologie im Ausserhumanbereich tung ethischer Überlegungen für schen und politischen Auseinander- (EKAH). Er kennt das ETH-Affen- Tierversuche mit Primaten. Was setzung entzieht. projekt genau. empfehlen Sie? Interview: Petra Wessalowski Belastende und schädigende Versu- Herr Sitter, wieso kritisieren Sie die che mit Menschenaffen, also Goril- Abdruck Artikel und Interview mit Ge- ETH-Affenstudie? las, Schimpansen, Orang-Utans nehmigung der «SonntagsZeitung». Beim Projekt geht es um das kom- plexe Phänomen der Depression. Aus der Studienanlage geht nicht hervor, ob ein wichtiger therapeu- tischer Erfolg für Menschen resul- tiert. Weissbüscheläffchen sind empfindsame Tiere, und sie werden schwer geschädigt – lebenslang. In dieser Unsicherheit ist bei einer Foto: Raimond Spekking Güterabwägung das Gewicht ein- deutig auf der Seite des betroffenen Tieres. Deshalb ist das Projekt nicht vertretbar. ProTier 3/05 13
Alternativmedizin Tiere beweisen es: Die Homöopathie wirkt Ist die Wirkung der Homöopathie Einbildung oder nicht? Beim Menschen mag sich die Frage noch stellen. Beim Tier nicht: Homöopathie wirkt. Sonst würden sie nicht unzählige Tierärzte und Tierhalter erfolgreich anwenden. VON HANS P ETER ROTH Fragen zur Behandlung ihrer Tiere. Die meisten von ihnen haben Vor- D en Telefonhörer zwischen träge besucht und besitzen eine von Schulter und Kopf einge- Homöopharm extra zusammenge- klemmt, den Blick auf den stellte Tierapotheke. Diese enthält Bildschirm. So sitzt André Acker- die 40 wichtigsten homöopathi- mann, seit 1997 Inhaber der Ho- schen Mittel für Tiere, die aber glei- möopharm AG in Oensingen, im chermassen auch zur Behandlung Büro. «Seit wann verhält sich Ihr von Menschen einsetzbar sind. Kalb unruhig? … Welche Verände- Als Drogist und gleichzeitig rungen stellen Sie noch fest? … gelernter Landwirt spricht André Und welche äusseren Einflüsse ver- Ackermann «die Sprache der Bau- André Ackermann, Geschäftsführer schlimmern die Symptome?» Seit ern». Das erleichtert die Beratung. der Homöopharm AG, stellt die er in den Wintermonaten landes- «Dieser Teil der Arbeit rentiert we- hauseigene Tierapotheke vor. weit Seminare für Landwirte zum der für mich noch für die Firma», Thema Homöopathie gibt, rufen sagt er. «Da ist einfach Herzensblut täglich Menschen an. Sie haben dabei. Die Freude am Tier, an der Sie wurde zu einem wissenschaft- Landwirtschaft und der Respekt für lich begründeten Heilsystem mit alle, die sich für gesunden Landbau streng verbindlichen Vorschriften einsetzen. Denn die Gesundheit ei- für ihre Anwendung, mit uneinge- nes Landes ist abhängig von der schränkter Gültigkeit bis heute. Das Gesundheit des Volkes. Und für ein durch Samuel Hahnemann wieder- gesundes Volk ist eine gesunde entdeckte Heilprinzip lautet: «Ähn- Landwirtschaft ganz wichtig.» liches werde durch Ähnliches ge- heilt» – auf lateinisch: «Similia si- milibus curentur.» Ähnliches heilt Ähnliches Durch die Verabreichung des Was ist Homöopathie? Mit Hilfe passenden homöopathischen Heil- mutiger Selbstversuche entwickel- mittels beim kranken Menschen, te der deutsche Priesterarzt und Tier oder einer Pflanze werden die Rosenkreuzer Dr. Samuel Hahne- Lebensgeister geweckt; der innere mann (1755 – 1843) vor über 200 und äussere Heilungsprozess Jahren die moderne Homöopathie. kommt in Gang. Doch warum und wie genau die Homöopathie wirkt, ist bis heute umstritten. Selbst füh- rende Homöopathiehersteller und Dozenten für Homöopathie prokla- Biobäuerin Erika Saurer setzt mieren immer wieder, die Wir- bei ihren Tieren häufig kungsweise der Homöopathie sei homöopathische Mittel ein. unbekannt. 14 ProTier 3/05
