Modern, effizient und stark - Was die Industrie im IHK-Bezirk auszeichnet - IHK24
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„TÄTER ABSCHRECKEN!“ Interview mit Polizeipräsident Gregor Lange „FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION“ August Krämer Kornbrennerei SERIE „MEIN GUTES RECHT“ Thema „Haftung“ September 2015 Modern, effizient und stark Was die Industrie im IHK-Bezirk auszeichnet „TÄTER ABSCHREC KEN!“ September 2015 Die RUWI je auch als A tzt pp!
EDITORIAL Auslandshandelskammer: „Geheimwaffe“ der Exportwirtschaft D as Exportgeschäft bleibt die baidschan bis Z wie Zentralamerika tragende Säule der Konjunk- mit der Zuständigkeit für die Staaten tur – auch in unserem West- Panama, Guatemala und auch Costa fälischen Ruhrgebiet. Die Ex- Rica bieten die AHKs den Unterneh- portquote ist hier in den letzten fünf men Dienstleistungen beim Auf- und Jahren um fast fünf Prozentpunkte Ausbau ihrer Geschäftsbeziehungen auf nunmehr 38,1 Prozent gestiegen mit dem Ausland. (2009: 33,8). Und in unserer aktuel- „Wie finde ich Kunden auf dem len Umfrage erwarten 34 Prozent der chinesischen Markt?“ oder „Wie exportierenden Unternehmen in die- gründe ich in Vietnam ein Unterneh- sem Jahr weitere Steigerungen im in- men?“ oder „Was muss ich beachten, ternationalen Geschäft. wenn ich Ingenieure für 3 Monate in Deutsche Produkte sind aufgrund Saudi-Arabien einsetzen will?“ Das Udo Dolezych und Reinhard Schulz ihrer Technologie und Qualität auf sind Fragen, die im Tagesgeschäft den Weltmärkten begehrt – sie ver- an die IHKs gerichtet werden. Und die nen. Dies ist eine sehr große Heraus- kaufen sich aber nicht von selbst. Hin- Unternehmen erfahren eine kompe- forderung. Auch hier helfen die AHKs ter diesem deutschen Exporterfolg tente Erstberatung. Die Details beant- bei der Suche und der Aus- und Wei- steht ein globales Netzwerk der Ver- wortet dann die AHK vor Ort. So wer- terbildung von Fach- und Führungs- kaufsförderung. Es sind meistens die den jährlich weltweit rund 500.000 kräften in den Gastländern. Auslandshandelskammern (AHKs), Anfragen nach speziellen Wirtschafts- Nicht zuletzt sind die AHKs die die vor allem kleinen und mittleren informationen bearbeitet. weltweiten Werbeträger für die Leis- Unternehmen den Zugang zu inter- Doch es ist auch wichtig, dass sich tungs- und Innovationskraft des Wirt- nationalen Märkten ermöglichen. Das die Unternehmen vor Ort ein Bild der schaftsstandortes Deutschland. War Wall Street Journal betitelte es als Geschäftschancen machen können. anfangs die Zielrichtung der Tätigkei- „Germany’s secret economic weapon“. Das Netzwerk aus IHKs und AHKs hilft ten fast ausschließlich auf den Weg in Die erste AHK-Gründung gab es auch hier und ist Türöffner für neue das Ausland gerichtet, so steht heute schon 1894 in Belgien. Mit der Ent- Märkte. So plant unsere IHK jetzt bei- immer mehr auch das Standortmarke- wicklung der deutschen Außen- spielsweise eine Unternehmerrei- ting für Deutschland und damit auch wirtschaft und dem Wirtschaftsauf- se für Startups nach New York City unserer Region im Fokus. schwung nach dem 2. Weltkrieg wur- oder den Besuch einer Messe für Un- Allein bei der IHK zu Dortmund den immer mehr AHKs gegründet. ternehmen aus der Bauwirtschaft in wurden in den vergangenen zweiein- Sie haben die deutschen Außenwirt- den Niederlanden. Die Betreuung vor halb Jahren rund 30 Veranstaltungen schaftsinteressen und die jeweiligen Ort wird durch Mitarbeiter der AHKs mit über 1.400 Unternehmensvertre- Nils und Julian Stentenbach. Ihr junges Unternehmen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen in New York und in Den Haag sicher- tern zu den aufgezeigten Themenfel- Voltavision prüft Batterien für Elektrofahrzeuge und mit Erfolg vertreten, gefördert und gestellt. Im vergangenen Jahr wurden dern durchgeführt – eine Unterneh- hilft so, den Weg ins elektromobile Zeitalter zu ebnen. weiter entwickelt. über 50.000 Geschäftsreisende aus merreise nach China, einen Praxis- Die ganze Erfolgsstory auf www.nrwbank.de/weitsicht In 90 Ländern, die für die deut- Deutschland in dieser Weise durch die workshop USA oder eine Präsentati- sche Wirtschaft von besonderem In- AHKs umsorgt. on unserer Region in Brüssel sind drei teresse sind, sind gegenwärtig 130 Von großer Bedeutung ist eben- Beispiele. Die AHKs und IHKs sind ge- AHKs weltweit vertreten. Sie beschäf- falls, dass hiesige Unternehmen bei ih- meinsam die Treiber für internatio- tigen 1.700 Mitarbeiter. In den Län- ren Aktivitäten im Ausland auf qualifi- nal agierende Unternehmen – gerade Wir fördern das Gute in NRW. dern und Regionen von A wie Aser- zierte Fachkräfte zurückgreifen kön- auch für den Mittelstand. Die Weitsicht, mit der nachhaltige Unternehmen die Energiewende meistern. Weitsicht ist die Basis für eine aussichtsreiche Zukunft unserer Region. Für die NRW.BANK Grund genug, neue Wege mitzugehen. Zum Beispiel mit attraktiven Fördermitteln für Udo Dolezych, IHK-Präsident Reinhard Schulz, IHK-Hauptgeschäftsführer Elektromobilität und mehr Energieeffizienz in der Produktion. Sprechen Sie mit uns, damit die Energiewende Realität wird. Das NRW.BANK.Service-Center erreichen Sie unter 0211 91741- 4800. Oder besuchen Sie uns auf www.nrwbank.de/weitsicht Ruhr Wirtschaft September 2015 3
INHALT BLICKPUNKT INDUSTRIE WIRTSCHAFT REGIONAL 8 Moderne Zeiten 22 Google in Dortmund Die IHK ist Partner der Google-Initiative „Weltweit Wachsen“, Kohle und Stahl prägten über viele Jahre die Region. mit der mittelständische Unternehmen beim Auf- und Ausbau Das ist Vergangenheit, doch noch immer ist die Industrie digitaler Exportstrategien unterstützt werden. Im Gespräch mit von großer Bedeutung für den Standort – und wird es der RUWI erläutert Google-Manager Jens Redmer das Konzept. auch bleiben: Die moderne Industrie ist innovationsstark und wettbewerbsfähig. WIRTSCHAFT REGIONAL 10 „Die Industrie ist eine entscheidende Stabilitätssäule“ 48 Technik von Apple, Tisch von Dula Seine neueste Kreation, die Apple Watch, präsentiert der Nachgefragt: Dr. Ansgar Fendel über Industrie, US-Kultkonzern Apple weltweit auf Ladentischen des Strukturwandel und demografischen Wandel Dortmunder Traditionsunternehmens Dula. 12 Firmenporträts · Atlas Schuhfabrik Dortmund WIRTSCHAFT REGIONAL 59 · Aurubis AG Lünen · Hesse GmbH Hamm Bundesbank baut an der B1 · Murtfeldt Kunststoffe Dortmund Dortmund wird endgültig zu einem der Finanzzentren in · Westfälische Drahtindustrie Hamm Nordrhein-Westfalen: Für gut 300 Millionen Euro entsteht bis 2019 eine hochmoderne Filiale der Bundesbank. RUBRIKEN 91 IHK-Veranstaltungskalender 22 „Wir brauchen starke 37 Ein Rahmen für die Kunst 52 Cineworld Lünen legt SERVICE INTERNATIONAL Partner wie die IHK“ Rekord-Halbjahr hin 3 Editorial 92 Impressum Google-Initiative 38 IHK ehrt 147 Top-Azubis 82 EU-Handelspolitik gestern, 53 Spezialist für „weiße Ware“ heute und morgen 6 Bild des Monats 93 Messekalender 24 Schlemmen überm Schacht 39 Osudio investiert in die wächst weiter Serie Gastronomie: Gesundheit der Mitarbeiter SERVICE RECHT 7 Wirtschaft in Zahlen BLICKPUNKT INDUSTRIE Restaurant „Pferdestall“ 54 Lünen entwickelt 40 Entsorgung „Himmelblau“ sich positiv 84 Serie „Mein gutes Recht“ 20, 32 Kompakt 8 Moderne Zeiten 26 Volksbank zeigt Flagge IHK-Wirtschaftsgespräch Thema „Haftung“ 42 „Biene“, „Hamster“ & Co. 26, 27, 39, 50 Glückwunsch INTERVIEW 27 Blumen Risse hofft auf Serie „Damals“: Quitmann 56 Export stärkt SERVICE BILDUNG „grünen Oscar“ Schwertes Wirtschaft 28 Was sonst geschah 14 „Täter abschrecken!