Tiere sprechen Wirkungsweise der Homöopathie extrem gut an Warum reagieren Tiere besonders «Die Menge machts» gut auf die Behandlung mit Homöo- Dieser Lehrsatz stammt vom Schweizer Priesterarzt und Magier Paracelsus. Er pathika? Tiere haben ja bekanntlich formulierte auch den Satz «Similia similibus currentur». Die Menge ist also ebenso keinen «Glauben», der sie eventu- von Bedeutung, ob etwas heilsam, neutral oder krankmachend wirkt. Das haben ell placebo-mässig heilen könnte ernsthafte Heilmittelhersteller erkannt und stets beachtet. Dabei erkannten sie, («Placebo» = die Macht des Glau- dass eine geringe Dosierung oft eine höhere Heilwirkung erzielte, als eine hohe bens beim Menschen!). Trotzdem Dosierung. Ähnliches stellt übrigens die Schulwissenschaft bezüglich der Hor- wenden unzählige Tierärzte und mone fest. Die Homöopathen gingen noch weiter: Sie verdünnten Heilmittel über private Tierhalter Homöopathie mit die Grenze der molekularen Nachweisbarkeit hinaus – und stellten eine noch- Überzeugung an. Die Praxis bestä- mals erhöhte Wirksamkeit fest. Allerdings nur, wenn die entsprechenden Heil- tigt jedoch eindeutig ihre Wirksam- mittel zuvor «potenziert» wurden. Potenzieren bedeutet, durch «Erschlagen» der keit (siehe Kasten). Ursubstanz, die «Wesensart» der Ursubstanz rein energetisch-informativ in ei- «Wenn die Homöopathie auch nen neutralen Träger, zum Beispiel ein Wasser-Alkohol-Gemisch, zu übertragen. bei Tieren und Pflanzen wirkt, so ist Dort wirkt sie dann – bar aller Ursubstanz – nicht mehr giftig, sondern heilsam. dies ein direkter Wirkungsnach- Von diesen Potenzen muss naturgemäss nur wenig verwendet werden, um einen weis», erklärt der Priesterarzt Felix Heilprozess auszulösen. Die Wesensart dieser Heilmittel regt die Selbstheilungs- Gastpar. «Auch wenn viele Schul- kräfte in Mensch, Tier usw. an und weckt also die Lebensgeister wieder. (ak) wissenschaftler solche Tatsachen hartnäckig anderen Umständen zu- schreiben, welche die Heilung an- sie weder schädliche Substanzen, scher Erfahrungswert. Seit gerau- geblich bewirkt hätten.» Deshalb ist noch Nebenwirkungen hinterlas- mer Zeit ist für sie die Anwendung aus seiner Sicht die Behandlung sen. Denn was nützen tierische Bio- der Homöopathie fester Bestandteil von Tieren, Pflanzen für die Homöo- Produkte, wenn die Tiere mit che- im Umgang mit Tieren: «Immer pathie, oft eine dankbarere Sache, mischen Mitteln behandelt werden, wieder bin ich erstaunt über die als die Behandlung evolutionsun- deren Rückstände sich in Milch, Wirkung homöopathischer Heilmit- williger Menschen. Fleisch, usw. anreichern? Daher un- tel. Seit anderthalb Jahren brau- terstehen homöopathische Heilmit- chen wir keinen Tierarzt mehr, tel auch nicht der seit 1. Juli in Kraft wenn bei den Kälbern eine Nabel- Neue Tierarzneimittel- gesetzten Tierarzneimittel-Verein- entzündung auftritt. Wir behandeln Vereinbarung barung. Diese schreibt vor, «dass die Kälber mit Arnica C30, und das Am Beispiel der biologischen Land- alle Medikamente mit Einfluss auf nützt. Wichtig ist, dass wir unsere wirtschaft wird der Nutzen der Ho- die Genusstauglichkeit von Fleisch, Tiere gut kennen