“ 44 Mit LuNA werben Azubis IHK-Wirtschaftsgespräch 87 Gute Aussichten für Polizeipräsident Gregor Lange 32 Innovatherm erhält um Fachkräftenachwuchs Berufsschullehrer 34, 49, 52 Jubiläen Creditreform-Siegel 58 „Logistikstandort des WIRTSCHAFT REGIONAL 45 Doppelte Premiere Jahres“ bekommt Zuwachs 88 Serie „Seltene Berufe“ 41 Literatur 33 Heckmann „Bauunterneh- Privatgymnasium Stadtkrone Fachkraft für Möbel-, Küchen- 16 Kräuterlikör mit Schlips men des Jahres 2015“ 59 Bundesbank baut an der B 1 und Umzugsservice 46 Essen & Trinken Serie „Familienunternehmen 48 Apple und Dula – mit Tradition“: August Krämer 34 Leckere Pausensnacks eine starke Partnerschaft MEINUNG SERVICE KULTUR 60 Unternehmen bilden aus Kornbrennerei 34 Erfolgreiches Netzwerk 49 Freie Ausbildungsplätze für 65 „Wir müssen die Notenban- 90 Klarer Schnaps – kein Humor? 85 Recht kompakt 20 Schöner Schein WFZruhr hat Geburtstag 2015 jetzt melden! ken wieder entmachten“ „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ 86 IHK-Weiterbildungsprogramm 20 Kooperation geht weiter 35 Immobilie oder Ort für 50 Kein Einheitsbrei SONDERTHEMA SERVICE MESSE RWE und Konzerthaus Partner Neubau gesucht 89 Kulturkalender 50 „Competentia“ zieht Bilanz 66 Logistik · Maschinen · 92 Lounge-Atmosphäre 21 Attraktiver Tagungsort 36 Kaffeepionier Produktion / Transport im Goldsaal 91 Wirtschaft im TV Zentralhallen Hamm sucht Genießer 51 Übergabe im Verkehrsverband + Verpackung Umbau des Kongresszentrums 4 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 5
BILD DES MONATS Wirtschaft in Zahlen Erst barfuß, dann Lackschuh Holzwickede hat höchste U-35- und Ü-49-Lehrerquote Hauptamtliche und hauptberufliche Lehrer an allgemeinbildenden Schulen in NRW im Schuljahr 2014/2015 • unter 35 Jahre • 35 bis 49 Jahre • über 49 Jahre Bergkamen Kamen Junioren 97 81 Sichtbare Spuren ganz im 156 132 Sinne des sozialen Engage- ments der Wirtschaftsjunio- 202 160 ren (WJ) Deutschland, rund 10.000 Unternehmer und Führungskräfte unter 40 Bönen Lünen Jahren, hat deren Bundes- konferenz – kurz: BUKO – 24 137 vom 10. bis 13. September 77 232 in Dortmund hinterlassen. 46 305 Spielturm Unter dem Motto „BUKO bleibt“ bauten die WJ ge- Dortmund Schwerte meinsam mit den Kon- ferenzteilnehmern einen 1.059 75 kompletten Spielturm eh- 1.845 141 renamtlich auf. Die Kin- der des impuls e.V. in Dort- 2.003 164 mund-Groppenbruch kön- nen sich über eine neue Spiellandschaft auf ihrem Fröndenberg/Ruhr Selm Außengelände freuen. 55 43 Bundeskonferenz 52 71 Die BUKO fand nach 1992 zum zweiten Mal in Dort- 74 87 mund statt. Rund 1.000 Wirtschaftsjunioren aus ganz Deutschland kamen Hamm Unna dazu in das Westfälische Ruhrgebiet. Es referierten 381 165 Hochkarätern von 569 244 Microsoft Deutschland, Google Deutschland und 690 267 der Signal Iduna Gruppe. Gala Holzwickede Werne Ziel der Konferenz war, über die weitere Ausrich- 28 65 tung des Verbandes und 68 86 die Schwerpunkte des En- gagements zu entschei- 90 114 den. Aber nach getaner Arbeit durfte auch gefei- ert werden: Am Samstag- abend stand als Höhepunkt Zu Beginn des Schuljahres 2014/15 waren von den 155.116 Lehrkräften an allgemeinbil- der festliche BUKO-Ball auf denden Schulen in Nordrhein-Westfalen 32.748 (21,1 Prozent) jünger als 35 Jahre. Der dem Programm. Anteil der unter 35-Jährigen hat sich in den vergangenen zehn Jahren um 6,5 Prozent- Text: Tobias Schucht punkte erhöht (2004: 14,6 Prozent). Der Anteil der über 49-Jährigen geht seit sieben Jah- Fotos: Stephan Schütze, Jan Heinze ren stetig zurück (2007: 51,7 Prozent). Die prozentual meisten U-35-Lehrer im Westfäli- schen Ruhrgebiet hat Fröndenberg (30 Prozent), die wenigsten Holzwickede (15 Prozent). Die Nachbargemeinde Dortmunds hat auch die meisten Ü-49-Lehrer (48 Prozent), Bönen mit 31 Prozent die wenigsten. Text: Tobias Schucht, Quelle: IT.NRW 6 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 7
BLICKPUNKT INDUSTRIE Moderne Zeiten D er Fußball kennt Konkurrenten, aber keine Grenzen, und das kann er nur von der Wirtschaft gelernt haben. Der BVB spielte noch in der Oberli- Kohle und Stahl prägten über viele Jahre die Region. ga West, als die heimische Industrie bereits Das ist Vergangenheit, doch noch immer ist die Industrie Weltklasseformat hatte. Schicksalhaft spie- gelte sich der Ligabetrieb des Fußballs mit von großer Bedeutung für den Standort – und wird es dem ewigen Auf und Ab auch in der Montan- auch bleiben: Die moderne Industrie ist innovationsstark industrie wider, und für das vom Stahl und und wettbewerbsfähig. VON DIRK BERGER Bergbau dominierte Westfälische Ruhrgebiet kam in den 80er- und 90er-Jahren der Ab- stieg in die zweite Liga. Ein großes Unterneh- men wie Hoesch in Dortmund verlor seine Ei- genständigkeit, wandelte sich erst in Krupp- Hoesch, um sich dann nach einer Fusion von Thyssen und Krupp gänzlich von seinem Na- men zu verabschieden und in TKS aufzuge- hen. Der letzte Hochofen in Dortmund er- losch 2001, und nach der Konzentration der Stahlerzeugung in Duisburg blieb die Stadt in einer Art Schockstarre zurück. Von fast 60.000 Mitarbeitern im Bereich Stahl (ein- schließlich des Stahlbaus) Mitte der 60er- Jahre blieben zuletzt noch rund 1.700 bei ThyssenKrupp. Und heute? Kann man möglicherwei- se konstatieren, dass der Strukturwandel ei- ne permanente Aufgabe ist, aber auch, dass der industrielle Kern in der Region alles an- dere als aus der Mode gekommen ist. Im Ge- genteil: Im Fokus stehen heute erfolgreiche Unternehmen, die bereits zu schwarzgelben Oberliga-West-Zeiten in ihrem Segment eine führende Rolle gespielt haben – und die den guten Ruf der Region auch heute noch gren- zenlos mehren. Erwähnt sei hier beispielhaft Rensmann Rail Service, ein Dortmunder Un- ternehmen, dessen Bergbau- und Schmal- spurlokomotiven seit 1946 weltweit im Ein- satz sind. Oder auch die Brückenbauspezia- listen von Gleisbau Klostermann aus Hamm. Wie fein sich der industrielle Begriff heu- te auffächern lässt, erkennt man daran, dass mit dem Aufkeimen des Dortmunder Tech- nologiezentrums 1985 und mit dem Wach- sen des Technologieparks andere Fertigungs- formen, Prozessketten und Steuerungen Ein- zug in der Industrie erhielten. Anders als die industriellen Prozesse mit 1.200 Grad am Hochofen oder 1.000 Meter unter Tage. Heute sind dort in 280 Unternehmen mehr als 8.500 Mitarbeiter beschäftigt, darunter Branchenführer wie der Halbleiterhersteller Elmos mit über 1.100 Beschäftigten. Hinzu- gekommen sind aber auch Akteure wie bei- spielsweise Taros Chemicals. Das Unterneh- men hat seinen Sitz im Dortmunder BioMedi- zinZentrum (BMZ) und beschäftigt sich mit organischen Synthesen und Forschungsar- beiten im Bereich der organischen Chemie für Pharmaunternehmen. Oder auch die Firma IMD Natural Solutions, die über umfassende Blick auf das Phoenix West-Gelände > 8 Ruhr Wirtschaft September 2015 in Dortmund-Hörde. Foto: Sivia Kriens Ruhr Wirtschaft September 2015 9