und beobachten.» möopathie besonders deutlich, weil Milch, Eiern (Antibiotika, Medizinal- Erst so finde man das richtige Heil- konzentrate wie z. B Cas 45K, die mittel für ein erkranktes Tier heraus. meisten Euterpräparate, Beruhi- Ihr Fachwissen erwarb Erika bei ei- gungs- und Entwurmungsmittel so- nem Kurs von André Ackermann. wie alle anderen TAM mit Absetz- Durch Fachliteratur bildet sie sich fristen) nur noch nach einem Be- aber stets weiter. «Ausgelernt hat triebsbesuch oder bei Kenntnis des man nie», sagt sie. Dies gilt für alle, Gesundheitszustandes der zu be- die sich auf den Weg der Homöo- handelnden Tiere oder Tiergruppen pathie begeben. ■ abgegeben werden dürfen.» Alle Bauern müssen somit die verab- reichten Medikamente notieren und Weitere Infos: dürfen gewisse Mittel nur nach ei- • Ratgeber «Homöopathie für ner Voruntersuchung eines Tierarz- Tiere»: bestellbar bei Homöo- tes einsetzen – ausser Homöopa- pharm, thika. Werkhofstr. 13, 4702 Oensingen, Tel. 062 388 32 20. Siehe auch unter Praktische Erfahrung www.homoeopharm.ch Dass der Einsatz homöopathischer • Buch «Wesen und Signatur der Heilmittel die Lebensgeister weckt Heilpflanzen», von Roger Kalb- Rosemarie Herren gibt Hündin Farah und die Krankheit letztlich der Ge- ermatten (Ceres Heilmittel AG, Silicea, ein homöopathisches Auf- sundheit weichen muss, ist auch für Kesswil), AT-Verlag, Baden, baumittel Bio-Bäuerin Erika Saurer prakti- 2003 ProTier 3/05 15
Biber und Otter als Botschafter Fischotter Biber Seit Ende Mai ist die Biber- und Fischotteranlage im Naturzentrum Sihlwald eröffnet. Die Anlage unterstreicht die Zusammengehörig- keit von Sihlwald und Wildpark Langenberg. Sie steht für den Beginn einer gemeinsamen Entwicklung zu einem national aner- kannten Naturerlebnispark. Vor allem aber soll sie das Bewusst- sein der Bevölkerung für den Lebensraum Wasser vertiefen, der Aufklärung und dem besseren Verständnis gegenüber seinen Foto: Daniel Hubacher verschiedensten Bewohnern dienen. G leich zwei einheimische Säugetiere erhalten mit der naturnahen Anlage die Möglichkeit, das Interesse der Bevölkerung auf sich zu ziehen und für ihre Artgenossen in freier Wildbahn zu werben. Der in der Schweiz ausgestorbene Fischotter steht für die Be- milienverband normal. Für Fischotter ist dies eher ungewöhnlich, sie leben nur zu zweit und ausserhalb der Paarungszeit sind sie eher Einzelgänger. Weil mehr als ein Paar im Gehege gehalten werden kann, ist eine bessere Beobachtbarkeit gewährlei- drohung einer Tierart, der Biber als Land- stet. Die Anlage gliedert sich in zwei Teile. schaftsgestalter vor allem für ursprüngli- Der Teil für die Fischotter ist direkt mit der che Dynamik. Die fünfköpfige Familie des Sihl verbunden. Durch einen Sickerdamm Europäischen Bibers stammt aus dem Tier- wird er mit Sihlwasser gespeist. Der Teil garten Nürnberg. Die vier Fischotter lebten für die Biber liegt oberhalb. Das Wasser für von zuvor im Wildpark Schorfheide nördlich die Biberanlage wird aus dem unteren An- Nathalie Dubois von Berlin. Bei Bibern ist das Leben im Fa- lageteil hoch gepumpt. Die gesamte Anla- 16 ProTier 3/05