BLICKPUNKT INDUSTRIE kennen, dass in NRW die Bruttowertschöp- zehnten hochwertige Aufstiegsmöglichkei- Alles in Ordnung also? Nun ja. Opel hat fung im Produzierenden Gewerbe mit 8.717 ten an. Die Fortbildung zum Industriemeister sich aus Bochum zurückgezogen, der Salz- Euro pro Beschäftigtem bereits 2012 wieder Metall, Chemie oder Elektrotechnik sind wei- gitter-Konzern überlegt für die Firmentoch- den Stand von 2008 (vor der Finanzkrise) er- terhin gefragte Abschlüsse, die den starken ter Hoesch Spundwand und Profile in Dort- reicht hatte. Damals lag sie bei 8.711 Euro Mittelbau der Unternehmen festigen. mund möglicherweise etwas Ähnliches. Ste- und zwischendurch bei 7.578. Trotz des Augenmerks, das oft auf großen fan Schreiber will nichts ausschließen, er Aber nicht nur Dortmund, sondern die ge- internationalen Konzernen wie eben Thyssen sagt: „Die Industrie in unserem IHK-Bezirk ist samte Region mit den Technologiezentren in Krupp liegt, hat die mittelständische Indust- eher mittelständisch geprägt. Aber vielleicht Bönen, Hamm, Kamen, Lünen, Schwerte und rie ihren Platz mitten in der Gesellschaft be- gelingt uns in Zukunft eine Großansiedlung.“ Selm hat eine Technologie-Infrastruktur auf- halten. Zwar weist die Statistik für NRW 121 Nicht vergessen dürfe man allerdings, was gebaut. Die engen Verbindungen zur Techni- Global Player mit mehr als 1.000 Arbeitsplät- Unternehmen wie Remondis, das als indust- schen Universität Dortmund, der Fachhoch- zen pro Unternehmen aus, aber auch, dass 94 rieller Produzent und Dienstleister pro Jahr schule Dortmund, der International School Prozent der Industrieunternehmen hier we- aus über 1,6 Millionen Tonnen Reststoffen Praxisbezogenheit > of Management in Dortmund, der Fachhoch- niger als 250 Beschäftigte haben. 90 Prozent mehr als eine Million Tonnen Rohstoffe und Denker und Tüftler werden Naturstoff- sowie genetische Quellensamm- schule Hamm-Lippstadt, der SRH Hochschu- der Firmen sind eigentümergeführt, was sehr Produkte herstellt, oder Aurubis als Kupfer- künftig gleichermaßen ge- lungen verfügt und Anwendung in allen le- le für Logistik und Wirtschaft in Hamm kom- eng mit einer besonderen Führungsmentali- produzent und ebenfalls Recycler zu leisten fragt sein. Die IHK setzt sich benswissenschaftlichen Bereichen findet. men hinzu. Die Hochschule für Oekono- tät korreliert. Die zwischen 1995 und 2014 imstande seien. Echte Industrien, die sich in auch deshalb für die duale „Diese Unternehmen haben es geschafft, sich mie und Management (FOM) in Bönen und von 23,1 auf 38,1 Prozent gestiegene Export- Lünen zu Global Playern entwickelt haben. Der Strukturwandel Berufsausbildung ein. im Markt zu etablieren“, sagt Stefan Schrei- Dortmund, die sich ebenfalls der techni- quote im IHK-Bezirk Dortmund zeigt, dass verursacht tief greifende Foto: Roland Kentrup ber, stellvertretender Hauptgeschäftsführer schen Studiengänge annimmt, die Ruhraka- der europäische und auch der Weltmarkt im- Infrastruktur zukunftsfähig machen Veränderungen, aber auch der IHK zu Dortmund. Aber ist das Industrie? demie Schwerte mit den Fachbereichen De- mer mehr im Fokus stehen. Der Dortmunder Es gibt viele Herausforderungen vor der Haus- hochwertige Aufstiegs- „Es ist Wertschöpfung mit vorindustriellem sign, Kunst und Medien sowie die Hochschu- Hebe- und Ladungssicherungsspezialist Do- tür, und dann sieht sich die IHK als Partner möglichkeiten. Foto: Wilo Charakter“, sagt er. Es sei hochspeziell und le für Gesundheit & Sport, Technik & Kunst lezych, die Dula-Gruppe für Laden- und In- der Unternehmen mit im Boot. „Wir sorgen zeige den Forschungs- und Entwicklungsgrad auf dem Unna-Campus komplettieren das nenausbau, die Gesellschaft für Gerätebau mit dafür, dass Gewerbegebiete erhalten blei- der Region. Auch mit kleinen Entwicklungen Angebot. (GfG), der Hersteller von Farben und Lacken ben“, so Schreiber, „und dass sie nicht durch werden oftmals große Impulse gesetzt. Neben der hervorragenden akademi- Hesse in Hamm oder der Pumpenhersteller Wohnbebauung und Freizeitnutzung einge- Apropos Wertschöpfung: Wie regenerati- schen Infrastruktur bietet die IHK-Weiterbil- Wilo sind Beispiele für weltweit operierende schränkt werden.“ Das sei nicht besonders onsfähig die Industrie ist, mag man daran er- dung auf der Ebene der Fachkräfte seit Jahr- Unternehmen in der Region. > „Die Industrie ist eine entscheidende Stabilitätssäule“ der mittelständigen Industrieunter- Sie haben als Initiator gemeinsam mit Unternehmen die Initiative Spüren die Unternehmen die nachlassenden Bewerberzahlen? nehmen sehe ich noch ein Optimie- Nachgefragt: Dr. Ansgar Fendel über Industrie, Strukturwandel und demografischen Wandel. rungspotenzial bei den Hochschulen „Industry@work“ gestartet, um das Richtig ist, wir erkennen heute schon im Vertrieb von Wissenschaft und For- Image der Industrie positiv zu ge- einen beginnenden Mangel an Auszu- Dr. Fendel, welchen Stellenwert Was kennzeichnet diesen chen regionalen Rahmenbedingun- schung, um auch dessen wirtschaftli- stalten und um Industriearbeitsplät- bildenden. Dies merken wir bei den hat die Industrie heute noch für Strukturwandel? gen zu formulieren und der IHK als chen Nutzen für Unternehmen noch ze in den Vordergrund zu rücken … technisch ausgerichteten Berufsbil- den Kammerbezirk? Bei uns im östlichen Ruhrgebiet wur- Leitplanken für ihre Industriearbeit überzeugender sichtbar zu machen. dern. Unsere Aufgabe ist es, aufzu- Der Beitrag der Industrie zu der deut- de ein von Großunternehmen domi- mitzugeben. Es gibt in Dortmund herausragen- Das Thema Imagebildung der Indust- zeigen, wie spannend die Berufe sind schen Bruttowertschöpfung ist mit nierte industrielle Landschaft unge- Aktuelle Themen wie beispiels- de Beispiele, beispielsweise im Be- rie liegt uns sehr am Herzen. Die öf- und dass wir jeden Einzelnen brau- ca. 23 Prozent deutlich höher als bei wöhnlich erfolgreich durch sehr vie- weise Industrie 4.0, stabile wettbe- reich Logistik, die hier heute schon fentliche Wahrnehmung ist heute chen und dass damit auch eine sehr unseren europäischen Nachbarn. le flexible und hoch innovative mit- werbsfähige Energieversorgung, der sehr erfolgreich unterwegs sind. noch gespalten. Aber wir sehen, dass interessante Zukunftsperspektive ver- Die schnelle Erholung der deutschen telständige Unternehmen ersetzt. Be- schlechte Zustand der Infrastruktur besonders in den jüngeren Alters- bunden ist. Wirtschaft aus der globalen Finanzkri- sonders positiv hervorzuheben ist hier oder auch die