ge hat eine Fläche von 2665 m2, davon ste- hen den Bibern 1134 m2 und den Fischot- tern 1531 m2 zur Verfügung. Spannende Suche Wer die Tiere beobachten will, braucht al- lerdings etwas Geduld. Da die Fischotter über den ganzen Tag immer wieder aktiv sind, bekommt man mit etwas Glück schon bald den einen oder anderen zu Gesicht. Foto: Wildpark Langenberg Faszinierend sind dabei vor allem die Ele- ganz, mit der sie sich im Wasser bewegen und ihre unglaubliche Wendigkeit. Die Bi- Biber ber dagegen sind bei warmen Temperatu- ren hauptsächlich in den Randstunden zu beobachten, am besten in der Abenddäm- merung. Derweil hat man Zeit, den oberen schätzt man seinen Bestand auf etwa 500 Teil der Biberburg, welcher zur Tarnung der Tiere. Verschiedene Informationstafeln er- eigentlichen «Wohnung» dient, ausführlich klären, was zur Ausrottung dieser beiden I N F O zu studieren. Wer findet den Eingang zum Tierarten führte. Zum einen stand die Jagd Öffnungszeiten Biberbau? Erst nach längerem Hinsehen auf die begehrten Pelze im Vordergrund. Naturzentrum Sihlwald kann man ihn erkennen: Er befindet sich Aber auch das Konkurrenzdenken in Bezug (Ausstellung): nämlich unter Wasser. Und schon ist man auf Fischfang hinterliess blutige Spuren. 21. März bis Ende Oktober auf den Trick hereingefallen, den sich der Dies traf vor allem den Fischotter, aber auch • Dienstag bis Samstag Biber zum Schutz vor Feinden hat einfallen der Biber wurde nicht geschont, obwohl er 12.00–17.30 Uhr lassen. Vegetarier (!) ist. Auch die, lange von Aber- • Sonntag glauben beeinflusste, Medizin hat ihren Teil 9.00–17.30 Uhr zur Dezimierung der Tierbestände beigetra- • Montag geschlossen Wissenswertes übersichtlich gen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der vermittelt Die Aussenanlagen sind Einfluss von Umweltverschmutzung sowie Der Fischotter gilt in der Schweiz seit 1989 der Verlust und die Zerstückelung von Le- das ganze Jahr über zugänglich. als ausgestorben. Der Biber verschwand bensraum. Wer sein Wissen vertiefen Anfang des 19. Jahrhunderts von der Bild- möchte, hat im Naturzentrum die Gelegen- fläche. Seit seiner Wiederansiedlung heit dazu. Die begleitende Ausstellung ver- Foto: Nathalie Dubois Foto: Nathalie Dubois Unverkennbare Biberanlage im Sihlwald Biberspuren ProTier 3/05 17
mittelt umfangreiches Wissen über die Ei- genheiten und die Lebensweise von Biber und Fischotter im Jahreszyklus. Die Realisierung dieses Naturprojektes ist dem Einsatz einer breiten Trägerschaft zu verdanken: Vereinigung Pro Sihltal, Stif- tung Naturlandschaft Sihlwald, Standortför- derung Zimmerberg-Sihltal, Pro Natura Zürich, Gesellschaft zur Förderung des Wild- parks Langenberg, Grün Stadt Zürich sowie private Donatoren haben sich an der Finan- zierung beteiligt. Dank dem Engagement und dem Sponsoring dieser Institutionen, deren gemeinsames Ziel die Erhaltung und Förderung der Umweltqualität ist, konnte Fischotter dieses Projekt verwirklicht werden. ■ Otter Fühlt sich wohl in der neuen Anlage Foto: Naturzentrum Sihlwald Infotafel im Naturzentrum Sihlwald Foto: Nathalie Dubois 18 ProTier 3/05
Bücherskorpion Jäger zwischen Buchdeckeln Skorpione, die mit ihren Zangen tet. Obwohl im Aussehen den Skor- pionen ähnlich, besteht scheinbar Bücherskorpion zwischen Buchseiten auf Beute keine nähere Verwandtschaft zu ih- lauern? In der Schweiz? Das nen. Pseudoskorpione sind eine gibts. Und zwar bei weitem nicht Ordnung der Kieferklauenträger nur in Harry-Potter-Büchern! und zugleich der Spinnentiere. Weltweit sind rund 3000 Arten be- Von hier stürzt das Tierchen in den kannt, davon leben etwa 100 Arten Abgrund … Einen Meter tiefer, auf ANANDA KUNZ im europäischen