besorgniserregende ho- Wie wichtig ist Ausbildung? gruppen nicht mehr die Produktions- Selbstverständlich sehen wir auch se und der robuste Zustand der deut- auch die Rolle der Familienunterneh- he Verschuldung der Kommunen, Ge- Für uns als Industrie hat natürlich stätten im Vordergrund stehen, son- den demografischen Wandel und schen Volkswirtschaft werden auf men. Nehmen Sie zum Beispiel Wilo werbesteuer und vieles mehr sind Din- auch die Ausbildung einen sehr hohen dern viel mehr die Produkte. müssen uns daher jetzt schon auf die- den Industrieanteil zurückgeführt. in Dortmund, Rethmann im Kreis Un- ge, die wir thematisieren und in die Stellenwert. Die Standortnähe erhöht Die Vielfalt der hochinteressanten se Herausforderung einstellen und Im Kammerbezirk trägt die Industrie na und Hesse in Hamm, um nur eini- Organisation der IHK durchstellen. für uns als Unternehmen die Chance, und spannenden Produkte des tägli- entsprechend reagieren. „Industry@ mit ca. 26 Prozent an der Bruttowert- ge Beispiele von den vielen erfolgrei- sehr gut ausgebildeten Nachwuchs für chen Lebens mit den immer kürzeren work“ ist ein wichtiger Baustein für schöpfung bei und jeder vierte Ar- chen familiengeführten Unternehmen Ist die hohe Dichte an Hochschulen uns gewinnen zu können. Ich möch- Innovationszyklen, die auch unser All- die Unternehmen, um diese Ziele zu beitsplatz ist ein industrieller Arbeits- im Kammerbezirk zu nennen. Mittel- in der Region ein Standortvorteil, te aber auch nicht unerwähnt lassen, tagsverhalten – Beispiel Kommunika- erreichen. platz. Allein aus diesen Zahlen lässt ständige Unternehmen zeichnen sich der auch der Industrie zugute- dass die betriebliche Ausbildung für tion – beeinflussen, hat maßgeblich Interview: Dirk Berger, Mitarbeit: Gero Brandenburg sich schnell ableiten, dass die Indus- zudem durch eine hohe Ortstreue aus, kommt? uns einen genauso hohen Stellenwert dazu beigetragen. Industrieunterneh- trie eine der entscheidenden Stabili- und dies ist ein sehr wertvolles Ele- Mit der hohen Hochschul- und For- hat und wir daher auch darauf ange- men werden zudem heute häufig auch Dr. Ansgar Fendel tätssäulen auch für die Wirtschaft un- ment der regionalen Stabilität. schungsinstitutsdichte in unserem wiesen sind, dass die Berufsschulen in gar nicht mehr als solche wahrgenom- ist Geschäftsfüh- seres Kammerbezirkes ist und auch in Kammerbezirk haben wir einen po- unserer Region ein exzellentes Niveau men, da heute Produktionsstätten ein rer der Remondis Zukunft bleiben wird. Die Industrie ist Was wird im IHK-Industrieausschuss tenziellen Standortvorteil auch für haben. ganz anderes äußeres Erscheinungs- Assets & Services in unserem Kammerbezirk nicht ver- besprochen? unsere Unternehmen. Mit dem inter- Damit spreche ich auch ganz be- bild haben als früher. GmbH & Co. KG, schwunden, sondern hat auch einen Für die Mitglieder des Industrieaus- national anerkanntem hohen wissen- wusst den Ausstattungs- und Erhal- Unser Ziel ist es, den Begriff „In- IHK-Vizepräsident gewaltigen Strukturwandel durch- schusses geht es darum, aktuelle und schaftlichen Renommee und der ex- tungszustand von den Berufsschulen dustrie“ so positiv zu besetzen, dass und Vorsitzender laufen, der eine in der Öffentlichkeit auch zukünftige unternehmensüber- zellenten Ausbildung sind schon die mit an, der stellenweise schon deut- Industrie auch in den Köpfen mit „un- des Industrieaus- kaum präsente Erfolgsgeschichte ist. greifende Aspekte der wirtschaftli- richtigen Weichen gestellt. Aus Sicht lich verbesserungswürdig ist. verzichtbar“ verbunden wird. schusses. 10 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 11
BLICKPUNKT INDUSTRIE > Alter wir die Jugendlichen abholen müssen, Bereich beschäftigte 2014 nur noch 23,1 Dortmund von den Bereichen Handel schon länger, hat doch die Rohstoffpro- populär, „aber es dient dazu, die Industrie am damit sie ein Gespür für diese attraktiven Ar- Prozent der Arbeitnehmer, 1980 waren und Dienstleistungen geprägt. 293.711 duktivität in NRW zwischen 1994 und Standort zu halten“. beitsplätze bekommen“, meint er. es noch 53,1 Prozent. Angesichts solcher sozialversicherungspflichtig Beschäftig- 2019 um rund 30 Prozent zugenommen. Die IHK setzt sich dafür ein, die Infra- Die JobTec in Dortmund ist beispielswei- Zahlen ist die Bezeichnung „Struktur- te im Jahr 2014 bilden hier das Rückgrat. Die Industrie ist eine der stärksten Wirt- struktur in Teilbereichen der Zukunft gewis- se eine bereits etablierte Messe, auf der sich wandel“ fast zu niedlich. Davon spricht Das nächste Projekt, das die Wirt- schaftsbereiche und somit eine tragende sermaßen anzupassen. Beispiel: Die Ertüch- der schulische Nachwuchs über Berufe in- Stefan Schreiber auch nicht mehr. „Der schaft zu schultern hat, ist Industrie Säule im IHK-Bezirk Dortmund. „2008 tigung der Kanalbrücken, Kanäle und Häfen, formieren kann. IHK und Industrieunterneh- Wandel ist heute permanent“, meint 4.0 – die Vernetzung technischer Syste- hat sie dafür gesorgt, dass wir nicht in die um mehrlagige Containertransporte zu er- men haben mit der gemeinsam ins Leben ge- er, „es ist eher Weiterentwicklung.“ Im me und ganzer Anlagen über das Inter- Knie gegangen sind“, sagt Stefan Schrei- möglichen. Dazu gehören auch der Straßen- rufenen Initiative industry@work eine wei- Grunde täglich. net, um die Fertigung flexibler und indi- ber, „sie hat die Region über die Finanz- ausbau und die Forderung nach einem Aus- tere Plattform geschaffen, um Jugendlichen Aber trotz dieses Umbruchs sind im vidualisierter zu machen. Die „intelligen- krise getragen und wird das auch wei- bau der Breitbandnetze. die Unternehmen der Region als attraktive IHK-Bezirk mit 382.875 sozialversiche- te Fabrik“ ist das Ziel, die Integration von terhin leisten.“ Es geht schließlich im- Allgemein ist bei Jugendlichen der Trend Arbeitgeber zu präsentieren. Videowettbe- rungspflichtig Beschäftigten im vergan- Kunden und Geschäftspartnern in Wert- mer um Lösungen – und auch das ist ihre festzustellen, dass vermehrt ein Studium ei- werbe (mit selbst gedrehten Filmen stellen genen Jahr mehr in Lohn und Brot ge- schöpfungsprozesse. Die Ressourceneffi- Stärke. „Der Wandel ist ner dualen Berufsausbildung vorgezogen Auszubildende ihre Arbeitgeber und Ausbil- wesen als 1980, als es 381.177 Arbeit- zienz spielt eine große Rolle dabei. Auf Mitarbeit: Ralf Bollenberg wird. Ganz klar ist die Industrie letztlich pra- dungsplätze vor) oder das Azubi-SpeedDa- nehmer waren. Heute ist der IHK-Bezirk diesem Weg ist die Industrie allerdings www.industry-at-work.de heute permanent – xisbezogen. Dazu passt die Schätzung des ting, das innerhalb von zehn Minuten inter- es ist eher eine stellvertretenden IHK-Hauptgeschäftsfüh- essierte Jugendliche und Ausbildungsbetrie- Weiterentwicklung.“ rers, „dass 80 oder 90 Prozent der Prob- be zusammenbringt, sind moderne Möglich- leme der Welt nur technologisch zu lösen keiten der Werbung und Information. Und Stefan Schreiber sind“. Daraus ergebe sich: „Wir brauchen bei- dies sind nur zwei Beispiele einer ganzen de.“ Die Denker und Tüftler aus den techni- Reihe von Anstrengungen, den gesamten Be- Hesse GmbH Hamm führt wird. Von 420 Mitarbeitern werden täg- schen Studiengängen und die, die diese Ent- reich der Aus- und Weiterbildung auf einem lich mithilfe von 40.000 Rezepturen etwa 100 wicklungen auch umzusetzen. In den Schu- len, lautet eine der Forderungen, die von der IHK unterstützt wird, müsse das Interesse der Kinder und Jugendlichen für die MINT- Fächer Mathematik, Informatik, Naturwis- hohen Level zu halten. Zwischen 1980 und 2014 hat sich der Anteil der sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten im Produzierenden Gewerbe von 202.407 auf 88.551 (oder um 56,3 Prozent) A rbeit im Sinne der Ästhetik liefert das Unternehmen Hesse in Hamm bereits seit mehr als 100 Jahren ab. Unter der Marke Lignal werden hochwertige Lacke und Beizen für den Innenbereich entwickelt und Tonnen lösemittelfreie und umweltfreundli- che Produkte hergestellt. Dazu zählen u. a. schwer entflammbare Lacke für den Schiffsin- nenausbau, Glaslacke sowie die Produktlinie „Proterra“, welche ausschließlich aus nach- senschaft und Technik so früh wie möglich verringert. Die Zahl bezieht sich nur auf den produziert. Die beiden Cousins Fritz und Karl wachsenden Rohstoffen besteht. Rund 60 der geweckt werden. „Die Frage ist, in welchem IHK-Bezirk Dortmund. Der produzierende Hesse gründeten 1910 das Unternehmen, das Mitarbeiter sind in dem Bereich Forschung mittlerweile von Hans Jürgen, Beate und Jens und Entwicklung tätig, die Exportquote des Hesse in dritter und vierter Generation ge- Unternehmens liegt bei etwa 45 Prozent. Atlas Schuhfabrik 1.450 Mitarbeitern arbeiten 1.250 in Brasili- Murtfeldt Kunststoffe ten- und Riemenführungen, Kettenspannern en, die dort die Lederteile herstellen, die in und individuellen Maschinenteilen aus gleit- Dortmund Dortmund zu qualitativ hochwertigen Sicher- Dortmund fördernden, säurebeständigen und abriebfes- heitsschuhen zusammengefügt werden. Atlas ten Kunststoffen. Abnehmer sind u. a. Firmen M it beiden Beinen auf der Erde zu ste- hen, zeugt von Realitätssinn und So- lidität. Das gelingt bei der Arbeit aber immer noch besser mit Sicherheitsschuhen der Dortmunder Atlas-Schuhfabrik. Das Un- entwickelt gemeinsam mit den Kunden bran- chenspezifische Sicherheitsschuhe und hält ein Lager mit 300.000 versandfertigen Schu- hen vor. Zum Angebot zählen auch Sicher- heitsschuhe für Damen. Insgesamt liegt der D ie Kennfarbe ist grün: Murtfeldt Kunst- stoffe produziert und verarbeitet ther- moplastische Kunststoffe für den Ma- schinenbau. Diese in der typischen Unter- nehmensfarbe gehaltenen Produkte kommen aus den Branchen Antriebs- und Fördertech- nik, der Getränke-, Lebensmittel und Verpa- ckungsindustrie sowie Hersteller von Pharma- zeutika. Die Unternehmensgruppe beschäftigt etwa 300 Mitarbeiter in Dortmund sowie 48 ternehmen produziert seit mehr als 100 Jah- Schwerpunkt in einem breiten Sortiment für überall dort zum Einsatz, wo verpackt, abge- weitere im Ausland und erwirtschaftete 2013 ren persönliche Schutzausrüstungen und wird die Automobil- und Chemieindustrie, Energie- füllt und transportiert wird. Das Dortmun- einen Umsatz von 55 Millionen Euro, davon in der vierten Generation durch Geschäftsfüh- versorger und den Maschinenbau. Der Jahres- der Unternehmen zählt zu den weltweit füh- etwa 20 Prozent durch direkten Export. rer Werner Schabsky geführt. Von insgesamt umsatz liegt bei 100 Millionen Euro. renden Herstellern von Gleitprofilen, Ket- Aurubis AG Lünen bis 1916 als Hüttenwerk der Berliner Hütten- Westfälische Stellung in der Drahtindustrie eingenommen. werke Kayser AG aufgebaut, die den Standort Nach einer zwischenzeitlichen Konzernanbin- A urubis geizt nicht mit großen Zahlen: zur größten Kupferrecyclinganlage Europas Drahtindustrie Hamm dung (Krupp/Klöckner) ist die Gesellschaft Mit 6.500 Mitarbeitern weltweit (da- erweiterte. Im Jahr 2000 kam das Unterneh- seit dem 1. Oktober 1987 wieder unter der Fir- von 590 in Lünen) und einem Umsatz von über zwölf Milliarden Euro (2012/13) ist das Kupferrecycling-Unternehmen ein Global Player. Die Wurzeln des Unternehmens gehen auf die Norddeutsche Affinerie AG zurück, die men zur Aurubis AG. In der Folge entwickel- te sich der Lüner Standort zum größten Re- cyclingstandort für Kupfer weltweit. Seit der Übernahme wurden in Lünen von Aurubis mehr als 200 Millionen Euro investiert, um D ie Westfälische Drahtindustrie GmbH führt ihren Firmenursprung zurück auf ein im Jahr 1856 gegründetes Werk zur Drahtfabrikation, das bereits im Jahr 1872 als Kapitalgesellschaft (AG) und ab 1890 unter menbezeichnung Westfälische Drahtindustrie GmbH im Markt tätig. Heute ist die Westfäli- sche Drahtindustrie GmbH mit dem Firmen- sitz in Hamm der größte konzernfreie Draht- produzent Europas. Neben Hamm mit 400 1866 in Hamburg als Gold- und Silberscheide- die Anlage effizienter zu betreiben und den dem jetzigen Namen WDI betrieben wurde. Mitarbeitern ist WDI noch an elf Standorten in anstalt gegründet worden ist. Das Recycling- Umweltschutz zu verbessern. Seit über 150 Jahren hat das Unternehmen na- der Bundesrepublik vertreten. Insgesamt wer- zentrum in Lünen wurde in den Jahren 1913 tional wie auch international eine bedeutende den 1.200 Mitarbeiter beschäftigt. 12 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 13
INTERVIEW „Täter Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange im Interview über die Bekämpfung von Einbruchsdelikten, wendig, um diesen Besucherstrom zu be- wältigen. Die Anziehungskraft, die unse- re Stadt auf die Menschen ausübt, zieht perten gerne und umfangreich. Denn vie- le Straftaten können durch umsichtiges Verhalten tatsächlich verhindert werden. on und Opferschutz bietet umfangreiche Beratung zum Thema „Einbruchsschutz“ an. Dieses wird derzeit überwiegend von abschrecken!“ aber leider auch reisende Tätergruppen Privatleuten genutzt, wenn es um die Kriminalprävention und die notwendige aus dem Ausland an und tatsächlich nut- Es gibt immer wieder Kritik an der Sicherung der eigenen Wohnung geht. Integration von Kriegsflüchtlingen. zen auch diese das hervorragende Ver- mangelnden personellen Ausstattung Selbstverständlich besteht dieses Ange- kehrsnetz rund um Dortmund. der Polizei, da frei werdende Stellen bot aber auch für Unternehmer, wenn es Herr Lange, die Kriminalitätsrate in Diese Banden verüben hier Einbrü- nicht neu besetzt werden. Warum darum geht, sich vor Einbruch und Dieb- Nordrhein-Westfalen, zum Beispiel che, Taschendiebstähle, Enkeltrickbe- sorgen nicht mehr Polizisten für stahl zu schützen. Lassen Sie sich von in Dortmund, erreicht Höchststände. Was trügereien usw. anschließend verlagern Sicherheit? uns beraten, wenn es darum geht, Fens- kann dagegen getan werden? sie ihre Tätigkeiten in andere Städte Die Information, dass freie Stellen bei ter und Türen zu sichern und machen Sie Die Ursachen