Raum. dem Holzboden, flieht es blitz- Wie sein Name besagt, lebt der schnell in den nächsten Spalt. Da- E ndlich gefunden. Das alte Bücherskorpion in Menschennähe, bei kommt ihm seine flache Körper- Heilkräuterbuch. Zuhinterst vornehmlich zwischen alten Bü- form zugute. Wer den Bücherskor- in der Dachkammer, verges- chern. Dort findet das 2,5 bis 5 Mil- pion aus nächster Nähe beobach- sen, verstaubt. Spannung. Ist noch limeter kleine «Raubtier» seine ten will, muss nicht unbedingt in lesbar, was einst niedergeschrie- Lieblingsbeute, die Staublaus. Im alten Büchern schmökern. Man fin- ben? Doch beim Aufschlagen offen- Notfall begnügt er sich auch mit det ihn auch auf Abfall- und Kom- bart das über 70-jährige Buch ein anderen winzigen Insekten und posthaufen oder zwischen Spalten ganz eigenes Geheimnis: Plötzlich Spinntieren, zum Beispiel Hausmil- und Ritzen. krabbelt ein kleines, flaches, braun- ben. Die Beute wird mit zwei so gefärbtes Tierchen über eine Buch- genannten Pedipalpen – Scheren – Skorpione in der seite. Dies mag ja noch nicht un- gepackt. In die Scherenspitze mün- Schweiz gewöhnlich sein. Kommt man dem den Giftdrüsen, mit deren Hilfe der 4,5 mm kleinen Tierchen jedoch kleine Jäger die Opfer tötet. Für den Gemäss de Lessert’s Catalogue des nahe, geht es in Drohstellung, wie Menschen ist der Bücherskorpion Invertébrés de la Suisse, sind in der ein Krebs – oder wie ein Skorpion! völlig harmlos. Schweiz drei echte Skorpionarten Auf acht Beinchen bäumt es sich heimisch: auf, verteidigt sich kühn mit zwei an- • der Italienische (Euscorpius Ita- Flucht in den Abgrund sehnlichen Klemmscheren und ver- licus), sucht seitwärts auszuweichen. Statt Nach einigem Imponiergehabe • der Deutsche (Euscorpius Ger- Lektüre eine handfeste Begegnung wechselt unser Bücherskorpion die manus) und – mit einem Skorpion, in der kühlen Taktik. Der Buchrand ist nicht weit. • der Caporiacco-Skorpion (Eu- Deutschschweiz? Das kommt un- scorpius. alpha di Caporiacco). erwartet. Einziger äusserlicher Un- Die echten Schweizer Skorpione, terschied zu herkömmlich bekann- deren Stich sehr schmerzhaft aber ten Skorpionen ist der fehlende Gift- nicht lebensgefährlich ist, be- stachel und die Grösse. schränken sich auf die warmen Südtäler im Tessin, Bündnerland und Wallis. Einige ihrer Lebensräu- Kein Fabeltier me in der Schweiz sind bedroht Im Gegensatz zum Bücherwurm ist durch zunehmende Überwachsung der Bücherskorpion (lat. Chelifer und durch menschliche Bautätig- cancroides) kein Fabeltier. Der in keit. (hpr) ■ Mitteleuropa bekannteste Vertreter der so genannten Pseudoskorpio- ne ist in der Schweiz weit verbrei- Pseudoskorpion Infos: www.arachnodata.ch ProTier 3/05 19
Braunbär in der Schweiz Meister Petz kehrt zurück Er ist willkommen in der Schweiz. Doch der erste Einwanderer aus Norditalien wurde Ende Juli von Touristen und Journalisten regelrecht bedrängt und verfolg. Mit solchem Verhalten leisten die Gaffer sich und dem Wildtier einen Bärendienst. 20 ProTier 3/05