für Kriminalität sind vielschich- oder reisen zurück in ihre Heimatländer. der Polizei nicht ersetzt werden, ist so es den Einbrechern so schwer wie mög- tig. Dazu gehören insbesondere Phänomene Auch die Tatbeute wird in der Regel au- nicht richtig. Ganz im Gegenteil, in den lich. Das ist das, was wir leisten können, wie Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und ßerhalb unserer Stadt verwertet. Mit län- letzten Jahren hat die Dortmunder Poli- den Kommunen möchte ich auf diesem Drogensucht. Dortmund wird als Stadt im- gerem Aufenthalt an einem Ort erhöht zei einige Planstellen mehr zugewiesen Wege nicht vorgreifen. mer attraktiver, es gibt hier sehr viele positi- sich für diese Täter das Entdeckungsri- bekommen. Ob immer mehr Polizei tat- ve Entwicklungen. Das führt zu immer mehr siko enorm. Dieses Phänomen haben die sächlich die Lösung ist, stelle ich aber Viele Unternehmen und Privathaushal- Besuchern in unserer Stadt, leider kommen Dortmunder Polizei und auch die Polizei- auch in Frage. Wollen wir wirklich in je- te haben zu ihrer Sicherheit Kameras aber auch unliebsame Gäste und damit mei- behörden aller europäischen Länder er- den Vorgarten einen Polizisten stellen? installiert. Die gemachten Aufnahmen ne ich reisende Tätergruppen, die für eine kannt. Mit gemeinsamen Aktionen unter Ich glaube, dass unser System eines frei- dürfen nur mit langer zeitlicher Verzö- Vielzahl von Straftaten verantwortlich sind. regelmäßigem Austausch von Informati- heitlich demokratischen Rechtsstaats die gerung über die Presse veröffentlicht Die Sicherheitsbehörden reagieren darauf onen gehen die Sicherheitsbehörden ge- Form ist, die die Bürger wollen. Niemand werden. Datenschutzgründe dürften mit europaweiten Einsätzen im Rahmen von gen diese Täterstrukturen vor. Zu diesem möchte in einem Polizeistaat leben. doch wohl nicht gelten? Schwerpunktkontrollen. An diesen Einsätzen Zweck finden auch immer wieder Besu- Die Veröffentlichung von Lichtbildern unter dem Motto „Mobile Täter im Visier“ be- che von Delegationen ausländischer Si- Nutzen Diebe die neuen Medien durch die Polizei obliegt immer dem teiligt sich auch die Dortmunder Polizei. cherheitskräfte, auch in Dortmund, statt. für ihre Verbrechen? Richtervorbehalt, so regelt es die Straf- Im Kampf gegen reisende Banden ver- Bei diesen Treffen werden Erfahrungen Viele Nutzer sozialer Netzwerke gehen prozessordnung. Diese Richterentschei- zeichnet unsere extra dafür eingerichtete Er- der gemeinsamen Arbeit ausgetauscht. sehr offen mit ihren Daten um. So geben dung dauert in der Regel einige Wochen, mittlungskommission (EK) „Schmelze“ re- Wir erschweren die An- und Abreise sie zum Beispiel auch Abwesenheitszei- aufgrund der datenschutzrechtlichen gelmäßige Ermittlungserfolge. Mehrere hun- durch Kontrollen auf dem Verkehrsnetz, ten preis. Diese Erkenntnisse sind einem Vorgaben ist dieser Entscheidungsweg derte Geschäfts- und Wohnungseinbrüche wir erschweren den Absatz durch Kon- nicht überschaubaren Personenkreis zu- jedoch alternativlos. konnten in den letzten Monaten aufgeklärt trollen in Hehlerstrukturen und wir set- gänglich und können durchaus auch für werden. Gerade im Bereich der Wohnungs- zen Ermittlungskommissionen ein, die die Begehung von Straftaten genutzt einbrüche freut mich das besonders, da die täterorientiert arbeiten und so wie unse- werden. Ich rate da dringend zu einem Opfer hier ganz persönlich betroffen sind und re EK „Schmelze“ nach Monaten der ak- zurückhaltenden Umgang mit den eige- „Wir reden über Menschen, lange mit den psychischen Folgen zu kämp- fen haben. Deshalb setzen wir im Bereich der ribischen Ermittlerarbeit Bandenstruk- turen zerschlagen. nen Daten. die aus Krisen- und Kriegs- Wohnungseinbrüche immer wieder Schwer- Gibt es durch Flüchtlinge punkte und haben auch unsere Strategie zur Stichwort Präsenz: Kann die Polizei zusätzliche Probleme? gebieten kommen. Wir alle Bekämpfung von Einbruchsdelikten seit dem noch „sichtbarer“ werden? Hierzu ein eindeutiges Nein! Aktuell gibt müssen uns der Aufgabe 1. Juli durch ein erweitertes Präsenzkonzept Allein im Juli haben wir in Dortmund es in Dortmund so viele Flüchtlinge wie fortentwickelt. und Lünen unsere Präsenz noch einmal nie zuvor. Unsere Statistik zeigt uns der- stellen, diese Menschen deutlich erhöht und annähernd 7.000 zu- zeit jedoch einen Rückgang der Strafta- zu integrieren.“ Wir waren immer stolz auf unsere guten verkehrlichen Anbindungen. Wird dieses sätzliche Personalstunden investiert. Wir ten allgemein und insbesondere einen wollen Täter abschrecken und das sub- Rückgang im Bereich der Ladendiebstäh- nicht jetzt zum Bumerang, da organisierte jektive Sicherheitsgefühl der Menschen le und der Straßenraube. Ich halte es für Banden sich wieder schnell zurückziehen stärken. Belastend werden von den Op- sehr wichtig, diesem Klischee mit klaren können? fern auch Taschendiebstähle empfun- Fakten entgegen zu treten. So nehmen Gregor Lange In der Tat liegt unsere Stadt äußerst ver- den. In einem kurzen Moment der Un- wir den Rechtsextremisten die Argumen- 1962 in Dortmund geboren, verheiratet, 3 kehrsgünstig, was ja grundsätzlich positiv zu aufmerksamkeit erbeuten die Diebe ne- te für ihre Hetze gegen Flüchtlinge. Ich Kinder; Studium der Rechtswissenschaften an bewerten ist. Dortmund hat sich zu einer re- ben Bargeld auch persönliche Papiere, sage ganz deutlich: Wir reden über Men- der Universität Bonn; Dezernent bei der Be- gelrechten Metropole entwickelt. Stündlich Daten, Fotos, etc. schen, die aus Krisen- und Kriegsgebie- zirksregierung Arnsberg; Referent im Innen- sind rund 9000 Menschen in der Fußgän- Ich habe wenige Monate nach mei- ten kommen. Wir alle müssen uns der ministerium NRW (Schwerpunkt: Verfassungs- gerzone Dortmunds unterwegs und die Ein- nem Amtsantritt die Ermittlungskom- Aufgabe stellen, diese Menschen zu in- schutz, Rechtsextremismus, Innere Sicher- zelhandelsbetriebe dieser Stadt versorgen mission „Tasche“ eingesetzt. Nach einem tegrieren. Dazu gehört eine freundliche heit); Leiter der Akademie Mont Cenis Herne; als Zentrum des östlichen Ruhrgebiets rund Jahr akribischer Arbeit ist es gelungen, und offene Willkommenskultur und da Im Nebenamt Lehrbeauftragter für Verwal- 2 Millionen Menschen, so die Schätzungen. die Aufklärungsquote erheblich zu stei- sehe ich meine Stadt auf einem wirklich tungsrecht an der Fachhochschule für öffent- Weitere Besucher kommen in die Stadt we- gern und den Anstieg der Fallzahlen zu guten Weg. liche Verwaltung NRW; Personalchef der Be- gen des Signal Iduna Parks, wegen des Flug- stoppen. Ich appelliere aber auch an die zirksregierung Arnsberg; Leiter der Abteilung hafens und um weitere Freizeit- und Kultur- Bürger: Nehmen Sie unsere Hilfe- und Was können Unternehmen tun, um ihr Regionalplanung, Kommunalaufsicht und angebote unserer Stadt wahrzunehmen. Die Beratungsangebote an. Wenn es um Kri- Eigentum besser zu schützen? Wirtschaft bei der Bezirksregierung Münster guten verkehrlichen Anbindungen sind not- minalprävention geht, beraten unsere Ex- Das Kommissariat für Kriminalpräventi- Seit März 2014 Polizeipräsident in Dortmund 14 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 15
WIRTSCHAFT REGIONAL VON ROLAND KENTRUP FOTOS: ROLAND KENTRUP UND KRÄMER Likörspe- G zialität be- iv me eenen von August sinen, aber steht aus den mit dem Schlips!“ Bereits vor Kräuterex- 150 Jahren äußerten Kunden diesen trakt, Orangenschalen-Destillat und Jamai- Wunsch. Der 38-prozentige Kräuter- ka-Rum. Der heute immer noch beliebte „Au- likör „August mit dem Schlips“ entsteht nach gust mit dem Schlips“ geht auf den Firmen- der ältesten Rezeptur der Familie Krämer. Ur- gründer August Krämer zurück. sprünglich wurde er als „Krämer Medizinal- „Voller Unternehmensgeist – sonst aber bitter“ vor allem in Apotheken und Drogeri- nur mit einem Schinkenbrot in der Tasche – Meilensteine en vertrieben. Damals trug jede Flasche eine wanderte mein Urgroßvater 1850 vom Sie- 1863 sogenannte Rezeptfahne mit einer Dosieran- gerländer Hof Stöcken in die damals wieder August Krämer gründet sei- leitung: „Alle 2 Stunden einen Esslöffel voll aufstrebende Hansestadt Dortmund“, blickt ne Likörfabrik am heutigen zu nehmen.“ Um 1960 wurde der zigtausend- Hans-Hermann Krämer auf den Beginn der Schwanenwall in Dortmund. fach geäußerte Kundenwunsch beim Wort ge- Firmengeschichte zurück. Nach einer kauf- nommen und der aus Heilkräutern, Samen männischen Lehre entschied sich August Krä- 1906 und Wurzeln bestehende Magenlikör umbe- mer, in Dortmund zu bleiben und dort einen Die Kornbrennerei entsteht nannt in „August mit dem Schlips“. geschmacklich fein abgestimmten und wir- in Holthausen am Dortmund- Einprägsam ist auch der Wahlspruch der kungsvollen Kräuterlikör herzustellen. Ver- Ems-Kanal. ältesten Likörfabrik in Dortmund: „Merk dir mutlich haben ihn Kontakte zu einem Klos- als besonders wichtig, Krämers Schnäpse, ter, das selbst Kräuterlikör herstellte, in der Nach dem Tod des Gründers die sind richtig.“ Mit diesem Reim wirbt die Nähe seines Heimathofs dazu inspiriert. führen seine Söhne Hermann, August Krämer Brennerei, Likörfabrik und Nach einer ersten erfolgreichen Ansiedlung August und Eugen Krämer die Schokolaterie für die besondere Qualität ih- an der Kampstraße kaufte August Krämer Firma weiter. rer handgefertigten Erzeugnisse. Neben ed- 1863 das Firmengelände an der Weiherstra- 1945 len Bränden und Likören stellt das 1863 in ße, heute Schwanenwall, und gründete dort Die Betriebe der Familie wer- Dortmund gegründete Familienunterneh- seine Likörfabrik. den zerstört. Der Wiederauf- men heute auch Trüffelpralinen und Schoko- bau der Brennerei beginnt. laden her. Einzeln oder in Kombination wer- Kornbrennerei am Kanal den Krämers Kreationen gerne als anspre- Das Geschäft florierte in den Jahren der 1957 chende Präsente aus Dortmund verschenkt. Gründerzeit, immer mehr Flaschen verließen Hermann Krämer, dritte Gene- die Produktion am Schwanenwall. Neben ration, eröffnet die Likörfabrik Kräuterlikör Destillate und Kräuterextrakte der Likörfabrikation betrieb Krämer auch ei- am Schwanenwall neu. Die Destillate und Kräuterextrakte für die Re- ne eigene Wacholder-Brennerei, Weinbrand- 1971 zepturen stellt Krämer in der Manufaktur am Herstellung und Essig-Fabrikation. Aufgrund Sein Sohn Hans-Hermann Schwanenwall 31-35 nach traditionellen Ver- der wachsenden Nachfrage nach Spirituosen Krämer tritt in das Familien- fahren her. Dafür verwendet der Betrieb ge- entstand 1906 die Kornbrennerei in Holthau- unternehmen ein. Die Brenne- mit Schlips trocknete Kräuter und Gewürze in zertifizier- sen am Dortmund-Ems-Kanal. Die mit Dampf rei wird modernisiert. ter Apothekenqualität. Sie werden in Hand- betriebene Brennerei lieferte den Grundstoff arbeit einzeln abgewogen und mit einem Al- für die Spirituosenherstellung: den aus Ge- 1992 kohol-Wasser-Gemisch über mehrere Wochen treide gewonnenen, reinen Alkohol. Nach Der „Dortmunder Korn“ zu Extrakten verarbeitet. Auf künstliche Aro- dem Tod des Gründers führten seine drei kommt auf den Markt. men, fertige Essenzen und Konservierungs- Söhne Hermann, August und Eugen Krämer 2004 stoffe verzichtet das Unternehmen bewusst. die Firma weiter bis in die 1930er- Jahre. Mit Die August Krämer Kornbrennerei ist Die Destillate entstehen durch die Vergä- der Herstellung von Spirituosen als „kriegs- Die Lageräume am Schwa- nenwall werden für die die älteste Likörfabrik in Dortmund. rung toskanischer Wacholderbeeren oder aus wichtiges Gut“ hielt die dritte Generation mit Likörproduktion renoviert. regionalen Früchten. Sie werden zur Herstel- August Karl Krämer und Hermann Krämer Seit 152 Jahren verwöhnt die Familie lung von Bränden oder zur Verfeinerung der den Betrieb während des Zweiten Weltkriegs Carmen Krämer eröffnet Dortmunds erste Schoko- Krämer den Gaumen mit edlen Liköre und Trüffelpralinen verwendet. „Vom aufrecht. In den letzten Kriegsmonaten wur- laterie. Die „Dortmunder Bränden, Likören und Pralinen. Destillieren, Extrahieren, Abschmecken und den Brennerei und Likörfabrik zerstört. Kohle“ entsteht. Ausmischen bis hin zur Abfüllung und Etiket- Nach Kriegsende bauten die beiden Brü- tierung geht jeder einzelne Liter und jede ein- der zunächst die Brennerei und dann auch 2011 zelne Flasche durch unsere Hände“, betont die Likörfabrik wieder auf, die 1957 von Her- Mit Felix Krämer tritt die fünf- Hans-Hermann Krämer, Geschäftsführer der mann Krämer am Schwanenwall neu eröff- te Generation in das Famili- August Krämer Kornbrennerei GmbH. „150 net wurde. „Liköre, Wacholder und Wein- enunternehmen ein. Jahre alte Verfahren und Rezepturen wer- brand wurden wieder von uns hergestellt. 2013 den von uns geachtet und bewahrt. Sie sind Auch Wein von der Mosel wurde hier abge- Die August Krämer Kornbren- der Garant für einen unverwechselbaren Ge- füllt und gehandelt“, berichtet Hans-Her- nerei feiert ihr 150-jähriges schmack.“ Neben dem „Dortmunder Korn“ mann Krämer. „Zum überwiegenden Teil ver- Bestehen. Die vierte und fünfte Generation: Hans-Hermann und Carmen Krämer sowie ihr Sohn Felix Krämer (r.) setzen die über 150-jährige ist der „Dortmunder Tropfen“ das populärs- kaufte meine Vater damals an die Gastrono- Likörfabrikation der Familie fort – heute ergänzt durch Pralinen aus eigener Herstellung. te Produkt aus dem Hause Krämer. Diese mie. Zu dieser Zeit wurde der Kräuterlikör in 16 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 17