VON HANS P ETER ROTH B ärenstark. «Schweiz im Bä- renfieber.» «Gut gemacht, Bär.» «Bündner Braunbär füllt die Gästebetten.» Oder: «Wir sind wieder Bär.» Dies einige der reisserischen Schlagzeilen über den neuen «Lieblingsimmigranten», der Ende Juli die halbe Schweiz in Auf- ruhr versetzte. Das Erfreuliche: Wildlebende Braunbären sind in der Schweiz offensichtlich wieder willkommen – sogar obwohl der erste zottige Einwanderer, kaum in der Schweiz angekommen, schon mal ein Kalb riss. Das war nicht immer so. Noch vor wenigen Jahr- zehnten wären wilde Bären in der «Während mehrerer Tage hielt er Jagdinspektor Georg Brosi aus re- Schweiz kaum geduldet worden. Im sich in der Nähe der Passstrasse lativ grobem Plastikschrot, ähnlich 18. und 19. Jahrhundert wurde auf. Das ist sehr untypisch für ei- dem Material, das die Polizei bis- Meister Petz in der Schweiz als nen wilden Bären, dersich norma- weilen gegen Demonstranten ver- «Schädling» erbarmungslos gejagt. lerweise von Menschen fern hält. wendet. 1904 wurde der letzte Bär in Scarl Durch die zahlreichen Schaulusti- Hatte der pelzige Einwanderer GR erlegt. Gut 100 Jahre später ist gen gewöhne sich der Bär mögli- etwas von der Absicht geahnt? nun der erste wilde Braunbär wie- cherweise noch stärker an die Men- Jedenfalls blieb er einige Tage der im Bündnerland angekommen. schen, gibt Roth zu bedenken. «Es unsichtbar. Danach wurde er im wird nicht einfach für ihn, hier zu Münstertal weit ab von Häusern Getrübte Freude leben.» und Strassen gesehen. Bleibt die Hoffnung, dass sich nach den Som- Doch die Freude an seiner Rückkehr merferien der Rummel legt und sich wurde schon in den ersten Tagen Wo steckt er jetzt? das Tier in Ruhe einen Platz für sei- getrübt. «Nachdem sie vom Bären Schliesslich beschlossen die Bünd- nen Winterschlaf suchen kann. Ob gehört haben, besuchten viele Men- ner Jagdbehörden, dem Rummel er diesen in der Schweiz hält, ist al- schen den Nationalpark, in der Hoff- um den Bären ein Ende setzen. Mit lerdings ungewiss. ■ nung das Tier zu sehen. Im Müns- Gummischrot sollte er aus der tertal waren alle Hotels ausge- Nähe von Menschen vertrieben bucht», sagt Peter Roth, Wildhüter ProTier heisst Meister Petz in der werden. Internationale Bärenspe- des Nationalparks im Engadin. Die Schweiz willkommen und wünscht zialisten hätten zu einer so genann- Besucherzahlen des Nationalparks ihm weder durch Jagdbehörden, ten Vergrämungsaktion geraten. schnellten Anfang August um 20 aufdringliche Touristen, noch durch Die Munition, die dafür verwendet Prozent in die Höhe. Das allein mag unbedachte Menschen Ungemach. wird, besteht laut dem Bündner ja in Ordnung sein. Doch es konnte nicht anders kommen: Unvorsich- tige Touristen näherten sich dem Bären immer wieder in völlig unver- Slowenischer Einwanderer? antwortlicher Weise. Damit beläs- tigten sie nicht nur das wilde Tier, In den Trentiner Alpen unweit der Schweizer Grenze haben die letzten ursprüng- sondern brachten auch sich selbst lichen Braunbären überlebt. Der Bestand war aber zu klein, um selbständig über- in Gefahr, zum Ärger der Mitarbei- leben zu können. Deshalb wurden zwischen 1999 und 2002 zehn Braunbären ter des Amts für Jagd und Fische- aus Slowenien im Naturpark Adamello Brenta angesiedelt. Die Strecke zwischen rei Graubünden. dem Trentino und der Schweizer Grenze (Bündner Alpen) ist kurz und für einen Besonderes Kopfzerbrechen berei- Bären in wenigen Nächten zu schaffen. Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, tete der Umstand, dass der Bär, der bis sich der erste Bär in Richtung Schweiz auf den Weg macht. In der Schweiz ist erstmals am Ofenpass im Gebiet der Bär geschützt. Allfällige Schäden würden von Bund und Kantonen vergütet. des Nationalparks im Münstertal Studien zeigen: In der Schweiz gibt es durchaus günstigen Lebensraum für Meis- gesichtet worden war, wenig Scheu ter Petz. Letztmals wurde ein Bär in der Schweiz im Jahre 1923 im Nationalpark vor Menschen zeigte. «Das ist aus- kurz gesichtet. In den österreichischen Alpen leben bereits wieder gegen 30 Braun- sergewöhnlich», sagt Peter Roth. bären. (hpr) ProTier 3/05 21