WIRTSCHAFT REGIONAL Korn und Likör 1 Die Familie Krämer und die Belegschaft der August Krämer Kornbrennerei im Jahr 1927. 2 1906 entstand die mit Dampf betriebene Kornbren- nerei in Holthausen am Dort- mund-Ems-Kanal. 3 Abfüllung und Verpa- ckung der Spirituosen in der Likörfabrik am Schwanenwall 1 2 3 in den 1960er- Jahren. den Gaststätten noch aus der Zapfsäule aus- Krämer erfolgreich den Wechsel weg von der nach selbst entwickelter Rezeptur in die wei- im Umkreis von Dortmund vertrieben. Pri- geschenkt. Unsere Fahrer lieferten den Li- Gastronomie und hin zum Einzel- und Fach- che Canachemasse ein“, erklärt die 55-jähri- vatkunden aus ganz Deutschland lassen sich kör als lose Ware in 5.000-Liter-Fässern an handel. 1992 kreierte der Brenner-Meister ei- ge Inhaberin. Jedes Stück „Kohle“ wird dabei Korn, Liköre und Pralinen zuschicken. Ein »150 Jahre alte und betankten die Zapfsäulen vor Ort“, be- ne neue Marke: „Dortmunder Korn“. Klas- von Hand geformt und am Schluss mit einer neuer Internetauftritt und ein Onlineshop Verfahren und richtet der Diplom-Betriebswirt, Destillateur se statt Masse heißt jetzt die Devise. Der Al- dünnen Schicht Zartbitterschokolade über- entstehen gerade. und Brenner-Meister. Mit der Einführung der kohol wird von ihm selbst gebrannt und als zogen. Verpackt werden die schwarzen Pra- Die Ordner mit den alten Rezepten wer- Rezepturen sind der 1,3-Promille-Grenze für Kraftfahrer 1966 36-prozentiger Weizenkorn in Eichenholz- linen in einer selbst entworfenen Metallbox, den als kostbarer Schatz gehütet und im Sa- Garant für einen und dem rapiden Rückgang der Stehbiergast- fässern gelagert. „Wir wollten mit Herz und die an eine Kohlenlore erinnert. „Was die Mo- fe aufbewahrt. „Ob Pfefferminzlikör, Wer- unverwechselbaren stätten wandelte sich das Geschäft. Die Men- Leidenschaft ein unverwechselbares Pro- zartkugel für Salzburg ist, soll die ‚Kohle‘ für mut, Wacholder oder Gin – fast von allen Spi- Geschmack.« schen konsumierten mehr zu Hause – auch dukt herstellen, das durch seinen feinen Ge- Dortmund sein“, wünscht sich die studierte rituosen gibt es eine alte Marke von Krämer Spirituosen. Die Umsätze des Familienbe- schmack nicht nur bekennende Dortmun- Musikerin und Diplom-Pädagogin. Den Mar- und entsprechende Spezialrezepturen“, be- Hans-Hermann Krämer triebs gingen spürbar zurück. der überzeugt“, sagt der 66-jährige Unter- kennamen „Dortmunder Kohle“ hat sie sich richtet Felix Krämer. Sogar das Design der Nach dem Tod seines Vaters 1970 verklei- nehmer. Mit dem Ende des Brandweinmono- frühzeitig schützen lassen. Walnusstropfen, historischen Etiketten und Warenproben aus nerte und modernisierte Hans-Hermann Krä- pols 2004 war die Kornbrennerei der Familie Mokka-Zipfel und Chili-Pralinen ergänzen den zurückliegenden Jahrzehnten sind noch mer den Betrieb, der zu Spitzenzeiten über nicht mehr rentabel zu betreiben. Krämer be- das süße Sortiment, das saisonal abgestimmt im Archiv vorhanden. „Hier liegt noch rich- 35 Mitarbeiter beschäftigte. Den Vertrieb an teiligte sich an der Brennerei Euro-Alkohol in wird. tig viel Potenzial“, freut sich der 28-jährige die Gastronomie gab er auf. Dagegen baute er Lüdinghausen. Seitdem ruht die Kornbren- Parallel nahm die Familie in der renovier- Juniorchef, der bereits mit einigen Rezeptu- die Brennerei aus und stattete sie mit neuen nerei in Holthausen. Der Betrieb verfügt aber ten Werkstatt auch die Likörproduktion wie- ren vertraut ist. Zusammen mit seinem Va- Feinbrenngeräten, Gärbehältern und Dampf- noch über Restbestände von rund 11.000 Li- der komplett selbst in die Hand. Hans-Her- ter hat der Diplom-Physiker und Destillateur- kesseln aus. Der von ihm feingebrannte Korn tern selbstgebranntem Weizenfeindestillat mann Krämer und sein Sohn Felix Krämer, Geselle neben einem Gin auch einen Johan- wurde für die eigene Spirituosenproduktion mit einem Alkoholgehalt von 96,6 Prozent, der 2011 nach Abschluss seines Physikstu- niesbeerlikör entwickelt. Dieser hieß früher Geschäftsführer Hans- verwendet, aber auch an andere Hersteller als das für den „Dortmunder Korn“ reserviert ist. diums als Assistent der Geschäftsführung „Schwarzer Bläser“ und verführt nun als „Lie- Hermann Krämer (r.) und Kornbrand verkauft. Pro Jahr brannte Krämer ins Unternehmen eintrat, kümmern sich ge- bestrank“ mit seinem fruchtigen Geschmack. Felix Krämer kümmern sich damals rund 300.000 Liter reinen Alkohol, Schokolaterie mit „Dortmunder Kohle“ meinsam um Brennerei und Likörherstel- Mit einem neu aufgelegten, milden Gin gemeinsam um Brennerei der für eine Millionen Flaschen Korn reich- 2004 restaurierte die Familie die alten Lage- lung. Der Familienbetrieb beschäftigt heu- setzt Krämer im aktuellen Gintrend eigene und Likörherstellung nach te. Beim Vertrieb vollzog Hans-Hermann räume am Schwanenwall und erweiterte sie te neun Mitarbeiter, darunter einen Destil- Akzente. Optisch kommt er in einer moder- traditionellen Verfahren. um Kräuterkammer und Verkaufsraum. Zu- lateur in Ausbildung. Pro Jahr stellt der Be- nen Karaffe und Verpackung mit tiefblau- gleich verwirklichte Inhaberin Carmen Krä- trieb rund 30.000 Liter Spirituosen her. Da- em Etikett daher. „Wacholder und Gin ha- mer dort gemeinsam mit einer Pâtissière die für verbraucht er rund 10.000 Liter reinen Al- ben wir immer schon produziert, beide sind In Handarbeit produziert Idee, eigene Pralinen herzustellen und eröff- kohol. Das Unternehmen verfügt am Stand- bis auf die Kräuterdestillate sehr ähnlich. Mit Inhaberin Carmen Krämer nete die erste Schokolaterie Dortmunds. „Wir ort Schwanenwall über eine Produktionsflä- diesem Gin sprechen wir überwiegend junge in der Schokolaterie am vereinen zarte Schokolade und unsere edlen che von rund 700 Quadratmetern und ver- Kunden an, die das Besondere suchen“, so Fe- Schwanenwall feine Liköre zu sinnlichen Dortmunder Pralinen“, mietet dort auch Wohnungen sowie Büro- lix Krämer. Die Familie blickt optimistisch in Dortmunder Pralinen. sagt die Ehefrau von Hans-Hermann Krämer. und Geschäftsräume. Der Jahresumsatz liegt die Zukunft. Sie plant, Werkstatt und Destil- So wird in reiner Handarbeit unter anderem bei rund einer Million Euro. Alle Produkte lation in den „Krämer-Höfen“ in unmittelba- der Zartbittertrüffel „Dortmunder Kohle“ sind bei Krämer vor Ort zu kaufen und auch rer Nähe zur Innenstadt auszubauen. Zudem produziert. Durch einen Schuss „August mit in ihrer Herstellung zu sehen. „Wir wollen will sie die eigenen Immobilien weiter entwi- dem Schlips“ erhält die Füllung aus hochwer- nah am Kunden sein und ihm unsere hand- ckeln. Wohnungen, Geschäftsräume, thema- tiger belgischer Schokolade und Sahne ihren werkliche Fertigung zeigen. Nicht als Show- tisch passender Einzelhandel, Gastronomie unverwechselbaren Geschmack. Auch hier room, sondern als Werkstatt des besonde- oder Handwerk sollen hier in den nächsten gehen die Krämers wieder ganz eigene Wege: ren Geschmacks“, betont Felix Krämer. „Füh- Jahren rund um ein begrüntes „Hofensemb- „Wir füllen nicht einfach, wie es sonst üblich len, schmecken, riechen“ lautet das Motto. le“ entstehen. Und Ideen für eine neue Destil- ist, einen fertigen Pralinenhohlkörper mit Al- Die Spirituosen werden zudem über Fachge- le sowie neu aufgelegte, „alte“ Marken hat die kohol. Stattdessen rühren wir unseren Likör schäfte und den Lebensmitteleinzelhandel fünfte Generation bereits ebenfalls im Kopf. 18 Ruhr Wirtschaft September 2015 Ruhr Wirtschaft September 2015 19
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