Autobahnen Zäune schützen Tiere – und Menschen Zäune pferchen Tiere nicht nur ein. Sie können sie auch schützen. Zum Beispiel davor, sich auf die Autobahn zu verirren. In der Schweiz sind Wildschutzzäune eine Erfolgsgeschichte – mit Vorbildwirkung für die USA. HANS PETER ROTH den auch massive Schäden an Fahr- zeugen sowie verletzte und tote M it einigem Grauen berich- Menschen. tet Markus Bütikofer über das, was er auf der Feri- Zäune für 2,3 Millionen enreise in Florida erlebte. Unzähli- ge überfahrene Tiere auf und ent- In der Schweiz sind Wildschutzzäu- dem wandern können, sind an ei- lang der grosszügig angelegten ne entlang der Autobahnen seit nigen Autobahnabschnitten mittler- Autobahnen des südlichen US- über 30 Jahren buchstäblich gesetz- weile Wildwechselbrücken errichtet Bundesstaates. Tote Waschbären, lich verankert. Beschädigte oder worden. Füchse, Stinktiere, Biber, Beuteltie- löchrig gewordene Zäune werden re, viele Reptilien, aber auch Katzen, regelmässig ersetzt. Rund 40 Kilo- Vorbild für die USA Hunde und andere Haustiere. Nicht meter Maschendrahtzaun, Metall- selten auch grosse Wildtiere wie zaunpfosten und Amphibienschutz- Heute sind die westeuropäischen Rehe. Mehr und mehr zerschneiden gitter werden derzeit entlang der A6 Autobahnen zum grossen Teil ein- Highways und andere Bauten die und A12 erneuert, für insgesamt 2,3 gezäunt. Die USA sind noch nicht natürlichen Lebensräume im wald- Millionen Franken. Ist es das wert? so weit. Doch hat man nun im Land und sumpfreichen Sonnenstaat. «Auf jeden Fall», betont Claudio der unbegrenzten Möglichkeiten da- Weil die Strassen die Wanderrou- Stöckenius, Werkhofchef des Auto- mit begonnen, Zehntausende von ten der Tiere kreuzen, kommt es zu bahnwerkhofs Bern: «Gute Schutz- Autobahnkilometern mit Zäunen zu den unvermeidlichen Kollisionen. zäune haben eine ganz wichtige schützen. Denn auch in den USA hat Für das Tier enden sie meist töd- Funktion. Sie verhindern, dass Rehe sich mittlerweile die Erkenntnis lich. und andere Tiere auf die Fahrbahn durchgesetzt, dass Zäune nicht nur Die schrecklichen Zusammenstös- gelangen.» In den 60er Jahren, als Tiere vor den Autos schützten, son- se könnten durchaus vermieden die Schweizer Autobahnen noch dern auch umgekehrt. Wichtig sind werden. Doch in den USA schützen nicht eingezäunt waren, kam es für die amerikanischen Highway- Zäune die Tiere vor den Autos – und immer wieder zu schweren – teil- Zaunbauer dabei die Erfahrungen umgekehrt erst entlang weniger weise auch für Autolenker tödlichen der Schweizer. So steht Claudio Fernstrassen. Erstaunlich im Land – Unfällen. Die Statistik beweist: Stöckenius in engem Erfahrungs- der Produktehaftpflicht und milliar- Dank den Zäunen ist die Zahl von austausch mit einem amerikani- denschweren Klagen. Die Zäune Unfällen wegen grösseren Tieren schen Professor, der zu diesem The- könnten nicht nur das Leben unzäh- auf der Autobahn stark zurückge- ma in den USA Forschungsarbeiten liger Tiere retten, vermieden wür- gangen. Damit die Wildtiere trotz- leitet. ■ 22 ProTier 3/05
Sie können auch lesen